GESETZ ÜBER DIE ABÄNDERUNG DES ALLGEMEINEN BÜRGERLICHEN GESETZBUCHES VOM 1. JUNI 1811 [UMSETZUNG DER RICHTLINIE 1999/44/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES VOM 25. MAI 1999 ZU BESTIMMTEN ASPEKTEN DES VERBRAUCHSGÜTERKAUFS UND DER GARANTIEN FÜR VERBRAUCHSGÜTER] (NR.70/2002), 1. LESUNG
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Dann kommen wir zu Traktandum 25: Gesetz über die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches vom 1. Juni 1811 [Umsetzung der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterverkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter]. Bericht und Antrag der Regierung Nr. 70/2002. Wir behandeln diese Gesetzesvorlage ebenfalls in 1. Lesung. Der Bericht und Antrag steht zur Diskussion.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Herr Präsident. Ich begrüsse diesen Bericht und Antrag. Es ist höchste Zeit, dass nach 190 Jahren die Bestimmungen über die Gewährleistungen - insbesondere § 922 ABGB - einmal einer Auffrischung unterzogen werden. Man sieht, der EWR hat auch positive Auswirkungen, indem er uns durch eine entsprechende Richtlinie dazu den Anstoss gegeben hat. Auch dieses Umsetzungsgesetz kommt etwas zu spät. Wir lesen im Bericht, dass es eigentlich schon auf den 1. Januar dieses Jahres hätte in Kraft treten sollen, aber immerhin nicht so spät wie die Umsetzungsgesetze der beiden letzten Tagesordnungspunkte. Ich glaube, dass an der Art der Umsetzung kaum etwas auszusetzen ist. Es gibt dann vielleicht ein, zwei Bemerkungen bei der Lesung zu den einzelnen Artikeln. Das Einzige, was mir fehlt, auch in der Begründung, ist eine Äusserung der Regierung zur Frage, was im Sinne einer Übergangsregelung mit den Rechtsverhältnissen passieren soll, bei denen im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes wohl die bisherige Gewährleistungsfrist von sechs Monaten bereits unbenutzt abgelaufen ist, aber die neu einzuführende zweijährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen wäre. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder man macht gar nichts im Gesetz. Dann gehe ich davon aus - aber ich wüsste dazu gerne die Meinung der Regierung - dann gehe ich davon aus, dass dann bei solchen Kaufvertragsverhältnissen, obwohl nach bisherigem Recht die Gewährleistungsfrist bereits abgelaufen wäre, eine neue Gewährleistungsfrist in Kraft gesetzt wird, nämlich zwei Jahre ab Übergabe des Kaufgegenstandes. Es gäbe auch eine andere Möglichkeit, aber dazu müsste man eine eigene Übergangsbestimmung einfügen, dass nämlich bei diesen Rechtsverhältnissen, bei denen im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes noch nicht zwei Jahre seit Abschluss des Kaufvertrages und Übergabe des Kaufgegenstandes vergangen sind, wohl aber bereits die Sechsmonatsfrist verstrichen ist, die Gewährleistung trotz noch nicht Verstreichens der Zweijahresfrist als verstrichen gilt. Für eine dieser beiden Varianten wird man sich entscheiden müssen. Und ich hätte gerne gewusst, was die Regierung dazu im Schilde führt.
Abg. Wendelin Lampert:
Danke, Herr Präsident. Auf das grundsätzliche Eintretensvotum werde ich verzichten, da die Umsetzung als unbestritten erscheint und es sich ja um eine Richtlinie aus dem EWR handelt. Eine Frage habe ich zu Seite 14 bzw. Seite 20: Im zweiten Absatz auf Seite 14 ist nachzulesen, dass die Richtlinie die Beweislast bei Fehlern, die innerhalb von 6 Monaten auftreten, vom Verbraucher auf den Verkäufer übergeht. Daraus schliesse ich, dass die Beweislast beim Verkäufer liegt, was in der Praxis nicht unerheblich ist. Auf Seite 20 Abs.1 ist in den zwei letzten Sätzen nachzulesen, dass die Beweislast nach wie vor der Übernehmer - gemeint ist der Käufer - trägt. Eine Verbesserung erfährt der Übernehmer insofern, als quasi eine Vermutungsfrist von sechs Monaten eingeführt wird. Meine konkrete Frage: Wer trägt denn nun die Beweislast in den ersten sechs Monaten, der Käufer oder der Verkäufer?Dann noch eine allgemeine Bemerkung zu den Begriffen: Wie der Landtagsvizepräsident ausgeführt hat, ist das Gesetz sehr alt. Den Vorschlag des Arbeitnehmerverbandes, zeitgemässer zu formulieren, zum Beispiel statt «Übernehmer» oder «Übergeber» die Begriffe «Käufer» oder «Verkäufer» zu verwenden, kann ich durchaus nachvollziehen. Das Gegenargument der Regierung, beim AGBG handle es sich um ein Gesetzbuch von 1811 und diese Begriffe seien hier üblich, hat sicherlich auch seine Berechtigung. Ich denke mir trotzdem, dass das Gesetz vom heutigen Anwender besser verstanden würde, wenn Wörter aus dem aktuellen Sprachgebrauch verwendet würden. Wieso wird nicht versucht, die neuen Wörter bei jeder Gesetzesrevision einfliessen zu lassen und in der Übergangsphase beide Begriffe als identisch zu erklären? Sie denken jetzt vielleicht: Was ist denn so schlimm an diesen alten Begriffen? Aber vielleicht scheitert die Kommunikation an den kleinen und nicht an den grossen Problemen, sprich: Man versteht sich nicht, weil man nicht die gleiche Sprache spricht.
