REVISION DES SCHEIDUNGS- UND TRENNUNGSRECHTES (EHEGESETZ) SOWIE ENTSPRECHENDE ÄNDERUNGEN DER ZIVILPROZESSORDNUNG, DER JURISDIKTIONSNORM UND DES LANDESBÜRGERRECHTS (NR. 21/1998), 1. LESUNG
Landtagspräsident Peter Wolff:
Damit kommen wir zu Traktandum 24: Bericht und Antrag der Regierung über die Revision des Scheidungs- und Trennungsrechtes, Abänderung des Ehegesetzes, der Zivilprozessordnung und weiterer Gesetze. Bericht und Antrag der Regierung stehen zur Diskussion.Abg. Peter Sprenger:
Herr Präsident, Dame und Herren Kollegen. Um die Bedeutung der Vorlage vorwegzunehmen, sei festgehalten, dass die zur Behandlung anstehende Novelle des Scheidungs- und Trennungsrechtes der dritte grosse Meilenstein im Bereich des Scheidungsrechtes in unserem Land ist. 24 Jahre nach der erstmaligen Einführung der Scheidung im Jahre 1974 und nachdem zu Beginn dieses Jahrzehnts die Aufteilung des während der Ehe erzielten Vermögenszuwachses eingeführt wurde, erhält Liechtenstein erstmals ein Scheidungsrecht, das das Attribut "modern" auch unter Anlegung strengster Kriterien verdient. Berücksichtigen wir die Tatsache, dass die Revision des schweizerischen Scheidungsrechtes deutlich mehr als 30 Jahre gedauert hat und erst kurz vor dem Abschluss steht, so braucht sich unser Land und insbesondere unsere Regierung des heute in 1. Lesung zu behandelnden Berichtes und Antrages nicht zu schämen. Auch wenn über Detailfragen durchaus heftig debattiert werden wird - auch ich werde mich zu einzelnen Artikeln mehrfach zu Wort melden - , darf ohne Übertreibung festgestellt werden, dass die allgemeine Richtung der Novelle stimmt. Der Wurf ist eindeutig gelungen. Dafür gebührt der Regierung unser Respekt.Die Einführung des Zerrüttungsprinzips anstelle des antiquierten Verschuldensprinzips ist zu begrüssen und entspricht einer alten Forderung, die schon vor Jahren, auch vom Sprechenden, erhoben wurde. Dieser Systemwechsel hat ein verschuldensunabhängiges Scheidungssystem zur Folge, indem sowohl die Scheidungsgründe als auch die Nebenfolgen der Scheidung unter objektiven Kriterien geprüft werden. Besonders hervorzuheben ist die Einführung der einvernehmlichen Scheidung auf gemeinsames Begehren, die in der juristischen Literaturkurz Konventionalscheidung genannt wird. Damit wird die Rechtswirklichkeit wieder in Einklang mit dem Gesetzesbuchstaben gebracht.Eine weitere erwähnenswerte Neuerung ist die Vereinheitlichung des Verfahrens, die sich einerseits in der Anwendung der gleichen Verfahrensart für alle Scheidungsarten und andererseits in der Abschaffung der Zweiteilung der Kompetenzen manifestiert. Bisher war der Trennungs- bzw. Scheidungsrichter für die Hauptfolge Trennung bzw. Scheidung der Ehe und die Regelung aller Nebenfolgen zuständig und der Pflegschaftsrichter für alle Fragen die Kinder betreffend.Der einzige Wehrmutstropfen der Vorlage ist die Tatsache, dass Anwartschaften aus dem Bereich des Gesetzes über die betriebliche Personalvorsorge, kurz 2. Säule genannt, im Zuge dieser Novelle nicht berücksichtigt werden konnten. Die Regierung hat glaubhaft dargetan, dass sie derzeit mit Abklärungen befasst ist, die noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, und deshalb die jetzt zur Debatte stehende Revision nicht weiter verzögert werden soll. Ich bin der festen Ansicht, dass die Regierung dem Parlament diesbezüglich im Wort ist und erwarte von der Regierungsbank eine prioritäre Behandlung dieses Anliegens. Konkret darf ich dem Wunsch Ausdruck verleihen, dass