SCHAFFUNG EINES GEWALTSCHUTZRECHTS ZUM SCHUTZ VOR GEWALT IN DER FAMILIE (ABGB, EXEKUTIONSORDNUNG UND POLIZEIGESETZ) (NR. 90/2000), 1. LESUNG
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir kommen zu Punkt 23 unserer Tagesordnung: Schaffung eines Gewaltschutzrechts zum Schutz vor Gewalt in der Familie, Abänderungen des ABGB, der Exekutionsordnung und des Polizeigesetzes. Der Bericht und Antrag Nr. 90/2000 der Regierung steht zur Diskussion.
Stv. Abg. Adolf Ritter:
Ich wollte zum vorhergehenden Traktandum noch etwas sagen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Bitte.
Stv. Abg. Adolf Ritter:
In Art. 6 Abs. 2 wird der Anspruch eines Kontingents davon abhängig gemacht, dass die Tier- und Umweltschutzgesetzgebung eingehalten wird. Ich frage die Regierung: Wer kontrolliert das? Macht das das Landwirtschaftsamt? Und wenn das der Fall wäre, müsste das dann im Aufgabenkatalog weiter hinten - in Art. 17 - nicht explizit aufgeführt werden?
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das macht das Landwirtschaftsamt, das ist richtig, weil das Landwirtschaftsamt ja die Genehmigung der Übertragung von Kontingenten erteilt nach Art. 6. Das steht in Art. 17.
Stv. Abg. Adolf Ritter:
Würde es dann nicht sinnvoll sein, das auch im Aufgabenkatalog aufzuführen?
Landtagspräsident Peter Wolff:
Die Erteilung der Genehmigung beinhaltet die Überprüfung, ob die Voraussetzungen gegeben sind. Und da ist das eine der Voraussetzungen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Nun zum Gewaltschutzrecht.
Abg. Walter Hartmann:
Herr Präsident, meine Damen und Herren. Den Bericht und Antrag der Regierung begrüsse ich und möchte mich auch gleich zu Beginn unmissverständlich für Eintreten auf diese Vorlage aussprechen. Es ist bedauerlich, über das Thema Gewalt in der Familie überhaupt debattieren zu müssen, nicht etwa weil ich die Familien nicht für schützenswert halten würde, sondern weil die Gewalt in der Familie offenbar ein real existierendes, in der Häufigkeit zunehmendes Phänomen geworden ist, vor allem auch die Brutalität der Gewaltsäusserungen innerhalb der Familie ist erschreckend. Gewalt in der Familie, das gab es wohl immer schon. Charakterschwache, oft von Süchten fehlgeleitete Individuen haben auch früher schon die Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung vorgezogen. Die Zunahme der Gewaltbereitschaft in der Familie in jüngster Zeit, in einer Zeit höherer Bildung, sicherer und lukrativer Arbeitsplätze, hohen Wohlstandes, in einer Zeit, in der sexuelle Tabus schon lange gefallen sind, in einer Zeit zunehmender Kommunikation ist erschreckend und nicht nur die Familie belastend. Aus dieser Sicht ist dieses Gesetz notwendig, obwohl es lediglich einer reinen Symptombekämpfung dient. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Gewalt in unserer Gesellschaft zu Beginn dieses neuen Jahrhunderts wollen wir nicht. Das Hinterfragen der Kausalität dieser Gesellschaftsentwicklung hätte zwangsläufig einschneidende Konsequenzen zur Folge, die zu übernehmen keiner von uns freiwillig bereit ist. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir eines Tages die Konsequenzen aus dieser Entwicklung übernehmen werden. Ich wiederhole mich, wenn ich sage, dass, wer die Gewalt auf vielfältige, täglich sich wiederholende Art und Weise verherrlicht, wer die Perversion zur Normalität erhebt, sich nicht zu wundern braucht, wenn er eines Tages selbst in irgendeiner Form Opfer von Gewalt und Perversion wird. Die menschliche Gier und die Macht der Medien spielen hier offenbar wohl eine entscheidende Rolle. Sinn und Zweck dieses Gesetzes möchte ich nicht in Frage stellen. Ich erlaube mir aber, hierzu noch einige Bemerkungen zu machen. Die Qualität eines Gesetzes zeigt sich durch seine Anwendbarkeit, und dies vorwiegend auch durch jene Menschen, die es vollziehen müssen. Bei der Auswahl der Polizistinnen und Polizisten, die dieses Gesetz zu exekutieren habe, wünsche ich den Verantwortlichen die notwendige Subtilität und Sensibilität. Eine besonders hohe menschliche und fachliche Qualifikation der für diese Spezialaufgabe vorgesehenen Polizistinnen und Polizisten ist daher unabdingbare Voraussetzung. Eine weitere Frage, die mich interessiert, ist die Intimität der Familie. Wo beginnt diese, wo endet sie? Ich möchte auch darauf hinweisen, dass dieses Gesetz, wie jedes andere vermutlich auch, ein gewisses Mass an Missbräuchlichkeit zulässt. Aus Erfahrungen im benachbarten Ausland wurde mir zur Kenntnis gebracht, dass häufig aus einer augenblicklichen Frustration heraus, zum Beispiel, wenn der Vater seinem Sohn durchaus berechtigt eine Ohrfeige androht, die Polizei eingeschaltet wurde. Wer wird entscheiden, wann einzuschreiten ist und wann nicht? Der langen Rede kurzer Sinn: Im Zusammenhang mit diesem Gesetz haben wir es mit der unberechenbarsten menschlichen Qualität zu tun, mit dem Charakter in Extremsituationen angesichts von Bedrohung und Gewaltanwendung, angesichts von Hass und Rachsucht. Ich möchte zum Schluss kommen. Die Familie ist die Keimzelle unserer Gesellschaft. Wenn wir als Gesellschaft eine Zukunftsperspektive haben wollen, so müssen wir der Familie bestmögliche Rahmenbedingungen in jeder Hinsicht schaffen. Wir sollten uns aber nicht nur der symptomatischen Auseinandersetzung mit dem Problem stellen, sondern auch der Kausalität in die Augen sehen.
Stv. Abg. Dorothee Laternser:
Herr Präsident, meine Damen und Herrn. Ich begrüsse die Gesetzesvorlage der Regierung, also die Schaffung eines Gewaltschutzrechtes zum Schutz der Familie vor Gewalt sehr. Sie greift ein Problem auf, das leider besteht, und jetzt in einer für die Betroffenen wesentlich besseren Weise angegangen werden soll. Gewalt in der Familie richtet sich gegen den schwächeren Teil derselben, und das sind - zumindest bei physischer Gewalt - im Normalfall Frauen und Kinder. Übrigens erstrecken sich die Regelungen des Gesetzes ebenso auf die psychische Gewalt, und das ist richtig und wichtig so. Die Opfer der Gewaltanwendung sind normalerweise in verschiedener Weise vom Gewaltanwender abhängig, finanziell, vor allem aber durch Beziehungsnetze, emotionale Strukturen. Im Zuge der familiären Spannungen entstehen, je nachdem, negative Emotionen, Hassgefühle, Abneigung, grosse Angst, Gefühle der Unsicherheit. Und doch bleibt vor allem bei Kindern das Grundbedürfnis nach Zuneigung und Liebe von Seiten der Eltern, des Vaters, also sehr ambivalente und enorm schwierige zu grossen inneren Spannungen führende Situationen. Um der Gewaltanwendung zu entkommen, war über die Konfliktsituation hinaus ein weiterer sehr schwerer Schritt notwendig, d.h. die von der Gewalt betroffenen mussten zu allem hin die Wohnung verlassen, Unterschlupf suchen, sich neu orientieren in Beziehungsfeld, Umgebung, Wohnung, verbunden mit finanziellen Schwierigkeiten, Behördengängen usw. Der vorliegende Gesetzesentwurf bringt eine grundlegende Erleichterung für die Betroffenen, in dem nun der Gewaltanwender die gemeinsame Wohnung verlassen muss. Das ist sehr zu begrüssen. In diesem Zusammenhang möchte ich das Frauenhaus erwähnen, das eine sehr wichtige Funktion erfüllt und hervorragende Arbeit leistet. Es wird auch in Zukunft wichtig sein. Den Mitarbeiterinnen des Frauenhauses möchte ich hier sehr für ihre Arbeit danken. Einige grundlegende Gedanken zum Gesetz: Es bringt auch insofern eine entscheidende Verbesserung, als bisher staatliche Organe nur hinterher, das heisst nach der Tat, nach der Gewaltanwendung tätig werden konnten. Jetzt ist ein präventives Handeln möglich, zum grossen Vorteil der Betroffenen. Die Polizei wird von sich aus tätig werden können, ohne dass vorher ein Antrag gestellt werden muss. Um bei der Polizei zu bleiben: Bei der Umsetzung des Gewaltschutzrechtes wird die Polizei eine Schlüsselstellung einnehmen, da sie schnelle und fundierte Entscheidungen treffen muss, ob eine Wegweisung oder ein Betretungsverbot ausgesprochen wird. Eine spezielle Schulung der Polizei sollte obligatorisch sein und rasch in Angriff genommen werden, wobei auch regelmässige Wiederholungskurse vorgesehen werden sollten. Ein zentraler Punkt ist die Beratung und Betreuung der Betroffenen. In diesem Zusammenhang möchte ich erneut auf das Anliegen hinweisen, ein Opferhilfegesetz zu schaffen. Die im Regierungsbericht vorgeschlagene Interventionsstelle oder die zunächst geplante Arbeitsgruppe zur Koordination der in das Verfahren involvierten Stellen, vor allem zur Betreuung und Beratung der Betroffenen, ist sehr zu begrüssen. Wichtig wäre es, dass sie in Notfällen immer erreichbar ist, Stichwort Telefondienst, Pikettdienst. Sie sollte auch den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit abdecken und sich somit um die notwendige Sensibilisierung der Bevölkerung kümmern. Weiter erscheint mir Folgendes sehr wichtig: Vor allem, aber nicht nur, wenn die Gewalt gegen ein Kind, einen Minderjährigen, von Seiten des Sorgeberechtigten kommt, erscheint es dringend geboten, während der Zeit der Wegweisung bzw. des Betretungsverbotes, das Sorgerecht der gewaltanwendenden Person ruhen zu lassen, da sonst auf diesem Weg die Massnahmen unterlaufen werden könnten und neue Konflikte für die Betroffenen entstehen können. Es erscheint mir wichtig, das in der Exekutionsordnung aufzunehmen, und ich werde es bei der Lesung vorschlagen.Die nächste Frage, die sich stellt, ist Folgende: Wie wird während der Zeit der Wegweisung respektive des Betretungsverbotes die Frage der täglichen Ausgaben gedeckt? Also, wie wird die notwendige Unterhaltszahlung geregelt werden? Verschiedene Vernehmlassungsteilnehmer sehen die Notwendigkeit im Zuge der Massnahmen, dem Gewaltanwender auch allfällige Schusswaffen abnehmen zu können, und das sowohl in der Exekutionsordnung als auch im Polizeigesetz zu verankern. Die Begründung der Regierung dagegen überzeugt mich nicht. Zum Beispiel sind die Waffen ja nicht unbedingt in der Wohnung aufbewahrt. Die Ängste der Betroffenen im Hinblick auf einen eventuellen Schusswaffengebrauch sind sehr verständlich und sehr gut nachvollziehbar. Ich möchte deshalb darum bitten, diesen Punkt noch einmal zu prüfen, noch einmal aufzugreifen.Und noch ein letzter Punkt: In der Exekutionsordnung wird geregelt werden, dass das Gericht auf Antrag eine Wegweisung oder ein Betretungsverbot aussprechen kann. Meine Frage ist nun, ob die übrigen Bestimmungen für einstweilige Verfügungen und deren Inhalt gemäss Art. 284 Exekutionsordnung auch hier gelten, zum Beispiel die Bestimmung über eine mögliche Schadensersatzpflicht der antragstellenden Partei, eben nach selbigen Art. 284 oder auch Art. 287 EO?Zusammenfassend begrüsse ich die Regierungsvorlage sehr und spreche mich für Eintreten aus.
