Abänderung des Gesetzes vom 24. November 1971 über die Krankenversicherung (KVG), LGBl. 1971 Nr. 50, (Nr. 139/2007); 1. Lesung
Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann kommen wir zu Traktandum 18: Abänderung des Gesetzes vom 24. November 1971 über die Krankenversicherung.
Der Bericht und Antrag der Regierung trägt die Nr. 139/2007 und steht zur Diskussion.Abg. Franz Heeb
Danke, Herr Präsident. Werte Damen und Herren Abgeordnete. In der vorliegenden Revision des Krankenversicherungsgesetzes wird eine Vereinfachung bei der Bedarfsplanung und damit der Zulassung von Ärzten, die dem geltenden Tarifvertrag beitreten können, angestrebt. Nach dem vorliegenden Vorschlag sollen die Reihungskriterien den heutigen Anforderungen angepasst und deren Festlegung von der Regierung auf die Ärztekammer und den Kassenverband übertragen werden. Damit wird die Vergabe von Bedarfsstellen nicht mehr über eine starre Verordnung durch die Regierung geregelt, sondern den dafür zuständigen Interessenspartnern übertragen.
Der Abänderungsantrag fügt sich auch besser in die Systematik des Art. 16b ein, nach der die wesentlichen Inhalte der Bedarfsplanung und Stellenbesetzung auch bislang durch einen gemeinsamen Entscheid der Ärztekammer und des Landeskrankenkassenverbandes erfolgen. Die Verordnungskompetenz der Regierung soll nur im Falle einer Nichteinigung zwischen den Verbänden zum Tragen kommen. Der Rechtsweg an die Regierung bleibt durch Art. 16b Abs. 3 weiterhin gewährleistet.
Mit der Anpassung des Art. 16b Abs. 2 Krankenversicherungsgesetz ist eine flexiblere Zulassung von Ärzten möglich und eine Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens verbunden. Eintreten auf diese Regierungsvorlage steht für mich ausser Frage.Abg. Jürgen Beck
Danke, Herr Präsident, Damen und Herren Abgeordnete. Wie die Regierung im vorliegenden Bericht und Antrag schreibt, sind der Liechtensteinische Krankenkassenverband sowie die Liechtensteinische Ärztekammer gemeinsam mit dem Vorschlag an die Regierung gelangt, Art. 16b Abs. 2 des Krankenversicherungsgesetzes abzuändern. Die Abänderung beabsichtigt nicht eine Änderung der Bedarfsplanung an sich, welche in Art. 16b Abs. 1 geregelt ist. Mit dieser Abänderung sollen die Zuständigkeiten zur Festlegung von Reihungskriterien, die zu beachten sind, wenn sich auf eine freie Stelle in der Bedarfsplanung mehrere Personen bewerben, neu geregelt werden. Nach Auffassung des Krankenkassenverbandes und der Ärztekammer entspricht die bisherige Regelung, dass die Reihungskriterien von der Regierung per Verordnung festgelegt werden, nicht mehr den heutigen und auch nicht zukünftigen Anforderungen, um eine umfassende und objektiv nachvollziehbare Beurteilung und Bewertung für die Reihung von mehreren Bewerbern zu gewährleisten.
Aus Gründen der Zweckmässigkeit sowie im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung schlagen die Verbände deshalb vor, die Reihungskriterien nicht von Vornherein als Verordnung der Regierung, sondern mit Vereinbarung zwischen den Verbänden zu regeln. Auch die Regierung erachtet diesen Vorschlag für zweckmässig und hält fest, dass in Art. 16b Abs. 2 die bisherige Regelung, dass die Kriterien insbesondere die fachliche Eignung sowie die zeitliche Reihenfolge der Bewerbungen zu berücksichtigen haben, unverändert gültig bleibt. Es handelt sich dabei um objektive Kriterien, die an sich jede Diskriminierung ausschliessen.
Ich kann mich diesen Ausführungen anschliessen und werde daher diese Abänderung des Krankenversicherungsgesetzes befürworten. Danke.Landtagspräsident Klaus Wanger
Wenn es keine Wortmeldungen aus dem Plenum gibt, gebe ich das Wort Herrn Regierungsrat Martin Meyer.Regierungsrat Martin Meyer
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Sie haben die Gründe für diese Teilrevision des Krankenversicherungsrechtes bereits ausführlich genannt. Ich möchte deshalb nicht mehr darauf eingehen. Zusammenfassend kann ich festhalten, dass die Regierung diese Teilrevision als sehr zweckmässig ansieht. Es gibt verschiedene Vorteile, die Sie auch genannt haben. Zum Ersten wird dies zur Vereinfachung von Verwaltungsabläufen führen, zum Zweiten werden die Aufgaben an jene Stellen delegiert, wo auch richtiges Expertenwissen vorhanden ist, und zum Dritten sind auch flexible Anpassungen möglich, wenn sich die Anforderungen ändern, ohne dass Verordnungen oder Gesetze angepasst werden müssen.
