Abänderung des Gerichtsgebührengesetzes (Urteil des Staatsgerichtshofes zu StGH 2021/043) (Nr. 81/2022); 1. und 2. Lesung
Landtagspräsident Albert Frick
Sehr geehrte Landtags- und Regierungsmitglieder, wir fahren mit den Beratungen fort. Wir kommen zu Traktandum 25: Abänderung des Gerichtsgebührengesetzes.Wir behandeln diese Vorlage in 1. Lesung. Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 81/2022 und steht zur Diskussion.Abg. Thomas Vogt
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Vorab möchte ich mich bei der Justizministerin, Frau Dr. Marok-Wachter, sowie bei den bei der Erarbeitung dieser Vorlage involvierten Personen bestens für die Erstellung dieses Berichts bedanken.Grund für die gegenständliche Vorlage ist ein beim Landgericht anhängiges Verfahren zur Hinterlegung des Rückkaufswerts einer Lebensversicherungspolice in Höhe von CHF 9,82 Mio. Für den Antrag auf gerichtliche Hinterlegung wurden Verwahrungsgebühren in Höhe von CHF 98'200 in Rechnung gestellt. Diese Gebühren wurden angefochten und führten schliesslich zu einem Normkontrollverfahren im Zuge einer Individualbeschwerde beim Staatsgerichtshof. In diesem Verfahren sollte der Staatsgerichtshof den entsprechenden Art. 37 Abs. 1 Bst. d des Gerichtsgebührengesetzes auf dessen Verfassungsmässigkeit hin überprüfen. Der Staatsgerichtshof befand den genannten Artikel als unsachlich, da gerade die Verwahrung von Sachen von hohem Wert oder hohen Geldbeträgen zu unverhältnismässigen und weitgehend ohne Bezug zu den tatsächlichen, dem Staat erwachsenden Kosten führen. Damit wurde der entsprechende Artikel per 5. November 2022 aufgehoben. Die Regierung will nunmehr der Aufhebung der genannten Bestimmung mit der gegenständlichen Vorlage begegnen. Die Regierung zeigt im gegenständlichen Bericht und Antrag auch mehrere Möglichkeiten auf, wie dies geschehen könnte.Den Vorschlag des Obergerichts im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens erachte ich ebenfalls wie die Regierung als äusserst sinnvoll. Es wird ein Maximalbetrag von CHF 15'000 festgelegt. Sollten die tatsächlichen Verwahrungsgebühren diesen Betrag übersteigen, so können diese Kosten bis maximal CHF 100'000 den entsprechenden Personen auferlegt werden. In diesem Rahmen soll es möglich sein, alle zusätzlichen und tatsächlich dem Gericht anfallenden Kosten ab CHF 15'000 auch im Nachhinein festzulegen, was für eine gewisse Flexibilität sorgt. So können wohl in den allermeisten Fällen sämtliche effektiv dem Staat anfallenden Kosten auch tatsächlich verrechnet werden und der Staat bleibt nicht darauf sitzen.Die vorgeschlagene Abänderung ist meines Erachtens zu befürworten. Die Gerichtsgebühren werden auf einen im Voraus bestimmbaren maximalen Betrag beschränkt, wobei gleichzeitig dafür gesorgt wird, dass das Gericht bei unvorhergesehener Übersteigung dieses Betrages nicht auf diesen Kosten sitzenbleibt. Bei dieser Vorlage ist es ähnlich wie bei der Vorlage, die wir heute Vormittag behandelt haben. Auch hier besteht eine Dringlichkeit. Es ist natürlich noch das Votum des Abg. Seger abzuwarten, aber meines Erachtens könnte diese Vorlage heute auch in der 2. Lesung behandelt werden, sodass hier nicht für eine gewisse Zeit eine Gesetzeslücke entsteht. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Daniel Seger
Vielen Dank, Herr Präsident, für das Wort. Ich danke der Regierung für diesen Bericht und Antrag sowie allen daran beteiligten Personen und schliesse mich dem guten Votum meines Vorredners an und verzichte deshalb auf das Vorlesen meines vorbereiteten Votums. Nur etwas möchte ich doch noch ausdrücklich erwähnen: Ich störe mich bei dieser guten vorliegenden Gesetzesbestimmung daran, dass ein kleines Restrisiko besteht, dass das Land Liechtenstein für die Kosten einer gerichtlichen Hinterlegung oder Verwahrung, die CHF 100'000 übersteigen, aufkommen müsste. Deshalb würde ich von der Regierung gerne wissen:
- Welche Fälle oder Konstellationen wären möglich, die Verwahrungs- beziehungsweise Hinterlegungskosten in Höhe von über CHF 100'000 generieren und somit doch noch - wenn auch wohl nur ein kleines - Restrisiko bestehen bleibt, dass das Land Liechtenstein und damit der Steuerzahler für diese Kosten aufkommen müsste? In einem solchen Fall würde dann doch der Staat das Kostenrisiko tragen, was ich ablehne.