Stv. Abg. Adolf Ritter:
Meine Damen und Herren. Privatsphäre geniesst zu Recht hohen Schutz, geht aber nicht über alles, auch nicht in der Familie. Vor allem dann nicht, wenn psychische, physische oder sexuelle Gewalt ausgeübt wird. Dass auch hinter private Türen geschaut werden kann und, wenn hier Übergriffe auf die persönliche Integrität erfolgen, auch gehandelt werden kann, bevor das Schlimmste eintritt, ist schon deshalb gerechtfertigt, weil in Wirklichkeit nur ein Bruchteil bzw. nur die Spitze der Übergriffe und der damit verbundenen Notsituationen im familiären Bereich nach aussen dringt. Intervention nur im Extremfall schützt mehr den Täter, die Täterin als die Opfer. Es braucht, das zeigt die Praxis, flexible und der jeweiligen Problemsituation angemessene Interventionsmöglichkeiten. Für eine gezielte, wirksame und angemessene Intervention ist deshalb ein gesetzlich geregelter Handlungs- und Ermessungsspielraum und entsprechend geschultes Vollzugspersonal notwendig. Die Vorlage berücksichtigt für eine wirksame Intervention beide Bedingungen. Den Schutz der Gesellschaft bedürfen vor allem diejenigen Personen, die Gewalt erfahren. Denn wiederholte Aggression erschwert oder verunmöglicht nicht nur ein würdiges Zusammenleben, sie zerstört auch das Selbstwertgefühl der Betroffenen und führt zu psycho-emotionalen Störungen, Lebensqualität und persönliche Entfaltung werden nachhaltig beeinträchtigt oder eingeschränkt. Die Handlungsfähigkeit der Menschen, die Aggression erfahren und die Aggression regelmässig ausgesetzt sind, ist eingeschränkt. Scham und Angstgefühle verstärken in der Regel die Hilflosigkeit. Ohne gesicherte und vorbehaltslose Hilfestellung von aussen werden nur wenige Betroffene die Kraft aufbringen, sich zu erheben. Es muss also Opfern und Tätern zum vornherein klar sein, dass Gewalt in der Familie nicht toleriert und Gewaltanwendung konsequent verfolgt wird. Mit dem Wegweisungsrecht wird eine Lücke im Vorgehen gegen Aggression in der Familie geschlossen. Ich spreche mich dafür aus, einzutreten.
Abg. Marco Ospelt:
Herr Präsident, meine Damen und Herren. Auch ich spreche mich für Eintreten auf das Gesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie aus. Ich möchte Sie nicht langweilen mit Wiederholungen der Ausführungen meiner Vorredner, die ich alle oder mindestens zum grossen Teil stützen kann. Ich möchte Sie zunächst erinnern an die Diskussion von gestern Abend, wo wir über die Gleichstellung von Mann und Frau geredet hatten, und wo der Abg. Oswald Kranz ausgeführt hatte, die Bemühungen zur Gleichstellung von Mann und Frau hätten zu einem respektvolleren, zu einem tunlicheren Umgang untereinander geführt. Wenn wir jetzt dieses Gesetz gegen die Gewalt in der Familie behandeln, dann scheinen die Zahlen, die hier uns genannt werden, diesen Aussagen zu widersprechen. Ich warne aber davor, diese Zahlen so tel quel einfach anzunehmen. Ich bin mir gar nicht sicher, ob die Gewalt in der Familie in den letzten Jahren so ungeheuerlich zugenommen habe. Jedenfalls kann unsere Statistik darüber nicht zuverlässig Auskunft geben. Einerseits, weil uns schon zuverlässige Zahlen fehlen, und andererseits weil die Zahlen, die uns zur Verfügung stehen, viel zu klein sind, um daraus Schlüsse zu ziehen. Denn wenn man jetzt Schlüsse ziehen würde aus der Polizeistatistik, wie sie dem Bericht beigegeben ist, dann müsste man ja sagen, dass es gleichgeschlechtliche Unzucht mit Jugendlichen überhaupt erst seit 1997 gäbe, und da aber wäre sie dann ganz sprunghaft in Erscheinung getreten, oder andererseits, und dem geradezu widersprechend, dass sittliche Gefährdung Unmündiger oder Jugendlicher seit Jahren abnehme und auf tiefem Niveau konstant bleibe. Das kann es sicher nicht sein, sondern das ist eine Folge der kleinen Zahlen. Auch die Angaben aus dem Frauenhaus können nicht belegen, dass tatsächlich Gewalt in der Familie zugenommen habe. Wenn da zum Beispiel steht, dass das Frauenhaus 64 telefonische Beratungen geführt habe, und bei einem Teil davon Gewalt in Ehe und Familie der Grund für den Anruf gewesen sei, dann sagt das eigentlich nicht sehr viel aus. Die Regierung sagt, dieses Gesetz gegen Gewalt in der Familie führe zu einer Sensibilisierung in der Gesellschaft. Ich denke viel eher, dass dieses Gesetz Ausdruck ist der Sensibilisierung, eines Sensibilisierungsprozesses, der in der Gesellschaft stattgefunden hat. Ich erinnere Sie daran, dass früher körperliche Gewalt, Züchtigung gegen Kinder, ein völlig akzeptiertes Vorgehen war und auch heute noch viele Leute Mühe haben, zu akzeptieren, dass körperliche Züchtigung von Kindern eigentlich nicht in Ordnung ist. Zu denken gegeben haben mir einige Prämissen, die in diesem Bericht zum Gesetz als gegeben angenommen werden, als Axiome dargestellt werden, die nicht in Frage zu stellen seien. Zum Beispiel, dass die Gesetzesvorlage in Österreich, die als Rezeptionsgrundlage gedient habe, zu positiven Erfahrungen geführt habe. Nun ist dieses Gesetz in Österreich erst seit 1997 in Kraft. Und in der Medizin gibt es zum Beispiel die Regel, dass ein Medikament mindestens 2 Jahre im Handel sein müsse, bevor man überhaupt über die Ausbreitung der Nebenwirkungen, über das Nebenwirkungsprofil, etwas aussagen könne. Also, ich denke, mit diesem Gesetz muss man auch in Österreich noch Erfahrungen sammeln. Es würde mich nicht wundern, wenn das Gesetz in Österreich novelliert, den Erfahrungen angepasst würde. Es wird hier ausgesagt, dass die Wegweisung eine nachweislich wirksame Intervention sei. Aber es wird nicht hingewiesen darauf, worauf sich denn diese Behauptung stütze. Also, ich muss das wohl glauben, es steht so da. Papier ist geduldig. Ob es wirklich stimmt?, ich hoffe es. Wir werden es ja sehen.Wichtig scheint mir, wie der Abg. Laternser, dass die Begleitmassnahmen sorgfältig geplant werden, und dass man auf diese Begleitmassnahmen ein grosses Gewicht legt. Ich denke hier vor allem an die Beratung der betroffenen Opfer, aber auch an die Betreuung der Täter. Schliesslich wollen wir ja nicht zu einer blossen Bestrafung der Täter kommen, im Gegenteil, die Wegweisung ist ja eigentlich eine Diversionsmassnahme, keine Bestrafung im engeren Sinne. Wir wollen auf Dauer die Familien tragfähiger machen, und das würde dann bedeuten, dass wir auch Täter von heute zu Nichttätern von morgen machen. Ich finde es sehr richtig, dass das Sexualstrafrecht diesem Hause wieder vorgelegt wird. Wir haben es genau vor einem Jahr zum ersten Mal gelesen, und es wäre eigentlich an der Zeit, dass die 2. Lesung uns vorgelegt würde, also der ergänzende Bericht der Regierung und die definitive Fassung uns vorgelegt würde. Ich denke, die Ausbildung der Polizeibeamten wird ganz entscheidenden Einfluss darauf haben, ob wir mit diesem Gesetz gute Erfahrungen machen oder nicht. Und ich möchte darauf hinweisen, dass es sich bei diesen Massnahmen, die hier der Polizei übertragen werden - Wegweisung, Aufenthaltsverbot -, dass es sich hier gerade nicht um Spezialaufgaben handelt. Das werden jene Polizeibeamten durchzuführen haben, die auf Streife sind, die im Dienst sind, die zu einem Notruf ausrücken müssen. Das kann also irgendein Polizeibeamter sein. Und deshalb muss die Ausbildung in der Polizei breit und gut fundiert sein. Die Regierung weist darauf hin. Ich möchte diesen Aspekt ausdrücklich betonen.Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es bisher ja nicht so war, dass immer das Opfer von Gewaltakten die Wohnung verlassen musste, um sich der Gewalt zu entziehen. Es ist auch nicht so, dass bisher die Behörden im weiteren Sinn nicht in der Lage waren, prospektiv zu handeln, vorsorglich zu handeln oder mindestens in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Gewaltakt zu handeln. Ich sage das deshalb, weil ich als Vertreter des Landesphysikus sehr häufig zu Einsätzen komme, gerade dann, wenn Gewalt in der Familie angewendet wurde, und dies zwar deshalb, weil häufig Stoffabhängigkeit, also konkret meistens Alkoholabhängigkeit oder eben Verhaltensstörungen im Zusammenhang mit einer psychischen Veränderung Ursache sind für Gewaltanwendungen in der Familie. Man kann sich ja überhaupt fragen, ob jemand gesund sei, der in der Familie Gewalt anwendet. Es war also bisher so, dass in einer Situation, wo Gewalt in der Familie angewendet wurde, und wo dies zur Spitze des Eisbergs wurde, also der Polizei, den Behörden bekannt wurde, dass in solchen Fällen eine ärztliche Beurteilung stattgefunden hat. Zwar muss man einschränkend sagen, dass in diesem Fall nur bei Vorliegen eines krankhaften Zustands Handlungsmöglichkeiten bestanden. Aber man muss immerhin sagen, dass eine Beurteilung stattgefunden hat. In Zukunft wird es so sein, dass die Polizeibeamten selber in der Lage sein müssen, so eine Situation dann beurteilen zu können. Ich möchte es nicht unterlassen, auch auf einige Lücken hinzuweisen. Die Abg. Laternser hat schon ihren Finger darauf gelegt. Vor allem die Möglichkeit, Waffen den Tätern abzunehmen, halte ich für eine unabdingbare Voraussetzung. Nicht nur deshalb, weil die Waffen ja nicht unbedingt in der Wohnung aufbewahrt werden, aber selbst dann, weil nämlich das Vorhandensein von Waffen in der Wohnung für den Täter, wenn er wirklich gewalttätig ist, eher einen Ansporn bildet, sich wieder Zugang zu dieser Wohnung zu verschaffen. Wenn hingegen die Waffen weggenommen und bei der Polizei verwahrt sind, dann fällt dieser Grund, mindestens dieser Grund, in die Wohnung zurückzukehren, der fällt dann weg. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass man nicht so ohne weiteres davon ausgehen kann, wenn die Polizei einen Tatbestand aufnähme, dass es dann ein objektiver Sachverhalt oder eine objektive Sachverhaltsdarstellung sei, weil natürlich auch die Polizei in den allermeisten Fällen nur die Aussage eines der Beteiligten hat, im konkreten Fall die Aussage des Opfers hat. Und nicht immer ist die Aussage des Opfers objektiv, ohne jetzt irgendwie nahe treten zu wollen. Aber ich denke, für eine gerichtliche Entscheidung kann man nicht so ohne weiteres auf die Aussage des anderen Beteiligten verzichten. Ich würde das für einen Mangel halten. In vielen Fällen, die ich angetroffen habe in meiner Praxis, wäre es jedenfalls ein Mangel gewesen.Mein Fazit: Ich begrüsse das Gesetz gegen Gewalt in der Familie. Ich warne aber auch davor, allzu grosse Erwartungen da hineinzulegen. Es wird nicht einen Quantensprung geben in der Abnahme an Gewalt in der Familie, einerseits deshalb, weil eben nur ein Teil davon überhaupt den Polizeibehörden bekannt wird, andererseits, weil auch bisher schon, wenn auch eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten bestanden. Ich möchte hinweisen auf das Problem der Abgrenzung, der Abgrenzung zwischen dem Schutz der Privatsphäre und dem Eingreifen in Fällen von Gewalt, vor allem dem vorbeugenden Eingreifen in einem Fall, wo diese Gewalt nur droht. Die Regierung schreibt in ihrem Bericht, dass meistens die Polizei schon Kontakt hatte mit Familien, in denen Gewalt vorkommt. Und in diesen Fällen ist es tatsächlich richtig, dass man dort einigermassen gut abschätzen kann, wenn das Gewaltpotenzial wieder so weit angestiegen ist, dass Handlungsbedarf gegeben ist. Aber es gibt auch die anderen Fälle, wo zum ersten Mal die Polizei von Gewalt in einer Familie erfährt. Diese Fälle sind dann besonders heikel abzugrenzen. Und hier kommt es dann vor allem auf das Fingerspitzengefühl der Polizeibeamten an.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Meine Damen und Herren. Ich kann aus meiner Erfahrung als forensisch tätiger Rechtsanwalt die bisher gehaltenen Voten nur unterstützen. Ich finde es ein ausserordentlich begrüssenswertes Gesetzespaket, das wir hier zur Beratung vor uns liegen haben. Ich finde es auch sehr gut ausgearbeitet und begründet. Es ist leider so - und zwar ist das meiner Meinung nach nicht eine derzeitige oder sonst wie zeitbedingte Erscheinung unserer Gesellschaft, es ist generell so, und nicht nur bei uns -, dass in sehr vielen Menschen ein gewaltiges Gewaltpotenzial schlummert. Und wenn diese Menschen die Möglichkeit haben, dieses Potenzial auszuleben, und vor allem, wenn sie wissen, dass bei einer Gewaltauslebung in gewissem Rahmen ihnen kaum eine spürbare Sanktion droht, dann tun sie das auch. Nicht immer, aber dann, wenn sie entsprechend angeregt werden dazu. Es gibt immer wieder Fälle in unserem Land, genauso wie anderswo, wo gerade in Familien, vor allem in Ehen, bei entsprechenden Anlassfällen Gewalt relativ unverblümt und oft in einer erschreckenden Brutalität angewandt wird, ohne dass deshalb bisher in sehr vielen, in viel zu vielen Fällen irgendetwas Ernsthaftes dagegen unternommen worden wäre. Meist deshalb nicht, weil die von der Gewalt bedrohte oder geschädigte Person - in fast allen diesen Fällen der weibliche Teil einer solchen Partnerschaft - befürchtet hat, bei entsprechenden Interventionen das Zusammenleben, die Partnerschaft als solche in Frage zu stellen, aber vor allem deshalb, weil in sehr vielen Fällen der gewaltausübende Teil gleichzeitig auch der Mieter oder Eigentümer der gemeinsam bewohnten Wohnstätte war und den anderen Teil vor die Wahl gestellt hat: Bitte, du kannst ja gehen, wenn es dir nicht passt. Und das ist der Zustand, der durch diese Gesetzesvorlage nicht zum Verschwinden gebracht werden kann - das ist überhaupt mit den meisten Gesetzen nicht möglich, die sich gegen irgendwelche Missstände wenden - aber die den Betroffenen ein Mittel in die Hand gibt, um sich dagegen zur Wehr setzen zu können, auch schon bei nur Androhung, bei entsprechend ernsthafter Androhung physischer Gewalt. Ich finde das ausserordentlich begrüssenswert. Ich muss Ihnen sagen: Ich bin in den letzten 25 Jahren schon oft verzweifelten Frauen gegenübergesessen, denen ich auch in ihrer Not eigentlich keinen sinnvollen Rat geben konnte, die aus persönlichen Überlegungen, Einstellungen, die man vielleicht nicht nachvollziehen kann, aber die man verstehen muss, wieder dorthin zurückgehen wollten oder geglaubt haben - teils auch aus finanziellen Gründen - sie müssen dorthin wieder zurückgehen. Und mit Ausnahme der Einleitung einer Ehescheidungsklage, was halt in vielen Fällen nicht erwünscht ist, konnte man ihnen mit den bisherigen Rechtsmitteln wenig zur Hand geben. Diesem beklagenswerten Zustand soll und wird - da bin ich überzeugt davon - diese Gesetzesvorlage Abhilfe schaffen, und deshalb ist sie rückhaltlos in jeder Hinsicht begrüssenswert. Dass man auch Verbesserungen, kleine Änderungen da und dort sich vorstellen kann, zum Beispiel bei der Möglichkeit, Waffen zu beschlagnahmen, das ist völlig richtig. Da bin ich auch dafür, weil die Begründungen, die diesbezüglich im Regierungsbericht drinnenstehen auf den Seiten 33 und 44, aus eher formalrechtlichen Überlegungen, dass Waffen nur beschlagnahmt werden können vom Exekutor, wenn sie als Vermögenswerte anzusehen seien, die dann verwertet werden können, das geht an der Praxis natürlich völlig vorbei. Es ist genau so, wie es der Abg. Marco Ospelt schon gesagt hat, es ist ein extrem gefährlicher Zustand, wenn ein gewaltbereiter Mensch in der Wohnung, zu deren Verlassen er aufgefordert wird, eine Waffe, vor allem eine Schusswaffe hat, dann ist das ein Anziehungspunkt für ihn ohne gleichen, der ihn in die Wohnung wieder zurücktreibt. Und wenn diesbezüglich im Regierungsbericht - ich glaube, es ist auf Seite 44 - steht, dass er das ja nicht mehr kann, weil er ja aus der Wohnung weggewiesen wurde, dann erlaube ich mir, ein bisschen zu schmunzeln. Ich glaube, ich brauche darüber weiter nichts zu sagen. Der Täter muss, solange er nicht geheilt oder sonst auf irgendeine Art und Weise stillgestellt ist, nicht nur durch einen polizeilichen oder gerichtlichen Befehl daran gehindert sein, diese Wohnung wieder zu betreten, es darf auch keinen Anziehungspunkt für ihn geben. Und eine dort befindliche Waffe, mit der er allenfalls glaubt, sich doch noch durchsetzen zu können, die darf auf keinen Fall dort verbleiben. Ich bin daher der Meinung, dass bei Durchführung solcher Massnahmen, sei es durch die Polizei, sei es in Vollziehung einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung sogar ausdrücklich gefragt und geprüft werden muss, ob sich Waffen, welcher Art und Weise, die im Besitz des Täters sind, in der Wohnung befinden. Und wenn das der Fall ist, auch wenn keine konkrete Waffenanwendung angedroht wurde, dann muss das für die Zeit dieser Massnahmen verwahrt werden. Das ist aber in etwa das Einzige, was ich hier als konkrete Verbesserungsmassnahme vorzuschlagen habe. Ansonsten finde ich die vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen, vor allem in der Exekutionsordnung, aber auch im Polizeigesetz durchaus geeignet, um hier eine Handhabe an die Hand zu geben, in solchen Fällen Massnahmen ergreifen zu können, ohne gleich zum Extremmittel, dem Täter manchmal vielleicht sogar willkommenen Extremmittel des eigenen Auszugs, verbunden zum Beispiel mit einer Ehescheidungsklage, greifen zu müssen. Ich begrüsse daher diese Gesetzesvorlage.