Was wichtig ist - und das hat der Abg. Jürgen Beck angesprochen - das sind die Hauptkriterien. Die fachliche Eignung sowie die zeitliche Reihenfolge bleiben weiterhin im Gesetz verankert. Ich denke, das ist wichtig. Und ein zweiter Punkt, auf den ich noch hinweisen möchte, ist die Publikation. Die Kriterien sind vom Kassenverband und von der Ärztekammer in geeigneter Weise zu publizieren. In Österreich passiert das zum Beispiel so, dass dies über Zeitschriften der Ärztekammer veröffentlicht wird. In Liechtenstein ist angedacht, dass das über das Internet erfolgt oder auch in den entsprechenden Zeitungen oder Zeitschriften veröffentlicht wird. Besten Dank.Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank. Eintreten auf diese Gesetzesvorlage scheint unbestritten. Dann können wir mit der 1. Lesung beginnen. Art. 16b Abs. 2 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
Art. 16b Abs. 2 steht zur Diskussion.
Abg. Heinz Vogt
Danke, Herr Präsident. Ich habe an Regierungsrat Meyer eine Verständnisfrage: Man redet hier von Bedarfsplanung. Können Sie uns vielleicht kurz erklären, um was es hier geht. Wenn ein Arzt gebraucht wird, wovon hängt das ab? Hängt das von den Patienten ab oder hängt das einfach davon ab, dass er seine Praxis aufgibt oder ein gewisses Alter erreicht, wo er den Beruf nicht mehr ausüben kann? Ich meine: Gibt es auch ein «Endalter» oder ein AHV-Alter für einen Arzt wie wenn jemand pensioniert wird? Muss dieser Arzt dann die Kassenzulassung zurückgeben und fliesst dann das in die Bedarfsplanung mit ein?Regierungsrat Martin Meyer
Danke, Herr Präsident. Das Thema der Bedarfsplanung und des Bedarfs an medizinischer Leistung und Versorgung ist natürlich sehr komplex. Was ist der optimale Bedarf oder das optimale Angebot an medizinischer Leistung, das Sie benötigen? Haben Sie eine Unterversorgung, eine Überversorgung? Das sind Fragen, die können Sie unterschiedlich interpretieren. Wenn man sich an den Zahlen orientiert, dann könnte man Statistiken hernehmen und sagen: Es braucht so viele Ärzte pro Fachmedizin pro Einwohner. Ich denke, nur rein an statistischen Zahlen sollte man sich nicht orientieren, sondern auch am effektiven Bedarf, das heisst, an dem, was an Leistungen nachgefragt wird.
Jetzt zur Frage: Wie sieht das in Liechtenstein aus? In Liechtenstein wurde dieses Bedarfssystem im Jahr 2003/2004 eingeführt und dazumal kam keine gemeinsame Bedarfsplanung zustande. Das bedeutet, dass die Regierung ihre Kompetenz, die sie per Gesetz und per Verordnung hat, auch wahrgenommen hat und eine entsprechende Bedarfsplanung, basierend auf den dazumal vorhandenen Ärzten und basierend auf statistischen Erfahrungswerten aufgestellt hat. Die Bedarfsplanung müssen Sie sich so vorstellen, dass pro medizinische Kategorie - zum Beispiel Innere Medizin, zum Beispiel Kindermedizin oder zum Beispiel eine andere medizinische Richtung - Bedarfsstellen zugeordnet werden. Dort steht dann zum Beispiel im Bereich der Inneren Medizin: Sie brauchen so viele Leistungserbringer im Inland und so viele Leistungserbringer im Ausland, die dann im Rahmen dieser Bedarfsplanung zugelassen sind. Und Zulassung bedeutet, dass sie direkt zu 100% über die Krankenkasse abrechnen können.