dieses Manko bis in spätestens zwei Jahren durch eine gesetzliche Verankerung behoben ist.Gerne halte ich fest, dass es mich noch selten so gefreut hat, dass durch den berühmten Strich des Gesetzgebers für einmal nur eine Dissertation und nicht eine ganze Bibliothek zur ebenso sprichwörtlichen Makulatur wird. Alle wirklich wichtigen Reformanliegen, die ich in meiner Doktorarbeit zum liechtensteinischen Scheidungsrecht aufgelistet hatte, sind in der gegenständlichen Novelle berücksichtigt und einer sinnvollen Lösung zugeführt worden. Die Regierung hat rasch, effizient und durchaus auf der Höhe der derzeitig herrschenden Lehre- und Rechtsprechung gearbeitet. Dabei war es nicht notwendig, das Rad neu zu erfinden, sondern sie hat, durchaus zu Recht, das neue schweizerische Scheidungsrecht, derzeit eine der modernsten Regelungen im einschlägigen Bereich überhaupt, als Rezeptionsgrundlage herangezogen. Wo es angezeigt erschien, hat sie sich aber auch nicht gescheut, im Sinne von eigenständigen Lösungen von der Vorlage abzuweichen. Darüber hinaus hat sie richtigerweise Änderungsvorschläge, die im Zuge der Vernehmlassung eingebracht wurden, berücksichtigt. Chapeau.Die umweltgerechte Entsorgung der paar wenigen Exemplare meiner Dissertation, die noch in meinem Archiv lagern, werde ich daher leichten Herzens veranlassen. Bevor ich dies tue, gestatten Sie mir, in einem Anflug von Selbstbeweihräucherung noch ein letztes Mal daraus zu zitieren. Auf Seite 333 habe ich zu Beginn der 80-er Jahre die auf 1.6.74 eingeführte Scheidungsmöglichkeit als Schritt vom Mittelalter an den Anfang des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Zitat: "Der Schritt in die Gegenwart, ans Ende des 20. Jahrhunderts, wird wohl noch geraume Zeit auf sich warten lassen." Durch die zur Behandlung anstehende Novelle bin ich diesbezüglichwiderlegt. Mit diesem Stigma kann ich allerdings ausgezeichnet leben. Ich beantrage daher leichten Herzens und gerne Eintreten auf die Gesetzesvorlagen.Abg. Gabriel Marxer:
Herr Präsident, meine Damen und Herren. Schon sehr lange wird die derzeit geltende gesetzliche Regelung des Ehetrennungs- und Scheidungsrechts von einem sehr grossen Teil der liechtensteinischen Bevölkerung als unzeitgemäss empfunden und auch als revisionsbedürftig angesehen. Manche sprechen auch von rückständig und davon, dass unser Ehegesetz, das im Wesentlichen immer noch auf der Reform vom 13. Dezember 1973 aufbaut, ein von vornherein total veraltetes Gesetz war. Da trotz dieser praktisch allgemein verbreiteten Meinung über längere Zeit nicht zu beobachten war, dass eine Änderung ernsthaft und konkret in Angriff genommen worden wäre, wurde im Jahre 1995 die Regierung ausdrücklich eingeladen, nun eine Reform endlich in die Hand zu nehmen. Und heute liegt ein entsprechender Bericht und Antrag vor.Leider weiss ich zu genau, wovon ich spreche, wenn ich Ihnen jetzt sage, dass das vielen Bürgern unseres Landes viel zu lange gedauert hat. Aber eben, gut Ding braucht Weile. Und die relativ lange Zeit erklärt sich auch durch den Inhalt des jetzigen Gesetzesentwurfes. Er räumt ziemlich radikal auf mit der liechtensteinischen Tradition, hinsichtlich des Modernisierungsgrades des Ehetrennungs- oder Ehescheidungsrechtes dauernd eines der Schlusslichter Europas darzustellen und selbst nach deutlichen Revisionen sich immer noch nicht weiter als ins hintere Mittelfeld vorgewagt zu haben. Das kann man von dieser Regierungsvorlage nun wirklich nicht sagen. Wenn sie in