Abänderung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (Arbeitsvertragsrecht), (Nr. 4/2007); 1. Lesung
Landtagspräsident Klaus Wanger
Wir kommen nun zu Traktandum 24: Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (Arbeitsvertragsrecht).
Der Bericht und Antrag der Regierung Nr. 4/2007 steht zur Diskussion.Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. Guten Morgen meine Damen und Herren. Die zu behandelnde Gesetzesvorlage beinhaltet eine zeitliche Begrenzung der Arbeitszeit von Heimarbeitenden. Die Abänderung des Arbeitsvertragsrecht im ABGB erfolgt aufgrund einer Feststellung bzw. Forderung der EFTA-Überwachungsbehörde und nicht aufgrund von Problemen auf dem liechtensteinischen Heimarbeitsmarkt.
Neu darf Heimarbeit nur an Werktagen und im Zeitraum von 06.00 bis 23.00 Uhr ausgegeben und abgenommen werden. Damit wird den Heimarbeitenden die Sonn- und Feiertagsruhe gewährleistet. Ebenso wird mit dem neuen Gesetzesartikel die Frist für die Ausführung der Arbeit geregelt. Konkret heisst der dazu vorgeschlagene Gesetzestext: «Die Frist für die Ablieferung der Heimarbeit ist unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Heimarbeiters so zu bemessen, dass er täglich nicht mehr als 8 Stunden und nicht an Sonntagen arbeiten muss». Es ist damit klar gestellt, dass der Artikel dem Arbeitnehmerschutz dienen soll. Es soll verhindert werden, dass dem Arbeitnehmer Fristen gesetzt werden, die nur durch Überschreitung der täglichen Höchstarbeitszeit von 8 Stunden zu erreichen sind.
Der LANV fordert deshalb in seiner Stellungnahme auch eine Ergänzung, die sicherstellt, dass zur Berechnung der Leistung eines Heimarbeiters der Durchschnittswert der Leistung eines Arbeitsnehmers im Betrieb zugrunde liegen muss, der dieselbe Arbeit dort erbringt. Diese Anregung könnte meines Erachtens ohne weiteres in den Gesetzestext aufgenommen werden, denn für eine faire und realistische Bemessung der Abgabefrist muss der Arbeitgeber sowieso eine solide Grundlage heranziehen. Diese Bemessungsgrundlage ist logischerweise gegeben, wenn sie auf eine Durchschnittsleistung im Betrieb abstützt.
Die Regierung selbst betont in ihren Ausführungen auf Seite 7 des Berichts zu diesem Thema - ich zitiere: «Weiters hat der Arbeitgeber, welcher den Arbeitnehmer über die Arbeitsbedingungen vorab zu informieren hat, sich damit auseinander zu setzen, wie viel Zeit der Arbeitnehmer für die Heimarbeit voraussichtlich aufbringen muss». Trotzdem kommt die Regierung dem Änderungsvorschlag des LANV nicht nach mit der Begründung, dass gemäss geltendem Recht § 1173a Art. 92 und 93 der Heimarbeiter mit dem Arbeitgeber den zeitlichen Rahmen für die Fertigstellung vereinbare. Es obliege dem Heimarbeiter, seine Leistungsfähigkeit selbst einzuschätzen, um einen entsprechenden Zeitplan mit dem Arbeitgeber vereinbaren zu können.
Es ist jedoch offensichtlich, dass es hier nicht nur darum geht, ob der Heimarbeiter seine Leistungsfähigkeit selbst richtig einschätzen kann. Ein Gesetz zur Arbeitszeitregelung soll verhindern, dass vom Arbeitgeber her Druck entsteht und dass dem Arbeitnehmer die Fristen nicht kürzer gesteckt werden als den Arbeitnehmern im Betrieb. Es nützt den Heimarbeiter nämlich gar nichts, wenn er seine Arbeitsleistung zwar richtig einschätzt, die Abgabefrist jedoch vom Arbeitgeber so kurz angesetzt wird, dass ein 8-Stunden-Tag nicht möglich ist. Der Arbeitnehmer wird sich beugen, um die Arbeit nicht zu verlieren.
Andererseits liegt es auf der Hand, dass durch Weglassen dieser Ergänzung im Arbeitsvertragsrecht die Selbstbestimmung des Heimarbeitenden erhöht wird. Es gehört nämlich zum Wesen der Heimarbeit, dass deren Verrichtung zu Hause sich nach den Möglichkeiten und Gegebenheiten des Arbeitnehmers richtet. Das heisst, unter Umständen kann es durchaus im Interesse des Heimarbeitenden liegen, wenn seine Arbeitszeit nicht eingeschränkt wird. Es besteht die Möglichkeit, dass er schneller arbeitet als der Durchschnitt, dass er zur Verrichtung sporadisch andere Familienmitglieder mit einbeziehen will, oder dass der Wunsch besteht, zeitweise seinen 8-Stunden-Arbeitstag im Sinne einer klassischen Überzeit zu verlängern, um sein Einkommen zu erhöhen.