Jetzt ist es so, dass diese Bedarfsstellen Personen zugeordnet werden, die Bedarfsstellen werden nicht Praxen zugeordnet. Das heisst, wenn es zu einer Unternehmensnachfolge oder Praxisnachfolge kommt, dann kommt es nicht automatisch zu einem Wechsel im Vertrag. Wir hatten solche Fälle im angrenzenden Ausland. Da hat es Praxisauflösungen gegeben und die neuen Praxisinhaber haben nicht automatisch eine Zulassung zum liechtensteinischen Vertragssystem erhalten. Und diesbezüglich kann es natürlich durchaus, gerade wenn die Praxis in Familienhand bleibt oder bleiben soll, zu Fragen kommen, die dann auch entsprechend gelöst werden müssen.
Dann zur Frage bezüglich des Endalters eines Arztes: Das ist auch eine interessante Frage. Es gibt sehr viele Ärzte, die das Pensionsalter schon lange überschritten haben, aber leider ihren Kassenvertrag nicht zurückgeben, obwohl sie nicht mehr praktizieren. Das ist insofern schade, weil sie dadurch natürlich Bedarfsstellen für andere blockieren. Was die Motivation dahinter ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich möchte das auch nicht beurteilen. Es ist einfach so. Und darum kann man heute auch nicht sagen, dass fünf Leute, die fünf Bedarfsstellen inne haben, diese auch zu 500% besetzen, sondern es gibt Fälle, wo vielleicht nur eine oder zwei Personen voll arbeiten und die anderen drei Personen eben schon in Pension sind oder dies nur noch auf Teilzeitbasis machen. Das führt dann dazu, dass in den speziellen Punkten die Bedarfsplanung erweitert werden muss, weil man sieht, dass der tatsächliche Bedarf, der an medizinischer Leistung nachgefragt wird, nicht gedeckt werden kann. Das führt zu folgender Frage: Führt das zu einer Ausweitung der Bedarfsplanung, ja oder nein? Fakt ist, dass dann halt eben mehr Ärzte benötigt werden als effektiv Bedarfsstellen vorhanden sind. Sie sehen also, das ganze Thema ist relativ komplex.Abg. Heinz Vogt
Ich deute jetzt Ihre Aussage dahingehend, dass das ein Problem ist, aber man nichts macht.Regierungsrat Martin Meyer
Danke, Herr Präsident. Diese Aussage, die Sie jetzt gemacht haben, stimmt überhaupt nicht, aber die Regierung hat hier keine Handhabe. Das ist unser Problem. Das Vertragssystem ist so aufgebaut, dass ein einzelner Arzt einen Vertrag mit dem Liechtensteinischen Kassenverband abschliesst, und dieser Vertrag ist nicht kündbar. Wir können nicht hergehen und die Verträge auflösen. Das geht nicht. Das ist eine andere Ebene. Wenn das so gewünscht wird, dass man sagt: Bedarfsstellen werden nur noch denjenigen Ärzten zugeordnet, die zum Beispiel mehr als 50% oder 60% arbeiten. Dann müsste man das irgendwo gesetzlich festschreiben oder der Regierung irgendwo durch das Gesetz die Kompetenz geben, dass wir hier eine Handhabe haben. Aber so, wie das System heute ist, kann die Regierung nichts ausrichten. Nicht, weil wir dies nicht wollen, sondern, weil wir ganz einfach die Kompetenz nicht haben, um hier auch entsprechend durchzugreifen. Es liegt in der Hand des Vorstandes der Ärztekammer und des Krankenkassenverbandes, diesbezüglich vernünftige Lösungen zu finden.
