Landtagsprotokolle des Liechtensteiner Landtags

Inhaltsverzeichnis

Kopfblatt

Traktandenseite

Startseite

7.	BEWILLIGUNG VON NACHTRAGSKREDITEN UND KREDITÜBERSCHREITUNGEN (IV/2008), (Nr. 113/2008)

8.	Statistikgesetz, 2. L.

9.	Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, 2. L.

10.	Datenschutzgesetz, 2. L.

11.	Polizeigesetz, 2. L.

12.	Ausländergesetz, 2. L.

13.	Flüchtlingsgesetz, 2. L.

14.	Landesbürgerrechtsgesetz und weitere Gesetze, 2. L.

15.	Waffengesetz und weitere Gesetze, 2. L.

16.	Schwerverkehrsabgabegesetz, 2. L.

17.	Anlagen I und II zum Zollvertrag

18.	Europäisches Übereinkommen, Entschädigung für Opfer von Gewalttaten

19.	Haager Übereinkommen, Beweisaufnahme Ausland Zivil- und Handelssachen

Genehmigung

Beschlussprotokoll

Verknüpfungen

Sitzungen -

Protokolltyp

Parlamentarische Eingänge

Abstimmmungsergebnisse

LR – Systematik

LGBl – Nummern

BuA Nummern

Kleine Anfragen Beantwortung

Sprecher

Europäisches Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten vom 24. November 1983 (Nr. 87/2008)

Landtagspräsident Klaus Wanger

Damit kommen wir zu Traktandum 18: Europäisches Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten vom 24. November 1983.
Der Bericht und Antrag Nr. 87/2008 steht zur Diskussion.

Abg. Gebhard Negele

Danke, Herr Präsident, werte Damen und Herren. Das gegenständliche Übereinkommen stammt aus der ältesten supranationalen Organisation, dem Europarat. Die Vorlage behandelt ein ureigenes Thema, dem sich der Europarat angenommen hat. Es geht um Gerechtigkeit und Solidarität für Opfer vorsätzlicher Gewalttaten. Dabei sind Opfer von Gewalttaten gemeint, welche eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben sowie um die unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen der infolge solcher Straftaten verstorbenen Opfer. Es geht somit darum, Regelungen zu treffen, wie diese Opfer durch den Staat zu entschädigen sind, in dessen Hoheitsgebiet solche Straftaten begangen wurden, vor allem dann, wenn die Täter nicht bekannt oder mittellos sind. Genau diese Anliegen sind Inhalt des Übereinkommens.Seit 1983 steht der Vertragstext und seit 1988 ist das Übereinkommen in Kraft. Derzeit sind 21 Europaratsmitgliedsländer dabei; die Schweiz bereits seit 1993 und Österreich als bisher letztes ratifizierendes Mitglied seit 2006. 10 weitere Staaten haben das Übereinkommen unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Liechtenstein ist eines dieser 10 Länder.
Wie aus der Vorlage ersichtlich ist, sind aufgrund diverser Vorarbeiten heute rechtlich und organisatorisch die Grundlagen in unserem Land geschaffen, diesem Vertragswerk beizutreten. In diesem Zusammenhang sind folgende Gesetze zu erwähnen:
Das Opferhilfegesetz, die Revision des Sexualstrafrechtes und die Abänderung der Strafprozessordnung im Bereich des prozessualen Opferschutzes. All diese Änderungen sind erfolgt aufgrund eines hohen Sensibilisierungsgrades zum Thema Opferschutz in Liechtenstein in den letzten Jahren. Das Opferhilfegesetz beispielsweise ist erst seit April dieses Jahres in Kraft.
Notwendig wird das Übereinkommen aber auch aufgrund der zunehmenden internationalen Mobilität. Durch diese Mobilität steigt das Risiko, im Ausland Opfer einer Straftat zu werden. Das Gleiche gilt natürlich auch für ausländische Opfer im Inland. Die Lücke des liechtensteinischen Opferschutzes kann mit der Ratifikation des Übereinkommens geschlossen werden.
Nicht nur Europaratsmitgliedsländer können diesem Übereinkommen beitreten. Da für die Vertragsstaaten eine einheitliche, unbürokratische und pragmatische Opferhilfe auch bei Terroranschlägen vor Ort sichergestellt wird, deklariert der Europarat das Übereinkommen seit dem 11. September 2001 als eines der Instrumente bei der Terrorismusbekämpfung.
Die Grundsätze des Übereinkommens sind einfach und einleuchtend. Der Staat, in dessen Hoheitsgebiet die Straftat begangen wurde, entschädigt das Opfer bzw. die von ihm abhängigen Hinterbliebenen. Allerdings nur dann, wenn eine Entschädigung nicht in vollem Umfange aus anderen Quellen geleistet werden kann.
Die personellen, finanziellen, organisatorischen und räumlichen Auswirkungen sind gemäss Antrag gering. Die Regierung hat sich diesbezüglich beim schweizerischen Bundesamt für Justiz erkundigt. Demnach können die meisten Fälle über das Opferhilfegesetz abgehandelt werden und tangieren deshalb das vorliegende Übereinkommen nicht.
Ich befürworte die Ratifizierung des Übereinkommens und bin stolz darauf, dass dies quasi zur 30-jährigen Mitgliedschaft des Landes Liechtenstein beim Europarat passieren kann. Liechtenstein kann diesem Abkommen als 22. Land beitreten.
Zum Schluss habe ich noch eine Bemerkung bzw. eine Frage an die Regierung: Der Europarat hat rund 200 europäische Übereinkommen verabschiedet. Liechtenstein ist Vertragspartei bei rund 80 Übereinkommen bzw. Protokollen. Ich bin mir nicht schlüssig darüber, ob diese Anzahl ein gutes oder ein weniger gutes Verhältnis ist. Ich finde es aber grundsätzlich richtig, dass Liechtenstein dann Vertragspartei wird, wenn ein Übereinkommen für uns - salopp gesagt - grössenverträglich ist. Ich gehe davon aus, dass die Regierung in einem dauernden Prozess jeweils die von uns nicht ratifizierten Übereinkommen überprüft, und wenn die Zeit reif ist, diese dem Landtag unterbreitet. Gerne erwarte ich von der Regierung diesbezüglich eine Auskunft. Vielen Dank.

