Protokolle zur Assoziierung Liechtensteins an die Systeme von Schengen und Dublin (Nr. 79/2008)
Landtagspräsident Klaus Wanger
Wir kommen zu Traktandum 17: Protokolle zur Assoziierung Liechtensteins an die Systeme von Schengen und Dublin.
Der Bericht und Antrag der Regierung trägt die Nr. 79/2008 und steht zur Diskussion.Abg. Renate Wohlwend
Danke, Herr Präsident, liebe Kollegen. Diese Übernahme des Schengen/Dublin-Acquis ist uns in ihrem Werdegang immer wieder durch die Regierung vorgestellt worden. Das heisst, wir waren auf einem laufenden Stand, wir waren laufend informiert, wie der aktuelle Stand jeweils war. Ich habe nun nachgeblättert und gesehen, dass im Juni 2001, nachdem die Schweiz ja Interesse an der Übernahme des Schengen-Acquis mit dem Ziel einer gemeinsamen Aussengrenze mit den Mitgliedstaaten der EU bekundet hatte, die Regierung ein Gutachten in Auftrag gegeben hat über die rechtlichen Auswirkungen auf unser Land bei einer Einbeziehung der Schweiz in das Schengen-System.
Bereits kurz danach, nämlich im September, fanden die ersten Gespräche in Bern statt, dass unser Land als eigene Vertragspartei dem Schengen-Paket im Sinn von parallel koordinierten Verhandlungen der EU beitreten wolle, aber nicht den Verhandlungsprozess Schweiz/EU stören wolle. Und einige Wochen später haben wir dann der EU unser Interesse bekannt gegeben und noch vor Ende November bereits hat die Regierung eine Kommission bestellt, eine Arbeitsgruppe bestellt, die nun auf Expertenebene die anstehenden Verhandlungen mit der EU und der Schweiz betreffend die mögliche Übenahme beraten sollte.
Ich nenne diese Daten deswegen, weil wir sehen, mit wie viel Interesse und Aufgeschlossenheit wir vor zirka sieben Jahren oder genau sieben Jahren in den Prozess eingetreten sind, und wenn wir uns erinnern, wie dieses Hohe Haus die Informationen bekommen hat über harzende Verhandlungen, über Rückschritte, über Neuaufnahme von zurückgestellten Themen usw., dann finde ich es sehr gut, erfreulich und schön, dass wir heute das, was die Regierung bereits unterzeichnet hat, ratifizieren dürfen. Es ist also dank der Verhandlungsdelegation, dank dem Eifer der Regierung gelungen, ein gutes Paket zu schnüren und dafür ist allen, die beteiligt waren, der Dank auszusprechen.Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. Europa rückt enger zusammen, die inneren Grenzen öffnen sich, bei gleichzeitiger Abschottung nach aussen. Der Schengen-Acquis zielt darauf, den Personenverkehr innerhalb der europäischen Länder zu erleichtern und gleichzeitig die Zusammenarbeit gegenüber Drittstaaten, im Visumsbereich sowie zur Sicherung der EU-Aussengrenzen, zu verstärken. Ebenfalls intensiviert werden soll die Zusammenarbeit im Bereich Polizei und Justiz. Das mit Schengen verbundene Abkommen von Dublin, regelt die engere europäische Zusammenarbeit im Asylbereich. Beide Systeme beinhalten einen regulären europäischen Datenaustausch und Zugriff auf zirka 45 Millionen Daten.
Die Schweiz als geografischer Mittelpunkt von Europa, umgeben von Schengen-Ländern, hat die Zustimmung der Partnerländer erreicht und tritt dem Schengen/Dublin-Abkommen bei. Für Liechtenstein ist somit die Frage eines Beitritts oder Nicht-Beitritts auch schon beantwortet. Allein schon um zu vermeiden, dass der Rhein zwischen der Schweiz und Liechtenstein zur gefestigten Schengen-Aussengrenze wird, müssen wir einen Beitritt zum Schengen-Acquis auf schnellstem Wege anstreben. Was wir sicherlich nicht wollen, sind Abgrenzungen und Grenzkontrollen zwischen unserem Land und unserem Zoll- und Vertragspartner seit beinahe 100 Jahren, der Schweiz.
Daneben liegt ein Beitritt zu den Vereinbarungen von Schengen/Dublin auch aus den inhaltlichen Gründen der Sicherheit und polizeilichen Zusammenarbeit grundsätzlich in unserem Interesse. Einige Teile der Vertragsmaterie allerdings berühren für uns ganz sensible Bereiche und zwingen uns, Veränderungen vorzunehmen, welche wir so zu keinem Zeitpunkt angestrebt haben. Es betrifft in der Zusammenarbeit bei Justiz und Polizei den speziellen Bereich der Rechtshilfe im Fiskalbereich und damit die Situation unseres Landes als internationaler Finanzplatz sowie die Sicherung des Bankkundengeheimnisses.
Die Schengen-Assoziierung führt zu einer Ausweitung der Rechtshilfeverpflichtungen; in Steuerbetrugsfällen wird Liechtenstein in Zukunft Rechtshilfe leisten, sowohl bei direkten als auch bei indirekten Steuern. Was Hinterziehungsdelikte bei direkten Steuern angeht, so muss die Schweiz, gestützt auf Art. 51 SDÜ keine Rechtshilfe bei Durchsuchung und Beschlagnahme leisten. Der Kompromiss beruht auf der Unterscheidung der Gerichtsbarkeit. Die hierzu von der Schweiz in der Schlussakte abgegebene Erklärung wurde auch von Liechtenstein, leicht angepasst, abgegeben. Liechtenstein erklärt, dass hier bei Steuerhinterziehung grundsätzlich keine Strafgerichtsbarkeit besteht, weder bei indirekten noch bei direkten Steuern. Die Erklärung zum Schengen-Protokoll wurde unwidersprochen zur Kenntnis genommen. Die Absicherung des Bankkundengeheimnisses stützt sich somit hauptsächlich auf einen Halbsatz in Artikel 51 des SDÜ (Schengendurchführungsübereinkommen) sowie auf einseitige und unwidersprochene Erklärungen Liechtensteins bzw. der Schweiz zum Assoziierungsabkommen.