Abg. Marco Ospelt:
Ein kleines Aperçu am Rande, Herr Landtagspräsident. Bisher war es meines Wissens immer so: Wenn man erfahren hat in so einem Fall, wo Polizei und Landesphysikus zu einem Gewalttäter gerufen wurden, wenn da in Erfahrung zu bringen war, dass Waffen im Hause sind, dann wurden die immer mitgenommen. Das hätten wir nie gewagt, die Waffe dort zu lassen, weil wenn denn tatsächlich die Beurteilung so ist, dass ein Gewaltpotenzial da ist, dann können Sie das nicht riskieren, dass da dann noch Waffen gelagert sind.Eine kleine Anmerkung zu Ihrer Ausführung zu der Frau oder zu den vielen Frauen eigentlich, die sich nicht entscheiden können, aus dieser ehelichen Situation wegzugehen bzw. die Scheidung in die Wege zu leiten. Für diese Frauen bringt natürlich auch das neue Gesetz eigentlich nur eine kurze Verschnaufpause, weil die Wegweisung, das Aufenthaltsverbot nach 20 Tagen spätestens ja abläuft, wenn das betroffene Gewaltopfer nicht in dieser Zeit ein anderes Verfahren einleitet, beispielsweise ein Scheidungsverfahren. Das heisst, auch in diesem Falle wird nach spätestens 20 Tagen die Wirkung der Wegweisung wieder verpuffen, wenn ich mal so sagen darf. Das ist zwar immer noch länger als es in den bisherigen Fällen, also bei der bisherigen Lösung war, aber es wird natürlich keine definitive Lösung geben. Es ist vorprogrammiert, dass in derselben Familie wegen derselben Ursache, wenn nicht tatsächlich eine Therapie stattfindet, wieder ein Eingriff der Behörden nötig werden wird.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das ist nicht ganz richtig, Herr Abg. Ospelt, das betrifft nur die polizeiliche Wegweisung. Aber die vorgeschlagenen Abänderungen der Exekutionsordnung geben die Möglichkeit, ohne ein Scheidungs- oder sonstiges familienrechtliches Verfahren mittels einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung die Wegweisung bzw. das Betretungsverbot für drei Monate zu verfügen. Nach Ablauf der drei Monate wird sich dann die Frage ergeben: Hat sich die Lage so weit beruhigt, dass ein neuerliches Zusammenleben möglich ist und auch erwünscht ist, oder kommt man zum Schluss: Es ist besser, überhaupt ein Ende dieser Beziehung herbeizuführen. Das steht in Art. 277a Abs. 4.
Abg. Marco Ospelt:
Aber das bedingt eben auch den Antrag der betroffenen Frau.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Natürlich, das ist auch völlig richtig, denn das ist ein rechtsstaatliches Verfahren, das gerichtliche Verfahren zum Erlass einer einstweiligen Verfügung. Eine polizeiliche Verfügung, die naturgemäss nur eine Momentaufnahme zur Basis haben kann, auch nicht auf der Basis des rechtlichen Gehörs, wie sie selbst schon richtig darauf hingewiesen haben, die ist bei einer Dauer von 20 Tagen ohnehin relativ lange.Wird das Wort noch gewünscht?
Regierungsrätin Andrea Willi:
Herr Präsident, werte Abgeordnete. Ich danke für die positive Aufnahme des Berichts und der Gesetzesvorlage. Ich muss gar nicht mehr viel dazu ergänzen. Sie haben das Gesetz und die Absicht der Regierung vollständig erfasst. Ich glaube, wer Gewalt duldet oder sie noch länger tabuisiert, der macht sich mitschuldig. Und deswegen ist ein Gesetz, das sowohl Opfer wie auch potenzielle Täter schützt, dringend notwendig, und eben deshalb auch von niemand bestritten. Es ist sicher gerade ein Merkmal dieses Gesetzes, dass es vor allem präventiv auch wirken will. Schon die Drohung, jemanden wegweisen können zu lassen, wird viele Gewalttaten gar nicht erst zum Vorschein bringen. Es ist in diesem Sinn auch ein Schutz für den Täter. Er oder sie wird nicht zum Täter oder zur Täterin, weil auch der Täter ja im Nachhinein diese Taten sicher oft bereut und auch der Täter ja Hilfe braucht. Dies ist übrigens auch im Gesetz vorgesehen, dass solche Täter auch eine Therapie durchlaufen müssen, und dass sie nicht einfach wieder auf ihr Zuhause losgeschickt werden, sondern sie müssen in eine Beratung. Auch diese Tatsache scheint mir sehr wichtig, denn selbstverständlich ist das Gesetz in erster Linie für die Opfer gedacht, aber ebenso sehr auch für die Täter bzw. für die Hilfe an die Täter. Es wurden noch einzelne Fragen gestellt. Ich kann sie dann auch bei den einzelnen Gesetzesartikeln noch weiter ausführen. Ich stimme Ihnen zu: Die Ausbildung der Landespolizei wird sehr wichtig sein. Wir haben auch an verschiedenen Orten des Berichts festgehalten, dass die Landespolizei erstens eine Schulung braucht, eine psychologische Schulung, und zweitens, dass sie auch ganz klare Richtlinien braucht für das Eingreifen: Was muss sein für einen Eingriff? Und wir denken, dass so auch Missbräuche, die Sie ebenfalls zum Teil befürchtet haben, vermieden werden können.Ich glaube auch, dass in unserem Land unsere geschulten Leute auch eine gewisse Kenntnis haben von Problemsituationen, von Problemfamilien, und dass daher unsere eher kleinen Verhältnisse helfen bei der richtigen Einschätzung einer Situation. Ein weiterer Punkt war noch die Bemerkung, dass die Intimität, die Abgrenzung zum Heim, dass das bewahrt und geschützt werden muss. Selbstverständlich muss es das sein. Dafür sorgt auch die Verfassung, dafür sorgt auch die Europäische Menschenrechtskonvention. Aber auch die Europäische Menschenrechtskonvention sieht vor, dass die Gewaltverhinderung dem Schutz des Hauses oder der Privatheit der Intimität vorangeht. In diesem Sinn bewegen wir uns innerhalb der Vorschriften der EMRK und auch der Verfassung.So weit einmal meine allgemeinen Ausführungen. Was die Waffen betrifft vielleicht noch: Sie haben das mit entwaffnender Überzeugungskraft erläutert. Wir werden das sicherlich auf die 2. Lesung noch einmal überlegen, noch einmal prüfen. Und was die Erfahrungen der Österreicher angeht: Die haben bereits das Gesetz aus dem Jahr 1997 einer Gesetzesrevision unterzogen. Wir haben bereits die Änderungen aus der am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Novelle in unser Gesetz übertragen. Und auch trotz dieser Übertragung können wir uns vorstellen, dass auch unser Gesetz eines Tages wieder angepasst werden muss. Es sind sicher erste Erfahrungen, die jetzt gesammelt werden müssen. Und man muss schauen, wie das Gesetz dann wirkt in der Realität und im Alltag. Vielen Dank.
Abg. Marco Ospelt:
Frau Regierungsrätin. Ich glaube, das Gesetz sehr genau abgeklopft zu haben und bin berufsbedingt sehr hellhörig, wenn von Therapie und Behandlung die Rede ist. Sie haben jetzt aufgeführt, im Gesetz sei festgehalten, dass sich der Täter einer Therapie unterziehen müsse. Könnten Sie mir bitte sagen, wo im Gesetz das festgehalten ist?
Regierungsrätin Andrea Willi:
Ich werde es dann erwähnen, wenn wir dazu kommen. Es ist auf jeden Fall eine Interventionsstelle vorgesehen und eine Arbeitsgruppe. Und jeder potenzielle Täter wird zu dieser Arbeitsstelle oder Interventionsgruppe zum Gespräch gehen müssen. Vorderhand werden wir das beim Amt für Soziale Dienste ansiedeln. Hier wird auf jeden Fall eine Nachbehandlung geschehen. An welcher Gesetzesstelle das jetzt ist, kann ich Ihnen nicht sagen. Aber wir werden ja bei der Lesung dazu kommen.
Abg. Marco Ospelt:
Ich wage Zweifel dazu zu äussern, dass wir dazu kommen werden. Ich weiss, dass im Bericht der Regierung schon von Interventionsstelle und von vorgesehener Therapie auch für den Täter geschrieben wird. Aber es ist ja auch im Gesetz diese Interventionsstelle nicht vorgesehen. Und vor allem habe ich nirgends eine Stelle gefunden, nach welcher der Täter verpflichtet wäre, eine Therapie zu machen. Es ist auch, ehrlich gesagt, nicht sehr sinnvoll, jemanden zu einer Therapie zu verpflichten, weil dann wäre die Wirksamkeit dieser Therapie sehr in Frage gestellt, dann wäre es wirklich ein Glücksfall, wenn dann die Therapie greifen würde. Also, da würde ich davon abraten, jemanden zu einer Therapie zu zwingen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wird das Wort noch gewünscht? Das scheint nicht der Fall zu sein. Eintreten ist unbestritten. Wir können mit der 1. Lesung beginnen. -ooOoo-
GESETZ ÜBER DIE ABÄNDERUNG DES ALLGEMEINEN BÜRGERLICHEN GESETZBUCHES
§ 163c wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
§ 163c steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
§ 215 Abs. 1 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
§ 215 Abs. 1 steht zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Ich habe keine eigentliche Anmerkung zum § 215. Der scheint mir so in Ordnung zu sein. Ich habe eher eine Anmerkung zur Vorlage an sich. Ich hatte hier einige Mühe, herauszufinden, was denn eigentlich genau abgeändert sei, das heisst, ich musste halt selber in der Gesetzesvorlage nachschauen. Ich möchte der Regierung warm machen, ich habe das schon öfters gesagt: Wenn Gesetze abgeändert werden, dann doch bitte die Vorlage, das ursprüngliche Gesetz dem Antrag beizuheften, damit man nicht herumsuchen muss.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
§ 1328 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
§ 1328 steht zur Diskussion. Ich würde vorschlagen, hier statt vom "entgangenen Gewinn" zu reden, zu formulieren: "hat ihm den erlittenen Schaden zu ersetzen und volle Genugtuung zu leisten". § 1323 Abs. 1 ABGB definiert den Begriff "volle Genugtuung" und beinhaltet nicht nur den sogenannten entgangenen Gewinn, sondern auch die Tilgung der verursachten Beleidigung, wie es dort in etwas altertümlicher Sprache heisst, sprich auch den Ersatz immateriellen Schadens. Und mir gefällt, ehrlich gesagt, in diesem Zusammenhang generell der Begriff "volle Genugtuung" besser als nur der Hinweis auf "allenfalls entgangenen Gewinn".
Abg. Marco Ospelt:
Im Zusammenhang vor allem mit diesen Artikeln wird deutlich, dass es eigentlich an der Zeit wäre, das Sexualstrafrecht, also die definitive Vorlage zum Sexualstrafrecht dem Landtag zur Behandlung zu unterbreiten.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das ist sicher richtig. Ich weiss allerdings nicht, was es mit diesem Artikel zu tun haben soll. Das ist eine Bestimmung des Privatrechts.Wir können weiterlesen.
II. wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
II. steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
III. wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
III. steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
-ooOoo-
GESETZ BETREFFEND DIE ABÄNDERUNG DES GESETZES ÜBER DAS EXEKUTIONS- UND RECHTSSICHERUNGSVERFAHREN (EXEKUTIONSORDNUNG)
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir lesen die zweite Vorlage: Abänderung der Exekutionsordnung.Art. 13 Abs. 2 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 13 Abs. 2 steht zur Diskussion. Ich würde anregen, im Sinne der Äusserungen anlässlich der Eintretensdebatte hier noch einen Abs. 3 anzufügen, in dessen Rahmen dann, speziell auf den Fall des Art. 277a bzw. die Vollzugshandlungen gemäss Art. 277c EO bezogen, die Befugnis für den Exekutor, im Falle des Vollzugs einer solchen Wegweisungsverfügung auch in der Wohnung vorhandene Waffen vorläufig für die Dauer der einstweiligen Verfügung zu beschlagnahmen, verfügt werden sollte. Weil der Art. 13 Abs. 2 selbst eignet sich dafür nicht, weil er ja jede Art von Exekutionshandlung betrifft und nicht nur solche einstweilige Verfügungen, wie wir sie hier im Auge haben.
Abg. Marco Ospelt:
Ich würde dann aber vorschlagen, nicht nur die Berechtigung, sondern die Verpflichtung zum Einzug der Waffen dort vorzusehen.
Stv. Abg. Dorothee Laternser:
Ich wollte fragen in dem Zusammenhang: Könnte man es nicht ausdehnen, dass nicht nur Waffen, die sich in der Wohnung befinden, beschlagnahmt werden, sondern Waffen, die im Besitz auch grundsätzlich des Gewaltanwenders sind?
Landtagspräsident Peter Wolff:
Die Regierung wird das prüfen bis zur 2. Lesung. Entschuldigung, der Abg. Ospelt hat sich noch gemeldet.
Abg. Marco Ospelt:
Ja, da möchte ich schon etwas dazu sagen. Frau Abg. Laternser hat eigentlich Recht, nur wird der Exekutor in dem Fall, wo er den Täter in der Wohnung nicht antrifft, ihm schlecht Waffen abnehmen können, die er bei sich trägt. Man muss weiter hinten auch bei der Polizei dann vorsehen, dass die Polizei jedenfalls dem Täter die Waffe oder Waffen abnimmt.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Also, meiner Meinung nach, muss ich Ihnen ehrlich sagen, wird das nicht möglich sein. Bei dieser Art von einstweiliger Verfügung, die jetzt vorgesehen ist, die sich im Wesentlichen darauf beschränkt oder darauf abzielt, den Täter oder präsumtiven Täter aus einer Wohnung, aus der Wohngemeinschaft mit einer oder mehreren gefährdeten Personen zu entfernen für eine gewisse Zeit, da kann ich mir schon noch Massnahmen vorstellen, die auch irgendwie im Zusammenhang mit dieser Wohnung stehen, wie zum Beispiel Entfernung auch von Waffen aus dieser Wohnung. Nicht zuletzt darum, um dem Täter auch keinen Anlass zu geben, dorthin wieder zurückzukehren. Aber wenn der Täter jetzt irgendwo anders, sagen wir mal in einer Jagdhütte zum Beispiel, Schusswaffen hat, dann hat das mit dieser Verfügung unmittelbar eigentlich nichts zu tun. Dann müsste meiner Meinung nach eine entsprechende Voraussetzung vorliegen, dass tatsächlich konkret mit einem Gebrauch von Schusswaffen durch diesen - wollen wir ihn mal objektiver oder neutraler Antragsgegner nennen - durch diesen Antragsgegner konkret zu rechnen ist, also dass eine gewisse Gefährdungslage anzunehmen ist. Und dann kann man das ganz unabhängig von den Massnahmen, die wir hier jetzt beraten, sicherlich machen. Hier wäre die Waffenabnahme für die Zeit dieser Wegweisung aber möglich - meiner Meinung nach, so stelle ich mir das zumindest vor - weil es auch zeitlich beschränkt ist nur für die Dauer dieser Wegweisung, dann aber auch ohne dass konkret bescheinigt werden muss, es sei konkrete Gefahr gegeben, dass der Täter ansonsten zum Waffengebrauch neige.
Regierungsrätin Andrea Willi:
Wir werden das alles sehr genau prüfen. Nur der Klarheit halber möchte ich noch sagen: Also, das wäre dann auch unter "Benutzung einer Hausdurchsuchung". Man müsste also quasi, wenn der Täter das nicht freiwillig herausgeben würde, eine Hausdurchsuchung durchsetzen. Also müsste man bis zu diesem ultimativen Mittel schreiten? Nur, damit wir dann das alles auch rechtlich korrekt abgewickelt haben.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Nein, das hat gar nichts mit rechtlich korrekt oder nicht korrekt zu tun. Das ist eine Frage, wie weit der Gesetzgeber da gehen will. Wie gesagt: Wir sprechen von einem Anlassfall, wo keine konkrete Gefahr eines unmittelbar bevorstehenden Waffengebrauches vorliegt. Es liegt einfach Gewaltanwendung oder Drohung mit Gewaltanwendung in der Familie vor. Es liegt eine einstweilige Verfügung vor. Der Exekutor kommt ins Haus, um die einstweilige Verfügung zu vollstrecken. Er übergibt sie, nehmen wir jetzt einmal an, dem anwesenden Antragsgegner und sagt ihm: Gemäss Art. 277c Abs. 2 habe er Gelegenheit, seine persönlichen Sachen und Dokumente, das was er zu seinem persönlichen Gebrauch oder zur Ausübung seines Berufes benötige, zusammenzupacken und mitzunehmen. Da ist einmal das Erste, dass er dann, der Antragsgegner nämlich, sicher nicht sagen kann: Ja, zu meinem alleinigen persönlichen Gebrauch zählt grad auch diese Flinte, die nehme ich auch mit. Das sollte einmal vermieden werden, unabhängig davon, ob jetzt irgendwas unmittelbar Bevorstehendes zu befürchten ist. Das zweite Stadium, was ich mir in der Praxis vorstellen kann, ist, dass die gefährdete Person dann sagt: Ja was ist mit seinen Pistolen, die er da im Schreibtisch drinnen hat? Also, wenn schon konkret auf so was hingewiesen wird, dann kann ich mir das schon vorstellen. Grundsätzlich aber, von vornherein eine eigentliche Hausdurchsuchung vorzunehmen ohne konkrete Anhaltspunkte, ob allenfalls was da sein könnte, das scheint mir - ehrlich gesagt - zu weitgehend zu sein. Wie gesagt: Immer für den Fall gedacht, dass keine konkreten Gefährdungsmomente, geltend gemachte bescheinigte Gefährdungsmomente betreffend möglichen Waffengebrauch vorliegen.
Abg. Marco Ospelt:
Die einstweilige Verfügung nach Art. 277 ff. ist ja eigentlich eine nachfolgende Handlung, also eine der akuten Intervention nachfolgende Handlung. Die akute Intervention im akuten Krisenfall, das ist die Wegweisung, das Aufenthaltsverbot ausgesprochen durch die Polizei eigentlich. Und viel wichtiger ist für mich jetzt in meiner Erfahrung, das Wegnehmen der Waffen in dieser akuten Gefährdungssituation. Natürlich kann auch später noch eine bedrohende Situation andauern. Natürlich kann diese auch wieder eskalieren zu einem späteren Zeitpunkt. Natürlich ist es sinnvoll, auch dann sicherzustellen, dass jemand, der potenziell gewalttätig ist, nicht Zugang zu Waffen habe. Aber viel wichtiger scheint mir die Wegnahme der Waffe in der akuten Situation, in der Krisenintervention durch die Polizei. Das waren auch die Situationen, die ich kenne, wo man dann tatsächlich auch die Waffen mitgenommen hat, wo es völlig unverantwortlich wäre, die Waffe in Reichweite eines potenziell gewalttätigen Menschen zu belassen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Da kommen wir dann noch dazu im Rahmen des Polizeigesetzes. Das ist sicher richtig, was Sie sagen, Herr Abg. Ospelt. Nur ist zu berücksichtigen: Es muss nicht jedem Antrag und jedem Erlass einer einstweiligen Verfügung eine polizeiliche Intervention vorausgehen. Man kann auch von vornherein bei Gericht einen solchen Antrag stellen. Und dann ist der Erste, der dann am Platz ist, ist dann der Exekutor, der die einstweilige Verfügung vollstreckt. Wir können weiterlesen.Art. 34 Abs. 1 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 34 Abs. 1 steht zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Mit meinem normalen Menschenverstand sträube ich mich ein bisschen dagegen, wenn hier steht: Es braucht kein Protokoll aufgenommen zu werden, es genügt ein kurzer schriftlicher Aktenvermerk. Ich hätte hier Bedenken, dass jetzt gerade in den Fällen, die uns jetzt hier interessieren - Gewalt in der Familie -, dass es da schon wichtig ist, die Aussage des Antragstellers, der Antragstellerin wirklich korrekt festzuhalten und darüber sich ein Protokoll anzulegen. Ich würde es schade finden, wenn das Gericht hier nur einen kurzen Aktenvermerk machen müsste. Ich finde auch einen gewissen Widerspruch zu den Auflagen, die der Polizei gemacht werden, die in der akuten Krisensituation verpflichtet ist, einen Sachverhalt in extenso festzuhalten, damit diese Entscheidung nach § 277 ff. getroffen werde, damit sie Grundlagen habe für diese Entscheidung nach § 277, die sie ja auch dem Gericht zustellen muss, und andererseits das Gericht selbst in derselben Situation noch nicht einmal ein Protokoll erstellen müsste. Das wäre für mich irgendwie stossend.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich möchte nur darauf hinweisen, Herr Abg. Ospelt, dass diese Bestimmung nicht eine Bestimmung ist, die speziell auf unseren Anlassfall jetzt gemünzt ist. Das ist eine Bestimmung aus den allgemeinen Bestimmungen der Exekutionsordnung, die also für jede Art von Vollzugshandlung, von Vollstreckungshandlung gilt, nicht nur über einstweilige Verfügungen und schon gar nicht nur für solche wegen Gewalt in der Familie. Also, das ist ausserdem ein bestehendes Recht. Was neu ist, sind ja nur die letzten beiden Sätze, beginnend mit den Worten "jede Partei kann verlangen" usw., "dass eine Person ihres Vertrauens beigezogen wird". Das sind eigentlich die Neuigkeiten. Der Rest ist geltendes Recht.
