Anerkennung der Zuständigkeit des Ausschusses zur Beseitigung von Rassendiskriminierung (CERD) für die Entgegennahme und Erörterung von Mitteilungen gemäss Art. 14 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 21. Dezember 1965 (LGBl. 2000 Nr. 80) sowie die Gesetzesvorlage betreffend die Abänderung des Gesetzes über den Staatsgerichtshof (Nr. 137/2002)
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wir kommen zu Traktandum 16: Anerkennung der Zuständigkeit des Ausschusses zur Beseitigung von Rassendiskriminierung (CERD) für die Entgegennahme und Erörterung von Mitteilungen gemäss Art. 14 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 21. Dezember 1965 (LGBl. 2000 Nr. 80) sowie die Gesetzesvorlage betreffend die Abänderung des Gesetzes über den Staatsgerichtshof (Nr. 137/2002). Der Bericht und Antrag der Regierung steht zur Diskussion.Abg. Ingrid Hassler-Gerner:
Den Bericht und Antrag, den wir behandeln, hat die Regierung in der März-Landtagssitzung durch einen Hinweis der Aussenpolitischen Kommission zurückgezogen mit dem Auftrag, zu klären, ob S. D. der Landesfürst mit der vorgeschlagenen Abänderung des Gesetzes über den Staatsgerichtshofs in dieser Form einverstanden ist. Für den heutigen Landtag liess die Regierung diese Vorlage wieder traktandieren, da gemäss Regierungsrat Ernst Walch S. D. der Landesfürst keine Einwände gegen die Abänderung des Staatsgerichtshofsgesetzes im Sinne des Vorschlages der Regierung vorgebracht habe. Die Abklärung dieser Frage hatte die APK deswegen aufgebracht, weil S. D. der Landesfürst sich bei den Beratungen der Verfassungskommission im Sommer letzten Jahres auf Schloss Vaduz gegen einen solchen Rechtstext auf Verfassungsebene ausgesprochen hatte. Es wurde in der APK an die Regierung die Frage gestellt, ob sich S. D. der Landesfürst damit einverstanden erklären würde, einen gleichlautenden Gesetzestext auch im betreffenden Kapitel der Verfassung festzuschreiben, was zu begrüssen wäre. Da Regierungsrat Ernst Walch konzedierte, die damalige Diskussion der Verfassungskommission nicht verfolgt zu haben und er daher nur zum fraglichen vorliegenden Gesetzestext Stellung nehmen könne, wollte ich heute eigentlich diese Frage an den Herrn Regierungschef stellen, der meines Erachtens für Verfassungsfragen zuständig ist, so weit sie die Regierung repräsentierte. Durch seine Abwesenheit möchte ich an Sie diese Frage richten. Ich nehme an, dass Sie den Herrn Regierungschef heute im Landtag vertreten.Grundsätzlich kann ich dem Vorschlag der Regierung folgen, anstelle der expliziten Aufführung aller internationalen Übereinkommen, bei denen Liechtenstein ein Individualbeschwerderecht anerkannt hat, eine allgemeine Formulierung zu wählen, welche alle bisherigen und somit dann auch künftigen Übereinkommen, bei denen Liechtenstein allenfalls ein Individualbeschwerderecht anerkennt, umfasst. Bisher sind ja bereits vier Übereinkommen, wie sie auf Seite 23 von der Regierung detailliert aufgeführt sind, Gegenstand dieses neuen Artikels 23 Abs. b im Gesetz über den Staatsgerichtshof. Das Internationale Übereinkommen von 1965 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, dem der Landtag am 21. Oktober 1999 zustimmte, ist eines der am breitesten akzeptierten völkerrechtlichen Instrumente weltweit. 