Initiative betreffend Abänderung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, des Strafgesetzbuches und der Exekutionsordnung zur Einführung eines Schutzes vor «Stalking» der Abgeordneten Paul Vogt, Andrea Matt und Pepo Frick vom 30. Januar 2007 [1. Lesung: 14. März 2007]; Stellungnahme der Regierung (Nr. 78/2007); 2. Lesung
Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann kommen wir zu Traktandum 2: Initiative betreffend Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, des Strafgesetzbuches und der Exekutionsordnung zur Einführung eines Schutzes vor Stalking der Abgeordneten Paul Vogt, Andrea Matt und Pepo Frick vom 30. Januar 2007.
Wir behandeln diese Initiative in 2. Lesung.
Wird das Wort gewünscht?Abg. Andrea Matt
Guten Morgen, meine Damen und Herren. Einen herzlichen Dank zuerst an die Regierung für die Überprüfung der Initiative. Ich freue mich darüber, dass die Regierung den von der Freien Liste vorgeschlagenen Schutz vor Stalking begrüsst und festhält, dass mit dieser Gesetzesinitiative ein sehr wichtiges, gesellschaftspolitisches Thema aufgegriffen wurde. Ich bin gespannt auf die Diskussionen und hoffe, dass der Landtag sich zu einem umfassenden Schutz vor Gewalt entschliessen wird.Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt, dann wenden wir uns der Gesetzesvorlage zu.
Ich bitte, mit der 2. Lesung des Gesetzes über die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches zu beginnen.§ 1328a wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
§ 1328a steht zur Diskussion.
Abg. Alois Beck
Danke, Herr Präsident. Guten Morgen. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, lesen wir jetzt die Regierungsvorlage. Aber das ist gemäss Geschäftsordnung nicht richtig, sondern wir haben die Initiative zu lesen. Wenn Abänderungsanträge kommen, ist das dann durchaus möglich.Landtagspräsident Klaus Wanger
Es trifft zu, wir lesen die Regierungsvorlage. Auch seitens der Initianten ist der Wunsch geäussert worden, diese Regierungsvorlage zu lesen, die praktisch identisch ist mit der Vorlage, die sie eingereicht haben. Es hat inhaltlich überhaupt keine Änderungen gegeben. Ich möchte dabei bleiben, dass wir diese Gesetzesvorlage im Sinne der Initianten nun in Behandlung ziehen.Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. Guten Morgen, meine Damen und Herren. Mit der Aufnahme des § 1328a ABGB neben Art. 38 ff. PGR sieht die Regierung möglicherweise eine überschiessende Regelung gegeben. Jedoch kommt mit der Einführung dieses neuen Paragrafen dem Eingriff in die Privatsphäre einer Person besondere Bedeutung zu, welche unter Umständen auch einen Anspruch auf immateriellen Schadenersatz begründen kann. Aus diesem Grund scheint es mir angebracht, der von den Initianten vorgeschlagenen Einführung des § 1328a ABGB zuzustimmen. Umso mehr, da von der Regierung die überschiessende Regelung nicht als absolut gegeben dargelegt wird und auch das Fürstliche Landgericht in seiner Stellungnahme nicht abschliessend beantworten konnte, ob die Bestimmung des Art. 38 ff. PGR bereits einen ausreichenden Schutz gegen Stalking biete.Abg. Alois Beck
Ich melde mich nochmals zu Wort. Einige mögen das vielleicht als formalistisch betrachten, ich gar nicht. Mir geht es eigentlich um den Schutz der Initianten und der Gesetzesinitiative. Wir hatten ja schon mehrmals Diskussionen im Landtag. Auch die Freie Liste hat schon Initiativen eingebracht und war dann erstaunt und überrascht, wenn dann nur noch von der Regierungsvorlage die Rede war. Meiner Ansicht nach zu Recht, denn das ist lediglich eine Stellungnahme. Und wenn wir hier einfach sang- und klanglos diese Dinge wechseln und verwischen, finde ich das aus diesen grundsätzlichen Erwägungen nicht gut. Man könnte zumindest beschliessen, dass man dieses hier so liest.Abg. Rudolf Lampert
Ich möchte das Votum des Abg. Beck unterstützen und auch ausschliesslich zum Schutz von Initiativen und Vorlagen von Initianten. Es kann nicht angehen, dass plötzlich Regierungsvorlagen gelesen werden. Meines Erachtens müsste ganz klar die Initiative der Initianten gelesen werden und anschliessend die Anträge, die sich vielleicht nicht mit der Regierungsvorlage decken. Aber wie gesagt, es geht um den Schutz von Initianten und Initiativen und meines Erachtens kann das so nicht stattfinden. Aber wenn der Landtag mehrheitlich der Meinung ist, dass man das so machen kann, ich füge mich selbstverständlich. Aber ich möchte doch darauf hinweisen, dass es ein gefährliches Spiel ist, wenn es dann mal darauf ankommt, wenn Initianten tatsächlich ihren Text wollen, wenn dann der Landtag einfach hingeht und sagt: Die Regierung hat uns einen Gegenvorschlag unterbreitet und wir lesen jetzt die Regierungsvorlage. Ich habe als Initiant das Recht, dass meine Vorlage bzw. meine Initiative gelesen wird. Auch wenn jetzt vielleicht von einem Teil der Initianten hier das Okay kommt, dass das so gelesen wird, meines Erachtens braucht es die Zustimmung aller Initianten.Landtagspräsident Klaus Wanger
