Landtagsprotokolle des Liechtensteiner Landtags

Inhaltsverzeichnis

Kopfblatt

Traktandenseite

Startseite

Eröffnung 16. April 2003

Kleine Anfragen, April 2003

1.	Naturschutzgesetz (NSchG), Umsetzung (Interpellationsbeantwortung)

2.	Briefwahlrecht, Abänderung Volksrechtegesetz (Postulatsbeantwortung)

3.	Verfassung, Abstimmungsergebnis, Schreiben der Regierung

4.	StGH, Bestellung Ad-hoc-Richter, StGH 2003 / 18

5a.	Bankenkommission, Ersatzwahl Präsident

6.	ÖBB, Liechtenstein-Takt, Landesbeitrag 2003-2005

7.	E-Commerce-Gesetz, 2. L.

8.	Strassenverkehrsgesetz (SVG; Abänderung), 2. L.

9.	G Liechtenstein Bus Anstalt (LBAG; Abänderung), 2. L.

10.	Strassenverkehrsgesetz (SVG; Abänderung) / Versicherungsaufsichtsgesetz (VersAG; Abänderung), 4. Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie, 2. L.

11.	G über befristete Sofortmassnahmen im Gesundheitswesen (Abänderung), 2. L.

12.	EWR-Ausschuss-Beschluss Nr. 168 / 2002 (Liberalisierung Markt für Postdienste)

13.	EWR-Ausschuss-Beschluss Nr. 166 / 2002 (Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen)

14.	EWR-Ausschuss-Beschluss Nr. 167 / 2002 (Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten)

15.	EWR-Ausschuss-Beschluss Nr. 172 / 2002 (Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer)

16.	Rassendiskriminierung, Zuständigkeit / Staatsgerichtshofgesetz (StGHG; Abänderung)

17.	G über die Änderung der Gemeindegrenze Triesen-Triesenberg, 1. L.

Kleine Anfragen, April 2003, Beantwortung

Genehmigung

Beschlussprotokoll

Verknüpfungen

Sitzungen -

Protokolltyp

Parlamentarische Eingänge

Abstimmmungsergebnisse

LR – Systematik

LGBl – Nummern

BuA Nummern

Kleine Anfragen Beantwortung

Sprecher

Beschluss Nr. 168/2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2002/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG im Hinblick auf die weitere Liberalisierung des Marktes für Postdienste in der Gemeinschaft) (Nr. 11/2003)

Landtagspräsident Klaus Wanger:

Meine Damen und Herren Abgeordnete. Wir setzen unsere Beratungen fort. Wir kommen zu Traktandum 12: Beschluss Nr. 168/2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses, Richtlinie 2002/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG im Hinblick auf die weitere Liberalisierung des Marktes für Postdienste in der Gemeinschaft. Der Bericht und Antrag der Regierung Nr. 11/2003 steht zur Diskussion.

Abg. Jürgen Zech:

Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Bei diesem ersten von insgesamt vier EWR-Traktanden, über die wir heute zu befinden haben, geht es um die Zustimmung zu einem Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses betreffend die Änderung einer bestehenden Richtlinie im Hinblick auf die weitere Liberalisierung des Marktes für Postdienste in der Gemeinschaft. Die neue Postrichtlinie zielt auf die weitere sukzessive kontrollierte Liberalisierung bei gleichzeitiger Erhaltung des Postuniversaldienstes ab. Die Vorschriften der ursprünglichen Richtlinie über die Bereitstellung eines Universaldienstes bleiben dabei in Kraft. Stufenweise sollen erst alle abgehenden grenzüberschreitenden Postsendungen sowie die Zustellung von Briefsendungen über 100g, dann auch die Zustellung von Briefsendungen über 50g für den Wettbewerb geöffnet werden. Die vorliegende Richtlinie soll durch Änderungen des Postgesetzes und Anpassung der Postverordnung umgesetzt werden. Ich werde, wie von der Regierung beantragt, dem Beschluss Nr. 168/2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses meine Zustimmung erteilen.

