Bewilligung von Nachtragskrediten (II/2022) (Nr. 23/2022)
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 12: Bewilligung von Nachtragskrediten (II/2022).Der Bericht und Antrag der Regierung trägt die Nr. 23/2022. Wird hierzu das Wort gewünscht?Abg. Norma Heidegger
Besten Dank für das Wort, sehr geehrter Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Aufgrund der Schengen-Assoziierung ist Liechtenstein gegenüber der EU grundsätzlich zur Übernahme und zur Umsetzung aller Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstandes verpflichtet. Die Verordnungen zur Weiterentwicklung des Schengener Informationssystems (SIS) wurden vom Europäischen Parlament und Rat am 28. November 2018 verabschiedet und zur Übernahme und Umsetzung in der Landtagssitzung vom 8. Mai 2020 einhellig genehmigt. Das SIS ist ein elektronisches Personen- und Sachfahndungssystem, das durch die Schengen-Staaten gemeinsam betrieben wird. Es enthält Informationen über polizeilich und justiziell gesuchte, mit einem Einreiseverbot belegte oder vermisste Personen - insbesondere Kinder - sowie über gestohlene Gegenstände, zum Beispiel Autos und Waffen. Das SIS ist das erfolgreichste Instrument zur wirksamen Zusammenarbeit zwischen Polizei-, Migrations-, Zoll- und Justizbehörden in der EU und den assoziierten Schengen-Staaten und leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Gewährleistung eines hohen Sicherheitsniveaus. Die nationale operative Zentralstelle hinter dem SIS ist das jeweilige nationale SIRENE-Büro (Supplementary Information Request at the National Entry), welches in Liechtenstein bei der Landespolizei angegliedert ist. Mit den Neuerungen soll nun die Möglichkeit geschaffen werden, neben neuen Sachfahndungskategorien auch weitere biometrische Daten zur Identifikation, DNA bei Vermissten, Handabdrücke, Tatortspuren unbekannter Tatverdächtiger, im SIS speichern zu können. Die Informatik der Landespolizei beantragt nun für die Erweiterung des Schengener Informationssystems (SIS), für das Projekt «SIS Recast», einen Nachtragskredit von CHF 900'000. Die Gesamtkosten betragen CHF 1,3 Mio., wobei CHF 400'000 aus dem bereits genehmigten Kredit für Informatikprojekte der Landespolizei verwendet werden können. Im Bericht und Antrag wird erwähnt, dass die Anforderungen und Detailspezifikationen zur konkreten Kosteneinschätzung erst im Februar 2022 vorlagen, was mich in Anbetracht der Zeitspanne doch erstaunt. Der Landtag hat bereits im 2020 die Erweiterung genehmigt und dass dann die Kosten und Spezifikationen erst im Februar 2022 vorliegen, ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar. Im Juni 2022 soll das neue System dann bereits in Betrieb gehen. Eine sehr kurze Zeitspanne, die bei mir Zweifel weckt.Der Nachtragskredit von CHF 900'000 wird damit begründet, dass damit die rechtzeitige und zeitnahe Umsetzung realisiert werden kann. Heisst das im Umkehrschluss, dass wenn man frühzeitig und richtig geplant hätte, die Umsetzung jetzt weniger teuer wäre? Alles in allem komme ich mit den wenigen Informationen aus diesem knapp zwei A4-seitigen Bericht und Antrag zum Schluss, dass die zeitliche Planung und das Vorgehen uns jetzt in Not bringen und wir eine rechtzeitige Einführung des erweiterten SIS-Systems teuer erkaufen müssen. Da Liechtenstein am EU-Fonds für die innere Sicherheit partizipiert, wird Liechtenstein die Investitionen für die nationalen Anpassungen im Wesentlichen über diesen EU-Fonds finanzieren können. Das wären rund EUR 1,2 Mio. pro Mitgliedstaat. Ich möchte deshalb von der Regierung erfahren, ob die Finanzierung beziehungsweise die Rückvergütung durch den EU-Fonds gesichert ist und, wenn ja, wie hoch dieser Betrag schlussendlich sein wird. Dem im Bericht und Antrag beantragten Nachtragskredit in der Höhe von CHF 900'000 werde ich zustimmen. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Patrick Risch
