Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Nr. 100/2023)
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 33: Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 100/2023 und steht zur Diskussion.Abg. Franziska Hoop
Besten Dank für das Wort, Herr Landtagspräsident. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wie bereits in der Landtagssitzung im September 2023 geäussert, unterzeichnete Liechtenstein das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen am 8. September 2020. Es wurden seitens Deutschlands, Österreichs und der Schweiz damals keine Vorbehalte bei der Ratifizierung der 50 Artikel angebracht, so auch nicht seitens Liechtensteins. Die Behindertenrechtskonvention hat die Förderung der Chancengleichheit und die Inklusion für Menschen mit Behinderungen zum Ziel sowie die Unterbindung von Diskriminierung in der Gesellschaft. Alle Menschen sollen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Die Rechte von Menschen mit Behinderungen sollen gefördert, geschützt und gewährleistet werden. Damit die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention konventionskonform ist, benötigt es die Anpassung einiger Gesetze. Die Hauptanpassungen wurden im September-Landtag mit der 1. Lesung und in diesem Landtag mit der 2. Lesung erledigt. Die Anpassung der weiteren Gesetze soll im Rahmen von anderen geplanten Gesetzesreformen in den nächsten Monaten und Jahren stattfinden. Die Anpassung der Gesetze beziehungsweise die Ratifizierung hat personelle wie auch finanzielle Auswirkungen. Das Amt für Soziale Dienste benötigt 50 Stellenprozente, um die geforderten Aufgaben umzusetzen. Der Verein für Menschenrechte in Liechtenstein wird zukünftig die Aufgabe der Monitoringstelle innehaben. Sie benötigen dafür zusätzliche Mittel von CHF 60'000. Der Landtag wird nachher über die Zustimmung zur Ratifikation sowie die Erklärung bezüglich Inklusion im Schulsystem abstimmen. Weiters soll der Landtag die Regierung ermächtigen, die Erklärung zurücknehmen zu können, sollte diese gegenstandslos werden. Mir ist bewusst, dass Integration im regulären Schulsystem auch Grenzen hat. Ich nehme an, dass es bei der Erklärung um die Beschulung von Kindern und Jugendlichen im Heilpädagogischen Zentrum geht. Gerne bitte ich das zuständige Regierungsmitglied diesbezüglich Ausführungen zu machen, damit für alle verständlich ist, was die Erklärung genau behandelt. Ich werde dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen mit grosser Freude meine Zustimmung erteilen. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Landtagsvizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz
Besten Dank. Es war doch ein recht langes Unterfangen und auch mit einigen Kleinen Anfragen verbunden, bis wir nun heute die Behindertenrechtskonvention von der Regierung vorgelegt bekommen. Bekanntlich ist das Übereinkommen ja schon seit 2008 in Kraft und wurde dann aber erst 2020 von Liechtenstein unterzeichnet. Und liegt uns erst heute, also nochmals drei Jahre später, zur Behandlung vor. Als Gründe für diese Verzögerung wurde 2015 die Lage des Staatshaushaltes und des damit einhergehenden Sparkurses für die Verwaltung genannt. Im Jahre 2017 war es dann der mit der Übernahme der Behindertenrechtskonvention einhergehende Verwaltungsaufwand. Und 2020 standen beziehungsweise stehen immer noch fehlende Gesetzesanpassungen im Raum. Dennoch stehen diese noch fehlenden Reformen einer konventionskonformen Umsetzung der Behindertenrechtskonvention erfreulicherweise nicht im Wege. Für mich ist auch die zusätzliche Abgabe einer Erklärung bezüglich des Schulsystems nachvollziehbar, jedoch frage ich mich da, ob es dann konsequenterweise nicht auch noch einen Zusatz betreffend Wohn- und Arbeitsformen bräuchte, wenn es schon einen Zusatz für die Schule benötigt, oder wo sieht die Regierung hier den Unterschied zum Schulsystem. Zudem würde mich interessieren, wovon es die Regierung dann abhängig macht, das Fakultativprotokoll auch noch zu ratifizieren und zu unterzeichnen. Hat man vor, das Protokoll zu unterzeichnen, wenn es schlecht läuft oder wenn es gut läuft? Denn es ist ja so, dass mit diesem Fakultativprotokoll ein Vertragsausschuss dann ja Untersuchungsverfahren durchführen kann, und somit müsste das ja eher unterzeichnet werden, wenn die Konvention nicht ausreichend umgesetzt wird. Falls ich da einen Denkfehler habe, kann mich die Regierung hier korrigieren. Inhaltlich hat die Abg. Hoop bereits alles ausführlich dargelegt. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, und ich werde somit dem Antrag der Regierung inklusive der Abgabe der Erklärung betreffend Schulsystem zustimmen. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Dagmar Bühler-Nigsch
Besten Dank für das Wort. Auch ich schliesse mich den Ausführungen meiner Vorrednerinnen an. Es ist erfreulich, dass wir jetzt die Ratifikation der Behindertenrechtskonvention vornehmen. Und wie gesagt, auch wenn die entsprechenden Gesetze angepasst sind, gibt es noch sehr viel zu tun in der Umsetzung, um sämtliche Formen der Diskriminierung zu verbieten und die nachhaltige Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen zu fördern. Das Übereinkommen fordert die Einrichtung einer staatlichen Anlaufstelle im Zusammenhang mit der Durchführung, welche bei uns beim Amt für soziale Dienste vorgesehen ist. Und ich habe vorhin beim Budget schon erwähnt, dass ich gesehen habe, im Bericht sind 50 Stellenprozente beim ASD vorgesehen und ich möchte gerne wissen, ob die als ausreichend beurteilt werden und ob auch die erforderlichen finanziellen Mittel berücksichtigt sind, damit auch die mit Leistungsvertrag angeschlossenen Organisationen berücksichtigt werden. Ich denke hier zum Beispiel an zusätzliche Aufgaben, die der Behindertenverband wahrnehmen muss oder auch die Kindertagesstätten, die bereits jetzt wie die Schulen auf Inklusion setzen und zusätzliches Betreuungspersonal benötigen. Auch der unabhängigen Monitoringstelle, die beim Verein für Menschenrechte angesiedelt ist, kommt eine wichtige Aufgabe zu. Da haben wir aber gesehen, dass die Mittel ja schon gesprochen sind. Da geht es dann vor allem darum, dass sie überprüfen muss, dass Menschen mit Behinderung der Zugang zu sämtlichen Lebensbereichen «unbehindert», das heisst barrierefrei, möglich ist. Das umfasst Aspekte wie Bildung, Arbeit, politische Teilhabe, Wohnen, Ehe, Familie und andere. In Liechtenstein sind wir in der glücklichen Lage, dass wir über bewährte und anerkannte Institutionen des betreuten und gemeinsamen Wohnens, wie auch über eine Sonderschule verfügen und somit Auswahlmöglichkeiten bieten. Das bedeutet, dass Inklusion und Wahlmöglichkeiten in allen Lebensbereichen gefördert und verwirklicht werden. Deshalb unterstütze ich auch die Erklärung, dass das Schulsystem Liechtensteins bereits heute stark auf Inklusion setzt und die Möglichkeit bietet in einer Regelschule oder einer Sonderschule unterrichtet zu werden. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Georg Kaufmann
Die UNO-Behindertenrechtskonvention wurde 2006 verabschiedet. Nun ist also auch Liechtenstein so weit. Ich bedanke mich bei der Regierung und allen beteiligten Stellen für ihr Engagement. Es ist ein wichtiger Schritt, denn es bestätigt den Anspruch, dass Menschen mit Behinderungen, egal welcher Art, auf Gleichbehandlung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben pochen dürfen. Gemäss einer Studie des Liechtenstein-Instituts aus dem Jahr 2007 kann angenommen werden, dass bis zu 6'000 Menschen in Liechtenstein eine Behinderung aufweisen, knapp 2'000 davon eine schwere Behinderung. Das UNO-Übereinkommen bezweckt gemäss Art. 1., erster Satz, «den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten». Dafür müssen alle nationalen Gesetzgebungen auf diesen Zweck hin durchleuchtet und allenfalls angepasst werden. So haben wir auch heute unter Traktandum 