ABÄNDERUNG VON § 124 DES STRAFGESETZBUCHES (NR. 119/2000), 2. LESUNG
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir kommen zu Punkt 17b der Tagesordnung: Abänderung von § 124 des Strafgesetzbuches. Auch hier die 2. Lesung einer Regierungsvorlage, die wir in der November-Sitzung in 1. Lesung behandelt haben.Abg. Marco Ospelt:
Ich habe in diesem Zusammenhang eine Frage an die Regierung. Wir ändern ja § 124 deshalb ab, damit Liechtenstein in die Lage versetzt wird, den QI-Status seitens der USA zu bekommen. Ich möchte nun die Regierung fragen, wie es denn dort steht, wie die Entwicklung dort jetzt aussieht, welche Aussichten Liechtenstein hat, diesen QI-Status in nächster Zeit zu bekommen.Regierungschef Mario Frick:
Danke für das Wort. Diese Vorlage hat ja zum Anlass eben diesen QI-Status, weil es nämlich bei strengerer Auslegung - die ist offenbar gemeint - auch vom historischen Gesetzgeber des heute geltenden § 124 Abs. 2 nicht möglich ist, sogar nicht einmal mit Zustimmung des Kunden entsprechende Informationen herauszugeben. Und das ist in der heutigen Zeit ein grosses Problem. Es hat sich manifestiert eben im Kontext mit diesem QI.Konkret betreffend den QI: Dort ist das Verfahren nach wie vor sehr wenig durchsichtig. Wir erfüllen die sogenannten "know-your-customer-Regeln" vollumfänglich, da gibt es gar keinen Zweifel, das ist sehr einfach belegbar. Und dennoch hängt's. Und es ist nach wie vor nicht ganz klar, warum das Verfahren behängt. Eine Vermutung war, dass das mit der FATF zusammenhänge. Wenn man aber sieht, dass die Cayman-Islands und angeblich Israel gute Aussichten für den QI haben, wäre das zu widerlegen. Fakt ist, dass das Verfahren mehr als undurchsichtig ist, und wir daher auf Vermutungen angewiesen sind.Was hat die Regierung getan? Wir haben über unsere Experten und Anwälte, aber auch über unsere Botschafterin, verschiedenste Kontaktaufnahmen mit der IRS - also mit der Steuerbehörde - aber auch mit dem Treasury - also dem Finanzdepartement - aufgenommen. Herr Regierungsrat Heinz Frommelt ist derzeit in den USA und wird auch Gespräche mit dem IRS und dem Treasury nochmals durchführen. Er hat solche Gespräche vor einigen Wochen schon geführt, er hakt dort nochmals nach. Das Erhalten des QI's wäre sicherlich sehr hilfreich für die Bankenwelt. Ich habe das auch mit dem Bankenverband besprochen. Wir waren uns aber einig darüber, dass wir einfach unsere Hausaufgaben zu machen haben, es zu tun haben und hartnäckig bleiben, dass aber gleichzeitig auch Alternativen sorgfältig geprüft und durchgeführt werden zu einem QI-Status. An sich - von der objektiven Seite her - kann es nur eine Frage der Zeit sein. Leider, bei diesen Prozessen, es ist sehr, sehr undurchsichtig. Ich würde Ihnen gerne konkret und genau sagen. Aber wir haben da keine klaren Informationen, obwohl wir alle Kanäle, die möglich sind, angezapft haben.Abg. Marco Ospelt:
Ich bin nicht in der Bankenwelt tätig, aber mich interessiert dieses Thema. Deshalb erlaube ich mir die Frage: Können Sie etwas darüber sagen, wie denn unsere hiesigen Banken auf diese Situation reagieren, wie die Zusammenarbeit der Regierung mit den Banken ist? Kommt da Druck auf Sie zu oder wie schaut das aus?Regierungschef Mario Frick:
Ganz im Gegenteil: Ich kann gerne mitteilen, dass die Zusammenarbeit mit dem Bankenverband sehr gut ist. Wir haben von Anfang an genau koordiniert, wer wann was macht. Vor ein paar wenigen Wochen bin ich auch mit dem Bankenverband - sprich dem Präsidium des Bankenverbandes - zusammengesessen, wo ja die grossen Banken vertreten sind. Wir haben die Situation analysiert. Wir kamen zum gleichen Schluss, dass es eine Frage der Zeit ist und dass es unberechenbar ist, warum es hängt und wie lange es hängen mag. Jede der Banken hatte aber ihre Szenarien, ihre Vorgehensweisen, wie sie darauf reagieren kann, sei es mit assoziierten