Notenaustausch zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Fürstentum Liechtenstein im Hinblick auf die Interpretation und Anwendung des Vertrages vom 8. Juli 2002 betreffend die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (LGBl. 2003 Nr. 149) (Nr. 71/2006)
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Frauen und Herren Abgeordnete, wir setzen unsere Beratungen fort. Wir kommen zu Traktandum 26: Notenaustausch zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Fürstentum Liechtenstein im Hinblick auf die Interpretation und Anwendung des Vertrages vom 8. Juli 2002 betreffend die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (LGBl. 2003 Nr. 149). Der Bericht und Antrag der Regierung Nr. 71/2006 steht zur Diskussion. Abg. Renate Wohlwend:
Danke, Herr Präsident. Liebe Kollegen. Der Rechtshilfevertrag zwischen Liechtenstein und den Vereinigten Staaten von Amerika ist am 1. August 2003 in Kraft getreten. Seitens des Obersten Gerichtshofs und in einem zweiten, noch nicht rechtskräftig entschiedenen Fall - derzeit beim Obergericht anhängig - wo es um Verfallsverfahren geht, wird das Rechtshilfeabkommen in Strafsachen bei Verfallsverfahren als nicht anwendbar erklärt. Diese Rechtsprechung veranlasste die Vertragsparteien, auf die Frage der Rechtshilfe für US-amerikanische Verfallsverfahren speziell zurückzukommen. Solche Verfahren stehen in Zusammenhang mit der Verfolgung und Bestrafung gerichtlich strafbarer Taten, werden aber ausserhalb des ordentlichen Strafverfahrens abgewickelt. Nach US-amerikanischer Rechtsordnung sind Klagen in derartigen Fällen beim US-amerikanischen Zivilgericht einzubringen. Prozessparteien sind der Staatsanwalt und der Eigentümer der inkriminierten Sache. Im Vorfeld zu dem vorliegenden Bericht und Antrag wurden Bedenken geäussert, dass aufgrund unterschiedlicher Beweisregeln ein Ersuchen um Rechtshilfe seitens der Vereinigten Staaten nicht klar zugeordnet werden könne. Die Zusammenarbeit der Staatengemeinschaft bei der Rechtshilfe würde sehr erschwert oder sogar verunmöglicht, wenn die Prozess-, also die verfahrensrechtlichen Eigenheiten des ersuchenden Staates in den Vordergrund rücken. Vielmehr ist das Materiellrechtliche zu gewichten. Es geht also darum, ob der Sachverhalt, der dem zu vollstreckenden Urteil zugrunde liegt, nach der Rechtsordnung des ersuchenden Staates die Voraussetzungen für eine Abschöpfung der Bereicherung, einen Verfall oder eine Einziehung erfüllt. Voraussetzung für den Verfall gemäss US-amerikanischem Recht ist, dass das Vermögen aus einer strafbaren Handlung stammt oder zur Begehung einer strafbaren Handlung verwendet wurde. Nach meinem Dafürhalten gilt auf völkerrechtlicher Ebene genauso der Vertrauensgrundsatz wie im kleinen, wie im Vertrag unter Privaten. Wir sollten also bei internationalen und bei bilateralen Verträgen vertrauen dürfen. Im konkreten Fall bedeutet das: Liechtenstein soll vertrauen dürfen, dass die Vereinigten Staaten in einem Rechtshilfeersuchen richtig und wirklich darstellen, um die Verfolgung welcher Straftaten es geht und dass es sich bei den sicherzustellenden Vermögenswerten um Erlöse aus diesen Straftaten handelt.Ich werde diesem Notenaustausch meine Zustimmung erteilen. Dies nicht nur, weil bei einem Schwarzmalszenario zum Beispiel die Gefahr der Sperrung von US-amerikanischen Korrespondenzbankkonten bestehen könnte und auch nicht, weil unsere Reputation auf dem Spiel stehen könnte. Ich werde diesem Notenaustausch zustimmen, weil ich persönlich überzeugt bin, dass die Ermöglichung der Rechtshilfe für US-amerikanische Verfallsverfahren ein wichtiger Schritt ist bei unseren Bemühungen im Kampf gegen das organisierte Verbrechen und die Kriminalität allgemein. Landtagsvizepräsident Ivo Klein:
Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren. Bei der Diskussion des Rechtshilfeabkommens mit den Vereinigten Staaten von Amerika im März 2003 in diesem Hohen Hause zeigte vor allem der damalige Landtagsvizepräsident Dr. Peter Wolff detailliert Unklarheiten und offene Fragen in dieser Vereinbarung auf. Aussenminister Ernst Walch antwortete ihm darauf. Zitat: «Ich stelle persönlich fest - und ich habe einiges mit amerikanischen Kunden zu tun, wahrscheinlich weit mehr als der Durchschnitt anderer Treuhänder und Anwaltskanzleien in diesem Lande, jedenfalls habe ich sehr viele amerikanische Kunden - und ich stelle fest, dass gerade diese Kunden sagen: ‹Nun ist die Regelung klar›». Dass die damalige Aussage alles andere als richtig war, beweist der erneute Bericht und Antrag zu diesem Thema. Weit mehr als noch diese Fehleinschätzung befremdet mich aber, was zur Verstimmung mit den Vereinigten Staaten und somit zur Notwendigkeit dieses Notenaustausches geführt hat: In einer äusserst delikaten Angelegenheit verteidigt das Büro des ehemaligen Aussenministers zwei Kunden, um die Rechtshilfe gegenüber den USA abzuwenden, obwohl Ernst Walch wusste oder wissen musste, dass sich die amerikanische und die liechtensteinischen Verhandlungsdelegation in der Auslegung des Sachverhaltes, dass das «Civil forfeiture»-Verfahren unter den Anwendungsbereich des Rechtshilfevertrages fallen würde, einig waren. Leider wurde im damaligen Bericht und Antrag zum Vertrag auf diese wichtige Thematik nicht eingegangen. Ob bewusst oder unbewusst, das vermag ich nicht zu beurteilen. Um noch eines daraufzusetzen schreibt nun der ehemalige Aussenminister am 29. August 2006 u.a. an verschiedene Abgeordnete einen Brief, in dem er uns zur Vorsicht bei der Zustimmung zu diesem Notenaustausch ermahnt. In seinem Antwortschreiben vom 6. September 2006 legt der leitende Staatsanwalt Dr. Robert Wallner in staatspolitisch verantwortungsvoller Art und Weise dar, wieso dem Notenaustausch zuzustimmen ist. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass eine Ablehnung der Interpretationsklärung eine nachhaltige Störung der Beziehung zu den Vereinigten Staaten zur Folge hätte und für unsere Banken und den ganzen Finanzplatz grosse Gefahren mit sich brächte. Durch den «US Patriot Act» können zum Beispiel Vermögen liechtensteinischer Banken in den USA gesperrt werden. Die direkte und die indirekte Wirkung des «US Patriot Act» können bei längerem Andauern eine liechtensteinische Bank vor ernsthafte, um nicht zu sagen existenzielle Probleme stellen. In diesem Zusammenhang möchte ich die Worte des damaligen Aussenministers im Landtag zitieren: «Und auch wurde angesprochen der US Patriot Act. Die Zielsetzung der USA hat durch die in die Verhandlungsperiode fallenden Ereignisse vom 11. September - wie ich es gesagt habe - in den USA besondere Bedeutung erlangt und sie wurde mit grossem politischen Nachdruck unterstützt. Sie wissen um die in Rekordzeit verabschiedete amerikanische Gesetzgebung unter dem Namen ‹US Patriot Act›. Sie ermächtigt den amerikanischen Finanzminister - und das wurde auch schon erwähnt - gegen nicht kooperative Jurisdiktionen weit reichende Sanktionen zu verordnen. Und wir wissen es, dass es bilateral gegenüber verschiedenen Staaten auch geschieht. Und ich möchte diejenigen Abgeordneten im Hohen Hause sehen und hören, wenn das dieser Regierung unterlaufen würde, dass man in Unterschätzung eines wohl wichtigen Vertragspartners, Verhandlungspartners, einer Macht in dieser Welt, nämlich den USA, den Rücken zukehrt oder unfair und mit Hintergedanken verhandeln würde, um dann eben geschlagen zu werden. Dann möchte ich die Aussagen in diesem Hohen Hause hören, wo die Verantwortung der Regierung wohl geblieben wäre». Da der damalige Aussenminister die Wirkung des «US Patriot Act» gekannt hat, stellt sich für mich nur eine Frage: Wo bleibt das Verantwortungsbewusstsein eines Ernst Walch? Im weiter oben erwähnten Brief bemängelt Ernst Walch auch das fehlende Vernehmlassungsverfahren. Diesbezüglich möchte ich die Regierung fragen, ob sie die vorliegende Vereinbarung mit den Wirtschaftsverbänden besprochen hat und was gegebenenfalls deren Stellungnahme war. Danke. Abg. Alois Beck:
Danke, Herr Präsident. Im Gegensatz zum Abg. Jürgen Beck bin ich immer wieder froh, wenn ich dazulerne. Es ist für mich auch keine Überraschung. Ich möchte einfach noch in diesem Zusammenhang an das Jahr 2003 erinnern, wenn hier jetzt relativ klar die staatspolitische Verantwortung in den Mund geführt wird. Die damalige VU-Fraktion hat geschlossen diesem Rechtshilfeabkommen die Stimme versagt. Und Sie, Herr Landtagsvizepräsident, Sie waren an vorderster Stelle mit dabei. Und ich finde es jetzt schon interessant, wenn ich zurückdenke, wie dort uns Sachen vorgeworfen wurden: Das Ende des Finanzplatzes wurde prophezeit, da wurde von Katastrophe und irreparablem Schaden gesprochen und Sie haben diesem Abkommen eben nicht zugestimmt. Im Nachhinein, glaube ich, muss man das ganz klar sehen, wie das abgelaufen ist und deshalb möchte ich schon die ganze Situation etwas in die staatspolitische Verantwortung nehmen und möchte mir wünschen, dass Sie sich auch an die damalige Zeit erinnern. Abg. Harry Quaderer:
Herr Landtagspräsident, geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Herr Abg. Beck, auch Sie sind lernfähig - so hoffe ich zumindest - und nach meinem Votum werden Sie sehen, vielleicht lernen Sie nochmal was Neues dazu. Zum Notenaustausch zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Fürstentum Liechtenstein im Hinblick auf die Interpretation und Anwendung des Vertrages vom 8. Juli 2002 betreffend die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, LGBl. 2003 Nr.149, möchte ich ein paar Ausführungen machen:
Es geht um eine anscheinend unscheinbare Sache, wenn man die Zusammenfassung liest. Dem ist aber bei Weitem nicht so.
Dieser Notenaustausch vom Jahr 2002 hat sich gemäss Bericht und Antrag in der Praxis bestens bewährt. Zahlreiche Rechtshilfefälle konnten zur Zufriedenheit beider Vertragsparteien erfolgreich abgewickelt werden. Viele der Bedenken und Befürchtungen, welche von einzelnen Abgeordneten in der öffentlichen Landtagssitzung vom März 2003 geäussert wurden, haben sich nicht bestätigt.
Was ist also passiert oder besser gesagt warum kommt es jetzt - 4 Jahre später - zu einer Präzisierung des Rechtshilfevertrages durch einen Notenaustausch?
In einer sehr wichtigen Frage ist es zu Unklarheiten über die Auslegung des Vertrages gekommen.
Es geht darum, ob Verfahren in den USA über den Verfall von aus strafbaren Handlungen stammenden Vermögenswerten, welche ausserhalb des eigentlichen Strafverfahrens gegen eine bestimmte natürliche Person - gegen die Sache geführt werden, vom Rechtshilfevertrag umfasst sind oder nicht. Das so genannte «in rem» oder «Civil forfeiture»-Verfahren.
Bei den damaligen Vertragsverhandlungen gingen beide Vertragsparteien davon aus, dass solche Verfahren vom Vertrag umfasst sind.
Eine Entscheidung des Fürstlichen Obersten Gerichtshofs vom 4. Mai 2006 sowie eine noch nicht rechtskräftige Entscheidung des Fürstlichen Obergerichts vom 25. Juli 2006 haben diese Auffassung jedoch verneint.
Die entstandenen Unklarheiten bei der Interpretation des Vertrages sollen nunmehr durch einen diplomatischen Notenaustausch bereinigt werden.
Nun so weit so gut.
Wo liegt eigentlich die Brisanz in dieser Sache?
Warum ist diese Geschichte eine Geschichte von Moral, Staatspolitik, aber vor allem auch von Glaubwürdigkeit?
Die Reputation unseres Landes steht wieder einmal auf dem Spiel.
Geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich möchte jetzt in ganz einfachen Sätzen erklären, was mich an dieser Geschichte ganz gewaltig stört.
Gehen wir doch nochmals zurück ins Jahr 2001.
Schon in der ersten Verhandlungsrunde, welche im April 2001 in Washington stattgefunden hat, wurde genau die Problematik, welche jetzt in diesem Hohen Haus für einen weiteren Notenaustausch sorgt, genauestens diskutiert. Angeblich nicht genau genug.
Nachdem eine amerikanische Expertin für Geldwäsche und Verfallsverfahren einen Überblick über Geschichte, Rechtsgrundlage, Verfahrensablauf und Praxis des amerikanischen «Civil forfeiture»-Verfahrens gab, schienen die anfänglich unterschiedlichen Interpretationen aus dem Wege geräumt.
Die Verhandlungspartner waren sich über den Inhalt des Vertrages einig und er wurde vom damaligen Aussenminister am 5. Juni 2003 zeremoniell im US Department of State unterschrieben.
Die im März 2003 geführte Debatte im Landtag war sehr aufschlussreich und noch mehr aufschlussreich natürlich, wenn man sie in den heutigen Kontext setzt.
Regierungschef Otmar Hasler vom Ressort Präsidium und Dr. Ernst Walch vom Ressort Äusseres vertraten die damalige Position der Regierung.
Was mich schon sehr stutzig macht ist, dass jetzt das Ressort Justiz die Federführung zu diesem Traktandum hat.
Herr Regierungschef Hasler, es würde mich interessieren, warum jetzt das Ressort Justiz diese heisse Kartoffel in den Händen hält?
Die damalige Justizministerin war bei dieser wichtigen Thematik im Jahre 2001 ausgeklammert, dafür ist sie jetzt als Aussenministerin involviert.
Über das Warum und Wieso möchte ich jetzt nicht philosophieren.
Was mich doch sehr erstaunte war die Tatsache, dass bei der letzten APK-Sitzung unser Justizminister aus mir fadenscheinigen Erklärungen nicht eingeladen wurde.
Anwesend an der APK-Sitzung war der leitende Staatsanwalt Dr. Robert Wallner und dies hat doch auch schon einiges zu bedeuten.
Auf diesem Weg möchte ich Dr. Wallner nochmals für seine Erklärungen und Anmerkungen und Ausführungen danken.
Für mich stellt sich jetzt ganz einfach die Frage:
Was hat das Obergericht und den Obersten Gerichtshof von Liechtenstein bewogen, im Zusammenhang mit einen wie es schien klar definierten und von beiden Parteien als einig befundenen Rechtshilfevertrag ein Urteil zu fällen, bei welchem bestätigt wird, dass das «Civil forfeiture» bei uns nicht anwendbar ist?
Wer hat diesen Entscheid in die Wege geleitet?
Meine Damen und Herren,
es war niemand anders als die Anwaltskanzlei Walch und Schurti in Vaduz.
Das Walch steht für Dr. Ernst Walch, unseren ehemaligen Aussenminister.
Dr. Ernst Walch hat diesen Rechtshilfevertrag im Jahre 2003 unterzeichnet und vertreten.
Von der Regierungsbank aus mit gewohntem Elan - andere würden auch sagen mit etwas Überheblichkeit - hat er seine Position dargelegt. Er, der grosse Kenner von Amerika, vertrat in staatspolitischer Manier diesen Rechtshilfevertrag. Keine Spur von Zweifel.
Keine Spur von Interpretationsschwierigkeiten.
Erhaben, müsste man sagen, war seine damalige Position.
Warum ist es gerade jetzt seine Kanzlei, welche gegen diesen Rechtshilfevertrag argumentiert?
Ist es Gerechtigkeitssinn oder geht es um sehr viel Geld?
Welches sind denn diese zwei Klienten der Anwaltskanzlei Walch und Schurti,
deren Interessen bis zum Obersten Staatsgerichtshof verteidigt werden?
Als wirtschaftlich Berechtigter werden einerseits die Interessen der Domizilgesellschaften eines gewissen Pavel Lazarenko vertreten.
Lazarenko, ein ehemaliger Regierungschef der Ukraine.
Eine so genannte politisch exponierte Persönlichkeit. Lazarenko wurde von einem Geschworenengericht im Jahre 2004 in den USA für schuldig befunden.
Vor ca. 3 Wochen wurde Lazarenko in den USA zu einer Gefängnisstrafe von 9 Jahren verurteilt.
In seiner Funktion als Ministerpräsident hat Lazarenko in den Jahren 1996 und 1997 seinen Staat um viele Millionen Dollars geprellt, von welchen jetzt einige in Sitzgesellschaften in Liechtenstein sind. Man spricht von grosso modo 60 Millionen Dollar.
In seiner Heimat wurde der frühere Regierungschef und Ministerpräsident im Jahr 2000 in Abwesenheit zu 18 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Die ukrainische Justiz warf ihm neben der Geldwäscherei vor, in den frühen 90er Jahren zwei Morde in Auftrag gegeben zu haben.
Nur noch ein kleines geschichtliches Detail:
Lazarenko ist der zweite ausländische Regierungschef, der sich in den USA vor Gericht verantworten musste und für schuldig befunden wurde.
Vor ihm war es der frühere Präsident von Panama, Manuel Noriega, welcher im Jahre 1992 zu 30 Jahren Gefängnis wegen Drogenschmuggel verurteilt wurde.
Nun, im zweiten Fall vertritt die Kanzlei Walch und Schurti im Parteienverkehr die Interessen der Domizilgesellschaften eines Herrn Collins. Der Beschuldigte wurde rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 23 Jahren verurteilt. Drogenhandel in führender Stellung und Beteiligung an der Beschaffung und Einfuhr von zehntausenden - ich wiederhole - zehntausenden Pfund Marihuana wurden Collins zur Last gelegt.
Die Erlöse, mehrere zehn Millionen Dollar, wurden im Ausland verbunkert, namentlich auch in Domizilgesellschaften in Liechtenstein.
Diese zwei Parteien - vertreten durch Walch und Schurti - lösten durch den Entscheid beim Obersten liechtensteinischen Gerichtshof ein finanzielles Erdbeben aus, welches glücklicherweise nicht zu einer Katastrophe führte.
Warum werde ich später erklären.