Ich kann dazu nochmals Folgendes sagen: Ich habe von der Fraktionssprecherin der Freien Liste ein Schreiben bekommen, dass sie - und davon gehe ich auch aus - und die Initianten der Ansicht sind und es befürworten, dass diese Vorlage, wie sie hier von der Regierung unterbreitet wird, in 2. Lesung in Behandlung gezogen wird. Es ist auch nicht meine Absicht, künftig Vorlagen, die die Regierung einbringt, den Vorlagen der Initianten vorzuziehen. In diesem konkreten Fall sehe ich jedoch keine Probleme, bin aber gerne bereit, darüber auch noch formell abzustimmen, denn der Landtag kann grundsätzlich durch eine Abstimmung auch das in die Wege leiten.Abg. Rudolf Lampert
Herr Präsident, auch wenn wir jetzt abstimmen, ich habe gesagt, dass ich das akzeptiere. Grundsätzlich kann aber nicht eine Mehrheit des Parlamentes über eine Initiative entscheiden, wenn diese zur Lesung angenommen wurde. Und auch wenn die Fraktionssprecherin der Freien Liste das so ausgeführt hat, massgebend sind die Initianten und nicht der Fraktionssprecher oder die Fraktionssprecherin einer Fraktion. Man kann das wirklich als Formalismus halten, nur ist es grundsätzlich falsch und meines Erachtens müsste hier jetzt einfach die Initiative der Initianten gelesen werden. Aber ich füge mich.Landtagspräsident Klaus Wanger
Sie müssen sich nicht fügen. Sie wissen, dass die beiden Mitinitianten nicht anwesend sind und die Fraktionssprecherin der Freien Liste diese auch kontaktiert und die Zustimmung erhalten hat. Die sind heute nicht anwesend, aber sie bringt mit dem Schreiben, das sie mir bzw. dem Landtagssekretär am 19. Juni übermittelt hat, zum Ausdruck, dass nun diese Gesetzesvorlage zu lesen ist.Abg. Rudolf Lampert
Herr Präsident, das ist ganz etwas anderes. Dann haben Sie jetzt nämlich die abgeänderte Initiative zur Lesung. Das ist aber ganz etwas anderes, das wurde uns aber nicht so zur Kenntnis gebracht. Für mich ist dann, wenn die Initianten alle sagen, der Initiativtext ist jetzt einheitlich dieser Initiativtext, dann kann ich mich damit abfinden.Abg. Andrea Matt
Danke, Herr Präsident. Es ist so, dass die Änderungen, die die Regierung vorschlägt, geringfügiger Natur sind. Beispielsweise heisst es jetzt statt «Abänderung bestehenden Rechts» «Abänderung bisherigen Rechts». Ich habe den Landtagspräsidenten vorab kontaktiert, weil ich eigentlich ständig unnötige Abänderungsanträge wegen geringfügiger redaktioneller Veränderungen vermeiden wollte. Und das war auch der Grund für das Abstimmen des Vorgehens, bevor wir hier im Landtag jetzt eine solche Diskussion führen. Wir wollten eigentlich genau so eine unnötige Diskussion vermeiden.Regierungschef-Stellvertreter Klaus Tschütscher
Guten Morgen, Herr Präsident. Guten Morgen, Frauen und Herren Abgeordnete. Ich melde mich nur wegen des Protokolls: Es war einmal von einer Vorlage der Regierung die Rede. Zum Schutz der Regierung möchte ich sagen: Es ist keine Vorlage der Regierung, es sind nur Vorschläge der Regierung. Wir haben aus den Diskussionen, die schon mehrmals geführt wurden, diese Lehren gezogen. Danke.Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank. Dann können wir abstimmen, und zwar über § 1328a. Wer diesem Paragrafen zustimmen will, möge bitte die Hand erheben. Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann können wir weiterlesen. II. wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
II. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge bitte die Hand erheben.
Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann lesen wir weiter. III. wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
III. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge bitte die Hand erheben.
Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann kommen wir zur Schlussabstimmung: Wer mit der Verabschiedung des Gesetzes über die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches einverstanden ist, möge bitte die Hand erheben. Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Klaus Wanger
Somit haben wir diese Gesetzesvorlage abschliessend in 2. Lesung behandelt.-ooOoo-
gesetz über die abänderung des strafgesetzbuches
Landtagspräsident Klaus Wanger
Wir kommen zu einer weiteren Gesetzesvorlage, zum Gesetz über die Abänderung des Strafgesetzbuches.
Ich bitte, mit der Lesung zu beginnen. § 107 Abs. 4 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
§ 107 Abs. 4 steht zur Diskussion.
Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. Für die inhaltliche Wertung von einzelnen Bestimmungen verweist die Regierung in ihrem Bericht auf die eingeholten Stellungnahmen des Landgerichts, der Staatsanwaltschaft und der Infra bzw. des Frauenhauses. In sämtlichen Stellungnahmen wird die Einführung der vorgeschlagenen Schutzbestimmungen für Stalking-Opfer begrüsst und empfohlen. Eine zentrale Frage stellt lediglich die vorgeschlagene Aufhebung von § 107 Abs. 4 StGB - Gefährliche Drohung - dar. Dort heisst es bisher folgendermassen: «Wer eine nach Abs. 1 oder Abs. 2 strafbare gefährliche Drohung gegen seinen Ehegatten, einen Verwandten in gerader Linie, seinen Bruder oder seine Schwester oder gegen einen anderen Angehörigen begeht, sofern er mit diesem in Hausgemeinschaft lebt, ist nur mit Ermächtigung des Bedrohten zu verfolgen».