der vorliegenden Form verwirklicht wird, verfügt Liechtenstein über eines der fortschrittlichsten Ehescheidungsrechte.Der Regierungsbericht geht auch wesentlich über die Einladung des Postulats von 1995 hinaus. Er eröffnet nicht nur endlich die einvernehmliche Scheidung, sondern versucht gleich das Verschuldensprinzip in diesem Bereich überhaupt zu eliminieren, und zwar auch bei einer streitigen Ehescheidung. Dem Argument, dass im Streitfall ein gerechtes Urteil zu den Folgen der Ehescheidung nur unter Berücksichtigung des Verschuldens möglich sei, wird von der Regierung entgegengehalten, dass dies dem Partnerschaftsprinzip widerspreche. Die Beiträge, die jeder Ehegatte nach der von ihnen selbst zu bestimmenden Aufgabenteilung in einer bestehenden Ehe, nach dem geltenden Ehegesetz nach Art. 43, zu erbringen hat, sind als gleichwertig anzusehen. Dass im Falle der Scheidung insbesondere die Frage des nachehelichen Unterhalts verschuldensabhängig ausgesprochen werden sollte, widerspreche eben diesem Prinzip, und ausserdem, es sei mit Art. 68 der Vorlage ein geeignetes Instrument vorhanden, um Missbräuche hintanzuhaltenDass dann das alles doch nicht so heiss gegessen werden kann, wie es gekocht wird, bestätigt sich jedoch auch bei dieser Vorlage. Ein Beispiel ist der Art. 56, der die Scheidung infolge Unzumutbarkeit behandelt. Die erheblichen Gründe, die die Unzumutbarkeit bewirken und überwiegend dem Beklagten zuzurechnen sein müssen, stellen in Tat und Wahrheit nichts anderes als ein ehewidriges Verhalten dar, wie wir es auch heute kennen. Mit anderen Worten also ein Verhalten, das nicht mehr im Einklang mit dem Eherecht steht und daher rechtswidrig ist. Fälle, in denen ehewidriges Verhalten infolge objektiver Umstände wie Krankheit oder Zurechnungsunfähigkeit nicht subjektiv zurechenbar sind, werden die absolute Ausnahme bilden. Und so wird auch fortan ehewidriges Verhalten letztlich schuldhaft sein. Es wird bloss nicht mehr als schuldhaft bezeichnet werden, sondern neu halt als unzumutbar beschrieben werden.Auch die Regierung kommt nicht an dem Faktum vorbei, dass eine problemlose und entemotionalisierte Scheidung eben nur einvernehmlich erfolgen hat, und eine Scheidung auf Klage letztlich halt immer noch dazu führen wird, dass die viel zitierte schmutzige Wäsche vor Gericht zu waschen sein wird.Mit diesem Art. 56 sind wir dann auch bei einem weiteren Problem. In ihrem Bericht führt die Regierung aus, dass die Unzumutbarkeit immer unter Berücksichtigung der dreijährigen Trennungsfrist von Art. 55 zu beurteilen ist. Weiter soll der Scheidungsgrund der Unzumutbarkeit nur jene Fälle abdecken, in welchen es den betroffenen Ehegatten nicht zugemutet werden könne, die dreijährige Frist des Art. 55 - die Scheidung infolge des dreijährigen Getrenntlebens - abzuwarten. Da ist dann doch einiges verdreht worden. Das Getrenntleben ist doch bis auf ganz wenige - wenn es solche überhaupt gibt - Ausnahmefälle die Folge davon, dass die Ehegatten ein Zusammenleben eben als unzumutbar erachten. Bei einer Scheidung auf Klage ist es deshalb verkehrt, dass gerade der Tatbestand des Getrenntlebens prioritär zu den Unzumutbarkeitsgründen gelten soll. Das müsste also wirklich umgekehrt sein. Das Gesetz sollte nicht die Schaffung faktischer Gegebenheiten favorisieren, die nicht mit den rechtlichen und tatsächlichen Lebensverhältnissen übereinstimmen.Im Zusammenhang mit der verschuldensunabhängigen Regelung der Scheidungsfolgen, insbesondere mit Art. 70 Abs. 