30 mehrere Gesetzesanpassungen im Zuge der Ratifizierung dieser UNO-Behindertenrechtskonvention vorgenommen. Weiter werden in den nächsten Jahren weitere Anpassungen folgen, vor allem beim Sachwalterrecht und im Bereich der Handlungsfähigkeit und des Massnahmenvollzugs. Unsere zentrale Rechtsgrundlage bildet das im Jahr 2007 in Kraft getretene Gesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Damit ist schon einiges abgedeckt, was in der UNO-Behindertenrechtskonvention gefordert wird. Persönlich sehe ich denn auch nicht die Gesetzesanpassungen als Herausforderung der nächsten Zeit, sondern, wie es schon die Abg. Dagmar Bühler-Nigsch gesagt hat, die konkrete Umsetzung all dieser gesetzlichen Vorgaben. Hier sind wir als Gesellschaft gefordert. Und hier gilt es auch den Hebel umzulegen, also unsere Haltungen zu Behinderung kritisch zu hinterfragen und Vorurteile abzubauen. Die Arbeit vieler NGOs, die nahe an und mit den Menschen mit Behinderungen arbeiten, werden uns dabei gerne unterstützen. Auch ich erteile der Ratifikation des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen meine Zustimmung. Ich gebe auch der Abgabe der Erklärung, dass unser Schulsystem im Einklang steht mit Art. 24 Abs. 2 der Konvention, meine Zustimmung. Sollte diese Erklärung gegenstandslos geworden sein, ermächtige ich die Regierung, diese zurückzuziehen. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrätin Dominique Hasler
Herr Präsident, geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete, ich bedanke mich für Ihre Voten. Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen, kurz die UNO-BRK ist, das erste verbindliche völkerrechtliche Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung der politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte von Menschen mit Behinderungen. Und die Konvention reagiert darauf, dass behinderte Menschen in ihrem Alltag leider nach wie vor Barrieren und Vorurteilen begegnen. Liechtenstein ist eines der wenigen Länder, welches dem Übereinkommen noch nicht beigetreten ist. Umso mehr freut es mich, dass wir dieses bedeutende Menschenrechtsübereinkommen nun dem Landtag zur Behandlung und Ratifikation vorlegen dürfen. Ich bin überzeugt, dass das Übereinkommen den Bemühungen zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in Liechtenstein wichtige Impulse verleihen wird und die Inklusion voranbringen wird.Ich gehe nun gern noch auf einige Zusatzfragen in meinem Verantwortungsbereich ein und beginne mit der Abg. Franziska Hoop, die verdankenswerterweise diese Erklärung zu Art. 24 erwähnt hat. Und hier möchte ich festhalten, dass wir mit dieser Erklärung im Ratifikationsprozess festhalten, dass wir, der Hohe Landtag, der Meinung ist, dass unser Schulsystem Kindern mit Behinderungen sowohl die Möglichkeit bietet, in einer Regelschule wie auch in einer Sonderschule unterrichtet zu werden. Und dass wir dieses Schulsystem, wie wir es heute haben, als inklusiv verstehen. Es ist so, dass es Länder gibt, die diese Ratifikation bereits ratifiziert haben, die keine Sonderschulmodelle kennen. Und uns ist es einfach wichtig, wenn es dann auch ein Monitoring über die Umsetzung gibt, dass das Verständnis, dass wir ein Wahlsystem für Eltern haben, wo sie wählen können, ob ein Kind im Regelschulbereich oder eben mit spezifischen Settings in einem Sonderschulbereich geschult wird, als inklusiv gesehen wird, weil, wie gesagt, bei uns die Wahlmöglichkeit im Zentrum steht. Dies mit dem Ziel, ein bestmöglich angepasstes Setting zu finden, welches den konkreten Bedürfnissen des Kindes gerecht wird.Dann komm ich zu der Frage der Landtagsvizepräsidentin oder zu den zwei Fragen. Zuerst, was regelt das Zusatzprotokoll? Und dann, warum wir das nicht jetzt im Moment ratifizieren. Das gleichzeitig mit der UNO-BRK verabschiedete Fakultativprogramm sieht vor, dass der Vertragsausschuss individuelle Mitteilungen prüfen und Untersuchungsverfahren durchführen