Die Initianten wollen mit der Aufhebung von § 107 Abs. 4 StGB die gefährliche Drohung unter Familienmitgliedern, bisher also ein Ermächtigungsdelikt, neu zum Offizialdelikt machen. Dafür gibt es gute Gründe, wie auch in den diversen Stellungnahmen ausgeführt wurde. Insbesondere würde dadurch ein unmissverständliches Signal gesetzt, dass solche Verhaltensweisen von der Gesellschaft nicht geduldet und von Staates wegen verfolgt werden, wie Infra und Frauenhaus in ihrer Stellungnahme schreiben. Einer solchen Signalwirkung kommt auch meines Erachtens hohe Bedeutung zu. Ebenso wird von Infra und Frauenhaus befürchtet, dass beim Belassen des Antragsdelikts vom Täter Druck auf das Opfer ausgeübt werden könnte.
Demgegenüber empfiehlt jedoch das Fürstliche Landgericht, § 107 StGB weiterhin als Ermächtigungsdelikt zu belassen und daher § 107 Abs. 4 nicht aufzuheben. Das Landgericht weist auf Erfahrungen aus der täglichen Praxis hin und betont, dass Druck auf das Opfer auch bei einem Offizialdelikt ausgeübt werden könnte, etwa in Bezug auf die Anzeigenerstattung und auf die Aussageverweigerung des Opfers als Zeuge vor Gericht. Ein weiterer Grund, der vom Landgericht gegen die Aufhebung des Ermächtigungsdelikts angeführt wird, ist die Verlagerung des Problems auf die Beweisebene. Wenn das Opfer vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht und wenn keine Zeugen vorhanden sind, wird der Beschuldigte im Zweifelsfall mangels Beweisen freigesprochen werden müssen. Das entspricht sicherlich nicht einer befriedigenden Lösung zum Opferschutz und würde ein falsches Signal setzen.
Des Weiteren wäre in einem solchen Fall zu bedenken, dass es auch zu einer Verurteilung gegen den Willen des Opfers kommen könnte, zum Beispiel, wenn andere Zeugen vorhanden sind, die eine entsprechende Aussage machen. Eine Verurteilung gegen den Willen des Opfers, ebenso wie eine Anklage gegen den Willen des Opfers ist meines Erachtens nicht anzustreben. Ich gewichte die persönlichen Interessen des Opfers schwerer als eine Signalwirkung nach aussen. Auch das gehört zum Schutz der Privatsphäre, dass der Wille des Opfers respektiert wird. Das Opfer mag Gründe und ein Interesse daran haben, dass der Täter weder angeklagt noch verurteilt wird. Dabei kann es gemäss den Erfahrungen des Landgerichts durchaus sinnvoll sein, wenn das Opfer - etwa eine vom Ehemann bedrohte Frau - über ein Reaktionsinstrumentarium verfügt und entscheiden kann, ob der Täter wegen gefährlicher Drohung verfolgt und verurteilt werden soll. Dies wäre mit der Beibehaltung des Ermächtigungsdelikts der Fall.
In meinem Votum zur 1. Lesung im März 2007 habe ich darauf hingewiesen, dass hier gemäss Initiative ein Antragsdelikt aufgehoben und mit § 107a Abs. 2 StGB hingegen ein neues geschaffen werden soll, was nicht nachvollziehbar sei. Das Landgericht bezeichnet es in seiner Stellungnahme geradezu als stossend, wenn dies im gleichen Gesetzesvorhaben geschehen soll und ortet einen Wertungswiderspruch. Ausserdem weist das Landgericht darauf hin, dass in der österreichischen Literatur die Aufhebung von § 107 Abs. 4 auf erhebliche Kritik gestossen sei. Zitat Univ. Prof. Klaus Schweighofer: «Mit Recht wertete der Gesetzgeber des StGB das Interesse an der Wiederherstellung des Einvernehmens in der Familie höher als das öffentliche Interesse an der Durchführung und Fortsetzung eines Strafverfahrens und legte damit die Entscheidung über die Verurteilung des Täters in die Hand der bedrohten Person».
Die Staatsanwaltschaft stellt sich nicht fundamental gegen die Aufhebung von § 107 Abs. 4 als Ermächtigungsdelikt, jedoch äussert auch sie Bedenken, wenn bei familiären Streitigkeiten der Täter auch dann verfolgt werden müsste, wenn das Opfer das nicht mehr wolle, weil man sich versöhnt habe. Eine Aufhebung des § 107 Abs. 4 StGB könnte sich unter Umständen gegen die Interessen der bedrohten Frau auswirken, zum Beispiel über das Familienbudget oder auf die Beziehung, wenn der Staatsanwalt dann trotzdem gezwungen wäre, eine Verurteilung herbeizuführen. So die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft.
In Erwägung all dieser Argumente aus den Stellungnahmen komme ich zum Schluss, dass auch der Staat bzw. die Gerichtsbarkeit den Schutz der Privatsphäre der Menschen zu beachten hat und dass im Fall von Familienstreitigkeiten der Schutz der Privatsphäre schwerer wiegt als das öffentliche Interesse. Der Staat bzw. das Gericht hat sich meines Erachtens dort nicht einzumischen, wo der Wille aller Beteiligten besteht, Familienkonflikte einer Lösung zuzuführen. Das Opfer soll selbst entscheiden, ob die Strafverfolgung stattfinden oder ob die Beziehung bearbeitet und verbessert werden soll. Die Basis für aktive Beziehungsarbeit und für einen Neuanfang darf jedoch nicht untergraben werden, indem der Staatsanwalt eine Verurteilung anstreben muss, die von keinem der Beteiligten mehr gewünscht wird, die sich belastend auf die Beziehung legt und sich gegen die persönlichen Interessen des Opfers wendet. Das wäre ein ungebührlicher und unerträglicher Eingriff in die Privatsphäre. Es soll nicht so weit kommen, dass Opfer und Täter sich miteinander gegen den Staat verbünden, zum Beispiel mittels Zeugnisentschlagungsrecht, um ihre Beziehung zu schützen. Sollte jedoch die gefährdete Person eine Strafverfolgung wünschen, so kann sie das gemäss geltendem Recht auf Antrag jederzeit veranlassen. Und das ist gut so.