Bei der Weiterentwicklung von Schengen-Recht, muss Liechtenstein aufgrund des Ausnahmeartikels 5, Abs. 5 die tangierenden Bereiche der Rechtshilfe bei Steuerhinterziehung im Fall der direkten Steuern nicht übernehmen. Liechtenstein, wie die Schweiz, hat somit bei Hinterziehungsdelikten im Bereich der direkten Steuern eine zeitlich nicht befristete Ausnahmeregelung erhalten. Das darf als Verhandlungserfolg zur Wahrung des Bankkundengeheimnisses gewertet werden. Es zeigen jedoch die Diskussionen der Schengen-Länder bei den vorangegangenen Verhandlungen mit der Schweiz gerade um die unterschiedliche Auslegung des Art. 51 SDÜ auf, wie stark das Ringen war bzw. ist, um Standortbedingungen im Finanzbereich aufrechtzuerhalten bzw. aus Sicht der EU, um sie aufzulösen.
Dass bei den Verhandlungen auf die Auslegung von Art. 51 schliesslich verzichtet wurde, scheint mir nicht wirklich beruhigend, auch im Hinblick auf den Vollzug anderer Zwangsmassnahmen ausserhalb der Durchsuchung und Beschlagnahme, wie beispielsweise Zeugeneinvernahmen unter Strafandrohung in Bezug auf Art. 51. Es ist nämlich offensichtlich, dass die Entwicklungen und Aussagen, Bekenntnisse und Bestrebungen der EU-Vertragsstaaten sowie von deren Politikern ebenso wie die Ausrichtung von Vereinbarungen, auch beim dynamischen Schengen-Acquis, langfristig darauf abzielen, im Fiskalbereich die vollumfängliche Rechtshilfe zu erreichen und Unterscheidungen im Fiskalbereich sowie das Bankkundengeheimnis aufzuweichen, wenn nicht gar generell alle Standortvorteile der Finanzplätze Schweiz und Liechtenstein aufzuheben.
Vereinzelt zeigen selbst ranghohe Politiker, wenn es um diese Finanzplätze geht, einen ungebührlichen und unwürdigen Kommunikationsstil oder gar ein inakzeptables Verhalten, wie kürzlich und zum wiederholten Male der deutsche Finanzminister Steinbrück, der sogar in aller Öffentlichkeit gezielte EWR-Vertragsverletzungen gegen unser Land erwägt - ich zitiere aus dem «Vaterland» vom 19. Juni 08: «Solches zeigt: Wir haben nicht nur Freunde in Europa. Die Luft wird dünner. Sowohl Liechtenstein als auch die Schweiz werden sich auf Entwicklungen und Veränderungen einstellen müssen - besser aktiv als reaktiv. Als traditioneller Finanzplatz können wir uns auf unsere Stärken stützen und mit Innovation reagieren».
Neben der verstärkten Rechtshilfe beinhaltet der Schengen-Acquis eine stark intensivierte polizeiliche Zusammenarbeit als einen der praktischen Vorteile, von denen auch unser Land - wie alle andern - wird profitieren können. Die Teilnahme am gemeinsamen europäischen Fahndungssystem SIS II mit rund 45 Millionen Daten über gesuchte, vermisste oder unerwünschte Personen und Sachen wird es uns ermöglichen, grenzüberschreitende Kriminalität und somit Gefahren für die innere Sicherheit einfacher abzuwehren. Die Fahndung nach Straftätern zur Festnahme und Auslieferung wird durch das SIS erheblich effizienter. Einem ausländischen Gesuch um Erlass einer Massnahme muss dann entsprochen werden, wenn das nationale Recht dies erlaubt. Somit werden die Befugnisse der Polizeidienste nicht erweitert, insbesondere im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen polizeilicher Zusammenarbeit und justizieller Rechtshilfe.
Da die im SIS-System ausgetauschten Daten oftmals besonders schützenswerte Personendaten und Persönlichkeitsprofile umfassen, kommt einem rechtlich verbindlichen Datenschutz im Schengen-Acquis grosse Bedeutung zu. Wir werden heute oder morgen unter Traktandum 19 eine Vorlage behandeln, welche das Ziel hat, die Unabhängigkeit der Datenschutzstelle erheblich zu stärken. Für unser Land bedeutet die Teilnahme an den Systemen SIS II eine erhebliche Investition in die Infrastruktur sowie eine Ausweitung der personellen Ressourcen für die Einrichtung eines so genannten SIRENE-Büros als nationale Kontaktstelle für die 24-Stunden-Betreuung sowie für eine Personalaufstockung bei der Kontaktstelle betreffend den Datenschutz und dessen Überwachung.
Mit dem Anschluss an die europäische Fingerabdruckdatenbank EURODAC im System Dublin, nimmt unser Land teil an der Steuerung der Migration innerhalb Europas. Diese Datenbank umfasst die Fingerabdrücke von Asylsuchenden und illegalen Aufenthaltern. Es kann zukünftig nur noch in einem einzigen europäischen Land ein Asylantrag gestellt werden. Diese Zielsetzung ist zu begrüssen. Einerseits wird damit zukünftig ein Asyl-Tourismus durch Europa verhindert, andererseits garantieren die Abkommen von Dublin den Asylsuchenden geregelte Verfahren nach europäischen Standards. Besonders erwähnenswert scheint mir die Regelung, wonach die Situation eines minderjährigen Kindes untrennbar mit der des Elternteils verbunden ist, der ein Asylgesuch gestellt hat. Ausserdem ist die Empfehlung der Verordnung unterstützenswert, wonach eine gemeinsame Behandlung vorgeschlagen wird, wenn mehrere Mitglieder einer Familie Asylgesuche einreichen.
Dass mit den Vereinbarungen von Schengen und Dublin eine gewisse, auch finanzielle Solidarität zwischen den Ländern Europas angestrebt wird, was den Schutz der Aussengrenzen des Schengen-Raums betrifft, scheint mir verständlich. Aufgrund der unterschiedlichen geografischen Lage sowie je nach Anrainerstaaten sehen sich die europäischen Staaten einer sehr unterschiedlichen Ausgangslage gegenüber, betreffend sowohl die illegale wie auch die legale Einreise. Dass die Staaten, welche Schengen-Aussengrenzen effektiv zu kontrollieren haben, im Sinne einer solidarischen Lastenverteilung vermehrt unterstützt werden, scheint mir eine faire Regelung zu sein.