kann. Dieses Fakultativprotokoll ist ein eigenständiger, völkerrechtlicher Vertrag. Er wurde bis jetzt von 105 Staaten ratifiziert und von 94 Staaten unterzeichnet. Und wir haben es, wie Sie festgestellt haben, noch nicht unterzeichnet und auch noch nicht ratifiziert. Ebenfalls hat es auch die Schweiz noch nicht unterzeichnet und auch nicht ratifiziert, und unsere beiden EFTA-, EWR-Partner Island und Norwegen sind ebenfalls keine Vertragsparteien des Zusatzprotokolls. Und wir möchten einfach hier eine bessere Übersicht über die Arbeit des Vertragsausschusses gewinnen können und noch vertieftere Abklärungen machen können. Auf der Basis, denke ich, ist es jetzt wichtig, dass wir diese Ratifizierung machen. Das ist wirklich ein bedeutender Schritt für Liechtenstein, dass wir dann auf dieser Basis analysieren können, was würde die zusätzliche Ratifizierung dieses Zusatzprotokolls bedeuten. Aber wir werden das prüfen.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrat Manuel Frick
Besten Dank für das Wort, Herr Präsident. Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete, ich bin sehr erfreut, dass der Abschluss dieses Ratifikationsprozesses in Griffnähe liegt. Wir haben es gehört: 2008, also vor 15 Jahren, ist dieser Text in Kraft getreten. Liechtenstein war einer der Mitverhandler dieser Konvention und darum ist es eine grosse Genugtuung, als Liechtensteiner muss ich sagen, dass diese Ratifikation in Bälde abgeschlossen werden kann. Und es freut mich natürlich auch, besonders als Gesellschaftsminister für den Bereich Chancengleichheit und damit auch als Minister, der für Fragestellungen in Zusammenhang mit Behinderungen zuständig ist. Es ist wirklich ein grosser, wichtiger Schritt und heute, würde ich sagen, haben wir Grund zur Freude, dass wir hier stehen, wo wir heute stehen. Ich habe einige Fragen zu beantworten aus meinem Bereich. Zunächst die Fragen der Abg. Gunilla Marxer-Kranz, bei denen es um inklusives Wohnen geht, warum auch in diesem Bereich keine Erklärung angebracht wurde. Das ist so ein bisschen die grosse Frage: Wie weit geht dieses Recht auf inklusives Wohnen? Bei der Bildung, das hat die Bildungsministerin erklärt, wäre das so, wenn man das konsequent weiterdenkt, also wenn wir diese Erklärung nicht hätten oder da dem Text der Konvention bedingungslos folgen würden, dann wäre eben eine Spezialschulung, wie sie das HPZ hat, nicht mehr möglich. Ich denke, es macht in gewissen Staaten Sinn, dass man Inklusion vorschreibt, weil es keine andere Beschulung gibt für Schülerinnen und Schüler mit einer Beeinträchtigung; da sind wir in einer anderen Situation. Beim Wohnen verhält sich das eben etwas anders. Art. 19 des Übereinkommens verpflichtet die Vertragsstaaten, ein adäquates Angebot an Wohnformen für Menschen mit Behinderungen zur Verfügung zu stellen, das ihnen die Entscheidungsfreiheit effektiv ermöglicht und sie nicht direkt oder indirekt in gegenwärtig noch dominierende Wohn- und Betreuungsstrukturen drängt. Das bedeutet namentlich auch, dass keine neuen institutionalisierten Wohnformen geschaffen werden sollen und bestehende Einrichtungen dieser Art nur im notwendigen Masse weiterbetrieben und erhalten, aber nicht ausgebaut werden sollen.Eine Deinstitutionalisierung bedeutet nicht gleich die Schliessung von Einrichtungen. Vielmehr bezieht sie sich auf das Verfahren zur Entwicklung einer Reihe von Dienstleistungen in der Gemeinschaft, einschliesslich Prävention, damit kein Bedarf mehr an institutioneller Pflege besteht. Wichtig ist, dass den Planungen seriöse Machbarkeitsstudien und Folgenabschätzungen zugrunde gelegt werden, die den für die institutionelle Betreuung erforderlichen Ressourceneinsatz mit jenem für gemeinschaftsnahe Dienste vergleichen. Gleichwohl, das ist ganz wichtig, ist zu bekräftigen, dass es bei Art. 19 des Übereinkommens um die Ermöglichung einer individuellen Wahlfreiheit von Menschen mit Behinderung geht, wo und mit wem sie leben