Ich empfehle dem Landtag, der Aufhebung von § 107 Abs. 4 StGB nicht zuzustimmen und somit § 107 weiterhin als Ermächtigungsdelikt zu belassen. Danke.Abg. Andrea Matt
Folgendes möchte ich an den Anfang stellen: In der Diskussion im österreichischen Parlament war die Streichung dieses Absatzes, die Aufhebung dieses Absatzes, in keinster Weise umstritten. Im Gegenteil, bei der 2. Lesung im österreichischen Parlament wurde eigentlich bemängelt, dass nicht auch Stalking mit Telefonanrufen ein Offizialdelikt ist. Im österreichischen Parlament war es also unumstritten, dass der Schutz vor Gewalt in der Familie einem Schutz vor der Gewalt ausserhalb der Familie gleichzustellen ist. Eine gefährliche Drohung geschieht beispielsweise dann, wenn jemand mit einem Messer jemand anderen bedroht und ihn zu etwas zwingt. Geschieht dies auf der Strasse, in der Öffentlichkeit, und sind Täter und Opfer nicht in einer Beziehung zusammen, ist es heute ein Offizialdelikt. Der Staat sagt ganz klar: Eine derartige Bedrohung darf nicht sein.
Es ist für mich uneinsichtig, dass der Staat für die gleiche Bedrohung, geschieht sie zwischen Frau und Mann, geschieht sie zwischen Vater und Tochter, geschieht sie in der Familie, eine Ausnahme macht. Dadurch schwächt er das Opfer. Wenn jemand mit einem Messer vor Ihnen steht und Sie bedroht, dann braucht es eine ungeheure Überwindung, am nächsten Tag oder in der nächsten Stunde zur Polizei zu gehen und denjenigen, der Sie bedroht und der mit dem Tod gedroht hat, anzuzeigen.
Man muss sich einmal fragen, wer die Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau oder eine Beziehung innerhalb der Familie stört. Ist es nicht derjenige, der die Drohung ausspricht? Ist es nicht ureigenste Aufgabe des Staates, eine derartige Bedrohung und derartige Gewaltanwendung zu verurteilen und dem Täter zu sagen: Halt, das geht auch nicht, wenn du das gegenüber deiner Frau machst! Ich denke, wir als Parlament, als Vertreter des Volkes und darunter auch vieler Frauen, wir sollten Gewalt innerhalb einer Beziehung Gewalt ausserhalb einer Beziehung gleichstellen. Ich anerkenne, dass das Landgericht sagt, dass eine Beziehung durch eine Strafverfolgung belastet wird. Aber Ursache für diese Belastung ist wirklich nicht die Strafverfolgung. Ursache ist die Tat. Und indem der Staat dem Täter klar macht, dass solches Verhalten in einem Rechtsstaat nicht geduldet wird, indem er dies ganz eindeutig klarstellt, schützt er das Opfer. Denn dem Täter wird dadurch einfach bewusst, dass er unrecht gehandelt hat. Ansonsten könnte bei ihm der Eindruck entstehen: Wenn ich das innerhalb der Familie mache, wenn ich meine Frau bedrohe, dann ist das in Ordnung.
Ich glaube, als Parlament haben wir die ganz klare Aufgabe, Gewalt in jeder Form zu verurteilen und auch die entsprechenden Voraussetzungen im Gesetz zu schaffen. Es ist übrigens auch das Strafgesetzbuch der Schweiz in diese Richtung geändert worden. Es heisst ganz klar und ich zitiere hier vom Schweizerischen Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Mann und Frau: «Neu werden verschiedene Gewaltdelikte nicht mehr auf Antrag, sondern von Amtes wegen verfolgt. Der private Bereich ist für staatliche Eingriffe kein Tabu mehr. Gerade weil Ehe und Partnerschaft ein enges Vertrauens- und oft auch ein Abhängigkeitsverhältnis begründen, wiegen dort Gewalthandlungen besonders schwer und werden daher von Amtes wegen verfolgt. Die Änderung im Strafgesetzbuch ist Ausdruck dieses Paradigmawechsels in der Haltung der Gesellschaft zu Gewalt in Ehe und Partnerschaft».
