Gesetz über die Bestellung der Richter, die Neufassung des Staatsgerichtshofgesetzes sowie die Anpassung verschiedener Gesetze an die anlässlich der Volksabstimmung vom 14./16. März 2003 angenommene Abänderung der Verfassung (Nr. 45/2003), 1. Lesung
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Meine Damen und Herren Abgeordnete. Wir setzen unsere Beratungen fort. Wir kommen zu Traktandum 28: Gesetz über die Bestellung der Richter, die Neufassung des Staatsgerichtshofgesetzes sowie die Anpassung verschiedener Gesetze an die anlässlich der Volksabstimmung vom 14./16. März 2003 angenommene Abänderung der Verfassung. Insgesamt haben wir 14 Gesetzesvorlagen unter diesem Traktandum in 1. Lesung zu behandeln. Der Bericht und Antrag der Regierung Nr. 45/2003 steht zur Diskussion. Wir werden selbstverständlich jede Gesetzesvorlage einzeln beraten. Ich bitte Sie aber nun, das Wort für die Eintretensdebatte zu ergreifen.Abg. Peter Sprenger:
Herr Präsident,
Damen und Herren Kollegen, Herr Regierungsvertreter.
Die zur Diskussion anstehende Vorlage ist ohne Zweifel eine Tochter der Mutter namens «Volksinitiative» zur Änderung unserer Verfassung, über die Mitte März dieses Jahres abgestimmt wurde. Ich habe im vorigen Satz den Begriff «Volksinitiative» in Anführungs- und Schlusszeichen gesetzt und nehme die Gelegenheit gerne wahr, erneut darauf hinzuweisen, dass ich der Ansicht bin, dass diese Verfassungsänderungen, abgesehen davon, dass sie einen erheblichen Ausbau der fürstlichen Macht und einen damit einhergehenden Abbau der Rechte des Landtages und des Volkes brachten, auch prozedural nicht korrekt zustande gekommen ist. Auf diesen Umstand wurde sowohl in der Abstimmungsbeschwerde vor allen drei Instanzen als auch von mir im Landtag mit einleuchtenden und schlüssigen Gründen hingewiesen. Ich bin auch heute noch der Meinung, dass der Monarch und sein Umfeld nicht berechtigt sind, eine Volksinitiative einzureichen, da - kurz zusammengefasst - dem Fürsten andere und weiter reichende Rechte in diesem Bereiche zustehen. Weder die Regierung noch die Gerichte, namentlich die Verwaltungsbeschwerdeinstanz, und auch der bisherige Hüter der Verfassung, der Staatsgerichtshof, waren bereit, auf diese Argumentation inhaltlich einzutreten. Ganz generell - aber auch in diesem Zusammenhang - kann man mit Fug von einem Versagen der Regierung als exekutive Gewalt, den Gerichten als judikative Gewalt und der Legislative, insbesondere der Mehrheit des Parlamentes gesprochen werden. Man war nicht willens und nicht in der Lage, dem greif- und fühlbaren fürstlichen Druck Paroli zu bieten. Einzig der Parlamentarismus ist Dank der Quoren des Art. 111 Abs. 2 der Verfassung - 19 Stimmen in zwei aufeinander folgenden Sitzungen oder Stimmeneinhelligkeit in einer Sitzung - und der Standhaftigkeit der Oppositionsparteien, namentlich der Freien Liste und der VU, angesichts der fürstlichen Pressionen nicht eingebrochen. Die Folgen der fürstlichen Vereinnahmung der Regierung, der Judikativen und der Mehrheit des Parlamentes wird sich in Zukunft als gravierend und nachhaltig für unser bisher liberales Staatswesen erweisen. Einmal erpressbar, heisst bekanntlich immer erpressbar. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass aufgrund der jüngsten Verfassungsänderung Liechtenstein ein anderer Staat ist als vorher, und die sich heute präsentierende Situation mit dem Begriff «autoritärer Staat» von Gerard Batliner treffend umschrieben wird. Dieser Sündenfall wird sich im Laufe der Zeit als eine ernst zu nehmende Hypothek für eine weitere positive Entwicklung unseres Landes erweisen. Auch der in der Zwischenzeit durchgesickerte Bericht der beiden Rapporteure des Monitoring-Komitees des Europarates hat für das von mir immer kritisierte unsensible Vorgehen des Fürsten und die blinde Unterstützung desselben durch die offizielle FBP wenig schmeichelhafte Worte gefunden. Sie sind vielmehr empört über die Art und Weise, wie in Liechtenstein der amtierende Monarch mit Hilfe einer von ihm lancierten «Volksinitiative» seine eigene Verfassung durchdrücken konnte, und nennen diesen Vorgang ein für die konstitutionellen Monarchien Europas - ich zitiere - «beispielloses Vorgehen». Der Fürst habe zudem - erneutes Zitat - «seinen Einfluss benutzt, um Druck auf die Abstimmenden auszuüben» kritisieren die beiden Experten des Europarates und kommen zu einem Fazit, das uns allen zu denken geben muss. Zitat: «Die Situation, in welcher der Fürst mit Erlaubnis einer ihm ergebenen Regierung und einer parlamentarischen Mehrheit für sich eine politische Rolle behauptet, ist aus der Sicht eines demokratischen Rechtsstaates nicht akzeptabel». Ausserdem wird die grosse Machtfülle des Fürsten, ohne je dem Parlament oder dem Volk Rechenschaft ablegen zu müssen, zu Recht kritisiert. Erneutes Zitat: «Das kann in einer parlamentarischen Demokratie nicht akzeptiert werden». Ob die fürstlichen Abqualifizierungen des Europarates und die unverhohlen geäusserten Austrittsdrohungen die richtige Reaktion auf die Kritik aus Strassburg sind, wage ich zu bezweifeln. Man kann es drehen und wenden wie man will, aber die erfolgreich bei der Volksabstimmung betreffend die Verfassung angewendete Drohkulisse scheint schon bald eine Neuauflage zu erfahren. Wir werden uns dann zwischen Europa und dem Fürstenhaus zu entscheiden haben. Eine Politik der immer wieder aufs Neue gestellten Vertrauensfragen und die damit verbunden Nötigungen und Erpressungen kann doch nicht die Basis eines sinnvollen Zusammenwirkens zwischen Volk und Fürst sein. Eines Tages werden auch die letzten erwachen und sich angesichts des zerbrochenen Grundkonsenses in unserem Lande die Augen reiben.
Obwohl dies den Intentionen der Mehrheitspartei zuwiderläuft, gibt mir diese Eintretensdebatte Gelegenheit, mein ceterum censeo anzubringen und zu Protokoll zu geben, dass ich immer noch der Ansicht bin, dass mit der vorbehaltlosen Unterstützung der fürstlichen Vorschläge durch die FBP diese Partei bzw. deren Exponenten historische Schuld auf sich geladen haben. Nicht die Sache des Volkes, sondern die Macht des Fürsten wurde vertreten. Wenn die oft gehörte Bemerkung, dass Wahltag auch Zahltag bedeutet, wahr ist, dann ist mir für meine Partei und die FL bei den kommenden Landtagswahlen nicht bange.
Nicht eben verwunderlich ist es auch, dass man in den genannten Kreisen peinlich darum bemüht ist, das Vorgefallene totzuschweigen oder aber zu beschönigen und so zu tun, als ob das Machtgefüge unseres Staates immer noch im Gleichgewicht wäre. Konkretes und konzentriertes Zeugnis für diese Bemühungen legt ein «NZZ»-Beitrag von Regierungschef Otmar Hasler ab, der am 23. Juni erschien und in dem er behauptet, dass die Macht zwischen Volk und Fürst nach wie vor im Gleichgewicht und deshalb alles in Ordnung sei. Diese schönfärberische Umschreibung der Situation ist für mich angesichts der Fakten der Ausdruck und die Festschreibung einer offensichtlichen Lebenslüge. Die Liste der «Umfaller» innerhalb der FBP in diesem Zusammenhang ist lang. Ein Teil dieser Personen ist nunmehr als Dank für die tatkräftige Unterstützung vom Fürsten mit Orden und Titeln bedacht worden. Die für mich teilweise peinliche Zusammensetzung der Liste der Bedachten möchte ich nicht weiter kommentieren. Ich fühle mich allerdings in meiner Meinung, dass bisher von Seiten des Fürsten nichts, aber auch gar nichts für die Aussöhnung in unserem Land getan wurde, bestärkt. Die genannte Liste polarisiert unerträglich und teilt das Land neuerlich in Gut und Böse. Ich wiederhole auch meine Meinung, dass die Aussage des Fürsten in der Rede zur Landtagseröffnung vom vergangenen Februar dahingehend, dass die Gegner der Vorlage Gegner Liechtensteins seien, vom Staatsoberhaupt selbst aus der Welt geschafft werden muss. Es geht nicht an, dass Leute, denen das Wohlergehen Liechtensteins am Herzen liegt, unwidersprochen vom Staatsoberhaupt als Feinde ihrer Heimat bezeichnet werden, nur weil sie sich getrauen, in einer Sachfrage eine andere Meinung als der Fürst zu haben. Erschwerend kommt dazu, dass die Gegner der fürstlichen Verfassungsänderungswünsche keine persönlichen Vorteile aus ihrer Ablehnung hatten, was man weiss Gott für den Fürsten, der seine Macht im Staat erheblich ausbauen konnte, nicht behaupten kann.
Eine Bemerkung noch zu der von vielen gewünschten Versöhnung: Diese kann nur der vermeintliche Sieger, nämlich der Fürst, erreichen. Er muss öffentlich klarstellen, dass auch die Gegner seiner Vorlage gute Liechtensteiner und nicht Staatsfeinde sind. Versöhnung heisst, dass auch der Fürst anerkennt, dass man anderer Meinung als er sein kann, ohne dadurch gegen die Staatsinteressen zu verstossen. Versöhnung kann nicht bedeuten, dass man, wie einst Galileo Galilei plötzlich gezwungen werden soll, zu behaupten, die Erde sei flach. Nein, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Erde ist rund und die neu zu Verfassungsrecht gewordenen Vorschläge des Fürsten sind eine Schwächung der Demokratie.
Dass man auch post festum - und damit kehre ich zur zur Behandlung anstehenden Vorlage zurück - nicht in der Lage ist, gemachte Fehler einzugestehen und sich auf das Vorgaukeln einer allgemeinen Schönwetterlage fokussiert, ist auch in der Zusammenfassung auf Seite 3 der Vorlage ersichtlich. Zwei Dinge, die mir symptomatisch scheinen, sind mir in diesem Zusammenhang aufgefallen.
Zum einen wird im 2. Absatz im Zusammenhang mit dem neuen Staatsgerichtshofgesetz Folgendes festgehalten: «Der vorliegende Entwurf entspricht im wesentlichen der Gesetzesvorlage aus dem Jahre 1992, welche vom damaligen Landtag einhellig angenommen worden ist». Dass der Fürst aus mir nicht bekannten Gründen sich weigerte, das damalige Gesetz zu sanktionieren, wird wissentlich verschwiegen. Es ist doch verwunderlich, dass jetzt, nachdem der Fürst - insbesondere auch im Bereiche der Richterbestellung - aufgrund der Verfassungsänderung bekommen hat, was er wollte, und insbesondere die Kompetenz des Art. 112 der alten Verfassung ersatzlos gestrichen wurde, praktisch dasselbe Gesetz offenbar unproblematisch geworden ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FBP, es ist für mich höchst frustrierend, mit wie viel Undifferenziertheit, Wohlwollen und Untertanen-Mentalität Sie den offensichtlichen Wünschen Seiner Durchlaucht nach mehr Einfluss auf alle Staatsgewalten gegenüberstehen.
Eine Passage, die bei mir Heiterkeit hervorgerufen hat, findet sich im 3. Absatz, wo von der - ich zitiere - «zunehmenden staatsrechtlichen Verselbstständigung der Regierung» die Rede ist. Es ist bedrückend, dass Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der FBP, und die Regierung immer noch nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass Sie die Regierung aufgrund der Abänderung des Art. 80 in die totale Abhängigkeit vom Fürsten gegeben haben. Ich bin es leid, die Argumente für diese Tatsache erneut aufzulisten, möchte Sie aber höflich ersuchen, in Zukunft solche peinlichen Schönschreibeversuche zu unterlassen, da das Gegenteil einer staatsrechtlichen Verselbstständigung der Regierung, nämlich die staatsrechtliche Unterwerfung der Regierung, Tatsache geworden ist.
Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir, noch eine Bitte vorzutragen. Rein formal betrachtet handelt es sich bei der heutigen Verfassung immer noch um diejenige vom 5. Oktober 1921, da nur eine Partialrevision stattgefunden hat. Angesichts der erheblichen Verschiebungen der Machtverhältnisse wäre es aber ein Gebot der Fairness und des Respekts vor den Leistungen unserer Vorfahren, insbesondere der Gruppe um Wilhelm Beck, wenn Sie in Zukunft von der Verfassung des Jahres 2003 reden würden. Ich bin mir nämlich sicher, dass sich die Väter unserer Verfassung im Grabe umdrehen würden, wenn sie mit dieser Verfassung - wenn auch nur datumsmässig - in Verbindung gebracht würden.
Im Zusammenhang mit der Novellierung des Art. 104 Abs. 2 der Verfassung, in den neu auch die Prüfkompetenz des Staatsgerichtshofes betreffend Staatsverträge aufgenommen wurde, habe ich vier Bemerkungen bzw. Fragen allgemeiner Natur:
- Die Bestimmung des neuen Art. 104 Abs. 2 erster Satz der Verfassung ist in der Lehre bislang vor allem von Günther Winkler kommentiert worden. Eine dieser Studien hat die Regierung mit einem Schreiben an die Landtagsabgeordneten vom 22. Oktober des vergangenen Jahres fast Wort für Wort übernommen. Meine Frage: Welchen Stellenwert misst die Regierung den Kommentaren von Günther Winkler bei? Sind diese Kommentare eingedenk des Umstandes, dass Günther Winkler der Rechtsberater Seiner Durchlaucht, das heisst, des Initianten der neuen Verfassung war und ist, Materialien im technischen Sinne? Sind diese Kommentare für die Regierung, obwohl es eigentlich nur Äusserungen einer Privatperson sind, massgebend?
- Die neu in Art. 104 Abs. 2 erster Satz der Verfassung enthaltene Überprüfbarkeit von Staatsverträgen auf ihre Verfassungsmässigkeit stellt die bisherige hierarchische Ordnung um, nach der internationale Übereinkommen auf ihre Verfassungsmässigkeit eben gerade nicht überprüft werden konnten. Den gleichen Effekt erzielt der Entwurf im StGH-Gesetz in Art. 18 und 20 dadurch, dass sich aus diesen beiden Bestimmungen ergibt, dass formelle Gesetze nicht mehr auf ihre Übereinstimmung mit den von Liechtenstein abgeschlossenen Staatsverträgen überprüft werden können. Dies bedeutet, dass solche Staatsverträge gemäss neuer Rechtslage nicht mehr auf einem höheren Rang als formelle Gesetze stehen würden. Der StGH hat bis in jüngste Zeit demgegenüber festgehalten, dass Staatsverträge, das heisst, die vom Landtag gemäss Art. 8 Abs. 2 Verfassung genehmigten internationalen Übereinkommen mindestens auf Übergesetzesstufe stehen. Einzelnen wichtigen Staatsvertragswerken, wie beispielsweise der EMRK und dem EWRA, hat der Staatsgerichtshof zudem ausdrücklich Verfassungsrang zugewiesen. Daher meine Fragen: Führt der neue Art. 104 Abs. 2 erster Satz LV zu einer neuen hierarchischen Ordnung zwischen dem Landes- und dem internationalen Recht, nämlich in dem Sinne, dass das liechtensteinische Verfassungsrecht dem internationalen Recht übergeordnet wird? Wird sogar nunmehr auch das Gesetzesrecht, das heisst, werden die Bestimmungen formeller Gesetze dem internationalen Recht in Zukunft übergeordnet? Welches Recht geht in Konfliktfällen vor? Zusatzfrage: Sieht die Regierung die Möglichkeit eines Verfassungsranges von internationalen Übereinkommen noch? Falls diese Frage verneint wird, frage ich die Regierung: Wie stellt sich die Regierung diesfalls zu der in diesem Punkt eindeutigen und langjährigen Praxis des StGH? Hat diese Gerichtspraxis unter der neuen Verfassung noch irgendeine Bedeutung?
- Sieht die neue Verfassung dieses Jahres eine Hinwendung zum
völkerrechtlich verstandenen Dualismus vor? Die Frage stellt sich unter anderem deshalb, weil ja die notstandsfesten Grundrechte der EMRK in die Verfassung fast unverändert aufgenommen wurden. Dies entspricht der so genannten Transformationstheorie, die ein zentrales Element des völkerrechtlich verstandenen Dualismus bildet. Sollten wir bei unserer aktuellen Verfassungslage beim wiederum völkerrechtlich verstandenen Monismus bleiben, bräuchte es diese wörtliche Übertragung von Völkerrecht ins Landesrecht nicht. Ich frage dies auch deshalb, weil die Regierung mit Günther Winkler den Eindruck erweckt, in Zukunft einen «innerstaatlichen» und einen «völkerrechtlichen» Geltungsgrund unterscheiden zu wollen, der je ein unterschiedliches Schicksal haben kann. Siehe dazu auch das bereits zitierte Schreiben der Regierung an die Abgeordneten vom 22. Oktober 2002 sowie die in diesem Schreiben fast integral wiedergegebene Studie Winklers vom 16. Oktober 2002, die auf der Website des Fürstenhauses publiziert worden ist. Auch diese Neuerung trägt eindeutig dualistische Züge. Ich weise in diesem Zusammenhang mit Nachdruck darauf hin, dass eine dualistische Ordnung des Völkerrechtes vielfältige Probleme und eine völlige Umkehrung der bisherigen Rechtslage und Praxis zur Folge hat. Lassen Sie mich die Fragen in diesem Zusammenhang auf den Punkt bringen: Stellt der neue Art. 104 Abs. 2 der Verfassung eine Abkehr vom jahrzehntelang praktizierten Monismus im Bereiche der innerstaatlichen Umsetzung der Staatsverträge in Liechtenstein dar? Sollte dies der Fall sein, hätte dies zur Konsequenz, dass die Staatsverträge als solche und auch die Transformation in internationales Recht durch ein Gesetz dem Referendum unterstehen würden.
- Idealerweise sollte sich die Regierung ganz allgemein und «horizontal» zu den Auswirkungen der neuen Verfassung auf das Verhältnis des Landesrechts zum Völkerrecht äussern, wie vor allem zum Rang internationaler Übereinkommen im innerstaatlichen Rechtsbereich oder zur Frage des Vorranges des Völkerrechts vor dem Landesrecht, und zwar vor allem vor den Gesetzen, die dieses Haus beschliesst. Es scheint so zu sein, als stelle die neue Verfassung die Rechtslage, wie sie sich vor allem aus der Praxis des StGH ergibt, in diesem Punkt ebenfalls auf den Kopf. Eine klare und umfassende Äusserung der Regierung ist deshalb vor allem aus Rechtssicherheitsaspekten dringlich.
Ich stelle all diese Fragen, weil ich unter anderem im neuen Art. 104 Abs. 2 nicht weniger als einen fundamentalen Systemwechsel in unserer Rechtsordnung erkenne. Es geht um einen Systemwechsel, der in seinen Auswirkungen noch gar nicht so recht zur Sprache gekommen ist, geschweige denn breit diskutiert worden ist. Auch hier hat uns die neue Verfassung in eine neue Ära geworfen, und zwar ohne dass dies je vertieft öffentlich bewusst gemacht worden wäre. Wenn wir hier in Liechtenstein unser Landesrecht, nämlich die Verfassung sowie die Gesetze, die vom Landtag beschlossen und vom Fürsten sanktioniert werden, über die von uns abgeschlossenen Staatsverträge stellen, dann muss ein solcher Schritt wohl bedacht und reflektiert sein. Das gilt vor allem für das Eintreten auf das neue Staatsgerichtshofgesetz. Ich persönlich halte es für fatal, sich als Kleinststaat über das Völkerrecht erheben zu wollen, und dies vor allem jetzt, wo wir auf die Solidarität und das Verständnis unserer Partner mehr denn je angewiesen sind. Auch hier ist die Regierung mit dem Fürsten und, wie es aussieht, mit den Rechtsberatern des Fürsten über all das hinausgegangen, was unser Verhältnis zum Völkerrecht bislang ausgemacht hat. Ich lade die Regierung deshalb mit meinen Fragen dazu ein, zu diesem Fragenkomplex grundlegend Stellung zu beziehen. Die Behandlung des neuen Staatsgerichtshofgesetzes bietet dazu die beste Gelegenheit.
Und lassen Sie mich noch etwas anfügen: Es mag ein Zufall der Geschichte sein, dass es gerade der weiter oben erwähnte ehemalige Abg. Dr. Gerard Batliner war, der der Regierung im Jahre 1978 genau die gleichen Fragen gestellt hatte. Dieser Umstand ist nicht nur für die Juristen unter uns bitter, denn heute, also 25 Jahre später, muss dieses Thema wiederum aufgeworfen werden. All dies ist eine weitere Konsequenz der fürstlichen Verfassungsrevolution. Ich hoffe, dass die Regierung auf meine Einladung rechtswissenschaftlich und staatspolitisch akkurat eingeht. Ansonsten befürchte ich langfristig eine unerträgliche Rechtsunsicherheit vor allen Verwaltungs- und Gerichtsinstanzen des Landes und damit eine lang anhaltende Schwächung unserer internationalen Position.
Ich erlaube mir ganz bewusst die Dimension, um die es hier geht, noch einmal beim Namen zu nennen: Auch wenn die Regierung unsere Verfassung nicht verbindlich interpretieren kann, muss sie uns doch schleunigst über die fundamentalen Systemänderungen aufklären, die das vor kurzem erfolgte In-Kraft-Treten der neuen Verfassung im Verhältnis zum Völkerrecht mit sich gebracht hat. Das ist sie uns als Landtag, der Bevölkerung und ihrer eigenen Verantwortung schuldig. Deshalb fordere die Regierung auch mit allem Nachdruck dazu auf, wenigstens an dieser Stelle ihrer Tätigkeit jenes Mass an Selbstständigkeit zu üben, das sie für sich auch weiterhin so schönfärberisch reklamiert. Gerade am heiklen Berührungspunkt mit unseren internationalen Rechten und Pflichten muss die Regierung endlich wieder im allgemeinen Staatsinteresse, das heisst, vor allem endlich wieder eigenverantwortlich handeln.
