Abänderung des Rechtshilfegesetzes (Europäische Staatsanwaltschaft) (Nr. 59/2023); 1. Lesung
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 27: Abänderung des Rechtshilfegesetzes (Europäische Staatsanwaltschaft). Wir behandeln diese Vorlage in 1. Lesung. Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 59/2023. Er steht zur Diskussion.Abg. Daniel Seger
Vielen Dank für das Wort, Herr Präsident. Ich danke allen an der Ausarbeitung dieses Berichts und Antrags beteiligten Personen für ihre Arbeit und kann dazu wie folgt ausführen. Dem vorliegenden Bericht und Antrag liegt die Schaffung der Europäischen Staatsanwaltschaft, kurz EUStA, zugrunde, die für die strafrechtliche Untersuchung und Verfolgung sowie die Anklageerhebung bezüglich Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union, einer supranationalen Organisation, zuständig ist. Das bestehende liechtensteinische Rechtshilfegesetz, RHG, ging bisher von einem zwischenstaatlichen Ansatz aus, das heisst, dass internationale Rechtshilfe nur zwischen zwei Staaten geleistet werden konnte und kann. Mit der Neuschaffung von Art.50 Abs.2a und Art.71 Abs.1a RHG soll die Anwendbarkeit des Rechtshilfegesetzes auf die EUStA ausgeweitet werden. Dadurch wird sichergestellt, dass neu die europäische Staatsanwaltschaft als ausländische Behörde beziehungsweise als ausländische Staatsanwaltschaft gilt und Rechtshilfe an diese geleistet und bei dieser beantragt werden kann. Durch dieses Vorgehen kann eine weitgehende Auslegung der Begriffe «ausländische Behörde» einerseits und «ausländische Staatsanwaltschaft» andererseits vermieden werden. Auch ist es für das Land Liechtenstein von Interesse, dass es mit Rechtshilfebegehren an die EUStA gelangen kann und Zugang erhält zu den gesammelten Beweismitteln wie Zeugenaussagen, Gegenständen oder Dokumenten der EUStA. Das EU-Recht zur EUStA ist nicht Teil des EWR-Acquis. Die anderen EWR-Staaten, Island und Norwegen, prüfen aktuell die Schaffung von Möglichkeiten zur Rechtshilfe mit der EUStA. Die Schweiz hat seit 15. Februar 2023 eine solche Rechtsgrundlage, um der EUStA Rechtshilfe zu gewähren beziehungsweise bei ihr zu beantragen. Auch Österreich hat zusammen mit 21 anderen EU-Mitgliedstaaten beschlossen, sich im Rahmen einer sogenannten verstärkten Zusammenarbeit an den Bemühungen zum Schutz des EU-Haushalts zu beteiligen. Gemäss Bericht und Antrag werden keine zusätzlichen Verpflichtungen oder weitere Formen der Zusammenarbeit begründet. Mit der gegenständlichen Vorlage wird hervorgehoben, dass die Aufgaben und Ziele der EUStA und die Zusammenarbeit Liechtensteins mit der EUStA im Einklang mit der Finanzplatzstrategie der Regierung stehe. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine mangelnde Kooperation und die verbundene Ablehnung von potenziellen Rechtshilfeersuchen der EUStA als negatives Signal im Kampf gegen die Geldwäscherei und Korruption betrachtet werden könnte, wie dies beispielsweise Irland widerfahren ist, als es eine diesbezügliche Weigerung ausgesprochen hat. Eine Vernehmlassung wurde durchgeführt, doch gingen bei der Regierung bis auf eine Ausnahme nur Schreiben ein, womit auf eine Stellungnahme verzichtet wurde. Nur das Schreiben des Obersten Gerichtshofs hielt fest, dass die Gesetzesvorlage begrüsst werde, ohne weitere Ausführungen zu machen. Somit wurden keine inhaltlichen Stellungnahmen abgegeben. Ich bin für Eintreten auf diese Vorlage. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Georg Kaufmann
Auch ich danke dem Ministerium für Infrastruktur und Justiz sowie den betroffenen Stellen für die Ausarbeitung dieses Berichts und Antrags. Mit der vorliegenden Änderung des Rechtshilfegesetzes soll vor allem Rechtssicherheit geschaffen werden. Mit den Anpassungen in Artikel 50 und 71 wird die vor einigen Jahren geschaffene europäische Staatsanwaltschaft, kurz EUStA, explizit als Behörde und als ausländische Staatsanwaltschaft aufgeführt. Im Sinne einer effektiven grenzüberschreitenden Strafverfolgung erhält Liechtenstein für seine nationalen Verfahren Zugang zu den von der EUStA gesammelten Beweismittel wie Zeugenaussagen, Gegenstände und Dokumente. Zudem können die bestehenden Regeln für die Rechtshilfe in Strafsachen auch auf die EUStA angewendet werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber zu erwähnen, dass die EUStA wohl Informationen und Beweismittel zusammenträgt, jedoch keine selbst beschafft. Die EUStA greift also in keiner Weise in die Kompetenz der Mitgliedstaaten ein. Auch ich bin für Eintreten.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Thomas Vogt
