Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28. September 1954, Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30. August 1961 sowie Rücknahme der Vorbehalte zu Art. 17 und 24 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 sowie zu Art. 7 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 und zu Art. 24 Abs. 3 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966 (Nr. 25/2009)
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Wir kommen somit zu Traktandum 14: Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28. September 1954, Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30. August 1961 sowie Rücknahme der Vorbehalte zu Art. 17 und 24 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 sowie zu Art. 7 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 und zu Art. 24 Abs. 3 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966. Der Bericht und Antrag der Regierung trägt die Nr. 25/2009.
Gibt es Wortmeldungen? Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. Meine Damen und Herren Abgeordnete. «Die Inhaberin dieses Reisepasses ist Staatsbürgerin des Fürstentums Liechtenstein und kann jederzeit dorthin zurückkehren». So steht es in meinem Reisepass und garantiert mir somit die Sicherheit der Aufnahme und Akzeptanz in meiner Heimat, wann immer ich dort sein will. Es ist ein Dokument der Zugehörigkeit, der Verbundenheit und der Verbindlichkeit zwischen meinem Heimatland und mir als Person. Es gewährt mir auch den diplomatischen Schutz meines Heimatlandes, wenn ich mich im Ausland befinde. Dasselbe gilt für jeden Liechtensteiner Staatsbürger und jede Staatsbürgerin. Und auch jeder andere Staat gewährt seinen Staatsangehörigen Aufnahme, Recht und Schutz.
Demgegenüber steht die Definition des Begriffs «Staatenloser». Es handelt sich um eine Person, die kein Staat aufgrund seiner Gesetzgebung als seine Angehörige ansieht. Dem Staatenlosen gewährt kein Staat diplomatischen Schutz und kein Staat ist zu seiner Aufnahme verpflichtet. Die Definition selbst zeigt die ganze Härte dieser Situation auf. Sie ist unmenschlich.
Das Recht, einen Platz auf der Welt zu haben und dort ohne Einschränkung sein zu dürfen, ist nach menschlichem Empfinden ein natürliches Recht für jede Person. In der Erklärung der Menschenrechte heisst es bei Art. 15 dazu entsprechend einfach: «Jedermann hat das Recht auf eine Staatsangehörigkeit».
Dennoch gibt es weltweit eine grosse Zahl von Menschen, die kein Staat nach seinem Recht als Staatsangehörige anerkennt. Uns allen bekannt ist das Schicksal der Palästinenser als grosse staatenlose Volksgruppe. Durch politische Umwälzungen und Auflösung von Nationalstaaten mit willkürlichen neuen Grenzziehungen können grosse Menschengruppen auf allen Kontinenten den Schutz ihrer Heimat verlieren. Sie haben aufgrund der Gesetzgebung kein Anrecht auf die Staatsbürgerschaft, obwohl sie vielleicht seit vielen Generationen dort ansässig sind. Wir kennen die Beispiele von ethnischen Gruppen überall auf der Welt, die mehr oder weniger geduldet werden, die kein Staat aber als die Seinen ansehen will. Die Gründe für Staatenlosigkeit sind vielfältig. In manchen Ländern verhindert einfach eine fehlende Geburtenregistrierung die Anerkennung als Staatsangehörige.
Ein weiterer Grund neben manch anderen ist zum Beispiel die nationale Gesetzgebung, welche bestimmt, dass Frauen ihre Staatsbürgerschaft automatisch verlieren, wenn sie einen Mann anderer Nationalität heiraten. Falls es zur Scheidung kommt, ist die Frau möglicherweise staatenlos, da sie die alte Zugehörigkeit nicht mehr und die neue Staatsbürgerschaft noch nicht erhalten hat. Gerade dieses Beispiel dürfte in unserem Lande gut nachvollziehbar sein – ist es doch noch gar nicht lange her, dass solches auch für Liechtensteinerinnen zutreffen konnte. Doch in unserem Land wurde die Gesetzgebung in den vergangenen Jahrzehnten geändert und schrittweise angepasst. Die neuesten Anpassungen in Bezug auf Staatsbürgerschaft, Ausländer, Flüchtlinge und Staatenlose erfolgte bei verschiedenen Gesetzen im vergangenen Jahr.
Die beiden uns heute zur Genehmigung vorliegenden internationalen Übereinkommen betreffen die Rechtsstellung der staatenlosen Personen sowie die Verminderung der Staatenlosigkeit. Es sind alte Übereinkommen aus den Jahren 1954 und 1961, von denen wir damals nur das erste unterzeichnet, jedoch nicht ratifiziert hatten.
Obwohl zurzeit in unserem Land nur sechs staatenlose Personen leben und somit die Auswirkungen der Bestimmungen zum jetzigen Zeitpunkt gering sind, ist die Zustimmung zum Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen angebracht, handelt es sich doch um grundlegende Menschenrechte, welche staatenlosen Menschen in gleichem Ausmass zustehen sollen, wie sie den Flüchtlingen in unserem Land gewährt werden. Die Annahme der Übereinkommen bedeutet nicht eine Einbürgerung der staatenlosen Personen, sondern eine Stärkung ihrer Rechte und Gleichbehandlung mit Ausländern. Von Bedeutung wird dabei der normierte Reiseausweis sein, der gleichzeitig als Personalausweis für Staatenlose dient und ihre Mobilität erleichtern oder ermöglichen wird. Dem Abkommen sind bisher 63 Staaten beigetreten.