Es ist schwierig. Ich kann das auch aus eigenen Diskussionen sagen. Ich weiss nicht, wenn Ärzte nur noch ein oder zwei Stunden die Woche arbeiten, warum sie ihre Verträge nicht zurückgeben und die Bedarfsstelle besetzen. Es ist nicht klug, weil es gibt viele junge Liechtensteiner, die jetzt nachrücken - und die brauchen Bedarfsstellen. Aber wie gesagt, ich kann das heute nicht anders beantworten.Abg. Rudolf Lampert
Gibt es im heutigen System die Möglichkeit, dass ein Arzt beispielsweise von sich aus, wenn wir jetzt keine gesetzliche Grundlage haben, von sich aus sagt: Ich möchte nur noch eine 20-Prozent-Stelle belegen. Dass wir dann eine Möglichkeit hätten - wir unterscheiden in jedem Betrieb auch zwischen Stellenprozenten und -köpfen - bzw. dass ein Arzt beispielsweise sagt: Ich reduziere meine Arbeit in der Praxis auf die Hälfte, ohne dass er dann die Kassenzulassung verliert. Wenn das fünf Ärzte machen, sind das zweieinhalb Bedarfsstellen, die frei werden würden. Gibt es diese Möglichkeit überhaupt? Und wenn Ja, vielleicht könnte man irgendwelche Animationen gegenüber diesen Ärzten an den Tag legen, um sie dazu zu bewegen, nur noch Teilpensen von diesen Kontingenten zu belasten.Abg. Pepo Frick
Ich schliesse noch etwas an: Ich denke, eine Regelung sollte angestrebt werden. Zum Beispiel Frauen, die arbeiten sehr häufig nur 50%, und zwar aus diversen Gründen. Und die laufen in der Bedarfsplanung auch als Stelle. Danke.Regierungsrat Martin Meyer
Danke, Herr Präsident. Es ist zurzeit so, dass sich die Bedarfsplanung grundsätzlich in Überarbeitung befindet. Der Kassenverband und der Vorstand der Ärztekammer haben hier eine gemeinsame Projektgruppe eingerichtet. Diese Projektgruppe beschäftigt sich jetzt in der Tat damit, dass das in Stellenprozenten geplant wird und nicht mehr in einzelnen Stellen. Das Gesetz lässt das heute zu, aber die beiden Verbände müssen sich diesbezüglich einigen. Und hier sollte eigentlich Grössenordnung im nächsten Frühjahr der Regierung ein entsprechender Vorschlag zur Genehmigung zugestellt werden, weil wir die Bedarfsplanung abschliessend genehmigen müssen. Und dann hätte man das Problem mit den Teilzeitstellen eigentlich erledigt.Abg. Rudolf Lampert
Nachdem sich diese beiden Stellen ja in der Vergangenheit nicht einigen haben können, animiere ich jetzt die Regierung dazu, wenn sich diese nicht einigen können, hier eine Gesetzesvorlage zu bringen und einen entsprechenden Artikel vorzulegen, damit dann die Regierung diese Handhabe hat.Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Diese Diskussion animiert mich jetzt doch noch zu einer Zusatzfrage: Ist es der Regierung mit der aktuellen Statistik überhaupt möglich, Teilzeit- von Vollzeit-stellen zu unterscheiden? Und wenn Nein, birgt dann nicht ein etwelches Vorgehen das Risiko, dass zwar Teilzeitstellen grundsätzlich bejaht werden, aber diese dann nicht in diesen Teilzeitprozenten eingehalten werden?Regierungsrat Martin Meyer
Danke, Herr Präsident. Wir sehen das aus den heutigen Statistiken nicht. Wir sehen nur das Total der Kosten und die Kostensteigerungen. Wir sehen die Umsätze, die innerhalb der obligatorischen Krankenpflegeversicherung pro Leistungserbringer gemacht werden. Aber die Statistik, die uns auch der Kassenverband zur Verfügung stellt, macht diesbezüglich keine Angaben, ob diejenige Person ihren Umsatz mit einem 50-Prozent-Pensum oder mit einem 100-Prozent-Pensum erarbeitet oder vollbracht hat.Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank für diese Antwort, Herr Regierungsrat Meyer. Täusche ich mich oder hätte mit Tarmed die Möglichkeit bestanden, diese Teilzeitstellen und diese Statistik so auszugestalten, damit man transparente Systeme gehabt hätte und man solche Diskussionen mitunter dann auch zielführend führen hätte können? Landtagsvizepräsident Ivo Klein
Herr Abg. Lampert, bitte nicht bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit eine neue Tarmed-Diskussion anzetteln.Abg. Wendelin Lampert
Bitte schön. Das ist genau das Zentrale, Herr Landtagsvizepräsident. Jetzt sind wir beim Kern des Problems angelangt.Regierungsrat Martin Meyer
Danke, Herr Präsident. Ich weiss nicht, ob dieses Tarifsystem auch Beschäftigungsgrade ausweist. Ich glaube nicht. So leid es mir tut, Herr Abg. Lampert, Tarmed hat viele Vorteile und bringt sicher auch einiges an Transparenz zwischen den einzelnen medizinischen Disziplinen, aber ob Beschäftigungsgrade ausgewiesen werden, kann ich Ihnen heute ad hoc nicht beantworten. Aber ich versuche Ihnen bei Gelegenheit die Antwort nachzuliefern.Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann können wir weiterlesen. II. wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
II. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt.
Damit haben wir das Gesetz betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Krankenversicherung in 1. Lesung beraten und Traktandum 18 erledigt.
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