- Wie steht die Regierung dazu, wenn die Deckelung bei CHF 100'000 gestrichen würde?
Für mich ist Eintreten unbestritten und ich hoffe, dass die Regierungsrätin meine beiden Fragen beantworten kann. Dann wäre für mich nämlich auch eine abschliessende Behandlung unstrittig und ich könnte ihr zustimmen. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrätin Graziella Marok-Wachter
Besten Dank für das Wort, Herr Präsident. Der Staatsgerichtshof hat mit Urteil vom 28. März dieses Jahres den Art. 37 Abs. 1 Bst. b des Gerichtsgebührengesetzes als verfassungswidrig aufgehoben. Die Rechtswirksamkeit der Aufhebung dieser Bestimmung wurde dabei um lediglich sechs Monate ab dem Tag der Kundmachung aufgeschoben. Das heisst konkret, dass die Aufhebung am 5. November 2022 wirksam wird. Wir haben es hier also mit einem ausserordentlich engen Zeitplan zu tun. Nach Auffassung des Staatsgerichtshofes handelt es sich beim starren Gebührensatz gemäss der aktuellen Bestimmung um eine unsachliche Regelung. Sie belaste jene Personengruppen, die eine Sache höheren Werts oder eine hohe Geldsumme in Verwahrung geben, unverhältnismässig. Mit der gegenständlichen Vorlage soll deshalb die Gebühr durch einen Höchstbetrag von CHF 15'000 begrenzt werden. Falls die effektiven Kosten der Verwahrung aber den Betrag von CHF 15'000 übersteigen, ist eine den tatsächlichen Kosten entsprechende Gebühr zu entrichten, jedoch nie mehr als CHF 100'000. Mit dieser Regelung wird eine Deckelung eingeführt, gleichzeitig wird aber auch sichergestellt, dass der Staat in Fällen mit sehr hohem tatsächlichem Aufwand die effektiv anfallenden Verwahrungskosten verrechnen kann. Das kann zum Beispiel bei einer beweglichen Sache der Fall sein, für die eine spezielle, kostenintensive Verwahrung nötig ist, die nicht beim Gericht selbst erfolgen kann, sondern bei einer spezialisierten externen Stelle. Zu denken ist hier zum Beispiel an ein kostbares Gemälde. Nun komme ich zu den Fragen des Abg. Daniel Seger. Zur Frage, was für Fälle möglich wären, welche Verwahrungs- beziehungsweise Hinterlegungskosten in Höhe von über CHF 100'000 generieren: Mir ist nicht bekannt, dass solche Fälle in der Praxis bereits eingetreten sind. Aber man kann nicht ausschliessen, dass diese Konstellation in irgendeinem Fall einmal eintreten könnte. Ich denke zum Beispiel an das genannte Beispiel, an ein sehr wertvolles Bild, das sehr aufwendig während eines längeren Zeitraums aufbewahrt werden müsste. Dann zu Ihrer weiteren Frage, ob die Deckelung in Höhe von CHF 100'000 aus Sicht der Regierung gestrichen werden könnte: Ja, ich denke, man kann diese Deckelung von CHF 100'000 auch streichen, denn diese den Betrag von CHF 15'000 übersteigenden Kosten entsprechen ja dann den tatsächlich angefallenen Kosten. Und bei Gebühren hat man eben immer das Äquivalenzprinzip zu berücksichtigen. Das wäre hier gegeben, weil es dann ja effektiv anfallende Kosten wären. Damit kann dem vom Abg. Daniel Seger vorgebrachten Risiko begegnet werden, dass das Land Liechtenstein und damit der Steuerzahler allenfalls für Kosten, die den Betrag von CHF 100'000 übersteigen, aufkommen müsste. Dann zum Votum des Abg. Thomas Vogt beziehungsweise seinem Antrag auf abschliessende Lesung: Diesen Antrag würde ich natürlich sehr befürworten, zumal der Staatsgerichtshof die Rechtswirksamkeit der Aufhebung um lediglich sechs Monate ab dem Tag der Kundmachung aufgeschoben hat und somit die geltende Bestimmung bereits am 5. November ausser Kraft treten wird. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Georg Kaufmann
Danke für das Wort, Herr Präsident. Ich habe inhaltlich hier nichts beizutragen oder anzufügen. Dennoch möchte ich der Regierung mein herzliches Dankeschön ausdrücken für diesen Bericht und Antrag. Es ist meines Wissens der erste Bericht und Antrag, in dem unter Punkt 7 «Auswirkungen auf Verwaltungstätigkeit und Ressourceneinsatz» der Unterpunkt «Betroffene UNO-Nachhaltigkeitsziele und Auswirkungen auf deren Umsetzung» beigefügt ist. Auch wenn es in dieser Vorlage keine Nachhaltigkeitsziele betrifft, so denke ich, ist das der Anfang einer sehr guten Entwicklung, und ich freue mich auf zukünftige Berichte und Anträge, in denen das auch wieder aufscheinen wird. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Thomas Vogt