Regierungsrat Hansjörg Frick:
Herr Präsident, meine Damen und Herren. Zuerst vielleicht zur angesprochenen Übergangsregelung: Darauf wird die Regierung anlässlich der 2. Lesung nochmals zurückkommen. Ich gehe aber davon aus, dass bei bisher verkauften Gütern auch die bisherige Gewährleistungsfrist gelten wird. Aber wir werden das nochmals genauer abklären, auch wie dieses in anderen Ländern gehandhabt wird. Dann noch zur Anregung oder Frage des Abg. Wendelin Lampert: Die Beweislast geht eindeutig auf den Verkäufer über. Das sagt das Gesetz eindeutig. Aber darauf werden wir noch kommen. Darf ich noch eine kurze Zusammenfassung zu den Kernpunkten bzw. zu diesen Änderungen geben: Mit dieser Vorlage soll das Gewährleistungsrecht im Hinblick auf die Umsetzung der Richtlinie reformiert werden. Das Gewährleistungsrecht regelt die Rechte der Konsumenten im Falle derartiger Leistungsstörungen sowie die Voraussetzungen, unter denen der Arbeitnehmer Abhilfe schaffen muss. Die grosse praktische Relevanz dieser Gesetzesmaterie liegt somit auf der Hand. Einige Kernpunkte dieser Reform sind einmal einheitliches Gewährleistungsrecht, dann sind die Grundprinzipien des Gesetzes unverändert. Die Beweislastregelung wurde aus der Sicht des Konsumenten oder Verbrauchers eindeutig verbessert. Wesentlich verbessert wird durch das neue Gewährleistungsrecht die Beweissituation für Konsumenten. Demnach: Tritt ein Mangel innerhalb sechs Monaten ab Lieferung auf, so wird vermutet, dass er bereits bei Übergang vorhanden war. Der Unternehmer muss in diesem Fall beweisen, dass die Sache oder die Leistung bei Übergabe mangelfrei war. Demgegenüber haben nach der geltenden Rechtslage Konsumenten den Nachweis zu erbringen, dass die Sache bei Übergabe mangelhaft war. Gerade bei technischen, komplizierten Geräten können Konsumenten jedoch ohne Sachwissen nicht beurteilen, ob der Mangel von Anfang an vorgelegen war und verzichten daher in der Praxis vielfach auf die Durchsetzung ihrer Rechte.Dann: Das Hauptstück ist zwei Jahre Gewährleistung für bewegte Sachen. Die Gewährleistungsfrist für bewegte Sachen und Dienstleistungen wird auf zwei Jahre verlängert. Dies stellt einen weiteren Kernpunkt der Reform dar. Für unbewegliche Sachen bzw. Dienstleistungen: Bei diesen bleibt es bei der dreijährigen Gewährleistungsfrist, das heisst letztendlich, die bisherigen sechs Monate werden verlängert. Das ist einfach die Umsetzung der Richtlinie. Wenn wir die Richtlinie umsetzen wollen, dann können wir darüber nicht diskutieren. Dann ist neu die Fristverkürzung bei gebrauchten Sachen, und ein weiterer Punkt sind die Regeln über die Gewährleistungsbehelfe. Gänzlich neu gestaltet sind die Regeln über die Gewährleistungsbehelfe, somit darüber, unter welchen Voraussetzungen Verbesserungen, Austausch, Preisminderung oder Verkaufslösung begehrt werden kann. Das sind eigentlich die wesentlichen Punkte.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wenn es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt und Eintreten auf die Gesetzesvorlage scheint unbestritten, dann können wir mit der Lesung beginnen. § 922 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
§ 922 steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
§ 924 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
§ 924 steht zur Diskussion.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Herr Präsident. Ich möchte vielleicht zur Klarstellung noch einmal einen Satz sagen zur Beweislastfrage. Der tatsächlich etwas verwirrende Satz auf Seite 20 des Berichtes, den der Abg. Wendelin Lampert zitiert hat, ist natürlich so zu verstehen, dass der Käufer nach wie vor die Beweislast dafür trägt, dass überhaupt ein Mangel vorhanden ist. Aber wenn er das innerhalb der ersten sechs Monate nach der Übergabe des Kaufgegenstandes tut, dann wird von Gesetzes wegen vermutet, dass der Mangel schon im Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war. Und diesbezüglich liegt die Beweislast neu beim Verkäufer, wenn er beweisen will, dass im Zeitpunkt der Übergabe die Sache mangelfrei war und der Mangel daher erst später im Laufe dieser sechs Monate aufgetreten ist. Dafür wird jetzt neu der Verkäufer beweispflichtig sein.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Besten Dank für den Hinweis. Dann können wir weiterlesen.§ 932 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
§ 932 steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
§ 933 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
