Abänderung des Strafgesetzbuches (Nr.115/2009); [1. Lesung: 16. Dezember 2009] Stellungnahme der Regierung (Nr. 12/2010); 2. Lesung
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Wir kommen nun zu Traktandum 13: Abänderung des Strafgesetzbuches. Die 1. Lesung fand am 16. Dezember 2009 statt. Die Stellungnahme der Regierung trägt die Nr. 12/2010.
Wir behandeln die Vorlage heute in 2. Lesung. Ich schlage auch hier vor, dass wir die 2. Lesung per Artikelaufruf durchführen, wenn das nicht anders gewünscht wird.
Das ist nicht der Fall. Dann können wir mit der Lesung beginnen. § 165 Abs. 1 und 2 wird aufgerufen.
Landtagspräsident Arthur Brunhart
§ 165 Abs. 1 und 2 steht zur Diskussion.
Abg. Christian Batliner
Danke, Herr Präsident. Guten Morgen, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Ich habe einen Abänderungsantrag bezüglich § 165 Abs. 2 StGB. Ich möchte ihn wie folgt formulieren:
«Wer wissentlich Vermögensbestandteile, die aus einem Vergehen nach den §§ 223 und 224 und wer Vermögensbestandteile, die aus einem Verbrechen, einem Vergehen nach den §§ 180, 182, 278, 278d oder 304 bis 308, einem Vergehen nach Art. 83 bis 85 des Ausländergesetzes, einem Vergehen nach dem Betäubungsmittelgesetz oder einer Übertretung nach Art. 24 Marktmissbrauchsgesetz herrühren, an sich bringt, in Verwahrung nimmt, sei es, um die Bestandteile lediglich zu verwahren, diese anzulegen oder zu verwalten, solche Vermögensbestandteile umwandelt, verwertet oder einem Dritten überträgt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis 360 Tagessätzen zu bestrafen».
Die Problematik ist eigentlich bekannt. Wir haben alle ein Schreiben von der Treuhändervereinigung erhalten. Das ist darin eingehend begründet. Wir haben das auch gestern schon im nichtöffentlichen Landtag vordiskutiert. Ich möchte mich daher kurz fassen: Der Abänderungsantrag entspricht im Wesentlichen der österreichischen Vorlage, die notabene noch viel weiter geht als wie hier vorgeschlagen. Es geht um die Wissentlichkeit. Die Wissentlichkeit, wie hier vorgeschlagen, betrifft nur den Teilbereich der Urkundendelikte, bei welcher es in der Praxis immer wieder Abgrenzungs- und Interpretationsschwierigkeiten gibt. Die Aufnahme der Wissentlichkeit in diesen Bereich bedeutet keinen Rückschritt, wie dies die Regierung angibt, da der Status quo beibehalten wird. Die Wissentlichkeit wird nur bezüglich den neu als Vortat aufgenommen Urkundendelikten eingeführt. Nicht betroffen sind namentlich die Artikel wie die kriminelle Vereinigung, Terrorismusfinanzierung oder Verletzungen der Amtspflicht.
Es wird durch eine entsprechende Anpassung gewährleistet, dass gleiche Rahmenbedingungen herrschen, dass es keine Wettbewerbsnachteile gibt und insbesondere, dass unsere Finanzdienstleister nicht unnötig Gefahr laufen, kriminalisiert zu werden. Ich erachte eine entsprechende Abänderung auch nicht als problematisch. Die österreichische Vorlage wurde bis heute seitens der FATF nicht beanstandet. Im Dezember-Landtag wurde die Regierung beauftragt abzuklären, inwieweit Österreich diesbezüglich unter Druck kommt. Seitens der FATF in der Stellungnahme der Regierung kann ich daraus nichts entnehmen. Mir ist auch nicht bekannt aus Presse oder Internet, dass die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes beanstandet worden wäre. Mir ist auch nicht bekannt, dass in Österreich Schritte in die Wege geleitet wurden, den entsprechenden Strafartikel abzuändern. Alles in allem erachte ich den von der Treuhändervereinigung ins Feld geführten Vorschlag als absolut vertretbaren Kompromissvorschlag und bitte Sie, diesen zu unterstützen. Danke.Abg. Diana Hilti
Danke, Herr Präsident. Wir haben diese Sache ja gestern schon im nichtöffentlichen Landtag diskutiert. Ich habe bereits dort gesagt, dass ich Mühe mit dieser Abänderung habe. Zwar kann ich das Anliegen der Treuhändervereinigung durchaus verstehen. Ich denke aber, dass Liechtenstein in Bezug auf die Wissentlichkeit eine andere Vorgeschichte hat wie Österreich. Im Jahr 2000 hat der Landtag und die Regierung beschlossen, diese Wissentlichkeit im Art. 165 zu streichen, weil wir damals Probleme hatten, dass uns die FATF etc. vorgeworfen hat, dass wir eben keine Verurteilungen nach diesem Paragrafen haben. Genau dieses Problem hat meines Wissens nun Österreich. Die FATF wirft Österreich vor, dass hier keine Verurteilungen stattfinden. Deshalb tue ich mir sehr schwer, diese Vorlage, wie sie in Österreich jetzt ist, hier zu übernehmen, weil ich denke, Österreich wird über kurz oder lang unter Druck kommen. Ich denke, wir können es uns aussenpolitisch nicht leisten, dass wir auch unter Druck kommen. Danke.Abg. Christian Batliner