Aufgrund der Bedeutung der Gleichbehandlung und Gleichstellung von Gewalt innerhalb und ausserhalb der Familie beantrage ich hier für diesen Artikel Abstimmung mit Namensaufruf.Landtagspräsident Klaus Wanger
Der Ordnung halber möchte ich noch sagen: Ich gehe davon aus, Ihr Antrag muss ja unterstützt werden. Entweder stellt der Präsident alleine einen Antrag laut Geschäftsordnung auf Namensaufruf oder es braucht zwei Abgeordnete. Gehe ich recht in der Annahme, dann bitte ich Sie, noch bekannt zu geben, dass Ihre Kollegin, die Abg. Claudia Heeb-Fleck, diesem Antrag zustimmt. Ist das der Fall?Stv. Abg. Claudia Heeb-Fleck
Jawohl.Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank.Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. Es ist ja nicht so, dass mit dem Ermächtigungsdelikt die Opfer innerhalb der Familie nicht geschützt werden. Im Gegenteil, sie werden geschützt. Es wird vom Staat dem Opfer aber anheim gestellt, ob die Strafverfolgung stattfinden soll oder nicht. Damit stellt der Staat das Persönlichkeitsrecht des Opfers sehr hoch und greift nicht in die Privatsphäre ein. Denn wenn das Opfer mehr inter-essiert ist an der Verbesserung und dem Wiederaufbau einer Beziehung, dann will der Staat nicht mit einer Strafverfolgung dazwischen stehen. Und diese Entscheidung zu treffen, ob die Beziehung bearbeitet werden soll und eine gute Grundlage dafür zu schaffen ist, oder ob die Strafverfolgung im Vordergrund steht, diese Entscheidung wird dem Opfer anheim gestellt mit dem Ermächtigungsdelikt.Abg. Andrea Matt
Danke. Es ist in der Tat so, dass das Ermächtigungsdelikt das Opfer unter Druck setzt. Stellen Sie sich einfach mal vor, Sie werden mit dem Messer bedroht und jemand sagt zu Ihnen: Wenn du das und das nicht machst, wenn du nicht bei mir bleibst, dann werde ich das nächste Mal nicht nur das Messer zücken, sondern ich werde es auch anwenden. Und wenn Sie sich vorstellen, unter welchen Ängsten dann das Opfer leidet, dann muss doch eigentlich jemand klar sein, dass so ein Opfer nicht mehr frei in seiner persönlichen Entscheidungsfreiheit ist. Wenn es dann in dieser Situation dazu vom Staat gezwungen wird, den Täter anzuzeigen, dann besteht eine sehr realistische Gefahr, dass die Gewalt eskaliert. Der Täter weiss dann, ich muss jetzt vielleicht noch ein bisschen massiver werden und dann, dann zieht sie vielleicht die Anzeige zurück. Was geschieht also, wenn das Opfer sich selbst wehrt, dass die Gewaltspirale weiter eskaliert? Und deswegen ist es so wichtig, dass dieses Ermächtigungsdelikt in ein Offizialdelikt umgewandelt wird.
Es ist sicher so, dass es Opfer nur dann absolut wirksam schützt, wenn es Zeugen gibt. Ansonsten kann das Opfer immer noch unter Druck gesetzt werden. Es ist aber so: Wenn einmal so eine Anzeige des Staates vorliegt und das Opfer ein zweites Mal eine Anzeige erstattet, dann ist es schon ein Wiederholungsfall. Und das schützt das Opfer eben auch. Wirksamer Opferschutz heisst Offizialdelikt. Ermächtigungsdelikt setzt das Opfer unter Druck und heizt die Gewaltspirale weiter an. Und das kann nicht im Interesse des Staates sein.Abg. Doris Frommelt
Danke, Herr Präsident. Guten Morgen, Frauen und Herren Abgeordnete. Ich möchte mich zu dieser Thematik kurz halten, da verschiedene Ausführungen schon gemacht wurden. Ich bin dafür, dass man § 107 Abs. 4 streicht und den Schutz vor Stalking zum Offizialdelikt macht. Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme ausgeführt, dass es eine Wertungsfrage ist: «Mit der Einführung eines eigenen Straftatbestandes Stalking als Offizialdelikt muss der Staat von Amtes wegen Anzeige erstatten. Selbst wenn die Beweislage in einigen Fällen schwierig werden kann, ist allein die Signalwirkung nach aussen, dass eben der Staat derartige Handlungen nicht akzeptiert, wichtig».Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. Es ist selbstverständlich davon auszugehen, dass auch in Einzelfällen versucht werden kann, Druck auf das Opfer auszuüben. Dieser Druck kann aber nicht weggenommen werden, denn er kann bereits dort schon bestehen, wo es um die Erstattung oder Nichterstattung der Anzeige selbst geht. Wenn Druck ausgeübt wird, dann wird der auf jeden Fall stattfinden.Abg. Henrik Caduff
Danke, Herr Präsident. Guten Morgen, meine Damen und Herren. Ich möchte im Sinne der Abg. Marlies Amann-Marxer festhalten: Auch beim Offizialdelikt kann sehr wohl der Druck auf das Opfer entstehen. Es ist auch dort möglich. Mit dem Offizialdelikt steht man vielleicht - und da wird jeder Fall einzeln abzuwägen sein - der Versöhnung von Familien im Wege. Auch nach Auskunft des Landgerichts ist es so, dass die jetzige Regelung, also der jetzige Abs. 4, dass bis anhin keine Probleme damit aufgetreten sind und sehr gut handhabbar ist oder wäre, wenn dieser bestehen bleibt. Wir wissen alle, dass Beziehungen in Familien komplexe Netze sind. Komplexe Netze auch oder vor allem im Vergeben oder Nichtvergeben von Handlungen. Die Nichtstreichung des § 107 Abs. 4 überlässt es dem Betroffenen selbst, über die Verfolgung der Tat zu entscheiden. Die Streichung von § 107 Abs. 4 lässt diese Wahlmöglichkeit weiter nicht zu. Es kann und würde auch - wie bereits von der Abg. Amann-Marxer ausgeführt - gegen den Willen des Opfers verfolgt werden, auch wenn zum Beispiel die Versöhnung bereits stattgefunden hat. Dies kann aus meiner Sicht nicht das Ziel sein. Ich unterstütze den Vorschlag der Abg. Marlies Amann-Marxer auf Beibehaltung bzw. Nichtstreichung von § 107 Abs. 4. Danke. Stv. Abg. Claudia Heeb-Fleck