möchten. Ich denke, das ist ganz entscheidend. Wir haben das vom Bildungsbereich gehört, aber ich möchte das für den Wohn- und Betreuungsbereich eben auch unterstreichen, den wichtigen Beitrag, den insbesondere die Institution des HPZ in Liechtenstein hier leistet und hoffentlich auch in Zukunft in dieser Form leisten kann. Dabei ist jedenfalls denkbar, dass sich Menschen gegen gewisse Formen von Inklusion entscheiden, insoweit das Übereinkommen grundsätzlich von der Konvergenz seiner Grundsätze ausgeht, das heisst, dass die Autonomie- und Inklusionsanliegen grundsätzlich parallel laufen und es darf nicht vorschnell von der Inanspruchnahme eines Rechts auf Nicht-Inklusion ausgegangen werden. Und ja, das war es etwas technisch, aber ich denke, die Essenz ist klar.Sollen Menschen mit Behinderung das gleiche Recht mit gleichen Wahlmöglichkeiten haben, so muss ihnen auch die Möglichkeit zugestanden werden, als ihren Aufenthaltsort eine besondere Wohnform zu wählen. Dabei ist jedoch besonders darauf zu achten, dass die entsprechenden Entscheidungsprozesse tatsächlich frei, nicht durch dritte Personen oder die Umstände manipuliert sind. Formen unterstützter Entscheidungsfindung kommt diesbezüglich eine besondere Bedeutung zu. Einige Menschen ziehen es vor, in Pflegebetreuungseinrichtungen oder in separaten Gemeinschaften zu leben. Jeder sollte wählen können und jede, wo und wie er oder sie leben möchte. Und diese Entscheidung sollte respektiert werden. Ich denke, da sieht man den Unterschied zum Bildungsbereich doch deutlich.
Die Abg. Bühler-Nigsch hat nach zusätzlichen Ressourcen gefragt in den verschiedenen Bereichen. Im Bericht ist einmal der «Focal Point» zur Koordination, welcher beim ASD angesiedelt sein wird, erwähnt. Im Kapitel 7.2., personelle, finanzielle, organisatorische und räumliche Auswirkungen, wird davon ausgegangen, dass als staatliche Anlaufstelle und für die Koordinierung der Massnahmen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Konvention das ASD eingesetzt wird. Die Steuerung der Umsetzung der Konvention, die Entwicklung eines nationalen Aktionsplanes, die Stärkung der Vernetzung und Koordinierung aller Beteiligten und die Anregung von Datenerhebungen sowie Datenanalysen in Zusammenarbeit mit relevanten Stellen werden nicht mit den bestehenden Ressourcen möglich sein. Das ist klar. Für die Erfüllung dieser Aufgabe sind zusätzliche Personalressourcen von zirka 50 Stellenprozent erforderlich. Das haben Sie mich bereits gefragt bei der Budgetdebatte: Ist das im Personalbudget vorgesehen? Nein, das ist noch nicht vorgesehen. Im ersten Schritt geht es sicher darum, das aufzuzeigen, wie man das entsprechend gewährleisten möchte, dass wir das dann für das Folgejahr entsprechend auch berücksichtigen können.Ganz klar ist, dass es in den Zuständigkeitsbereich des Fachbereichs Chancengleichheit fällt und da sind eben die Personalressourcen auch begrenzt und die Anforderungen und Wünsche aus den verschiedensten Bereichen, wie dem Gleichstellungs- und Frauenrechtsbereich, der Gleichstellungsstrategie, aber auch von verschiedenen anderen Themen, sind sicherlich sehr hoch. Also da kann man nicht endlos sagen: Ja, das sollen die halt machen, wie in anderen Bereichen auch nicht. Dann die unabhängige Überwachung, welche beim VMR angesiedelt sein wird. Für die Übernahme der Aufgaben der unabhängigen Monitoringstelle benötigt der VMR zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen in Höhe von CHF 60'000. Darum wird der Jahresbeitrag künftig auf CHF 410'000 angesetzt, das haben Sie heute im Voranschlagprozess auch entsprechend genehmigt. Ist weiterer finanzieller Bedarf bei anderen Stellen gegeben, also braucht es auch andere Akteure? Davon gehen wir derzeit nicht aus, aber das wird sich vielleicht in der nächsten Zeit auch weisen müssen, wo hier Zusatzaufwand noch entsteht. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Karin Zech-Hoop
