Revision des Krankenversicherungsgesetzes (einschl. Abänderung des Statistikgesetzes, des Gesetzes über die obligatorische Unfallversicherung, des Gesetzes über die Invalidenversicherung und des Gesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung) (Nr. 44/2003), 1. Lesung
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wir kommen nun zu Traktandum 20: Revision des Krankenversicherungsgesetzes (einschliesslich Abänderung des Statistikgesetzes, des Gesetzes über die obligatorische Unfallversicherung, des Gesetzes über die Invalidenversicherung und des Gesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung). Der Bericht und Antrag der Regierung Nr. 44/2003 steht zur Diskussion. Abg. Markus Büchel:
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete. Liechtenstein weist einen sehr liberalen und attraktiven Gesundheitsmarkt auf. Die Gesundheitsversorgung ist auf einem hohen Stand. Als Patient haben wir eine gute medizinische Versorgung und im Vergleich zur Schweiz mit günstigen Prämien. Wir leben dank einer immer besseren medizinischen Betreuung immer länger und leben dank einer besseren Versorgung auch immer lebenswerter. Der medizinische Fortschritt wird ständig und immer schneller weitergehen. Methoden der Diagnostik, die kostspieligeren und leistungsfähigeren Apparate sowie die Qualität der Medikamente werden laufend verbessert und haben auch dementsprechend ihren Preis. Von diesem Fortschritt wollen wir uns auf keinen Fall abkoppeln, aber wir wollen Blindleistung oder Verschwendung, je nachdem, wie man es bezeichnen will, im Gesundheitswesen vermeiden oder zumindest reduzieren. Was verstehe ich unter Blindleistung? Unter Blindleistung oder Verschwendung zähle ich unbegründete, zu schnelle Konsultationen eines Arztes, Konsum von Leistungen, weil das Angebot da ist, Therapien, welche man sich ja auch einmal gönnen sollte, Medikamente, die im Abfall oder im Ausguss landen, unnötige Analysen, nicht erforderliches Röntgen oder Therapien usw. Wir sind hier aber alle als Patienten, vor allem als Patienten, aber auch vor allem die Anbieter dieser Leistungen gefordert. Die Finanzierung erfolgt zum einen über die Versicherungsprämien und die Kostenbeteiligung der Versicherten, die Beiträge der Arbeitgeber und den Staatsbeitrag, der es bisher ermöglichte, die Prämien trotz hohem Stand der Gesundheitskosten moderat zu gestalten. So mussten die Prämien der obligatorischen Versicherung in Liechtenstein auf den Beginn dieses Jahres lediglich um 6% angehoben werden. Der erste Ansatz zur Reduzierung oder Einschränkung einer übermässigen Kostensteigerung erfolgte durch die Einführung des Hausarztsystems. Um die Kostensteigerung in den Griff zu bekommen, wurde in Anlehnung an das Ausland das Hausarztsystem und das damit zusammenhängende Gesundheitsnetz eingeführt. Mit diesem Systemwechsel wollte man zum einen den Zuzug von neuen ausländischen Ärzten unattraktiv machen, zum anderen wollte man die Patienten gemeinsam mit den Ärzten zu mehr Verantwortung erziehen. Bezüglich beider Ziele kann man heute sagen, dass sie nicht vollumfänglich erreicht wurden. Aufgrund der Zugehörigkeit zum EWR und der damit verbundenen gegenseitigen Freizügigkeit können sich die Ärzte aus den Ländern der EU bzw. EWR seit 1997 ungehindert in Liechtenstein niederlassen. Dies führte dazu, dass sich die Anzahl der konzessionierten Ärzte in unserem Land zwischen den Jahren 1996 und 2001 fast verdoppelt hat. Die Zahl der obligatorischen Ver-sicherten ist im gleichen Zeitraum aber nur um rund 6% angewachsen. Die Erkrankungsfälle pro Versicherten haben im gleichen Zeitraum von 2,8 auf 3,7 zugenommen. Der durchschnittliche Gesamtaufwand der obligatorischen Krankenversicherung pro Person ist von CHF 1'843 im Jahre 1996 auf CHF 2'580 im Jahre 2001 gestiegen. Dies entspricht einer Zunahme von 40%. Im Vergleich dazu lag der durchschnittliche Gesamtaufwand pro versicherte Person im Kanton St. Gallen im Jahre 2000 rund 40% tiefer. Dass ein Zusammenhang besteht zwischen dem markanten Zuwachs der medizinischen Leistungserbringer und den markant gestiegenen Kosten ist daraus sicher erkennbar. Dabei ist zu bedenken, dass nicht den ambulanten Ärzten und den Arzneikosten die alleinige Schuld an der Zunahme der Kosten angelastet werden kann, aber diese beide Kostenarten machen zusammen den Hauptanteil aus und betrugen im Jahre 2001 56,2%. Die weitere grosse Kostengruppe, die Heilanstalten, haben wir mit Ausnahme des eigenen Landesspitals mangels Wettbewerb nicht im Griff und sind auch nicht in der Lage, durch unsere Gesetzgebung oder unser Verhalten hier wesentlich Einfluss zu nehmen. Weil der Zusammenhang zwischen Anzahl der Leistungserbringer und der Kostensteigerung im Gesundheitswesen immer deutlicher wurde, hat dann die Regierung Hasler mit einer befristeten Sofortmassnahme im Dezember 2001 die Notbremse gezogen und einen Ärztestopp bis 30. Juni 2003 bewirkt. Da es aber aufgrund der sehr komplexen Thematik der Regierung nicht gelang, die Revision des KVG bis zu diesem Zeitpunkt in Kraft zu setzen, wurde diese Frist bis 31. Dezember 2003 verlängert. Aufgrund der derzeitigen Rechtslage wäre damit kein Instrument gegeben, um die Erteilung von neuen Arztkonzessionen bzw. die Abrechnung über die obligatorische Krankenversicherung ab dem 1.1.2004 einzuschränken. Würde die Sanitätskommission die derzeit anhängigen Konzessionen erteilen, hätte dies eine massive Kostensteigerung zur Folge. Nun liegt das revidierte Gesetz vor, welches die verschiedensten Massnahmen zur Eindämmung dieser markant angestiegenen Gesundheitskosten vorsieht. Einige Massnahmen sind ganz konkret formuliert und andere Massnahmen sind vorgesehen, um bei zunehmender Verschärfung weitere Eingriffsmöglichkeiten zu haben. Die vorgeschlagenen Massnahmen sind auf alle Beteiligten verteilt und die Leistungserbringer, die Leistungsempfänger wie die Krankenversicherer müssen ihren Beitrag dazu leisten. Dass alle Beteiligten ihre Besitzstände verteidigen ist verständlich, aber dass der Ärzteverband nach wie vor sehr massiv gegen diese Gesetzesrevision vorgeht, ist für mich nicht verständlich, gerade weil im Rahmen der Vernehmlassung auch sehr viele und entscheidende Entschärfungen - vor allem zugunsten der Leistungserbringer - eingearbeitet werden konnten. Nun zu den Massnahmen: Aus meiner Sicht sind die effektivsten Massnahmen oder Änderungen zum Ersten die Zulassung von Ärzten zum OKP. Der Entscheid über die Zulassung wird aufgrund einer gemeinsamen Bedarfsplanung durch Ärztekammer und Krankenkassenverband, welche nach der bereits heute angewendeten Methode im Gesundheitsnetz Liechtenstein erstellt wird, gefasst. Auch ausländische Ärzte, sofern es in Liechtenstein keinen solchen Facharzt gibt, können in der Bedarfsplanung berücksichtigt werden. Die Bedarfsplanung wird neu auch auf Geräte und Einrichtungen der Spitzenmedizin ausgedehnt. Ein Leistungserbringer, welcher das AHV-Alter erreicht hat, hat neu keinen Anspruch mehr, für die Krankenversicherung tätig zu sein. Der Krankenkassenverband kann aber nur im Einvernehmen mit dem entsprechenden Berufsverband - wie bei der Zulassung - die Kündigung aussprechen. Kassenärzte rechnen mit der Krankenversicherung ab und so genannte nicht kontrahierte Ärzte, Wahlärzte, rechnen mit dem Patienten direkt ab. Dieser kann dann 50% der tariflichen Kosten der Krankenversicherung weiterbelasten. Das heisst, so genannte Wahlärzte, ob im Inland oder Ausland, rechnen direkt mit dem Patienten ab.Einschränkung von Nebentätigkeiten: Zugelassene Ärzte sind nicht mehr berechtigt, durch die Anstellung von Physiotherapeuten Nebentätigkeiten anzubieten oder sich an Unternehmen mit solchen Dienstleistungen zu beteiligen. Bessere Qualitätssicherung bei Apotheken, Laboruntersuchungen oder dem Einsatz von medizinischen Geräten werden verlangt. Erfassung statistischer Kennzahlen: Die Statistik über die Krankenpflegeversicherung soll ausgebaut werden, denn die wichtigste Voraussetzung zur Eingriffnahme bietet nur eine grösstmögliche Transparenz über die Kosten. Die gesetzliche Grundlage für die Erstellung von Statistiken soll deshalb verstärkt werden. Dazu soll die elektronisch lesbare Versicherungskarte als ein wichtiges Instrument für eine bessere Koordination der Untersuchungen und Behandlungen durch die verschiedenen Leistungserbringer eingeführt werden. Das Projekt wird gemeinsam mit den Leistungserbringern und dem Kassenverband geplant, organisiert und durchgeführt. Kontrolle der Gesamtkosten und Einflussnahme auf Tarifierung: Weil die Kosten der Krankenversicherung das Produkt aus Preis und Menge sind, genügt die Einflussnahme auf die Tarife nicht. Die Regierung wird darum durch die Vereinbarung von Kostenzielen mit den Krankenversicherern noch nicht fix einzuhaltende Budgets erstellen, aber die Leistungserbringer müssen jede Überschreitung des Kostenzieles begründen. Durch diese Pflicht wird sicher das Kostenbewusstsein verstärkt und es löst Diskussionen über deren Ursachen aus. Nach einer Anlaufphase soll, falls erforderlich, das Kostenziel aber auch einen verbindlichen Charakter erhalten, indem die Regierung auch Sanktionen ergreifen kann. Die Regierung kann nicht nur die Tarifstruktur, sondern neu auch die Tarifart vorschreiben. Dies ist gerade im Hinblick auf eine mögliche Übernahme des schweizerischen Tarifwerkes TarMed eine eminent wichtige Voraussetzung. Die Regierung kann neu auch die Laboranalysen bezeichnen, welche in Arztpraxen durchgeführt werden dürfen. Damit wird die gesetzliche Grundlage geschaffen, auch bei Laboranalysen in den Praxislabors von Ärzten die gleichen Regelungen wie in der Schweiz anzuwenden. Kontrolle der Verwaltungskosten bei Versicherern: Die Regierung erhält das Recht, wenn es ihr angebracht erscheint und die Verwaltungskosten bei den Versicherern zu hoch erscheinen, diese auf ein wirtschaftliches vertretbares Mass festzulegen. Auch diese Kann-Bestimmung ist ein Element, um dort eingreifen zu können, wo man aufgrund von Vergleichswerten auf unwirtschaftliches Verhalten Einfluss nehmen kann. Krankenversicherer müssen eine freiwillige Versicherung für Leistungen, welche von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht übernommen werden, anbieten. Versicherte, welche bei In-Kraft-Treten dieses Gesetzes in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung versichert sind, müssen ohne Versicherungsvorbehalte aufgenommen werden. Alle erwachsenen Personen müssen in der untersten Eintrittsstufe aufgenommen werden. Damit werden die Übertrittshürden wesentlich reduziert. Das bedeutet aber, dass die Versicherten mit höheren Risiken solidarisch von den anderen mitgetragen werden.Versicherte, Wahlfreiheit und Kosten: Neu können nur die am Ort des Leistungserbringers (Inland/Ausland) gültigen Tarife verrechnet werden. Bei nicht kontrahierten Ärzten oder wenn zwei Ärzte gleichzeitig für den gleichen Krankheitsfall in Anspruch genommen werden, muss 50% der Rechnung selbst bezahlt werden. Der Rest wird von der Krankenversicherung an den Patienten vergütet. Der Versicherte darf pro Krankheitsfall nur bei einem Arzt in Behandlung sein. Das heisst, wenn er die Behandlung bei einem Arzt unterbrechen will, muss er den Abbruch der Behandlung dem ersten Arzt mitteilen. Die Mitteilung muss nicht begründet werden. Sowohl dem Krankenkassenverband wie dem Ärzteverein erscheint diese Regelung zwar unwirksam und sie glauben eher an die verstärkte weiter gehende Massnahme des Fallmanagements. Dem Krankenkassenverband und der Ärztekammer steht es aber jederzeit frei, eine entsprechende Vereinbarung in den abzuschliessenden Tarifverträgen abzuschliessen. Prämien der Krankenversicherung können in Zukunft nach örtlichen Kostenunterschieden abgestuft werden. Dies ist sehr wichtig, da die im Ausland lebenden Versicherten aufgrund der Abkommen über die Leistungshilfe die Leistungen im Ausland nach den dort geltenden Rechtsvorschriften beanspruchen können. Kinder sind generell von der Prämienzahlung befreit. Bisher war dies nur innerhalb des Hausarztsystems so. Bisherige Versicherte im Hausarztsystem haben keine Prämienermässigung mehr. Alle Versicherten erhalten eine Prämiengutschrift, indem