Beschluss Nr. 49/2007 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2005/89/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und von Infrastrukturinvestitionen) (Nr. 107/2007)
Landtagspräsident Klaus Wanger
Wir kommen nun zu Traktandum 21: Beschluss Nr. 49/2007 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2005/89/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und von Infrastrukturinvestitionen).Der Bericht und Antrag Nr. 107/2007 steht zur Diskussion.Abg. Gebhard Negele
Danke, Herr Präsident, werte Damen und Herren. Der Bericht und Antrag bezieht sich auf die Richtlinie 2005/89/EG, welche seitens der EU im Januar 2006 beschlossen wurde. In der Folge hat der Gemeinsame EWR-Ausschuss nach einem Zeitraum von rund 18 Monaten beschlossen, diese Richtlinie mittels Beschluss Nr. 49/2007 in das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum aufzunehmen. Als EWR-Mitglied ist deshalb Liechtenstein verpflichtet, bis zum 24. Januar 2008 die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen. Aufgrund von Art. 8 Abs. 2 der Landesverfassung ist hierfür die Zustimmung des Landtages erforderlich.Um was geht es? Die Abhängigkeit von einer unterbruchsfreien Versorgung mit Elektrizität ist im privaten und wirtschaftlichen Umfeld wohl unbestritten. Die europaweite Stromversorgung kann nur funktionieren, wenn im Bereich der Vernetzung, aber auch bei den Infrastrukturinvestitionen ein Rahmen gesetzt wird, um ein koordiniertes Vorgehen überhaupt erst zu ermöglichen. Die Richtlinie trägt den Titel «Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und von Infrastrukturinvestitionen».Wichtig in diesem Zusammenhang erscheint mir das Kapitel über die Berichterstattung, welches im Art. 7 geregelt wird. Hier werden pro Land Angaben über folgende Themen verlangt: «Betriebssicherheit der Netze», «Prognostiziertes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage für die nächsten 5 Jahre», «Prognostizierte Sicherheit der Elektrizitätsversorgung für den Zeitraum von 5 bis 15 Jahren» und «Bekanntgabe Investitionsabsichten betreffend grenzüberschreitende Verbindungsleitungskapazitäten».Erfreulicherweise - und dies ist ja leider nicht immer so - haben diese EU-Richtlinien bzw. diese EWR-Richtlinien keine finanziellen oder personellen Konsequenzen für unser Land. Die Regulierungsbehörde ist nach Ansicht der Regierung in der Lage, die gegebenenfalls zusätzlichen Aufgaben mit den verfügbaren Ressourcen zu bewältigen. Generell kommen diese Richtlinien unserem Lande wohl sehr entgegen, sind wir doch in einem hohen Masse Energiebezüger und nicht Energieabgeber.Bei der Durchsicht der Richtlinien sind mir zwei Sachen aufgefallen. Ich möchte von der Regierung zu folgenden Fragen daher nähere Erläuterungen:
- In Art. 1 wird unter anderem festgehalten, dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage sicherzustellen ist. In Art. 2 Bst. d wird dieses Gleichgewicht näher umschrieben. Dort heisst es: «Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage ist die Deckung des vorhersehbaren Bedarfs der Endverbraucher an Elektrizität» - und jetzt kommt es - «ohne dass Massnahmen zur
- Senkung des Verbrauchs durchgesetzt werden müssen». Diese Formulierung erachte ich als einen Freipass, ja beinahe eine Aufforderung, keine Stromsparmassnahmen in Betracht zu ziehen. Und jetzt kommt meine Frage: Wie interpretiert die Regierung diese Formulierung?
- Generell im Zusammenhang mit der Richtlinie: Der Umstand, dass wir auf der einen Seite in Sachen Stromversorgung sehr stark mit der Schweiz verbunden sind, andererseits die Schweiz ja bekanntlich nicht EWR-Mitglied ist, wirft für Liechtenstein automatisch Fragen auf. Kann mir die Regierung erklären, wie sie sicherstellt, diese Dreiecksbeziehung Liechtenstein/EWR/Schweiz mit der neuen Richtlinie in Einklang zu bringen?