Abg. Marco Ospelt:
Das ist mir schon klar, Herr Landtagspräsident. Nur ist eben dieser § 277 neu, und der soll ja durch Exekution dann durchgeführt werden. Und in diesem Fall dieses § 277 halte ich es eben für nicht genügend, wenn nur ein Aktenvermerk gemacht wird. Das ist das, was ich gesagt habe. Ich bitte abzuklären, ob man nicht für diesen speziellen Fall tatsächlich auch ein Protokoll erhebt.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Überschrift vor Art. 277 a und Art. 277a werden verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 277a sowie die Überschrift davor stehen zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Ich habe zunächst eine Anmerkung zur Definition der Angehörigen. Ich möchte hier der Regierung beliebt machen, die Definition noch einmal zu überarbeiten. Ich habe lange gebraucht, um herauszufinden, wo überhaupt der Unterschied zwischen 1. und 2. liegt. Er liegt im Begriff der "Geschwister des Ehegatten". Die Geschwister des Ehegatten können beantragen, dass einem potenziell gewalttätigen Menschen der Aufenthalt an bestimmten zu bezeichnenden Orten zu verbieten ist usw. Aber auch nur dann, wenn sie mit dem Antragsgegner in häuslicher Gemeinschaft leben oder gelebt haben innerhalb von 3 Monaten. Das dürfte eher eine seltene Gegebenheit sein, aber bitte. Aber Ehegatten und Lebensgefährten sind in 2 ebenso mitgemeint wie in 1, da sind sie aber separat in einem 1a aufgeführt. Dann steht in 1b: "Geschwister und Verwandte in gerader Linie". Ich glaube, Geschwister sind Verwandte in gerader Linie. Jedenfalls werden sie unter 2a nicht mehr aufgeführt. Da heisst es dann nur noch "Verwandte in gerader Linie". Also, ich denke, das könnte man etwas straffen und die Übersichtlichkeit wirklich verbessern. Ich habe hier eine Anmerkung dazu: Wenn man jetzt schaut, den Abs. 2, wo ein Antragsteller beantragen kann, der Aufenthalt an einem bestimmten zu bezeichnenden Ort sei zu verbieten, mit der Einschränkung, dass dem keine schwerwiegende Interessen des Antragsgegner zuwiderlaufen. Und im vorherigen Absatz, Art. 34 Abs. 1, den wir vorher gelesen haben, festgehalten wird, dass der Antragsgegner bei einer Exekutionssache nicht zu hören sei, dann wundert es mich, wie das Gericht da herausfinden soll, ob denn schwerwiegende Interessen des Antragsgegners betroffen seien.Dann habe ich noch eine kleine Frage zur Dauer einer einstweiligen Verfügung: Es ist klar: Diese Verfügung im Falle einer Trennung, Scheidung oder Ungültigkeitserklärung der Ehe oder einer Erklärung der Benutzungsberechtigung usw. dauert bis zum Abschluss des Verfahrens. Ich frage mich: Wie wird die Dauer festgelegt in andern Fällen, also wo dann kein Verfahren angehängt wird. Nach was richtet sich dort die Dauer? Hat da die Regierung Vorstellungen? Ist das dem Gericht freigestellt? Gibt es da Kriterien, oder wie soll das aussehen?
Stv. Abg. Dorothee Laternser:
Danke, Herr Präsident. Ich wollte zuerst sagen, zu Art. 277a Abs. 1, da steht: "auf dessen Antrag". Müsste man nicht dazusetzen: "beziehungsweise auf Antrag dessen gesetzlichen Vertreters"? Da kann - je nachdem - das Amt für Soziale Dienste oder ein gesetzlicher Vertreter von Minderjährigen miteinbezogen werden. Das als Erstes.Als Zweites wollte ich nochmals die Frage vom Sorgerecht aufgreifen und fragen, ob der Art. 277a nicht dahingehend ergänzt werden kann, dass für die Dauer der Wegweisung und des Betretungsverbots das Sorgerecht des Antragsgegners gegenüber minderjährigen Kindern ruhen kann oder soll. Zum Dritten hatte ich, ebenso wie der Abg. Marco Ospelt, Probleme mit der Formulierung bei den Angehörigen. Aber das ist ja bereits gesagt worden. Und zum Vierten: Ich weiss nicht, ob es daher gehört, oder ob es irgendwo anders geregelt ist, aber die Frage des Unterhalts während der Zeit der Wegweisung. Ist das in irgendeinem andern Artikel festgelegt, oder könnte das eventuell auch hierher gehören?
Abg. Marco Ospelt:
Eine kleine sprachliche Anmerkung, die mir bisher entgangen ist. Ich denke, es müsste heissen: "auf deren Antrag" am Schluss von Abs. 1: "Das Gericht hat einer Person auf deren Antrag". Dann zu der Anmerkung der Abg. Laternser: Wenn man das Sorgerecht des Täters oder der Täterin ruhen lässt für die Zeit der Wegweisung, dann müsste man auch vorsehen, wer dann das Sorgerecht für diese Zeit innehat.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Also, ich glaube, auf "dessen Antrag" ist schon richtig, denn es bezieht sich nicht auf die Person, sondern auf den nahen Angehörigen. Der Antrag stellt ja nicht die Person, die den Angriff oder die Drohung macht, sondern der nahe Angehörige.Wünscht die Regierung dazu das Wort?
Regierungsrätin Andrea Willi:
Wir werden Ihre Anregungen alle gerne überprüfen. Beim Sorgerecht weiss ich einfach noch nicht, wie man das rechtlich am besten macht, weil da braucht es ja einen Rechtsakt beim Entzug des Sorgerechts und nachher wieder eine Rückgängigmachung. Also, so spontan erscheint mir das eine sehr einschneidende Massnahme, aber wir werden das prüfen. Die österreichische Vorlage hat das im Übrigen auch nicht.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Also mir scheint das, ehrlich gesagt, nicht notwendig, auch von der Zeitdauer her, von der wir hier reden, gar nicht sinnvoll, weil mit dem Sorgerecht können sie in diesem Dreimonatszeitraum sowieso nichts anfangen. In die Wohnung dürfen sie sowieso nicht gehen und das Sorgerecht ist ja bei aufrechter Ehe von Gesetzes wegen beiden Ehegatten nach heutigem Recht zustehend, das heisst, der zurückbleibende Elternteil ist in der Ausübung des Sorgerechtes, zumindest für so einen kurzen Zeitraum, nicht wesentlich eingeschränkt. Es ist auch nicht recht ersichtlich, was das Problem sein soll, wenn ein wegen Gewaltandrohung oder -anwendung vorübergehend weggewiesener Elternteil weiterhin von der Rechtslage her mitberechtigt ist, das Sorgerecht auszuüben.Zur Unterhaltsfrage ist es meiner Meinung nach so, dass, wenn bei aufrechter Unterhaltsverpflichtung, zum Beispiel bei aufrechter Ehe, der Unterhaltsverpflichtete vorübergehend aus der gemeinsamen Wohnung weggewiesen wird, dadurch ändert sich ja nichts daran, dass er weiterhin unterhaltspflichtig ist. Bei aufrechter Ehe ist die Unterhaltspflicht in Naturalien zu erbringen. Wenn er das nicht erbringt, wenn der Unterhalt gefährdet sein sollte, was offenbar vom Gesetzgeber nicht automatisch mit der Wegweisung verbunden wird, dann kann separat ein entsprechender Antrag an das Gericht gestellt werden. Wie Sie sie offenbar im Sinn haben, eine von Amts wegen von vornherein vorzunehmende vorläufige Unterhaltsregelung würde ja voraussetzen, dass man automatisch davon ausgeht, dass der Unterhalt gefährdet ist, wenn diese Wegweisung - um es wieder zu sagen - diese vorübergehende Wegweisung erfolgt.