der Wegfall der bisherigen Staatsbeiträge für das GNL kompensiert wird. Dadurch werden die Prämien für die bisherigen im Hausarztsystem versi-cherten Personen ansteigen, und für diejenigen Personen, welche bisher nicht im GNL waren, werden die Prämien etwas günstiger. Hier könnte die Regierung bis zur 2. Lesung überprüfen, welcher finanzielle Mehraufwand durch einen Ausgleich der Mehrkosten für die bisherigen GNL-Personen entstehen würde. Die Kostenbeteiligung beträgt neu für alle bisher im Hausarztsystem befundenen Versicherten auch 10% anstatt wie bisher 5%. Damit sollten vor allem administrative Aufwände verringert und der Anreiz zur Reduzierung der Arztbesuche erhöht werden. Die Franchise von CHF 200 und der Höchstbetrag von CHF 600 werden für Versicherte zwischen dem 20. Altersjahr und dem Pensionsalter nicht mehr halbiert. Das heisst, mindestens CHF 100 oder maximal CHF 300 pro Jahr Mehrkosten werden für diese Gruppe entstehen. Die Mehrkosten sollen die Versicherten zu kritischerem Bezug der Dienstleistungen anregen. Auch hier wäre zu prüfen, ob durch eine Quartals- oder Halbjahresbetrachtung eine sinnvollere Lenkung erreicht würde. Denn wenn ein Versicherter im Januar bereits CHF 200 bezahlen musste, ist die Motivation für weitere Zurückhaltung nicht mehr sehr gross. Anders hingegen, wenn er bei CHF 100 aussteigt und nur noch die Beteiligung hat bis zum zweiten Halbjahr zum Beispiel, wo wir wieder mit einem Betrag von CHF 100 starten könnten. Allerdings müsste hier Aufwand und Nutzen überprüft werden. Rentner sowie Versicherte zwischen dem vollendeten 16. und 20. Altersjahr, welche im Hausarztsystem waren, bezahlen in Zukunft im Krankheitsfall mindestens CHF 100 bis maximal CHF 400 mehr pro Jahr. Dieser Betrag ist aus Sicht der Regierung vertretbar, sofern es keine einkommensschwachen Personen betrifft. Betrifft es hingegen einkommensschwache Personen, dann ist über das Sozialversicherungssystem mit Ergänzungsleistungen und Zulagen auch hier ein Ausgleich gegeben. Es muss uns allen klar sein, dass schlussendlich wir selbst für die gesamten Kosten aufkommen müssen. Ob es nun über die Steuern für den Staatsanteil, über die Prämien durch uns Versicherte, über die Arbeitgeberbeiträge oder über die Beteiligung bei den Kosten erfolgt, es muss sozial ausgewogen und verträglich sein. Es soll aber die Selbstbedienungs- oder Konsumhaltung durch einen verantwortungsvollen und kritischen Umgang bei Bezug dieser Leistungen anregen. Ich bin überzeugt, dass mit dieser ausgewogenen und umfassenden Vorlage die gesteckten Ziele eines leistungsfähigen, qualitativ hochstehenden öffentlichen Gesundheitswesens mit bezahlbaren Kosten für die Zukunft erreicht werden kann und bin deshalb für Eintreten. Abg. Walter Hartmann:
Herr Präsident, meine Damen und Herren. 50 junge Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner befinden sich derzeit in Ausbildung zum Arztberuf, sind unterwegs, ihren Traumberuf zu erlernen, um ihn später auch einmal hierzulande auszuüben. Sollte dieses Gesetz in der hier vorliegenden Form am 1. Januar 2004 in Kraft treten, so wird der verehrte Herr Regierungsrat Frick diesen hoffnungsvollen jungen Menschen mitteilen müssen, dass aus ihrem Traumberuf ein Albtraum mit bösem Erwachen geworden ist. Die allerwenigsten dieser jungen Menschen werden jemals Ärzte sein und schon gar nicht in ihrer Heimat. Nicht einmal jene, deren Eltern Ärzte sind, dürfen jemals darauf hoffen, die elterliche Praxis fortzuführen. Diese 50 jungen Menschen sind Kinder, Enkel und Urenkel jener Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner, die durch Fleiss und Weitblick jene sozialen Strukturen geschaffen haben, von denen heute und in Zukunft nur noch Ausländer profitieren werden. Am reichlich gedeckten Tisch werden sich künftig nur noch Ausländer, die absolut nichts zum Aufbau unseres Sozialsystems beigetragen haben, reichlich laben. Diese 50 jungen Menschen werden von dieser Regierung mit diesem Gesetz eiskalt abserviert. Was ist das für ein Staat, der absolut nicht in der Lage ist, für seine Bürger zu sorgen? Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner, die den Arztberuf gewählt haben, können diesen im EU-Ausland nicht ausüben. Sprachbarrieren und andere protektionistische Massnahmen verhindern dies. Ähnliche Protektionen für unsere Bürger in diesem Land konnten nicht geschaffen werden. Die eigenen Bürger werden im eigenen Land diskriminiert. Dieses Gesetz kommt einem Berufsverbot für Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner gleich. Die Zulassungskriterien zu einem Kassenvertrag sind neben dem Staatsexamen und der postpromotionellen Ausbildung vor allem die Dauer der beruflichen Erfahrung sowie die Absichtserklärung des Antragstellers bzw. der Antragstellerin über die Dauer der angestrebten Konzession. Die beiden letztgenannten Kriterien schliessen alle Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner aus, denen es nicht gelungen ist, im Ausland eine Aus- und Weiterbildungsstelle zu bekommen. Wir werden also in absehbarer Zeit keine Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner im Arztberuf mehr haben, sondern nur noch Ausländer. Damit geht ein ganz wesentlicher und unschätzbarer Vorteil einer typischen ländlichen Gesundheitsversorgung verloren. Ein Liechtensteiner Arzt hat in seiner langen Lebensarbeitszeit oft viele Generationen ein und derselben Familie betreut. Es entstand so eine diagnostisch wie therapeutisch bedeutsame und hilfreiche Familienanamnese. Das ist nun mit diesem Gesetz ein für allemal Geschichte. Nun zum nächsten unerfreulichen Aspekt: Ärzten wird nach dem Willen dieses Gesetz mit Erreichen des Pensionsalters der Kassenvertrag gekündigt. Selbst wenn dies möglicherweise nur eine Kann-Bestimmung sein sollte, gehe ich davon aus, dass es dem Willen der Väter dieses Gesetzes entspricht, angesichts des hohen Druckes von aussen auf den so genannten liechtensteinischen Gesundheitsmarkt von dieser Möglichkeit rigoros Gebrauch zu machen. Das bedeutet, dass hoch erfahrene und vitale Ärzte von diesem Gesetz mit Erreichen des Pensionsalters eiskalt abserviert werden. Ungeachtet dessen, dass sie aufgrund einer langen Spezialausbildung auf eine relativ kurze Lebensarbeitszeit zurückblicken, ungeachtet dessen, dass aufgrund später Verselbstständigung und möglicherweise noch halbwüchsiger Nachkommenschaft noch bedeutende finanzielle Verpflichtungen bestehen, werden selbstständige Dienstleister mit durchaus hohem unternehmerischem Risiko ganz einfach in die Wüste geschickt und durch Ausländer mit bedeutend weniger Erfahrung ersetzt. Was ist das für ein Staat, der so mit seinen Bürgern umspringt? Die Ärzteschaft war seit jeher ein wesentlicher Teil der intellektuellen Schicht dieses Landes, unermüdlich an der sozialen, kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklung in diesem Land beteiligt. Dieses Gesetz respektiert diesen Umstand in keinster Weise. Durch die EU-Osterweiterung werden noch mehr wirtschaftsflüchtige, emigrationswillige, gut vorbereitete Ärzte in den vermeintlich goldenen Westen drängen und auf den Wartelisten für einen Kassenvertrag nicht nur hierzulande gemütlich Platz nehmen. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass EU-Ärzte gerade deswegen in unser Land drängen, weil ihnen das Schicksal ihrer potenziellen Liechtensteiner Patienten besonders am Herzen liegt oder weil bei uns die Berge besonders schön sind, sondern einzig und allein nur deswegen, weil hier ein reich gedeckter Tisch zum Platznehmen einlädt. Dieser Aspekt ist unter der speziellen Berücksichtigung der Tatsache, dass junge Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner in Zukunft keine Chance mehr haben werden, jemals im Arztberuf tätig zu sein, unmoralisch, unanständig, unsozial. Kann mir jemand erklären, wie gerade in dieser Angelegenheit die besondere Qualität oder der besondere Vorzug einer EWR-Mitgliedschaft begründet ist, oder ist gar jemand in der Lage, mir zu erklären, worin hier das Prinzip der gleich langen Spiesse erkennbar ist? Meine dauernde In-Frage-Stellung der EWR-Mitgliedschaft kann unter den gegebenen Umständen so falsch und sinnlos nicht sein. So viel zum Diskriminierungsaspekt in dieser Vorlage.Und nun zum Hausarztmodell: Sang- und klanglos beerdigt die Regierung das von der Vorgänger-Regierung geschaffene Hausarztmodell, ohne jemals durch Vorlage von fundierten Zahlen, Fakten und Erfahrungen das Scheitern dieses Modells bewiesen zu haben. Es kann halt nicht sein, was nicht sein darf. Allein die Tatsache, dass das Hausarztmodell eine Errungenschaft der Vorgänger-Regierung ist, ist Anlass genug, dieses zu beerdigen. Nur das Faktum, dass eine Errungenschaft der Vorgänger-Regierung schlechtgeredet und verunglimpft wird, bedeutet noch lange nicht, dass diese KVG-Vorlage etwas Taugliches ist. Im Gegenteil: Das Hausarztmodell würde es nach Ansicht vieler Menschen, mit denen ich gesprochen habe, verdienen, weiterentwickelt zu werden. Zweifelsohne hat das Hausarztmodell Schwächen wie alle neuen Einrichtungen. Als Nachteile gelten der kostspielige und schwerfällige Verwaltungsapparat und der für die Zulassung vorgesehen Rechtsmittelzug. Mit etwas gutem Willen, den Erfahrungen aus der Anlaufphase und mit der Untermauerung durch offenbar vorliegende Zahlen und Fakten hätte man diese Schwächen zuverlässig eliminieren können. Die Einführung des Hausarzt-modells hat viel Geld gekostet. Noch bevor sich diese Investition lohnt, wird das Hausarztmodell beseitigt. Aber auch die Einführung des neuen KVG kostet viel Geld. Offenbar scheint das niemanden zu stören. Auch nicht die Tatsache, dass mit dem Ende des Hausarztmodells eine grosse Zahl Versicherter, besonders Rentner, erheblichen und für manche Budgets deutlich spürbaren Mehrbelastungen ausgesetzt sein werden.Wie das Ressort «Gesundheit und Soziales» in der gestern oder vorgestern verteilten farbenfrohen Broschüre angibt, sind mehr als 72% aller Versicherten dem Hausarztmodell beigetreten. Im Übrigen auch mehr als 90% der Kinder. Diese nicht unerhebliche Zahl Versicherter wird ab 1.1.2004 grosse Augen machen, wenn ihnen dieses Gesetz erhöhte Kosten bescheren wird. Nur die Kinder bis zur Vollendung ihres 16. Lebensjahres bleiben künftig - wie bisher - prämienfrei. Über 16-Jährige und Rentner sind nach dem Willen des Gesetzes deutlich benachteiligt gegenüber dem heutigen Hausarztmodell und werden mit deutlich höheren Prämien zu rechnen haben. So viel vorläufig zum schon zum Tode verurteilten Hausarztmodell und der damit verbundenen individuellen Sozialunverträglichkeit in dieser Vorlage. Dieses Gesetz bevormundet die Ärzte in absolut unzulässiger Weise. Jeder Arzt legt den hippokratischen Eid ab. Dieser Eid legt die ethischen und moralischen Grundsätze für die Behandlung von Patienten fest. Zusammen mit den diagnostischen und therapeutischen Standards, die während der Ausbildung vermittelt werden, gepaart mit den eigenen diagnostischen und therapeutischen Erfahrungen, legt jeder Arzt in persönlich hoher Verantwortung die diagnostischen und therapeutischen Massnahmen- und Behandlungspläne fest. Mit welchen Arzneimitteln, mit welchen analytischen Verfahren und mit welchen technischen Hilfsmitteln das geschieht, muss letztlich in der persönlichen Entscheidungsgewalt und der Verantwortung eines Arztes verbleiben. Es kann ja wohl nicht sein, dass eine fachlich - die Betonung liegt auf «fachlich» - völlig inkompetente Regierung festlegt und darüber letztlich auch entscheidet, welche analytischen und technischen Verfahren zulässig sind und welche nicht. Es sei denn, die Regierung will einem ihr nahe stehenden Monopolisten in unzulässiger und unanständiger Weise zuarbeiten. Die Regierung masst sich in für meine Begriffe unzulässiger Weise eine Tarifkompetenz unter dem Vorwand der Wirtschaftlichkeit und Qualitätssicherung an und bringt damit zum Ausdruck, dass sie einer ganzen Berufsgruppe gegenüber Misstrauen hegt. Das unter Art. 19c vorgesehene Ausschlussverfahren und die Gründe dafür schaffen grosse Probleme, fördern amerikanische Verhältnisse, Mobbing und Denunziantentum. Und nun noch einige Bemerkungen zur Versichertenkarte: Für mich ist die Versichertenkarte im Sinne des absolut wichtigsten Aspektes des Datenschutzes abzulehen. Jeder Besitzer einer Versichertenkarte trägt diese vermutlich und wahrscheinlich permanent auf sich. Wer garantiert, dass beim Passieren einer elektronischen Datenerfassungsanlage - beispielsweise am Skilift - nicht auch persönlichste, die Gesundheit oder Krankheit betreffende Daten, abgefragt werden können? Der gläserne Mensch lässt grüssen. Dieses Gesetz ist ein Diskriminierungsgesetz - natürlich nur für Einheimische - ein Ausgrenzungsgesetz, ein unsoziales Gesetz, ein Mobbing-Gesetz, ein Bevormundungsgesetz und ein Überwachungsgesetz. Sein einziger Vorzug liegt in seiner Referendumsfähigkeit. Ich stelle den Antrag auf Nichteintreten auf diese Vorlage. Danke.Abg. Peter Lampert:
Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Unser Gesundheitswesen ist nicht mehr ganz gesund. Die Kosten sind in den letzten Jahren weiter angewachsen, obwohl hier mit verschiedenen Massnahmen probiert wurde, das Kostenwachstum in den Griff zu bekommen. Während noch vor wenigen Jahren die Rede davon war, die Kosten im Gesundheitswesen zu senken, ist sich die Regierung offenbar bewusst, dass nur noch kleine Schritte möglich sind. Sie beschränkt sich darauf, die Kosten nicht weiter ansteigen zu lassen. In Anbetracht der Erfahrung mit den nicht erfolgreichen Versuchen früherer Zeiten finde ich diese realistische Einschätzung der Lage als sehr wichtig. Diese Haltung der Regierung geht auch davon aus, dass alle ihren Beitrag zur Gesundung des Gesundheitswe-sens leisten müssten, denn nur auf diese Weise können wir den hohen Standard des Gesundheitswesens beibehalten. Ich möchte mich nicht zur Gesamtproblematik des Gesundheitswesens äussern, sondern nur zu einzelnen Aspekten der Krankenversicherung. Wir haben gesehen, dass das Gesundheitsnetz mit dem Hausarztsystem nicht ausgereicht hat, um die Kosten einzugrenzen. Folglich finde ich es richtig, wenn neue Regelungen für die Zulassung der Ärzte und eine Bedarfsplanung eingeführt werden. Ich unterstütze auch die anderen Massnahmen, die von der Regierung zur Kosteneindämmung vorgeschlagen werden. Bei all diesen Massnahmen dürfen wir aber nicht nur die Kostenseite im Auge haben, sondern auch die Versicherten, vor allem die Patienten. Die freie Arztwahl finde ich richtig. Ebenso müssen nach den bisherigen Erfahrungen gewisse Beschränkungen eingebaut werden. So sehr man verstehen kann, dass ein Kranker gern zwei oder mehrere Ärzte konsultieren möchte, um ganz sicher zu sein, was ihm fehlt, so wenig Verständnis kann man dafür aufbringen, wenn man die Kostenseite betrachtet. Ich denke, dass unsere Ärzteschaft in der Lage ist, die Sorgen und Nöte der Patienten so weit zu lindern, ohne dass deswegen Kosten entstehen, die nicht mehr finanzierbar sind. Gesundheit ist das höchste Gut, deshalb darf es auch etwas kosten. Aber wenn die steigenden Kosten die Finanzierbarkeit in Frage stellen, dann müssen die Kostensteigerungen genau analysiert werden. Die Gesundheit der Bevölkerung kann mit einem kranken oder kränkelnden Gesundheitswesen nicht garantiert werden. Insbesondere gilt es auch, an die sozial Schwächeren zu denken. Es darf nicht so weit kommen, dass reichere Leute sich Gesundheit noch leisten können und finanziell Schwächere aber nicht mehr. So wie alle, Ärzte, Versicherte, Krankenkasse, an einem Strick ziehen sollten, um ein gutes Gesundheitswesen zu garantieren, so sollten auch wir hier zu einer Lösung gelangen, von der wir mit Recht behaupten können, dass sie vor allem der Sache dient. Wir alle müssen nach der besten Lösung suchen, denn es darf nicht mehr vorkommen, dass wir schon nach zwei oder drei Jahren eingestehen müssen, dass der Weg nicht zum erhofften Ziel geführt hat. Ich bin überzeugt, dass das Massnahmenpaket der Regierung in die richtige Richtung weist und spreche mich für die Vorlage aus.Abg. Dorothee Laternser:
Danke, Herr Präsident. Es ist unbestritten, dass ein Weg gesucht werden muss, um eine weitere Kostensteigerung im Gesundheitswesen zu verhindern bzw. zu verringern. Das ist ein schwierig zu lösendes Problem. Nicht wir allein suchen nach Lösungen, sondern ebenso beschäftigen sich auch sämtliche umliegenden Länder damit. Der Schweizer Bundesrat hat gerade in den letzten Tagen eine Erhöhung von Franchisen und Kostenbeteiligungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung beschliessen müssen. Die modernen medizinischen Möglichkeiten sind für viele Patienten hilfreich, aber sie haben ihren Preis. Die Revision eines Krankenversicherungsgesetzes muss ja unter folgenden Prämissen stehen: 1. Es gilt, den hohen Standard der Medizin zum Vorteil der Patienten zu erhalten. 2. Für jeden Patienten muss der gleiche Zugang zum Gesundheitssystem gewährleistet bleiben, also keine Entwicklung in Richtung einer Zwei-Klassen-Medizin. 3. Das Ganze muss eben finanziell tragbar bleiben. Unter diesen Voraussetzungen erscheint mir der vorgelegte Bericht und Antrag nicht akzeptabel, und zwar aus folgenden Gründen: Das Hausarztsystem soll jetzt ganz abgeschafft werden, zu einem Zeitpunkt, wo es nicht wirklich oder vielleicht gerade erst in den Ansätzen beurteilt werden kann. Das Hausarztsystem trat im April 2000 in Kraft. Das erste vollständige Jahr war das Jahr 2001 und erst jetzt in den letzten Tagen wurden die Zahlen für das Jahr 2002 bekannt. Also erst jetzt kann man zwei volle Jahre vergleichen und es ist viel zu früh, dann schon zu sagen: Das Ganze ist gescheitert. Das Hausarztsystem hat sicher Kinderkrankheiten, unter anderem einen zu grossen Verwaltungsaufwand und eine nicht befriedigende Lösung für die Zulassungskommission. Aber das hätte jetzt geändert werden können. Ein entsprechender Vorschlag hatte ja auch die von der Regierung eingesetzte Arbeitsgruppe im letzten Sommer ausgearbeitet und man hatte einen Weg gefunden, dem alle Beteiligten zugestimmt hatten. Diesbezüglich möchte ich ganz kurz eingehen auf das, was der Abg. Markus Büchel am Anfang von einer Opposition des Ärztevereins sagte: In dieser Arbeitsgruppe der Regierung waren neben Regierungsvertretern, Experten und Ämtervertretern auch der Ärzteverein und der Krankenkassenverband eingebunden. Und alle gemeinsam haben der Lösung im Juli letzten Jahres zugestimmt, in der eine Optimierung des Hausarztsystems, eine Bedarfsplanung, eine Begrenzung der OKP-Möglichkeiten, eine Aufhebung des Kontrahierungszwanges usw. vorgesehen war. Aber dann hat die Regierung seit Juli 2002 einen anderen Weg mit vollständiger Abschaffung des Hausarztsystems eingeschlagen. Und da waren weder der Ärzteverein noch der Krankenkassenverband in der weiteren Arbeit involviert. Um noch einmal auf das Hausarztsystem zurückzukommen: Ich möchte nur kurz auf zwei positive Beispiele von der Schweiz verweisen. Es gibt in Winterthur ein Hausarztmodell mit 106 Hausärzten. Ich muss dazu sagen: Die Information, die ich habe, stammt aus dem Dezember 2001. Damals waren in diesem Modell 106 Hausärzte mit 30'000 Patienten. Sie hatten bei diesem Modell eine erhebliche Einsparung von 21% gegenüber den anderen Versicherungsmodellen. Und eine neuere Aussage vom Oktober 2002: Es gibt in der Stadt Zürich ein Hausärztenetzwerk mit 180 Ärzten und 6'000 Versicherten. Dort liegen die Einsparungen bei 20 bis 30% - verglichen mit den konventionellen Modellen. Das nur grundsätzlich zum Hausarztsystem. Dass die Zahl der Ärzte in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung mit einer entsprechenden Bedarfsplanung begrenzt werden muss ist selbstverständlich von niemandem bestritten. Aber für mich nicht nachvollziehbar ist, warum man dabei nicht das Hausarztsystem als Ausgangsbasis mit 52 zugelassenen Ärzten wählte. Die bisher schon bestehende Bedarfsplanung im Gesundheitsnetz Liechtenstein, also im Hausarztsystem, hätte weitergeführt werden können und junge Liechtensteiner Ärzte in Ausbildung hätten nun dann auch eine wirkliche Chance gehabt. Jetzt soll der OKP-Bereich auf sämtliche Konzessionsträger ausgedehnt werden, so sieht es die Regierung vor: auf 69 Konzessionen. Und damit ist auf viele Jahre hinaus der Bedarf gedeckt. Das heisst, es besteht für liechtensteinische Mediziner, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben, faktisch ein Berufsverbot hier im Lande. Anstatt die vorhandenen Instrumente des Hausarztsystems zu optimieren, zum Beispiel die Instrumente zur Kostenbegrenzung - und die sind durchaus vorhanden - anstatt den Verwaltungsaufwand zu straffen, soll nun ein ganz neues System eingeführt werden, das wie jede grundsätzliche Umwälzung natürlich neuen Aufwand und neue erhebliche Kosten zu seiner Einführung mit sich bringen wird. Das ist nicht akzeptabel. Im Zentrum der vorgeschlagenen Lösung steht die Aufhebung des Kontrahierungszwanges in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Eine Frage stellt sich da am Rande, aber doch grundsätzlich an die Regierung: Wie stehen die schweizerischen Versicherer zu einer solchen einseitigen Aufhebung des Kontrahierungszwanges von Seiten Liechtensteins? Wie wird die Schweiz darauf reagieren? Ich möchte nur hinweisen, dass es ja eine Vereinbarung der Gegenseitigkeit zwischen der Eidgenossenschaft und Liechtenstein aus dem Jahr 1939 gibt, die bis heute gelebte Praxis ist. Was bedeutet das also für schweizerische Patienten, die hier im Land von Ärzten, von Praxen bzw. vom Spital Vaduz behandelt werden? Wie werden die schweizerischen Versicherungen darauf reagieren? Soll nun das Hausarztsystem wirklich einfach aufgehoben werden, so bedeutet das für die Versicherten eine ganze Reihe von Erschwernissen, von erheblichen finanziellen Mehrbelastungen, die in den Verlautbarungen der Regierung nicht so deutlich und in ihrer Vollständigkeit zum Ausdruck kommen. Deshalb möchte ich sie doch kurz aufführen: Die Vergünstigungen des Hausarztsystems sollen für die mehr als 72% der erwachsenen Versicherten wegfallen, das heisst, von nun an für diese mehr als 72% keine 10-prozentige Prämienreduktion mehr in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Gleichzeitig haben diese rund drei Viertel der versicherten Erwachsenen in Zukunft eine Verdoppelung von Franchise und Kostenbeteiligung in Kauf zu nehmen. Bisher hatten sie eine halbe Kostenbeteiligung und Franchise, jetzt eine vollständige Franchise. Das heisst, statt maximal CHF 400 im Jahr können es jetzt maximal CHF 800 im Jahr für die Beteiligten sein. Für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre sollen zwar weiterhin keine Kosten in der OKP anfallen, aber da bisher schon 95% der bis 16-Jährigen im Hausarztsystem waren, ist das für fast alle Familien kein Vorteil. Es heisst einfach für die Kinder im Grossen und Ganzen oder für fast alle «wie gehabt» und die Eltern zahlen erheblich mehr für dieselbe Leistung. Der nächste Punkt: Im Hausarztsystem haben bisher Jugendliche zwischen 16 und 20 Jahren sowie Senioren keine Kostenbeteiligung zu entrichten gehabt. Mit der Auflösung des Systems werden also beide Gruppen ebenso neben der 10-prozentigen Prämienerhöhung auch eine halbe Kostenbeteiligung zu entrichten haben, das heisst, sie werden von nun an bis zu CHF 400 pro Jahr bezahlen müssen. Unter dem Strich heisst das für alle bisher im Hausarztsystem Versicherten ab 16 Jahren für die gleiche Leistung deutlich mehr zu zahlen. Ein weiterer Nachteil ist das vorgesehene System auch für alle Patienten, und das trifft vor allem viele ältere Mitbürger, die ihren Hausarzt oft schon seit Jahrzehnten im benachbarten Ausland haben und bisher dafür nur eine geringfügig höhere Prämie zu zahlen hatten. In Zukunft müssten sie ihre Rechnungen, wenn sie den Arzt nicht wechseln wollen, selbst bezahlen, können von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung dann 50% der dort gültigen Prämie zurückfordern und die restliche Summe müssen sie entweder selbst bezahlen oder sie müssen eine Zusatzversicherung abschliessen. Das bedeutet für viele, wie gesagt vor allem betagte Mitbürger, entweder eine unzumutbare finanzielle Mehrbelastung oder einen Arztwechsel im hohen Alter und bei jahrzehntelangem Vertrauensverhältnis zu diesem betreuenden Arzt. Beides ist klar abzulehnen.
