Beschluss Nr. 146/2005 des gemeinsamen EWR-Ausschusses, Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 - Umsetzung der Abänderungsrichtlinie über den Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkt sowie der Verordnung über den grenzüberschreitenden Stromhandel (Kurzbezeichnung Energiepaket) (Nr. 4/2006)
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wir kommen zu Traktandum 20: Beschluss Nr. 146/2005 des gemeinsamen EWR-Ausschusses - Umsetzung der Abänderungsrichtlinie über den Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkt sowie der Verordnung über den grenzüberschreitenden Stromhandel (Kurzbezeichnung «Energiepaket»). Der Bericht und Antrag Nr. 4/2006 steht zur Diskussion.Abg. Franz Heeb:
Herr Präsident, geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Ziel der neuen EU-Richtlinien und des Beschlusses des EWR-Ausschusses ist die Öffnung der beiden Märkte für Elektrizität und Erdgas und der Gewährleistung der öffentlichen Versorgung und Dienstleistungen. Die EU-Richtlinien streben insbesondere die Gewährleistung des Netzzugangs unter gleichen Wettbewerbsverhältnissen für Energieversorgung an. Die neuen EU-Elektrizitäts- und Erdgasrichtlinien beinhalten folgende wichtigen Bestimmungen: - Zur Gewährleistung eines nicht diskriminierenden Netzzuganges müssen grosse Unternehmen die Bereiche Übertragung bzw. Fernleitung und Verteilung in rechtlich unabhängige Managementstrukturen überführen.
- Die Tarife, Regeln und Mechanismen von Netzbetreibern sollen transparent und nicht diskriminierend für den Verbraucher sein.
- Es gelten Mindestanfordernungen an öffentliche Dienstleistungen hinsichtlich Sicherheit, Versorgung und Umweltschutz zur Grundversorgung der Kunden.
- Zur Überwachung des Marktes sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, nationale Regulierungsbehörden einzusetzen mit der Befugnis, Tarife für die Übertragung bzw. Fernleitung und die Verteilung zu genehmigen.
- Und schliesslich: Die neuen Richtlinien legen die Marktöffnung für nicht Haushaltskunden für Juli 2004 und für alle übrigen Kunden ab Juli 2007 fest.
Liechtenstein hat aufgrund des EWR-Übernahmebeschlusses Nr. 146/2005 eine Ausnahme erwirken können und ist von der Entflechtungsverpflichtung für Übertragungs- und Fernleitungsbetreiber ausgenommen. Damit wurde eine grössenverträgliche Lösung gefunden und die Liechtensteinischen Kraftwerke sowie die Liechtensteinische Gasversorgung sind nicht verpflichtet, rechtlich unabhängige Managementstrukturen für den Netzzugang zu schaffen. Die liechtensteinischen Elektrizitäts- und Gasversorgungsunternehmen sind als Endversorgung damit nicht verpflichtet, für Grossversorgung Durchleitungsnetze bereitzustellen. Die Versorgungsunternehmer oder die Endverbraucher können jedoch von der Öffnung des europäischen Energiemarktes profitieren und Preisvorteile nutzen. Wie weit diese europaweiten Wettbewerbsbedingungen zu Preis- und Kostenvorteilen für die Endverbraucher führen, ist bei den stark ansteigenden Energiepreisen auf dem Weltmarkt fraglich. In der Elektrizitätsversorgung ist der Markt bereits seit September des letzten Jahres für alle Kunden geöffnet. Der Gasmarkt ist heute für Kunden, die mehr als 10 GWh Erdgas pro Jahr beziehen, geöff-net. Dies entspricht etwa 35% des Gasmarktes. Entsprechend der vorliegenden Richtlinien muss der Gasmarkt bis Mitte des nächsten Jahres für alle Kunden zugänglich sein. Im Bericht und Antrag der Regierung wird auf Seite 11 ausgeführt, dass bezüglich der nationalen Regulierungsbehörden Anpassungsbedarf besteht und zur Umsetzung des vorliegenden Energiepakets voraussichtlich das Elektrizitätsmarktgesetz, das Gasmarktgesetz und das Energietransitgesetz angepasst werden müssen. Es stellen sich daher die folgenden Fragen an die Regierung: Wurde der gesetzliche Anpassungsbedarf bereits überprüft? Und was ist in den erwähnten Gesetzen zu ändern? Abg. Henrik Caduff:
Danke, Herr Präsident. Das vorliegende so genannte Energiepaket beinhaltet die Richtlinie über die gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, die Richtlinie über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und die Verordnung über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel. Das Ziel dieses Energiepaketes ist die Schaffung eines vollständig integrierten Energiebinnenmarktes für den EWR- und EU-Raum. Dieser soll die Versorgungssicherheit sowie einen wettbewerbsfähigen Markt garantieren - dies unter der Beibehaltung genereller Dienstleistungsverpflichtungen. Wie von meinem Vorredner bereits erwähnt, konnte Liechtenstein aufgrund seiner Grössenverhältnisse im Bereich der vollständigen Marktöffnung sowie der Entflechtung, der Erzeugung und Versorgung der Fernleitungs- und Verteilernetze eine Ausnahme erwirken und ist somit von der Entflechtungsverpflichtung für Übertragungs- und Fernleitungsbetreiber ausgenommen. Dies erachte ich als absolut sinnvoll. Im Weiteren haben die EWR/EFTA-Staaten im Übernahmebeschluss zu diesem Energiepaket eine weitere Ausnahme bewirkt, wonach die Sanktionskompetenz innerhalb der Verordnung über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel bei den nationalen Regierungsbehörden verbleibt und nicht der EU-Kommission zukommt. Im Falle Liechtensteins ist die nationale Regierungsbehörde die Kommission für Energiemarktaufsicht. Auch dies erachte ich als absolut sinnvoll. Bei Annahme des vorliegenden Berichtes und Antrages zum Energiepaket müssen in der Folge das Elektrizitätsmarktgesetz, das Gasmarktgesetz sowie das Energietransitgesetz entsprechend angepasst werden. Die Regierung empfiehlt die Annahme dieses so genannten Energiepaketes. Diesem kann ich mich anschliessen. Der Weg, den Liechtenstein mit der Öffnung der Energiemärkte bereits beschritten hat, wird damit konsequenterweise fortgesetzt. Besten Dank.Landtagspräsident Klaus Wanger:
Besten Dank, Herr Abg. Caduff. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt, gebe ich das Wort dem Herrn Regierungschef-Stellvertreter Tschütscher. Regierungschef-Stellvertreter Klaus Tschütscher:
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete. Ich fasse mich kurz, ich möchte zwei Bemerkungen anbringen: Die eine Bemerkung bezieht sich auf die Fragen des Abg. Franz Heeb betreffend die Erkundigung nach dem Umsetzungsbedarf. Im Bericht und Antrag steht, dass die EWR-Kommission des Landtags Ende letzten Jahres diese Richtlinie dem Landtag zur Zustimmung empfohlen hat. Kurz davor hat der Gemeinsame EWR-Ausschuss beschlossen, dass die Richtlinien in den EWR übernommen werden müssen. Es ist bei diesem Energiepaket genauso wie bei allen anderen Beschlüssen, die das Verfahren nach Art. 103 EWR-Abkommen durchlaufen, dass der Umsetzungsbedarf parallel zum jetzigen Verfahren, wie er jetzt im Landtag ist, abgeklärt wird. Wir können jetzt aber schon sagen, dass aufgrund der Vorleistungen, die bei der ursprünglichen Umsetzung der Elektrizitätsrichtlinie und der Gasmarktrichtlinie erbracht wurden, dieser Umsetzungsbedarf nicht sehr gross sein wird. Da ist zum Beispiel die Regulierungsbehörde ja schon geschaffen worden, die erst jetzt eigentlich verpflichtend eingeführt werden muss. Der Handlungsbedarf in gesetzgeberischer Hinsicht wird dementsprechend nicht sehr gross sein. Ich möchte eine weitere Bemerkung anbringen, weil das ganze Energiepaket eine zusätzliche internationale Dimension bekommen hat, und zwar dadurch, dass die EU an die Schweiz herangetreten ist und auch da den grenzüberschreitenden Stromhandel mit der Schweiz in einer staatsvertraglichen Regelung zum Abschluss bringen möchte. Das ist wohl etwas, das zum Binnenmarkt gehört, denn die Schweiz liegt ja mitten in Europa. Und wenn man von einem Binnenmarkt sprechen möchte und zum Beispiel grenzüberschreitenden Stromhandel von Italien nach Deutschland betreiben möchte, dann wird man wohl nicht um die Schweiz herumkommen. Über den Zollvertrag hat das dann auch wieder eine Dimension für Liechtenstein erlangt. Wir sind mit dem Bundesamt für Energie in Kontakt, weil durch das Zusatzprotokoll zum Freihandelsabkommen auch Liechtenstein davon betroffen wird. Das wollte ich Ihnen nur als Zusatzinformation geben. Wenn Sie etwas aus den Medien entnehmen, dass wir da in stetigem Kontakt mit dem Bundesamt für Energie sind. Der Herr Direktor Dr. Steinmann war ja vor kurzem auch hier in Liechtenstein zu Gast und das war damals auch Gegenstand der Gespräche. Danke schön.Landtagspräsident Klaus Wanger:
Besten Dank, Herr Regierungschef-Stellvertreter. Dann können wir über den Antrag der Regierung abstimmen, der wie folgt lautet: «Der Landtag wolle dem Beschluss Nr. 146/2005 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses die Zustimmung erteilen». Wer diesem Antrag zustimmen will, möge bitte die Hand erheben. Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Dann unterbreche ich jetzt die Sitzung bis morgen, Donnerstag, 9:00 Uhr. Die Sitzung ist geschlossen (um 22:30 Uhr).
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