Abg. Peter Lampert:

Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Die Liberalisierung schreitet voran. Wir müssen langsam aber sicher Abschied nehmen von der Post - oder besser gesagt - von den staatlichen Postdiensten. Die Liechtensteinische Post AG hat bisher die Situation gut gemeistert, die sich aus dem Übergang vom staatlichen Postwesen auf liberalisierte Unternehmen ergeben hat. Der Jahresbericht 2002, den die Liechtensteinische Post AG vor kurzem veröffentlichte, weist aber darauf hin, dass zusätzliche Probleme aus der weiteren Liberalisierung erwachsen. Bei jedem Schritt, den wir in unserem Land in Richtung Liberalisierung machen, müssen wir uns gut überlegen, ob dieser Schritt auch grössenverträglich ist. Schliesslich haben wir gesehen, wie in anderen Bereichen, die früher zur PTT gehörten, die Liberalisierung zu finanziellen Abenteuern geführt hat. Ab 2003, also ab diesem Jahr, sollen abgehende, grenzüberschreitende Postsendungen für den Wettbewerb geöffnet werden. Ebenso wird die Gewichtslimite auf 100g gesenket. Drei Jahre später muss nach der EU-Richtlinie auch der Markt für alle Briefsendungen über 50g für den Wettbewerb geöffnet werden. Ich frage mich: Wie wird sich dieser Wettbewerb auf unsere Liechtensteinische Post auswirken? Kann die Post AG ihre Aufgaben noch zu den bisherigen Preisen erfüllen oder muss sie weiter zu einem Supermarkt mit allen möglichen Angeboten werden, um die Beförderung der Postsendung zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten zu können? Hinsichtlich der abgehenden, grenzüberschreitenden Postsendungen können sich EWR-Staaten, welche die Einnahmen aus diesem Bereich benötigen, um weiter ihre Universaldienste bereitstellen zu können, diese Marktsegmente vorbehalten, so heisst es im Bericht der Regierung. Ich bin der Ansicht, wenn es der Liechtensteinischen Post AG hilft, so müssen wir dieses Angebot so lange wie möglich nutzen. Wir müssen daran interessiert sein, dass die hohe Qualität unserer Postdienste erhalten bleibt. Dies scheint mir wichtiger zu sein als eine möglichst rasche und vollständige Liberalisierung. Ich werde dem Beschluss zustimmen.

Abg. Ingrid Hassler-Gerner:

Mit der vorliegenden Richtlinie wird die stufenweise Liberalisierung des Postmarktes fortgesetzt. Durch die allgemeine Senkung der Gewichtsgrenze für Dienste, die wir für unsere FL-Post AG reservieren konnten, und die gleichzeitige vollständige Liberalisierung des Marktes für abgehende, grenzüberschreitende Postsendungen kann oder wird Wettbewerb mit anderen Anbietern bringen. Hier habe ich die erste Frage. Sie fiel mir gerade spontan ein, als ich dem Abg. Peter Lampert zuhörte. Grenzüberschreitende Postsendungen bedeuten in den EWR-Raum, aber nicht in den Raum der Schweiz - oder doch? Ist auch ein Transport von Post in die Schweiz eine grenzüberschreitende Postsendung, die dann liberalisiert wäre? Ich werde dem Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses die Zustimmung erteilen, möchte aber auf meine Ausführungen in der Aussenpolitischen Kommission vom 27. März zurückkommen. Natürlich kann die Regierung auf Seite 6 schreiben, dass der Beschluss keine finanziellen Konsequenzen hat, da der Staatshaushalt direkt durch die seinerzeitige privatrechtliche Ausrichtung unserer Post in keiner Ausgabenposition betroffen ist. Meines Erachtens ist dies aber ein Missverständnis, wenn man als Staat 100% Aktionär - jedenfalls bis anhin - einer solchen Beteiligung ist und es immerhin um einen Grundversorgungsbetrieb geht. Ich glaube deshalb schon, dass Veränderungen auch finanzielle Konsequenzen auf die Entwicklung der Beteiligung als Verwaltungsvermögen in unseren Staatsaktiven und allenfalls die Erwirtschaftung einer direkten Rendite haben kann. Wenn der Landtag die Finanzhoheit hat, wird er auch finanzielle Konsequenzen aus Beschlüssen beurteilen wollen, wenn sie allenfalls auch einen positiven Effekt haben und nicht nur eine neue oder zusätzliche Ausgabe darstellen. Demensprechend wäre es richtig gewesen, dass der betroffene Betrieb, in diesem Fall die FL-Post AG, eine Beurteilung zu den allfälligen Konsequenzen dieser Richtlinie - respektive der in Kürze zu ändernden Gesetzeslage - abgegeben hätte, und vor allem, wenn sie sie abgegeben hat, dass diese Stellungnahme im Bericht und Antrag zuhanden des Landtages erläutert worden wäre.Wie man aus Zeitungsartikeln zum Geschäftsergebnis der FL-Post AG für das abgelaufene Jahr lesen kann, ist ja bereits ein beachtlicher Teil des Umsatzes aus einem liberalisierten Markt zu erwirtschaften, sodass die Herausforderung durch die bevorstehende Gesetzesänderung aufgrund dieses Beschlusses noch zunehmen könnte.Ich nehme diese Richtlinie als Beispiel auch zum Anlass, der Regierung - wie schon in der Aussenpolitischen Kommission - den Vorschlag zu machen, gegenüber dem Landtag bei der Annahme von Richtlinien allgemein bereits etwas detaillierter über die damit zusammenhängenden gesetzlichen Änderungen - allenfalls auch Verordnungen - inhaltlich und in deren Konsequenz zu informieren. Wie die Vertretung der Regierung in der APK dazu ausführte, werden bei der globalen Richtlinienübernahme in der Praxis vielfach bereits parallel interne Abklärungen bezüglich der damit verbundenen Ausrichtungen und Auswirkungen durchgeführt. Abgesehen davon, dass in diesem Fall die nationalen Vorschriften schon bis spätestens am 7. Juni dieses Jahres von Liechtenstein gesetzmässig erlassen sein müssen, wäre es für mich nicht nachvollziehbar, wenn die Regierung nicht bereits jetzt die entsprechenden Gesetzesauswirkungen berührt und somit uns informiert hätte. Deshalb bitte ich darum, nicht nur die EWR-Kommission, sondern auch den Gesamtlandtag bei der Antragstellung auf Übernahme eines Beschlusses dahingehend jeweils konkreter zu informieren. Ich möchte mit diesem Wunsch auch dem schon vielfach gehörten Vorwurf vorbeugen, dass man sich über die Konsequenzen hätte besser infor-mieren sollen, wenn der Beschluss vorliegt, und nicht erst, wenn das Gesetz zur Behandlung vorgelegt ist. Ich bitte die Regierung, diese Hinweise entgegenzunehmen und erwarte gerne eine entsprechende Antwort.Da ich mich damals schon für die Liberalisierung des Postmarktes ausgesprochen habe, werde ich dieser Richtlinie zustimmen. Ich möchte die Regierung aber bitten, auch bei anderen Versorgungsunternehmen unseres Landes die Liberalisierung durch entsprechende Umsetzungen zu fördern. Meines Erachtens ist es wenig verträglich, wenn man bei der europäischen Integration durch die Übernahme solcher Beschlüsse den Wettbewerb forciert, und andererseits im nationalen Recht möglichst feste Bandagen anlegt. Ein solcher Widerspruch ist für mich kontraproduktiv.

Landtagspräsident Klaus Wanger:

Wenn das Wort aus dem Plenum nicht mehr gewünscht wird, gebe ich das Wort Frau Regierungschef-Stellvertreterin Kieber.

Regierungschef-Stellvertreterin Rita Kieber-Beck:

Danke, Herr Präsident. Ich möchte einige Präzisierungen machen: Die Übernahme der Richtlinie wurde mit der Liechtensteinischen Post AG abgesprochen. Wir waren uns einig, dass wir auch beim Gesetz, und wenn es eine entsprechende Verordnung braucht, wiederum auf die Post zukommen, um abzugleichen, was möglich ist. Die Richtlinie lässt einen gewissen Spielraum und ein Ermessen, wie weit geöffnet werden muss und kann. Es wurde schon vom Abg. Jürgen Zech ins Feld geführt: Die Universaldienste gehen dabei ja nicht verloren. Dort kann man Beschränkungen oder auch Einschränkungen nach wie vor beibehalten. Es liegt natürlich in der Natur der Sache, dass Liberalisierungen auch mit einer Veränderung der Preisstruktur einhergehen können. Wenn Sie monieren, dass das keine finanziellen oder personellen Konsequenzen hat, dann muss ich schon sagen: Innerhalb der Landesverwaltung hat es keine personellen Konsequenzen, und ob es finanzielle Konsequenzen hat: Da kann man sagen: In der Landesverwaltung nein. Ich gebe Ihnen aber Recht, wenn Sie sagen: Bei der Post könnte es allenfalls Konsequenzen haben. Wie sich solche Veränderungen auf das Unternehmen, also die Liechtensteinische Post AG auswirken, kann im Vorfeld nicht mit absoluter Sicherheit beantwortet werden, weder von der Regierung noch von der Liechtensteinischen Post AG selbst. Es kommt auch drauf an, in welchem Umfeld sich die Post AG positionieren kann. Sie hat es heute schon bewiesen, sie hat neue Geschäftsfelder eröffnet und hat gewisse andere Abgänge, die im Rahmen der Liberalisierung doch zu einer Mindereinnahme führten, kompensieren können.Ich bin überzeugt, dass die Liechtensteinische Post auch mit dieser Umsetzung der Richtlinie sich auf dem freien Markt sehr gut bewähren und auch halten wird. Es sind sehr gute Leute im Hintergrund, die mitdenken und vor allem auch vorausdenken, was das Eröffnen neuer Geschäftsfelder betrifft.