Unser Land hat keine Schengen-Aussengrenzen. Nach dem Beitritt der Schweiz werden wir vollständig von Schengen-Staaten umgeben sein. Dass wir aufgrund unseres Zollvertrags und der offenen Grenze zur Schweiz eine parallele Assoziierung zu Schengen/Dublin gleichzeitig mit der Schweiz unbedingt anstreben sollten, liegt auf der Hand. Da es sich jedoch gemäss Regierungsbericht abzeichnet, dass der liechtensteinische Beitritt nicht zeitgleich mit der Schweiz erfolgen kann, muss eine Übergangslösung gefunden werden, die nicht zum Aufbau neuer Grenzkontrollen führt. Hier erwarte ich von EU-Seite uneingeschränktes Verständnis für die lokalen Gegebenheiten. Es muss wohl möglich sein, den mit einer Lagebeurteilung betrauten europäischen Gremien nahe zu bringen, dass unsere besonderen kleinen und überschaubaren Verhältnisse auch bei weiterhin offenen Grenzen zur Schweiz keine besondere Gefahr für die Sicherheit Europas darstellen. Alles andere wäre absurd und würde hier wohl von niemandem verstanden. Ausserdem würde das dem Sinn und Geist des Schengen-Acquis zuwiderlaufen, der die Aufhebung von Grenzkontrollen und die freie Bewegungsmöglichkeit innerhalb Europas zum Ziel hat.
Was die Grenzkontrollen zu Österreich angeht, so dürfen wir uns jedoch nicht der Illusion hingeben, dass diese aufgrund des Schengen-Acquis völlig aufgehoben würden. Obwohl die systematischen Personen-kontrollen entfallen werden, werden wir uns weiterhin der Kontrolle von Waren gegenübersehen, da Liechtenstein ja keine Zollunion mit der EU hat. «Schengen bedeutet daher nicht freie Fahrt», wie ein schweizerischer Grenzpostenchef es kürzlich in einem Zeitungsinterview ausdrückte.
Zu den Beitritts-Voraussetzungen: Die Assoziierung an Schengen/Dublin verlangt von uns eine ganze Anzahl von Gesetzesänderungen bzw. -anpassungen, von denen etliche heute im Landtag behandelt werden. Auch werden für die Umsetzung des Schengen-Besitzstandes eine ganze Anzahl neuer Stellen geschaffen werden muss bzw. personelle Aufstockungen erforderlich werden. Dies betrifft in erster Linie die Landespolizei mit vier Stellen, das Ausländer- und Passamt mit einer Stelle und die Stabsstelle für Datenschutz mit eineinhalb Stellen. Ob der Bereich Informatik, Aufbau, Betrieb und Unterhalt Netzwerkinfrastruktur, mit einer zusätzlichen neuen Stelle beim Amt für Personal und Organisation richtig angesiedelt ist, darf in Frage gestellt werden. Es wäre auch eine Herauslösung dieses Bereichs aus dem Amt für Personal - auch im Hinblick auf zukünftige Erweiterungen - mindestens zu überlegen.
Der erhöhte Personalbedarf hingegen bleibt in jedem Falle aufrecht, unabhängig von der Zuordnung der Stellen. Insgesamt beantragt die Regierung 8,5 neue Stellen zur Umsetzung des Schengen-Acquis. Nach dem Studium des sehr umfangreichen Berichts mit seinen detaillierten Ausführungen komme ich zum Schluss, dass dieser geschätzte Bedarf von 8,5 neuen Stellen vermutlich sehr schnell anwachsen wird. Ich begrüsse zwar die sparsame Einstellung der Regierung, hoffe aber dennoch, dass unumgängliche Personalaufstockungen rechtzeitig erfolgen werden und nicht erst dann, wenn wir uns aufgrund unzureichender Ressourcen Schwierigkeiten einhandeln, die schon die Einführung des Schengen-Besitzstandes unnötig erschweren und auch die Anwendung verkomplizieren.
Neben dem Personalbedarf sowie dem Finanzbedarf zur Installation alleine der Systeme SIS II und EURODAC mit CHF 3,5 Mio. werden Solidaritätskosten beim Schutz der Aussengrenzen anfallen, mit Beteiligung am Grenzfonds zum Finanzausgleich. Danach fallen jährlich operative laufende Kosten für das Personal sowie den Unterhalt der Informatik- und Telematiksysteme an. Die Belastungen durch eine Assoziierung an das Schengen-System sind für unser kleines Land ganz erheblich. Sie sind finanzieller Natur, jedoch liegen sie vor allem in der quasi faktischen Gesetzesübernahme in heiklen Bereichen der Rechtshilfe. Andererseits haben wir die Möglichkeit zu systematischer europaweiter Zusammenarbeit im Polizei- und Asylbereich und auch die Möglichkeit, bei der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes zukünftig aktiv mitzuwirken.
Die Schweiz wird in absehbarer Zeit dem Schengen-Abkommen beitreten. Die Mitgliedsländer haben ihre Zustimmung erteilt. Mittels Protokoll zu den schweizerischen Assoziierungsabkommen hat Liechtenstein ebenfalls die Möglichkeit zum Schengen-Beitritt. Allerdings besteht die Forderung der Mitgliedsländer, für einen Beitritt auch schengentauglich zu sein. Fazit: Um die offene Grenze zur Schweiz beizubehalten sowie um teilzunehmen an der engen und umfassenden europäischen Zusammenarbeit im Polizei- und Asylwesen, empfehle ich, den Beitritts-Protokollen zuzustimmen und auf schnellstem Wege die gesetzlichen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen, um als Mitgliedstaat aufgenommen zu werden. Danke.
Abg. Henrik Caduff
Danke, Herr Präsident. Das Schengen-Informationssystem SIS ist das Herzstück der Polizei- und Justizzusammenarbeit in Europa. Der reibungslose Verlauf beim Schengen-Informationssystem SIS und SIS II und die Einhaltung der Sicherheitserfordernisse werden daher entscheidend sein, wie Liechtenstein als Partner im Schengen-Raum wahrgenommen werden wird. Die Schengener Bestimmungen im Bereich des Polizeiwesens bilden eine klare, praxisnahe und vor allem eine rechtlich verbindliche Grundlage. Wichtigstes Element ist, wie erwähnt, das SIS, als gemeinsames Fahndungssystem. Dabei sind die nationalen SIRENE-Büros für den mit den SIS-Fahndungen zusammenhängenden Informationsaustausch zuständig. Das Kürzel SIRENE steht dabei für die englische Definition «Supplementary Information Request at the National Entries», welches auf Deutsch «Ergänzende Informationsabfrage bei den nationalen Eintragungen» bedeutet.