Um noch einmal auf die Möglichkeit oder Notwendigkeit einer Zusatzversicherung grundsätzlich zu kommen: Es ist ja vorgesehen, dass jeder Patient, der nicht zu einem Arzt im OKP-Bereich geht, in Zukunft die Rechnung direkt vom Arzt gestellt bekommt, 50% davon dann bezogen auf die Tarife des OKP zurückerstattet bekommt und den Rest selbst bezahlen muss oder eine Zusatzversicherung abschliessen muss. Die Versicherer sollen verpflichtet werden, jeden in diese Zusatzversicherung aufzunehmen. Und da ist nun die entscheidende Frage natürlich die Höhe der Zusatzprämie. Diese Höhe der Zusatzprämie wird entscheidend für das Funktionieren des ganzen Systems sein. Ist die Prämie relativ nieder, sodass sie für den Grossteil der Bevölkerung erschwinglich ist, so wird selbstverständlich fast jeder diese Prämie abschliessen und es besteht keine Notwendigkeit mehr für die Ärzte, im OKP-Bereich zu sein. Das heisst, die Begrenzung der Ärztezahl ist damit unterlaufen. Wird die Prämie aber recht hoch angesetzt, so wird die freie Arztwahl des Patienten in Frage gestellt, denn eine hohe Zusatzprämie kann sich sicher dann nur noch ein Teil der Bevölkerung leisten. Damit wird also die freie Arztwahl der Patienten in Frage gestellt und es ist ein erster Schritt in eine Zwei-Klassen-Medizin im Gesundheitswesen.
Ausserdem: Im OKP-Bereich strebt die Regierung weitere Eingriffsmöglichkeiten an im Hinblick zum Beispiel auf Laborleistungen in den Arztpraxen der OKP-Ärzte. Bei den Ärzten ausserhalb dieses Bereiches ist dies nicht der Fall. Das ist ein weiterer Schritt im Hinblick auf eine Zwei-Klassen-Medizin. Ich muss nochmals Fazit ziehen aus all diesen Nachteilen für den Patienten: Für den Patienten ist einfach für gleiche Leistung oder teilweise sogar reduzierte Möglichkeiten mehr zu bezahlen. Was im Bericht und Antrag fehlt sind wirkliche Instrumente zur sinnvollen Kostenbegrenzung. Es werden Ideen und Vorstellungen beschrieben, aber nicht umgesetzt. Was wirklich notwendig wäre, wären ein Qualitätsmanagement, Behandlungsrichtlinien, Qualitätsstandards, Fallmanagements, um überflüssige Behandlungen zu vermeiden. Das wäre zum Vorteil der Patienten und hier wäre wirklich ein Einsparungspotenzial vorhanden. Die Ärzteschaft wäre bereit, das mitzutragen. Eine konkrete Umsetzung dieses Ziels fehlt leider in der Vorlage. Der nächste Punkte ist die Versichertenkarte, die auch schon angesprochen wurde: Grundsätzlich ist sie natürlich sinnvoll, aber die Einführung ist mit erheblichen Problemen verbunden. Es soll ja so sein, dass der Versicherer jedem, der bei ihm versichert ist, eine Karte zur Verfügung stellt mit allen Daten, die dann bei jedem Arztbesuch, bei jeder Leistungsinanspruchnahme eingesetzt werden kann und auf der jede Leistung registriert werden soll. Aber, wie gesagt: Die Einführung einer solchen Karte ist nicht unproblematisch. Das sehen wir in der Schweiz. Dort wird seit Jahren daran gearbeitet. Bisher konnte aber diese Gesundheitskarte wegen diverser ungelöster Probleme nicht eingeführt werden. Zum Beispiel sind es Fragen des Datenschutzes, Fragen einer sinnvollen EDV-Lösung, Fragen der Identifikation. Des Weiteren wird auch in EU-Staaten über die Einführung einer solchen Karte diskutiert bzw. man ist schon relativ weit in der Entwicklung dieser Dinge. Es soll etappenweise geschehen, voraussichtlich beginnend 2004. Das alles lässt nur den Schluss zu, dass es keinen Sinn macht, für hohe Kosten jetzt eine eigene Lösung einzuführen, auch wenn - wie der Herr Regierungsrat gestern sagte - wir uns ein oder zwei Schweizer Kantonen anschliessen könnten. Eine Insellösung ist nicht zielführend. Sie verursacht unnötige Kosten bei der Einführung und weitere Kosten würden anfallen, wenn später dann unsere Lösung an die schweizerische Lösung oder an die der EU angepasst werden müsste. Sinnvoll wäre es, das Projekt aufzuschieben, bis zumindest die Schweiz so weit ist. Einen letzten Punkt möchte ich noch aufführen - auch dieser Punkt wurde bereits angesprochen: Es ist einfach nicht akzeptabel, dass Ärzte mit dem Erreichen des 64. Lebensjahres keinen Anspruch mehr haben sollen auf Abschluss oder Verlängerung eines Vertrages mit dem Krankenkassenverband. Das widerspricht jeglichem Gedanken einer selbstständigen Tätigkeit und es ist auch von Nachteil für Patienten, die in vielen Fällen vom grossen Erfahrungsschatz älterer Ärzte profitieren können.Das sind für mich die wesentlichen Punkte des vorliegenden Gesetzesentwurfes. Es gäbe noch eine Reihe kleinerer zu erwähnen, auf die ich jetzt verzichten möchte. Zusammenfassend kann ich mich nur dem Votum des Abg. Walter Hartmann anschliessen und auf Nichteintreten plädieren. Danke.Abg. Paul Vogt:
Ich kann mich über weite Teile dem Votum der Abg. Dorothee Laternser anschliessen, allerdings mit einigen vereinzelten «Spicks» gegen die Ärzteschaft und mit einem anderen Ergebnis. Deshalb fange ich gleich mit dem Ergebnis an: Ich bin dafür, dass wir die 1. Lesung durchführen und dann eine Landtagskommission bilden, die diese Gesetzesvorlage überarbeitet, und zwar unter Beibehaltung des Hausarztsystems. Ich stelle den entsprechenden Antrag. Ich möchte das begründen: Nach Auffassung der Regierung ist das Hausarztsystem gescheitert. Die Regierung macht sich aber nicht die Mühe, sich mit den bereits vorhandenen Zahlen auseinander zu setzen. Die Regierung hat keine Evaluation vorgenommen, sondern sich auf eine allgemeine Beschreibung der vermuteten oder auch tatsächlichen Mängel beschränkt. Die tiefgreifende Analyse fehlt. Nach meiner Auffassung stand das Ziel, die Abschaffung des Hausarztsystems, schon zu Beginn der Arbeit fest. Ganz anders sieht das die SanaCare, die gerade erst ihre Auswertung des letzten Jahres publiziert hat. Die SanaCare kommt zu folgendem Ergebnis - ich zitiere: «Alles in allem ist das Ergebnis positiv und soll Ansporn für weitere Aktivitäten in dieser Richtung sein». Die SanaCare hat eine Steigerung der gesamten Kosten im Gesundheitsnetz von 5,4% festgestellt. Das ist, wie wir alle wissen, bedeutend weniger als im stationären Bereich. Wie viel die Arztkosten allein zugenommen haben, das geht aus dem Bericht der SanaCare nicht hervor. Aber wenn man weiss, dass eben bei der Gesamtkostensteigerung auch die Medikamente inbegriffen sind, die sich offenbar um 25% verteuert haben, dann sind die Angaben des Ärztevereins, der sich offenbar auf das Amt für Statistik beruft, nicht ganz unglaubwürdig oder nicht ganz daneben, dass die Arztleistungen um 2,5% billiger wurden. Diese Zahl - minus 2,5% - ist allerdings unsicher und wäre zu überprüfen. Aber alles in allem steht als Ergebnis fest, dass sich die Gesundheitskosten im Gesundheitsnetz nicht übermässig verteuert haben, sondern dass der Abschluss relativ gut ist. Es zeigen sich erste Erfolge mit dem Gesundheitsnetz und ich denke, deshalb muss man auch versuchen, dieses Gesetz zu verbessern. Die Mängel sind bekannt. Es ist einmal ein relativ grosser Verwaltungsaufwand entstanden. Und was vor allem fehlt: Das sind die die Kontrollen in verschiedenen Bereichen. Ich glaube, man darf auch feststellen, dass das Hausarztsystem von den Patienten ausgezeichnet akzeptiert wurde. In der Broschüre der Regierung heisst es, dass mehr als 72% dem Hausarztsystem beigetreten sind. Bei der Auswertung der SanaCare habe ich die Zahl 87,4% gelesen, das sind auch mehr als 72%. Also, insofern decken sich die Angaben der Regierung und der SanaCare. Dann zur Haltung der Ärzte: Ich glaube, auch da darf man feststellen, dass zumindest die Hausärzte mehrheitlich das Gesundheitsnetz unterstützen und es auch beibehalten würden. Überrascht sind, glaube ich, alle Landtagsabgeordneten gewesen, dass sich die Expertenkommission, die die Vernehmlassungsvorlage ausgearbeitet hat, ganz klar für die Beibehaltung des Hausarztsystems ausgesprochen und vorgeschlagen hat, die erkannten Mängel zu beseitigen und die Regierung nun zu einem anderen Ergebnis gekommen ist. Wieso wird nicht begründet. Ich denke, dass sich die Regierung hier auf einzelne Experten oder eben auf eine vorgefasste politische Meinung abgestützt hat. Ich möchte auch darauf verweisen, dass in der Schweiz das Hausarztsystem weiter ausgebaut wird. Gesundheitsnetze werden dort aufgebaut, weil sie eben auch tatsächlich zu einer Reduktion der Kosten führen. Die Regierung hingegen will, obwohl eine fünfjährige Versuchsphase vorgesehen war, das Hausarztsystem nach zwei Jahren abschaffen und wiederum einen radikalen Systemwechsel vornehmen. Ganz zu bedauern ist natürlich, dass zwar Daten über das Funktionieren des Hausarztsystems vorhanden sind, dass diese aber nicht öffentlich sind. Ich komme nun zu einigen Punkten, die ich besonders herausgreifen möchte: Ein Punkt ist natürlich - und der wurde bislang nicht andiskutiert - das Arzteinkommen. Die liechtensteinischen Ärzte verdienen zweifellos sehr gut, vor allem auch im europäischen Vergleich. Die Höhe der Ärzteeinkommen wurde nirgends beziffert. Ich möchte den Regierungsrat fragen: Haben Sie dazu Zahlen? Was verdienen liechtensteinische Ärzte im Durchschnitt? Und wie gross ist die Spannweite? Ich denke, das ist für die weitere Diskussion durchaus interessant. Es geht mir keineswegs darum, die Ärzte als Sündenböcke bei der Teuerung darzustellen. Unsere Ärzte sind auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft und versuchen natürlich auch, das beste aus der Situation zu machen. Zweifellos muss man davon ausgehen, dass es Ärzte gibt, die die Möglichkeiten, die unser Gesundheitswesen bietet, überstrapazieren. Im Hinblick darauf ist es auch wichtig, diese Arzteinkommen abschätzen zu können. Wichtig ist das natürlich auch im Hinblick darauf, dass Liechtenstein für ausländische Ärzte wegen dieser hohen Arzteinkommen interessant ist. In Europa gibt es riesige Unterschiede bei den Arzteinkommen. Es gibt Gebiete - auch in Deutschland -, wo eine Unterversorgung mit Ärzten vorhanden ist. Es gibt andere Gebiete, in denen eine klare Überversorgung vorhanden ist. Und dass sich das nicht ausgleicht, erklärt sich eben dadurch, dass die Ärzteeinkommen sehr unterschiedlich sind. Ich komme zu weiteren Mängeln: Der Hauptmangel besteht im bisherigen System sicher darin, dass die Einhaltung der Tarife nicht kontrolliert wurde. Die Tarife in Liechtenstein - und das ist ein Systemfehler - sind oft zu wenig eindeutig formuliert, sie sind interpretierbar, die Ärzte können, wenn sie wollen, oft Einzelleistungen oder Einzelpositionen zusammenzählen, ohne dass das wirklich kontrolliert wird. Ich denke, dass es auf diesem Hintergrund sehr wichtig ist, dass Quervergleiche angestellt werden. Wir brauchen Kontrollmechanismen, die entwickelt werden müssen in verschiedener Hinsicht und in verschiedener Richtung. Einmal brauchen wir Patientenorganisationen. Dann müssen wir die Kontrollmechanismen bei den Krankenkassen und beim LVK verbessern. Und schliesslich muss man auch an so etwas wie eine blaue Kommission denken, die aus Fachexperten besteht, die auch beurteilen können, welche Leistungen und Medikamente notwendig sind bzw. welche Medikamente eben aus reiner Gewinnabsicht verordnet wurden. Und wenn dann eben solche Überversorgungen festgestellt werden, dann müssen die betreffenden Ärzte auch zur Rechenschaft gezogen werden. Dann muss auch erwartet werden, dass sie an die Krankenkassen zu Unrecht bezogene Beiträge auch zurückerstatten. Ich meine, das sollte nicht erst ab 2008 möglich sein, sondern das sollte