38 Staaten haben bis anhin zudem das fakultative Mitteilungsverfahren gemäss Art. 14 angenommen. Liechtenstein wird die Zuständigkeit gemäss Art. 14 des Übereinkommens dem Staatsgerichtshof zuordnen. Wie die Regierung auf Seite 22 des Berichts zu den Auswirkungen der Anerkennung des Beschwerdeverfahrens ausführt, handelt es sich bei den Vorschlägen und Empfehlungen des Ausschusses um keine rechtlich verbindlichen Beschlüsse. Trotzdem ist der betroffene Vertragsstaat gehalten, dem Entscheid Rechnung zu tragen und den allfälligen Missstand zu beheben. Der Ausschuss - in unserem Falle geht die Anmeldung über den Gerichtshof - kann die Ergebnisse eines Beschwerdeverfahrens zum Anlass nehmen, um auch innerstaatlich strukturelle Anpassungen zu empfehlen und vorzuschlagen. Die Anerkennung des Mitteilungsverfahrens bedarf der Abgabe einer entsprechenden Erklärung, die von der Regierung mit diesem Bericht beantragt wird. Ich stimme dem Antrag zu und bin für Eintreten auf die Abänderung des Gesetzes über den Staatsgerichtshof.Abg. Renate Wohlwend:
Danke, Herr Präsident. Meine Vorrednerin, die Abg. Ingrid Hassler, hat es schon gesagt: Der Landtag hat im Herbst 1999 das 1965 in New York abgeschlossene Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung ratifiziert. Am 31. März 2000 ist dieses Übereinkommen für Liechtenstein in Kraft getreten. Der gemäss Art. 8 eingerichtete Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung berät über die dem UNO-Generalsekretär vorgelegten Länderberichte, die Aufschluss geben sollen über einschlägige Gesetzgebungs-, Gerichts-, Verwaltungs- und sonstige Massnahmen. Solche Berichte sind im ersten Jahr nach dem In-Kraft-Treten des Übereinkommens für den betreffenden Staat zu erstatten, danach alle zwei Jahre. Liechtenstein hat seinen ersten Bericht abgeliefert und am Sitz des Ausschusses in Genf diskutiert. Die Stellungnahme des Ausschusses liegt dem Bericht und Antrag bei. Ich war und bin der Meinung, dass bei uns im Land viele Verwaltungsmassnahmen getroffen wurden und sowohl von der Zivilgesellschaft allgemein als auch insbesondere von Nicht-Regierungsorganisationen viele Aktivitäten gesetzt werden, die die Integrierung von Ausländern fördern und den Kampf gegen Intoleranz und Rassismus unterstützen. Aus objektiver Warte scheint das aber noch zu wenig, denn der Ausschuss empfiehlt eine Reihe von weiteren Schritten zur Umsetzung des Übereinkommens in Liechtenstein. Die Empfehlungen des Ausschusses sind zwar nicht rechtsverbindlich, aber - und da teile ich die Ansicht der Regierung gemäss Bericht - aber der betroffene Staat sollte diesen doch insofern Rechnung tragen, als dem Vorschlag weitestgehend Folge geleistet wird und weitere einschlägige Massnahmen zur Verbesserung ergriffen werden. Beim individuellen Mitteilungsverfahren gemäss Art. 14 dieses Übereinkommens, über das wir heute befinden, geht es um eine Ergänzung zum generellen Prüfungsmechanismus im Rahmen der Länderberichte. Dieses Mitteilungsverfahren dient dazu, konkreten Einzelfällen von Diskriminierung Abhilfe zu verschaffen. Die Regierung schlägt nun vor, eine Erklärung zur Anerkennung dieses Mitteilungsverfahrens abzugeben. Dem stimme ich zu. Dabei ist festzuhalten, dass die Regierung die Annahme von Art. 14 mit dem Vorbehalt verbindet, die Zuständigkeit des Ausschusses nur dann anzuerkennen, wenn derselbe Fall nicht bereits von einem anderen internationalen Gremium geprüft worden ist. Besonders ist hier an ein Verfahren wegen Verstosses gegen die Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und deren Protokolle zu denken. Wenn sich jemand in der Ausübung der Rechte und Freiheiten gemäss Menschenrechtskonvention diskriminiert fühlt, wäre letztinstanzlich der Europäische Menschenrechtsgerichtshof zuständig. Soweit geht es also um Grundrechte, wie sie in der Menschenrechtskonvention festgeschrieben sind. Erst mit dem 12. Zusatzprotokoll wurde ein selbstständiges