Ich verstehe wahrlich zu wenig von Recht und Justiz, jedoch scheint mir diese ganze Geschichte moralisch verwerflich und ist mit gesundem Menschenverstand sehr schwierig nachzuvollziehen.
Der Rechtshilfevertrag gab zu Verhandlungsbeginn Anlass zu verschiedenen Interpretationen im juristischen Sinn. Im Bericht und Antrag steht dann, dass sich beide Parteien über diese Unklarheiten jetzt verstanden fühlten und man war sich einig über diesen Rechtshilfevertrag.
Meine Damen und Herren, bitte lesen Sie die Ausführungen und Erklärungen im Landtagsprotokoll von 2003 von unserem Regierungschef Hasler und vom damaligen Aussenminister Dr. Ernst Walch.
Auch ich kann mir es jetzt nicht verkneifen, den Aussenminister Dr. Ernst Walch von damals noch kurz zu zitieren:
«Und auch wurde angesprochen der US Patriot Act: Die Zielsetzung der USA hat durch die in die Verhandlungsperiode fallenden Ereignisse vom 11. September - wie ich es gesagt habe - in den USA besondere Bedeutung erlangt und sie wurde mit grossem politischen Nachdruck unterstützt. Sie wissen um die in Rekordzeit verabschiedete amerikanische Gesetzgebung unter dem Namen ‹US Patriot Act›.
Sie ermächtigt den amerikanischen Finanzminister - und das wurde auch schon erwähnt - gegen nicht kooperative Jurisdiktionen weit reichende Sanktionen zu verordnen. Und wir wissen es, dass es bilateral gegenüber verschiedenen Staaten auch geschieht.
Und ich möchte diejenigen Abgeordneten im Hohen Hause sehen und hören, wenn das dieser Regierung unterlaufen würde, dass man in Unterschätzung eines wohl wichtigen Vertragspartners, Verhandlungspartners, einer Macht in dieser Welt, nämlich den USA, den Rücken zukehrt oder unfair und mit Hintergedanken verhandeln würde, um dann eben geschlagen zu werden. Dann möchte ich die Aussagen in diesem Hohen Hause hören, wo die Verantwortung der Regierung wohl geblieben wäre». Zitat Ende.
Nun, der geehrte Dr. Walch kann mich nicht sehen, aber ich hoffe doch, dass er mich hören kann.
Genau Ihre Kanzlei, gekoppelt mit den Interessen eines Lazarenko und Collins, haben den «US Patriot Act» ausgelöst.
Ich komme darauf auch noch etwas genauer zurück.
Wo blieb Ihre Verantwortung, Dr. Walch? Im Jahre 2003 tönte es sehr staatspolitisch aus Ihrem Mund.
Geht es jetzt nur noch um persönliche Interessen, bei welchen es um sehr, sehr viel Geld geht?
Ich bin sicher, die amerikanischen Behörden nehmen sich die Mühe und lesen auch alte Landtagsprotokolle. Mit meinen Ausführungen möchte ich Ihnen Ihr Gedächtnis nochmal ein bisschen auffrischen.
Ich frage mich schon: Was sollen die amerikanischen Behörden und die amerikanische Justiz vom Land Liechtenstein halten?
Wenn man sich diese Geschichte auf der Zunge zergehen lässt, werden die Amerikaner das ihrige denken, davon bin ich überzeugt.
Nun, wie gesagt, der «US Patriot Act» wurde gegen Liechtenstein angewendet.
Ich sprach von einem finanziellen Erdbeben, bei dem es glimpflich abging, glimpflich aber nur, weil unsere Regierung schnell und verantwortungsbewusst gehandelt hat. Abgewendet, weil die Herren von den betroffenen Banken sich bewusst waren, was es bedeutet, keine Dollar-Zahlungen über US-Konti machen zu können. Dank sei dem leitenden Staatsanwalt, dem Ressort Justiz, der Botschaft in Washington und allen Beteiligten, die schnell und positiv für die Staatsinteressen eingesprungen sind.
Was ist genau passiert?
Die Sperre von mehreren Konten wurden vom US Bundesgericht im Südlichen Bezirk Indiana im Auftrag ihrer Staatsanwaltschaft gegenüber zwei liechtensteinischen Banken ausgesprochen, bei welchen die Gelder der Herren Lazarenko und Collins aufbewahrt sind.
Nun, ich habe eine kleine Ahnung von Banken und Zahlungsverkehr.
Die Sperre von Konti in den USA, welche das
Clearing für sämtliche Dollarüberweisungen dieser zwei betroffenen liechtensteinischen Banken gewährleisten, könnte in kürzester Zeit zu einem Kollaps der betroffenen Banken führen. Ich spreche hier von wenigen Tagen und nicht von Wochen.
Die Lösung dieses enormen Problems liegt jetzt vor uns.
Es ist eine eindeutige Klarstellung und Interpretation dieses im Jahre 2003 abgeschlossenen Rechtshilfevertrags durch einen Notenaustausch.
Auch die letzten Zweifel von Missinterpretationen sollten mit dieser Note aus dem Weg geräumt werden.
Da fragt sich der Laie wie ich: Warum brauchen wir zwei Anläufe für etwas, das damals so selbstverständlich schien?
Kann mir der Regierungschef erklären, warum es zu dieser
Auslegung seitens des Obergerichts und des Obersten Gerichtshofes kam?
Es scheint mir ganz offensichtlich, dass bei dem damals verhandelten Rechtshilfevertrag nicht zur Genüge recherchiert wurde. Es wurden nicht alle Kräfte mit einbezogen. Es wurde nicht das ganze Know-how angezapft.
Es gab keine Vernehmlassung. Warum nicht?
Beim EU-Zinsbesteuerungsabkommen gab es ja auch eine Vernehmlassung.
Wenn Dr. Walch jetzt in seinem Schreiben an die Regierung und an die APK-Mitglieder eine Vernehmlassung fordert, stelle ich fest, ist es wieder einmal
Doppelmoral, die hier angewendet wird.
Als Aussenminister hätte er damals die Möglichkeit gehabt, eine breit gefächerte Vernehmlassung durchzuführen, dies unter Einbezug der jetzt auf dem Tisch liegenden Frage. Hat er aber nicht. Warum?
Vielleicht kann mir der Regierungschef erklären, warum nicht.
Jetzt ist es zu spät, meine Damen und Herren. Die Amerikaner werden uns diese Zeit nicht mehr gönnen. Schade.
Herr Regierungschef,
ich wäre der Regierung dankbar, wenn diese ganze Geschichte nochmals detailliert aufgearbeitet würde.