So viel zur Eintretensdebatte. Zu den einzelnen Artikeln der diversen Gesetze, die in der Vorlage enthalten sind, werde ich mich bei der Lesung derselben zu Wort melden. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Abg. Markus Büchel:
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete. «Wieder einmal» kann man sagen, müssen wir das anhören, was der Abg. Peter Sprenger schon öfters hier in diesem Raume in jeder möglichen oder unmöglichen Situation vorbringt. Es ist schade, dass sich jemand einfach nicht mit dem abfinden kann, was geschehen ist, was im Frühjahr mit einer Zweidrittelmehrheit der Bevölkerung angenommen wurde, was es gilt, jetzt umzusetzen. Und die erste Umsetzung, das Gesetz über die Stellung der Richter, liegt vor. Ich hätte erwartet, dass man dazu Stellung nimmt und die Beurteilung dieses Gesetzes Inhalt dieses Eintretensvotums ist und nicht wieder die Beschuldigung bzw. Schuldzuweisung für das Versagen der Regierung, dass man sich dem fürstlichen Diktat unterstellt hat und, und, und. Alles das haben wir schon zum x-ten Male gehört. Sie nehmen zwar für sich in Anspruch oder erwarten, dass man versöhnlich ist, dass man wieder zusammenfindet usw. Aber genau Sie sind derjenige, der permanent und immer wieder Salz in diese - aus Ihrer Sicht - Wunden streut, und immer wieder das aufrührt, was einfach entschieden ist. Was ich komplett unverständlich finde ist, dass Sie auch hier aus dem Bericht des Monitoring-Komitees zitieren und diesbezüglich auch Sachen zitieren, die ganz klar aus meiner Sicht nicht ein Angriff auf die Verfassungsänderung sind, sondern ein Angriff auf die Verfassung von 1921 sind, wie wir sie seit 80 Jahren hatten. Das verstehe ich nicht. Wenn diese Experten, die wir ja alle gemeinsam erlebt haben, nicht das Verständnis aufbrachten, um wirklich eine objektive Beurteilung zu machen und zumindest das auch aufzunehmen, was sie nicht denken, was ihrem Denken nicht entspricht, aber zumindest das aufnehmen und seriös kommentieren oder niederschreiben, das verstehe ich noch. Aber dass Sie permanent dieses wieder erwähnen und sagen, wie wir uns schlecht verhalten hätten, wir die FBP-Führung, die Regierung, die Parlamentarier. Ich glaube, dass die Bevölkerung von Liechtenstein, die Bürgerinnen und Bürger, die sich im März für diese Verfassung entschieden haben, das nicht mehr hören möchten. Sie möchten gerne auf dem Weg weiterfahren, den ich gedacht hatte, dass auch Sie ihn einschlagen würden und das akzeptieren, was einfach die Mehrheit der Bevölkerung entschieden hat, und versuchen damit umzugehen, um für die Zukunft das Beste daraus zu machen. Aber so lange Sie das nicht vergessen können, können Sie auch nicht und niemals objektiv über die Themen sprechen, die in Zukunft jetzt einfach anfallen werden bei der Umsetzung dieser Verfassungsänderung. Ich finde das sehr bedauerlich und möchte hier auch nicht mehr weiter ausführen. Wir werden ja in Zukunft noch öfters die Gelegenheit haben, Sie zu diesem Thema zu hören. Wir gewöhnen uns auch an die Beschuldigungen und an die Schuldzuweisungen, die Sie uns permanent vorwerfen. Ich finde aber, dass wir das der Bevölkerung nicht dauernd zumuten sollen.Abg. Alois Beck:
Wir sind ja in der Eintretensdebatte und ich möchte doch noch auch ein paar Worte zu den anstehenden Gesetzesrevisionen anbringen, wobei ich es einfach habe, da ausser dem Staatsgerichtshofgesetz eigentlich die anderen eigentliche Umsetzungsgesetze sind und nicht zusätzliche Aspekte enthalten, ausser eben im Staatsgerichtshofgesetz. Die Regierung hat sich entschieden, die Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmungen als Anlass zu nehmen, um das Staatsgerichtshofgesetz neu zu fassen. Mit der Annahme dieses Gesetzes werden die neuen Verfassungsbestimmungen umgesetzt. Es wird aber auch der Rechtsschutz des Einzelnen verbessert. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle einen kurzen Überblick über die wesentlichen Punkte des Entwurfes geben: Wie im Bericht der Regierung erwähnt, diente die Gesetzesvorlage von 1992 als Basis für die gegenständliche Regierungsvorlage. Sie wurde damals vom Landtag einhellig angenommen, trat aber mangels Sanktionen durch den Landesfürsten nicht in Kraft, insbesondere wegen der Umsetzung des umstrittenen Art. 112 alte Landesverfassung. Die Regierung hat die einzelnen Bestimmungen von 1992 unter Berücksichtigung der Praxis des Staatsgerichtshofes hinterfragt und - wo nötig - überarbeitet. Die Gesetzesvorlage von 1992 wurde somit unter Beibehaltung der bewährten Grundstruktur des geltenden Staatsgerichtshofgesetzes von 1925 noch verbessert und den heutigen Anforderungen an eine moderne Verfassungsgerichtsbarkeit und an das nunmehrige Verfassungsrecht angepasst. Die Tätigkeit des Staatsgerichtshofes erhält mit der gegenständlichen Totalrevision eine moderne gesetzliche Grundlage, die den aktuellen Bedürfnissen Rechnung trägt. Es wird eine einfache Sprache verwendet und der Aufbau des Gesetzes ist gegenüber dem geltenden Recht besser strukturiert. Die verfahrensrechtlichen Bestimmungen werden ausführlicher geregelt. Mit der gegenständlichen Vorlage werden die neuen Verfassungsbestimmungen, so weit sie den Staatsgerichtshof betreffen, vollumfänglich umgesetzt. Seine Kompetenzen als Verwaltungsgerichtshof und als Interpretationsgerichtshof entfallen. Neu hinzu kommt seine Zuständigkeit, Staatsverträge auf ihre Verfassungsmässigkeit zu überprüfen. Auch die Zusammensetzung des Gerichtshofes und die Bestellung der Richter erfahren eine Neuregelung. Neben diesen Neuerungen aufgrund des aktuellen Verfassungsrechts sind insbesondere die Erweiterungen im Bereich der Individualbeschwerde, wie sie in Art. 15 der Regierungsvorlage enthalten sind, hervorzuheben. Zu den internationalen Übereinkommen: Das geltende Recht sieht im Bereich der internationalen Übereinkommen lediglich für die in der EMRK und dem UNO-Pakt II garantierten Rechte die Indivi-dualbeschwerde an den StGH vor. Im Gegensatz dazu eröffnet die Regierungsvorlage diese Möglichkeit für sämtliche Übereinkommen, für die Liechtenstein ein Individualbeschwerderecht anerkannt hat. Aus Gründen der Rechtssicherheit werden diese bislang 5 Abkommen, nämlich neben der erwähnten EMRK und UNO-Pakt II auch die Antirassismus-, Frauen- und Folterkonvention, bei denen Liechtenstein ein Individualbeschwerderecht anerkannt hat, in Art. 15 Abs. 2 der Regierungsvorlage aufgezählt. Die Möglichkeit der Individualbeschwerde vor dem Staatsgerichtshof wegen Verletzungen von in diesem Abkommen garantierten Rechten dürfte zweifellos im Ausland - und insbesondere bei den andern Vertragsstaaten - entsprechende Anerkennung finden. Diese Bestimmung hat aber nicht nur international im Bereich des Völkerrechts, sondern auch erhebliche nationale Bedeutung. Dies deshalb, weil damit sichergestellt wird, dass eine Beschwerde wegen Verletzung von Konventionsrechten zuerst von einer innerstaatlichen Instanz, nämlich dem Staatsgerichtshof, behandelt wird. Zum Thema «öffentliche Gewalt»: Im Gegensatz zum geltenden Recht sollen künftig alle hoheitlichen Individualakte der öffentlichen Gewalt mittels Individualbeschwerde angefochten werden können. Anfechtbar sind somit nicht nur wie bisher Akte der Gerichte und der Verwaltungsbehörden, sondern auch Individualakte des Landtages und des Landesfürsten, sofern sie in verfassungsmässige Rechte eingreifen. Die Anfechtbarkeit von Individualakten des Landtages, die vom StGH schon bisher in ständiger Rechtsprechung aus dem geltenden Recht abgeleitet wurde, soll nun ausdrücklich im Gesetz verankert werden. Durch das Recht, auch hoheitliche Individualrechte des Landesfürsten mittels Individualbeschwerde beim Staatsgerichtshof anfechten zu können, wird Art. 13 EMRK, wo es um das Recht auf wirksame Beschwerde geht, und somit den Anliegen des Europarates Rechnung getragen. Damit wird auch den völkerrechtlichen Erfordernissen im Zusammenhang mit dem Fall Herbert Wille Genüge getan. Ich glaube, es ist mehr als angebracht, der Regierung Hasler für diesen Erfolg ein grosses Lob auszusprechen. Wichtig, und dies kann nicht genug betont werden, ist, dass der Fürst in seiner Funktion als Staatsoberhaupt somit grundsätzlich der Gerichtsbarkeit unterstellt ist. In diesem Sinne bringt auch die diesbezügliche Neufassung des Staatsgerichtshofgesetzes die erforderliche Klarheit und ist eindeutig als Fortschritt zu sehen. Zum Thema «Individualbeschwerde gegen unmittelbar wirksame Rechtsnormen»: Um einen umfassenden Rechtsschutz zu gewähren, sieht Art. 15 Abs. 3 der Regierungsvorlage ein Individualbeschwerderecht gegen Rechtsnormen vor, sofern der Beschwerdeführer durch die betreffende Vorschrift unmittelbar in seinen verfassungsmässigen oder durch ein Übereinkommen gemäss Art. 15 Abs. 2 garantierten Rechten verletzt ist. Es besteht somit ein Beschwerderecht, ohne dass eine Entscheidung der öffentlichen Gewalt vorliegt. Allerdings ist diese Individualbeschwerde gegenüber dem ordentlichen Rechtsweg subsidiär. Das heisst, sie ist nur in jenen Fällen zulässig, in denen es keinen ordentlichen Rechtsweg gibt bzw. ein solcher nicht zumutbar ist. Dadurch wird gewährleistet, dass es nicht zu einer Überlastung des Staatsgerichtshofes kommt. Dieses Rechtsschutzinstrument gibt es gemäss Regierungsbericht auch in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Dort allerdings, glaube ich, nur auf kantonaler Ebene. Zusammenfassend kann ich festhalten, dass die Regierungsvorlage für ein neues Staatsgerichtshofgesetz neben der Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmungen zahlreiche Neuerungen und Verbesserungen aufweist. Der Rechtsschutz des einzelnen Bürgers wird gestärkt. Ich spreche mich deshalb für Eintreten auf die Vorlagen aus.Abg. Peter Sprenger:
Kollege Büchel. Ich glaube nicht, dass ein Abgeordneter das reden muss, was die Mehrheit der Bevölkerung hören will. Ich werde das mit Sicherheit nie und nimmer tun. Sie tun hier auch so, als ob bei der von mir erwähnten Abstimmung von Mitte März dieses Jahres alles ordnungsgemäss wie immer abgelaufen sei. Bitte lesen Sie bei Gelegenheit den Bericht dieser beiden Rapporteure. Sie werden grosse Augen bekommen.Dann, wenn Ihre Annahme, dass, wenn einmal abgestimmt ist, man sich ein Leben lang mit diesem Resultat abzufinden hätte, wenn diese richtig wäre, hätten wir heute noch kein Frauenstimmrecht. Ich möchte einfach in Erinnerung rufen: Es hat drei, vier Anläufe gebraucht, bis wir endlich dieses fundamentale Recht auch unseren Frauen gegeben haben. Dass Sie nicht gerne hören, was ich Ihnen sage, das verstehe ich. Es ist eben nicht besonders schmeichelhaft. Aber glauben Sie mir eines: Es macht mir nicht besonders grossen Spass, immer wieder auf diese Dinge zu sprechen zu kommen. Aber ich sage Ihnen eines: Gewisse Dinge gehören immer wieder gesagt, auch wenn sie weh tun.Es geht mir definitiv nicht darum, Sie zu verletzen, sondern es geht mir darum, Sie wachzurütteln. Gerade den neuesten Bericht dieser beiden Rapporteure sollten Sie sehr ernst nehmen, der gewisse Begründungen, die von Ihrer Seite immer wieder kommen, wie beispielsweise, dass im Jahre 1978 beim Beitritt zum Europarat ja alles in Ordnung gewesen sei und warum man heute so ein Theater mache - dieses Argument und auch andere werden beispielsweise arg zerpflückt. Seither ist halt in Gottes Namen einiges ins Land gegangen und die Wertvorstellungen habe sich massiv geändert. Ich bitte Sie einfach, dies zur Kenntnis zu nehmen.Abg. Markus Büchel:
Herr Abg. Sprenger. Ich brauche den Bericht der Rapporteure nicht zu lesen um zu wissen, wie die Wahl bzw. die Abstimmung zur Verfassungsänderung abgelaufen ist. Sie können mir durchaus zugestehen, dass ich das selber beurteilen kann und dass es bei dieser Wahl sicher mit rechten Dingen zugegangen ist. Ich glaube, diesbezüglich wird Ihnen niemand zustimmen, dass Verfehlungen stattgefunden hätten oder es nicht rechtens gewesen wäre. Den Bericht der Rapporteure kenne ich nicht, ich habe ihn noch nicht gelesen. Ich habe einfach aufgrund des Interviews, das wir führen durften, habe ich mir eine Vorstellung gemacht, wie der Bericht in etwa ausfallen wird. Das zu dem Thema.Dann zu den Anschuldigungen oder Vorwerfungen von Ihnen, dass diese weh tun: Wenn wir so empfindlich wären, wie Sie oder Kollegen von Ihnen, wenn wir da denken, dass vor kurzem ein Leserbrief in der Zeitung war, wo es einen Aufschrei gab, weil Vergleiche mit unschmeichelhaften Ereignissen angeführt wurden, da gab es einen Aufschrei, und dass man nicht die Menschenrechtskonvention usw. anrief, um das zu beklagen, was da vorgefallen, oder dass Verfahren eingeleitet würden, um diesen Leserbriefschreiber zu zwingen, das zurückzunehmen oder was auch immer. Das war verblümt oder in einem Gleichnis dargestellt. Aber Sie machen das jedes Mal im Landtag direkt. Sie beschuldigen die Regierung und uns direkt dieses Verhaltens und sagen, dass wir lebenslang an dieser Schuld tragen müssen, dass wir praktisch Verräter seien an dieser von Ihnen aus gerechten Sache. Das machen Sie permanent offen und ganz klar. Da müssen Sie schon verstehen, dass wir, auch wenn wir uns in der Zwischenzeit eine dicke Haut zugelegt haben, uns doch auch immer wieder dagegen verwehren müssen und das einfach auch zurückgeben müssen. Das zu diesem Thema.Abg. Renate Wohlwend:
Danke, Herr Präsident. Liebe Kollegen. Ich reagiere kurz und bündig auf das vom Abg. Sprenger Gesagte, man würde über den Monitoringbericht staunen, wenn man ihn liest. Man staunt wirklich, weil er von den Berichterstattern wirklich blind der Venedig-Kommission folgend geschrieben ist. Der Bericht ist überhaupt nicht ausgewogen. Er ist so, als wäre er von Anfang an, noch vor diesen diversen Gesprächen in Liechtenstein verfasst gewesen. Auch im Rahmen der Behandlung dieses Berichtes haben Kollegen festgestellt, dass der Bericht sehr explosiv, sehr emotional und eigentlich undemokratisch sei. Warum undemokratisch? Weil die Berichterstatter zwar auf das Ergebnis der Volksabstimmung eingehen, aber dann doch sagen: Es darf ja nicht sein, denn in unseren Monarchien ist es auch nicht, dass das Volk mitreden darf. Und deswegen wünschen wir, dass Liechtenstein seine Verfassung so ändern sollte, wie wir sie in den anderen Monarchien kennen. Die Berichterstatter haben überhaupt nicht unsere spezielle Staatsform des Dualismus, dieses Gleichgewichtes, die Suche nach dem Gleichgewicht zwischen den beiden Souveränen Fürst und Volk verstanden oder vielleicht auch nicht verste-hen wollen. Daher kommen sie auch zu Schlussfolgerungen, die ich persönlich nicht akzeptiere und gegen die ich mich vehement ausspreche.Nun noch zu dem, was ich ursprünglich gedacht hatte zu sagen: Ich denke, dass die in diesem Bericht und Antrag vorgestellten Gesetze eine logische Konsequenz der mit Volksabstimmung vom 14./16. März des Jahres angenommenen und durch Kundmachung vom 15. September - also dem Montag dieser Woche - in Kraft getretenen Verfassungsrevision sind. Einschneidend für die liechtensteinische Gesetzeslandschaft ist dabei meines Erachtens das Richterbestellungsgesetz. Dieses findet auf alle Richter Anwendung, die des Landgerichtes, des Obergerichtes und Obersten Gerichtshofs, des Verwaltungsgerichtshofes - bisher VBI - und des Staatsgerichtshofes. Demzufolge zieht die Neuregelung des Richterauswahl- und Richterernennungsverfahrens Anpassungen im Volksrechtegesetz, im Gerichtsorganisationsgesetz, der Zivilprozessordnung und dem Gesetz über die allgemeine Landesverwaltungspflege und des Staatsgerichtshofgesetzes nach sich. Auch sollen die Arbeiten zur Schaffung eines Richterdienstgesetzes nun im Lichte dieser neuen Bestimmungen zu Ende geführt werden. Was die Revision des Staatsgerichtshofgesetzes angeht, mussten neben den Bestimmungen zum Richterauswahlverfahren auch sich hier auswirkende Verfassungsänderungen zur Kompetenzneuregelung ihren Niederschlag finden. Die Regierung hat daher beschlossen, eine Totalrevision des Staatsgerichtshofgesetzes vorzunehmen. Ich begrüsse diese und vor allem auch die vorausgegangene speditive, konstruktive Vorgehensweise der Regierung. Das heute geltende Staatsgerichtshofgesetz stammt aus dem Jahre 1925 und wurde wiederholte Male abgeändert. Es ist auch sprachlich veraltet. Aus diesen Gründen hatte der Landtag des Jahres 1987 - wir haben es schon gehört - der Regierung ein Postulat auf Überarbeitung des Staatsgerichtshofgesetzes überwiesen. Daraufhin war damals eine Vorlage ausgearbeitet worden, welche nach breit abgestützter Vernehmlassung an der Landtagssitzung vom 11. November 1992 einhellig vom Landtag angenommen, aber dann nicht vom Fürsten sanktioniert wurde. Entgegen der Behauptung des Abg. Peter Sprenger, dass die Regierung wohlweislich für sich als Geheimnis behält, warum es nicht sanktioniert worden war, habe ich das im Bericht nachlesen können. Und es ging wohl damals um die Auslegungskompetenzen des Staatsgerichtshofes, die den Fürsten gestört hatten. Die Regierung führt im vorliegenden Bericht aus, dass sie ihre Arbeiten auf die Gesetzesvorlage von damals gestützt hat, was auch seitens des Staatsgerichtshofes gutgeheissen wurde, der zu einer entsprechenden Stellungnahme eingeladen worden ist. Nennenswerte Neuerungen gegenüber dem geltenden Staatsgerichtshofgesetz sind einerseits die Aufhebung der Gutachterkompetenz des Staatsgerichtshofes, andererseits die Zuständigkeit zur Überprüfung der Verfassungsmässigkeit von Staatsverträgen. Schon 1992 wurde die Erstattung von Gutachten als wesensfremde Aufgabe eines Gerichtes qualifiziert. Die verbindliche Auslegung der Verfassung soll nur dem Verfassungsgesetzgeber zustehen. Aufgrund der Verfassungsrevision gemäss Volksabstimmung sind Ergänzungen und Anpassungen der Gesetzesvorlage 1992 vonnöten. Mein Vorredner, der Abg. Alois Beck, ist sehr eingehend auf einzelne Änderungen und Verbesserungen, insbesondere auf die Individualbeschwerde eingegangen. Ich will das hier aber nicht wiederholen, aber abschliessend als weitere Beispiele die Bestellung der Mitglieder des Staatsgerichtshofes sowie die klare Aussonderung der Verwaltungsgerichtsbarkeitsaufgaben nennen. Die Verfahrensregeln sind auch klar umrissen und werden durch eine Geschäftsordnung ergänzt, die sich der Staatsgerichtshof noch zu geben hat, künftig für mehr Rechtssicherheit sorgen. Ich habe nun das Staatsgerichtshofgesetz in dieser kurzen Fassung als Beispiel der sehr umfänglichen Vorlage herausgenommen, spreche mich aber für Eintreten auf alle anderen Vorlagen auch aus. Abg. Paul Vogt:
Es gibt in diesem Paket zweifellos Gesetzesvorlagen, die sehr zu begrüssen sind. Dazu zähle ich einerseits die Revision des Staatsgerichtshofgesetzes, andererseits aber auch die Umwandlung der bisherigen Verwaltungsbeschwerdeinstanz in ein Verwaltungsgericht. Das sind unbestrittene Fortschritte in der neuen Verfassung bzw. Gesetzesrevisionen, die jetzt ermöglicht werden. Auf der anderen Seite gibt es ausserordentlich problematische Punkte, insbesondere die neue Richterbestellung. Ich möchte das nicht allzu lange ausführen. Die Bedenken sind bekannt. Aber kurz zusammengefasst, meine ich, dass das neue Richterbestellungsverfahren die Unabhängigkeit der Richter in keiner Art und Weise stärken wird. Es wird in Zukunft eine ganz entscheidende Frage sein, wer dem Fürsten genehm ist. Alle anderen haben keine Chance, in ein Richteramt zu gelangen. Ich hoffe allerdings, dass der Erbprinz diese neuen Kompetenzen einmal mit einer gewissen Zurückhaltung wahrnehmen wird, ansonsten, denke ich, dass es zu permanenten Konflikten in diesem Staat kommen wird. Ich möchte klar zum Ausdruck bringen, dass ich die neue Verfassung als geltendes Recht akzeptiere und mich auch daran halten werde. Darüber soll kein Zweifel entstehen. Sie wurde in einer Volksabstimmung verabschiedet. Von daher ist es für mich also keine Frage, dass ich mich daran halten werde. Das bedeutet aber nicht, dass ich mir nicht das Recht herausnehme, die damit verbundenen Probleme immer wieder anzusprechen, das zu thematisieren und die Fragen immer wieder zu stellen. Ich denke, mit dieser neuen Verfassung hat unser Land eine Hypothek auf sich genommen, die unser Staatswesen sehr lange belasten wird. Der Abg. Markus Büchel wirft dem Abg. Peter Sprenger fehlende Objektivität vor. Ich denke, dieser Vorwurf müsste umgekehrt werden. Der Abg. Peter Sprenger befindet sich in ausgezeichneter Gesellschaft, wenn er die neue Verfassung kritisiert. Lesen Sie den Bericht der Venedig-Kommission, ein Bericht von anerkannten Staatsrechtsexperten, die auch einen philosophischen Hintergrund haben, lesen Sie im neuen Bericht der Beobachter, die nach Liechtenstein gekommen sind, lesen Sie die Meinung zahlreicher Experten, Gutachter, die dieses Verfassungsrevisionsverfahren begleitet haben. Ich fordere Sie auf, diese Inhalte einmal sachlich zur Kenntnis zu nehmen. Lösen Sie sich von der Vorstellung, dass es keine politischen Alternativen gegeben habe zu dieser durchgeführten Verfassungsdiskussion. Wir hatten Alternativen und ich denke auch, dass es möglich gewesen wäre, dem Fürsten dies deutlich zu machen, wenn sich die Parteien nicht hätten auseinander dividieren lassen. Ich bin auch überzeugt, dass wir mit diesem Problem immer wieder konfrontiert werden. Die Wissenschaftler werden die gleichen Fragen immer wieder thematisieren. Sie werden sie aufwerfen. Und ich begreife unsere Europarats-Delegierte Renate Wohlwend, die ja auch Juristin ist und die im Europarat grosse Erfahrung gesammelt hat, wenn es um Demokratie und rechtsstaatliche Fragen in osteuropäischen Ländern geht, ich begreife sie nicht, dass sie diese Kritik aus dem Europarat nicht ernster nimmt. Es ist doch nicht einfach so, dass die Berichterstatter und die Venedig-Kommission unsere Verfassung nicht verstanden hätten. Sie haben sich sehr darum bemüht, die Meinung der Regierung kennen zu lernen. Sie haben hier diskutiert. Wenn Sie den Bericht objektiv lesen, dann stellen Sie