Im Bericht und Antrag wird in Bezug auf das zu schaffende SIRENE-Büro bei der Landespolizei von der Schaffung von drei Stellen gesprochen. Eine externe Firma sowie die Landespolizei selbst kommen aber in ihren Berechnungen auf den Bedarf von fünf Stellen. Selbst diese fünf Stellen werden auch von der externen Firma als sehr ehrgeizig bzw. als absolutes Minimum betrachtet. Dabei wird davon ausgegangen, dass dies nur dann gelingt, wenn ein gut funktionierendes Workflow-System sowie ein optimaler Sachmitteleinsatz zur Verfügung stehen. Wie auf Seite 158 ausgeführt wird, wäre mit einem höheren Personalbedarf, also mit mehr als fünf Personen zu rechnen, würden Abstriche in diesen Bereichen vorgenommen. Zudem würde das SIRENE-Büro bei fünf Personen nicht 24 Stunden an sieben Tagen die Woche besetzt. Zur Sicherung der geforderten Qualität ist aus Sicht der Landespolizei sowie aus Sicht der externen Firma ein minimaler Personalbedarf von fünf Personen notwendig. Die Regierung dagegen erklärt auf Seite 159, dass für die erste Phase des Aufbaus und der Implementierung des SIRENE-Büros drei Personen ausreichend seien. Dazu wird auch ausgeführt, dass im Sinne eine Job-Enlargements es für die Mitarbeitenden innerhalb der Landespolizei attraktiv sein könnte, zeitweise im SIRENE-Büro zu arbeiten. In Anbetracht der bekannten Auslastung und der Überzeitsituation bei den Angestellten der Landespolizei bezweifle ich, dass dieses Job-Enlargement tatsächlich stattfinden wird.
Ich habe mich in Wortmeldungen im nichtöffentlichen Landtag im 2007 wie auch im nichtöffentlichen Landtag vom März 2008 jeweils zu den Vorbereitungsarbeiten und den notwendigen personellen Massnahmen im Zusammenhang mit Schengen erkundigt. Dabei wurde mir jeweils mitgeteilt, dass dies davon abhängig sei, wie das Schengen-Abkommen umgesetzt würde. In Bezug auf das Personal haben wir dies selbst in der Hand. Für mich ist dies weder der Anlass noch der Zeitpunkt, um die Belastungsgrenzen beim Fachpersonal der Landespolizei auszuloten. Aus dieser Sicht und im Interesse des Landes hätte ich eine weitergehende Unterstützung der Landespolizei vonseiten der Regierung in dieser Frage durchaus erwartet. Danke.Landtagsvizepräsident Ivo Klein
Danke schön, Herr Präsident. Ich glaube, inhaltlich wurde das meiste, wenn nicht fast alles gesagt. Ich hätte zwei Fragen bzw. eine Frage und eine Bemerkung: Durch die Schengen-Assoziierung werden wir zukünftig Rechtshilfe im Fiskalbereich sowohl bei den direkten als auch bei den indirekten Steuern leisten müssen. Bei den direkten Steuern führt die Regierung aus, dass wir hier diese Weiterentwicklung nicht übernehmen müssen. Das impliziert, dass wir das bei den indirekten Steuern machen müssen: Kann der Herr Regierungschef hierzu Ausführungen machen, wie das genau vonstatten geht und was hier zu erwarten ist, in welche Richtung das geht? Das meine Frage.
Und das andere ist meine Bemerkung: Wir haben hier einen Antrag von 8,5 Stellen. Dem werde ich zustimmen, weil ich denke, sie sind mehr als nötig. Mir kommt es einfach ein bisschen so vor wie damals beim EWR-Abkommen. Man hat einmal mit einer kleinen Zahl angefangen und die wirkliche Wahrheit in Bezug auf die personellen und somit auch finanziellen Konsequenzen, die haben wir dann nach und nach im Landtag bzw. der damalige Landtag erfahren. Ich gehe davon aus und das scheint mir ein bisschen so, dass es hier einen ähnlichen Verlauf nehmen wird.Regierungschef Otmar Hasler
Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren. Ich werde jetzt nicht eine Würdigung des Schengen-Abkommens vornehmen. Das kann die Frau Aussenministerin gerne machen. Ich möchte aber ganz konkret auf die Rechtshilfethematik eingehen: Es ist tatsächlich so, wie Sie gesagt haben, Herr Landtagsvizepräsident: Wir weiten die Rechtshilfe nun auch im Fiskalbereich aus. Das heisst, dass wir unter dem momen-tanen Stand nach Schengen-Recht sowohl bei den indirekten Steuern wie bei den direkten Steuern im Bereich des Steuerbetrugs Rechtshilfe geben. Bei den indirekten Steuern geht es in jenen Bereichen ein wenig weiter, wo wir schweizerisches Zollrecht haben und dieses auch anwendbar ist. Nach momentanem Stand ist hier der Steuerbetrug also rechtshilfefähig.
Wenn nun das Schengen-Recht weiterentwickelt wird, also ganz konkret, wenn das Schengener Durchführungsübereinkommen Artikel 50 und 51 angepasst, weiterentwickelt werden, dann ist es durchaus möglich, dass im indirekten Steuerbereich auch die Steuerhinterziehung mit hineinkommt und wir dort auch Rechtshilfe geben müssen. Bei den direkten Steuern haben wir eine Ausnahme aushandeln können bzw. wurde Liechtenstein die gleiche Ausnahme wie der Schweiz zugestanden. Das kann man auch im entsprechenden Protokoll zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein unter Art. 5a finden. Dort wird festgehalten, dass, wenn das Schengen-Recht im Bereich der direkten Steuern weiterentwickelt wird - wovon man durchaus auch ausgehen muss - dann Liechtenstein diese Weiterentwicklung nicht automatisch übernehmen muss, sondern erst, wenn der gemischte Ausschuss einstimmig beschliesst, dass auch Liechtenstein die einschlägigen Bestimmungen zu übernehmen hat. Und das ist diese Ausnahme, die es natürlich Liechtenstein wie auch der Schweiz dann ermöglicht, diese Weiterentwicklung nicht automatisch zu übernehmen. Jetzt müssen wir aber sehen, dass wir gerade im Rechtshilfebereich den Fokus nicht nur auf das Schengener Abkommen richten dürfen, sondern dass hier natürlich die entsprechenden internationalen Bemühungen und Bestimmungen in anderen Bereichen weitergehen. Wir sind ja im Moment in Verhandlung über ein Betrugsbekämpfungsabkommen und dieses wird zumindest im Bereich der indirekten Steuern weitergehen. Das heisst, dass wir die Kooperation dort ausweiten und Rechtshilfe über den Steuerbetrug hinaus gegeben wird, vor allem im indirekten Steuerbereich.
