Beschluss Nr. 147/2009 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen), (Nr. 62/2010)
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Wir kommen zu Traktandum 28: Beschluss Nr. 147/2009 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses.
Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 62/2010 und steht zur Diskussion.Abg. Doris Frommelt
Danke, Herr Präsident. Beim vorliegenden Bericht und Antrag geht es um die EU-Richtlinie 2004/113/EG, die zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen und deren Umsetzung in liechtensteinisches Recht beiträgt. Der Gemeinsame EWR-Ausschuss hat die Übernahme dieser Richtlinie nach jahrelangen Diskussionen bezüglich Pro- und Kontra-Gründe für die EWR-Relevanz beschlossen. Aus diesem Grund muss das liechtensteinische Gleichstellungsgesetz sowie das Gesetz über die Vermittlerämter und das Gesetz über den Versicherungsvertrag abgeändert werden.
Bei der Richtlinie geht es um das Verbot jeglicher geschlechtsspezifischer Diskriminierung bei Waren und Dienstleistungen. So ist die Schlechterstellung aufgrund von Schwangerschaft oder Mutterschaft, Belästigung, sexueller Belästigung und die Aufforderung zur Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes verboten. Durch diese Richtlinie sind lediglich Mindestanforderungen festgelegt. Relevant wird dieses Verbot vor allem im Versicherungsbereich bei der Prämienberechnung und bei Versicherungsleistungen, wo Frauen und Männer gleich behandelt werden müssen. Vor allem dürfen die Risiken bei Schwangerschaft oder Mutterschaft bei den Versicherungskosten nicht den Frauen allein zugeordnet werden.
Aus der Stellungnahme des Versicherungsverbandes geht hervor, dass er wie andere europäische Interessenvertreter zum Richtlinienvorschlag kritisch eingestellt ist und für - ich zitiere: «sachlich gerechtfertigte Prämienunterschiede zwischen Mann und Frau plädiert». Weiters heisst es auf Seite 13 im Bericht und Antrag zur Stellungnahme der Verbände, dass - ich zitiere: «Die verabschiedete Version der Richtlinie nun eine entsprechende Ausnahmemöglichkeit vorsieht, was folglich keine gravierenden Auswirkungen für die hiesige Versicherungsbranche mit sich bringen wird».
Ich bitte die Regierung, dazu genauer zu erläutern, was mit diesen Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgebot, wie sie auch auf Seite 11 kurz genannt werden, gemeint ist. Vor allem interessiert mich, ob die Krankenversicherungsprämien für Frauen und Männer gleich berechnet werden.
Ich danke der Regierung für die Präzisierungen und spreche mich für die Zustimmung zum Beschluss aus. Abg. Marlies Amann-Marxer
Danke, Herr Präsident. Mein Votum geht in dieselbe Richtung, wie das der Abg. Doris Frommelt. Die Übernahme der EU-Richtlinie betreffend die Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen durch den Gemeinsamen EWR-Ausschuss erfolgte nicht ganz reibungslos. Es wurde von den Beteiligten die mangelnde EWR-Relevanz dieser Richtlinie festgestellt, da die zugrunde liegenden Anti-Diskriminierungsrichtlinien nicht ins EWR-Abkommen übernommen worden waren. Ende des vergangenen Jahres kam es dennoch zum Übernahmebeschluss, allerdings mit der zusätzlichen Gemeinsamen Erklärung der Vertragsparteien, dass die Übernahme dieser Richtlinie nicht als Präjudiz für eine generelle Ausweitung des EWR-Abkommens dienen kann. Ich begrüsse beide Entscheide, nämlich die Übernahme der Richtlinie einerseits als auch die Gemeinsame Erklärung als Absicherung gegen eine generelle Ausweitung des Anwendungsbereichs des Abkommens.
Die Übernahme dieser Anti-Diskriminierungs-Richtlinie samt Gemeinsamer Erklärung zum Schutz vor einer Ausweitung des Geltungsbereichs ist sinnvoll und unterstützenswert. Ich betrachte die Übernahme dieser Richtlinie als einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung von Mann und Frau. Die Richtlinie entspricht nämlich der grundsätzlichen Ausrichtung der liechtensteinischen Gesetzgebung zur Gleichstellung. Konkret wird es bei der Umsetzung dieser Richtlinie darum gehen, jegliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen zu untersagen. Insbesondere im Versicherungsbereich wird es nicht mehr zulässig sein, unterschiedliche Prämien und Leistungen aufgrund des Geschlechts zu berechnen. Ausnahmen sind dort möglich, wo Prämienunterschiede zwischen Mann und Frau «sachlich gerechtfertigt» sind.