Ich glaube es schlichtweg nicht, dass zwischen der liechtensteinischen und der amerikanischen Delegation im Jahre 2001 das ominöse Wort „Civil forfeiture“ nicht ein einziges Mal gefallen ist.
Herr Regierungschef, gab es nirgendwo Notizen oder Protokolle, wo dieses Wort notiert wurde?
Warum gibt es jetzt eine 80-seitige Begründung seitens des Obersten Gerichtshofes, welches besagt, dass «Civil forfeiture»-Verfahren bei uns keine Anwendung finden?
«Civil forfeiture»-Verfahren gibt es in den USA schon seit langem. Seit mindestens 30 Jahren, traue ich mich zu behaupten, und sie sind fester Bestand des amerikanischen Rechtsystems. Das hätte der damaligen Verhandlungsdelegation klar sein müssen, auch einem Dr. Walch, welcher ja in den Staaten Recht studiert hat.
Uns allen bleibt jetzt keine andere Wahl.
Es gilt jetzt, diesen Notenaustausch zu ratifizieren.
Es gilt aber auch ganz klar und deutlich aufzuzeigen, dass solche Fehler nicht mehr passieren dürfen.
Aus Fehlern kann man ja bekanntlich lernen.
Schliesslich und endlich geht es hier ja um die Reputation unseres Finanzplatzes. Solche schaffen wir mit Personen wie Collins und Lazarenko ganz sicher nicht.
Ganz klar spreche ich mich für den Antrag der Regierung aus.
Danke.
Landtagspräsident Klaus Wanger:
Wenn es keine weiteren Wortmeldungen aus dem Plenum mehr gibt, dann gebe ich das Wort dem Herrn Regierungschef. Regierungschef Otmar Hasler:
Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren. Inhaltlich scheint die Vorlage ja unbestritten. Ich möchte zu den politischen Äusserungen des Herrn Abg. Quaderer sehr gerne Stellung nehmen. Ich kann Ihnen aber jetzt schon sagen, ich kann sicher nicht für die Gerichte sprechen. Ich kann Ihnen auch nicht ganze Gerichtsurteile kommentieren und Schwächen und Stärken von Urteilen hier als Regierungschef aufführen. Das ist nicht meine Aufgabe, das müssen Sie verstehen. Und wenn Sie das nicht verstehen, dann haben Sie unser Rechtssystem nicht verstanden. Damit das klar gesagt ist. Weil das empfinde ich als Zumutung, immer wieder mich hier praktisch an die Stelle der Gerichte zu setzen und zu fragen: Warum haben die Gerichte diesen völkerrechtlichen Vertrag so ausgelegt und was war ihre Begründung? Selbstverständlich habe ich das Gerichtsurteil gelesen und dementsprechend mir auch meine Meinung gebildet. Aber es steht mir nicht an, wäre auch nicht gut, wenn die Regierung in Landtagssitzungen Gerichtsentscheide interpretiert, auslegt und ihre Meinung jeweils dazu gibt. Aber eines wird auch in Zukunft so sein, da können Sie sicher sein: Völkerrechtliche Verträge werden immer wieder anhand von konkreten Fällen interpretiert und es wird immer wieder geschehen, dass völkerrechtliche Verträge von einem Gericht halt anders interpretiert werden als sie von der Regierung interpretiert worden sind. Weil ansonsten brauchten wir keine Gewaltenteilung im Staate Liechtenstein, wenn die Gerichte nicht ihre freie Interpretation hätten. Und was ich auch gerne zugebe, solche völkerrechtlichen Verträge, die dermassen komplex gestaltet sind, können nicht bis ins letzte Detail jeden Fall, jeden einzelnen Fall, der in Zukunft geschieht, und jede Klage, die in Zukunft eingereicht wird, schon voraussehen. Das ist ganz einfach nicht möglich. Deshalb sehe ich auch nicht, dass, wenn einmal ein Gericht einen Vertrag eben nicht so interpretiert wie ihn die Regierung interpretiert hat bzw. wie ihn die Verhandlungsdelegation interpretiert hat, das ist nicht der grosse Unfall. Das ist normal. Natürlich auch in anderen Staaten möglich, wo es unabhängige Gerichte gibt und das wird es immer wieder geben. Wichtig ist, dass reagiert wird. Wichtig ist, dass die Politik zu ihrer Verantwortung steht, dass die Regierung zu ihrer Verantwortung steht und so, wie damals ausgehandelt wurde, dass man dazu steht und dementsprechend halt dann die Klarstellung einbringt. Ich stehe sehr klar zu diesem Rechtshilfevertrag. Ich habe ihn damals auch im Landtag mit vertreten und ich habe die Äusserungen, die ich gemacht habe, die Interpretationen, die ich gemacht habe, noch sehr wohl vor mir. Ich habe sie mir auch noch einmal durchgelesen und kann auch heute noch dazu stehen. Wenn Sie hier einzelne Aussagen von mir haben, die Sie bestreiten oder wo Sie Probleme sehen, dann bitte ich, sie konkret aufzuführen. Ich werde gerne darauf zurückkommen. Es ging ja damals in der Diskussion auch sehr wesentlich darum, ob Steuerforderungen über die Interpretation von Art. 17 eingetrieben werden könnten. Das habe ich damals vehement bestritten, weil es eben ein Rechtshilfevertrag - da geht es um Strafrechtshilfe - ist, und das ist auch bis heute so geblieben. Und ich denke mir, der Vertrag hat sich insgesamt bewährt. Das haben Sie übrigens auch nicht bestritten, also möchte ich Ihnen das auch nicht in den Mund legen. Aber hier haben wir nun eine Interpretation eines Gerichtes, die mir so auf jeden Fall nicht im Sinne des abgemachten Vertrages, des geschlossenen Vertrages scheint. Und deshalb ist es wichtig auch im Sinne der Glaubwürdigkeit, dass die Korrektur durch diese Vereinbarung, durch diesen Notenaustausch, die Korrektur, die ja im Prinzip durch dieses Urteil nun notwendig ist, eben auch gemacht wird. Sie haben zuerst einige Fragen an mich gestellt, die ich gerne beantworte: Warum soll plötzlich das Ressort Justiz nun diesen Notenaustausch vertreten? Das ist halt im Ressortplan so vorgesehen. Rechtshilfe gehört zum Ressort Justiz. Aber ich habe dem Regierungschef-Stellvertreter natürlich immer gesagt, ich stehe zu diesem Vertrag, zu diesem Notenaustausch und ich werde ihn auch mit vertreten hier im Hohen