Ich habe noch eine Frage zu den Ausführungen der Bildungsministerin betreffend das Wahlsystem. Also für mich hat sich das so angehört, als ob völlige Wahlfreiheit besteht. Und persönlich bin ich eigentlich immer davon ausgegangen, dass dies in Abstimmung mit dem Therapeuten und auch mit der Schule und dem ASD stattfindet. Dass hier auch wirklich eine Evaluation vorgenommen wird, ob es passt mit der Inklusion. Oder wenn jetzt zum Beispiel ein Kind eine Eins-zu-eins-Betreuung benötigt für über 50 Prozent und sogar der Raum fast gewechselt werden muss, um eine gewisse Schulung zu erreichen, ist das für mich keine Inklusion mehr. Und ich frage mich, ob es da irgendwelche Evaluationen vielleicht pro Vierteljahr oder Halbjahr gibt und ob es wirklich zum Wohle der Kinder, die normal in der Schule sind, und der Kinder, die über diese Inklusion in der Schule sind, ist. Ich wäre dankbar um eine Rückmeldung. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrätin Dominique Hasler
Sehr geehrter Herr Präsident, geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete. Ich gehe gerne auf die Frage der Abg. Karin Zech-Hoop ein. Ich glaube, ganz wichtig ist, ins Zentrum zu stellen, dass in einem Wahlsystem gerade der Beratung und Koordination natürlich eine zentrale Rolle zukommt. Wenn ein Kind mit einem speziellen Bedürfnis in Liechtenstein auf die Welt kommt, dann kann es auch gut sein, dass es bereits vor dem pflichtschulischen Bereich natürlich sehr eng in einem therapeutischen Setting eingebunden ist, sei das mit der Frühförderung, sei das mit medizinisch-therapeutischen Massnahmen. Selbstverständlich wird dann im Beratungssetting zusammen mit den Eltern eruiert, welches für die Eltern, aber natürlich mit dem Blick auf das Wohl des Kindes, der beste Weg sein könnte. Und dann ist es aber so, dass unser Schulsystem grundsätzlich vorsieht, dass, wenn Eltern sagen, obwohl mein Kind zum Beispiel eine mehrfache Körperbeeinträchtigung hat, möchten wir versuchen, dass es zum Beispiel den Kindergarten besucht in einer Gemeinde, dass man das dann versucht mit den integrativen Massnahmen. Und das wird dann natürlich fortlaufend immer in diesem therapeutischen Setting evaluiert, das sich um das Kind herum mit den Eltern bildet. Und ich glaube, das ist wirklich eine grosse Stärke von unserem Schulsystem. Und ich habe es gesagt, es gibt einfach Länder, die diese BRK ratifiziert haben und die Inklusion in Schulen anders verstehen. Die sagen ganz klar, es gibt keine Sonderschulen mehr, also es gibt kein HPZ mehr. Und mir war wichtig, das war natürlich auch dem HPZ ein grosses Anliegen, dass wir einfach definieren, dass wir diese Wahlmöglichkeit in diesem Beratungssetting als inklusiv betrachten.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Damit können wir uns dem Antrag der Regierung zuwenden. Ich bitte den Parlamentsdienst, den Antrag zu lesen. Der Antrag der Regierung lautet, «der Hohe Landtag wolle diesen Bericht und Antrag zur Kenntnis nehmen und
a) der Ratifikation des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13. Dezember 2006 und
b) der Abgabe der folgenden Erklärung:
‹Das Schulsystem des Fürstentums Liechtenstein setzt bereits heute stark auf Inklusion und bietet Kindern mit Behinderungen sowohl die Möglichkeit, in einer Regelschule wie auch in einer Sonderschule unterrichtet zu werden. Grundlage für den Entscheid bilden dabei das Kindeswohl, die individuellen Bedürfnisse sowie die von den Eltern erklärte Präferenz. Das Fürstentum Liechtenstein erklärt, dass es sein Schulsystem als im Einklang stehend mit Artikel 24 Absatz 2(a) und 2(b) der Konvention versteht.›
die Zustimmung erteilen sowie die Regierung ermächtigen, die Erklärung zurückzunehmen, wenn sie gegenstandslos geworden ist.»Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 24 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 24 Stimmen einhellig die Zustimmung erteilt und wir haben Traktandum 33 abgeschlossen. -ooOoo-