Besten Dank für das Wort. Für das Schengener Informationssystem, kurz SIS, benötigt die Regierung nachträglich CHF 900'000, wie schon ausgeführt. Damit soll das SIS um eine biometrische Abfragemöglichkeit erweitert werden. Es soll in Zukunft also möglich sein, auch nach Fingerabdrücken zu suchen, heute ist nur eine alphanumerische Suche möglich, also zum Beispiel die Suche nach dem Namen. Es war nicht mehr möglich diesen Softwareposten in das Budget 2022 aufzunehmen. Das Schengener Informationssystem ist eine gute Sache und daher bin ich prinzipiell für diesen Nachtragskredit. Zu kritisieren gilt es aber die mehr als laschen Projektbezeichnungen. Diese führen zu erheblichen Unsicherheiten, für was nun Geld gebraucht wird. Dieser Nachtragskredit ist für das SIS-Recast-System sowie weitere biometrisch abfragbare EU-Systeme. Namentlich das EES, VIS, ESP und auf Seite 7 wird auch noch das ETIAS erwähnt. In der GPK-Sitzung vom März dieses Jahres fand das Informatik-Review-Programm der Landesverwaltung statt. Hier finden sich etwas mehr Informationen zu den diversen Programmen. SIS, das Schengener Informationssystem, ist der Landespolizei zuzuordnen, die vier anderen System dem Ausländer- und Passamt. Bei allen Softwareprogrammen wurde der GPK in einem Review mitgeteilt, dass die einzelnen Projektbudgets nicht überschritten wurden und sich die angefallenen Kosten innerhalb der freigegebenen Kredite befinden. Zu finden auf Seite 12 des Traktandums 8 der erwähnten GPK-Sitzung. Im gesamten Review-Bericht wurde das SIS-Recast mit keinem Wort erwähnt. Auf Nachfrage der Finanzkommission führte die Regierung aus, dass es sich beim SIS-Recast um die dritte Generation des SIS-Softwareprojekts oder Schengener Informationssystems handelt. Wenn beim SIS-Recast von der dritten Generation des SIS gesprochen wird, handelt es sich somit um das SIS-Softwareprojekt und keine eigenständige Software. Aufgrund der zeitlichen sehr grossen Nähe des Review-Berichts in der GPK und dieses Nachtragskredits, über den wir heute zu befinden haben, ist es für mich unverständlich, dass von diesem Nachtragskredit nichts im Review für die GPK gestanden hat oder in diesem Nachtragskredit Informationen zu den anderen SIS-Projekten aufgeführt sind. Ich bin zwar für Eintreten auf diesen Nachtragskredit. Aber eben die fehlenden Informationen stören mich schon ein bisschen. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Herbert Elkuch
Besten Dank für das Wort. Ich beurteile jetzt nicht das Schengener-Abkommen, aber ich stelle fest, dass immer wieder sehr viel Geld gebraucht wird und auch die Summen ansteigen. Frontex gehört ja auch irgendwie dazu, im Jahr 2014 waren es CHF 29'000, im Jahr 2025 werden es CHF 580'000 sein. Es sind immer steigende Beiträge. Und in der Summe, was schon alles in das Schengener-Abkommen investiert wurde. Ich kenne den Betrag nicht, aber das sind langsam grosse Beträge. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Besten Dank der Regierung für den vorliegenden Bericht und Antrag. Selbstverständlich ist es immer störend, wenn solche Sachen hier eingebracht werden. Aber ich denke mir, eine Schengen-Mitgliedschaft dürfte unbestritten sein. Dass es sich hierbei um ein dynamisches System handelt, liegt in der Natur der Sache. Ich meine, diese Sicherung dieser Grenzen kostet uns halt auch Geld. Wir wollen da mitmachen. Entsprechend werden wir diese Gelder auch in die Hand nehmen müssen. Was mitunter jetzt auch ein wenig untergegangen ist, die Regierung schreibt ja unter anderem auf der Seite 6, es werden eben noch zusätzliche Sachen bereits umgesetzt, die in naher Zukunft ebenfalls umgesetzt werden müssen. Konkret wird ausgeführt: «Zusätzlich soll auch bereits die Personenabklärung mittels Gesichtserkennung vorgesehen werden, was als nächster Entwicklungsschritt von der EU ebenfalls bereits angekündigt wurde.» Also ich denke, da gehen wir doch auch in eine gewisse Vorleistung, die so oder so kommen wird. Solange wir hier Mitglied sein wollen, werden wir diese Investitionen tätigen müssen. Es wurde auch bereits ausgeführt, ein grosser Teil dieser Gelder wird zurückkommen, das können wir zurückfordern aus diesem Refinanzierungsfonds der EU. Konkret wurde in der Finanzkommission ausgeführt, 70% bis 90% werden zurückbezahlt. Also ich denke mir, wenn wir hier mitmachen wollen, dann werden wir diese Gelder sprechen müssen, ansonsten haben wir einfach ein Problem, dass wir nicht mehr kompatibel sind mit den anderen Mitgliedstaaten. Und so funktioniert eben Europa nicht. Europa geht eben davon aus, dass alle in etwa die gleichen Systeme haben, damit man auch kommunizieren kann. Ich unterstütze diesen Bericht und Antrag der Regierung.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreterin Sabine Monauni