Landtag. Da geht es überhaupt nicht darum, irgendeine heisse Kartoffel aus den Händen zu geben. Also diese Interpretation, die kann ich nicht nachvollziehen. Ich kann Ihnen auch sagen, warum ich damals als Ressortinhaber des Ressorts Finanzen diesen Rechtshilfevertrag hier mit vertreten habe. Und zwar ganz genau, weil es in der zweiten Runde dieser Vertragsverhandlungen um Steuerrechtshilfe ging. Steuern, Finanzen, das liegt in meinem Ressort und deshalb habe ich mich dort auch bereit erklärt, diese Verhandlungsrunde unter meiner Federführung zu gestalten und dementsprechend dann das Ergebnis auch im Landtag zu vertreten. Heute sprechen wir in diesem konkreten Fall nicht von Steuerrechtshilfe und deshalb auch diese Rollenaufteilung. Aber wie gesagt, zu diesem Rechtshilfevertrag kann ich sehr gut stehen und er wurde auch gut ausgehandelt, das bin ich nach wie vor der Überzeugung. Und wenn wir die Praxis der letzten vier Jahre anschauen, dann bestätigt sich diese Einschätzung durchaus. Die Vertragsverhandlungen waren sehr intensiv und dass man völkerrechtliche Verträge, die man verhandelt, nicht einfach einer Vernehmlassung unterstellen kann, das scheint mir eigentlich selbstredend, weil das ist ein Vertrag, den man miteinander ausgehandelt hat. Und wenn die eine Seite Vernehmlas-sungen macht und den Vertrag einseitig abändert, dann müssten ja die Verhandlungen wieder neu beginnen. Also, wenn die Verhandlungen einmal zu Ende geführt sind, wenn man die Verhandlungen abgeschlossen hat, dann müssen natürlich beide Vertragsparteien zu diesem Verhandlungsergebnis stehen und dann können die entsprechenden Organe - bei uns der Landtag - zu diesem ausgehandelten Vertrag dann ihre Zustimmung oder eben ihre Ablehnung geben. Aber ich denke mir, deshalb wäre es auch nicht sinnvoll gewesen, dass man diesen Notenaustausch einer Vernehmlassung unterzieht. Erstens einmal eben, weil es um einen völkerrechtlichen Vertrag geht, zweitens weil die Regierung da überzeugt ist, dass das im Sinn des damals geschlossenen Rechtshilfeabkommens ist. Und wenn man diese Überzeugung hat und wenn man so verblieben ist in den Verhandlungen, dann muss man dazu stehen. Dann kann man natürlich nicht andere fragen, ob man zu diesem Ergebnis stehen soll oder eben nicht stehen soll, sondern dann muss das klargelegt werden. Und deshalb hat die Regierung dann auch diesen Notenaustausch vorbereitet und legt ihn hier dem Landtag zur Beratung und dann zur Abstimmung vor. Was die Einladung an die APK-Sitzung betrifft: Ich möchte hier wirklich nicht ins Detail gehen, aber ich werde veranlassen, dass nun die Einladungen jeweils an alle Regierungsmitglieder gehen. Wenn das organisatorisch nicht richtig gelaufen ist, dann entschuldige ich mich. Aber wie gesagt, ich glaube, das sollten wir hier nicht zu lang und breit verhandeln. Im Bericht und Antrag wird auch aufgeführt, warum die beiden Verhandlungsdelegationen - die erste Verhandlungsdelegation wurde ja schon im Jahr 2000 bestellt und die Verhandlungen haben im April 2001 stattgefunden - warum die Verhandlungsdelegationen übereingekommen sind, dass dieses «Civil forfeiture»-Verfahren anwendbar ist. Und ich muss Ihnen gestehen - und das können Sie nun als Fehler taxieren oder nicht - ich muss Ihnen gestehen, das war für die Verhandlungsdelegation klar, dass das auch aus dem Vertrag herauslesbar sei. Und deshalb wurde auf dieses Verfahren kein besonderes Gewicht gelegt, das heisst es wurde ja auch im Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag nicht ausgeführt; einfach deshalb, weil man übereingekommen ist, dass das an und für sich gemäss unserer Rechtslage klar sei, dass dieses «Civil forfeiture»-Verfahren, dass das eben gemäss diesem Rechtshilfevertrag in Zusammenhang mit strafrechtlichen Tatbeständen gültig sei. Im Nachhinein kann man durchaus sagen - und das Recht gestehe ich Ihnen auch zu -, man hätte das ausführlicher begründen und abhandeln müssen. Wenn es umstritten gewesen wäre, dann hätte man es auch abgehandelt. Weil es damals nicht umstritten war in der Verhandlungsdelegation, wurde das auch nicht im Bericht und Antrag aufgeführt. Sie haben sich gefragt: Warum braucht es nun zwei Anläufe? Es gibt auch andere völkerrechtliche Verträge, wo Klarstellungen gemacht werden müssen, wo auch ein Notenaustausch notwendig ist. Und von daher, denke ich mir, ist das nicht eine Ausnahme. Aber, wie gesagt, besser wäre gewesen, man hätte vorhergesehen, dass es hier zu Problemen kommen kann und dann hätte man das im Bericht und Antrag ausgeführt und dann wäre dementsprechend - zumindest was den Bericht und Antrag anbelangt - auch für das Gericht eine Hilfestellung gegeben gewesen. Sie behaupten hier wieder, man hätte nicht alle Kräfte einbezogen, man hätte damals keine Vernehmlassung gemacht. Das Thema «Vernehmlassung» habe ich ausgeführt, warum man nach Abschluss der Verhandlungen keine Vernehmlassung bei völkerrechtlichen Verträgen macht. Ich denke mir sehr wohl, dass sehr viele Kräfte mit einbezogen gewesen waren, sonst hätten wir dieses Ergebnis mit den USA nicht erreichen können. Und darum weiss ich auch nicht, welche Geschichte hier noch detailliert aufgearbeitet werden soll. Es stimmt, damals, während der Verhandlungen, standen wir unter grossem Druck. Zum Teil haben die Verhandlungsdelegationen - es handelt sich ja letztlich um zwei - um eine erste, die noch im Jahr 2000 bestellt wurde - und als es dann um die Steuerrechtsfragen ging, um eine zweite Verhandlungsdelegation - zum Teil wurde mündlich berichtet, zum Teil musste dann auch entschieden werden, wenn sich eine Gelegenheit zu einem Durchbruch ergeben hat, und