VERTRAG ÜBER DIE ENERGIECHARTA VOM 17. DEZEMBER 1994 UND DAS ENERGIECHARTAPROTOKOLL ÜBER ENERGIEEFFIZIENZ UND DAMIT VERBUNDENE UMWELTASPEKTE VOM 17. DEZEMBER 1994 (NR. 52/1997)
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir kommen zu Punkt 25 der Tagesordnung: Bericht und Antrag der Regierung betreffend den Vertrag über die Energiecharta vom 17. Dezember 1994 und das Energiechartaprotokoll über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte vom 17. Dezember 1994. Bericht und Antrag der Regierung stehen zur Diskussion.Abg. Volker Rheinberger:
Herr Präsident. Gestatten Sie mir ein paar grundsätzliche Ausführungen zur Energiecharta resp. zum entsprechenden Protokoll und Vertrag. Liechtenstein ist bekanntlich im Energiesektor sehr stark vom Ausland abhängig. Unter Ausland sind nicht nur die Nachbarstaaten zu verstehen, sondern alle jene Staaten, die über genügend Energiereserven verfügen. Gemeint sind hier alle Formen von Energieträgern. In diesem Sinne haben wir es mit einem europäischen oder mit globalen Aspekten zu tun. Es steht ausser Frage, dass Liechtenstein eine sehr sorgfältige Absicherungspolitik in Bezug auf die Sicherstellung der Energiereserven betreiben muss.Zwar werden wir mit der Ratifizierung des Energiechartavertrages und des Energiechartaprotokolls nicht unmittelbar unsere Energieversorgung absichern. Wir werden aber damit dokumentieren, dass wir es ernst meinen mit einer globalen Energiepolitik und mit den entsprechenden Zielen der Energiecharta. Diese Ziele beinhalten, die Energieversorgung zu verbessern und die Effizienz der Erzeugung, Umwandlung, Beförderung, Verteilung und Nutzung von Energie zu maximieren, um die Sicherheit zu erhöhen resp. die Umweltprobleme zu minimieren. Der Energiecharta liegt auch der Gedanke zugrunde, dass einerseits die westlichen Staaten über Kapital und Hochtechnologien verfügen, und andererseits die osteuropäischen Staaten inkl. der Staaten der ehemaligen UdSSR umfangreiche Energiereserven besitzen, und dass eine Symbiose dieser Aspekte die Effizienzsicherheit und Umweltverträglichkeit der Energieerzeugung und Nutzung steigert. Die Sicherheit der Erzeugung und Nutzung von Energie kann heute keinesfalls mehr nur nationalen Charakter haben. Dies wissen wir spätestens seit dem Desaster von Tschernobyl.Die Auswirkungen von Reaktorunfällen oder Ölkatastrophen haben internationale Bedeutung, d.h. Erzeugung und Nutzung von Energie sind eine globale Angelegenheit und brauchen globale Rahmenbedingungen. In diesem Sinne sieht die Charta genau umschriebene, gemeinsame resp. koordinierte Aktionen vor, dies auf den Gebieten der Erschliessung von Ressourcen und Märkten, der Liberalisierung des Energiehandels, der Förderung und dem Schutz von Investitionen, der Sicherheit, der Forschung und Technologie, der Bildung und des Umweltschutzes.Die Umsetzung dieser Aktionen soll mittels des Energiechartavertrages resp. spezifischer Protokolle geschehen. Der Energiechartavertrag bildet also das rechtliche Vehikel zur Verwirklichung der Inhalte der Charta. Zu erwähnen ist auch, dass die östlichen Vertragspartner in freiheitliche und marktwirtschaftliche Grundsätze eingebunden werden und diese sich auch eine Förderung der Wirtschaft erhoffen können. Ein Kernpunkt dabei ist, dass im Bereich der Investitionen ein hohes Schutzniveau eingeführt wird. Liechtensteinischerseits gibt es mit der Ratifizierung des Energiechartavertrages keinen Rechtsanpassungsbedarf, die Kosten sind bescheiden und die personellen Aufwendungen können durch bestehende Kapazitäten abgedeckt werden. In diesem Sinne stimme ich diesem Antrag zu.Abg. Alois Beck:
Ich stimme hier auch zu, möchte aber gleichzeitig noch auf einen Aspekt hinweisen. Im Energiechartaprotokoll über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte wird auch von nationalen Programmen gesprochen. Und es heisst hier, dass zur Erreichung all dieser Ziele jede Vertragspartei die für ihre Verhältnisse geeignetsten Energieeffizienzprogramme entwickeln, umsetzen und regelmässig aktualisieren wird. Jetzt ist es ja so, dass man solche Abkommen mit Ja oder Nein beantworten muss und annehmen oder ablehnen muss, und die meisten werden übernommen. Und was geschieht dann damit, was geschieht mit den Verpflichtungen, die man da eingeht? Ich kann nur einige Stichworte aufführen. Hier ist die Rede von marktorientierter Preisbildung. Eine umfassende Einbeziehung von Umweltkosten und Nutzen im gesamten Energiekreislauf ist gefordert, das Verursacherprinzip, sogar die grenzüberschreitende Verschmutzung wird hier angesprochen. Hat die Regierung auch konkrete Absichten, wie das im Inland umgesetzt werden soll?Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich möchte noch, bevor ich der Frau Regierungsrätin das Wort erteile, die Frage stellen, ob die Gründe, die bisher dazu geführt haben, dass die USA und Kanada diese internationalen Übereinkommen noch nicht unterschrieben haben, abgeklärt werden konnten, wie bei der Sitzung der Aussenpolitischen Kommission in Aussicht gestellt wurde.Regierungsrätin Andrea Willi:
Dankeschön. Zuerst zur Frage des Abg. Beck: Also es ist bekannt, dass Liechtenstein sehr hohe Umweltstandards schon besitzt, international gesehen, und hier also durchaus prädestiniert ist, solche nationale Programme durchzuführen und also hier keine Verpflichtungen übernimmt, die wir nicht schon erfüllen. Und innerhalb von Umweltprogrammen der UNO oder des EWR existieren solche Programme. Und das ist ja gesagt in diesem Vertrag, dass diese richtungsweisend sein sollen, auch für die Durchführung dieser Energiecharta, des Protokolls und des Vertrags. Also hier haben wir keinen Notstand, auch national entsprechende Programme durchzuführen oder als solche anzugeben.Dann zur Frage der Zurückhaltung der USA und Kanadas: Das haben wir eruiert. Es ist also so, dass die USA nicht unterzeichnet haben, weil der Vertrag aus ihrer Sicht noch zahlreiche Schwächen und Ungenauigkeiten aufweise und eben bezüglich Form wie Inhalt hinter bestehenden amerikanischen Normen zurückbleibe. Das hätten sie in den Verhandlungen wiederholt gesagt. Und in ihren Augen sei die Inländerbehandlung bei der Zulassung neuer Investitionen Dreh- und Angelpunkt des Vertrags. Der von der EU vorgeschlagene zweistufige Ansatz, wonach ein Zusatzvertrag den aktuellen Energiechartavertrag ergänzen soll, lief den Vorstellungen der USA zuwider. Deshalb werden wahrscheinlich die USA abwarten, bis dieser Zusatzvertrag zustande kommt, und dann wahrscheinlich beide Verträge gleichzeitig unterzeichnen. Aber die USA profitiert heute schon von diesen Verträgen durch ihre Tochtergesellschaften in Westeuropa. Und so kommen also manche amerikanische Firmen bereits in den Genuss der Rechte, die sich eben auch aus diesem Vertrag ergeben. Für Kanada gelten ungefähr die gleichen Gründe.Landtagspräsident Peter Wolff:
Danke.Abg. Alois Beck:
Ich möchte nochmals auf Ihre Ausführungen zurückkommen. Sie haben ausgeführt, dass wir sehr hohe Umweltstandards haben. Wir können alle Verpflichtungen gut erfüllen. Sie sehen da kein Problem. Ich möchte nur einen Aspekt herausgreifen. Hier wird quasi gefordert, dass man auch in nationalen Programmen marktwirtschaftliche Instrumente vermehrt einsetzt. Und ich möchte Sie nur daran erinnern, dass wir vor einem oder zwei Jahren hier im Landtag einen Vorstoss hatten wegen einer Lenkungsabgabe, und da hat sich die Regierung klar dagegen ausgesprochen. Hat sich die Haltung der Regierung geändert bezüglich solcher Instrumente?Regierungsrätin Andrea Willi:
Also erstens haben diese Hinweise empfehlenden Charakter. Wir sind nicht verpflichtet, hier auch entsprechende Massnahmen durchzuführen. Und zweitens gibt es ja verschiedene marktorientierte Preisfestlegungen und nicht nur diese, die Sie genannt haben.Abg. Alois Beck:
Sicher gibt es verschiedene Instrumente, aber das sind ja die zentralen. Und gerade im Energiebereich sind das diejenigen, die hier im Zentrum stehen. Wenn Sie sagen, das ist ja alles quasi unverbindlich und man wird zu nichts verpflichtet, möchte ich einfach nochmals diesen Art. 8 zitieren, der überschrieben ist mit «nationale Programme». Hier heisst es eben: Zur Erreichung der Ziele wird jede Vertragspartei die für ihre Verhältnisse geeignetsten Energieeffizienzprogramme entwickeln, umsetzen und regelmässig aktualisieren. Und es geht ja darum, dass man aufgrund der Vorgaben, die hier die Ziele im Auge haben, das definiert. Ich möchte eben diesen Aspekt herausgreifen, dass wir vielfach internationale Übereinkommen verabschieden, annehmen, und was da alles eigentlich damit verbunden ist, kümmert uns nicht so sehr, wie wir das eigentlich sollten aufgrund der Unterschrift.Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich glaube, ganz so heiss wird die Suppe nicht gegessen, Herr Abg. Beck. Selbstverständlich werden alle Vertragsunterzeichner bemüht sein, diesem Ziel nachzukommen. Aber wenn Sie Art. 1 Abs. 1 dieses Energiechartaprotokolls lesen, dann werden Sie feststellen als grundsätzlichen Geltungsbereich und Ziel dieses Protokolls, dass hier Grundsätze festgelegt werden, und das Protokoll als Orientierung für die Entwicklung solcher Energieeffizienzprogramme dient. Ich glaube daher nicht, dass man den Art. 8 allein herausgreifen und sagen kann, dies sei eine absolute Verpflichtung zu bestimmten Leistungen in bestimmtem Umfang und innert bestimmter Frist.Abg. Alois Beck:
Nur noch eine kurze Antwort: Es ging mir darum, dass man auch den Geist dieses Abkommens ein bisschen näher bringt. Und ich habe extra nicht die stärkeren Forderungen gebracht, die vorne im Abschlussdokument der Haager Konferenz stehen. Das ist dann eher das Unverbindliche, wo man den Rahmen absteckt. Und hinten, das sind ja eigentlich die Sachen, die man dann ratifiziert.Regierungsrätin Andrea Willi:
Ja, ich darf vielleicht noch ergänzen, dass vieles aus diesem Vertrag schon aufgrund der Zollgesetzgebung anwendbar ist. Und mit der Ratifizierung können wir erreichen, dass wir auch die Rechte aus diesem Vertrag geniessen als eigenständiger Staat. Und ich versichere Ihnen, dass wir hier genügend Umweltprogramme, die wir national durchführen, als solche Massnahmen dann deklarieren können. Wir haben viele Umweltprojekte, die hier dann durchaus darunterfallen können. Und wir sind also im Stande, diese Verpflichtungen einzubringen oder einzulösen, wie auch unsere Nachbarstaaten diese Verpflichtungen einlösen werden. Und die Umweltmassnahmen, das darf man hier auch sagen, die sind vor allem für die osteuropäischen Staaten wichtig. Und diese sind hier vor allem aufgefordert, internationale Standards zu erfüllen. Also ich verstehe nicht, wieso Sie hier jetzt so insistieren, als ob wir die Letzten auf der Welt wären. Wir gehören eigentlich punkto Umweltstandards zur vorderen Gruppe. Also ich möchte das hier betont haben.Abg. Alois Beck:
Es geht hier nicht darum, irgendwelche Dramatik zu verbreiten. Wir wären einfach dankbar, wenn Sie konkrete Hinweise machen könnten. Wenn Sie schon sagen, wir machen das und das, habe ich jetzt persönlich keine Ahnung, was hier konkret gemacht werden soll.Landtagspräsident Peter Wolff:
Die Diskussion scheint erschöpft zu sein. Wenn sie nicht mehr benützt wird, können wir abstimmen. Wer dem Antrag der Regierung, der Landtag wolle dem Vertrag über die Energiecharta vom 17. Dezember 1994 sowie dem Energiechartaprotokoll über Energieeffizienz und damit verbundene Umweltaspekte vom 17. Dezember 1994 seine Zustimmung erteilen, zustimmen will, möge die Hand erhebenAbstimmung: Einhellige Zustimmung.
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