Dann habe ich ja schon ausgeführt, dass wir auch in Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten sind, dass wir auch die Gespräche mit der OECD aufnehmen müssen. Also international ist einfach zu sagen, dass die Kooperation immer enger wird, dass der Druck auf Staaten mit einem Bankkundengeheimnis sich erhöht. Nicht nur auf Liechtenstein, auch auf die Schweiz, Luxemburg, Österreich und dass wir hier uns für die Zukunft richtig positionieren müssen. Aber im Bereich Schengen ist es so, dass wir im direkten Bereich bei Betrugshandlung Rechtshilfe geben müssen. Im indirekten Steuerbereich, bei den Mehrwertsteuern im Moment auch, eingeschränkt auf den Steuerbetrug. Allerdings, wenn hier die Rechtsentwicklung weitergeht, wird diese auch von Liechtenstein dort mit vollzogen werden müssen.Landtagsvizepräsident Ivo Klein
Danke. Nur noch eine kurze Anschlussfrage: Wie ist Ihre Einschätzung in Bezug auf die direkten Steuern? Hier haben wir ja die Möglichkeit, nein zu sagen. Aber in der Realität, wird da nicht wieder Druck aufgebaut auf uns im täglichen Leben bzw. faktisch werden wir halt hier wieder einknicken müssen? Regierungschef Otmar Hasler
Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren. In diesem Bereich steht Liechtenstein natürlich nicht allein. Das muss hier festgehalten werden. Wie gesagt, da sind auch Staaten wie Luxemburg, wie Österreich, die EU-Mitglied sind, ebenfalls interessiert, sodass es eine bestimmte Beschränkung in der Rechtshilfeverpflichtung gibt. Da ist die Schweiz ebenfalls interessiert daran. Aber dass der Druck weiter aufgebaut wird, davon gehe ich aus. Ich habe keine gegenteiligen Hinweise, dass hier dieser Druck nachlassen sollte. Und deshalb ist es sehr wichtig, dass wir zu umfassenderen Abkommen kommen und wir haben ja auch im Projekt Futuro aufgeführt, dass einerseits die Kooperation im Rechtshilfebereich sicher den internationalen Entwicklungen angepasst werden muss, aber auch im Rahmen von umfassenderen Abkommen. Und dafür müssen wir das Feld vorbereiten, dass solche umfassenderen Abkommen möglich sind, wo auch entsprechende Vorteile für den Wirtschaftsstandort Liechtenstein verhandelt werden können.
Wenn ich mir nun die Verhandlungen beim Betrugsbekämpfungsabkommen ansehe und die Revue passieren lasse, so ist es durchaus so, dass auch innerhalb der Europäischen Union die Staaten nicht alle dasselbe Niveau der Kooperation haben und auch nicht unbedingt haben wollen. Also, das wird eine europäische Diskussion sein und nicht nur eine Diskussion zwischen Liechtenstein und der Europäischen Union. Aber insgesamt noch einmal abschliessend: Wir müssen unsere Strategie dahingehend ausrichten, dass wir umfassende Abkommen erhalten und nicht nur begrenzt auf den Informationsaustausch im Steuerbereich. Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann gebe ich das Wort Frau Regierungsrätin Rita Kieber-Beck. Regierungsrätin Rita Kieber-Beck
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete. Ich möchte mich eingangs zuerst einmal bedanken auch im Namen der Regierung für die sehr wohlwollenden Voten zu diesem Schengen/Dublin-Abkommen.
Im Hinblick auf die angestrebte Assoziierung von Liechtenstein an Schengen und an Dublin ist sicher ein Denken in Alternativen sinnvoll und auch erlaubt. Es ist besonders die Frage auch zu stellen, ob die offenen Grenzen zur Schweiz im bisherigen Umfang auch ohne Assoziierung aufrechterhalten werden hätten können. Dies kann eventuell auch bejaht werden, allerdings geschähe dies unter erheblicher Einschränkung der liechtensteinischen Eigenständigkeit. Zumindest ein grosser Teil des relevanten Rechtsbestandes hätte ähnlich wie beim Zollvertrag über die Schweiz übernommen werden müssen. Das heisst ohne Mitspracherecht, ohne institutionelle Vertretung und ohne mögliche spezifische Anpassungen. Ganz abgesehen aber auch davon, dass dadurch eine doppelte Abhängigkeit von der EU und von der Schweiz entstanden wäre, wäre damit wohl auch ein problematisches Präjudiz zur zukünftigen europäischen Weiterentwicklung der Vertragswerke gesetzt worden.
Durch einige Assoziierungsverträge bzw. die entsprechenden Protokolle werden hingegen die Position Liechtensteins in den Beziehungen zur EU und zur Schweiz politisch und auch rechtlich gestärkt. Dies ist angesichts des vorherrschenden starken Integrationsgeschehens sicher als Gewinn anzusehen. Würde als weitere Alternative der Rechtsbestand von Schengen in keiner Weise übernommen, so wäre Liechtenstein in irgendeiner Form sicherlich damit konfrontiert, dass neue Grenzkontrollen irgendwelcher Art an der liechtensteinisch-schweizerischen Grenze bei Aufrechterhaltung der Zollgrenze eingeführt würden und trotzdem ein ständiger Druck zur Übernahme europäischer Standards - insbesondere auch im Rechtshilfebereich - ohne jegliche Beteiligungsrechte entstehen könnte.
Unserer Meinung nach ist nur eine Assoziierung eigenständiger Art geeignet, um auch politisch und rechtlich eine starke Stellung zu erhalten bei gleichzeitigen erheblichen, praktischen Vorteilen. Diese bestehen im weitestgehenden Wegfall der Grenzkontrollen im Personenverkehr mit dem Nachbarland Österreich, in klaren und weitgehenden rechtlichen Regelungen in der regionalen und in der internationalen polizeilichen Kooperation, in der Verbesserung im Asylbereich und in der Stärkung der Eigenstaatlichkeit, bei der Behandlung von Drittstaatangehörigen einschliesslich der Visaerteilung.