Ich werde dem Antrag der Regierung zur Einführung des Beschlusses Nr. 49/2007 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses die Zustimmung erteilen und bin auf die Ausführungen der Regierung gespannt. Besten Dank.Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen aus dem Plenum gibt, gebe ich das Wort dem Herrn Regierungschef-Stellvertreter Klaus Tschütscher.Regierungschef-Stellvertreter Klaus Tschütscher
Danke, Herr Präsident, geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete. Zunächst möchte ich darauf verweisen, dass diese Richtlinie wahrscheinlich nicht für kleine Staaten geschrieben ist, sondern eher für grosse Staaten aus dem osteuropäischen Raum, wo die Netze nicht diesen komfortablen Zustand haben, wie wir dies in unserem Lande qualitativ und quantitativ haben. Deshalb wird diese Richtlinie bei uns wahrscheinlich keinen grossen Umsetzungsbedarf nach sich ziehen, was diesen Aspekt anbelangt. Wir sind ja auch in der glücklichen Lage, dass bei uns - wenigstens indirekt - das ganze Netz über die LKW in staatlicher Hand ist und damit die Investitionsanreize immer gegeben sind, weil der Staat diesen Versorgungsauftrag auch zu erfüllen hat.Sie haben mir dann zwei Fragen gestellt. Zunächst zum Gleichgewicht. Dazu haben Sie die Richtlinie zitiert, Herr Abg. Gebhard Negele, und zwar den Art. 1 und den Art. 2. Art. 1 beschäftigt sich ja mit dem Anwendungsbereich. Sie sind dort ausgegangen vom Abs. 1 Bst. b, wonach ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu erzielen ist. Und dann haben Sie auf den Art. 2 verwiesen. Bei Art. 2 handelt es sich um die Begriffsbestimmungen, also um die Definitionen. Ich muss Sie darauf hinweisen, dass die konkrete Ausformulierung dann im Art. 5 der Richtlinie erfolgt. Ich denke, dort ist wichtig der Abs. 2 und dort der Bst. e. Dort ist eben dieser Freipass nicht mehr gegeben, den Sie angesprochen haben. In Abs. 2 heisst es, dass die Mitgliedstaaten die folgenden, nicht erschöpfenden Massnahmen treffen können, eben auch die Förderung von Energieeinsparungsmassnahmen, um dieses Gleichgewicht zu erzielen. Deshalb denke ich, dass Sie nicht bei den Begriffsbestimmungen Halt machen dürfen, sondern eben auch die konkreten ausformulierten Massnahmen im Art. 5 ansehen müssen.Dann haben Sie das Verhältnis Liechtensteins zur Schweiz und eben vor allem der Schweiz zur EU angesprochen: Das ist sicherlich eine berechtigte Frage in diesem speziellen Verhältnis, in dem Liechtenstein immer auch zur Schweiz steht. Die Schweiz ist ja bekanntlich nicht EWR-Mitgliedsland und die Thematik der gemeinsamen Stromversorgung zwischen Liechtenstein und der Schweiz ist in der Tat eine berechtigte. Dies ist auch der Regierung bekannt. Wir stehen deshalb seit Januar 2006 auch in Kontakt mit den schweizerischen Behörden. Es gibt intern ein Papier, das wir auch den schweizerischen Behörden zur Kenntnis gebracht haben. Die Schweiz steht in Verhandlungen betreffend ein Zusatzprotokoll, um eben auch den grenzüberschreitenden Stromhandel mit der Schweiz zuzulassen. Dort haben wir über die LKW ein entsprechendes Positionspapier auch der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Kenntnis gebracht. Und die Schweiz steht ja in Verhandlungen mit der EU. Deshalb - Sie haben von Dreiecksbeziehung gesprochen, das scheint mir hier ein sehr treffender Ausdruck zu sein - denken wir, dass wir diese Dreiecksbeziehung zumindest in den Verhandlungen gut im Griff haben. Wir sind eingeladen worden, unsere Vorstellungen zu deponieren. Und das haben wir auch bereits im März und April 2006 so gemacht.Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt, können wir über den Antrag der Regierung abstimmen.Wer dem Antrag der Regierung zustimmen will, der Landtag wolle dem Beschluss Nr. 49/2007 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses die Zustimmung erteilen, möge bitte die Hand erheben.Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Landtagspräsident Klaus Wanger
Damit haben wir Traktandum 21 bearbeitet. -ooOoo-