Besten Dank, auch für die unterstützenden Voten, obwohl es natürlich immer unerfreulich ist, wenn man mit einem Nachtragskredit in den Landtag muss. Ich möchte hier einfach gerade vorwegnehmen auf die Frage des Abg. Patrick Risch, warum man das eben nicht in diesem Review der KPMG schon angesprochen hatte. Der Auftrag an die KPMG war es, einen Review über die übergeordneten IT-Themen und die Prüfung der IT-Konti der Polizei durchzuführen, und zwar für das Budgetjahr 2021. Das war der Auftrag. Aber es war nicht der Auftrag, schon hier einen Review durchzuführen über Projekte, die im 2022 und später anfallen. Hier war ja ursprünglich der Plan, dass man das bestehende Abfrageportal bei der Landespolizei um eine biometrische Abfragemöglichkeit erweitert, weil diese biometrische Abfragemöglichkeit auch aufgrund von SIS-Recast notwendig ist. Es ist auch so, dass schon heute mittels dieses bestehenden Abfrageportals mittels einer einzigen Abfrage verschiedene Datenbankensysteme, die bereits erwähnt wurden, zu Personen und Sachen gleichzeitig mit einer Eingabe abgefragt werden können. Und der Anfragende erhält dann eine Trefferliste zu den einzelnen Datenbanken. Diese Möglichkeit ist aktuell aber nur alphanumerisch und stationär möglich. Das Ziel ist es eben, dass man das in Zukunft biometrisch aber auch mobil machen kann. Im Umsetzungsprozess zeigte sich dann, dass die Erweiterung des bestehenden Abfrageportals mit einer biometrischen Abfragemöglichkeit und der Erweiterung auf die neuen Systeme der EU vom schweizerischen Lieferanten eben nicht möglich war. Daher wurde dann im Sommer 2021 der Entscheid gefällt, ein spezielles Abfrage-Tool für biometrische und alphanumerische Anfragen für das SIS-Recast und weitere biometrische abfragbare EU-Systeme zu realisieren. Alles andere hätte dazu geführt, dass unsere Polizistinnen und Polizisten bei Personenabfragen mehrere Systeme abfragen müssten, und zwar mobil als auch stationär. Personenabklärungen gehören zur täglichen Aufgabe unserer Polizistinnen und Polizisten. Es ist daher notwendig sie auch mit einem effizienten Handwerkszeug auszustatten. Das heisst, unsere Polizisten brauchen ein System, mit welchem sie rasch und zuverlässig sämtliche verfügbaren Datenbanken abfragen können, und zwar alphanumerisch und biometrisch. Als eben klar wurde, dass eine derartige Erweiterung des bestehenden Abfrageportals nicht realisiert werden kann, und eine neue Biometrie- und mobilfähige Abfrageplattform entwickelt werden muss, war eine effektive Kostenschätzung für den Budgetprozess 2022 nicht mehr möglich. Die Kostenschätzung liegt erst seit Anfang Februar 2022 vor und beträgt CHF 1,3 Mio. Es wurde gesagt, CHF 400'000 können aus dem gesprochenen Kredit für Informatikprojekte der Landespolizei verwendet werden und weitere CHF 900'000 werden jetzt durch diesen Nachtragskredit notwendig. Die Frage der Abgeordneten bezüglich der Rückforderungsmöglichkeiten wurde schon beantwortet. Es ist so, dass wir davon ausgehen, dass wir über den Fonds Innere Sicherheit, bei dem wir auch Mitglied sind über unsere Schengen-Mitgliedschaft, mindestens 75% zurückfordern zu können. Im besten Fall sind es dann 90%. Dann der Hinweis des Abg. Elkuch, dass die Mitgliedschaft bei Schengen uns sehr viel kostet. Ja, das stimmt, das kostet uns einiges an Geld. Aber ich würde sagen, man müsste dann vielleicht auch einmal ausrechnen, was uns die Nicht-Mitgliedschaft oder Nicht-Teilnahme kosten würde und was es für den Wirtschaftsstandort bedeuten würde, wenn wir nicht an Schengen angebunden wären. Ich glaube, das wäre um einiges teurer als die Kosten unserer Mitgliedschaft. Ich denke, ich habe hier die Mehrheit der aufgeworfenen Fragen beantwortet. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Somit können wir den Finanzbeschluss lesen. Art. 1 wird verlesen.
Landtagspräsident Albert Frick
Art. 1 steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
Art. 2 wird verlesen.
Landtagspräsident Albert Frick
Art. 2 steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Damit können wir abstimmen. Wer dem vorliegenden Finanzbeschluss über die Bewilligung von Nachtragskrediten (II/2022) die Zustimmung erteilen möchte, gebe bitte die Stimme ab.
Abstimmung: Zustimmung mit 24 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Wir haben mit 24 Stimmen einhellig zugestimmt und Traktandum 12 abgeschlossen. Wir wollen jetzt kurz fünf Minuten lüften.Die Sitzung ist unterbrochen (von 14:45 bis 14:55 Uhr).
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