Als Belastung durch die Assoziierung an das Schengen-System sind vor allem umfassend neue Bereiche der quasi faktischen Gesetzesübernahme nicht zuletzt bei der Rechtshilfe und ein erheblicher personeller und finanzieller Aufwand zu nennen. Aber gerade im Hinblick auf diese eher unattraktiven Alternativen ergibt sich aus Sicht der Regierung gesamthaft eine positive Bewertung der Assoziierung Liechtensteins an Schengen und an Dublin. Die liechtensteinische Assoziierung an Schengen und Dublin, das heisst die Protokolle zu Schengen und Dublin, beruhen grunsätzlich auf dem Assoziierungsabkommen der Schweiz, namentlich dem Schengen-Assoziierungsabkommen SAA und dem Dublin-Assoziierungsabkommen DAA. Auch das SAA und das DAA sind miteinander verknüpft, denn Schengen und Dublin bilden - wie es auch bereits die Abg. Marlies Amann treffend festgestellt hat - ein untrennbares Paket. Diese beiden Abkommen werden durch ein Abkommen bzw. ein Protokoll mit Dänemark sowie durch ein Übereinkommen mit Norwegen und Island ergänzt, die ebenfalls mit dem Hauptabkommen verknüpft sind.
Das Fürstentum Liechtenstein muss mit Dänemark, also nur Schengen, sowie den beiden nicht EU-Mitgliedsländern Norwegen und Island, welche ebenfalls an Schengen assoziiert sind, noch ergänzende Abkommen abschliessen. Die Schweiz hat die entsprechenden Abkommen bereits abgeschlossen. Das Liechtenstein-Protokoll zum SAA bzw. DAA betreffend eine Beteiligung des Fürstentums Liechtenstein an der Schengen/Dublin-Zusammenarbeit ist grundsätzlich an das Bestehen der Hauptabkommen geknüpft. Die liechtensteinische Assoziierung kann nur in Kraft gesetzt werden, wenn die Abkommen der Schweiz sowie die Abkommen mit Dänemark, Norwegen und Island ebenfalls in Kraft gesetzt werden bzw. sind. Die Kündigungsklausel in Art. 11 Abs. 2 Schengen-Protokoll bzw. Dublin-Protokoll ermöglicht ein Aufrechterhalten der liechtensteinischen Assoziierung auch beim Wegfall bzw. bei einer Kündigung der Assoziierungsabkommen der Schweiz. Dies ist sicher als Vorteil zu sehen, weil wir dann auch eigenständig weiter in diesem Bereich sein könnten, wenn das der Wunsch ist.
Der Landtag wird mit den Anträgen, die gestellt werden, einmal das Schengen-Protokoll einschliesslich der Schlussakte und das Dublin-Protokoll einschliesslich der Schlussakte sowie das Dänemark-Protokoll genehmigen. Ausserdem beantragt die Regierung, der Landtag möge sie ermächtigen, die notwendigen Abkommen mit dem Königreich Norwegen und Island sowie mit Dänemark ohne weitere Befassung des Landtages abzuschliessen. Es handelt sich bei diesen weiteren Abkommen darum, dass Liechtenstein durch seine Mitgliedschaft bei Schengen und Dublin auch mit diesen Staaten, die auf jeweils eigenem Weg in das Schengen/Dublin-System eingebunden worden sind, in eine völkerrechtliche Beziehung tritt.In den Schlussakten zu den Assoziierungsprotokollen sind sämtliche einseitigen und gemeinsamen Erklärungen der Vertragsparteien zu den Abkommen enthalten. Bei diesen Erklärungen handelt es sich um Bestätigungen bzw. auch um Präzisierungen zu einzelnen Abkommensvorschriften bzw. zu Vorschriften des Dublin/Schengen-Besitzstandes oder aber um politische Absichtserklärungen, welche die Vertragsparteien im Zusammenhang mit den Assoziierungsprotokollen eingegangen sind. Gemäss Art. 31 der Wiener Vertragsrechtskonvention gehören diese Erklärungen zum jeweiligen Protokoll und sind bei der Auslegung derselben heranzuziehen. Diese Erklärungen werden vom Landtag auf dem Wege der Genehmigung der Schlussakten zu den Protokollen zu Schengen und Dublin genehmigt.
Ich möchte mich nochmals für diese positive Aufnahme bedanken. Ich werde jetzt nicht nochmals auf einzelne Bereiche eingehen, denn insbesondere die Abg. Marlies Amann-Marxer hat explizit zu den einzelnen Bereichen sowohl kritische wie auch positive Anmerkungen auch im Bereich der Weiterentwicklung gemacht. Regierungsrat Martin Meyer wird sicher noch Ausführungen zur Polizei und eventuell auch zu SIS machen - das nehme ich an. Danke.Regierungsrat Martin Meyer
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Ich möchte noch kurz ein paar Bemerkungen zur Fallbearbeitung und zum benötigten Personal machen: Es ist in der Tat so, dass die verschiedenen Amtsstellen verschiedene Personalanträge an die Regierung gerichtet haben. Es ist ja nicht nur die Landespolizei, die hier mehr Personal benötigt, es ist auch das Ausländer- und Passamt. Dort wird auch Personal benötigt. Es ist auch das Amt für Personal und Organisation im Bereich der Informatik und es ist insbesondere auch der Datenschutz, welcher innerhalb des ganzen Schengen-Raums eine grössere Bedeutung erhält, weil natürlich durch die verschiedenen Informationssysteme auch datenschutzrechtliche Regeln relevant werden.
Nun, die Regierung hat die Anträge der verschiedenen Amtsstellen geprüft und kommt ihrerseits zum Schluss, dass es sinnvoll ist, jetzt mit weniger Personal zu starten als ursprünglich beantragt wurde. Die Regierung hat das auch transparent im Bericht und Antrag ausgeführt. Wir sind der Überzeugung, dass wir zuerst mit der gesamten Umsetzung starten sollen bzw. wir haben bereits gestartet. Das Projekt ist bereits seit mehreren Wochen im Gang. Und der Personalbedarf, der jetzt beantragt wird, reicht, um dieses Projekt zu implementieren und danach auch die ersten Erfahrungswerte zu sammeln.
