Landtagsprotokolle des Liechtensteiner Landtags

Inhaltsverzeichnis

Kopfblatt

Traktandenseite

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Eröffnung 15. / 16. / 17. September 2004

1.	Protokoll Landtagssitzung 12. / 13. Mai 2004

2.	Protokoll Landtagssitzung 16. / 17. / 18. Juni 2004

2a.	Quotenregelung (Petition)

3.	Taggeld im Krankenversicherungswesen (Interpellation)

4.	Klimaschutzgesetz, Vorprüfung Volksinitiative

5.	Schwangerschaftsabbruch - Entkriminalisierung, Änderung im StGb (Interpellation)

6.	Abänderung des Volksrechtegesetzes (VRG), 2. L.

Kleine Anfragen

7.	Liecht. Rundfunk, Ersatzbestellung Ersatzmitglied beim Verwaltungsrat

8.	Finanzmarktaufsicht, Wahl des Aufsichtsrats

9.	StGH 2004 / 12 und StGH 2004 / 40, Ad-hoc-Richter

10.	Landrichter-Stellen, Verlängerung der befristeten Anstellungsverhältnisse

11.	Liechtenstein im 2. Weltkrieg, historische Untersuchung (Ergänzungs- und Nachtragskredit)

12.	Nachtragskredite III / 2004

13.	Parl. Kommission Bodensee-Delegation, Jahresbericht 2003

14.	IPU-Delegation, Jahresbericht 2003

16.	Abänderung des Gesetzes über die Ausrichtung der Mutterschaftszulage, 2. L.

17.	Abänderung des Tourismusgesetzes, 2. L.

15.	Abänderung Strafprozessordnung (StPO) (Opferschutz), 2. L.

18.	EWR-Ausschuss-Beschlüsse Nr. 15 / 2004 und Nr. 44 / 2004

Genehmigung

Beschlussprotokoll

Verknüpfungen

Sitzungen -

Protokolltyp

Parlamentarische Eingänge

Abstimmmungsergebnisse

LR – Systematik

LGBl – Nummern

BuA Nummern

Kleine Anfragen Beantwortung

Sprecher

Beschlüsse Nr. 15/2004 und Nr. 44/2004 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) sowie die Richtlinie 2003/72/EG des Rates vom 22. Juli 2003 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer) (Nr.60/2004)

Landtagspräsident Klaus Wanger:

Wir kommen zu Traktandum 18: Beschlüsse Nr. 15/2004 und Nr. 44/2004 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) sowie die Richtlinie 2003/72/EG des Rates vom 22. Juli 2003 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer). Der Bericht und Antrag der Regierung Nr. 60/2004 steht zur Diskussion.

Abg. Wendelin Lampert:

Danke, Herr Präsident, werte Damen und Herren Abgeordnete. Der Schwerpunkt der Verordnung Nr. 1435/2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaften liegt darin, eine neue Form einer transnationalen Genossenschaft auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts zu schaffen. Der Vorteil einer solchen transnationalen Genossenschaft liegt darin, dass diese europaweit agieren kann und dem Gemeinschaftsrecht unterliegt. Das Gemeinschaftsrecht ist in den Mitgliedstaaten direkt anwendbar, da es sich um die Übernahme einer Verordnung handelt. Diese Europäische Genossenschaft soll den nationalen Genossenschaften die Möglichkeit eröffnen, die Vorteile des Binnenmarktes zu nutzen und damit gleichzeitig zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit genossenschaftlicher Tätigkeiten führen. Diese erhöhte Wettbewerbsfähigkeit wird gefördert, indem kein Zeit- und Kostenaufwand für die Errichtung von Netzen von nationalen Tochtergesellschaften benötigt wird, für welche wiederum die unterschiedlichen nationalen Vorschriften gelten würden, was im Endeffekt die Synergien und damit das Einsparpotenzial zwischen den verschieden Genossenschaften verringern würde. Der Hauptzweck der Europäischen Genossenschaft besteht in der Befriedigung der Bedürfnisse ihrer Mitglieder bzw. der Förderung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Tätigkeiten und nicht in der Gewinnerzielung. Die Bedeutung für die nationalen Genossenschaften dürfte sich in Grenzen halten, da Liechtenstein nur über wenige und zudem bis jetzt zumindest nur national tätige Genossenschaften, wie beispielsweise die Bürger-, Alp- und Viehgenossenschaften, verfügt. Die Regierung führt dann aber auf Seite 8 des Berichts und Antrages unter Punkt 3.3 aus, was die Errichtung der Europäischen Genossenschaft oder die Beteiligung ausländischer Genossenschaften anlange, könnte sich durchaus die Möglichkeit neuer Geschäftsfelder eröffnen. Ich möchte die Regierung deshalb fragen: Inwiefern und wo sieht sie das Potenzial neuer Geschäftsfelder? Dies wurde bereits im Rahmen einer Sitzung der Aussenpolitischen Kommission gefragt. Mit der Richtlinie 2003/72/EG wird der Status der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer ergänzt. Zur Errichtung einer Europäischen Genossenschaft sind die Vorschriften über die Arbeitnehmermitbestimmungen zwingend zu berücksichtigen. Die Richtlinie enthält eine Reihe von Regeln für die Unterrichtung, Anhörung und Mitbestimmung von Arbeitnehmern. Gemäss den Ausführungen im Bericht und Antrag geht man davon aus, dass die Europäische Genossenschaft nur wenige oder keine Angestellten hat. Für diese Fälle enthält die Richtlinie eine Regelung, wonach dann anstelle des Verfahrens für die Europäische Genossenschaft die nationalen Vorschriften für die Arbeitnehmerbeteiligung zur Anwendung kommen, es sei denn, eine erhebliche Anzahl von Arbeitnehmern verlangt die Anwendung der Verfahrenvorschriften der Europäischen Genossenschaft. Hierzu hätte ich von der Regierung gerne eine Auskunft darüber, wie die «erhebliche Anzahl von Arbeitnehmern», die dies verlangen können, genauer definiert wird. Die Umsetzung ins nationale Recht bedarf eines Ausführungsgesetzes und eines Beteiligungsgesetzes zur Europäischen Genossenschaft, analog zu den Entwürfen für die Europäische Aktiengesellschaft. Im Weiteren wird möglicherweise eine Anpassung des Personen- und Gesellschaftsrechts vonnöten sein, und zudem wird eine Anpassung des Banken- und des Versicherungsgesetzes erfolgen. Finanzielle und personelle Konsequenzen sind mit der Übernahme der Verordnung und der Richtlinie nicht zu erwarten, da das Genossenschaftswesen aus heutiger Sicht nur eine begrenzte Bedeutung für Liechtenstein hat. Ich werde den Beschlüssen Nr. 15/2004 und Nr. 44/2004 zustimmen.

Abg. Ingrid Hassler-Gerner:

Die Ausführungen des Vorredners waren umfassend. Ich werde dem Antrag auch zustimmen. Ich verweise ebenfalls auf das Protokoll der Aussenpolitischen Kommission wo drei Fragen gestellt wurden, die die Regierung klären wollte. Zwei Ansätze hat der Abg. Wendelin Lampert bereits vorgebracht. Mir ist es auch wichtig die Antwort der Regierung zu erfahren, wenn wir hier schreiben, die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer in der Europäischen Genossenschaft können im Detail weitgehender sein als im nationalen Mitwirkungsgesetz, das wir kennen. Diese Frage müsste im Detail noch genau abgeklärt werden. Darum wollte sich die Regierung noch kümmern. Das wäre dann die erste Frage.Die zweite Frage habe ich damals darauf bezogen: Bei Niederlassung einer ausländischen Genossenschaft in Liechtenstein kommt diese ebenfalls in den Genuss der nationalen Steuerbegünstigungen, die wir hier kennen. Das wurde dann von der Mitarbeiterin der Regierung in der Aussenpolitischen Kommission bejaht, da sich die Steuerpflicht gemäss Verordnung nach dem nationalen Recht des Staates dieser Genossenschaft richtet. Diese steuerliche Situation könnte dann die Frage der Abgeordneten Wendelin Lampert und auch Alois Beck in der Aussenpolitischen Kommission eigentlich beantworten, dass von daher doch eine gewisse Anzahl neuer Geschäftsfelder eröffnet werden können. Regierungsrat Ernst Walch bezweifelte dann diese Aussage der Mitarbeiterin und es heisst hier: «Die Regierung wird diese Frage noch abklären». Besten Dank.

Regierungschef-Stellvertreterin Rita Kieber-Beck:

Danke, Herr Präsident. Ich beginne gerade bei der letzten Frage betreffend die nationale Steuerbegünstigung oder Steuergesetzgebung: Unsere Nachfrage hat ergeben, dass hinsichtlich der Steuerpflicht der Europäischen Genossenschaft auf die jeweilige nationale Steuergesetzgebung abzustellen sei. Die Auskunft der Mitarbeiterin ist also somit korrekt, wie unsere Nachfrage nochmals ergeben hat.Dann zu den beiden anderen Fragen betreffend neue Geschäftsfelder und erhebliche Anzahl der Arbeitnehmer kann ich noch folgende Ausführungen machen: Die angesprochene Bedeutung für Liechtenstein ist derzeit sicher noch nicht abschliessend zu beantworten oder auch nicht absehbar, dies zumal ja heute der Genossenschaft auch national keine grosse Bedeutung zukommt. Im Bericht und Antrag wird ausgeführt, welche Arten von Genossenschaften in Liechtenstein derzeit gängig sind. Bei der Änderung beispielsweise, auch steuerrechtlicher Rahmenbedingungen, könnte Liechtenstein als Brückenkopf zwischen dem nicht EWR-Staat Schweiz und der EU aber auch ganz allgemein gesehen durchaus ein attraktiver Standort für derartige EU-Vehikel werden. Beispielsweise die Schweiz verfügt über mehrere Genossenschaften wie Migros und Coop, aber auch über eine Vielzahl von Wohn-, Bau- und Immobiliengenossenschaften, Elektrizitätsgenossenschaften, Abfallgenossenschaften etc. Vielleicht könnte sich da ein Geschäftsfeld für Liechtenstein öffnen. Dann zur Frage betreffend die Mitwirkungsrechte: Die Umsetzung der Richtlinie betreffend die Beteiligung der Arbeitnehmer wird aus heutiger Sicht keine Auswirkungen auf die Mitwirkungsrechte von Arbeitnehmern in nationalen Unternehmen haben. Zumindest wird das entsprechende Mitwirkungsgesetz keine direkten Auswirkungen auf die meist nicht vorhandenen Mitwirkungsrechte nationaler Unternehmen haben. Vom EU-Gesetzgeber bzw. von den auf diesen Einfluss nehmenden gewerkschaftlichen Lobbyisten ist sicher ein Nebeneffekt der Einführung von Mitwirkungsrechten quasi durch die Hintertür jedoch ganz offensichtlich und teils ausgesprochen durchaus beabsichtigt bzw. gewünscht. Immerhin werden die in Sachen Beteiligungsrechte besser gestellten Arbeitnehmer europäischer Rechtsformen mit der Zeit auch die nationalen Arbeitnehmerverbände mit der Forderung nach Gleichbehandlung auf den Plan rufen. Daher gilt es, die diesbezüglichen Beteiligungsrechte entsprechend auch restriktiv zu fassen. Gemäss der Richtlinie haben die Leitungs- und die Verwaltungsorgane bei beabsichtigter Gründung einer Europäischen Genossenschaft unter anderem die Bestellung eines besonderen Verhandlungsgremiums als Vertreter der Arbeitnehmer, der beteiligten juristischen Personen sowie der betroffenen Tochtergesellschaften oder der betroffenen Betriebe in die Wege zu leiten. Das geht aus Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie hervor. Dieses besondere Verhandlungsgremium kann beschliessen, keine Verhandlungen aufzunehmen oder bereits aufgenommene Verhandlungen abzubrechen und die Vorschriften für die Arbeitnehmermitbestimmung des Mitgliedstaates, in welchem die Europäische Genossenschaft Arbeitnehmer beschäftigt, zur Anwendung gelangen zu lassen. Für diesen Beschluss ist eine Mehrheit von zwei Drittel der Stimmen der Mitglieder erforderlich, die mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer vertreten, wobei diese Mitglieder Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten vertreten müssen. Dies entsprechend Art. 3 Abs. 6. Und frühestens zwei Jahre nach diesem Beschluss, sofern nicht anders vereinbart, können 10% der Arbeitnehmer der Europäischen Genossenschaft ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe die Wiederaufnahme der Verhandlungen durch die Einberufung des besonderen Verhandlungsgremiums verlangen. Das bedeutet, dass eine erhebliche Anzahl die Beschlussfassung zur Anwendung der inländischen Arbeitnehmervorschriften verhindern können, also Stimmen der Mitglieder, die mehr als ein Drittel der Arbeitnehmer vertreten. Und zweitens: 10% der Arbeitnehmer können eine Wiederaufnahme der Verhandlungen erzwingen.

Landtagspräsident Klaus Wanger:

Besten Dank, Frau Regierungschef-Stellvertreterin. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall, dann können wir über den Antrag der Regierung abstimmen, der wie folgt lautet: «Der Hohe Landtag wolle dem Beschluss Nr. 15/2004 und dem Beschluss Nr. 44/2004 vom 22. Juli 2003 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses die Zustimmung erteilen». Wer diesem Antrag Folge leisten will, möge bitte die Hand erheben.

Abstimmung: Einhellige Zustimmung

Landtagspräsident Klaus Wanger:

Ich unterbreche jetzt die Sitzung und wir fahren morgen, Donnerstag, um 09.00 Uhr mit unseren Beratungen fort, und zwar mit Traktandum 19. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht.

Die Sitzung wird geschlossen (um 20:55 Uhr).

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