Danke, Herr Präsident. Ich möchte hier kurz entgegnen - und diese Informationen sind allgemein zugänglich, die stammen aus dem Internet. Wenn man sich vor Augen führt, warum es in Österreich nicht zu einer Verurteilung kommt, das hapert daran, dass sie die Sorgfaltspflichtbestimmungen anpassen müssen. Es wird kritisiert, dass Österreich die dritte EU-Geldwäschereirichtlinie nicht genügend umgesetzt hat. Der Umfang der Anforderung zur Identitätsfeststellung von Kunden wird kritisiert. Es wird kritisiert, dass die Bestimmungen zu Berichten über verdächtige Transaktionen erweitert werden müssen usw. Das sind alles Gebiete, in denen wir schon längst im Jahr 2000 unsere Hausaufgaben gemacht haben. Es geht um die Meldepflicht und im Rahmen des Sorgfaltspflichtgesetzes kann man uns nun wirklich nichts mehr vorwerfen.Abg. Harry Quaderer
Herr Landtagspräsident, guten Morgen. Ich kann mich hier sehr kurz fassen: Auch ich werde diesem Änderungsantrag nicht zustimmen. Ich glaube, ich kann die Argumentation der Abg. Hilti besser verstehen als die Argumentation des Abg. Batliner, weil ich glaube, das Risiko, dass wir mit diesem Änderungsantrag eine neue Flanke eröffnen, einen neuen Nebenschauplatz eröffnen, im guten Wissen, dass verschiedenste Organisationen ein Argusauge auf Liechtenstein werfen, da bin ich mir nicht bewusst, ob sich da die Treuhändervereinigung ein Feld eröffnet, das fatal werden könnte. Und ich kann Ihnen auch sagen: Der Brief kommt von der Treuhändervereinigung, aber er wird nach meinem Wissen ganz sicherlich nicht von allen Treuhändern unterstützt. Danke.Abg. Christian Batliner
Danke, Herr Präsident. Der Brief stammt von der Treuhändervereinigung. Inwieweit das innerhalb der Treuhändervereinigung abgestimmt ist, weiss ich nicht. Man muss hier ein bisschen unterscheiden:
In Abs. 1 geht es um das aktive Verbergen und Verschleiern und da wird keine Wissentlichkeit gefordert. Und im Abs. 2 geht es um das Verwahren. Und ich möchte einfach auch in Erinnerung rufen: Es geht nicht nur um die Treuhändervereinigung, es geht um sämtliche Finanzdienstleister. Es geht um Banken, es geht um Vermögensverwalter, es geht um Versicherungen. Alle sind davon betroffen und diese möchte ich nicht unnötig einer Gefahr der Kriminalisierung aussetzen. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Damit gebe ich das Wort an den Herrn Regierungschef.Regierungschef Klaus Tschütscher
Danke, Herr Präsident. Ich kann mich hier auch kurz fassen: Wir haben unsere klare Auffassung schon anlässlich der 1. Lesung dokumentiert. Wir haben dort auch dokumentiert, warum wir diese Vorlage im Dezember-Landtag gebracht haben, weil damals ein drohendes Listing für Liechtenstein auch bei der FATF zu Tage getreten ist. Wir haben das an vielen nichtöffentlichen Landtagssitzungen seit dem April letzten Jahres, als die G20 zusammengekommen ist, immer wieder diskutiert. Wir haben es zur Zeit geschafft - das haben wir auch diskutiert - auf keiner Liste zu sein und diesen Weg will die Regierung auch mit klarer Politik fortsetzen. Es geht hier weniger um eine rechtliche Frage, es geht um eine aussenpolitische Frage und eine Frage, was wir uns an Reputation leisten können oder wie wir diese ins Risiko ziehen. Die Regierung will keine neuen eigenen Reputationsrisiken schaffen. Ich habe das Ihnen ausgeführt, dass wir es mit sehr zeit- und personalintensiver Lobbying-Arbeit geschafft haben, dass wir aktuell keinem Überprüfungsmechanismus der FATF unterzogen werden, im Gegensatz zu Österreich. Und dass das auch so bleibt, dafür müssen wir diese Vorlage umsetzen und dafür müssen wir die Strafbarkeit der juristischen Personen möglichst rasch auch dem Landtag vorlegen und das auch ins Recht erwachsen lassen.
