Beschluss Nr. 116/2005 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses [Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verbreitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (Nr. 96/2005)
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Dann kommen wir zu Traktandum 18: Beschluss Nr. 116/2005 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses [Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verbreitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen]. Der Bericht und Antrag der Regierung Nr. 96/2005 steht zur Diskussion.Abg. Wendelin Lampert:
Danke, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete.
Gemäss den Erwägungsgründen der Richtlinie zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen werden die folgenden Ziele versucht zu erreichen:
Die Transplantation von menschlichen Geweben und Zellen ist ein stark wachsender Sektor der Medizin, der grosse Chancen für die Behandlung von bisher unheilbaren Erkrankungen bietet. Die Qualität und Sicherheit dieser Substanzen sollte gewährleistet werden, insbesondere zur Verhütung der Übertragung von Krankheiten.
Die Verfügbarkeit menschlicher Gewebe und Zellen für therapeutische Zwecke hängt davon ab, ob Bürger der Gemeinschaft zur Spende bereit sind. Zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und zur Verhütung der Übertragung von Infektionskrankheiten durch diese Gewebe und Zellen müssen bei ihrer Spende, Beschaffung,
Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung, Verteilung und Verwendung alle erdenklichen Vorsichtsmassnahmen getroffen werden.
Es ist erforderlich, Informations- und Sensibilisierungskampagnen
für Gewebe-, Zell- und Organspenden unter dem Motto «Wir alle sind potenzielle Spender» auf nationaler und europäischer Ebene zu fördern. Diese Kampagnen sollen das Ziel verfolgen, dass sich die europäischen Bürger zu Lebzeiten leichter entscheiden können, Spender zu werden und ihren Familien oder gesetzlichen Vertretern ihren Willen mitzuteilen. Da es notwendig ist, die Verfügbarkeit von Geweben und Zellen für medizinische Behandlungen sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten die Spende von Geweben und Zellen mit hoher Qualität und Sicherheit fördern, was auch die Selbstversorgung in der Gemeinschaft verbessern würde.
Die folgenden Fragen sind mir beim Durchlesen im Bericht und Antrag aufgefallen:
- Auf Seite 11 wird ausgeführt, dass sich die Kontrollstelle für Arzneimittel für die Inspektion der Unterstützung des Inspektorates vom Schweizerischen Heilmittelinstitut «Swissmedic» bedient. Hier würde mich interessieren: Erfüllt die «Swissmedic» die Vorgaben gemäss dieser EU-Richtlinie, da die Schweiz nicht in der EU ist?
- Weiter wird auf Seite 12 ausgeführt, dass Sanktionen möglich sind. Hier würde mich interessieren: An welche zukünftigen Sanktionen wird hier gedacht?
- Weiter ist auf der Seite 12 nachzulesen, dass die Umsetzung mittels einer Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln geplant ist. Gibt es zu dieser geplanten Umsetzung einen
Zeitplan - oder wie ist das weitere Vorgehen geplant?
- Eine zusätzliche Frage stellt sich auf Seite 13: Hier werden die Kosten für die Implementierung eines Europäischen Kodierungssystems erwähnt. Es wird aber gesagt, es ist noch nicht abschätzbar, wie hoch diese Kosten sind. Mich würde die Grössenordnung interessieren und die Frage: In welchen Bereichen bewegen wir uns hier?
- Und die letzte Frage: Es wird auf Seite 13 ausgeführt, dass es eine Gewebeeinrichtung in Liechtenstein gibt. Mich würde interessieren: Wer ist diese Gewebeeinrichtung?
Im Weiteren ist mir die letzte Woche der folgende Beitrag in einer Fernsehsendung aufgefallen: Der Titel war
«Herrenlose Gewebeproben, Tumore, Organe, Knorpelstücke». Was Schweizer Ärzte ihren Patienten operativ entfernen, wird eingelagert. Forschung und Pharmabranche haben grosses Interesse an diesem überflüssigen Gewebe. Jeder Kanton ist damit bisher anders verfahren. Nun soll eine bundesweite Lösung eingerichtet werden.
Nach diesem Beitrag stellt sich mir die Frage: Wer entscheidet in Liechtenstein über die Verwendung von Zellen und Gewebe? Der Patient, diese erwähnte Gewebeeinrichtung oder wer sonst?