fest, dass diese Meinung - ich meine - in durchaus objektiver Weise zusammengefasst wurde. Es ist nicht so, dass die Regierung und die Befürworter der neuen Verfassung nicht zu Wort gekommen sind. Es ist aber einfach so, dass die Argumente, die von Seiten der Regierung und des Fürsten vorgebracht wurden, als zu leicht befunden wurden. Die Kritik geht im Wesentlichen immer wieder dahin, dass es in unserem Staat an demokratischer Kontrolle fehlt. Es gibt Entscheidungen, die vom Monarchen nach freier Willkür, nach freiem Ermessen getroffen werden, ohne dass er sich kontrollieren lassen muss. Das ist doch der Haupteinwand. Und diesen Haupteinwand kann man nicht einfach so leichtfertig auf die Seite schieben. Die Kontrolle und die Rechtsstaatlichkeit sind grundlegende Prinzipien in Europa. Und wenn wir zur europäischen Familie gehören wollen, dann müssen wir uns auch diesen Massstäben und Standards unterziehen. Ich glaube, man löst die Probleme nicht, indem man den Kopf in den Sand steckt, sondern indem man sich diesen Fragen stellt und indem man sich damit ernsthaft auseinander setzt.Dann kurz zu Ihrer versuchten Verteidigung des Leserbriefes von «WBW»: Ich finde das sehr bedauerlich, dass Sie diesen Leserbrief verharmlosen oder gar beschönigen. Ich meine, wir als Gegner dieser Verfassungsreform brauchen uns nicht vorwerfen zu lassen, dass wir Landesverräter sind. Ich finde das dicke Post. Ich finde, damit wird in diesem Land ein Klima geschaffen, das unerträglich wird. Und Sie müssen begreifen, wenn man sich dagegen zur Wehr setzt. Und es würde Ihnen - ich nehme an, Sie sind Demokrat und Sie sind für eine offene und faire Auseinandersetzung - es würde Ihnen gut anstehen, wenn Sie sich davon abgrenzen würden. So viel zu diesen Thema. Dann noch eine kurze Replik zum Votum des Abg. Alois Beck: Er hat ausgeführt, dass mit dieser Verfassungsrevision das Urteil in der Sache «Herbert Wille gegen Liechtenstein» umgesetzt sei. Das sehe ich eben nicht so. Es gibt auch in Zukunft mit dieser Rechtslage keine Möglichkeit, dass ein solches Unrecht beseitigt wird.Abg. Erich Sprenger:
Danke schön. Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren. Zum Glück gibt es in diesem Hohen Haus noch eine freie Meinungsäusserung. Ich möchte den Abg. Peter Sprenger darin unterstützen, und zwar in der Meinung, dass diese Abstimmung nicht ganz frei durchgeführt wurde. Betrachtet man sich den Abstimmungskampf, so stellt man fest, dass die Seite des Fürsten, als die Sachargumente gegen die Argumente der Gegner nicht mehr ankamen, voll auf die Emotionen umgeschwenkt hat. Diese Klaviatur haben sie vor allem in den letzten zwei, drei Wochen vor der Abstimmung sehr professionell gespielt. Das hat sicher schlussendlich auch seine Auswirkung aufs Abstimmungsergebnis gehabt. Ganz frei war also diese Abstimmung - nach meiner Ansicht - sicher nicht. Abg. Peter Sprenger:
Herr Kollege Büchel. Ich muss mich auch dagegen verwehren. Sie hatten mir das Wort «Verräter» in den Mund gelegt. Dieses Wort habe ich nicht im Mund geführt. Und gleich lautend wie der Kollege Vogt muss ich Ihnen schon sagen, dass Sie sich dazu versteigen, den primitiven Leserbrief von Walter Bruno Wohlwend noch in Schutz zu nehmen. Das ist höchst bedenklich. Herr Wohlwend hat mit seinem furchtbaren Vergleich mit der historischen Figur Uli Maris zweierlei Dinge zum Ausdruck bringen wollen: Erstens, dass die Gegner der Verfassungsvorschläge des Fürsten, die leider zu Verfassungsinhalt geworden sind, auf bedenkliche Art und Weise ihr Land verraten haben - und dies für Geld. Ich warte bis heute auf den Eingang des Checks für meine Unterschrift unter das Schreiben nach Strassburg, das kann ich Ihnen sagen. Und zweitens - und das ist noch viel furchtbarer, dass diesen Leuten der Kopf abgeschlagen gehört. Und dass Sie sich hier nicht entblöden - ich sage das Wort ganz bewusst - solche Sachen noch zu verteidigen, das gibt mir zu denken. Ich verwehre mich dagegen, dass ich auf die gleiche Stufe wie ein Herr Wohlwend gestellt werde. Dies ist ehrverletzend. Wenn Sie bei andern, beispielsweise bei Herrn Wohlwend oder beim Fürsten dieselben kritischen Massstäbe wie bei mir anlegen würden, dann würden Sie vielleicht zu andern Ergebnissen kommen. Dann zur Frau Kollegin Wohlwend: Sie machen es sich sehr, sehr einfach. Die drei Experten, alles ausgewiesene Kenner des Verfassungsrechts in Europa, die den Kilclooney-Bericht verfasst haben, und neuerdings auch die Herren Jurgens, ein Professor für Staatsrecht aus den Niederlanden, und Herr Hancock, das sind in Ihren Augen einfach alles Toren, die unser spezielles System nicht verstanden haben. So einfach ist es nicht, Frau Kollegin Wohlwend. Aber wenn man argumentativ wenig bis nichts zu bieten hat, dann bezweifelt man einfach die Seriosität und die Kompetenz der Gegenseite, und damit hat es sich. Und zum Abschluss möchte ich hinsichtlich des Rückzuges auf unser ach so spezielles System, das Sie immer wieder als ungeheures Argument in die Waagschale werfen, schlicht, auch wenn Sie das nicht gerne haben, Herr Kollege Büchel, aus dem Bericht Ziff. 46 - es ist die Zweitletzte - zitieren: «Liechtenstein ist seit 1978 Teil der grossen europäischen Familie. Dies behinhaltet auch die Einhaltung der gemeinsamen europäischen Werte und Standards, die im Statut der Organisation und in den zahlreichen Konventionen verankert sind, die im Rahmen des Europarates angenommen wurden. Viele andere Länder könnten für sich geltend machen, dass ihr System einzigartig ist und nicht mit den andern Ländern verglichen werden kann. Dies enthebt jedoch weder Liechtenstein noch irgendein anderes Land von der Verpflichtung, die grundlegenden europäischen Prinzipien zu beachten». Dem habe ich nichts hinzuzufügen.Abg. Markus Büchel:
Herren Abgeordnete Sprenger und Vogt. Ich weiss nicht, wollen Sie mich einfach missverstehen. Ich habe das Beispiel des Leserbriefes nur angeführt, um Ihnen zu zeigen, wie es uns geht, wenn Sie uns, den so genannten Befürwortern, Verräter an der demokratischen Sache, den Sündenfall, die totale Abhängigkeit usw., wenn Sie uns solche Schlagworte und Beleidigungen an den Kopf werfen. Ich wollte Ihnen da zeigen, wie es in uns aussehen muss. Und das ist dann alles einfach normal, objektiv und frei hier geäussert. Wenn aber irgendjemand einen Leserbrief in der Zeitung schreibt, mit dem ich nichts zu tun habe, dann soll ich mich davon distanzieren, dann soll ich sagen, ich bewege mich nicht darin. Ich habe mit diesem Leserbrief nichts zu tun. Ich habe ihn als Beispiel angeführt für Ihre Beleidigungen, die Sie an uns richten. Ich habe auch kein Problem mit der freien Meinungsäusserung. Wenn es eine Sache ist, soll jeder seine Meinung vorbringen und auch äussern können, wie es sich gehört. Man muss auch sagen, es sollte aber auch die richtige Zeit und der richtige Ort dafür sein, wenn man sich immer wieder über ein gleiches Thema unterhält. Nur das habe ich an der Sache kritisiert. Aber zur freien Meinungsäusserung: Wenn Sie dazu die Beleidigungen zählen, die Sie uns permanent an den Kopf werfen, dann muss ich sagen, damit werde ich mich auch nicht abfinden. Und damit kann ich mich auch nicht von jemanden distanzieren oder sagen, ich soll mich aus diesem Kreis wegbewegen, der Ähnliches in der Zeitung macht, was Sie hier permanent im Parlament tun. Abg. Alois Beck:
Ich möchte noch kurz auf die Ausführungen des Abg. Paul Vogt eingehen, der mich erwähnt hat. Ich glaube aber nicht, dass er das wiedergegeben hat, was ich vorgetragen habe. Ich habe gesagt, durch das Recht, auch hoheitliche Individualakte des Landesfürsten mittels Individualbeschwerde beim Staatsgerichtshof anfechten zu können, wird Art. 13 EMRK und somit den Anliegen des Europarates Rechnung getragen. In diesem Art. 13 EMRK wird eben das Recht, eine wirksame Beschwerde bei einer nationalen Instanz einlegen zu können, postuliert. Dann habe ich ausgeführt, damit wird auch den völkerrechtlichen Erfordernissen im Zusammenhang mit dem Fall «Herbert Wille» Genüge getan. Ich habe mich ausschliesslich auf diese völkerrechtlichen Erfordernisse beschränkt. Und es ist uns allen klar was abgelaufen ist: Herbert Wille hat Recht bekommen. Wenn Sie sagen, was ich vorgetragen habe, Sie bezweifeln, dass hier Unrecht beseitigt wird: Das ist natürlich hier nicht das Thema, das habe ich auch nicht in Abrede gestellt, das habe ich gar nicht erwähnt. Ich habe mich lediglich auf die völkerrechtliche Komponente bezogen und hier glaube ich doch, dass man von einem wichtigen Fortschritt sprechen kann. Abg. Renate Wohlwend:
Kollege Peter Sprenger. Wenn Sie meinen, ich würde die Experten der Venedig-Kommission zu Toren stempeln, dann kennen Sie mich wirklich schlecht. Ich werfe denen aber vor, dass sie nicht gewissenhaft gearbeitet haben. Ich werfe ihnen nicht vor, dass sie keinen Sachverstand hätten. Ich masse mir das auch überhaupt nicht an, denn ich bin keine Verfassungsexpertin. Ich empfinde aber die Arbeit sowohl der Experten der Venedig-Kommission als auch die Arbeit meiner Monitoring-Ausschuss-Kollegen Hancock und Jurgens als oberflächlich und so, als würden sie unsere Verfassung eben nicht vom ersten bis zum letzten Artikel gelesen haben. Sie picken heraus, was ihnen in ihre Argumentationslinie gefällt und passt. Das kritisiere ich und dagegen setze ich mich auch zur Wehr. Abg. Paul Vogt:
Nur noch einmal zur Klarstellung, Herr Abg. Alois Beck: Ich bezweifle, dass die Konsequenzen, die sich aus dem Urteil in der Sache Herbert Wille gegen Liechtenstein ergeben, dass die mit diesen Änderungen umgesetzt werden. Es geht nicht um die Wiedergutmachung, sondern um die Umsetzung des Urteils in liechtensteinisches Recht. Und das passiert damit nicht. Abg. Alois Beck:
Jetzt muss ich einfach konkret nachfragen: In welchen Punkten oder was müsste Ihrer Meinung nach dann geschehen? Was ich bis jetzt sowohl von der Vorgänger-Regierung als auch jetzt gehört habe, ist dieses Erfordernis, das jetzt hier reingekommen ist, zu erfüllen. Sie müssen uns jetzt vielleicht aufklären, was hier alles noch passieren müsste. Abg. Elmar Kindle:
Herr Präsident, Damen und Herren. Ich habe noch eine Frage, und zwar: Jetzt wurde schon zum wiederholten Mal aus einem Bericht zitiert bzw. es wurde ein Bericht erwähnt. Den Bericht kenne ich gar nicht. Ich habe eine diesbezügliche Frage: Wer ist Adressat dieses Berichtes? Die Abgeordneten Sprenger und Vogt haben den genannten Bericht erwähnt. Ich kenne diesen Bericht nicht und weiss auch nicht, ob er öffentlich, intern ist oder was auch immer ist. Abg. Peter Sprenger:
Ich habe mich zwar nicht zu Wort gemeldet, aber ich mache das gerne. Ich nehme an, der Herr Kollege Kindle hat nach dem Adressaten des Berichtes gefragt. Das ist das Büro der Parlamentarischen Versammlung, wenn ich mich nicht irre. Aber da die Kollegin Wohlwend Mitglied dieses Hauses ist, dürfte sie diesbezüglich mehr Sachverstand haben und uns vielleicht Aufklärung geben. Abg. Renate Wohlwend:
Meine Aufklärung geht dahin, dass meines Wissens der Bericht bis jetzt vertraulich für die Mitglieder des Monitoring-Ausschusses und des Büros aufgelegt ist. Es stört mich nicht, dass Sie die Inhalte kennen. Ich bin aber ehrlich gesagt wirklich erstaunt, dass der Bericht bereits den Weg auf Ihren Tisch gefunden hat. Abg. Paul Vogt:
Zur Frage der Öffentlichkeit des Berichts: Ich denke, er ist noch nicht veröffentlicht, nicht offiziell, aber es ist ohne weiteres möglich, diesen Bericht zu erhalten. Damit zur Frage des Abg. Alois Beck. Die Frage ist doch: Was passiert, wenn das Staatsoberhaupt wie im Fall Herbert Wille einen Bürger oder eine Bürgerin dieses Landes in ihren Individualrechten verletzt? Zum Beispiel, wenn solche Sanktionen wegen eines öffentlichen Vortrags getroffen werden, wie kann sich dieser Bürger wehren? Das Staatsoberhaupt untersteht nicht der Gerichtsbarkeit, also hat es auch keine Konsequenzen, selbst wenn man an ein Gericht gelangen kann. Und das ist doch die Krux daran. Abg. Elmar Kindle:
Herr Präsident, Damen und Herren. Es verwundert mich jetzt schon, wenn ein vertraulicher Bericht hier öffentlich gemacht wird. Dann habe ich noch eine naive bzw. dumme Frage: Wie komme ich als Abgeordneter zu diesem Bericht? An wen muss ich mich da wenden, wenn er vertraulich ist?Abg. Peter Sprenger:
Kollege Kindle. Ich schenke Ihnen den Bericht. Sie können ihn auf Englisch und auf Deutsch haben. Im Übrigen kann er auf der Webseite www.dese.li jederzeit heruntergeladen werden. Und zur Vertraulichkeit habe ich noch eine Bemerkung zu machen: Ich persönlich wurde schon vor einigen Tagen von Radio L angefragt. Dabei wurden mir Fragen zu diesem Bericht gestellt, als ich den Bericht aber auch noch nicht kannte. Allerdings liessen die Fragen von Frau Petra Matt darauf schliessen, dass er auf Schloss Vaduz bereits bekannt war. Ich sollte mich dann dazu äussern. Wie der Bericht speziell auf Schloss Vaduz gekommen ist, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Ich habe aber gewisse Vermutungen. Abg. Alois Beck:
Nochmals zum Votum des Abg. Vogt: Ich glaube, da werden verschiedene Dinge miteinander vermischt. Zum einen dürfte, glaube ich, jetzt allen klar sein, dass mit der In-Kraft-Tretung dieses Gesetzes innerstaatlich eben eine Beschwerdemöglichkeit besteht, dass der Fürst in seiner Funktion als Staatsoberhaupt - wohlweislich als Staatsoberhaupt - der Gerichtsbarkeit untersteht und aus Sicht des Europarates und der völkerrechtlichen Erfordernisse geht es natürlich um diese Komponente, eben dieser erwähnte Art. 13. Was dann innerstaatlich daraus gemacht wird - allfällige Sanktionen oder was weiss ich - das ist, glaube ich, eben eine nationale Komponente und nicht eine völkerrechtliche Komponente. Zumindest ich kann mich jetzt nicht erinnern, dass ein solches Vorgehen explizit dann vom Europarat verlangt wurde. Ich muss aber zugeben, ich habe diese Schriften nicht mehr bis auf das letzte Komma im Kopf. Abg. Elmar Kindle:
Herr Präsident. Herr Abg. Sprenger. Ich werde diesen Bericht zurückgeben. Ich habe ihn nicht offiziell erhalten. Es handelt sich um ein vertrauliches Papier. Und wenn ich dieses vertrauliche Papier erhalten sollte, dann auf offiziellem Wege von irgendwelchen Adressaten vom Europarat oder von wem auch immer. Ich finde so etwas auch nicht lächerlich und finde es auch nicht in Ordnung, wenn man vertrauliche Berichte einfach so herumgehen lässt. Aber das scheint hier so die Runde zu machen. Ich weiss es auch nicht. Abg. Peter Sprenger:
Wenn Sie es jetzt auf diese Tour versuchen, dann sage ich Ihnen einfach: Das finde ich meinerseits lächerlich. Sie können morgen in der Zeitung lesen - ich habe es Ihnen auch gesagt - wo der Bericht heruntergeladen werden kann. Und wenn der Bericht vor etwa sieben, acht Tagen bereits auf dem Schloss war, ich dazu gefragt wurde und mich dann erdreiste, den Bericht, damit ich auf derselben Stufe bin, auch zu bekommen und Sie mir jetzt den schwarzen Peter zuspielen - in Gottes Namen, dann nehme ich auch diesen schwarzen Peter noch auf mich.Abg. Rudolf Lampert:
Ich möchte bloss dazu sagen: Wenn der Weg nicht stimmt, das Verfahren nicht stimmt, dann stimmt auch das Resultat nicht. Ich schwärze Ihnen das überhaupt nicht an, dass Sie den Bericht zur Verfügung haben. Aber irgendjemand muss doch diesen Bericht offiziell haben, damit das Parlament dieses Landes auch darüber diskutieren kann. Und mich würde es schon interessieren, wie der ordentliche Weg ist, damit wir als Abgeordnete zu diesem Papier kommen. Ich kenne das auch nicht, es wurde hier einige Male erwähnt. Ich kann den Personen, die dieses Papier jetzt zur Verfügung haben, überhaupt keinen Vorwurf machen. Irgendwo ist ein Kanal, den ich leider nicht kenne, der dieses Papier verteilt. Landtagspräsident Klaus Wanger:
Bevor ich das Wort dem Herrn Regierungschef gebe, möchte ich aus meiner Sicht noch einige Bemerkungen machen: Die Debatte, die wir jetzt führen, ist sicher ungewöhnlich, denn wir haben eigentlich eine Eintretensdebatte auf verschiedene Gesetzesvorlagen vorzunehmen. Ich habe jedoch Verständnis, dass in dieser Angelegenheit erneut die Fronten bezogen werden. Kein Verständnis habe ich jedoch für den erneuten Rundumschlag - und ich sage es ganz bewusst - und zwar den unqualifizierten, gewohn-ten Rundumschlag des Abg. Peter Sprenger in diesem Hause. Ich möchte diesen Rundumschlag nicht kommentieren. Genauso möchte ich die - aus meiner Sicht - Abqualifizierung von zwei Dritteln aller Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner, die dem Verfassungsvorschlag zustimmten, im Raume stehen lassen. Ich bedaure auch und ich kann Ihnen versichern - ich kenne diesen Bericht, aus dem Sie zitieren, auch noch nicht - ich bedaure, dass Sie jedoch zwei Berichterstattern - einen davon habe ich persönlich erlebt und vom anderen habe ich gehört -, dass Sie zwei Berichterstattern, die - und das habe ich vermutet und das hat sich heute klar bestätigt - mit vorgefasster Meinung hier ins Land gekommen sind und auch anscheinend - wie Sie sagen - einen Bericht erstellten, der vernichtend ist und wie der Abg. Markus Büchel gesagt hat in erster Linie auch ein Angriff auf die Verfassung von 1921 ist, ich bedaure auch, Herr Abg. Sprenger, dass Sie diesen zwei Berichterstattern beispielsweise mehr Kompetenz in dieser Verfassungsangelegenheit zutrauen als den Entscheiden der Höchstgerichte, die in unserem Land vor der Abstimmung getroffen wurden. Abschliessend möchte ich Ihnen nur sagen: Für mich macht es wenig Sinn, mit Ihnen und mit all jenen in der Sache weiter zu diskutieren, die einen demokratischen Entscheid des liechtensteinischen Volkes nicht akzeptieren und somit die Grundprinzipien unseres Staates nicht akzeptieren. Damit möchte ich es bewenden lassen. Und nun gebe ich das Wort dem Herrn Regierungschef.Regierungschef Otmar Hasler:
Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren. Sie müssen verstehen, wenn ich auf die grundsätzliche Debatte bezüglich der Verfassungsänderung nicht eingehen möchte, denn die Diskussionen haben wir miteinander geführt. Ich respektiere eine andere Meinung, ich respektiere eine andere Einschätzung. Für mich gibt es nicht schlechtere und bessere Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner, aber auf keiner Seite. Ich bitte das auch zur Kenntnis zu nehmen. Ich kann auch den Argumenten nicht folgen, dass auf der Befürworterseite nicht argumentiert wurde, dass dort die Objektivität völlig vermisst wurde, hingegen auf der Gegenseite diese vorhanden war. Es sind letztendlich Einschätzungsfragen, ob ein verhandeltes Ergebnis genügt oder nicht genügt. Das Schlimmste scheint mir allerdings, wenn wir im Nachgang uns in bessere oder schlechtere Bürgerinnen und Bürger einteilen. Das darf nicht passieren, dazu möchte ich meinen Beitrag leisten, aber dazu müssen auch viele andere ihren Beitrag leisten. Wenn mir immer wieder die Schönwetterlage vorgeworfen wird: Ich weiss schon, was das Amt des Regierungschefs bedeutet und ich habe alles andere als eine Schönwetterlage angetreten und habe auch alles andere als eine Schönwetterlage. Ich denke nur an die internationalen Verhandlungen, an den ganzen Druck, der auf diesem Land liegt. Wer hier dann noch von Schönwetter spricht wird Stürme wahrscheinlich gar nicht überleben können. Ich empfinde das Ganze als stürmische Situation. Dann zum Europarat, also zu den zwei Vertretern des Monitoring-Komitees und zu diesem Bericht, der jetzt allem Anschein nach öffentlich wird. Dazu möchte ich auch kurz Stellung nehmen, obwohl die Regierung nicht Partei in diesem Verfahren ist und deshalb auch nicht angeschrieben wurde, weil das ganze Verfahren auf der parlamentarischen Ebene läuft. Die Regierung ist allerdings auch in den Besitz dieses Berichtes gekommen, und zwar über eine unserer Botschaften, der das Papier zugestellt wurde. Und ich frage mich schon langsam, wie dieses Verfahren im Europarat abläuft. Ich habe das aber nicht zu beurteilen. Ich liess aber über den Botschafter zurückfragen: Wie ist der Status dieses Papieres? Und dort wurde mir ganz klar und eindeutig die Auskunft gegeben: Das Papier ist nicht öffentlich, sondern es wird vom Monitoring-Komitee dem Büro zugestellt. Das war die Auskunft und deshalb habe ich dieses Papier auch nicht öffentlich gemacht. Ich liess es aber übersetzen und ich dachte mir, dass es notwendig und richtig ist, das den Landtagsabgeordneten vertraulich zuzustellen, damit sie das Papier auch lesen können. Aber die Zeit hat mich allem Anschein nach überholt. Trotzdem werden wir es Ihnen in den Besitz übergeben, weil ich das richtig finde, dass Sie dieses Papier erhalten. So lange man mir aber sagt, dass dieses Papier vertraulich ist, stelle ich es Ihnen natürlich auch vertraulich zu und ich werde auch öffentlich zu den Details dieses Berichtes nicht Stellung nehmen, weil ich mich an diese Auskunft gebunden fühle. Dann aber zu den Gesetzesvorlagen: Hier hat der Abg. Peter Sprenger einen zentralen Artikel herausgegriffen, nämlich den Art. 22 des Staatsgerichtshofgesetzes, der die Staatsvertragsprüfung vorsieht. Und dieser Art. 22 bezieht sich auf Art. 104 Abs. 2 der Verfassung. Erstens einmal möchte ich doch ausführen, dass schon im StGH-Gesetzesentwurf, wie er vom Landtag verabschiedet wurde im Jahre 1992, die Prüfung der Verfassungsmässigkeit von Staatsverträgen vorgesehen war. Und da sind auch entsprechende Ausführungen enthalten. Damals wurde dieser Artikel so auch vom Landtag beschlossen und das Gesetz wurde auch vom Landtag beschlossen, ohne dass damals diese Dimension und auch Dramatik gesehen wurde, wie ich in den Protokollen nachgelesen habe. Aber zu Ihren Fragen einfach ganz grundsätzlich, ohne dass ich hier eine wissenschaftliche Abhandlung geben kann: Die Aufhebung der innerstatlichen Verbindlichkeit hat keinerlei Einfluss auf die völkerrechtliche Verbindlichkeit - dass das noch einmal gesagt ist. Diese bleibt bestehen, wenn man einen völkerrechtlichen Vertrag eingegangen