§ 933 steht zur Diskussion.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Herr Präsident. Ich bezweifle, ob die hier von der Regierung vorgesehene Regelung, wonach die Parteien eine Verkürzung oder Verlängerung dieser zweijährigen Frist vorsehen bzw. vereinbaren können, der Richtlinie entspricht. Die Regierung schreibt auf Seite 25 dazu: «Den Parteien soll es im Sinn der im Schuldrecht herrschenden Vertragsfreiheit freistehen, die gesetzliche Gewährleistungsfrist einvernehmlich zu verlängern oder zu verkürzen». In der Richtlinie lesen wir aber in Art. 5 Abs. 1: «Der Verkäufer haftet nach Art. 3, wenn die Vertragswidrigkeit binnen zwei Jahren nach der Lieferung des Verbrauchsgutes offenbar wird. Gilt nach dem innerstaatlichen Recht für die Ansprüche eine Verjährungsfrist, so endet sie nicht vor Ablauf eines Zeitraums von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung». Da sehe ich keine Freiheit mehr, durch Vertrag das einzuschränken. Das scheint mir ganz klar eine zwingende Bestimmung zu sein bzw. eine Verpflichtung im Rahmen der Richtlinie, bei der gesetzlichen Umsetzung eine zwingende Mindestfrist von zwei Jahren einzuführen. Über eine Verlängerung kann man reden, das ist was anderes. Aber mir geht es um die Verkürzung. Und das ist, glaube ich, nicht der Sinn dieser Richtlinie, dass dann die lieben Verkäufer in vorgefertigten Verträgen Klauseln drinnen haben, wo dann drinsteht «die Gewährleistungsfrist wird auf zwei Monate verkürzt» oder irgendetwas, und da nützt einem die ganze Richtlinie und das ganze Gesetz nichts mehr. Also, ich glaube nicht, dass das möglich oder richtliniengemäss ist.
Regierungsrat Hansjörg Frick:
Herr Präsident, meine Damen und Herren. Ich bin derselben Meinung. Die Frist kann sicherlich zwischen den Parteien vereinbart werden. Aber so, wie das Gesetz es schreibt, wahrscheinlich eben nur verlängern, nicht aber verkürzen. Ich werde das aber noch genauer abklären und bei der 2. Lesung dann entsprechend nochmals darauf zurückkommen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wir können weiterlesen.
§ 933a wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
§ 933a steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterfahren.§ 933b wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
§ 933b steht zur Diskussion.
Abg. Ivo Klein:
Da ich kein Jurist bin, habe ich eine rechtliche Frage. In Abs. 2 wird davon gesprochen, dass die Gewährleistungspflicht gerichtlich geltend gemacht werden muss. Ich möchte fragen: Warum muss das gerichtlich geltend gemacht werden?
Regierungsrat Hansjörg Frick:
Ich kann Ihnen im Moment dazu keine Antwort geben. Ich werde darauf zurückkommen, weshalb diese Gewährleistung gerichtlich geltend gemacht werden muss.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Dann können wir weiterlesen.
§ 1155 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
§ 1155 steht zur Diskussion.
Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Ich möchte die Regierung fragen, warum sie hier die anwendbaren Bestimmungen, die für entgeltliche Verträge überhaupt gelten, auf die §§ 922 bis 933b einschränkt. Wenn man schon Paragraphen zitieren will, sollte man auch die §§ 934 und 935 betreffend die Verkürzung über die Hälfte des Warenwertes mit einschliessen, da die Geltendmachung dieses Rechtsmittels sonst bei Werkmängeln bzw. bei Werkverträgen nicht möglich wäre. Heute lautet die diesbezügliche Stelle in § 1155 ABGB ja ohne Bezugnahme auf bestimmte Bestimmungen einfach pauschal: «Im Übrigen kommen die für die Gewährleistung bei entgeltlichen Verträgen überhaupt gegebenen Vorschriften zur Anwendung». Da ist man auf der sicheren Seite, dann hat man nichts ausgelassen. Während wenn man nur die anführt, dann sind natürlich alle anderen weg. Ich möchte das nur zu bedenken geben.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Die Regierung hat diese Anregung zur Kenntnis genommen. Dann können wir weiterlesen.II. wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
II. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Dann können wir weiterlesen.III. wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
III. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Damit haben wir das Gesetz über die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches in 1. Lesung behandelt.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Ich unterbreche jetzt die Sitzung bis morgen Freitag 9.00 Uhr. Dann fahren wir mit Traktandum 26 - Schaffung eines Konsumentenschutzgesetzes - fort.DIE SITZUNG WIRD UM 22.20 UHR GESCHLOSSEN.
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