Zusammenfassend kann sicherlich festgestellt werden, dass diese Richtlinie eine Verbesserung mit sich bringt. Es ist jedoch festzustellen, dass dies wieder einmal personelle und auch finanzielle Konsequenzen haben dürfte. Abg. Pepo Frick:
Die Verwendung von menschlichem Gewebe und Zellen in der Medizin ist ein stark wachsender Faktor. Dies wird im Bericht und Antrag erwähnt. Bis heute war dies in der EU nicht einheitlich geregelt. Im Rahmen des Zollvertrages ist diese Materie teilweise heute geregelt. Dabei ist das Schweizerische Bundesamt für Gesundheit auch für Liechtenstein die zuständige Behörde. Die Richtlinie, der wir heute zustimmen, fordert die Benennung der für die Durchführung zuständigen Behörde in den Mitgliedstaaten. In Liechtenstein soll dafür die Kontrollstelle für Arzneimittel benannt werden. Diese bestehende Kontrollstelle für Arzneimittel erfüllt die geforderten Aufgaben wie Bewilligungserteilung, Inspektionen und Kontrollmassnahmen. Wie im Antrag beschrieben, bedient sie sich für Inspektionen dabei der Unterstützung des Inspektorates vom schweizerischen Heilmittelinstitut «Swissmedic». Gemäss Bericht und Antrag soll dieses Inspektorat auch mit den Inspektionen gemäss diesen Richtlinien beauftragt werden.
Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, der europäischen Kommission regelmässig einen Bericht zu übermitteln, über die im Hinblick auf die Richtlinie ergriffenen Massnahmen inklusive Massnahmen im Bereich der Inspektion und Kontrolle.
Im Gegensatz zum Abg. Wendelin Lampert habe ich nur eine Frage: Ich möchte die Regierung anfragen, ob es aus Effizienzgründen nicht überlegenswert wäre, diese ganze Materie an die Schweiz zu delegieren, da aktuell lediglich ein Betrieb über eine entsprechende Bewilligung verfügt - auch heute schon ausgestellt vom Bundesamt für Gesundheit im Rahmen des Zollvertrages.
Regierungsrat Martin Meyer:
Danke, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Zuerst zu den Fragen des Abg. Wendelin Lampert. Der Abg. Wendelin Lampert hat gefragt, ob das Schweizerische Heilmittelinstitut «Swissmedic» die Vorgaben gemäss dieser EU-Richtlinie erfüllt: Hierzu können wir ausführen, dass es zwischen «Swissmedic» und der zuständigen Behörde in Liechtenstein eine Verwaltungsvereinbarung gibt. Diese Vereinbarung regelt zurzeit Inspektionen im Bereich Blut, Blutprodukte, Arzneimittel für neuartige Therapien und Inspektionen im Rahmen von klinischen Versuchen. «Swissmedic» verfügt über die nötigen Kompetenzen, solche Inspektionen nach EWR-Recht durchzuführen, und zudem wird «Swissmedic» von den liechtensteinischen Behörden jeweils über die neuen Rechtsakte informiert. In Liechtenstein überprüft dann der Inspektor von «Swissmedic» im Auftrag der zuständigen liechtensteinischen Behörde die Vorgaben der EWR-Gesetzgebung dann, wenn der EWR betroffen ist. Zudem gibt es ja auch entsprechende schweizerische Regelungen, die in Liechtenstein anwendbar sind. «Swissmedic» erfüllt also diese Vorgaben. Dann haben Sie auf der Seite 12 zu den Sanktionen eine Frage gestellt: Hierzu kann die Regierung ausführen, dass noch keine Sanktionen festgelegt worden sind. Es wurden auch noch keine Vorstellungen darüber entwickelt. Dies wird dann im Zuge der nationalen Gesetzgebung zu definieren sein. Dann haben Sie eine weitere Frage bezüglich der geplanten Umsetzung gestellt: Im Bericht und Antrag wird ausgeführt, dass dies über eine Abänderung des Gesetzes vom 18. Dezember 1997 über den Verkehr mit Arzneimitteln im Europäischen Wirtschaftsraum geschehen soll. Hierzu ist Folgendes zu sagen: Die Behörden möchten dann nicht nur diesen EWR-Beschluss umsetzen, sondern es sollen gleichzeitig auch noch andere Abänderungen abgewartet werden, nämlich das so genannte «Pharmaceutical Package». Gleichzeitig soll auch die so genannte Blutrichtlinie und eben diese Geweberichtlinie plus eine Richtlinie betreffend klinische Versuche mit umgesetzt werden. Das sind alles Richtlinien, die noch umgesetzt werden müssen. Es ist zielführend, dass