sehr viel rascher realisiert werden können. An und für sich bestehen bereits heute die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen. Schliesslich bin ich der Meinung, dass man auch in Liechtenstein den schweizerischen Tarif, den bereits erwähnten TarMed, übernehmen sollte. Dort sind die Leistungen billiger und dort sind die Leistungen auch klarer definiert. Man muss mehr von Fallpauschalen ausgehen. Ich denke, damit kann ein wesentlicher Beitrag zur Kosteneindämmung geleistet werden. Nun zur Frage: Ist das neue System, das von der Regierung propagiert wird, wirklich besser? Mir gefällt schon der Grundgedanke nicht. Er geht davon aus, dass man mehr staatliche Eingriffe und Regelungen vornehmen soll, dass man den Ärzten weniger Freiheit geben will. Man hat ein gewisses Misstrauen in die Ärzte, das in Einzelfällen angebracht ist, aber sicher nicht in einer allgemeinen Form. Dem Patienten bringt es nur scheinbar mehr Freiheiten. Tatsächlich wird vor allem auch der Verwaltungsaufwand nicht kleiner. Aus diesen Gründen haben Praktiker grosse Zweifel am Funktionieren des neuen Systems und sehen keine wirklichen Kostenersparungen.Zum Thema Versichertenkarte: Die Abg. Laternser hat bereits erwähnt, dass dies ein sehr strittiger Punkt ist. Die Versichertenkarte wurde noch nirgends realisiert. Es gibt sehr viele praktische, technische und auch rechtliche Fragen, die noch nicht gelöst wurden. Ich möchte das nicht mehr wiederholen, was sie gesagt hat. Das Fazit ist - ähnlich wie die Abg. Laternser das auch gesagt hat: Liechtenstein darf nicht versuchen, hier eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Die Gefahr, dass hier falsch disponiert wird, ist sehr gross und nicht wegzudiskutieren. Vor allem aber sehe ich bei der Versichertenkarte auch die Gefahr, dass, wenn Liechtenstein dies im Alleingang einführt, dass wir dann Probleme bekommen mit den Grenzärzten. Und auch hier sei wieder an den Vertrag von 1886 über die gegenseitige Zulassung von Medizinalpersonen im Grenzbereich erinnert. Wir koppeln uns mit dieser Versichertenkarte, so lange die Schweiz kein ähnliches System einführt, von der Schweiz ab. Und das kann nicht Ziel der Gesundheitsreform sein. Schwierig ist auch die Definition des Krankheitsfalls. Was ist ein Krankheitsfall? Ärzte weisen darauf hin, dass ein Krankheitsfall in der Praxis nicht so definiert werden kann, dass eine Kontrolle über eine Versichertenkarte erfolgen kann. Der Computer lässt sich in diesen Fragen relativ leicht überlisten. Die Patienten klagen häufig über verschiedene Symptome, die in einer Gesamtbetrachtung oder dann eben auch als einzelne Krankheitsfälle angegangen werden können. Wenn also einer über Kopfweh und Nackenschmerzen klagt, dann kann das sein, dass er beim einen Arzt eben wegen Kopfschmerzen behandelt wird und beim anderen Arzt wegen Nackenschmerzen. Es können dann zwei Krankheitsfälle sein und niemand betrachtet den Patienten als ganzen Menschen. Dann aber auch die Frage: Wer kontrolliert diese Krankheitsfälle und mit welchem Aufwand? Das geht aus der Gesetzesvorlage nicht hervor. Ein weiteres Problem ist die Gefahr des «Doctor shopping»: Diese Gefahr nimmt zu. Der Patient kann ohne Begründung die Behandlung bei einem Arzt abbrechen und zum nächsten Arzt gehen. Die Rolle des Hausarztes - und das ist ja die wesentliche Funktion des Hausarztes im Gesundheitsnetz - als Berater, als Koordinator, als Vertrauensperson, die den Patienten berät, die fällt weg - oder um es Englisch auszudrücken: Die Rolle des Gatekeepers ist nicht mehr vorhanden. Und das war ja das wesentliche Element, auf dem man die Kostenbeschränkung aufbauen wollte. Mit dem Wegfall des Hausarztes fällt auch ein wichtiger Kontrollmechanismus weg. Es ist niemand mehr da, der die Verantwortung übernimmt, dass die Massnahmen im Krankheitsfall koordiniert werden und damit auch die Kostensteigerung in den Griff bekommen wird. Ein weiterer Aspekt, der auch schon mehrfach erwähnt worden ist, ist die Zusatzversicherung, und zwar vor allem die Höhe der Zusatzversicherung. Aufgrund der Zusatzversicherung wird ja erst die freie Arztwahl möglich. Dazu fehlen konkrete Angaben im Bericht. Es ist mir nur mit Mühe gelungen, entsprechende ungefähre Angaben von den Experten herauszukitzeln. Sie gaben sich sehr bedeckt, obwohl offenbar bestimmte Vorstellungen über die Höhe einer solchen Zusatzversicherung diskutiert wurden und auch bestehen. Ich frage daher Herrn Regierungsrat Frick: Von welcher Höhe geht die Regierung aus? Was glaubt die Regierung, wie hoch die Zusatzversicherungen kommen werden? Das Dilemma ist klar. Ist die Zusatzversicherung günstig - was die Patienten auch wollen - dann werden sehr viele Patienten diese Zusatzversicherung abschliessen, dann fällt aber auch das System in sich zusammen. Die Wahl- oder Privatärzte sind in der Tarifgestaltung frei. Bei günstigen Zusatzversicherungen werden die Gesundheitskosten weiter ansteigen. Bei teuren Zusatzversicherungen hingegen erhalten wir eine Zwei-Klassen-Medizin. Nur die gut Verdienenden werden sich diese Zusatzversicherung leisten können und nur sie werden damit die freie Arztwahl haben. Die Übrigen sind dann auf die Kassenärzte beschränkt und fühlen sich benachteiligt. Zweifellos haben sie auch einen gewissen Grund dazu, sich benachteiligt zu fühlen, denn Privatärzte werden sich in der Praxis sehr viel teurere Apparate leisten können, sie werden in der Praxis eine bessere Versorgung und bessere Leistungen anbieten, und damit haben dann die anderen eben auch einen Grund, sich benachteiligt zu fühlen. Die Erfahrungsberichte und die Kritik aus Deutschland und Österreich zeigen im Übrigen, dass das Kassenarztsystem keineswegs so gut funktioniert, wie es die Regierung uns in unkritischer Weise glauben machen möchte. Für die Mehrheit der Kassenärzte in Deutschland und Österreich ist das System wenig attraktiv. Ich komme nun auch noch auf die Frage der grenzüberschreitenden Tätigkeit zu sprechen: Seit 1886 können Liechtensteiner Ärzte ihren Beruf in der Schweiz zu gleichen Bedingungen ausüben wie in Liechtenstein und umgekehrt. Viele Liechtensteiner haben einen Vertrauensarzt in der Schweiz gewählt und befürchten jetzt, dass sie diesen wechseln müssen. Ich habe in Gesprächen mit Mitbürgern immer wieder diese Ängste gehört. Auf die Aufhebung des Kontrahierungszwangs in diesem Zusammenhang ist die Abg. Laternser ebenfalls eingegangen. Ich weiss auch nicht, wie dies weiterhin funktionieren wird. Umgekehrt haben aber auch liechtensteinische Ärzte einen relativ grossen Patientenanteil aus der Schweiz, nämlich bis zu 40%. Auch diese Ärzte befürchten nun, dass sich die Schweiz in ähnlicher Weise von Liechtenstein abriegeln könnte, wie das Liechtenstein offenbar tun will.Auf diesem Hintergrund argumentieren nun viele Liechtensteiner Ärzte, dass man im Gesundheitsmarkt vermehrt regional denken müsse und sich nicht von der Schweiz abschotten dürfe. Das sei ein falsch verstandener Heimatschutz. Gerade auch für junge liechtensteinische Ärzte und Ärztinnen ist es wichtig, dass sie im regionalen Markt eine Chance haben. Wenn wir uns abschotten, dann schiessen wir ein Eigentor. Ich meine, es ist wichtig, dass wir auch in diesem Bereich die Grenzen offen halten. Im Übrigen möchte ich auch darauf hinweisen, dass das Hausarztsystem in Bezug auf die Zulassung von EWR-Ärzten in der Praxis besser funktioniert hat, als die Regierung das wahrhaben will. Ich habe schon gestern darauf hingewiesen, dass nach meiner persönlichen Sichtweise lediglich 12 EWR-Ärzte zugezogen sind respektive eine Bewilligung erhalten haben. Einzelne dieser Ärzte waren seit vielen Jahren vorher schon in Liechtenstein ansässig. Andere Ärzte aus dem EWR arbeiten hier nur in Teilzeit. Sie haben im Ausland eine zweite Praxis, haben hier - zum Beispiel Schönheitschirurgen - ein Büro, aber sie sind nicht wirklich in dem Sinn hier tätig, dass sie einen wichtigen Bestandteil in unserem Gesundheitsnetz sind. In der Praxis hat der Schutz für liechtensteinische Ärzte einigermassen funktioniert, jedenfalls besser, als man das wahrhaben will. Er hat wahrscheinlich etwa in ähnlicher Weise funktioniert wie er in Vorarlberg auch funktioniert. Im Übrigen darf man durchaus auch die Frage stellen, ob denn dieser Heimatschutz auch immer im Interesse der Patienten ist. Ich glaube, man muss auch anerkennen, dass einzelne der zugezogenen EWR-Ärzte sehr gut qualifizierte Ärzte sind und bei den Patienten sehr gut ankommen. Wir sollten also diese EWR-Ärzte nicht verteufeln. Nun ein Wort zu den Sparpotenzialen: Ich denke, es ist richtig, dass man die Ärzte und ihre Leistungen unter die Lupe nimmt, aber immer ohne sie zu verteufeln. Man muss dort ansetzen, wo es nötig ist. Ich sehe aber auch ein Sparpotenzial bei den Krankenkassen. Die Situation dort ist keineswegs ideal. Wir haben nicht einen wirklich funktionierenden Markt bei den Krankenkassen. 71% der Versicherten sind bei der Konkordia, 24% bei der Freiwilligen Krankenkasse Balzers, 4% bei der Intras und 1% bei der SWICA. Damit haben wir nicht einen wirklich funktionierenden Markt, sondern eine fast schon monopolähnliche Situation. Dazu kommt, dass die Versicherten sehr misstrauisch sind, dass sie befürchten, dass einzelne Krankenkassen noch eingehen könnten. Und das verstärkt wiederum die monopolähnliche Situation. Die Freie Liste hat sich seit langem für eine Einheitskrankenkasse ausgesprochen. Ich denke, wenn man das realistisch betrachtet, dann besteht bei einer Einheitskrankenkasse ein Rationalisierungs- und damit auch ein Sparpotenzial. Ich spreche mich nach wie vor für diese Lösung aus. Da dies im Moment aber wenig realistisch erscheint, denke ich, muss man vor allem die Krankenkassen dazu drängen, eine wirklich professionelle Kontrolle der Leistungen einzuführen. Man muss prüfen, ob die erbrachten Leistungen und die verabreichten Medikamente notwendig sind. Man muss bereit sein und den politischen Willen aufbringen, Missbräuche zu bekämpfen. Es ist ja so, dass die schwarzen Schafe seit Jahren bekannt sind. Jeder Arzt im Gesundheitsnetz erhält von der SanaCare jährlich eine statistische Auswertung, aus der er herauslesen kann, welche Kosten in den verschiedenen Sparten jeder einzelne Arzt erbracht hat, wobei für den einzelnen Arzt nur eine Nummer steht. Man kann damit also nicht den Namen identifizieren, man kann aber feststellen, was die durchschnittlichen Leistungen gekostet haben in Bezug auf Medikamente, stationäre Versorgung etc., und jeder einzelne Arzt weiss, wie er im Vergleich zu den anderen Ärzten steht. Diese statistischen Daten bieten eine sehr gute Grundlage, um solche Kontrollen einzuführen. Der moralische Appell, die Vergleichsmöglichkeit, die mit diesen Statistiken geschaffen wird, genügt aber offenbar noch nicht. Ich denke, dass es auch wichtig wäre, dem Krankenkassenverband zu verstehen zu geben, dass der politische Wille für eine solche Kontrolle vorhanden ist und er sich dieses Problems annehmen soll. Die Praktiker sehen mit der Durchführung von solchen Kontrollen ein Sparpotenzial von mindestens 20%. Ich komme nun am Schluss noch auf die Sicht der Patienten zu sprechen: Die Krankenkassenprämien steigen und im Gleichschritt damit steigen auch die Ansprüche der Patienten. Sie müssen immer mehr bezahlen und wollen daher auch mehr Leistungen. Diese Einstellung ist begreiflich. Sie stellen keine Kostenüberlegungen an, sondern verhalten sich wie Konsumenten, die für mehr Geld auch mehr Leistung wollen. Es ist sicher angebracht, hier auch an das Verantwortungsbewusstsein der Patienten zu appellieren. Dieses Verantwortungsbewusstsein zu fördern sollte auch ein integrierender Bestandteil dieser Gesundheitsreform sein. Ich denke, dass das Hausarztsystem ein tauglicher Versuch ist, für die Patienten einen kompetenten Ansprechpartner einzuschalten, der den Patienten berät, der eine verantwortungsvolle Funktion übernimmt und ihm ermöglicht, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Die meisten Patienten, die den Arzt aufsuchen, machen das - aus medizinischer Sicht gesehen - aus so genannten Bagatellfällen. Natürlich ist jeder Kranke der Überzeugung - oder jedenfalls viele davon -, dass er ein schwerwiegender Fall ist. Aber Ärzte haben mir gesagt, dass etwa 80% der Patienten, die den Arzt aufsuchen, wegen so genannten Bagatellfällen zum Arzt gehen. Und ich denke, hier sollte man auch ein bisschen Ursachenforschung betreiben. Unter dem Strich wird die Abschaffung des Gesundheitsnetzes aber zur Rückkehr zum «Doctor shopping» führen, sofern die Zusatzversicherung bezahlbar ist. Die Abschaffung des Gesundheitsnetzes verspricht dem Patienten nur scheinbar mehr Freiheit. Ich befürchte, dass sie in der Praxis den Patienten unsicherer machen wird, weil er schlechter beraten wird. Der Patient wird vermehrt Spezialärzte aufsuchen und das wird wiederum zu einer Verteuerung im Gesundheitswesen führen. Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass das Gesundheitsnetz wesentlich besser funktioniert, als es von der Regierung dargestellt wird. Die vorliegenden Zahlen zeigen, dass Anfangserfolge zu verbuchen sind. Die Analysen zeigen aber auch, dass Verbesserungspotenziale vorhanden sind, die auch genutzt werden sollten. Eine Abkehr vom Gesundheitsnetz bringt einen Systemwechsel, der mit grossen Risiken verbunden ist. Der Erfolg ist sehr unsicher.Abg. Peter Sprenger:
Herr Präsident, Damen und Herren Kollegen. «Es kreiste der Berg und gebar eine Maus» - ist man versucht in Anlehnung an Dichterworte zu sagen, wenn man sich in diese Vorlage vertieft. Es wurde von den Vorrednern viel Gescheites gesagt. Ich beschränke mich auf vier Hauptgründe, teilweise in Wiederholung, weshalb ich ebenfalls für Nichteintreten auf diese Vorlage votiere: Ein erster Hauptgrund ist: Diese Novelle hat keinen oder praktisch keinen Einfluss auf die Kostenproblematik. Die Ärzte stellen die Effizienz dieser Novelle grundsätzlich in Frage in diesem Zusammenhang. Patienten und Ärzte haben Ansprüche. Beide sind nicht dazu angetan, kostendämpfend zu wirken. Dann wurde auch schon vom Kollegen Büchel Markus gesagt: Demographische Gründe sprechen einfach auch dagegen, denn es ist eine nicht wegzudiskutierende Tatsache, dass die Bevölkerung mit praktisch jedem Jahr durchschnittlich ein paar Monate älter wird. Das alleine, also das Verfehlen des zentralsten Anliegens einer jeden KVG-Novelle, nämlich die Kostendämpfung, ist Grund genug, auf diese Vorlage nicht einzutreten. Ein zweiter Hauptgrund, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist, dass die Beteiligten, das heisst, die Leistungserbringer und die Krankenkassen in der entscheidenden Phase nicht in die Beratungen mit einbezogen wurden. Ein Gesetz, das vor allem von den Ärzten nicht mitgetragen wird, trägt den Keim des Scheiterns in sich. Man wird mir wieder vorwerfen, ich komme mit der alten Leier: Aber die Bündelung der Kräfte scheint einmal mehr nicht gespielt zu haben. Ich meine, dass dies besonders schwer wiegt, denn die Ärzteschaft war mehrheitlich - die Kollegin Laternser hat das ausgeführt - war grossmehrheitlich für eine Optimierung des Hausarztmodells. Es gab im Juni vergangenen Jahres einen ersten Entwurf der Arbeitsgruppe. Weil diese eine sehr grosse Beteiligung hatte - man kann das auf Seite 18 der Vorlage nachlesen, wer dort alles mitgearbeitet hat - der sah eben eine Optimierung des Hausarztmodells vor. Es ist sehr bedauerlich, dass hier diese ursprüngliche Absicht aufgegeben wurde. Ich werde ganz offen gesprochen auch den Verdacht nicht los, dass hier politische Motive zu diesem Umschwung geführt haben. Das ist äusserst bedenklich und ich habe in diesem Zusammenhang grosses Verständnis, dass bei diesem unsensiblen Vorgehen die Ärzte sich organisieren, sich brüskiert fühlen und auch Widerstand leisten.Der dritte Hauptgrund ist derjenige, den der Kollege Hartmann in den Vordergrund gestellt hat: Das ist das De-facto-Berufsverbot für zirka 50 Nachwuchsmediziner mit liechtensteinischer Staatsbürgerschaft. Meine geschätzte Damen und Herren: Das ist ein schreckliches Verdikt für junge Mediziner, ein langes, langes Studium hinter sich zu bringen und dann vor dem Scherbenhaufen des Nichtausübens ihres Traumberufes stehen zu müssen. Der vierte und letzte Grund ist die auch schon erwähnte sang- und klanglose Abschaffung des Hausarztmodells: Es wurde von der Kollegin Laternser gesagt, dass, wenn man beim Hausarztmodell bleibt, man bei den 51 derzeitigen Konzessionen bleiben kann. Wenn man Ihrem Modell den Vorzug gibt, wird man schlagartig auf 69 hochschnellen. Das sind einfach zirka 20 Konzessionen, die für die besagten liechtensteinischen Mediziner irgendwo reserviert werden könnten. Dann ist mir auch zu Ohren gekommen, dass die Aufforderung der Regierung, die offiziellen Zahlen des Amtes für Volkswirtschaft nicht zu gebrauchen, den Ärzten ins Stammbuch geschrieben wurde. Andererseits verwendet die Regierung dieselben Zahlen. Ich meine, gerade im Zusammenhang mit dem Hausarztmodell stehen einfach diese Zahlen noch nicht in genügender und verlässlicher Art und Weise zur Verfügung. Ob das Hausarztmodell derart schlecht ist - der Kollege Paul Vogt hat das auch mehrfach erwähnt - wie man das von der Regierung aus wahrhaben will, da habe ich meine erheblichen Zweifel.Ich komme zum Schluss: Ich habe einleitend gesagt, es kreiste der Berg und gebar eine Maus. Ich bin für Nichteintreten, retour an die Regierung und dafür sorgen, dass der Berg allenfalls ein grösseres Tier ausspuckt. Allenfalls könnte ich mich, weil ich gewisse Befürchtungen in diese Richtung aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in diesem Hause habe, mich auch mit einer Kommission anfreunden. Und dass es unserer Fraktion auch in dieser Richtung ernst ist, möchte ich gerade an dieser Stelle einen allfälli-gen Vertreter von unserer Seite - ich supponiere einmal, dass Kollege Vogt gedenkt, in eine solche Kommission Einsitz zu nehmen, wenn er die Kommission schon vorschlägt - unsererseits würde dann die Frau Kollegin Laternser in eine solche Kommission entsandt. Abg. Markus Büchel:
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete. Der Abg. Peter Sprenger hat es gerade erwähnt, dass es eine Verteufelung oder ein Schlechtmachen des Hausarztsystems sei, was die Regierung betreibe oder die Votanten für die Vorlage. Das ist ganz sicher nicht so. Das Hausarztsystem hat nämlich - so sehe ich es aus meiner Sicht - die Elemente, die auch im neuen System vorhanden sind. Es baut auf auf der Bedarfsplanung und das erwähnt die Regierung ja ausdrücklich, das heisst, die Bedarfsplanung wird übernommen bzw. auf dieser bisherigen Praxis wird aufgebaut, um eben den Bedarf zu ermitteln. Dann die Zulassung zum Hausarztsystem: Es wurde hier mehrmals erwähnt, dass wir mit diesem System problemlos den Zuzug oder die Beteiligung von Ärzten am obligatorischen Krankenversicherungssystem verhindern können. Davon bin ich nicht überzeugt. Warum mussten wir im Dezember 2001 die Notbremse ziehen? Wenn das dazumal ganz problemlos zu lösen gewesen wäre, dass wir den Zuzug von Ärzten verhindern hätten können, dann gebe ich Ihnen Recht, dann hätte man das dazumal über das Hausarztsystem machen sollen. Aber meines Wissens war das nicht möglich - und darum war eben die Notbremse nötig. Und dass man sagt, man verhindert den liechtensteinischen Studierenden oder zukünftigen Ärzten durch das neue System überhaupt jede Zukunft in Liechtenstein: Auch wenn wir so restriktiv mit dem Hausarztsystem handeln könnten, wie das hier gesagt wurde, für die Berechtigung, über die OKP abzurechnen, dann muss ich sagen, dann hätten wir ganz klar eine Diskriminierung von ausländischen Ärzten gegenüber den liechtensteinischen Ärzten. Das wäre zwangsläufig notwendig, weil ansonsten gibt es aus meiner Sicht keine andere Überlegung oder keine andere Möglichkeit, einem liechtensteinischen Arzt etwas zu gestatten, was ich einem ausländischen, einem EU-Bürger nicht gestatte. Also, ich habe das Instrumentarium da nicht, aber der liechtensteinische zukünftige Arzt hat die Möglichkeit nach dem neuen System, sich in Liechtenstein niederzulassen und als freier Arzt auch zu praktizieren. Er bekommt einfach, solange er nicht kontrahiert ist, nur 50% von der obligatorischen Krankenkasse bzw. vom Patienten direkt ausbezahlt und den Rest muss der Patient selbst bezahlen. Es ist ein Hindernis, das ist ganz klar, aber ich sehe überhaupt keine Art und Weise eines Berufsverbotes oder eine Verunmöglichung. Irgendwie müssen wir einfach den Zuzug in den Griff bekommen. Und da bin ich aber überzeugt, dass die liechtensteinischen studierenden Ärzte eher die Möglichkeit haben, auch in Zukunft unter diesen Rahmenbedingungen eine Praxis zu eröffnen und auch ein Einkommen oder ein Auskommen zu haben. Aber zu den anderen Elementen, die eben beim Hausarztsystem vorgesehen waren, wie die Zuteilung zu den anderen Ärzten nur über den Hausarzt, das hat eben nicht funktioniert. Und warum haben 72% der Patienten einfach das Hausarztsystem gewählt? Weil sie den Vorteil von 10% Prämienermässigung haben, aber aufgrund des Verhaltens von verschiedenen Ärzten trotzdem jede Wahlmöglichkeit hatten. Und das ist ja das Problem. Wenn das nicht gewesen wäre, dann bin ich auch der Meinung, wenn dort strikte gehandelt worden wäre, dann hätte das eher funktioniert. Und da wir das nicht in den Griff bekommen und nicht im Griff haben, bin ich auch der Meinung, soll man dieses Instrument aufgeben. Es nützt nichts. Dann die Kontrolle: Es wird auch vom Herrn Abg. Paul Vogt gesagt, auf der einen Seite wäre das neue System viel zu dirigistisch, man würde den Ärzten überall dreinreden, man würde sie behandeln und vogten - wie man so auf gut Liechtensteinisch sagt. Aber Sie haben genau in Ihrem letzten Teil des Votum gesagt, wir sollten das Potenzial von 20% der Tarife nutzen, dass wir die Tarife anpassen würden. Was glauben Sie, wie die Ärzte reagieren würden, wenn Sie einfach beschliessen, dass die Tarife um 20% gesenkt werden. Wie dirigistisch ist dann diese Massnahme? Ich frage mich schon, welche Opposition da von den Ärzten kommen würde. Und dann die Kontrolle der Ärzte: Auch das wollen Sie verstärken, wie gut sie ihren Job machen bzw. welche Kosten sie berechnen. Ich sehe da schon einigen Aufwand und einige Probleme, das auch umzusetzen. Ein Ansatz ist hier mit dem neuen System gegeben. Aber dann kann man nicht sagen: Das ist zu dirigistisch und hat zu viele Vorgaben. Grundsätzlich bin ich der Meinung, das Hausarztsystem hat sehr gute Elemente gehabt, um die Kosten in den Griff zu bekommen. Aber es hat nicht ausgereicht, so wie es gestaltet war, und vor allem hat es nicht ausgereicht, um den Zuzug einzuschränken. Und das ist ja der Hauptgrund und auch der Anstoss für die Revision dieses KVG. Ich bin diesbezüglich zu wenig Insider, dass ich beurteilen kann, was noch nach EWR- oder EU-Recht berechtigt ist oder was nicht. Aber ich vertraue da auf die Fachstellen in der Regierung oder in der Verwaltung, die das eben beurteilen und sagen: Mit dem Hausarztsystem, so wie das bis jetzt vorgesehen war, ist das nicht möglich. Abg. Dorothee Laternser:
Danke, Herr Präsident. Herr Abg. Büchel. Sie sagten sinngemäss eben, die Elemente, um die Kosten sinnvoll zu begrenzen, um das System zu optimieren, seien im Hausarztsystem zwar vorhanden gewesen, aber nicht effizient genug. Aber diese Möglichkeit hätten wir genau jetzt bei der Revision des Gesetzes gehabt, um diese Instrumente effizienter zu machen. Die Strukturen sind vorhanden - das hat auch der Abg. Vogt vorher ausgeführt. In den SanaCare-Statistiken sind sehr viele Grundlagen dafür vorhanden, um das System zu optimieren. Aber eben, das hätte man jetzt auch machen sollen, anstatt das ganze System über den Haufen zu werfen. Der Haupteinwand war das Problem der Zulassungsbegrenzung. Die Zulassungskommission im Hausarztsystem war nicht optimal gelöst. Es gab den Rechtszug, es gab Einsprachemöglichkeiten. Aber auch das hätte man mit dieser Gesetzesrevision ändern können. Die grundlegende Neuerung im jetzigen Gesetzesentwurf ist ja die Aufhebung des Kontrahierungszwanges, also die Begrenzung auf eine bestimmte Anzahl von OKP-Ärzten. Aber genau diese Begrenzung hätte auch auf das GNL, auf das Gesundheitsnetz Liechtenstein, stattfinden können. So einen Vorschlag gab es ja im Juli letzten Jahres. Dann hätten wir genau so eine Begrenzung der OKP-Ärzte gehabt, wie es ja in entsprechender Bedarfsplanung notwendig ist. Nur wäre diese Begrenzung auf einem kleineren Kreis gewesen und hätte mehr Chancen für junge Liechtensteiner gegeben. Also, das schliesst alles nicht aus, das hätte alles im Rahmen des Hausärztesystems mit einem weiteren Kreis mit Vereinfachung noch drum rum möglich gemacht werden können. Und man kann nur grundsätzlich sagen: Die Revision des KVG hätte die Möglichkeit gehabt, das bestehende System zu optimieren. Und diese Chance wird nun mit dieser Vorlage schlicht und ergreifend verpasst. Abg. Walter Hartmann:
Herr Präsident, danke für das Wort. Ich weiss nicht, ob ich Sie jetzt richtig verstanden habe, Herr Kollege Büchel. Ich meine, in Ihren Ausführungen gehört zu haben, dass einer der Gründe, warum das Hausarztmodell aufgegeben wird, von einem Fehlverhalten verschiedener Ärzte ausgegangen ist. Das heisst, verschiedene Ärzte hätten sich unkorrekt verhalten. Ich habe das so verstanden und Sie korrigieren mich, wenn es nicht so ist. Wenn dem so ist, dann wäre es nur fair, diese Leute auch beim Namen zu nennen und auch gegen sie vorzugehen. Wenn das stimmt, was Sie sagen, dann ist das ein ganz einfacher Betrugstatbestand. Zum Zweiten: Wenn Sie sagen, die freie Niederlassungsmöglichkeit für liechtensteinische Ärzte wäre ja doch gegeben, denn ihnen stünden ja 50% der Leistungen, die sie erbringen, zu. Das ist schon sehr gewagt, weil Sie wissen genau, dass die Existenzgrundlage für diese Ärzte, wenn sie zu diesem Modell greifen, nur dann gegeben ist, wenn sehr viele Patienten auch zusatzversichert sind. Und wenn sehr viele Patienten zusatzversichert sind, bedeutet dies, dass die Zusatzversicherungen günstig sind und dass ein ungehemmter Zuzug von aussen damit gefördert wird. Ich gehe davon aus, dass auch die jungen Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner dasselbe Recht haben wie die, denen es in diesem Land schon relativ gut geht, nämlich eine Existenzgrundlage zu bilden, Familie zu gründen und sich an der gesellschaftlichen und kulturellen Weiterentwicklung dieses Landes zu beteiligen. Für mich ist es ganz klar und ich stehe immer noch dazu, denn ich habe noch keine besseren Argumente gehört: Dieses Gesetz diskriminiert ganz einfach 50 junge Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner. Einigen kann man vielleicht jetzt noch eine Warnung schicken, dass sie sich möglichst frühzeitig einen anderen Beruf aussuchen, damit man sie nicht vor dem Elend stehen lässt. Danke.Abg. Peter Sprenger:
Ich möchte noch auf einen Aspekt hinweisen, weil ich weiss, dass der Liechtensteiner sehr sensibel auf Griffe in den sprichwörtlichen Geldsäckel reagiert. Es wurde gesagt, dass 70 bis 80% - je nach Quellen - sich im Hausarztmodell befinden. Neu werden, wenn Ihre Vorlage Gesetz wird, 10% höhere Prämien zu bezahlen sein, und zwar für alle diese Versicherten im Hausarztmodell. Das heisst in absoluten Zahlen nichts anderes, als dass 18'000 Leute nach dem In-Kraft-Treten Ihrer Novelle mehr zu bezahlen haben. Das muss - und ich tue das ausdrücklich - das muss den Leuten bereits heute in aller Deutlichkeit gesagt werden. Abg. Markus Büchel:
Herr Abg. Sprenger. Ich glaube, was das anbelangt, war ich in meinem Eintretensvotum klar. Ich habe nichts verschwiegen, ich habe nichts unterschlagen. Ich habe ganz klar aufgezeigt, dass es mit dem Vorschlag, wie er heute hier besprochen und - sofern Eintreten beschlossen wird - in Behandlung gezogen wird, dass es ganz klar Mehrkosten geben wird. Nur wir müssen uns im Klaren sein: Diese Mehrkosten werden wir auf jeden Fall haben und irgendjemand muss diese Mehrkosten auch bezahlen. Zum Beispiel über die Staatsbeiträge, über Steuern. Wenn die Steuereinnahmen sich in Zukunft wieder einmal so wie in der Vergangenheit entwickeln sollten, dann kann man das vielleicht so machen. Aus der heutigen Perspektive muss man ganz klar sagen: Wenn man das hochrechnet, ist das in Zukunft für den Staat nicht mehr möglich. Also, wer wird dann die Mehrkosten bezahlen? Auch wieder über die Prämien, die die einzelnen Versicherten zu bezahlen haben, oder man erhöht den Arbeitgeberbeitrag oder die Beteiligung eben an die Leistungen. Also, irgendwie werden wir uns da nicht herrausschlingeln oder herausschleichen können. Im Grunde genommen bezahlt es immer die gesamte Bevölkerung. Nur ist es einfach dort sehr feiner verteilt, es ist auf alle verteilt. Das ist richtig. Aber wenn man lenken will bzw. wenn man das Verhalten beeinflussen will, dann muss man dort einfach ganz klar Grenzen oder Beteiligungsmodelle aufbauen. Dann noch zum Fehlverhalten der Ärzte: Herr Abg. Hartmann. Ich habe das von Ärzten gehört. Ich werde aber nie sagen, von welchen Ärzten diesbezüglich geredet wird, weil es wird auch nie bestätigt werden. Genau so wie es heute immer wieder auch gesagt wurde: Es gibt schwarze Schafe, man kennt sie. Wer kennt diese schwarzen Schafe? Hat Ihnen jemals einer öffentlich und offen gesagt, welche schwarzen Schafe es gibt? Ich auf jeden Fall, was man mir sagt, ich werde es nicht weitersagen und ich werde diese Personen auch nicht benennen. Es ist aber landauf und landab bekannt, dass es solche schwarze Schafe in Liechtenstein gibt. Abg. Ingrid Hassler-Gerner:
Ich habe mir im Rahmen dieser Ausführungen und Diskussionen ein paar Notizen gemacht, die letztlich in Fragen münden. Natürlich haben wir alle das Ziel Kostendämmung für obligatorisch Versicherte und auch für den Staat als Subventionsgeber vor Augen. Ich bin nicht der Meinung, dass wir hier nur das Krankenversicherungsgesetz abändern, sondern wir machen wirklich einen gänzlichen Umbau eines Systems mit all den Nachteilen, die so etwas auch hat. Die erste Frage ist deshalb an die Regierung: Welche Prognose hat die Regierung, wenn sie hier von Kostendämmung auch für den Staat spricht? Denn ich habe im Bericht keine Analyse der wirklichen Kosten gefunden, die mir einen Vergleich ermöglicht hätten. Ich kann nur aus den letzten drei Landesrechnungen ersehen, dass die Staatssubventionen - ich kann es nur an dem jetzt messen - in drei Jahren zwischen CHF 43 und CHF 46 Mio. gelegen haben, wenn ich alle Positionen der Krankenversicherung zusammenzähle. Aus diesen Zahlen erkenne ich nun nicht gerade eine Kostenexplosion für die Vergangenheit. Der zweite Punkt: Ich würde auch sehr davon wegkommen, Massnahmen zu setzen, weil es EWR-Ärzte gibt, die alles durcheinander gebracht haben, ein hoher Medikamentenkonsum - muss man fast sagen. Ich glaube, die Ansprüche der Kranken und Verunfallten an das Versicherungswesen bzw. an die Behandlungen waren genauso wie die unaufhaltsame technische Entwicklung entscheidend. Das Hausarztsystem hätte ich auch nicht abgeschafft. Wir hätten es vielleicht dem Namen zuliebe auf GNL umtaufen müssen. Vielleicht wäre das besser gewesen. Hier möchte ich die Regierung fragen: Warum hat sie den Verbesserungsvorschlag des Hausarztsystems, das ja kaum zwei Jahre in voller Wirkung war und ist, nicht weiterverfolgt hat, wobei ja eine Spezialistengruppe mit Erfahrung, also eine Arbeitsgruppe der Regierung, vor einem Jahr ungefähr der Regierung das vorgeschlagen hat? Die Ausführungen und Begründungen, die der Abg. Markus Büchel im Rahmen der Bedarfsplanung und eines anderen Punktes gegeben hat, haben mich nicht überzeugt. Das heisst, es sind Punkte, die im bestehenden System verbesserungsfähig gewesen wären. Es muss also für mich mehr Gründe geben, dass man einen solchen Abbruch nach so kurzer Zeit macht und jeder weiss, dass ein paar Jahre mehr dann wirklich vielleicht doch noch zu einem besseren Erfolg geführt hätten, als die Regierung jetzt glaubt. Ein bedeutender Punkt für mich ist die Region. Das heisst, viele Liechtensteiner und Liechtensteinerinnen haben ihren Vertrauens- und Hausarzt in der Schweiz. Es macht mir Sorgen, dass diese Menschen gezwungen sind, einen neuen Arzt zu suchen, wenn sie nicht eine Zusatzversicherung abschliessen. Diesbezüglich wiederhole ich die Frage: Wie viel Prozent Anteil an der obligatorischen Prämie kann dieser Aufschlag sein, damit man dann die Kosten eines Arztes aus der Nachbarschaft nicht zur Hälfte selbst zu bezahlen hat und weiterhin zu diesem Hausarzt in der Region gehen kann? Das ist für mich ein entscheidender Punkt, an dem man auch die beiden Gründe, die die Abg. Laternser gesagt hat, dann beurteilen kann, ob es allenfalls je länger je mehr zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft bei unseren Krankenversicherten kommt. Bei den verstärkten Massnahmen, allenfalls Laboruntersuchungen ausserhalb der Arztpraxen beim Spezialisten anzubringen, möchte ich nur darauf hinweisen, dass das dann auch für den Patienten, nicht nur für den Arzt, einen Mehraufwand bedeuten kann, wenn er deswegen zweimal in die Arztpraxis muss. Er fällt dann für einen Arztbesuch in der Regel mindestens eine Stunde aus. Der Arzt steht ja nicht gerade bei jedem vor seiner Haustüre oder Arbeitstüre. Sorgen macht mir auch, dass wir eine so genannte Insellösung in Vorschlag bringen, dass wir die Chance verpassen, eine europäische Lösung bzw. eine integrierte Lösung der Region zu erarbeiten. Was ich gerne noch einmal gehört hätte, wäre der Vorschlag des Abg. Markus Büchel bei seinem Eintretensvotum. Ich habe ihn nicht richtig verstanden - das ist mein Fehler. Er hat, glaube ich, einen Vorschlag gemacht, wie man den Rabatt oder die 10%-Minderprämie für die 72% Mitglieder im GNL im Hausarztsystem wieder gutmachen könnte. Ich bin überzeugt, dass die Vorlage hier an verschiedenen Stellen überhaupt nicht sozial ausgewogen ist. Ich habe es so verstanden, dass er hier wieder eine Gegenkomponente setzen möchte. Ich möchte das nur besser verstehen, damit man das auch materialisieren kann. Eine Frage noch zu den Unfällen. Das ist eine Verständnisfrage: Das Unfallversicherungsgesetz wird auch revidiert. Auch dort wird man sich - wie ich lese - grundsätzlich - das Wort «grundsätzlich» sagt zwar nur nicht gerade alles - auf alle im In- und Ausland für eine entsprechende Tätigkeit für die obligatorische Krankenpflegeversicherung zugelassenen Ärzte beschränken, und dass, wenn man einen anderen Arzt besucht, auch die 50% selbst bezahlen muss oder eben durch eine Zusatzversicherung abzudecken hat. Das heisst, dass auch jede Behandlung eines Arztes nach einem Unfall unter diese Abrechnungsmethodik fällt. Und die letzte Frage geht eigentlich auch noch einmal an den Abg. Markus Büchel: Er hat gesagt, dass im Hausarztsystem Fehler in dem Sinn passiert sind, dass es bekannt sei, dass es Ärzte gibt, die die Zu-weisung oder die Weiterverweisung an einen anderen Leistungserbringer halt nicht so ernst genommen haben. Ob dieser Vorwurf berechtigt ist oder nicht, lassen wir im Moment weg. Ich habe nur die Frage: Ist Art. 18a des Vorschlages auf Seite 92 dazu geeignet, dieser nicht besonders guten Vorgehensweise einen Riegel zu schieben? Es geht doch hier um das gleiche System. Wählt der Versicherte ohne Zuweisung des von ihm gewählten Arztes im gleichen Krankheitsfall einen anderen Arzt, so muss er die Hälfte selbst bezahlen. Also, es wird doch wieder abgestellt auf die Zuweisung des Arztes. Es liegt also im Befinden des Arztes, ob, wann und wohin er einen Patienten zur Behandlung des gleichen Krankheitsfalles weiterleitet. Da sehe ich einfach keinen Unterschied zwischen den beiden Systemen. Aber auch hier gebe ich zu: Ich habe nicht so vertieft in der Praxis mit diesem Geschäft zu tun. Aber das können Sie sicher aufklären. Ansonsten ist dieser Hinweis Ihrerseits gegen das bestehende Hausarztgesetz hinfällig. Danke. Abg. Walter Hartmann:
Danke, Herr Präsident. Herr Kollege Büchel. Nichts liegt mir ferner, als Sie zum Denunziantentum zu verleiten. Aber ich habe gedacht, wenn die Regierung ein Hausarztmodell, das in seinen Ansätzen sicher sehr gut ist und von Ihnen auch gelobt wird, unter dem Hinweis opfert, dass Ärzte es missbräuchlich verwendet hätten, dann bin ich davon ausgegangen, dass diese Kenntnis über Fehlleistungen nicht nur auf dem Gerüchteweg besteht, sondern de facto auch nachgewiesen ist.Es ist sicher richtig, dass alle sparen müssen. Auch die Ärzte sind sicherlich bereit zu sparen. Ich spreche zwar nicht in ihrem Namen, aber ich gehe davon aus, dass sie durchaus bereit sind, ihren Sparwillen zu bekunden. Es werden auch die Patienten bzw. die Versicherten sparen müssen. Aber wenn man diese Vorlage genau liest, ist das Sparpotenzial, was diese Gruppen betrifft, bereits ausgeschöpft. Von Laborunternehmen wird kein Sparwille verlangt bzw. auch keine Sparansätze gezeigt, und auch die Krankenanstalten haben dem Bericht zu Folge noch keine Anzeichen erkennen lassen, dass sie sparwillig sind oder überhaupt ein Sparpotenzial besteht. Im Übrigen wäre es absolut fair gewesen, wenn man die Ergebnisse, die im Zusammenhang mit dem Hausarztmodell schon längere Zeit vorliegen, wenn man diese auch öffentlich gemacht hätte. Wir sprechen im Zusammenhang mit dem Hausarztmodell von gescheitert, von Kosten nicht im Griff. In diesem Fall möchte ich das bitte eigentlich auch bewiesen haben. Ich gehe davon aus, dass zumindest die Versicherten mit dem neuen KVG in einer sehr hohen Zahl ganz massiv zur Kasse gebeten werden. Diesbezüglich möchte ich schon Vergleiche anstellen können, ob das nicht im Hausarztmodell aufgrund der bisher gemachten Erfahrungen nicht doch abzuwenden gewesen wäre. Danke.Abg. Markus Büchel:
Ich möchte zuerst die Frage der Frau Abg. Hassler bezüglich des Vorschlages zur Kompensation der Prämienermässigung beantworten: 72% der Versicherten haben eine 10-prozentige Prämienermässigung gehabt. Diese Vorlage sieht ja vor, dass man dieses Geld, das diesen 10% entspricht, als Einmaleinlage zur Verbilligung der Kosten einschiesst. Das heisst, die gesamte Menge an Patienten hat in Zukunft dann einfach diesen Anteil zugute. Das heisst, diejenigen Personen, die bis heute keine Ermässigung hatten, bekommen mehr, und den Hausarztversicherten geht etwas ab. Ich kann von mir aus nicht sagen, wie viel das ist, ich kann es nicht quantifizieren. Ich habe aber eine Bitte an die Regierung, abzuklären, wie viel Geld es entsprechen würde, wenn man jetzt alle gleichstellen würde. Das heisst, dass die bisher im Hausarztsystem versicherten Personen keine Erhöhung erhalten und die anderen nachgezogen werden. Das war meine Anregung. Dann zur Frage des bestehenden Vorschlages, was die Verbesserung wäre: Sie haben gesagt, auf Seite 92 Art. 18a Abs. 2: Dort heisst es: Wählt der Versicherte ohne Zuweisung des von ihm zuerst gewählten Arztes oder ohne Mitteilung des Abbruches der Behandlung an den bisher gewählten Arzt für den gleichen Krankheitsfall einen anderen Arzt, so lässt sich die Kasse vom Versicherten 50% vergüten. Es ist richtig, diese Kontrollen werden erst immer im Nachhinein von den Krankenkassen durchgeführt werden können. Es bedeutet also aus meiner Sicht einen relativ hohen Aufwand, die Zeitgleichheit von Behandlungen gegenüberzustellen und dann zu kontrollieren: Wurde auch der Abbruch der Behandlung gemeldet usw.? Mir ist das auch klar, dass, so lange wir hier nicht online diese Überprüfungen vornehmen und auch die Verantwortlichen darauf hinweisen können, was geschieht, wenn sie sich so verhalten, werden wir dieses Instrument nicht voll nützen können. Davon bin ich überzeugt. Aber rein theoretisch wäre es mit einem sehr hohen Kontrollaufwand auch bei der heutigen Rechnungsstellung natürlich ohne weiteres möglich - und damit als Mittel zur Lenkung einfach die relativ starke Strafe zur Reduzierung der von der Kasse bezahlten Leistungen auf 50%.Abg. Dorothee Laternser:
Danke. Ich habe noch eine Frage an den Herrn Regierungsrat. Im Argumentarium der Regierung ist ein immer wiederkehrendes Argument: Für die Kostensteigerung im Gesundheitswesen hat die Steigerung der Ärztezahl erhebliche Bedeutung - so die Meinung der Regierung. In der entsprechenden Informationsschrift des Ressorts Gesundheit werden alle in Liechtenstein praktizierenden Ärzte nach Fachgebiet aufgeführt. Und wie ich bereits gestern sagte, ist diese Liste zumindest für denjenigen, der sich im Metier nicht auskennt, irreführend, denn man vermutet, wenn man das so liest, dass alle voll hier im Lande arbeiten. Dabei wissen wir ja, dass längst nicht alle zu 100% arbeiten. Es gibt eine ganze Reihe von Praxisgemeinschaften, in der die beteiligten Ärzte nicht jeweils zu 100% tätig sind, zum Teil nämlich wesentlich weniger. Es sind Ärzte auf dieser Liste, die in anderen Bereichen des Gesundheitswesens tätig sind und nur zu einem geringen Teil praktizieren. Es sind Ärzte auf der Liste, die im benachbarten Ausland ebenfalls Praxen haben und nur zu einem geringen Teil hier im Land sind. Deshalb meine Bitte an die Regierung: Es sind hier 65 Ärzte aufgeführt. Das ergibt aber sicher keine Arbeitstätigkeit von 65 Mal 100%. Ich möchte Sie deshalb bitten, auszuführen, wie viele Ärzte Teilzeit arbeiten bzw. in welchem Umfang, damit diese Liste relativiert bzw. den wahren Gegebenheiten entsprechend angegeben werden kann. Danke. Abg. Ingrid Hassler-Gerner:
Ich möchte mich für die Antworten zu meinen zwei Fragen bedanken. Damit ich es richtig verstanden habe, repliziere ich wie folgt: Sie sagen, eine Einmaleinlage - wahrscheinlich dann in Millionenhöhe - und wenn ich es verstanden habe: Dass die 72% GNL-Versicherten keine Erhöhung in Kauf nehmen müssten, würde man den anderen 28% dann quasi eine Prämienreduktion auf Kosten des Staates zugestehen. Und dann sind die beiden wieder auf der gleich teuren Basis, wenn sie in das neue System umsteigen. Natürlich ist das auszurechnen, jedenfalls bedeutet eine solche Art des Umbaues sicher keine Einsparung. Aber bezüglich Hausarztsystem bin ich nicht Ihrer Meinung. Das heisst, Sie haben begründet, das Hausarztsystem, wie es jetzt läuft, hat das Manko, dass es Ärzte im Hausarztsystem gibt, die es nicht so gut überlegen, bevor sie zum so genannten Doctor shopping überweisen, dass sie es relativ leicht machen und dadurch das Hausarztsystem in diesem Regulativ nicht so gut läuft oder eben deswegen das mit ein Grund ist, es aufzuheben. Ich habe Sie gefragt: Das neue System unter Art. 18a, bringt das in dieser Beziehung ein anderes Regime? Ich sage Nein, es bringt ein anderes Regime, und zwar in die Richtung, dass man bestraft wird. Aber man kann die Ärzte deswegen nicht daran hindern, die Zuweisung zu machen. Also, dort wird es gar nichts ändern. Wenn ich von einem Arzt an einen zweiten Arzt zugewiesen werde, dann wird das alles voll bezahlt. Meine Frage war: Hat Art. 18a hier ein anderes System? Den damit verbundenen administrativen Aufwand aus Art. 18a habe ich nicht erwähnt. Das ist sicher auch ein Manko, dieser Aufwand ist auch nicht so einwandfrei festzustellen. Das werden wir dann beim bezüglichen Artikel noch diskutieren. Aber systematisch bringt Art. 18a aus der Sicht des zu überweisenden Arztes kein neues, stärkeres Regulativ. Damit fällt für mich eine Ihrer beiden Begründungen, warum das Hausarztsystem abzuschaffen bzw. durch ein neues System zu ersetzen ist, weg. Abg. Markus Büchel:
Nach meiner Interpretation fällt weg, dass die Information des Arztes oder das Nachfassen des Arztes, ob überwiesen worden wurde oder nicht, das fällt weg. Die Versicherung kann im Prinzip kontrollieren, ob gleichzeitig die gleichen Behandlungen bei verschiedenen Ärzten durchgeführt werden, ohne jetzt eine Meldung zu erhalten. So interpretiere ich das. Ich nehme aber an, dass der Herr Regierungsrat Frick darauf detailliertere Antworten geben kann. Abg. Dorothee Laternser:
Also, wenn ich auf die Diskussion, die jetzt zu Art. 18a läuft, eingehen darf: Das jetzige System im Hausarztsystem ist effizienter und wirkungsvoller als das, was hier im neuen Artikel vorgesehen ist. Nimmt man den Art. 18a, den zweiten Abschnitt: Wenn der Patient während der Behandlung sich von einem zweiten Arzt behandeln lässt ohne Absprache, dann ist das bisher im GNL-System sehr gut erfasst und wird von den Krankenkassen auch entsprechend gegenüber dem Patienten in Rechnung gestellt. Und der Abs. 1, wenn der Patient die Behandlung abbricht und zu einem anderen Arzt geht, das ist etwas, was sich sowieso nirgendwo kontrollieren lässt. Das ist nicht möglich ohne einen unsinnigen Verwaltungsaufwand und ist in der jetzt gewählten Form sowohl von den Krankenkassen als auch vom Arzt aus Praktikabilitätsgründen abzulehnen. Es gibt einen hohen Verwaltungsaufwand, es lässt sich nicht kontrollieren und nicht verhindern, dass ein Patient an einem Punkt die Behandlung bei einem Arzt abbricht und zu einem anderen Arzt geht. Ganz abgesehen davon, dass es sehr schwer zu definieren ist: Wann ist ein Krankheitsfall abgeschlossen und wann beginnt ein nächster Krankheitsfall? Die Medizin ist eine gesamtheitliche Sache, oft geht das eine in das andere über. Also so, wie es jetzt in Abs. 1 vorgesehen ist, ist es nichts als ein hoher Verwaltungsaufwand ohne irgendwelche Aussicht auf Erfolg. Hier resultieren nur Verwaltungskosten. Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wenn es vorerst keine weiteren Wortmeldungen aus dem Plenum mehr gibt, unterbreche ich jetzt die Sitzung bis 17.40 Uhr.Anschliessend wird Herr Regierungsrat Frick die aufgeworfenen Fragen beantworten.Die Sitzung ist unterbrochen (um 17.15 Uhr).
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