ist. Diese Bestimmung ändert nach Überzeugung der Regierung auch nichts an dem in Liechtenstein geltenden Adoptions- bzw. Inkorporationssystem. Demnach kommt dem Völkerrecht als solchem innerstaatliche Geltung zu, ohne dass es für seine innerstaatliche Wirksamkeit einer Umsetzung in nationales Recht oder eines Anwendungsbefehls durch das zuständige staatliche Rechtssetzungsorgan bedarf. Obwohl hier Völkerrecht und Landesrecht nach diesem System Teile eines einheitlichen Regelungssystems sind, sind hier zwei verschiedene Geltungsgründe, nämlich der innerstaatliche und der völkerrechtliche. Diese beiden Geltungsgründe sind eng miteinander verbunden und fallen üblicherweise formal und zeitlich zusammen. Daher spricht die Regierung hier auch vom Adoptionssystem. Eine Kehrtwende Liechtensteins vom Adoptionssystem weg hin zum dualistischen Transformationsprinzip ist damit nicht verbunden. Das sehen wir hier nicht so. Schliesslich darf man nicht vergessen, dass eine Aufhebung der innerstaatlichen Verbindlichkeit einzelner staatsvertraglicher Bestimmungen nur Ultima Ratio ist und daher äusserst selten vorkommen wird. Zum einen wird bereits vor Abschluss eines Vertrages die Vereinbarkeit mit dem nationalen Recht und ein allfälliger Anpassungsbedarf geprüft. Diesem Punkt und der Frage der Rangordnung wird künftig vermehrt Beachtung zu schenken sein. Zum Zweiten wird der Staatsgerichtshof hier sicher auch entsprechend behutsam und zurückhaltend vorgehen. Er hat ja auch die Mittel der verfassungskonformen oder der völkerrechtskonformen Auslegung zur Verfügung. Und sollte dies alles nicht genügen, also sollte es tatsächlich einen Anwendungsfall geben, dann wird man sich die Möglichkeit in erster Linie einmal einer Verfassungsänderung überlegen müssen. Aber grundsätzlich ist es natürlich schon wünschenswert und richtig, dass die völkerrechtlichen Verpflichtungen und das Verfassungsrecht übereinstimmen, so auch unter dem Blickwinkel der Rechtssicherheit. Und von daher noch einmal: Auch im Gesetz von 1992 war diese Prüfung der Verfassungsmässigkeit von Staatsverträgen vorgesehen. Zu den anderen Ausführungen betreffend den Europarat: Diesbezüglich möchte ich eigentlich nicht weiter darüber diskutieren. Ich habe das schon gesagt, weil es mir doch wichtig ist, dass ich mich an diese Auskünfte halte. Aber wenn dann das Papier einmal öffentlich ist, kann man sicher darüber diskutieren.Abg. Peter Sprenger:
Herr Landtagspräsident. Sie haben mir vorgeworfen, die Grundprinzipien unseres Staates nicht zu respektieren. Das weise ich mit Entschiedenheit zurück. Sie sind es, Sie blenden einfach die Unrechtselemente des Prozederes und der Inhalte bewusst und permanent aus und wollen - weil nicht sein kann was nicht sein darf - das problematische Umfeld, die Drohungen, das wegretuschierte Schloss etc. durch präsidiale, starke und laute Worte vergessen machen. Sie können mich nicht einschüchtern. Und lassen Sie mir doch bitte den Glauben, dass das jetzige Resultat der Volksabstimmung nicht ein endgültiges Resultat ist. Ich werde mich - und ich erkläre das bewusst und öffentlich - im Rahmen der jetzigen Verfassung weiterhin dafür einsetzen, dass diese im Kern anachronistischen und rückwärtsgewandten Änderungen der Verfassung eines Tages wieder richtig gestellt werden.Landtagspräsident Klaus Wanger:
Herr Abg. Sprenger. Nur ganz kurz: Ich habe Ihnen nur im Zusammenhang mit dem demokratischen Entscheid gesagt: Es macht in dieser Sache - nach meiner Ansicht - keinen Sinn, wenn wir beide über den Entscheid des liechtensteinischen Volkes diskutieren. Es ist ein demokratischer Entscheid, und den können Sie nun drehen und wenden, wie Sie wollen. Es ist ein Zweidrittelentscheid des liechtensteinischen Volkes für diese Verfassung. Und ich habe Ihnen gesagt, dass, wenn jemand diese demokratischen Rechte oder diesen demokratischen Entscheid nicht akzeptiert, dann akzeptiert er aus meiner Sicht auch nicht die Grundprinzipien unseres Staates. Das habe ich Ihnen gesagt und nichts anderes. Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete und Regierungsmitglieder. Ich glaube, es ist an der Zeit, auch aus meiner Sicht einige Worte zu dieser teilweise etwas aus dem Ruder laufenden Debatte zu sagen: Ich finde es nicht richtig, Herr Präsident, dem Abg. Sprenger wegen seines sicherlich emotional gefärbten ausführlichen Votums am Beginn unserer heutigen Debatte gleich vorzuhalten, dass man mit ihm nicht mehr reden könne und es somit keinen Sinn habe, mit ihm in dieser Sache zu reden, da er offensichtlich den Entscheid des Volkes nicht akzeptiere. Ich glaube nicht, dass er das wörtlich oder sinngemäss gesagt oder gemeint hat, sondern er hat seine Zweifel an der Art und Weise, wie dieser Entscheid zustande gekommen ist, neuerlich zum Ausdruck gebracht. Er hat auch andere Gedanken, die er zu diesem Thema oder Meinungen, die er zu diesem Thema immer schon hatte, neuerlich mit sehr deutlichen Worten zum Ausdruck gebracht. Es ist an und für sich zu erwarten, dass, auch wenn in der Zwischenzeit 6 Monate vergangen sind, dass in einer Eintretensdebatte über die Gesetze betreffend die Umsetzung dieser Verfassungsänderung auch dieser Ereignisse nochmals gedacht würde. Ich habe das an und für sich nicht vorgehabt, habe es auch jetzt nicht vor im Rahmen der Eintretensdebatte zu diesen Umsetzungsgesetzen das Thema Volksabstimmung, wie es dazu kam und wie es zum Ergebnis bei dieser Volksabstimmung kam, Revue passieren zu lassen oder irgendwie zu bewerten, da ich als etwas kühlerer und mehr formalistisch eingestellter Mensch und Jurist als mein Kollege Peter Sprenger im Wesentlichen davon ausgehe, dass dies, nämlich diese Änderungen der Verfassung, eine gegessene Sache ist, was theoretisch nicht ausschliesst, dass es irgendwann wieder irgendwelche Änderungen geben mag. Aber für die Zeit, die jetzt vor uns liegt, ist das eine vom zuständigen Volk in einer Abstimmung mit klarer Mehrheit - es war zwar keine Zweidrittelmehrheit, wie viele Leute in der letzten Zeit immer wieder nicht müde werden zu kolportieren - sondern es waren 64,3%. Das ist eine stolze Zahl, aber doch keine Zweidrittelmehrheit, und das spielt an und für sich auch keine Rolle. Es war also ein klares Ergebnis, man könnte es sogar - auch aus meiner Sicht - positiv auffassen, dass man im Grunde genommen keine Zweifel mehr haben muss, ob es überhaupt mit einer Annahme dieser Initiative anders ausgegangen wäre, wenn gewisse Erscheinungen vor dem Abstimmungstag anders verlaufen wären. Daher bin ich davon ausgegangen: Wir haben hier diese neuen Verfassungsvorschriften umzusetzen. Alle Regierungsvorlagen, die hier vor uns liegen, handeln von diesem Thema, und zwar im Wesentlichen nur von diesem Thema. Nur beim Staatsgerichtshofgesetz hat die Regierung in - wie ich auch meine - dankenswerter Weise einen wesentlich weiteren Schritt gemacht, indem sie nicht nur die zwingend nötigen Umsetzungen betreffend Verfassungsänderung vorschlägt, sondern indem sie gleich auf das seiner Zeit vom Landtag im November 1992 verabschiedete Gesetz zurückgekommen ist. Eine grosse Eintretensdebatte schien mir persönlich daher ursprünglich nicht nötig zu sein, zumindest nicht umfassende Voten. Ich halte auch nicht sehr viel davon, auch aus der Praxis heraus, bereits in der Eintretensdebatte sehr detailliert auf einzelne Gesetzesbestimmungen einzugehen. Es ist nämlich sehr schwierig, später, wenn sie dann bei einer zweiten Lesung sind - ich habe dies heute bei verschiedenen Gesetzen, die wir in 2. Lesung gelesen haben, festgestellt - es ist sehr schwierig, wenn sie dann die Protokolle von der Eintretensdebatte und 1. Lesung haben. Naturgemäss sieht man sich zuerst ja die Titel von der 1. Lesung an und da steht oft relativ wenig, weil viele Abgeordnete das, was ihnen auch zu einzelnen Bestimmungen wichtig ist, alles schon in der Eintretensdebatte gesagt haben. Sie werden dann im Zuge der 1. Lesungen, vor allem beim Richterbestellungsgesetz, aber auch beim Staatsgerichtshofgesetz und auch bei einigen anderen der Vorlage sehen, dass ich zu einzelnen Bestimmungen auch noch was zu sagen habe und vor allem eine Reihe von Fragen an die Regierung habe. Aber ich bringe das hier absichtlich nicht in der Eintretensdebatte. Die sollte sich eigentlich - vom Charakter, von den Besonderheiten dieses Themas her einmal abgesehen, wie ich schon erwähnt habe - sollte sich eine Eintretensdebatte - meine ich - vom Charakter her mit der Frage befassen: Treten wir auf die Vorlage überhaupt ein? Halten wir die Vorlage für geeignet, das Thema, das hier behandelt werden soll, von Detailänderungen, Abänderungsanträgen etc. abgesehen, abschliessend zu behandeln oder halten wir sie für ungeeignet, für verbesserungswürdig etc.? Ich bin der Meinung, dass diese Vorlagen grundsätzlich geeignet sind, von Einzelfragen abgesehen, um die Umsetzung, die eine Pflicht ist, die der Landtag zweifellos hat, in Angriff zu nehmen. Daher habe ich gegen Eintreten sicherlich nichts einzuwenden. Ein Wort noch zum hier mehrfach angesprochenen Thema «Europarat-Bericht» dieser zwei Berichterstatter Hancock und Jurgens: Ich habe diesen Bericht heute Vormittag erstmals gesehen und auch gelesen. Ich kann dazu nur eines sagen in teilweiser Bestätigung dessen, was andere schon gesagt haben: Der Bericht handelt eigentlich in noch pointierterer Weise als der seinerzeitige Bericht der Venedig-Kommission von der Frage, ob ein duales System - es wird bei uns als duales System bezeichnet, ob das jetzt richtig ist oder nicht sei dahingestellt, aber wir wissen alle, was damit gemeint ist - ob ein duales System derart, dass nicht nur das Volk und das vom Volk frei gewählte Parlament im Staat etwas zu sagen haben, Gesetze erlassen können, aufheben können etc., sondern auch ein nicht gewählter erblicher Monarch ohne Einflussmöglichkeit seitens des Volkes und des Parlamentes erheblichen politischen Einfluss auf die Geschicke des Staates nehmen kann, ob das heute im Jahre 2003, im heutigen Europa gewissermassen, noch «akzeptabel» sei - würde ich einmal in Anführungszeichen sagen. Davon handelt dieser Bericht und das ist die Frage, die eigentlich aufgeworfen wurde. Und das ist eine Frage, die weit über das hinausgeht, mit dem wir uns hier zu befassen haben, ganz gleich, welcher Meinung man dazu persönlich ist. Ich finde den Bericht nicht uninteressant, ich finde ihn keineswegs so oberflächlich wie die Kollegin Wohlwend, ausser man erwartet ein detailliertes Eingehen auf die verschiedenen neuen Verfassungsbestimmungen. Das enthält der Bericht in genügender Art und Weise sicherlich nicht, aber er befasst sich teils in allgemeinen Formulierungen, teils unter Zitat dieser verschiedenen oder einzelner der beschlossenen neuen Verfassungsbestimmungen mit dieser Grundfrage. Was daraus herauskommen wird: Ob überhaupt was herauskommen wird, weiss ich nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass das eine Frage sein wird, mit der sich unser Land, das Fürstentum