wir dann dieses Gesetz nicht drei- oder viermal revidieren, sondern dass das unter einmal geschehen wird. Der definitive Zeitplan hängt davon ab, zu welchem Zeitpunkt der Gemeinsame EWR-Ausschuss abschliessend entscheidet, sodass diese Richtlinien vorliegen. Die zuständigen Amtsstellen gehen davon aus, dass wir im Laufe des nächsten Jahres eine entsprechende Gesetzesänderung in den Landtag einbringen können. Dann haben Sie noch die Frage bezüglich des europäischen Kodierungssystems gestellt: Hierzu ist auszuführen, dass die Europäische Kommission das Kodierungssystem noch nicht einmal entwickelt hat. Aus diesem Grund ist auch eine Kostenschätzung sehr schwierig. Dann haben Sie noch auf der Seite 13 zur Gewebeeinrichtung eine Frage gestellt, wer oder was das hier in Liechtenstein ist: Diesbezüglich kann ich ausführen, dass dies ein Arzt ist, welcher über eine Bewilligung für die Ein- und Ausfuhr von Korneatransplantaten verfügt. Auf weitere Details möchte ich jetzt hier nicht eingehen. Dann haben Sie noch gefragt: Wer entscheidet über die Verwendung von Geweben und Zellen? In erster Linie ist einmal der Patient gefordert. Er ist ja Spender. Wenn er sein Einverständnis gegeben hat, geht das weiter. Und so, wie ich diese Richtlinie interpretiere, werden dann in einem zweiten Schritt die Gewebeeinrichtungen, wenn es denn mehrere gibt, in Zusammenarbeit mit der Kontrollbehörde, wenn die Bewilligungen erfüllt sind, darüber entscheiden. Dann war noch eine Frage des Abg. Pepo Frick, ob dieses Paket aus Effizienzgründen nicht an die Schweiz delegiert wird: Gerade in diesen Bereichen ist ja eine sehr starke Kooperation mit der Schweiz vorhanden, zum Beispiel über den Zollvertrag. Aber es gibt natürlich Gesetzesmaterien, die wir nicht unter dem Zollvertrag subsumieren können. In einem solchen Fall müssen wir eigenständige nationale Normen schaffen, weil die Schweiz ja nicht eins zu eins EWR-Recht übernimmt. Aber es wird immer so sein, dass das, was von der Schweiz über den Zollvertrag übernommen werden kann, selbstverständlich übernommen wird. Den Rest der Umsetzung müssen wir aber eigenständig lösen. Was die Organisation, die Durchführung und den Vollzug des Gesetzes angeht: Hier arbeiten wir schon sehr stark mit der Schweiz zusammen. Ich habe zu Beginn ausgeführt, dass es ja eine entsprechende Vereinbarung mit «Swissmedic» gibt, die entsprechende Aufträge und Abklärungen im Auftrag des zuständigen Amtes wahrnimmt. Besten Dank. Abg. Andrea Matt:
Ich habe auch noch eine Frage, und zwar in der Richtlinie steht Folgendes - ich zitiere: «Es ist erforderlich, Informations- und Sensibilisierungskampagnen über Gewebe-, Zell- und Organspenden unter dem Motto «Wir alle sind potenzielle Spender» auf nationaler und europäischer Ebene zu fördern. Diese Kampagnen sollten das Ziel verfolgen, dass sich die europäischen Bürger zu Lebzeiten leichter entscheiden können, Spender zu werden und ihren Familien oder gesetzlichen Vertretern ihren Willen mitteilen». Ich möchte die Regierung fragen: Ist eine Infokampagne geplant und wird sie in absehbarer Zukunft hier auch wirklich etwas machen?Regierungsrat Martin Meyer:
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Zum heutigen Zeitpunkt ist noch keine Kampagne geplant. Wenn dieses Gesetz eingeführt wird, ist jedoch zu überprüfen, ob entsprechende Begleitmassnahmen dann sinnvoll durchzuführen sind. Aber ich denke, das kann auch zweckmässigerweise zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Besten Dank.Landtagspräsident Klaus Wanger:
Besten Dank, Herr Regierungsrat. Wenn es keine weiteren Fragen aus dem Plenum gibt, können wir über den Antrag der Regierung, der wie folgt lautet, abstimmen: Der Landtag wolle dem Beschluss Nr. 116/2205 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 30. September 2005 die Zustimmung erteilen. Wer diesem Antrag Folge leisten will, möge bitte die Hand erheben. Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Damit haben wir auch Traktandum 18 bearbeitet. -ooOoo-