Diskriminierungsverbot geschaffen, das sich auf soziale und wirtschaftliche Rechte bezieht. Solange dieses Protokoll nicht in Kraft ist - dazu wären 10 Ratifikationen notwendig, es gibt aber erst 2 - darf man sagen, dass das Rassismusübereinkommen das wirkungsvollere Instrument zur Vorbeugung und Bekämpfung der Diskriminierung dar-stellt. Es ist also das bessere Instrument, konkrete Diskriminierungsfälle zu verhindern, als es durch die Menschenrechtskonvention gewährleistet wäre. Ein Ja zum Mitteilungsverfahren bedeutet Anerkennung eines weiteren Individualbeschwerderechtes. Diese Rechte kennen wir im Rahmen der Menschenrechtskonvention und des 1. Zusatzprotokolls zum UNO-Pakt II. Wir kennen sie im Rahmen der Folterkonvention und dem Zusatzprotokoll zur Frauenkonvention. Ein Teil dieser Individualbeschwerderechte ist im Gesetz über den Staatsgerichtshof Art. 23 insofern behandelt, als der Staatsgerichtshof als oberste Instanz für Beschwerden im Falle der Verletzung dieser Rechte zuständig ist. Im Sinne der Förderung der Rechtssicherheit schlägt nun die Regierung vor, alle Fälle von Individualbeschwerderecht im Art. 23 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof zu verpacken. Ich persönlich kenne nicht die Vorbehalte, die seitens des Landesfürsten in diesem Zusammenhang angebracht wurden. Aber so weit ich das bis jetzt gelesen und gesehen habe, hat das keinen Einfluss auf eine Verfassungsänderung. Die Änderung von Art. 23 des Staatsgerichtshofgesetzes scheint mir losgelöst davon. Ich erkläre daher sowohl meine Zustimmung zur Annahme des Art. 14 dieses Übereinkommens als auch meine Zustimmung, auf die Änderung von Art. 23 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof einzutreten.Landtagspräsident Klaus Wanger:
Besten Dank. Regierungschef-Stellvertreterin Rita Kieber-Beck:
Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Zu den Gesprächen der Verfassungskommission und deren Verlauf kann ich keine Stellung nehmen. Ich kenne den Inhalt nicht genau. Ich weiss also auch nicht, was dort vereinbart wurde oder nicht.Zu der Frage, ob es sich um eine Verfassungsbestimmung handeln muss, schliesse ich mich der Meinung der Abg. Frau Wohlwend an und begründe dies wie folgt: Art. 104 Abs. 1 der Landesverfassung besagt, dass im Wege eines besonderen Gesetzes ein Staatsgerichtshof als Gerichtshof des öffentlichen Rechts zum Schutze der verfassungsmässig gewährleisteten Rechte zu errichten ist. Dieser Bestimmung wird in Art. 23 Bst. a Staatsgerichtshofgesetz - Bst. a ist bisher und auch weiterhin in Kraft - Rechnung getragen. Nach der Ratifikation der EMRK und des UNO-Paktes über bürgerliche und politische Rechte wurde mit einer Ergänzung von Art. 23 Staatsgerichtshofgesetz dem Staatsgerichtshof zudem mit je einer eigenen Gesetzesanpassung, nämlich Bst. b bzw. Bst. c des bisherigen Gesetzes - LGBl. 1982 Nr. 57 und LGBl. 1999 Nr. 46 - die Aufgabe übertragen, wegen Verletzung der Rechte, die in diesen beiden internationalen Rechtsinstrumenten garantiert sind, als Beschwerdeinstanz zu fungieren. Die mit Bericht und Antrag Nr. 137/2002 vorgeschlagene Abänderung von Art. 23 überträgt nunmehr diese Aufgabe an den Staatsgerichtshof im Zusammenhang mit allen Menschenrechtsübereinkommen, bei denen Liechtenstein Vertragsstaat ist und ein Individualbeschwerderecht anerkannt hat bzw. mit Zustimmung des Landtages allenfalls noch anerkennen wird. In Zukunft wird in diesem Zusammenhang also das StGH-Gesetz nicht mehr anzupassen sein. Die Formulierung in Art. 104 Abs. 1 Landesverfassung zum Schutze der verfassungsmässig gewährleisteten Rechte umfasst auch den Schutz von Rechten, die in den Menschenrechtsübereinkommen garantiert werden, deren Kompatibilität mit der liechtensteinischen Verfassung beim Beitritt festgestellt worden ist. Die Ergänzung von Art. 23 Staatsgerichtshofgesetz um den Bst. b, also neu, dient daher einer Präzisierung. Und deshalb bedarf es sicher nicht einer Aufnahme in die Verfassung.Abg. Ingrid Hassler-Gerner:
Danke für Ihre Ausführungen. Ich habe Verständnis, dass Sie die Frage nicht beantworten konnten, weil Sie sagen, dass Sie nicht in der Verfassungskommission mitgewirkt haben und über deren Arbeit nichts wissen. Ich wollte die Frage auch direkt an den Herrn Regierungschef stellen, der schon wusste, um was es ging, weil er da dabei war. Es ging darum, im Art. 104 Abs. 1 vorzuschlagen, dass es sich nicht nur um die verfassungsmässig gewährleisteten Rechte geht, sondern auch noch um durch Staatsverträge gewährleistete Grundrechte. Und das wurde jetzt, wo ich diese Lösung sehe, aus mir unverständlichen Gründen damals abgelehnt. Deswegen wäre es durchaus eine berechtigte Diskussionslage gewesen, vor allem weil jetzt in meinem Sinne überraschenderweise mindestens auf Gesetzesebene seitens der Regierung eine gleich lautende Lösung dem Landtag vorgeschlagen wird. Ich habe Probleme zu verstehen, warum in der Verfassung nicht und hier schon. Danke schön. Landtagspräsident Klaus Wanger:
Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zurück auf den Antrag der Regierung: Der Antrag der Regierung, wie bereits erwähnt, ist zweigeteilt. Bevor wir auf die Gesetzesvorlage eintreten, möchte ich zuerst über folgende Erklärung abstimmen lassen: Die Regierung beantragt, dieser Erklärung mit folgendem Wortlaut die Zustimmung zu erteilen: «Das Fürstentum Liechtenstein erklärt gemäss Art. 14 des Internationalen Übereinkommens vom 21. Dezember 1965 über die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, dass es die Zuständigkeit des Ausschusses für die Beseitigung der Rassendiskriminierung für die Entgegennahme und Erörterung von Mitteilungen einzelner der liechtensteinischen Hoheitsgewalt unterstehender Personen oder Personengruppen anerkennt, die vorgeben, Opfer einer Verletzung eines in diesem Übereinkommen vorgesehenen Rechts durch Liechtenstein zu sein. Das Fürstentum Liechtenstein anerkennt diese Zuständigkeit unter der Voraussetzung, dass der genannte Ausschuss keine Mitteilung erörtert, ohne sich vergewissert zu haben, dass dieselbe Angelegenheit nicht in einem anderen internationalen Untersuchungs- oder Schlichtungsverfahren geprüft wird oder geprüft worden ist». Ich stelle Ihnen die Frage und bitte Sie um Ihre Stellungnahme: Können Sie der Erklärung, die ich Ihnen soeben vorgelesen habe, zustimmen? Wer dieser Erklärung zustimmen will, möge bitte die Hand erheben.Abstimmung: Einhellige Zustimmung
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Gesetz betreffend die Abänderung des Gesetzes über den Staatsgerichtshof
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Damit scheint Eintreten auf die Gesetzesvorlage unbestritten zu sein und ich bitte, mit der 1. Lesung der Gesetzesvorlage zu beginnen. Art. 23 Bst. b und c wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Art. 23 Bst. b und c steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
II. wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
II. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Damit haben wir das Gesetz betreffend die Abänderung des Gesetzes über den Staatsgerichtshof in 1. Lesung beraten und somit auch Traktandum 16 erledigt.
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