Abg. Ingrid Hassler-Gerner:

Danke, Frau Regierungschef-Stellvertreterin. Sie haben meine Anliegen falsch aufgenommen. Natürlich hätte es Konsequenzen für unseren Staat, wenn die private Post AG, so lange wir sie mehrheitlich zumindest besitzen, einmal nicht mehr so gut arbeiten würde. Dann müsste man auch sagen: Uns spielt es keine Rolle, wie es der LTN geht. Es spielt aber wohl eine Rolle, das ist schon ganz klar. Und ich habe nicht die personellen Konsequenzen erwähnt, das weiss ich, dass das keine hat, sondern die allfälligen längerfristigen finanziellen Konsequenzen mit der Beteiligung. Und die Post ist - und wird es auch noch eine Weile bleiben - eine Art Service Public. Sonst würde ich dazu sagen: Wir reden aneinander vorbei. Das hat schon eine Bedeutung und deswegen ist es wichtig. Sie haben gesagt: Natürlich hat die FL-Post AG der Regierung gesagt, was sie von der Richtlinie hält und was etwa die Konsequenzen sind. Das hätte ich eigentlich gar nicht bezweifelt. Was ich Sie aber schon in der APK bitten wollte - und es wurde meines Erachtens auch damals dort so aufgenommen - ist, dass der Landtag in einer kurzen Form, nicht mit einem Brief der Post AG, sondern von der Regierung in einer kurzen Zusammenfassung erfährt, was die Post AG mit diesen Auswirkungen, wie sie dann auch immer ausgestaltet sein werden - ich weiss, es gibt dann dort noch Spielraum - anfangen kann oder wird. Ich meine, dass man sich auch darauf verlassen kann, ob es eine starke Auswirkung hat oder nicht. Ich habe auch erwähnt, dass ich weiss, dass die Monopolposition schon eingebrochen ist. Ich habe in der Zeitung gelesen, dass sie jetzt schon 50% ihres Umsatzes anderweitig bewerkstelligen muss. Ich zweifle auch nicht daran. Aber es geht doch dem Landtag - und das wollte ich mit meinem zweiten Teil sagen, den Sie mit keinem Wort erwähnt haben - ich möchte mich dafür einsetzen - und das ist vielleicht nicht nur mein Anliegen hier, ich habe die Post hier jetzt als Beispiel genommen -, dass es dem Landtag schon sehr wichtig sein muss, über verschiedene Konsequenzen frühzeitig informiert zu sein, vor allem dann, wenn Sie mir sagen, die Regierung hat es abgeklärt und wenn ich sehe, dass die Umsetzung relativ kurzfristig stattzufinden hat. Der Landtag sollte sich nicht hier auf einen wirklich kurz gefassten Bericht einlassen müssen. Das war der Grund meines ausführlichen Votums. Es war ein Wunsch an die Regierung und ich werde schauen, wie dieser Wunsch meinerseits dann auch erfüllt wird. Es muss ein Anliegen des Landtages sein.

Landtagspräsident Klaus Wanger:

Besten Dank. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt, stimmen wir über den Antrag der Regierung ab, dem Beschluss Nr. 168/2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses die Zustimmung zu erteilen. Wer diesem Antrag Folge leisten kann, möge bitte die Hand erheben.

Abstimmung: Einhellige Zustimmung

Landtagspräsident Klaus Wanger:

Damit haben wir Traktandum 12 erledigt.

-ooOoo-