Stv. Abg. Dorothee Laternser:
Ich bewege mich sicherlich jetzt auf wackligem Boden als Nichtjuristin. Aber ist es denn eventuell juristisch ein Unterschied, wenn man das Sorgerecht nicht entzieht, sondern ruhen lässt? Ich weiss nicht, ist das eventuell juristisch einfacher oder ein geringerer Eingriff? Zum Zweiten: Aus meinem persönlichen Erfahrungsbereich: Es ist ja durchaus denkbar, nicht abwegig, dass im Zuge der Gewaltanwendung, die zur Wegweisung führt, ein minderjähriges Kind ärztlicher Behandlung bedarf, eventuell im Krankenhaus ist, dann möchte ich mir doch sehr verbeten haben als anderer Elternteil, dass der Antragsgegner dann dort die Möglichkeit hat, im Zuge seines Sorgerechts Auskünfte zu verlangen, zu erscheinen usw. - zum Beispiel.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 277b wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 277b steht zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Eine Anmerkung zum Abs. 1. Dort wird vorgesehen, dass der Antragsgegner nicht anzuhören sei, insbesondere dann, wenn eine unmittelbare Gefährdung drohe. In Abs. 2 oder weiter hinten wird dann angeführt: Falls vorher ein Betretungsverbot, eine Wegweisung ausgesprochen worden sei durch die Polizei, müsse der Antrag dem Antragsgegner zugestellt werden. Ich nehme an, dass man beabsichtigt, den Antragsgegner weder anzuhören noch ihm den Antrag zuzustellen, sofern man nicht schon eine Wegweisung ausgesprochen hat, um eben zu verhindern, dass bei unmittelbar drohender Gefahr dieser Antragsgegner vor Aussprechung der einstweiligen Verfügung sich wieder in die Wohnung begibt und dort eine Gewalttat begeht, die man ja eben verhindern möchte. Das heisst also, man darf ihn nicht nur nicht anhören, sondern man darf ihm den Antrag selbstverständlich nicht zustellen, sonst weiss er ja, was auch ihn zukommen könnte.Dann noch eine Anmerkung zum Abs. 3. Da wird aufgeführt, dass das Amt für Soziale Dienste zu verständigen sei, sofern eine der Parteien minderjährig sei. Man geht also davon aus, wenn ein Antragsteller minderjährig sei oder eben dessen Vertreter. Es könnte aber sein, dass ein Elternteil von der Gewalt bedroht ist, nicht eigentlich das Kind. Das Kind also nicht eigentlich Partei ist, weil es nicht von der Gewalt unmittelbar bedroht ist. Trotzdem aber halte ich es für sinnvoll, wenn dann in diesem Fall das Amt für Soziale Dienste verständigt wird. Ich denke also, man muss einen andern Begriff finden, als den Begriff "Partei", "Beteiligter" oder so, ich weiss ja auch nicht.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wird das Wort noch gewünscht? Wenn nicht, dann können wir weiterlesen.Art. 277c wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 277c steht zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Zu diesem Artikel habe ich eine ganze Reihe von Fragen. Zunächst einmal wundert es mich, dass diese einstweilige Verfügung sofort entweder von Amtswegen oder auf Antrag zu vollziehen sei. Für mich ist das ein Widerspruch. Entweder sie wird von Amtes wegen vollzogen, dann braucht es keinen Antrag. Also, ich denke, da kann man sich für das eine oder andere entscheiden.Dann zum Abs. 3: Da ist für mich nicht ganz klar, auf welche Frist sich diese zwei Tage beziehen. Hat der Antragsgegner nach Auftreten des Exekutors zwei Tage Zeit, einen Antrag zu stellen, oder hat er nach dem Antrag innerhalb von 2 Tagen Gelegenheit, seine Sachen abzuholen, oder worauf beziehen sich diese 2 Tage? Man muss bedenken, dass der Antragsgegner ja eben beim Vollzug nicht anwesend ist, das heisst, er kann sich ja wohl auch kaum an diese Frist von 2 Tagen ab Vollzug richten, weil er möglicherweise innerhalb dieser 2 Tage gar nicht zu seiner Wohnung zurückkehrt. Also, da bitte ich, genauer abzuklären.Dann im Abs. 4: Hier wird erwähnt, dass die Landespolizei beauftragt werden kann, diese einstweilige Verfügung zu vollziehen. Und da wird dann die Landespolizei darauf hingewiesen, dass sie durch unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt den entsprechenden Zustand herzustellen habe. Man geht also davon aus, dass, wenn die Polizei kommt, der Antragsgegner auf jeden Fall Widerstand leisten wird. Ich glaube, dem ist nicht so. Ich denke, man muss diesen Artikel nicht schärfer formulieren als jenen über den Exekutor. Der Exekutor hat ja auch die Möglichkeit, im Falle von Widerstand sich der Hilfe der Polizeiorgane zu bedienen. Die Polizei muss also im Falle, dass sie direkt vom Gericht beauftragt wird, nicht mehr Gewalt ausüben, als wenn sie der Exekutor beizieht.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Es ist auch nicht anders gemeint in dem Gesetzestext, Herr Abg. Ospelt. Also nur bei dem Fall, dass der Zustand nicht anders hergestellt werden kann, kann die Polizei auf Ersuchen der antragstellenden Partei dieser einstweiligen Verfügung durch Befehls- und Zwangsgewalt Nachachtung verschaffen. Genau so, wie Sie richtig sagen, beim Exekutor, wenn der das verlangt, weil es infolge Widerstands nicht anders geht. Es ist sicher nicht so gemeint, dass, wenn die Polizei mit dem Vollzug der einstweiligen Verfügung beauftragt wird, dass sie dann auf jeden Fall mit Brachialgewalt dort einzudringen hat. Sondern, wenn es im Normalweg geht, geht es auch im Normalweg einfach durch Aushändigung der einstweiligen Verfügung an den Antragsgegner und natürlich weitere Anwesenheit und Beobachtung, ob der Antragsgegner diese auch befolgt. Und zur Zwei-Tages-Frist von Abs. 3 möchte ich anmerken, dass diese meiner Meinung nach nur so verstanden werden kann, dass der Antragsgegner 2 Tage ab dem Moment, wo er von diesem Vorgang verständigt wird, Zeit hat, den in Abs. 3 erwähnten Antrag an den Exekutor zu stellen, er möchte Gelegenheit haben, noch irgendwelche Sachen abzuholen. Das geht sicher nicht so, wie Sie auch richtig angenommen haben, dass man einfach einen Zettel an die Tür pickt und dann wartet man zwei Tage, und wenn der zufällig auf Urlaub war, dann sind die 2 Tage vorbei und es gibt nichts mehr. Aber das sind allgemeine Grundsätze der Prozessrechte.
Abg. Marco Ospelt:
Eine kleine Unklarheit bleibt mir, weil in Abs. 4 ausgeführt ist: Das Gericht kann die Landespolizei beauftragen mit dem Vollzug. Und in diesem Fall, wenn das Gericht die Landespolizei beauftragt, dann muss sie noch einmal durch die antragstellende Person ersucht werden, um eine Verpflichtung dann auszulösen. Also, das scheint mir irgendwie doppelt gemoppelt zu sein. Wenn das Gericht die Polizei beauftragt, dann macht sie das doch. Dann braucht es doch keinen Antrag oder Ersuchen der antragstellenden Person mehr.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Dieses Ersuchen bezieht sich nur auf die unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt, es bezieht sich nicht auf den normalen Vollzug. Der normale Vollzug ist in Satz 1 von Abs. 4 geregelt. Wenn das Gericht meint, es sei besser, das soll gleich die Polizei zustellen, dann kann es die Polizei beauftragen, da einstweilige Verfügung: Verlassen der Wohnung, fahrt hin, händigt das aus und schaut, dass der auch geht. Und wenn die Polizei mit dem Vollzug betraut ist, dann hat sie zusätzlich, aber, wie es hier formuliert ist, also, wenn so ein Ersuchen gestellt wird, auf Ersuchen der antragstellenden Person der einstweiligen Verfügung auch durch unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt Nachachtung zu verschaffen. Also, so lese ich das zumindest.
Regierungsrätin Andrea Willi:
Dieser Sachverhalt ist auf Seite 44 des Berichts beschrieben. Das ist vor allem deswegen hineingekommen, im Falle, dass der Antragsgegner aufgrund der einstweiligen Verfügung freiwillig gegangen war ein erstes Mal, jedoch das Betretensverbot missachtet, zurückkommt also, und daher ein weiterer Vollzugsversuch erforderlich ist. Da ist hier also ein Eventualfall angenommen. Und dann ist da eben erklärt, dass die Landespolizei wegen ihrer ständigen Bereitschaft und ihrer besonderen Ausbildung und Ausrüstung am besten geeignet ist, dann rasch und wirksam den der einstweiligen Verfügung entsprechenden Zustand herzustellen.
Abg. Marco Ospelt:
Also, meiner Meinung nach bringt dieser Abs. 4 diese von Ihnen geäusserte Absicht nicht zum Ausdruck. Hier wird ganz klar ausgeführt, dass das Gericht die Landespolizei mit dem Vollzug beauftragen kann. Es steht da nicht drin, wenn der Betreffende diesen Vollzug nicht einhält. Im Gegenteil: Es gibt ja hinten noch im Rahmen der einstweiligen Verfügung dann sogar Strafen, wenn er sich nicht daran hält. Aber jedenfalls wird hier nicht von einem Wiederholungsfall gesprochen oder von einem Missachtungsfall der Wegweisung oder der einstweiligen Verfügung, sondern das Gericht kann von vornherein die Landespolizei beauftragen. Und dann wird sie das doch machen. Und wenn der dann zwanglos geht, dann ist die Sache damit erledigt. Und wenn er sich dagegen wehrt, dann muss sie auf jeden Fall Zwang anwenden, ob dann die antragstellende Person sie darum ersucht oder nicht. Wenn eine Verfügung da ist seitens des Gerichtes und der Antragsgegner wehrt sich gegen die Verfügung, wird die Polizei handeln müssen. Das andere ist der Fall der Wiederholung oder wenn diese Wegweisung missachtet wird, diese einstweilige Verfügung missachtet wird, das ist dann ein weiterer Fall. Da müsste die antragstellende Person dann aber die Polizei ersuchen können, und da braucht es dann keinen Antrag des Gerichts mehr, weil das Gericht hat ja dann schon entschieden.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Sie verwechseln da zwei Fälle miteinander, Herr Abg. Ospelt. Ich habe das jetzt auch erst richtig kapiert aufgrund der Ausführungen der Frau Regierungsrätin, nämlich die Bedeutung des Wortes "jeweils". Im Fall des Abs. 4, wenn das Gericht grundsätzlich die Landespolizei mit dem Vollzug einer solchen einstweiligen Verfügung beauftragt hat, ist die Landespolizei ermächtigt, jeweils - das kann also mehrmals sein - nur auf Hinweis, auf Ersuchen der antragstellenden Partei auch wieder zu kommen, weil der zum Beispiel wieder gekommen ist in die Wohnung, um der einstweiligen Verfügung durch unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt Nachachtung zu verschaffen. Das ist damit gemeint. Ich meine auch, dass das klar ausgedrückt ist.
Abg. Marco Ospelt:
Würde das dann heissen, dass im Falle, wo der Exekutor mit der Durchführung dieser einstweiligen Verfügung betraut ist, dann die Landespolizei nicht verpflichtet wäre, auf den Platz zu kommen, wenn die antragstellende Person sie darum ersucht, weil der potenzielle Täter diese Verfügung missachtet und sich wieder zur Wohnung begibt.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Nach der Exekutionsordnung braucht die Landespolizei in diesem Fall ein Ersuchen des Exekutors, wie wir es ja vorher gelesen haben in Art. 13 Abs. 2 der Exekutionsordnung, wonach der Exekutor bei Erwartung von Widerstand oder zur Beseitigung eines ihm entgegengestellten Widerstandes die Sicherheitsorgane unmittelbar um Unterstützung ersuchen kann. Der Exekutor ist aber überhaupt nicht mehr zuständig, wenn es eine Verletzung der Anordnung gibt, eine Verletzung der einstweiligen Verfügung und der Antragsgegner zwei Tage später in der Nacht von Samstag auf Sonntag - um Mitternacht - plötzlich wieder dasteht. Dann kann die Antragstellerin, die gefährdete Person, nicht den Exekutor rufen, sondern dann muss sie die Polizei rufen.
Abg. Marco Ospelt:
Ich glaube, das ist genau das, was ich ausdrücken will. Das ist aber das, was dieser Artikel nicht ausdrückt. Dieser Artikel drückt aus, dass nur dann, wenn das Gericht die Landespolizei mit dem Vollzug der einstweiligen Verfügung beauftragt, in diesem Fall die Landespolizei jeweils immer wieder gehen müsse, dann, wenn das Gericht die Landespolizei beauftragt hat. Wenn aber das Gericht den Exekutor beauftragt hat, und der Antragsgegner hat auf Aufforderung der Exekutors die Wohnung verlassen und kommt dann irgendwann nachts um zwölf, dann müsste die Polizei dann nicht gehen, weil es ist ja nicht dieser Fall, wo die Polizei beauftragt war durch das Gericht. Ich denke, die Polizei muss auf jeden Fall gehen, ob dann die erste Handlung durch den Exekutor oder durch die Polizei durchgeführt wurde.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich glaube, das ist ein bisschen eine Haarspalterei. Es ist völlig richtig, die Polizei muss in so einem Fall auf jeden Fall kommen und daher wird es weder die Polizei noch die Antragstellerin gross interessieren, ob die Polizei jetzt im Sinne von Art. 277c Abs. 4 kommt oder ob sie im Sinne von Art. 30a des Polizeigesetzes oder allenfalls aufgrund der allgemeinen Polizeiermächtigung, für Ruhe und Ordnung zu sorgen, kommt. Trotzdem sehe ich nicht, warum diese Bestimmung hier unnötig oder falsch sein soll. Ich finde diese durchaus richtig. Man darf nur nicht in den Fehler verfallen, sie im Sinne einer Ausschliesslichkeitsregel zu verstehen, dass die Polizei bei einem solchen Verhältnis überhaupt nur dann am Platz erscheinen darf, wenn diese Voraussetzung des Abs. 4 von Art. 277c gegeben ist. Das ist eine der Anlassmöglichkeiten.