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Auch ich möchte mich vorab bei der Justizministerin und allen bei der Erarbeitung dieser Vorlage involvierten Personen bestens bedanken. Ich kann mich auch den Ausführungen meiner Vorredner anschliessen. Der Abg. Seger hat die Vorlage auch sehr gut beschrieben. Ich habe auch schon teilgenommen bei der Vereinigung der Strafverteidiger, an welcher die deutschen, österreichischen, schweizerischen und liechtensteinischen Strafverteidiger anwesend waren. Bei diesen Vorträgen wurde die Zusammenarbeit mit der Europäischen Staatsanwaltschaft doch kritisch gesehen oder geschildert, dass es doch einige Anfangsschwierigkeiten in diesem Zusammenhang gab. Ich denke, die Situation ist nicht vergleichbar mit Österreich und mit Deutschland. Und ich denke, dass es diese Anfangsschwierigkeiten, hoffe ich, hier in Liechtenstein nicht geben wird. Jedenfalls bin ich gespannt, wie das Zusammenspiel mit dieser Europäischen Staatsanwaltschaft und Liechtenstein funktionieren wird und wohin sich dann schlussendlich diese Europäische Staatsanwaltschaft, diese neue Institution, zukünftig auch entwickeln wird. Ich bin ebenfalls für Eintreten auf diese Vorlage. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrätin Graziella Marok-Wachter
Besten Dank für das Wort, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Diese Vorlage dient der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Zusammenarbeit mit der Europäischen Staats-anwaltschaft. Eine solche Grundlage ist erforderlich, da unser Rechtshilfegesetz aktuell nur die Leistung von Rechtshilfe zwischen Staaten erlaubt, nicht aber die Rechtshilfe an eine Institution der EU. Die Europäische Staatsanwaltschaft ist eine unabhängige Stelle der EU, die für die strafrechtliche Untersuchung und Anklageerhebung in Bezug auf bestimmte Straftaten zuständig ist, nämlich solche zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU. Dazu gehören Betrug, Korruption, die sogenannten Mehrwertsteuerkarusselle und Geldwäscherei, die mit den genannten Delikten zusammenhängt. Die Ermittlungen werden dabei stets im Hoheitsgebiet des betroffenen Staates durchgeführt und die entsprechenden Verfahren werden vor nationale Gerichte gebracht. Die Verfahren werden zentral koordiniert und darin liegt der Vorteil der Europäischen Staatsanwaltschaft bei Ermittlungen. Durch die Kooperation mit der Europäischen Staatsanwaltschaft soll Liechtensteins Bekenntnis zur Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität unterstrichen werden. Es geht um schwere Delikte mit hohen Schadensbeträgen. Die Zusammenarbeit mit der Europäischen Staatsanwaltschaft dient der effizienten Verfolgung der entsprechenden Delikte und unterstützt damit die Interessen unseres Landes und unseres Finanzplatzes. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Besten Dank für diese Ausführungen. Eintreten scheint unbestritten zu sein. Ich hätte lediglich zwei Fragen auf den Seiten 14 und 15. Seite 14, der Punkt 1.3, Zusammenarbeit mit der Europäischen Staatsanwaltschaft - da wird auf Seite 15 ausgeführt: «Die EUStA hat bereits den Kontakt zur Staatsanwaltschaft gesucht und mitgeteilt, dass in mehreren Verfahren Sachverhalte mit einem Bezug zu Liechtenstein untersucht würden.» Ist der Regierung bekannt, wie viele Verfahren dies sind? Kann man hierzu Ausführungen machen?Und dann auf Seite 15, ebenfalls unter dem Punkt 1.4 Position von Drittstaaten gegenüber der EUStA - Da wird ausgeführt: «So ist beispielsweise das ERHÜ nicht anwendbar, da der EU der Beitritt zum ERHÜ (derzeit) nicht offensteht.» Können Sie kurz erläutern, wieso der EU derzeit dieser Beitritt nicht offensteht?Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrätin Graziella Marok-Wachter
Besten Dank. Nach meinem Wissen steht der Europäischen Union die Möglichkeit eines Beitritts nicht offen, weil das eben Nationalstaaten sein müssen und eben kein Staatenbündnis. Also das ist generell hier so ein bisschen das Thema. Rechtshilfe wird in der Regel immer zwischen Staaten geleistet und hier haben wir es mit der EU, mit einem Staatenbündnis zu tun. Und die kann natürlich nicht allen Staatsverträgen beitreten. Das ist einmal das eine Thema. Nach unserem Kenntnisstand gab es bis jetzt einen Fall einer Anfrage seitens der Europäischen Staatsanwaltschaft in Bezug auf ein Rechtshilfeersuchen. Dieses Ersuchen konnte beantwortet werden, aber eben auf Grundlage des UNO-Übereinkommens gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität. Also es konnte beantwortet werden, weil es eben ein ganz spezifischer Fall war. Und da war es schon die Europäische Staatsanwaltschaft, die auf uns zugekommen ist. Wir haben einmal um eine grobe Einschätzung der Anzahl der Fälle gebeten. Die Staatsanwaltschaft rechnet mit bis zu fünf Ersuchen pro Jahr so grössenordnungsmässig. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Wir stimmen über Eintreten ab. Wer für Eintreten auf die Gesetzesvorlage ist, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 25 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Mit 25 Stimmen wurde einhellig Eintreten beschlossen. Wir nehmen die 1. Lesung der Gesetzesvorlage durch Artikelaufruf vor. Art. 50 Abs. 2a wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
Art. 50 Abs. 2a steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
Art. 71 Abs. 1a wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
Art. 71 Abs. 1a steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
II. wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
II. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Keine Wortmeldungen. Wir haben die Vorlage in 1. Lesung beraten. Gleichzeitig haben wir Traktandum 27 erledigt.
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