Abg. Renate Wohlwend

Danke, Herr Präsident, liebe Kollegen. Mir bleibt ja fast nichts mehr zu sagen nach diesen sehr umfassenden Ausführungen des Abg. Gebhard Negele.
Ich ergänze noch damit, dass die Regierung im Bericht und Antrag festhält, es handle sich bei diesem Übereinkommen um das einzige derartige, nicht nur auf europäischer, sondern auf weltweiter Ebene. Das scheint für mich ein wichtiger Grund, nun, da wir die nationalen Gesetzesgrundlagen für eine Ratifizierung geschaffen haben, der Ratifizierung zuzustimmen.
Weiter denke ich, dass es unserem Land gut ansteht, einerseits im Falle einer auf liechtensteinischem Territorium geschehenen Gewalttat dem Opfer die im Abkommen geregelte Entschädigung zu leisten, andererseits einem Bürger unseres Landes, der Verbrechensopfer in einem Vertragsstaat würde, die Möglichkeit einer Schadenersatzanspruchsforderung einzuräumen. Aus diesen Gründen spreche ich mich für die Ratifizierung aus.

Landtagspräsident Klaus Wanger

Wenn es keine weiteren Wortmeldungen aus dem Plenum gibt, gebe ich das Wort Frau Regierungsrätin Rita Kieber-Beck.

Regierungsrätin Rita Kieber-Beck

Danke, Herr Präsident. Ich möchte mich eingangs für die sehr wohlwollende Aufnahme dieses Berichtes und Antrages bedanken. In der Tat setzen wir in Liechtenstein dem Ratifikationsprozess immer die innerstaatliche Gesetzgebung voraus. Hier wird explizit darauf hingewiesen, welche Gesetze geändert werden mussten, damit wir dieses Abkommen ratifizieren können. Wir legen sehr viel Wert darauf, dass, wenn wir Verpflichtungen eingehen, wir diese auch innerstaatlich erfüllen, damit wir auch verlässliche Partner im Sinne der Ratifikationsstaaten sind.
Ich gehe mit Ihnen einig, es dürfte vielleicht das eine oder andere Abkommen mehr sein. Aber wir sehen gerade im Bereich Terrorismusbekämpfung ein Beispiel, dem sich sowohl der Europarat wie auch die UNO angenommen hat. Dort haben wir 12 Abkommen und Zusatzprotokolle im Rahmen der UNO-Abkommen bereits ratifiziert und wir werden sicher auch in Kürze, wenn die innerstaatlichen Gesetzgebungen vorangeschritten sind und vom Landtag genehmigt wurden, weitere unterzeichnen können. Dazu zählt selbstverständlich auch der Europarat.

Landtagspräsident Klaus Wanger

Besten Dank. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen gibt, haben wir über den Antrag, den die Regierung an den Landtag richtet, zu befinden. Der Antrag der Regierung lautet wie folgt: «Der Landtag wolle der Ratifikation des Europäischen Übereinkommens über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten die Zustimmung erteilen».
Wer diesem Antrag Folge leisten will, möge bitte die Hand erheben.

Abstimmung: Einhellige Zustimmung

Landtagspräsident Klaus Wanger

Damit haben wir auch Traktandum 18 erledigt.

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