Danke. Guten Morgen miteinander. Ich möchte hier nur noch zwei, drei Fragen in den Raum stellen zu den Ausführungen des Abg. Henrik Caduff und der Abg. Marlies Amann-Marxer. Ich frage mich: Welcher Art kann das Einvernehmen bzw. die Art der Versöhnung in der Familie sein, wenn sie auf der Basis einer massiven Gewaltausübung passiert? Wie soll hier eine gute Beziehung wieder aufgebaut werden, wenn die Gewalt nachgewiesenermassen vorhanden war? Ich frage mich zudem: Welcher Art sind die persönlichen Interessen des Opfers, dass das Opfer wünscht, dass Gewalt in der Beziehung nicht sanktioniert wird? Hier geht es, wie der Abg. Henrik Caduff ausgeführt hat, um ein komplexes Beziehungsnetz, das auch aus Abhängigkeiten besteht. Und da sind die Interessen des Opfers meiner Ansicht nach so zu gewichten, dass die Person des Opfers im Vordergrund steht und nicht die Beziehung. Weil wenn man sagt, man will die Privatsphäre mehr schützen als das öffentliche Interesse, dann sagt man auch, dass man die Privatsphäre mehr schützen möchte als die eigentliche Person vor der Gewalt. Es geht jedoch darum, jede Person vor Gewalt zu schützen. Und Gewalt in der Beziehung ist nicht besser, sondern eher schlechter als Gewalt ausserhalb der Beziehung. Und darum denke ich, dass der Staat unbedingt ein Signal setzen muss und Gewalt in- und ausserhalb der Beziehung gleichermassen sanktionieren muss. Andernfalls gibt der Staat die Botschaft, dass Gewalt in der Beziehung - je nach Umständen - nicht gleich schlimm wie ausserhalb ist. Und das kann es wohl nicht sein.Abg. Marlies Amann-Marxer
Wenn die Abg. Claudia Heeb meint, die Person sei zu schützen und nicht die Beziehung, dann möchte ich darauf erwidern, dass die Person, also das Opfer - ich nehme jetzt einmal an in einer Ehe die Frau - halt in dieser Beziehung lebt. Und wenn sie in dieser Beziehung weitermachen und weiterleben will, obwohl da gefährliche Drohungen und vielleicht auch Körperverletzungen vorkommen, was ich persönlich nicht verstehen kann, aber es gibt viele Fälle, wo das Opfer einfach die Beziehung aufrechterhalten will - aus welchen Gründen auch immer - und die Beziehung verbessern will, mit dem Täter weitermachen will. Und wenn das der Fall ist, auch wenn wir dies nicht verstehen können, wenn das der Fall ist, dann darf der Staat hier keine Barrieren setzen, indem er eine Strafverfolgung veranlasst und durchzieht, die weder vom Täter noch vom Opfer gewünscht sind, die vom Opfer nicht mehr gewünscht ist, weil es den Schwerpunkt auf die Aufarbeitung der Probleme in der Beziehung legt. Wenn das Opfer das aber nicht will, dann wird es eine Strafanzeige machen und eine Strafverfolgung in die Wege leiten. Und dem steht gar nichts im Wege. Wenn das Opfer aber mehr Wert darauf legt, in der Beziehung einen Neuanfang zu machen, die Beziehung zu verbessern und dabei keine Gerichtsverhandlungen und keine Strafverfolgungen wünscht, dann ist dieser Wunsch zu respektieren.Abg. Andrea Matt
Man sollte vielleicht einfach nicht aus den Augen verlieren, dass das Opfer aus purer Angst die Beziehung weiterführt, weil es Angst hat, dass, wenn es die Beziehung verlässt, dass es dann zur endgültigen Eskalation kommt. Und dass das natürlich ein starkes Motiv ist zu versuchen, die Beziehung auf ein erträgliches Mass zu gestalten, das ist wohl einsichtig. Ich möchte Sie vielleicht einfach noch einmal bitten, sich zu überlegen, wie Sie sich denn zu Gewalt am Arbeitsplatz stellen? Wenn jetzt eine gefährliche Bedrohung am Arbeitsplatz stattfindet, ist sie dann in Ordnung? Hat dann vielleicht das Opfer nicht auch ein Interesse, in seiner Privatsphäre geschützt zu werden und halt seinen Arbeitsplatz zu behalten? Ich denke, diese Unterscheidung zwischen Gewalt innerhalb der Familie und Gewalt ausserhalb der Familie ist eine sehr gefährliche. Sie geht letztendlich auf ganz traditionelle Wurzeln zurück, in der einfach Gewalt in der Ehe noch ein Kavaliersdelikt war. Ich hoffe doch sehr, dass wir uns von diesen Zeiten verabschiedet haben.Abg. Henrik Caduff
Danke, Herr Präsident. Ich beziehe mich bei meinen Aussagen auf den Bericht und Antrag und auf die Auskunft der Staatsanwaltschaft, welche ja mit den Fällen bis ins Detail befasst ist und hier sicherlich einen grösseren Erfahrungsschatz hat als wir hier - so hoffe ich doch zumindest. Im Bericht und Antrag heisst es auf Auskunft der Staatsanwaltschaft: «Die bisherige Regelung habe sich gut bewährt. Den für die Änderung in Österreich ins Treffen geführten Argumenten könne nicht vorbehaltlos gefolgt werden. Die Aufhebung von § 107 Abs. 4 StGB könne in der Praxis dazu führen, dass die Staatsanwaltschaft gezwungen sei, gegen die Interessen der bedrohten Frau eine Verurteilung herbeizuführen. Auch sei zu befürchten, dass das Opfer dann in der Verhandlung - um dem Täter zu helfen - sich zu einer falschen Aussage hinreissen lassen könne und dann selbst verfolgt werden müsse».