Diese Flexibilität und Selbstbestimmung des Arbeitnehmers wiederum sollte durch den Gesetzgeber nicht verhindert werden. Auch die LIHK hat diese Flexibilität ausdrücklich gewünscht und schlägt dafür die Schaffung einer Ausnahmebestimmung vor, die bei besonderen Verhältnissen zum Tragen kommt. Ich kann mir gut vorstellen, dass die vom LANV vorgeschlagene Festschreibung der Durchschnittsarbeitszeit als Bemessungsgrundlage für Abgabefristen zusammen mit der von der LIHK gewünschten Ausnahmeregelung für besondere Verhältnisse den Arbeitnehmern wie auch den Arbeitgebern entgegenkommt und würde eine Aufnahme in den Gesetzestext begrüssen.
Andererseits bieten unbestimmte Ausnahmeregelungen wiederum Möglichkeiten zur Umgehung des Grundgedankens.
Die Regierung bekennt sich zu einer liberalen Wirtschaftsordnung. Gleichzeitig hat sie sich dem Schutz der Arbeitnehmer verpflichtet. Der Bericht und Antrag hat mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung einen Weg der Mitte gewählt. Auch das ist meines Erachtens ein gangbarer Weg, besonders im Hinblick darauf, dass Unstimmigkeiten bei Heimarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei offizieller Seite nicht bekannt sind. Die Praxis zeigt gemäss Auskunft des LANV, dass Heimarbeit meistens im Rahmen von weniger als 8-Stunden-Tagen geleistet wird und dass deshalb auf besondere Verhältnisse bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern meist ohnehin in beiderseitigem Einvernehmen reagiert wird. Dies ist meines Erachtens auch eine Anlehnung an die Arbeitsweise in den Betrieben, wo je nach Dringlichkeit und Notwendigkeit die Normalarbeitszeit durch das Erbringen von bezahlten Überstunden auch zeitweise überschritten wird.
Heimarbeit hat derzeit in unserem Land nur eine untergeordnete Bedeutung. Darin sind sich Gewerbeverband, Arbeitnehmerverband und Industriekammer einig. Dennoch macht es Sinn, den gesetzlichen Schutz der Arbeitnehmer den europäischen Mindestnormen anzupassen. Ich begrüsse eine Ergänzung der bestehenden Regelungen zum Arbeitsgesetz und bin für Eintreten auf die Vorlage. Danke.Abg. Andrea Matt
Ich begrüsse diese Vorlage auch, weil sie klarere Verhältnisse im Bereich der Heimarbeit schafft. Ich habe zwei kleine Anregungen zur Vorlage: Es heisst, zwischen 06.00 Uhr und 23.00 Uhr soll Heimarbeit ausgegeben und angenommen werden können. Ich denke, man könnte durchaus angesichts keinerlei Probleme auf dem Arbeitsmarkt zur ursprünglichen Fassung von 06.00 Uhr bis 20.00 Uhr zurückkommen. Ich glaube nicht, dass es notwendig ist, dass Heimarbeit nachts um 22.00 oder 22.30 Uhr abgegeben oder angenommen werden muss. Es erscheint mir etwas weit gefasst.
Dann heisst es im letzten Satz: «Die Frist für die Ablieferung der Heimarbeit ist unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Heimarbeiters so zu bemessen, dass er täglich nicht mehr als 8 Stunden und nicht an Sonntagen arbeiten muss». Hier bitte ich darum, die Feiertage auch zu berücksichtigen und es auf Sonn- und Feiertage auszudehnen. Danke.Abg. Markus Büchel
Danke, Herr Präsident. Meine Damen und Herren Abgeordnete. Ich begrüsse dieses Gesetz insofern, dass die Regierung wirklich nur das Notwendigste, was vorgegeben werden soll, hier vorschlägt und auch auf die berechtigten Anliegen der Sozialpartner eingegangen ist, soweit es Sinn macht. Wie das die Abg. Amann-Marxer bereits gesagt hat, entsteht dieses Gesetz nicht aufgrund von Problemen in diesem Bereich, sondern rein aufgrund einer Umsetzungspflicht der Richtlinie. Und darum begrüsse ich es, dass wir wirklich hier nur das Notwendigste vorgeben, denn das Selbstbestimmungsrecht bei Heimarbeit sollte meiner Meinung nach schon so weit gegeben sein, damit wenigstens im Rahmen der täglichen Arbeitszeit Arbeiten übergeben und angenommen werden können.