Wie schon die Abg. Doris Frommelt erwähnt hat, hat der liechtensteinische Versicherungsverband sich laut Bericht und Antrag in seiner Stellungnahme dahingehend geäussert, dass mit der Übernahme der Richtlinie und mit der Ausnahmemöglichkeit keine gravierenden Auswirkungen zu erwarten sind und dass auf dem Exportmarkt ohnehin eine Anpassung an das europäische Umfeld notwendig sei.
Die EU empfiehlt den Vertragsstaaten, eine Anlaufstelle einzurichten für die Analyse von Problemen und für die Unterstützung und Beratung von betroffenen Diskriminierungsopfern. Diese Aufgabe kann auf das bereits bestehende Gleichstellungsbüro übertragen werden. Zusätzliche personelle und finanzielle Belastungen sind nicht zu erwarten.
Für die Umsetzung der Richtlinie ist die Zeit wegen der langen Vorgespräche der Vertragsparteien nun etwas knapp geworden - sie läuft eigentlich Ende dieses Monats aus. Die Regierung plant denn auch die Abänderungen im Gleichstellungsgesetz und im Vermittleramtsgesetz in diesen Tagen in die Vernehmlassung zu schicken, sodass mit einer Umsetzung in Bälde gerechnet werden kann.
Ich empfehle, dem Beschluss Nr. 147/2009 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses die Zustimmung zu erteilen. Danke.
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke. Ich gebe das Wort an den Herrn Regierungschef. Regierungschef Klaus Tschütscher
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete. Die Richtlinie sieht absolute Ausschlussgründe einer Diskriminierung vor. Das haben wir auch im Bericht und Antrag so ausgeführt. Dazu zählen etwa die Schwangerschaft oder die Mutterschaft. Das sind Gründe, bei denen man nicht diskriminieren darf. Was weiterhin zulässig sein wird, das sind versicherungsmathematische Gründe. Das dürfte die Lebenserwartung und ähnliche Dinge sein. Das ist aber Gegenstand der Abklärungen seitens der Regierung. Wir haben einen Experten damit beauftragt, damit wird dann auch bei der Umsetzung der Richtlinie, wie wir das auf der Seite 12 vorgeschlagen haben im Gleichstellungsgesetz, dann auch genau diese Auskünfte schon im Vernehmlassungsverfahren vorlegen können.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke für diese Ausführungen.Abg. Doris Frommelt
Danke, Herr Regierungschef. Darf ich noch einmal rückfragen? Es heisst in der Stellungnahme der Verbände, dass «die verabschiedete Version der Richtlinie nun eine entsprechende Ausnahmemöglichkeit vorsieht». Ist diese Ausnahmemöglichkeit eben diese versicherungsmathematischen Gründe, wie zum Beispiel das Lebensalter? Und dann steht weiter: «was folglich keine gravierenden Auswirkungen für die hiesige Versicherungsbranche mit sich bringen wird.» So heisst es auf Seite 13 im Bericht und Antrag. Da habe ich eben meine Verständnisprobleme. Regierungschef Klaus Tschütscher
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete. Ich muss Sie hier auf die Randziffern 16 ff. verweisen in der Richtlinie. Dort steht dann unter der Randziffer 19, dass bestimmte Risikokategorien bei Männern und Frauen unterschiedlich sein können. In einigen Fällen ist das Geschlecht ein bestimmender Faktor bei der Beurteilung der versicherten Risiken, wenn auch nicht unbedigt der einzige. Und das analysieren wir jetzt, wo das eben noch zulässig sein darf.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke für diese Erläuterungen. Wenn keine Wortmeldungen mehr sind, können wir uns dem Antrag der Regierung zuwenden, der wie folgt lautet:
«Der Hohe Landtag wolle dem Beschluss Nr. 147/2009 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses die Zustimmung erteilen».
Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, möge bitte jetzt die Stimme abgeben. Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Damit hat der Landtag einhellig mit 23 Stimmen bei 23 Anwesenden die Zustimmung erteilt. Wir haben somit Traktandum 28 abgeschlossen. -ooOoo-