Abg. Marco Ospelt:
Vielleicht kann man den Streit beilegen, wenn man sagt: "In jedem Fall ist die Landespolizei als Vollstreckungsorgan jeweils" usw.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das halte ich für gar keine schlechte Idee. Wir können weiterlesen.Art. 283 Abs. 6 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 283 Abs. 6 steht zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Ich frage schon wieder. Diesmal frage ich einfach, weil ich es nicht weiss. Was heisst das, diese Bewilligung kann nicht von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden?
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wenn man schnippisch antworten wollte, könnte man sagen: Es heisst genau das, was da steht. Der Art. 283 steht unter der Überschrift "Sicherheitsleistung" und räumt dem Gericht bei der Erlassung einstweiliger Verfügungen die Möglichkeit ein, unter verschiedenen Voraussetzungen den Erlass einer einstweiligen Verfügung von einer Kostensicherheitsleistung, sei es für Kosten, sei es für möglichen Schaden, abhängig zu machen. Bei diesen einstweiligen Verfügungen soll das generell ausgeschlossen werden, was sicher richtig ist.Wir können weiterlesen.
Art. 286 Abs. 4 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 286 Abs. 4 steht zur Diskussion. Ich möchte bei dieser Gelegenheit, weil es ein bisschen dazu passt, auf einen Punkt eingehen, den die Abg. Laternser in der Eintretensdebatte angesprochen hat. Sie hat dort die Frage aufgeworfen, ob es bei solchen einstweiligen Verfügungen auch einen Schadenersatzanspruch des Antragsgegners gibt nach den üblichen Vorschriften der Exekutionsordnung. Den gibt es natürlich schon. Weil es ist bei allem, was wir hier gesagt haben, und bei allem, was wir als den Normalfall beklagen und diese Vorschriften begrüssen, es ist natürlich auch ein Missbrauch denkbar. Es ist natürlich auch denkbar, dass eine, sagen wir mal, rachsüchtige Ehefrau - aus welchen Gründen auch immer - zu Unrecht die Polizei ruft, zu Unrecht bei Gericht einen solchen Antrag stellt und sich denkt, dem zeig ich es jetzt einmal und den hinausschmeissen lässt. Und wenn sich herausstellt, wie bei jeder einstweiligen Verfügung, dass sie ohne einen entsprechenden Anspruch zu Unrecht erlassen wurde, dann ist der Antragsteller natürlich auch verpflichtet, den dem Antragsgegner dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen, auch hier.
Wir können weiterlesen.
II. wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
II. steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
-ooOoo-
GESETZ BETREFFEND DIE ABÄNDERUNG DES GESETZES ÜBER DIE LANDESPOLIZEI (POLIZEIGESETZ)
Landtagspräsident Peter Wolff:
Jetzt lesen wir noch die Vorlage des Polizeigesetzes.Überschrift vor Art. 30a und Art. 30a werden verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 30a und die Überschrift davor stehen zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Ich möchte hier vorschlagen, dass die Landespolizei beiden Personen, sowohl der bedrohten als auch der bedrohenden Person zur Kenntnis bringt, auf welchen räumlichen Bereich sich die Wegweisung bezieht. Auch die bedrohte Person muss ja abschätzen können, ob der Gegner, die Gegnerin diesen räumlichen Bereich einhält und muss deshalb wissen, welcher Bereich da gemeint ist.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Sachüberschrift vor Art. 30b und Art. 30b werden verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Die Sachüberschrift vor Art. 30b und Art. 30b stehen zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 30c wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 30c steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 30d wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 30d steht zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Ich habe eine Anregung zur Formulierung dieses Art. 30d. Gemeint ist ja, dass die Landespolizei informieren solle sowohl im Falle einer Wegweisung als auch im Falle eines Betretungsverbotes. Sogar dann, wenn sie beides nicht ausspricht, wenn also die akute Situation gelöst werden kann, ohne dass eine Wegweisung oder ein Betretungsverbot nötig sind, auch dann soll die Landespolizei eben informieren über Hilfseinrichtungen. Das heisst also, man könnte das irgendwie einfacher formulieren, indem man sagt, dass die Landespolizei in jedem Fall, wenn sie wegen Gewaltandrohung in der Familie gerufen wird, über Hilfsangebote informieren solle.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 30e wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 30e steht zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Ich habe mich hier gefragt, was das denn für besondere Umstände sein könnten, die die Polizei über diese Dokumentation ihres Einschreitens hinaus noch berücksichtigen müssen im Zusammenhang mit diesem Art. 277a EO? Also, mir sagt dieser Artikel nichts. Ich habe mich gefragt: Was bedeutet das? und habe keine Antwort für mich gefunden.
Regierungsrätin Andrea Willi:
Die Erläuterung dazu finden Sie auf Seite 50 des Berichts. Es geht darum, dass später dieser Eingriff nachvollzogen werden kann. Darum sind eben die massgeblichen Umstände auch besonders genau festzuhalten. Das können Sie auf Seite 50 nachlesen, wo eben steht: "Die Landespolizei hat bei solchen Fällen dafür zu sorgen, dass die für ihr Einschreiten massgeblichen Umstände später nachvollzogen werden können. Dieser Dokumentationsverpflichtung kommt im Zusammenhang mit dem Ausspruch eines Betretungsverbots besondere Bedeutung zu, wenn im gerichtlichen Verfahren über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne Anhörung des Antragsgegners entschieden werden soll". Der Antragsgegner ist ja nicht in jedem Fall vor Gericht. Er kann sich weigern.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das könnte eine Gelegenheit sein, Herr Abg. Ospelt, für die Polizei, um die Umstände festzuhalten, die Sie vorher vermisst haben bei Art. 277a Abs. 2, die schwerwiegenden Interessen des Antragsgegners oder ob solche vorliegen, festzuhalten, denen ein solches Aufenthaltsverbot nach Abs. 2 von Art. 277a zuwiderlaufen könnte.
Abg. Marco Ospelt:
Das könnte sie nur dann, wenn der Antragsgegner anwesend wäre. Das muss ja nicht der Fall sein. Nein, ich denke, die Polizei muss die massgeblichen Umstände ihres Einschreitens auf jeden Fall so dokumentieren, dass sie nachvollzogen werden können. Es würde mich wundern, wenn das die Polizei im Normalfall nicht müsste. Ich habe diese Seite 50 schon gelesen, diese Anmerkung der Regierung. Ich habe mich einfach gefragt, was über die normale Dokumentation hinaus für das Einschreiten die Polizei hier festhalten müsse. Und da gibt mir Ihre Erläuterung, Frau Regierungsrätin, keine weitere Hilfe.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Aber es schadet auf jeden Fall nicht. Es ist eine Bestimmung, die die Polizei zum Denken anregen wird. Wir können weiterlesen.Art. 30f wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 30f steht zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Eine ganz kleine Frage habe ich dazu, nämlich: Also, die Polizei hat die Schlüssel in Verwahrung. Im Falle der Aufhebung des Betretungsverbotes gibt sie sie sofort zurück. Wenn kein Antrag kommt, behält sie sie die 20 Tage lang und gibt sie dann auch zurück. Und wenn ein Antrag auf einstweilige Verfügung kommt, gibt sie sie im Moment des Antrags dem Gericht. Habe ich das so richtig verstanden?
Landtagspräsident Peter Wolff:
Bis auf die 20 Tage, ja. Normalerweise gilt es ja nur 10 Tage, nur gerade eben, wenn ein Antrag gestellt wird, wird das polizeilich auf 20 Tage verlängert. Ich glaube schon, dass es richtig ist. Qui tacit, consentit.Wir können weiterlesen.
Art. 30g wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 30g steht zur Diskussion.
Stv. Abg. Dorothee Laternser:
Ich hätte nur eine kleine formale Anmerkung, und zwar müsste nicht der Vollständigkeit halber im Abs. 2 stehen: "vorbehaltlich Art. 30f Abs. 2", nämlich die Intervention des Polizeichefs? Ich wollte damit sagen: In Abs. 2 steht ja, dass das Betretungsverbot also an und für sich 10 Tage besteht, und wenn ein Antrag gestellt wird auf einstweilige Verfügung max. 20 Tage. Müsste dabei nicht stehen, dass diese Frist natürlich nur vorbehaltlich Art. 30f Abs. 2 gilt, wo geregelt ist, dass der Polizeichef sie jederzeit vorher beenden kann mit entsprechender Überprüfung.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das muss meiner Meinung nach da nicht drinnenstehen, weil das endet mit Ablauf des 10. Tages, allenfalls 20. Tages. Es heisst ja implizit nur, wenn es nicht vorher schon aufgrund anderer Umstände endet, dann endet es auf jeden Fall automatisch, auch ohne ausdrückliche Aufhebungsverfügung des Polizeichefs oder von sonst jemand mit Ablauf dieses Fristablaufs.
Abg. Paul Vogt:
Ich denke, dass man hier die Überschrift noch ergänzen müsste mit "Überprüfung", weil es im ersten Absatz ja um die Überprüfung und nicht um die Beendigung des Betretungsverbots geht.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wird das Wort dazu gewünscht? Das scheint nicht der Fall zu sein. Die Regierung wird das prüfen bis zur 2. Lesung. Wir können weiterlesen. Art. 30h wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 30h steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 30i wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 30i steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 30k wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 30k steht zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Nachdem jetzt nur noch "II. In-Kraft-Treten" kommt, möchte ich darauf hinweisen, dass, wenn die Regierung eine Beratung für eine Person, die in der Familie Gewalt ausübt, vorsehen will, wenn sie also diese Person zu einer Beratung zwingen wollte per Gesetz, dann müsste sie einen entsprechenden Gesetzesartikel noch einfügen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
II. wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
II. steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Damit haben wir die 1. Lesung dieser drei Vorlagen beendet.
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