Damit komme ich auf den Vorschlag der Abg. Matt zurück, die Annahmezeit von 06.00 Uhr morgens bis 20.00 Uhr abends einzuschränken gegenüber dem vorliegenden Vorschlag von 23.00 Uhr. Für mich ist das schon eine Einschränkung und behindert die Flexibilität für den Empfangenden, das heisst, für den Heimarbeiter. Aber es ist zumindest gleichgestellt mit der Gesetzeslage für alle Arbeitszeiten - auch in den Firmen. Und die Einteilung dieser Arbeitszeit beim Heimarbeiter ist eben genau das Plus von Heimarbeitsarbeiten. Hier kann flexibel, je nachdem, wie es die eigene Zeit eben erlaubt, gearbeitet werden. Die Heimarbeitsplätze, die heute bestehen, gibt es in ähnlicher Form in den Betrieben eben nicht. Wenn etwas ausgelagert wird, dann sind es eben ganz speziell bestimmte Arbeiten, die geeignet sind, um sie ausserhalb eines Betriebes auch rationell durchführen zu können. Darum begrüsse ich die Vorlage und werde hier auch zustimmen. Aber ich würde den vorgeschlagenen Änderungen auf keinen Fall zustimmen können.Abg. Henrik Caduff
Danke, Herr Präsident. Ich schliesse mich dem Votum des Abg. Markus Büchel an, auch mit der Begründung, dass hier die Freiheit und Flexibilität sowohl bei den Menschen, die die Heimarbeit ausführen, als auch beim Auftrag- oder Arbeitgeber erhalten bleibt. Danke.Abg. Andrea Matt
Ich möchte nur darauf hinweisen, dass diese vorgeschlagene Zeitregelung doch nur für die Abgabe und die Annahme der Heimarbeit gilt. Selbstverständlich ist es auch jedem, der zu Hause arbeitet, komplett freigestellt, nachts um 12 Uhr zu arbeiten. Ich denke, der Landtag muss bei den Arbeitszeiten nicht Vorbild sein.Landtagspräsident Klaus Wanger
Wenn es keine Wortmeldungen aus dem Plenum mehr gibt, gebe ich das Wort dem Herrn Regierungschef-Stellvertreter Tschütscher.Regierungschef-Stellvertreter Klaus Tschütscher
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete. Ich glaube, wir müssen uns vor Augen halten, mit was wir es hier zu tun haben. Wir lösen hier ein Problem, das uns aufgrund einer EWR-Verpflichtung vorgelegt wird. Wir haben kein praktisches Bedürfnis, dies überhaupt hier eigentlich regeln zu wollen. Das anerkennen auch alle Sozialpartner. Und deshalb haben wir hier eine Lösung im gemeinsamen Schritt mit allen Sozialpartnern gesucht. Wenn das jetzt hier zum Anlass genommen werden sollte, gleich überschiessend ein praktisches Bedürfnis zu regeln, das überhaupt nicht gegeben ist, dann muss ich den Landtag bitten, das mittels Abänderungsanträgen in der 2. Lesung zu machen. Wenn wir uns gestern und heute Morgen über die Sozialpartnerschaft unterhalten haben und für uns eigentlich sozialpartnerschaftliche Lösungen im Vordergrund stehen, so sollte das auch im Gesetzgebungsverfahren seinen Niederschlag finden. Und das haben wir hier gemacht.
Was die Ausnahmebestimmung betrifft, die die LIHK hier angesprochen hat, die gibt es in der Schweiz in der Tat. Dort wird dann auf eine Verordnung verwiesen. Heimarbeit hat in der Schweiz ein offensichtlich grösseres praktisches Bedürfnis als wie bei uns. Wir sind dann halt den Weg gegangen und haben hier die Abnahmezeit von 20.00 Uhr auf 23.00 Uhr ausgedehnt und wollen nicht noch extra für etwas, wo kein Problem besteht, noch eine Verordnung schaffen. Ich glaube, dass das im Sinne eines effizienten Gesetzgebungsverfahrens ist. Und deshalb, denke ich, sollte man auch vertrauen in die Arbeitgeber und in die Arbeitnehmer haben, dass hier, wenn diese Form des Arbeitsverhältnisses gesucht wird, dass hier auch partnerschaftliche Lösungen gefunden werden.
Im Übrigen möchte ich daran erinnern, dass die Durchschnittsleistung im Betrieb mitunter auch höher ist als die Arbeitskraft, die Heimarbeit verrichten kann. Und dann ist eine solche Bestimmung überhaupt nicht im Interesse der arbeitnehmenden Person. Man nimmt vielleicht gewissen sozial eingestellten Arbeitgebern, die eben auch Arbeitnehmer berücksichtigen, die diese Durchschnittsleistung nicht erbringen, dann diese Flexibilität. Im Interesse, dass auch diese Personen weiterhin solche Arbeiten verrichten können, sehe ich es überhaupt nicht, dass man diese Durchschnittsleistung im Gesetz verankert. Ich glaube, man kann nicht alles mit Regelungen festzementieren. Danke.Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank. Eintreten auf die Gesetzesvorlage ist unbestritten.
Dann können wir mit der 1. Lesung beginnen.Art. 92a (neu) wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
Art. 92a (neu) steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir lesen weiter.
Art. 113 Abs. 1 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
Art. 113 Abs. 1 steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir lesen weiter.
II. wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
II. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir lesen weiter.
III. wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
III. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Damit haben wir die 1. Lesung des Gesetzes über die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches behandelt und gleichzeitig Traktandum 24 erledigt.
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