Die Artikel des zweiten Übereinkommens über die Verringerung der Zahl der Staatenlosen sollen Staatenlosigkeit bei Geburt verhindern. Personen, die eine effektive Verbindung zum Staat haben, durch Geburt, Abstammung oder Niederlassung, sollen die Möglichkeit des Erwerbs der Staatsbürgerschaft erhalten. Auch diesem Übereinkommen ist die Zustimmung zu erteilen.
Die Regierung schreibt in ihrem Bericht: «Durch die Revision des Landesbürgerrechtsgesetzes, das am 10. Dezember 2008 in Kraft getreten ist, sind die Voraussetzungen für die Annahme der beiden Übereinkommen geschaffen worden». Es wurden nämlich – auch gemäss diversen parlamentarischen Vorstössen der Vergangenheit - gezielt Bestimmungen zu Staatenlosen und Findelkindern in den Gesetzestext aufgenommen.
Zum dritten und letzten Antrag der Regierung: Im Bereich der Erwerbstätigkeit sollen Staatenlose und Flüchtlinge gleich behandelt werden, indem ihnen ausserhalb der Begrenzungsvorschriften für Ausländer eine Bewilligung erteilt wird. Dies entspricht der heutigen Gesetzgebung. Aus diesem Grunde ist der Rücknahme des Vorbehalts zuzustimmen, den die Regierung zu Art. 17 und 24 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vorschlägt und der aus dem Jahre 1951 stammt.
Wie im Bericht ausgeführt, sind für die Ratifikation der beiden Übereinkommen keine rechtlichen Anpassungen mehr erforderlich und es entstehen auch keine direkten finanziellen, räumlichen oder personellen Auswirkungen.
Die Lücke in unserem Land mit Bezug auf internationale Übereinkommen kann und soll somit heute im Bereich der Staatenlosigkeit geschlossen werden. Danke.Landtagsvizepräsidentin Renate Wohlwend
Danke, Herr Präsident. Ich will nur kurz betonen, dass es erfreulich ist, an diesem Beispiel zu sehen, dass wir immer zuerst die gesetzliche Grundlage beschliessen, bevor wir dann derartige Übereinkommen, seien sie auch wie in diesem Fall schon eher älteren Datums, ratifizieren. Erst nachdem wir zuletzt das Gesetz über das Landesbürgerrecht, welches dann den gesetzlichen Rahmen für Integration und Staatenlose gegeben hat, verabschiedet hatten und dieses in Kraft getreten ist, behandeln wir nun heute diese Übereinkommen. Und im gleichen Zug werden wir auch Vorbehalte, die zum Flüchtlingsgesetz gemacht worden sind, zurücknehmen. Ich bin durchaus dafür, die Anträge der Regierung zu unterstützen.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke. Wünscht die Regierung noch das Wort?Regierungsrätin Aurelia Frick
Herr Präsident, Damen und Herren Abgeordnete. Zuerst möchte ich den Abgeordneten Marlies Amann und Renate Wohlwend herzlich für die ausführliche Zusammenfassung danken. Nur noch ganz kurz, so ein bisschen als Abrundung, möchte ich sagen, dass mit der Ratifikation der Übereinkommen eine Lücke bezüglich der liechtensteinischen Mitgliedschaft bei den internationalen Übereinkommen zu Staatenlosen nun geschlossen werden kann. Und eben wie es auch die Abg. Renate Wohlwend vorhin gesagt hat, haben wir mit dem Landesbürgerrechtsgesetz, das letztes Jahr im Dezember in Kraft getreten ist, die rechtliche Grundlage dafür schaffen können, dass wir jetzt beitreten können. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke für die Ausführungen. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen gibt, können wir abstimmen. Ich weise noch darauf hin, dass die Regierung mit Schreiben vom 27. Mai 2009 den Antrag präzisiert hat.
Ich bitte, diesen Antrag der Regierung zu verlesen.
Der Antrag der Regierung lautet wie folgt: «Der Hohe Landtag wolle
a) dem Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28. September 1954;
b) dem Übereinkommen über die Verminderung der Fälle von Staatenlosigkeit vom 30. August 1961 und
c) der Rücknahme des Vorbehalts zu Art. 17 und 24 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951
die Zustimmung erteilen».Landtagspräsident Arthur Brunhart
Wer diesem Antrag zustimmen will, möge bitte jetzt seine Stimme abgeben. Abstimmung: Einhellige Zustimmung mit 20 Stimmen bei 20 Anwesenden
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Damit haben wir diesem Antrag mit 20 Ja-Stimmen bei 20 Anwesenden zugestimmt und gleichzeitig Traktandum 14 erledigt. -ooOoo-