Insbesondere die Aussage, dass sich die bisherige Regelung gut bewährt habe - und das von den betroffenen Fachleuten - ist für mich Argument genug, der Beibehaltung von § 107 Abs. 4 zuzustimmen. Danke.Abg. Marlies Amann-Marxer
Ich wehre mich dagegen, dass die jetzige Regelung, die gefährliche Drohung in der Familie unter Strafe stellt, als Kavaliersdelikt bezeichnet wird. So ist es nicht. Nur weil es ein Ermächtigungsdelikt ist, darf und kann es nicht als Kavaliersdelikt bezeichnet werden und so kann es auch nicht aufgefasst werden. Der Staat stellt mit dem Ermächtigungsdelikt einfach die Entscheidungsfreiheit des Opfers an die erste Stelle. Eine Strafverfolgung wird stattfinden, wenn das Opfer dies wünscht, und sie wird nicht stattfinden, wenn das Opfer dies nicht wünscht. Und das finde ich richtig.Stv. Abg. Claudia Heeb-Fleck
Danke. Ich möchte dem Abg. Henrik Caduff entgegnen, dass ich denke, dass Fachleute aus Österreich und der Schweiz die Situation durchaus auch beurteilen können. Und ich denke, es sollte doch zu denken geben, dass sowohl in Österreich wie in der Schweiz die Parlamente dem einhellig zugestimmt und klare Signale gesetzt haben, dass Gewalt in- und ausserhalb der Ehe gleich zu gewichten ist. Die Schweiz hat beispielsweise auch die Vergewaltigung in der Ehe zum Offizialdelikt erklärt. Ich denke, dass wir hier durchaus gut daran tun, uns an diesen Entwicklungen zu orientieren.Abg. Andrea Matt
Ich möchte noch einen Satz zur Entscheidungsfreiheit des Opfers sagen: Es ist so, dass unser Strafgesetzbuch grundsätzlich von Offizialdelikten ausgeht. Offizialdelikt ist einfach, wenn der Staat anerkennt, dass, wenn eine Straftat begangen wurde, dann ist der Staat verpflichtet, diese zu verfolgen - gegen den Willen des Opfers. Es kann nicht sein, dass der Wille des Opfers nur dann nicht berücksichtigt wird, wenn das Opfer mit dem Täter in einer nahen Beziehung steht. Für mich ist einfach die Entscheidungsfreiheit des Opfers in dem Sinn nicht vorhanden, so wie sie für andere vorhanden zu sein scheint, weil das Opfer durch die Tat selbst in seiner Entscheidung eben eingeschränkt ist. Das, was einfach vermittelt wird, dass ein Opfer freie Entscheidungsfreiheit hat, das besteht in der Realität überhaupt nicht, weil das Opfer ja unter Druck gesetzt wurde. Und da gibt es dann einfach keine Entscheidungsfreiheit des Opfers mehr.Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident. Guten Morgen, werte Frauen und Herren Abgeordnete. Ich befinde mich persönlich in einem Wechselbad der Gefühle, wenn ich gerade ehrlich sein will, denn die Abg. Claudia Heeb-Fleck hat es nach meiner Ansicht doch treffend ausgeführt. Wieso haben denn die Parlamente in der Schweiz und Österreich diesem konkreten Absatz ihre Zustimmung erteilt? Diese Frage müssen wir uns natürlich schon stellen, denn das sind ja doch unsere Nachbarstaaten und hier dürften ähnliche Verhältnisse vorherrschend sein. Insofern ist das sicherlich eine berechtigte Frage.
Was mir noch aufgefallen ist: Sollte dieser Vorschlag so durchgehen, habe ich für mich persönlich notiert: Was sind die finanziellen und personellen Konsequenzen? Denn für mich ist klar, wenn das so durchgeht - und wie gesagt, ich bin noch nicht sicher, was ich hier machen werde - dann wird es sicherlich zu einem erhöhten Aufwand führen. Wobei, mit diesen Konsequenzen werden wir leben müssen, wenn wir dem Gesetz zum Durchbruch verhelfen möchten. Aber wie gesagt, ich möchte einfach daran erinnern, auch wenn man sich die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft und des Landgerichts betrachtet, in Österreich und in der Schweiz wird das anscheinend anders gesehen. Und das sind auch Spezialisten. Ich denke, insofern ist die Sache doch nicht so einfach, wie es hier teilweise dargestellt wird.Abg. Doris Frommelt
Danke, Herr Präsident. Der Abg. Caduff zitiert Passagen aus der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft. Der Vollständigkeit halber heisst es aber auch in der Stellungnahme, was ich jetzt auch zitieren möchte: «Es stelle aber eine Wertungsfrage dar, ob man den für die Aufhebung ins Treffen geführten Argumenten mehr Gewicht beimesse». Und weiters heisst es - ich zitiere wieder: «Die Staatsanwaltschaft erklärt abschliessend, dass dennoch keine fundamentale Gegenposition zur möglichen Aufhebung des § 107 Abs. 4 StGB eingenommen werde». Also für mich ist das klar. Und selbst wenn die Beweislage, wie ich schon anfangs gesagt habe, in einigen Fällen schwierig ist, die Signalwirkung nach aussen, dass eben der Staat derartige Handlungen nicht toleriert, diese Signalwirkung ist für mich ganz zentral.Abg. Andrea Matt