Was speziell noch zur Polizei und zum Ausländer- und Passamt zu sagen ist: Es ist richtig, hier hat es entsprechende Berechnungen gegeben. Hinter diesen Berechnungen stehen spezifische Mengengerüste. Die wurden unsererseits validiert und verifiziert. Je nachdem, wenn man die Annahmen verändert, ergibt sich dann auch ein anderer Personalbedarf. Und wir werden dann sehen, wenn die Systeme wirklich operativ geschalten werden, wie viel Datenmengen effektiv aufs Land zukommen und wie viel Datenmengen effektiv auch bearbeitet werden müssen. Heute haben wir Mengengerüste, das sind Erfahrungswerte aus anderen Ländern. Und je nachdem, wie hoch unser Automatisierungsgrad von den verschiedenen IT-Systemen ist und je nachdem, wie viele Umsetzungsschritte gemacht werden oder nicht, können sich diese Mengengerüste verändern oder nicht. Und wie gross die dann schlussendlich wirklich sind, das sehen wir dann am Abschluss des Implementierungsprojektes. Und dann wird auch der Zeitpunkt sein, wo wir dem Landtag selbstverständlich wieder Rechenschaft ablegen werden. Ich persönlich bin nämlich nicht überzeugt, ob diese Werte, wie sie jetzt auch die Polizei und das Ausländer- und Passamt beantragt haben, wirklich so stimmen oder ob es doch nicht am einen Ort weniger und am anderen Ort mehr Personal braucht.
Deshalb noch einmal: Die Regierung beantragt hier das minimal notwendige Personal. Mit diesen beantragten Personalressourcen ist es gut möglich, jetzt die Implementierungsphase zu bewältigen. Wir werden anschliessend Bericht erstatten, wenn diese Phase zu Ende ist, weil dann der Zeitpunkt da ist, wo wir effektiv sehen, wie das Tagesgeschäft läuft und wie die Erfahrungswerte sind. Aufgrund von den Erfahrungswerten kann man auch sagen, ob mehr Personal benötigt wird und wie hoch dann dieser zusätzliche Personalbedarf auch effektiv sein wird.Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank. Der Abg. Rudolf Lampert meldet sich noch zu Wort.Abg. Rudolf Lampert
Ich habe schon noch eine Frage. Frau Regierungsrat, Sie haben ausgeführt, dass mit Antrag 2 und so steht es auch hier, die Regierung ermächtigt werden soll, die notwendigen ergänzenden Abkommen mit dem Königreich Norwegen, Island und Dänemark abzuschliessen, ohne den Landtag weiters damit zu befassen. Ich habe hier meine Bedenken, die ich gerne hätte, wenn Sie diese zerstreuen. Nämlich seit 1992 gibt es ein Staatsvertragsreferendum in Liechtenstein. Das ist in Art. 66bis der Verfassung festgehalten, wo festgehalten wird: «Jeder Landtagsbeschluss, der die Zustimmung zu einem Staatsvertrag zum Gegenstand hat, unterliegt der Volksabstimmung, wenn diese beschlossen wird oder innerhalb von 30 Tagen das Referendum ergriffen wird». Ich weiss jetzt nicht, ob der Landtag diese Kompetenz einfach an die Regierung übergeben darf und damit ein Staatsvertragsreferendum ausschliesst. Ich habe einfach rechtliche Bedenken, die Sie unter Umständen geprüft haben, aber ich sehe hier das Problem, dass wir das Staatsvertragsreferendum ausschalten und möchte das eigentlich nicht, wenn das zweifelhaft ist. Aber vielleicht können Sie meine Bedenken zerstreuen.Regierungsrätin Rita Kieber-Beck
Danke, Herr Präsident. Die materiell-rechtlichen Bestimmungen gehen nicht weiter als das, was wir mit dem Schengen-Vertrag mit der EU eingehen oder mit der Schweiz. Norwegen und Island hat keine weiterreichenden Verpflichtungen gegenüber der EU und das bedeutet nur, dass wir - damit der Raum auch geschlossen als Schengen-Raum bezeichnet werden kann -, dass wir diese Verträge auch eingehen müssen. Sie haben angetönt, dass solche Staatsverträge der Volksabstimmung unterstellt werden können oder das Referendum dagegen ergriffen werden kann. Das stimmt. Abg. Rudolf Lampert
Ich habe schon richtig zitiert. Nur, mir geht es darum: Wenn diese Kompetenz an die Regierung delegiert wird, gibt es keinen Landtagsbeschluss, so wie es Art. 66bis vorsieht, und damit gibt es auch keine Referendumsmöglichkeit. Das sind meine Bedenken. Aber ich kann die jetzt einfach mal hier stehen lassen. Ich sehe allerdings, dass der Antrag 2 meines Erachtens so nicht durchgeführt werden dürfte. Aber ich kann damit leben, wenn die Regierung keine Bedenken hat.Regierungschef Otmar Hasler
Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren. Ich kann hier die Frau Regierungsrätin noch ergänzen. Wenn wir Schengen/Dublin beitreten, dann treten wir einem Rechtsraum bei. Und dazu gehören eben auch Norwegen, Island und Dänemark. Nur sind sie mit einem separaten Abkommen dort beigetreten, sodass wir auch ein Abkommen brauchen, das materiell dem entspricht und das wir hier dem Referendum unterstellen.