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Besten Dank, Frau Justizministerin, für Ihre Ausführungen. Ich möchte mich kurz auf den Antrag des Abg. Seger beziehen. Ich finde das einen sehr guten Vorschlag. Meines Erachtens steht Ihrem Änderungsvorschlag nichts entgegen. Sie haben es ausgeführt, es besteht das Äquivalenzprinzip. Es werden nur die Kosten weiter verrechnet, die tatsächlich anfallen, und somit steht es meines Erachtens in keiner Weise im Widerspruch zum Staatsgerichtshofurteil und ich würde diesen Antrag des Abg. Seger unterstützen. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Daniel Seger
Vielen Dank, Herr Präsident. Vielen Dank, Frau Regierungsrätin, für Ihre Ausführungen. Ich werde dann bei der 2. Lesung diesen Antrag stellen, dass diese Deckelung «höchstens jedoch 100 000 Franken» ersatzlos gestrichen wird. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Es sei denn, die Regierung wird von sich aus gleich schon eine neue Formulierung vorschlagen. Wenn die Regierung eine neue Formulierung vorschlägt für die 1. Lesung, dann hat sich das erledigt.Regierungsrätin Graziella Marok-Wachter
Dann würde ich eine Abänderung wie folgt vorschlagen: Art. 37 Abs. 1 Bst. d Abs. 1 lit. d sollte wie folgt lauten: «für die gerichtliche Verwahrung oder Hinterlegung einer beweglichen Sache eine Verwahrungsgebühr in der Höhe von 1 % des Werts der verwahrten Sache, mindestens jedoch 50 Franken und höchstens 15 000 Franken; falls die Kosten der Verwahrung den Betrag von 15 000 Franken übersteigen, ist eine den tatsächlichen Kosten entsprechende Gebühr zu entrichten, wobei der 15 000 Franken übersteigende Gebührenbetrag auch nachträglich vorgeschrieben werden kann, sofern die tatsächlichen Kosten nicht im Voraus bestimmbar sind». Oder anders: Im Vergleich zur jetzigen Vorlage wird der Einschub «höchstens jedoch 100 000 Franken» gestrichen. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Wir stimmen über Eintreten ab. Wer für Eintreten auf die Gesetzesvorlage ist, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 25 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 25 Ja-Stimmen einhellig Eintreten beschlossen. Wir nehmen die 1. Lesung der Gesetzesvorlage durch Artikelaufruf vor. Art. 37 Abs. 1 Bst. d wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
Art. 37 Abs. 1 Bst. d steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benutzt. Wir können weiterlesen.
II. wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
II. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benutzt. Wir haben die Vorlage in 1. Lesung beraten. Es wurde durch den Abg. Thomas Vogt abschliessende Beratung vorgeschlagen oder beantragt. Wer damit einverstanden ist, möge bitte die Stimme abgeben.
Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Landtagspräsident Albert Frick
25 Ja-Stimmen, wir können die 2. Lesung durch Artikelaufruf vornehmen. Art. 37 Abs. 1 Bst. d wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
Art. 37 Abs. 1 Bst. d steht zur Diskussion.
Abg. Daniel Seger
Vielen Dank, Herr Präsident. Nur eine kleine Rückfrage. Ich habe Sie vorhin so verstanden, dass Sie in der zweiten Zeile von Bst. d Verwaltungsgebühr statt Verwahrungsgebühr gelesen haben. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungsrätin Graziella Marok-Wachter
Besten Dank für diesen Hinweis. Dann war das ein Versehen. Es ist der identische Wortlaut, es wird lediglich der Einschub «höchstens jedoch 100 000 Franken» gestrichen. Landtagspräsident Albert Frick
Das ist auch im Sinne des Abg. Daniel Seger und ich glaube, wir haben jetzt alle das Richtige darunter verstanden. Wir stimmen ab über Art. 37 Ab. 1 Bst. d. Bitte geben Sie Ihre Stimme jetzt ab. Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Landtagspräsident Albert Frick
Einhellige Zustimmung. Wir lesen weiter. II. wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
II. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benutzt. Wer damit einverstanden ist, möge bitte jetzt die Stimme abgeben.
Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Landtagspräsident Albert Frick
Einhellige Zustimmung. Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer der Gesetzesvorlage die Zustimmung erteilen will, gebe bitte die Stimme ab. Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 25 Ja-Stimmen die Zustimmung erteilt. Gleichzeitig haben wir Traktandum 25 abgeschlossen. -ooOoo-