Liechtenstein, im heutigen Europa - das muss gar nicht nur im Bereiche des eigentlichen Europarates sein - wohl oder übel noch befassen müssen wird, ungeachtet der Volksabstimmung und ungeachtet der heute sicherlich in unserem Land in weiten Kreisen bestehenden Bestrebung, mit diesem Thema jetzt vorläufig einmal Schluss zu machen. Aber das werden wir uns nicht ersparen können, nehme ich an, wie viele andere Themen, die uns unangenehm sind, auch nicht zuletzt aufgrund unserer Kleinheit, nicht zuletzt aufgrund der Angriffsflächen, die wir in diesem Punkt bieten. Es nützt nichts mit Hinweis auf Volksmehr und zwei Drittel - und was weiss ich alles - zu versuchen, das abzuwimmeln. Wir haben uns hier in den Augen der europäischen Öffentlichkeit, vor allem der informierten juristischen Öffentlichkeit der überstaatlichen Institutionen Europas leider eine neue Angriffsfläche geschaffen und werden uns damit auseinander setzen müssen. Aber, um auf das Thema zurückzukommen, mit diesen Vorlagen hat das zumindest keinen unmittelbaren Zusammenhang und insbesondere wird uns das in keiner Weise daran hindern, diese Vorlagen zu behandeln und die in Kraft getretenen Verfassungsänderungen auf der Gesetzesebene umzusetzen. Ich möchte zum Abschluss nur nochmals appellieren, man soll sich gegenseitig reden lassen. Ich glaube, dass alle in diesem Staat nach wie vor miteinander reden können. Man soll nicht zu sehr dramatisieren. Und auch wenn einmal harte Worte fallen, Worte, die man sicherlich auch als beleidigend emp-finden kann, das sollte - glaube ich - in einem so kleinen Land mit einer so kleinen Bevölkerung kein Hindernis sein, weiter miteinander zu reden. Ich glaube auch nicht, dass es viel bringt, wenn hier im Landtag, wie es heute teilweise war - so schlimm war es im Grunde genommen nicht - aber wenn teilweise auf eine eher unübliche Art sehr - sagen wir allgemein - harte Worte gefallen sind. Wie wir wissen ist es in Parlamenten anderer Länder in einem viel grösseren Umfang sowohl qualitativ wie auch quantitativ üblich, sich - aus welchen Gründen auch immer - in der Parlamentsdebatte pausenlos in der aggressivsten Art und Weise weiss Gott was alles gegenseitig an den Kopf zu werfen, ohne dass die Leute deshalb privat miteinander total verfeindet sein müssen. Aufgrund unserer Kleinheit, aufgrund der engen Verfilzung - das meine ich nicht im negativen Sinn, sondern im persönlichen Sinn - in diesem Land halte ich es für besser, wenn wir das nicht überborden lassen. Und es gilt für alle Seiten, das gilt nicht nur für eine bestimmte Seite, und ich möchte dazu aufrufen, hier Mässigung walten zu lassen. Landtagspräsident Klaus Wanger:
Herr Landtagsvizepräsident. Ich habe Verständnis, dass Sie sich vor Ihren Kollegen Peter Sprenger stellen. Ich habe meine Aussage auch nicht an Ihre Adresse gerichtet. Ich bin auch nicht zimperlich im Nehmen. Ich glaube, ich habe mich in der ganzen Verfassungsdiskussion bemüht - so weit es ging - sehr sachlich zu sein. Ich habe von allem Anbeginn aus innerer Überzeugung für diese Sache gekämpft, weil ich überzeugt war, dass es für unser Land der richtige Weg ist. Ich habe persönlich auch nichts gegen den Abg. Peter Sprenger. Das weiss er auch. Aber was ich einfach nicht mehr akzeptiere, ist, wenn man ein Votum immer wieder beginnt und das auch an meine Adresse, wenn man mir von historischer Schuld, von weiss ich was - Sie können es dann nachlesen - wenn man in einer so unqualifizierten, persönlichen Art angegriffen wird. Das finde ich dann der Sache wirklich nicht dienlich. Und das war meine Schlussfolgerung, dass ich gesagt habe, in dieser Angelegenheit - nicht in einer anderen Angelegenheit, ich möchte nicht, dass mir da das Wort im Munde umgedreht wird - in dieser Angelegenheit werde ich mich mit denjenigen, die diesen demokratischen Entscheid nicht akzeptieren, nicht mehr in der Sache unterhalten. Und ich wiederhole und davon bin ich überzeugt: Damit zeigt sich auch, dass Sie eben die Grundprinzipien unseres Staates nicht akzeptieren. Sie können das nun drehen und wenden wie Sie sollen, das ist meine persönliche innere Überzeugung. Nach diesem klaren Volksentscheid will ich keine neuerliche Verfassungsdiskussion mit all dem Pro und Kontra. Aber ich verwehre mich auch dagegen, dass permanent durch den Abg. Peter Sprenger in diesem Hohen Haus wir als Befürworter - die Regierung, die Landtagsfraktion der Fortschrittlichen Bürgerpartei und alle Befürworter dieses Landes - in einer Form abqualifiziert werden, die für mich ungeheuerlich ist. Und das möchte ich nun endlich klar und deutlich nochmals in diesem Hohen Hause sagen - und nichts anderes. Es hat nichts zu tun mit persönlichem Ressentiment. Ganz im Gegenteil: Und das weiss auch der Abg. Peter Sprenger. Aber in dieser Angelegenheit muss das endlich aufhören. Abg. Wendelin Lampert:
Danke, Herr Präsident. Ich kenne diesen vertraulichen Bericht der beiden Berichterstatter auch nicht. Deute ich Ihre Aussagen aber richtig, Herr Landtagsvizepräsident, dass auch Sie sagen: Im Prinzip ist die Kritik nicht an der Verfassung von 2003, sondern bereits in der Verfassung von 1921, in Art. 2: Der Dualismus ist ein Grundprinzip der Verfassung. Mit dieser Verfassung wurden wir ja auch in den Europarat aufgenommen. Und da habe ich dann doch Mühe. Bestätigen Sie diesen Eindruck, dass im Prinzip die Verfassung von 1921 punkto Dualismus kritisiert wird?Landtagsvizepräsident Peter Wolff:
Nur auf die Frage des Abg. Lampert hin ganz kurz: Kritisiert wird das, was ich vorher gesagt habe: Die Verfassungswirklichkeit, die Verfassungsinhalte, insbesondere die Rechte des Fürsten, so wie sie schon im Jahr 1921 in der Verfassung standen - ich erwähne nur Art. 9, Sanktionsrecht, buchstäblich nehmen und nicht nur als - ich würde einmal sagen - Scheinrecht stehen lassen. Es wird mehr oder weniger die Meinung vertreten, auch wenn das 1978 noch akzeptabel erschienen sein mag, sei in der Zwi-schenzeit die Auffassung diesbezüglich in Europa eine andere. Und daran müsse sich auch Liechtenstein halten. Abg. Peter Sprenger:
Herr Landtagspräsident. Sie haben einen Versprecher gemacht. Sie haben sich und Ihre Leute als Befürworter dieses Landes bezeichnet. Das ist für mich symptomatisch. Wir sind die - was weiss ich - Zerstörer dieses Landes oder wie immer man das umsetzen will. Ich glaube einfach: Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass auch was ich sage aus tiefster Überzeugung gesagt wird und nicht um Sie niederzumachen. Sie können mir in Zukunft das Wort entziehen, wenn ich - aus Ihrer Optik - wieder so böse Sachen sage, aber Sie werden mich niemals daran hindern können, das zu sagen, was ich immer wieder gesagt habe. Ich habe Ihnen kurz vor den letzten Weihnachten versprochen, dass ich zu diesem Thema immer und immer wieder reden werde und ich werde es - ausser Sie nehmen mir das Wort - auch in Zukunft tun. Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wenn ich Befürworter des Landes gesagt habe, dann wissen Sie, dass Befürworter der Verfassungsvorlage gemeint war. Aber lassen wir das. Mir geht es darum: Wir sind hier die Volksvertreter und haben nach bestem Wissen und Gewissen die Arbeit im Landtag zu erledigen. Und ich bitte einfach darum, in der Wortwahl, nicht in der Härte der Sache, aber in der Wortwahl so miteinander zu kommunizieren, dass nicht immer wieder die Emotionen hochgehen. Und Entschuldigung, aber Sie haben heute Abend wieder die Emotionen geschürt. Niemand sonst hier in diesem Hohen Haus, sondern Sie sind wieder losgezogen. Und ich bitte Sie eindringlich, das künftig doch zu unterlassen. In der Sache bin ich jederzeit bereit, die Klingen zu kreuzen, das soll auch so sein. Und wenn der Landtagsvizepräsident einfach sagt: Ja, der Abg. Peter Sprenger hat halt zu Beginn emotional reagiert, möchte ich schon festhalten: Für mich war es verletzend. Entschuldigen Sie, das möchte ich Ihnen nochmals auf den Weg geben. Dann gebe ich das Wort dem Herrn Regierungschef.Regierungschef Otmar Hasler:
Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren. Ich möchte nun doch kurz ein paar Sätze zur Kritik dieser Berichterstatter sagen, weil hier das offen andiskutiert wurde. Für mich ist es klar: Es ist eine grundsätzliche Infragestellung unserer Staatsfundamentalnorm des Artikels 2, nämlich Fürst und Volk, die sich die Staatsgewalt teilen. Das heisst, es geht wirklich darum, ob ein Staat mit einer solchen Verfassung in Europa Platz hat. Was mich stört - und das habe ich immer offen gesagt - was mich stört ist dann aber, dass man das nicht objektiv betrachtet und man bei anderen Staaten, die dasselbe geschriebene Recht haben, einfach sagt: Ja gut, die praktizieren das vielleicht anders. Wo ist da die Rechtssicherheit? Wo ist da die Rechtsstaatlichkeit, wenn man sagt: Das sind zwar geschriebene Verfassung, geschriebene Normen, aber das interessiert uns nicht. Wir schauen einmal, wie das gelebt wird. In Liechtenstein schauen wir jetzt, wie das geschrieben steht. Ich denke mir, diesbezüglich soll auch der kleine Staat auf Gleichbehandlung pochen - und das wird die Regierung machen. Selbstverständlich müssen wir uns ernsthaft mit diesen Fragen auseinander setzen, das wird uns nicht erspart bleiben. Aber dass Liechtenstein ein gut ausgebauter Rechtsstaat ist, dass die Menschenrechte in Liechtenstein geschützt werden, also, ich meine, diesbezüglich müssen wir uns die Kritik - glaube ich - nicht gefallen lassen. Ich glaube, das ist in unserer Verfassung vorbildhaft verwirklicht. Und deshalb bin ich auch der Überzeugung, dass wir auch Platz in diesem Europa haben. Und wenn man von neuen Standards seit 1978 spricht, dann bitte ich die dann einfach einmal konkreter zu nennen und warum hier Liechtenstein mit diesen Standards nicht mehr bestehen kann. Es gibt eine Fülle von Fragen, die sich da auftun und die man dann auch offen stellen muss. Das soll hier einfach einmal gesagt werden. Übrigens hatte die Regierung nicht die Gelegenheit, eine fundierte Diskussion zu führen. Das Gespräch war relativ einseitig und wir konnten leider nicht auf verschiedene Punkte eingehen und auch argumentieren. Mir persönlich hat das eigentlich leid getan, weil ich hätte gerne über verschiedenste Punkte der Verfassung mit den zwei Herren gesprochen. Es war auch schon später Abend und das war dann leider nicht mehr möglich, wobei das nicht einfach als Vorwurf dasteht. Die Zeit war auch relativ kurz bemessen, um sich über diese Angelegenheit zu unterhalten. Das noch als Anschlussbemerkung meinerseits. Landtagspräsident Klaus Wanger:
Besten Dank. Aufgrund der vorgerückten Zeit möchte ich die Sitzung jetzt unterbrechen. Die allgemeine «Eintretensdebatte» haben wir - so hoffe ich - geführt, dann können wir morgen auf die Gesetzesvorlagen eintreten. Meine Damen und Herren. Wir treffen uns morgen wieder um 09.00 Uhr. Ich wünsche Ihnen allen einen gute Nachtruhe. Die Sitzung ist geschlossen (um 21.35 Uhr).
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