Wenn wir getrennt dann noch über diese Abkommen abstimmen liessen, dann würde ja das erste Abkommen wieder rückgängig gemacht. Wenn wir dem Schengen-Raum beitreten, beinhaltet das auch, dass Dänemark, Norwegen und Island ebenfalls zu dem Raum gehören. Ich denke, deshalb machen wir nichts Neues, sondern wir komplettieren eigentlich dieses Abkommen.Landtagsvizepräsident Ivo Klein
Danke schön, Herr Regierungschef. Ich denke, das Materielle ist das eine, das Formelle ist das andere. Und wenn wir hier formell einen neuen oder mehrere neue Staatsverträge haben, dann teile ich die Bedenken des Abg. Rudolf Lampert. Das muss ich hier sagen. Sie wurden bis dato auch nicht zerstreut. Ich frage mich: Wie gehen wir vor, wenn die EU erweitert wird? Dann haben wir hier ja auch eine EU-Erweiterung, die kommt in den Landtag und für mich ist das auch eine Erweiterung dieses Abkommens. Und für mich, formell, würde es sich schon anbieten, wenn wir diese dann separat behandelt würden. Ich gehe auch davon aus, dass das, weil es inhaltlich ja dasselbe ist, dass wir dem auch dann zustimmen. Aber formell sind das für mich eigene Staatsverträge. Und bis jetzt, wenn ich da nichts Neues höre, teile ich die Auffassung oder die Bedenken des Abg. Rudolf Lampert und würde auch bitten, dass wir dann das formell so machen.Abg. Rudolf Lampert
Es tut mir leid, Frau Regierungsrat, mir ist das erst jetzt aufgefallen, sonst hätte ich selbstverständlich Sie früher kontaktiert. Aber ich habe jetzt einfach vorhin, während Ihrer Ausführungen, diese Bedenken plötzlich gehabt. Wenn Sie diese Bedenken nicht haben und die Regierungsbank sich hier einig ist, habe ich eigentlich auch kein Problem. Ich wollte nur festhalten, dass das nicht versehentlich dann über die Runden geht. Aber meines Erachtens braucht es dann vielleicht irgendein StGH-Urteil - oder was auch immer. Ich glaube, es lohnt sich materiell nicht, sich hier darüber zu unterhalten. Es geht wirklich nur um einen formellen Akt und ich weiss nicht, ob dann das nicht kurzfristig in den Landtag kommen könnte, damit wir die Bedenken aus dem Weg geräumt haben und auch der Verfassung genüge getan haben.Landtagsvizepräsident Ivo Klein
Danke. Falls wir hier keine wirklich klare Rechtsmeinung bekommen, würde ich die Regierung bitten, diesen Punkt 2 zurückzunehmen, dass wir dann wirklich formell das im Landtag wieder behandeln können. Es wird materiell das Gleiche sein. Das ist mir bewusst. Aber dass wir das einfach sauber abhandeln.Regierungsrätin Rita Kieber-Beck
Danke, Herr Präsident. Ich wollte gerade an diesem Punkt einhaken. Wir werden das nochmals im Ressort Äusseres prüfen und auch der Frage nachgehen, ob wir dadurch formell nicht einen Fehler machen würden. Und wie gesagt, das habe ich eingangs auch erwähnt, materiell-rechtlich ändert sich daran nichts. Das ist ein Raum. Aber wir werden diese Frage nochmals prüfen.Landtagspräsident Klaus Wanger
Besten Dank. Dann können wir uns dem Finanzbeschluss vorerst zuwenden.
Ich bitte, mit der Lesung zu beginnen. Art. 1 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
Art. 1 steht zur Diskussion.
Abg. Rudolf Lampert
Herr Präsident, ich habe Ihren Abstimmungsvorgang mit meinen Bedenken über die Verfassung unterbrochen und ich glaube wir haben über die Abkommen noch nicht abgestimmt. Weil, wenn wir über die Abkommen abstimmen und diese nicht genehmigt werden, brauchen wir auch keinen Finanzbeschluss. Ich habe Ihren Abstimmungsvorgang vorhin unterbrochen. Sie wollten über die Abkommen abstimmen. Entschuldigung.Landtagspräsident Klaus Wanger
Ich wollte eigentlich zuerst über den Finanzbeschluss abstimmen lassen. Aber Sie haben Recht. Wenn Sie einverstanden sind, gehen wir mit dem Finanzbeschluss weiter und gehen dann zurück zum Antrag. Besten Dank für den Hinweis.Landtagsvizepräsident Ivo Klein
Danke schön. Jetzt wurde ein überarbeiteter Finanzbeschluss vorgelesen, wie wir das in der Finanzkommission besprochen haben. Ich persönlich habe diesen abgeänderten Finanzbeschluss aber nicht bekommen und meine Kollegen zu meiner Linken auch nicht. Aber ich bin froh, dass die Regierung den so abgeändert hat. Ich habe ihn akustisch verstanden. Ich möchte einfach bitten, dass wir den auch noch bekommen.Landtagspräsident Klaus Wanger
Das ist adressiert an Landtag, Landtagspräsident, c/o Landtagssekretariat. Dann müsste das mein Fehler sein. Ich muss Ihnen sagen, ich habe es nämlich auch nicht gehabt. Ich habe es bekommen vom Sekretariat. Entschuldigung, ich nehme das auf mich. Aber sind Sie einverstanden, dass wir mit diesem Finanzbeschluss fortfahren? Ich hatte ihn also auch nicht. Aber wahrscheinlich ist er bei mir oder im Sekretariat liegen geblieben. Aber auf alle Fälle seitens der Regierung ist er zugestellt und im Landtagssekretariat ist ein Stempel vom 20. Juni. Also das liegt diesmal nun nicht an der Regierung.
Dann steht Art. 1 zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Dann können wir fortfahren mit Art. 2. Art. 2 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
Art. 2 steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir lesen weiter.
Art. 3 wird verlesen.
Landtagspräsident Klaus Wanger
Art. 3 steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wer dem vorliegenden Finanzbeschluss über die Bewilligung eines Nachtragskredits zur Assoziierung Liechtensteins an die Systeme von Schengen und Dublin zustimmen will, möge bitte die Hand erheben.
Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann bitte ich, den Antrag der Regierung - mit Ausnahme von Punkt 2 - zu verlesen. Die Regierung hat ja erklärt, dass das noch abgeklärt wird und möglicherweise dann ein entsprechender Nachtrag dem Landtag unterbreitet wird.
Entschuldigung, die Frau Regierungsrätin Rita Kieber-Beck meldet sich noch zu Wort.Regierungsrätin Rita Kieber-Beck
Danke, Herr Präsident. Ich habe eigentlich nur eine kleine Frage: Wenn ich das bis morgen klären könnte und es wäre problemlos, dürfte ich dann einen Rückkommensantrag machen, damit wir die Verhandlungen dementsprechend fortsetzen können? Aber das wäre dann auch rechtlich so abgeklärt, dass Sie auf der sicheren Seite wären.Landtagspräsident Klaus Wanger
Ich möchte dieses zur Diskussion stellen. Nach meiner Ansicht könnte ich diesem Vorgehen ausnahmsweise zustimmen.Abg. Rudolf Lampert
Herr Präsident, nachdem ich vernommen habe, dass Sie nach diesem Traktandum die Sitzung unterbrechen wollen, würde ich eher vorschlagen, dass wir diese Abstimmung auf morgen vertagen. Dann brauchen wir keinen Rückkommensantrag und wir haben einfach dieses Traktandum morgen in einer Fünf-Minuten-Aktion erledigt. Ich sehe das eigentlich als gangbareren Weg als über einen Rückkommensantrag.Landtagspräsident Klaus Wanger
Dann haben wir schon wieder etwas Zeit gespart. Ich finde diesen Vorschlag gut und bedanke mich.
Damit schliesse ich die Sitzung bis morgen, Freitag, 9:00 Uhr. Die Sitzung ist geschlossen (um 24:00 Uhr).
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