Beschluss Nr. 110/2004 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2001/29/EG desEuropäischenParlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (Nr.80/2004)
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wir kommen zu Traktandum 14: Beschluss Nr. 110/2004 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft). Der Bericht und Antrag Nr. 80/2004 steht zur Diskussion.Abg. Peter Sprenger:
Herr Präsident, Damen und Herren Kollegen. Die zur Übernahme anstehende Materie ist sehr fachspezifisch und komplex. Mir fehlte die Zeit, um mich mit allen Fragen zu befassen. Allerdings habe ich zu einem Teilaspekt einige Fragen an die Regierung: Erstens: Welche Änderung des URG - nicht im Detail, aber vom Grundsatz her - verlangt die Richtlinie im Falle der Übernahme? Diese grundsätzliche Frage ist im Sinne einer Darstellung der rechtlichen und praktischen Auswirkungen zu beantworten. Eine Antwort darauf findet sich im Bericht und Antrag nicht. Ich denke, die Beantwortung dieser Frage sollte jetzt von der Regierung vorgenommen werden, damit ein Entscheid über die Zustimmung zu diesem Staatsvertrag überhaupt möglich ist. In diesem Sinne ist auch die folgende Frage zu einem Teilaspekt der Richtlinie und ihrer Umsetzung zu verstehen. Die zweite Frage lautet: Die Umsetzung der Richtlinie im URG ist geplant. Das heutige URG spricht sich nicht aus, ob von einer regionalen oder internationalen Erschöpfung auszugehen ist. Die Richtlinie verlangt auf jeden Fall die regionale Erschöpfung. Vergleichen Sie die Ausführungen auf Seite 9 des Berichtes und Antrages, und in der Richtlinie ist das im Art. 4 Abs. 2 geregelt. Das liechtensteinische URG ist stark, grösstenteils wörtlich, an das schweizerische URG angelehnt. Letzteres beinhaltet gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichtes - der einschlägige Leading Case ist in BGE 124 III auf Seite 321 nachzulesen; das ist der bekannte «Donky-Kong-Land-Fall» - dieser verlangt im Grundsatz die internationale Erschöpfung. Dazu habe ich folgende Fragen: Inwieweit wird durch die neue Richtlinie von Liechtenstein ein Abweichen von der schweizerischen Urheberrechtsgesetzgebung verlangt, und zwar in welchen Punkten und mit welchen praktischen Konsequenzen? Nächste Frage: Im Lichte des Zollvertrages und der Zusatzvereinbarungen zum Zollvertrag mit der Schweiz gibt es Probleme, falls das schweizerische und das liechtensteinische Urheberrecht unterschiedliche Erschöpfungsgrundsätze vorsehen. Und zwar einmal betreffend die Durchsetzung an der Grenze, dann betreffend die Durchsetzung der Rechte der Urheber überhaupt und die praktischen Konsequenzen für die Konsumenten. Ist es beispielsweise denkbar, dass ich an der Bahnhofstrasse in Buchs ein Buch oder ein anderes urheberrechtlich geschütztes Werk kaufen kann, welches in Liechtenstein nicht importiert werden darf, weil es zum Beispiel ein Direktimport aus den USA oder einem anderen nicht EWR-Land ist? Nächste Frage: Ist es denkbar, dass ein in der Schweiz erstmals auf den Markt gebrachtes Werk nicht nach Liechtenstein verbracht werden darf, respektive dass sich der Urheberrechtsinhaber dagegen erfolgreich zur Wehr setzen kann? Dann eine weitere Frage: Sind Anpassungen des Zollvertrages notwendig, allenfalls auch des Marktüberwachungs- und Kontrollmechanismusses? Eine weitere Frage: Gibt es Parallelen zur Situation mit ergänzenden Schutzzertifikaten für Arzneimittel, die derzeit dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft zur Beurteilung vorliegen? Die nächste Frage an die Regierung lautet: Wurden diese Fragen anlässlich der Übernahme der Richtlinie in den entsprechenden europäischen respektive EFTA- oder Zollvertragsgremien besprochen? Wurden die liechtensteinischen betroffenen Kreise zur Stellungnahme aufgefordert und in den Übernahmeprozess involviert?Dann eine weitere Frage: Ist die Verwendung respektive die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften betroffen?Und die letzte Frage: Welche weiteren und insbesondere praktischen Auswirkungen wird diese Richtlinie mit sich bringen?Landtagspräsident Klaus Wanger:
Herr Abg. Sprenger, ich habe eine Bitte. Auch wenn man sehr schnell schreiben kann, scheint es mir für den Herrn Regierungsrat unmöglich zu sein, diese vielen Fragen notieren zu können.Abg. Peter Sprenger:
Kein Problem, der Herr Regierungsrat kann diese von mir vorgebrachten Fragen auch schriftlich haben.Landtagspräsident Klaus Wanger:
Gibt es weitere Fragen aus dem Plenum?Das ist nicht der Fall. Dann gebe ich das Wort Herrn Regierungsrat Frick. Regierungsrat Hansjörg Frick:
Danke, Herr Präsident. Ich beginne mit der Beantwortung der ersten Frage, und zwar welcher Änderungen es im bestehenden Gesetz bedarf: In Liechtenstein wird die Übernahme dieser Richtlinie die Abänderung des geltenden Urheberrechtsgesetzes zur Folge haben - das ist klar. Die sich ergebenden Änderungen basieren zum Teil auf dem schweizerischen Vernehmlassungsentwurf zur Abänderung des Urheberrechtsgesetzes, welcher ebenfalls eine Teilumsetzung der Richtlinie vorsieht. Derzeit läuft in der Schweiz das Vernehmlassungsverfahren betreffend die Abänderung des Urheberrechtes noch bis zum Januar 2005. In Liechtenstein wird ebenfalls ein Vernehmlassungsentwurf ausgearbeitet werden, welcher sich zum grössten Teil an den schweizerischen Abänderungsentwurf anlehnt. Der Vernehmlassungsentwurf sollte dann im Januar/Februar 2005 ausgearbeitet sein. Anschliessend wird dieser Entwurf in die Vernehmlassung geschickt. Nun zu den diversen Fragen bezüglich der Erschöpfung: Zum Teil sind sie im Bericht und Antrag erwähnt. Die internationale Erschöpfung, wenn also ein Produkt innerhalb der EU eingeführt ist, ist das erschöpft. Und wie das jetzt aber läuft: Ich gehe davon aus, wenn ein solches Produkt in der Schweiz eingeführt wird, dass das aufgrund des Zollvertrages auch in Liechtenstein eingeführt werden kann. Ich werde diesen von Ihnen formulierten Fragen aber im Detail nachgehen und Ihnen die bezüglichen Antworten schriftlich zukommen lassen. Ich bin jetzt und hier nicht in der Lage, alle diese Fragen im Detail zu beantworten. Landtagspräsident Klaus Wanger:
Ich habe Verständnis, Herr Regierungsrat, und bedanke mich. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt, dann können wir über den Antrag der Regierung abstimmen, der wie folgt lautet: «Der Hohe Landtag wolle dem Beschluss Nr. 110/2004 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses die Zustimmung erteilen». Wer diesem Antrag Folge leisten will, möge bitte die Hand erheben. Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Damit haben wir auch Traktandum 14 erledigt. -ooOoo-