Österreich ist an der FATF-Plenarversammlung vor wenigen Wochen nicht nur getadelt, sondern gebrandmarkt worden. Und das als Beispiel heranzuziehen finde ich politisch nicht verantwortbar. Und unsere Reputation ist volatil. Wir haben jetzt zweimal Reputationskrisen in den letzten zehn Jahren erlebt. Eine dritte würde ich sagen, die überleben wir schlichtweg für den Finanzplatz nicht. Und ein solcher Schritt, wenn der Abänderungsantrag gesetzt würde, ein solcher Schritt ist international nicht erklärbar. Aber ich glaube, dann müssen auch diejenigen die Verantwortung dafür übernehmen, die hier mit dem eigenen hausgemachten Reputationsrisiko umgehen, wie es jetzt vorgeschlagen wäre. Die Regierung bittet den Landtag wirklich eindringlich, diesem Abänderungsantrag nicht zuzustimmen.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke für die Erläuterungen.Abg. Christian Batliner
Danke, Herr Präsident. Danke, Herr Regierungschef, für Ihre Ausführungen. Ich tue mir einfach schwer, Ihren Ausführungen zu folgen. Ich kann es irgendwo nachvollziehen, aber es wird immer irgendwo mit Ängsten gespielt. Und Sie sagen, Österreich wurde vor kurzem gebrandmarkt. Der Gesamtbericht bezüglich Österreich datiert, so wie er im Internet ist, vom 1.12.2009. Also das ist ein aktueller Bericht und dem kann ich einfach nichts entnehmen. Mich würde es absolut überraschen, wenn Österreich jetzt kurze Zeit nach dem Bericht gebrandmarkt wird. Sie haben mehr Informationen als ich, aber aus öffentlich zugänglichen Informationen ist einfach nichts erhältlich, dass Österreich gebrandmarkt wird. Der österreichische Gesetzgeber hat bis heute noch nicht reagiert und ich sehe keinen Grund, wieso wir von der bewährten Vorlage der Rezeption abweichen sollen. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Dann gebe ich das Wort dem Herrn Regierungschef.Regierungschef Klaus Tschütscher
Das kann ich kurz machen: Wir haben eben auch Informationen, die nicht öffentlich zugänglich sind, weil wir uns auch in diesen Kreisen, wie ich auch gestern im nichtöffentlichen Landtag ausgeführt habe, intensiv in Kreisen dort bewegen. Da können wir jetzt, glaube ich, Argumente hin und her austauschen, Sie werden mir nicht glauben - das habe ich jetzt schon herausgehört. Ich hoffe aber, dass mir die Mehrheit des Landtags Glauben schenkt. Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke für die Erläuterungen. Wenn aus dem Plenum keine weiteren Wortmeldungen zu verzeichnen sind, können wir uns dem Antrag des Abg. Christian Batliner zuwenden. Er schlägt vor, § 165 Abs. 1 abzuändern. Ich bitte Sie, Herr Abg. Christian Batliner, Ihren Antrag noch einmal vorzulesen, damit wir genau wissen, über was wir abstimmen. Abg. Christian Batliner
Einfach zur Richtigstellung: Mein Antrag betrifft Abs. 2Landtagspräsident Arthur Brunhart
Abs. 2, Entschuldigung. Abg. Christian Batliner
Der Antrag lautet wie folgt: «Wer wissentlich Vermögensbestandteile, die aus einem Vergehen nach den §§ 223 und 224 und wer Vermögensbestandteile, die aus einem Verbrechen, einem Vergehen nach den §§ 180, 182, 278, 278d oder 304 bis 308, einem Vergehen nach Art. 83 bis 85 des Ausländergesetzes, einem Vergehen nach dem Betäubungsmittelgesetz oder einer Übertretung nach Art. 24 des Marktmissbrauchsgesetzes herrühren, an sich bringt, in Verwahrung nimmt, sei es um diese Bestandteile lediglich zu verwahren, diese anzulegen oder zu verwalten, solche Vermögensbestandsteile umwandelt, verwertet oder einem Dritten überträgt, ist mit Freihheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen».Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke. Dann stimmen wir ab: Wer mit diesem Abänderungsantrag einverstanden ist, möge bitte jetzt die Stimme abgeben. Abstimmung: 7 Stimmen
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Damit ist diesem Antrag mit 7 Stimmen bei 25 Anwesenden nicht stattgegeben und wir können nun über § 165 Abs. 1 und 2 in der vorliegenden Form abstimmen: Wer mit § 165 Abs. 1 und 2 einverstanden ist, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 18 Stimmen
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Damit haben wir mit 18 Stimmen bei 25 Anwesenden zugestimmt und wir lesen weiter. II. wird aufgerufen.
Landtagspräsident Arthur Brunhart
II. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge bitte jetzt die Stimme abgeben.
Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 23 Stimmen
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Wir haben mit 23 Stimmen bei 25 Anwesenden zugestimmt und wir kommen damit zur Schlussabstimmung: Wer dem Gesetz über die Abänderung des Strafgesetzbuches die Zustimmung erteilen möchte, möge bitte jetzt die Stimme abgeben. Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 21 Stimmen
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Wir haben mit 21 Stimmen bei 25 Anwesenden zugestimmt und damit Traktandum 13 erledigt. -ooOoo-