von daher wurden nicht über jedes Verhandlungsgespräch in extenso Notizen gemacht, die dann nachher abgelegt wurden. Das kann als Vorwurf Ihrerseits dienen. Aber damit noch einmal klargelegt ist: Damals, nach der ersten Verhandlungsrunde, ist man davon ausgegangen, dass dieses «Civil forfeiture»-Verfahren vom Rechtshilfevertrag umfasst ist. Dass es jetzt zu diesen gerichtlichen Auseinandersetzungen gekommen ist, das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Dass der Oberste Gerichtshof anders entschieden hat, nehme ich auch zur Kenntnis. Ich habe auch die Begründung gelesen. Ich hätte dazu durchaus einige Anmerkungen zu machen, die ich hier aber nicht im öffentlichen Landtag zum Besten geben will. Das einfach auf der politischen Seite einige Worte auf Ihr Votum, das Sie an mich gerichtet haben: Ich kann Ihnen nur sagen, ich war damals überzeugt, wie ich diesen Rechtshilfevertrag hier im Hohen Haus vertreten habe, dass das ein guter Vertrag ist, dass er absolut notwendig ist. Und dementsprechend habe ich mich auch dafür eingesetzt, dass dieser Vertrag abgeschlossen werden konnte mit den Vereinigten Staaten. Ich denke mir nicht, dass ich irgendeine Aussage in den Protokollen gemacht habe, zu der ich heute nicht mehr stehen kann. Und ich denke mir, dass sich auch bewahrheitet hat, dass gerade in Steuerfragen nicht einfach Tür und Tor offen gemacht wurde, sondern dass bis heute in diesem Bereich praktisch kein Rechtshilfegesuch gestellt worden ist. Ich denke, ich habe auf die wesentlichen Fragen von Ihnen geantwortet und sonst werden Sie sie sicher nachher an mich stellen. Landtagspräsident Klaus Wanger:
Jetzt hat sich noch der Abg. Harry Quaderer gemeldet. Dann möchte ich anschliessend noch das Wort dem Regierungschef-Stellvertreter geben. Abg. Harry Quaderer:
Ich möchte mich für die Ausführungen von Regierungschef Hasler bedanken. Zwei Anmerkungen möchte ich doch noch machen: Sie haben gesagt, bei völkerrechtlichen Verträgen gäbe es keine Vernehmlassung. Bei der EU-Zinsbesteuerung gab es eine Vernehmlassung. Aber was mich in Sachen Vernehmlassung - und da verstehe ich die Position der Regierung, ich verstehe Ihre Ausführungen - aber was mich jetzt schon sehr, sehr stört - und das ist nicht Ihr Fehler - aber die APK, die Regierung bekommen einen sechsseitigen Brief - ich habe den heute Nachmittag erhalten - von der Kanzlei Walch und Schurti. Und wenn ich den letzten Satz zitieren dürfte: «Jedenfalls wollte ich in dieser Sache einen konstruktiven Beitrag leisten und habe dafür eine Vernehmlassung vorgeschlagen. Immerhin ist der FL-US-MLAT - sprich FL-US-Rechtshilfevertrag - ein Eckstein in der Finanzsektorpolitik im Allgemeinen und in Beziehungen zu den USA im Besonderen». Das finde ich schon absolut super. Dafür möchte ich dem Herrn Dr. Walch sehr danken, dass er uns das heute noch geschickt hat. Aber wir müssen uns bewusst sein, wir können uns keinen zweiten Fall von «US Patriot Act» mehr leisten. Und ich glaube, da ist der Regierungschef mit mir einig. Und ich glaube, wir würden uns hier alle einig sein, wenn der Klient die Mutter Theresa mit dem Sparkonto wäre, dann wäre das kein Problem für die USA. Aber wir sprechen hier von zwei ziemlich schwer gewichtigen Herren. Und da haben die Amerikaner weniger Verständnis für solche Sachen. Danke. Landtagsvizepräsident Ivo Klein:
Danke. Ich möchte auch noch kurz etwas sagen zu dem vorher vom Abg. Harry Quaderer Gesagten bzw. zu Ihren Ausführungen: Ich möchte aus einem anderen Schreiben der Anwaltskanzlei Walch und Schurti zitieren, das vom 29. August ist und auch an einen relativ weiten Kreis gegangen ist. Ich zitiere: «Nachdem mit der Änderung ein wesentlicher Systemwechsel und ein Eingriff in Grundsätze unseres Rechtssystems verbunden sind, halte ich es jedenfalls für erforderlich, dass die liechtensteinischen Bürger und die Verbände in dieser so wichtigen Sache im Rahmen einer Vernehmlassung Stellung nehmen können».Ich meine, der ehemalige Aussenminister vertritt hier eine ganz andere Meinung als Sie, Herr Regierungschef. Ich kann das einfach so im Raum stehen lassen. Regierungschef Otmar Hasler:
Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren. Noch zum Votum des Abg. Harry Quaderer: Ich weiss nicht, ob Sie bei der Zinsbesteuerung nicht einem Irrtum unterliegen. Wir haben das Umsetzungsgesetz zum Abkommen in die Vernehmlassung geschickt. Weil da mussten wir ein Umsetzungsgesetz machen und da hatte man einige Möglichkeiten der Ausgestaltung und das haben wir in die Vernehmlassung gegeben, weil das ist ein innerstaatlicher Rechtsakt und ich denke mir, da sollen die Vernehmlassungsteilnehmer auch begrüsst werden. Regierungschef-Stellvertreter Klaus Tschütscher:
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Ich bin froh, dass die Zustimmung für diesen Notenaustausch sehr unbestritten ist. Ich möchte einfach hier noch ein paar Zusatzinformationen, Hintergrundinformationen geben, so weit ich das im öffentlichen Landtag auch verantworten kann. Ich glaube dann wird es jedem Abgeordneten und jeder Abgeordneten mit gutem Gewissen möglich sein, diesem Notenaustausch zuzustimmen. Die Fälle wurden angesprochen. Ich möchte hier nicht näher auf die Fälle eingehen, nur die Dimension darstellen, seit wann diese Fälle in Liechtenstein bekannt sind: Im Fall Collins wurden in Liechtenstein schon im Jahre 1997 Ermittlungen durchgeführt. Es wurden von amerikanischer aber auch von liechtensteinischer Seite hier diverse Rechtshilfeersuchen in Strafsachen gestellt und grösstenteils auch erledigt. Im besagten Fall, der dann Auslöser war, war es ein Rechtshilfeersuchen vom 9. Juni 