Tochterbanken, sei es durch andere Produkte. Es gibt sogar bei den kleineren Banken solche, die sagen: Okay, so dringend brauchen wir das nicht. Wir lösen das Ganze über Fondslösungen beispielsweise. Also, es gibt Mittel und Wege.Es werden in den USA mittlerweile sogar schon Produkte angeboten, ganz offen und offiziell, die gekauft werden können, um eben die Steuern - die Quellensteuer - die mit bestimmten amerikanischen Wertschriftenprodukten verbunden sind, zu vermeiden, also ganz offen und legal. Es gibt Möglichkeiten. Es ist aber für unsere Banken auf jeden Fall eine lästige Situation. Nur - das ist auch abgesprochen mit dem Bankenverband - es macht da keinen Sinn, nach aussen hin irgendwo die Genervten zu markieren oder so was, sondern eine gewisse Gelassenheit ist trotz allem angesagt.Abg. Marco Ospelt:
Aus Ihren Worten und aus Ihrer Haltung schliesse ich eine gewisse Gelassenheit gegenüber dieser Situation. Ich bin an sich froh darüber, dass es den Banken möglich ist, Alternativen zu entwickeln für diesen QI-Status. Ich wundere mich jetzt nur als Parlamentarier ein bisschen, weil noch diesen Sommer der Druck jetzt auf uns - als Parlamentarier - sehr gross war, aktiv zu werden. Es ging sehr hektisch zu und ging seitens des Bankenverbandes vor allem auch um diesen QI-Status. Ich wundere mich jetzt, dass damals so ein Druck geherrscht hat und dieser Druck jetzt völlig weg ist. Ich wundere mich auch ein bisschen darüber, dass diese Information bis zu uns bisher nicht durchgedrungen ist.Regierungschef Mario Frick:
Man muss immer auch berücksichtigen, dass in einem derartigen Prozess und in einem derartigen Ablauf verschiedenste zusätzliche Informationen kommen. Dass auf jeden Druck, auf jedes Problem Lösungsmöglichkeiten kommen, die man vorher gar nicht gekannt hat, dass da plötzlich Strategien entwickelt werden. Man muss auch wissen, dass sich auch beim IRS und beim Treasury vieles bewegt hat, dass plötzlich da Lösungen und Aspekte möglich sind, die eigentlich absolut unlogisch sind. Aber das ist eh so ein Thema mit der Logik im Zusammenhang mit dem QI. Nochmals: Man strebt die Situation, die Möglichkeit an, QI-Status für die einzelnen Banken erlangen zu können, ganz klar. Es ist auch klar, dass wir diesen erhalten werden. Nur ist wirklich vereinbart und abgesprochen mit dem Bankenverband, dass wir da durchaus mit einer gewissen Gelassenheit darauf reagieren können und auch werden. Es macht da eben keinen Sinn, in der Öffentlichkeit auf Hektik zu machen. Der Grund daher, dass keine zusätzlichen Vorstösse auf Sie zugekommen sind, mag damit zusammenhängen, vor allem deswegen, weil da in der Tat das Parlament sehr, sehr wenig machen kann. Was heisst wenig, das heisst nichts machen kann. Da muss nämlich das Treasury entscheiden. Das ist auf politischer Ebene, Regierungsebene. Wir sind dort dran und tun, was wir können.Abg. Marco Ospelt:
Dann erlauben Sie mir doch noch eine kleine Zusatzfrage: Angesichts Ihrer jetzigen Ausführungen frage ich mich nun, wie dringend denn jetzt die Abänderung des § 124 Abs. 2 sei. So, wie Sie das jetzt darlegen, könnte eigentlich das Parlament mit der gleichen Ruhe und Gelassenheit diese Frage angehen wie der Bankenverband. Sie haben mir jetzt eigentlich das Argument aus der Hand geschlagen, dieser Abänderungen des § 14 Abs. 2 zuzustimmen, nachdem man ja offensichtlich abwarten kann, bis man diesen QI-Status bekommt, wenn man ihn denn bekommt und überhaupt braucht, und dann, bei gegebenem Anlass, diesen Artikel entsprechend ändern kann. Bisher war ja dieser Artikel eigentlich sehr gut in der Landschaft, und er steht jetzt, ohne QI-Status, eigentlich eher ein bisschen schräg in der Landschaft, wenn ich das richtig verstehe.Regierungschef Mario Frick:
Aber mitnichten, Herr Abg. Dr. Marco Ospelt, aber mitnichten. Wenn Sie den Bericht und Antrag sorgfältig lesen, werden Sie feststellen: Es gibt auch hier einen Grund und einen Anlass. Seinerzeit, wie man diesen Paragraph formuliert hat, wollte man offenbar jede Möglichkeit, auch auf freiwilliger Basis Informationen hinauszugeben, unterbinden. Das mag damals Sinn gemacht haben. Die Welt hat sich geändert. Und es hat darum gute Gründe anzupassen, weil da sehr vieles passieren kann in den nächsten Wochen und Monate.Anlass war ganz klar der QI-Aspekt. Deswegen wurde das analysiert und man hat festgestellt, dass uns diese Bestimmung - im Gegenteil - Nachteile in den Weg legt. Was den QI betrifft, ist vieles möglich. Es kann sein, dass wir in 4 Wochen diesen haben. Was machen wir dann? Die Banken könnten da etwas anfangen. Der Landtag wird vermutlich heute geschlossen werden, der Landessausschuss kann nicht Gesetzesänderungen vornehmen. Ja, was machen wir dann bis März, April? Also, es macht auf jeden Fall Sinn, dies durchzuziehen, damit die Grundlage vorhanden ist. Es gibt also gar keinen Grund, diese Lesung nicht durchzuführen bzw. die Vorlage nicht zu verabschieden. Wenn ich von Gelassenheit spreche, dann geht es einfach auch darum , dass man auch Kenntnis haben muss, was man beeinflussen kann und was nicht im Moment. Und ich muss sagen, ich finde da die Haltung des Bankenverbandes sehr löblich, sehr vorbildlich. Man tut alles, was man selber machen kann, denkt aber auch in Optionen und in Übergangslösungen. Abg. Rudolf Lampert:
Ich möchte nur sagen: So gelassen, wie das tönt, nehmen das die Banken nicht. Die Mehraufwände in Mann-Jahren gemessen der Informatiker und verschiedene andere Massnahmen, die die Banken getroffen haben, belasten die Banken sehr. Wir vergleichen das mit einem Aufwand, den wir anlässlich des Jahrtausendwechsels gehabt haben. Und so gelassen ist es nicht, wie das hier alles tönt.Man darf eines auch nicht vergessen: Wir haben bisher den QI-Status verschmerzen können, aber das auf einer "schwarzen Liste" -Bleiben mit entsprechenden Massnahmen gegen unser Land und gegen unsere Banken, damit würden wir riesige Probleme bekommen, denn bisher hat die "schwarze Liste" nur in geringerem Ausmass auch Massnahmen hervorgerufen. Wenn aber diese "schwarze Liste" eine andere Wirkung bekommt, auch bei anderen Banken bzw. in anderen Ländern, die dann einfach nicht mehr Geschäfte machen mit Ländern, die auf der "schwarzen Liste" sind, so haben wir ganz andere Probleme, nämlich dass wir unsere Banken praktisch schliessen können. Aber so weit wird es nicht kommen, da wir ja sämtliche gesetzlichen Massnahmen getroffen haben, die gefordert wurden. Mir scheint also dieser Hinweis auf die "schwarze Liste" doch auch noch wichtig, was aus dieser "schwarzen Liste" in Zukunft entstehen könnte.Abg. Marco Ospelt:
Das ist schon wahr, Herr Abg. Lampert, das nehme ich schon an, dass das für die Banken einen grossen Aufwand dargestellt hat. Nur, dieser Aufwand ist jetzt geleistet. Er war ja nötig, weil wir den QI-Status offensichtlich nicht bekommen haben und auch nicht auf kurze Frist die Aussicht haben, ihn zu bekommen. Es war im Zusammenhang mit der "schwarzen Liste" sicher nötig und sinnvoll, die Gesetze, die dort inkriminiert waren, rasch abzuändern. Das haben wir getan. Es wurde mehrfach dokumentiert, auch nach aussen hin dokumentiert. Und die Regierung hat sich das ja vorgenommen, noch intensiver zu dokumentieren und nach aussen zu kommunizieren, dass wir diese Gesetzesänderung durchgeführt haben. Nur dieser § 124 hat ja offenbar damit nichts zu tun, sondern hat mit dem QI-Status zu tun.Abg. Alois Beck:
Ohne hier dramatisieren zu wollen, darf man das schon nicht so gelassen nehmen, Herr Regierungschef. Man muss diese Thematik in einen grösseren Zusammenhang stellen. Und das ist eigentlich das, was man ernst nehmen muss. Es ist ja so: Es kann nicht ein einzelnes Finanzinstitut mit den Amerikanern einen Vertrag abschliessen, sondern Voraussetzung ist ja, dass das Land den Status erhält. Das ist eigentlich die zentrale Fragestellung im gesamten Kontext, in dem wir hier jetzt stehen. Ich möchte mich hier nicht weiter in Details verlieren, die sehr wichtig sind. Aber es werden hier eben Querbezüge gemacht von diesen Behörden; ob sie gerechtfertigt sind oder nicht, ist eine andere Frage. Aber aufgrund der Tatsache, dass eben eine Einstufung des Landes hier quasi vorgenommen wird. Und diese Einstufung, auch aufgrund anderer Kriterien und Themenbereiche, die wir hier schon im Landtag angesprochen haben, muss man annehmen, dass wir eben nicht den Status zumindest bis jetzt bekommen haben, und das ist das Eigentliche. Deshalb möchte ich hier nicht von Gelassenheit sprechen. Man darf auch nicht übertreiben, da haben Sie ganz sicher Recht. Aber nur mit Gelassenheit kann das nicht gelöst werden.Landtagspräsident Peter Wolff:
Wird das Wort noch gewünscht?Ich möchte noch auf eines hinweisen, weil der Abg. Marco Ospelt sinngemäss ausgeführt hat: Ja, wenn das nicht mehr so eilig sei, dann haben wir es ja auch mit diesem § 124 nicht so eilig, und wer weiss, ob wir den dann überhaupt abändern sollen. Meiner Meinung nach gehört dieser § 124 Abs. 2 des Strafgesetzbuches auf jeden Fall, und zwar auch dann, wenn es überhaupt keine QI-Problematik gäbe, im Sinne der Regierungsvorlage geändert, und zwar deshalb, weil er einfach total überholt ist.Diese Vorschrift, die übrigens ziemlich einmalig ist in Liechtenstein im Vergleich zu ausländischen Geheimnisschutzvorschriften, stammt aus dem sogenannten Spitzelgesetz des Jahres 1937. Damals wurde aus gegebenem zeithistorisch bedingten Anlass auch die Weitergabe von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen aus Liechtenstein an irgendwelche Ausländer oder ausländische Stellen unter Strafe gestellt, auch wenn die Personen, die das gemacht haben, überhaupt keine rechtliche Verpflichtung hatten, diese Tatsachen geheim zu halten. Das wurde ins Staatsschutzgesetz übernommen 1949 und wurde dann, obwohl es in der Regierungsvorlage meiner Erinnerung nach gar nicht enthalten war, auch in das neue Strafgesetzbuch übernommen, und zwar auf Vorschlag der damaligen Landtagskommission.Ich glaube aber nicht, dass es heute noch sinnvoll ist oder auch nur gut ist, eine solche Vorschrift zu haben, denn sie bedeutet im Ergebnis - und das wurde im Regierungsbericht ja auch dargelegt -, dass auch dann, wenn der Bankkunde zum Beispiel zum Bankier sagt: Aus den und den Gründen wäre es mir recht, wenn Sie gegenüber meiner heimischen Steuerbehörde bestätigen, dass ich zum Beispiel nur die oder die Guthaben habe, der Bankier das gar nicht darf, denn auch wenn er nicht mehr zur Haltung des Bankgeheimnisses verpflichtet ist, ist es ihm aufgrund dieser Strafvorschrift bei Strafe verboten, solche Umstände irgendwelchen Stellen im Ausland bekannt zu geben. Ich glaube, dass es daher sinnvoll ist, von der Sache selbst her, vom strafrechtlichen Gehalt her, diese Vorschrift so umzuändern, dass nur dann eine Straftat verwirklicht werden kann, wenn man zur Wahrung eines Geheimnisses verpflichtet ist und dieses trotzdem preisgibt.Wird das Wort noch gewünscht? Wenn nicht, dann können wir mit der 2. Lesung beginnen.§ 124 Abs. 2 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
§ 124 Abs. 2 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge die Hand erheben.
Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 22 Stimmen
II. wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
II. steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge die Hand erheben.
Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir kommen zur Schlussabstimmung: Wer mit dieser Abänderung des Strafgesetzbuches einverstanden ist, möge die Hand erheben.Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 22 Stimmen
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