Nur noch ein Satz zu den finanziellen Konsequenzen: Diese können doch wirklich kein Entscheidungskriterium dafür sein, wie wir uns als Parlamentarier zu Gewalt stellen.Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. Das Landgericht regt in Abweichung von der österreichischen Rezeptionsvorlage an, § 107 StGB weiterhin als Ermächtigungsdelikt zu belassen und § 107 Abs. 4 nicht aufzuheben. Aus der täglichen Praxis weist das Landgericht darauf hin, dass, wenn man schon davon ausgehe, dass ein Zeuge so unter Druck gesetzt werde, dass er die Ermächtigung zurückziehe, er auch etwa hinsichtlich der Tatsache der Anzeigenerstattung überhaupt oder der Ausübung eines Entschlagungsrechts unter Druck gesetzt werde, dann müsste man diese prozessualen Rechte auch abschaffen und überdies überdenken, ob es im Strafgesetzbuch überhaupt noch Ermächtigungs- und Antragsdelikte geben soll. So das Landgericht in seiner Stellungnahme.Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen aus dem Plenum mehr gibt, dann können wir abstimmen: Die Abg. Andrea Matt und die Abg. Claudia Heeb-Fleck haben eine Abstimmung durch Namensaufruf verlangt. Diesem ist aufgrund der Geschäftsordnung nachzukommen. Ich werde nun in alphabetischer Reihenfolge die Abgeordneten aufrufen. Diejenigen Abgeordneten, die § 107 Abs. 4 als aufgehoben betrachten wollen wie hier in der Vorlage, mögen mit Ja antworten, und diejenigen Abgeordneten, die § 107 Abs. 4 nicht aufheben wollen, mögen bitte mit Nein antworten. Abg. Marlies Amann-Marxer
Nein.Abg. Alois Beck
Nein.Abg. Doris Beck
Nein.Abg. Jürgen Beck
Nein.Abg. Josy Biedermann
Ja.Abg. Arthur Brunhart
Ja.Abg. Markus Büchel
Nein.Abg. Henrik Caduff
Nein.Abg. Doris Frommelt
Ja.Abg. Franz Heeb
Ja.Stv. Abg. Claudia Heeb-Fleck
Ja.Abg. Johannes Kaiser
Ja.Abg. Elmar Kindle
Nein.Landtagsvizepräsident Ivo Klein
Ja.Abg. Günther Kranz
Nein.Abg. Peter Lampert
Nein.Abg. Rudolf Lampert
Nein.Abg. Wendelin Lampert
Ja.Abg. Andrea Matt
Ja.Abg. Gebhard Negele
Nein.Abg. Harry Quaderer
Nein.Abg. Heinz Vogt
Nein.Landtagspräsident Klaus Wanger
Ja.Abg. Renate Wohlwend
Ja.Landtagspräsident Klaus Wanger
Das Abstimmungsresultat bei 24 Anwesenden lautet wie folgt:
11 Ja und 13 Nein.
Somit ist dem § 107 Abs. 4 nicht zugestimmt worden.
Dann können wir weiterlesen.
§ 107a wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
§ 107a steht zur Diskussion.
Regierungschef-Stellvertreter Klaus Tschütscher
Danke, Herr Präsident, geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete. Ich beziehe mich auf Abs. 2 Ziff. 2. Die unterstrichene Passage müsste korrekt «elektronische Kommunikation» und nicht «elektrische Kommunikation» lauten.Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank.Abg. Franz Heeb
Danke, das erübrigt sich damit.Abg. Andrea Matt
Ich bedaure es, dass das Offizialdelikt abgelehnt wurde und dass damit eine knappe Mehrheit des Landtags es beim Ermächtigungsdelikt belässt. Ich weise darauf hin, dass der Abs. 3 damit eigentlich obsolet geworden ist.
Nein, wir können den Abs. 3 so belassen. Entschuldigung, ich habe mich getäuscht. Danke.Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank. Dann können wir noch abstimmen: Wer dem § 107a mit der Korrektur in Abs. 2 Ziff. 2, das Wort «elektrisch» durch «elektronisch» zu ersetzen zustimmen will, möge bitte die Hand erheben. Abstimmung: 22 Stimmen bei 24 Anwesenden
Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank. Dann können wir weiterlesen. II. wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
II. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge bitte die Hand erheben.
Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann kommen wir zur Schlussabstimmung: Wer mit der Verabschiedung des Gesetzes über die Abänderung des Strafgesetzbuches einverstanden ist, möge bitte die Hand erheben. Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Klaus Wanger
Damit haben wir diese Gesetzesvorlage abschliessend behandelt. -ooOoo-
gesetz über die abänderung der exekutionsordnung
Landtagspräsident Klaus Wanger
Wir kommen zu einer weiteren Gesetzesvorlage, zum Gesetz über die Abänderung der Exekutionsordnung.
Ich bitte, mit der Lesung zu beginnen. Überschrift vor Art. 277d wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
Überschrift vor Art. 277d steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge bitte die Hand erheben.
Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Klaus Wanger
Wir können weiterlesen. Art. 277d wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
Art. 277d steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge bitte die Hand erheben.
Abstimmung: 21 Stimmen bei 23 Anwesenden
Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann können wir weiterlesen. Art. 283 Abs. 6 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
Art. 283 Abs. 6 steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge bitte die Hand erheben.
Abstimmung: 21 Stimmen bei 23 Anwesenden
Landtagspräsident Klaus Wanger
Wir lesen weiter. Art. 286 Abs. 4 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
Art. 286 Abs. 4 steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge bitte die Hand erheben.
Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 21 Stimmen
Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann können wir weiterlesen. II. wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
II. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge bitte die Hand erheben.
Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 21 Stimmen
Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann können wir weiterlesen. III. wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
III. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge bitte die Hand erheben.
Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 21 Stimmen
Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann kommen wir zur Schlussabstimmung: Wer dem Gesetz über die Abänderung der Exekutionsordnung die Zustimmung erteilen will, möge bitte die Hand erheben. Abstimmung: 21 Stimmen bei 23 Anwesenden
Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank. Damit haben wir Traktandum 2 erledigt. -ooOoo-