2005. Im Fall Lazarenko wurde auch schon seit dem Jahre 1999 in Liechtenstein ermittelt und es gab auch hier verschiedene Rechtshilfeersuchen zwischen diversen betroffenen Staaten. Und das gegenständliche Rechtshilfeersuchen, um welches es ging im Falle des Obergerichts, stammt vom 25. November 2005. Nur, dass man die Dimension dieser zwei Fälle sieht. Ich habe es gesagt, es handelt sich um eine sehr sensible, um eine sehr schwierige Agenda. Und damit meine ich vordergründig natürlich nicht den Notenaustausch, sondern das, was im Hintergrund dieses Notenaustausches sich auf dem Finanzplatz Liechtenstein abgespielt und was sich gegenüber den USA abgespielt hat. Es kam in der Tat der «US Patriot Act» zur Anwendung. Wir haben das auch im Bericht und Antrag dargestellt. Und was die Anwendung des «US Patriot Act» für einen Kleinstaat für Dimensionen - die in den USA sehr klein erscheinen mögen, für uns aber sehr gross sind - bedeuten kann, das wurde hier von allen Votanten auch dargestellt, dass wir solche Situationen wahrscheinlich nur sehr schwierig überleben können. Die Regierung hat hier über die Sommerferien - nachdem diese Entscheidungen gefallen sind - Krisenmanagement betrieben und das führt dann auch dazu, warum man eben nicht mit wahnsinnig viel Leuten in einem Krisenmanagement sprechen kann. Ich habe mit der Rechtsanwaltskammer zum Beispiel auch am 5. September eine Diskussion geführt, eine routinemässige Sitzung gehabt und sie haben auch gefragt, warum sind wir erst im Nachhinein, als dieser Notenaustausch gestanden ist, informiert worden und ist man an uns herangetreten. Ich glaube, ein anderes Vorgehen macht einfach keinen Sinn, denn Krisenmanagement besteht darin, aus der Krise die Verantwortung zu übernehmen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Und da kann man nicht mit jedem und mit allen ein Gespräch führen. Es waren trotzdem natürlich im Lande sehr viele Leute involviert. Es waren die betroffenen Banken, es waren zwei Banken involviert, die Botschaft in Washington. Wir haben auch eine Anlaufstelle wieder eingerichtet, wo die Fäden zusammengelaufen sind. Und vor allem der leitende Staatsanwalt Robert Wallner hat hier als früheres Delegationsmitglied, aber auch aufgrund seiner hervorragenden Kontakte, die er in die USA hatte, hier im Hintergrund hervorragend mitgewirkt, damit es zu dieser Lösung gekommen ist. Der Einbezug der Verbände, das war eine Frage des Landtagsvizepräsidenten Ivo Klein: Ich habe hier umrissen, warum man nicht auf alle Verbände zugehen konnte in dieser schwierigen Situation, in dieser Ausnahmesituation, in der wir uns befunden haben. Trotzdem haben die Rechtsanwaltskammer und die Treuhändervereinigung - und das ist wahrscheinlich für eine Zustimmung Ihrerseits doch wahnsinnig wichtig - uns auch schriftlich dargelegt, dass sie hinter diesem Notenaustausch stehen. Ein Schreiben der Treuhändervereinigung vom 15. September - es ist eingegangen am 19. September bei der Regierung - und auch ein dementsprechendes Schreiben der Rechtsanwaltskammer mit Eingangsdatum 6. September bestätigen dies. Die Schreiben von Dr. Ernst Walch wurden angesprochen. Ich möchte auf diese inhaltlich und auch politisch überhaupt nicht eingehen, sondern nur aus prozeduraler Sicht Ihnen darlegen, was wir damit gemacht haben. Ich glaube, darauf haben Sie einfach Anspruch: Die entsprechenden Schreiben sind am 4. September eingegangen. Sie hatten einen Verteiler im Landtag, an die APK-Mitglieder und an die drei Verbände, die ich genannt habe, dann der Bankenverband, die Rechtsanwaltskammer und die Treuhändervereinigung. Die Regierungskollegin Rita Kieber-Beck hat dann zurückgeschrieben, dass sie die völkerrechtliche Seite ansehen wird - warum braucht es den Landtag, Vernehmlassung usw.? - und dass für die inhaltliche Seite das Ressort Justiz eine Antwort geben wird. Ein gleiches Schreiben ist auch an den Regierungschef gegangen und wir haben beide den leitenden Staatsanwalt Dr. Robert Wallner beauftragt, hier umgehend eine Stellungnahme auszufertigen. Und diese Stellungnahme haben wir am 12. September an Rechtsanwalt Dr. Walch, der dieses Schreiben an uns gerichtet hatte, auch weitergeleitet und damit die Fragen in diesem Schreiben auch beantwortet. Ich denke, dass wir damit auch bezüglich dieser Schreiben sehr umgehend und sehr rasch die inhaltliche Klärung gemacht haben und hier die entsprechenden Informationen vorgenommen haben. Und vielleicht nur eine Klarstellung auch meinerseits. Ich sehe in diesem Notenaustausch selbstverständlich auch keine Abänderung des Rechtshilfevertrages. Das habe ich Dr. Ernst Walch auch in einem Schreiben mitgeteilt, dass ich seinen Titel seines Schreibens nicht teile. Das ist eine Klarstellung, nicht eine Abänderung des Rechtshilfevertrages, das was hier jetzt zur Debatte im Landtag steht. Landtagspräsident Klaus Wanger:
Besten Dank. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt, dann können wir über den Antrag der Regierung, der wie folgt lautet, abstimmen: Der Hohe Landtag wolle der Vereinbarung zwischen Liechtenstein und den Vereinigten Staaten von Amerika im Hinblick auf die Interpretation und Anwendung des Vertrages vom 8. Juli 2002 zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und den Vereinigten Staaten von Amerika betreffend die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, LGBl. 2003 Nr. 149, gemäss dem geplanten Notenaustausch (Beilagen 1 und 2 zu diesem Bericht und Antrag) die Zustimmung erteilen.
Wer diesem Antrag zustimmen will, möge bitte die Hand erheben. Abstimmung: Einhellige Zustimmung
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