2, fällt dann auch auf, dass sich die Regierung mit dieser Vorlage von der Vorstellung einer Ehe als einer dauerhaften Lebensgemeinschaft, verabschiedet hat und nun die Ehe ganz offenbar nur noch als Lebensabschnittsgemeinschaft ansieht. Vielleicht bin ich etwas zu traditionell eingestellt, meine Dame und Herren. Ich habe aber halt einige Mühe mit diesem Gesinnungswandel, selbst wenn die Logik für ihn spricht. Das führt dann auch dazu, dass selbst eine später erzielte positive Veränderung in den einkommensrechtlichen Verhältnissen von getrennten oder geschiedenen Ehegatten, die ja oftmals auf Umständen basieren wird, die während dem aufrechten Bestand der Ehe gesetzt wurden und zu denen der unterhaltsberechtigte Ehegatte regelmässigmitbeigetragen hat, dass diese sich zukünftig im Unterhalt nicht mehr auswirken wird.Die Bemessung des Unterhalts richtet sich grundsätzlich eben nur nach den Verhältnissen, die während der Ehe herrschten, und die neue Dogmatik fordert - wie es die Regierung in ihrem Bericht ausdrückt - dass eine über die Ehe hinausgehende Wirtschaftsgemeinschaft so weit wie möglich zu verhindern ist. Wie gesagt, hat dies zwar die Logik für sich, ich konnte mich allerdings noch nicht ganz daran gewöhnen.Grundsätzlich finde ich die Regierungsvorlage für gelungen. Ich stimme dem Kollegen Sprenger da sicher zu. Kopfzerbrechen bereitet mir noch etwas der Fleckenteppich von Rezeptionen aus verschiedenartigen Ländern und Systemen. Es ist auch für jemand, der mit der Praxis der Ehetrennung laufend zu tun hat, äusserst schwierig, abzusehen, wo sich daraus dann die Bruchstellen ergeben. Erst die folgende Praxis, welche die vorausdenkende Theorie eben nur allzu gerne in den Schatten stellt, wird hoffentlich zeigen, dass mein Unbehagen hier unbegründet war.Frauen aller politischen Lagen in Liechtenstein sowie das Frauenhaus, der Verein für Bildungsarbeit für Frauen und die INFRA kritisieren dann in einem in den Zeitungen erschienenen Artikel diese Vorlage dahingehend, dass sie Fraueninteressen auf die lange Bank schiebe, und meinen damit insbesondere, dass die private Rentenvorsorge im Bereich der 2. Säule, der Altersvorsorge, nicht in diese Revision miteinbezogen worden ist, obwohl das Problem der derzeit noch nicht aufgeteilten Rentenanwartschaft von der Regierung doch anerkannt werde. Ich verstehe diese Frauen. Bei einer so intensiv vorbereiteten Revision ist es schwierig, einzusehen, zumal offenbar in der Vernehmlassung ausdrücklich und mehrfach darauf hingewiesen worden ist, dass diese Abänderung des materiellen Eherechts nicht auch gleich in diese Revision mitaufgenommen worden ist. Da ist das Argument, dass es bei dieser Revision primär um das Verfahren gehe, zwar richtig, aber nach meinem Urteil zu schwach auf der Brust, wenn ich das so ausdrücken darf, um eine längst erkannte und störende Ungerechtigkeit nun endlich zu beseitigen.Bis zur 2. Lesung kann hier sicher noch einiges nachgeholt werden, sei es in Form einer bis dann einzubringenden eigenen Vorlage - was ich bevorzugen würde - oder in Form einer Abänderung bzw. Ergänzung dieser Vorlage. Und wenn wir damit gerade bei den materiellen Wirkungen des Ehevertrages oder einer Ehe sind, dann komme ich noch einmal auf die heute gesetzlich verankerte Zugewinnsgemeinschaft zu sprechen, die immer noch als eine Zwangsbeglückung eingerichtet ist. Ich lade die Regierung herzlich ein, sich da doch wieder einmal zu überlegen, ob unsere Frauen in Liechtenstein immer noch gänzlich unfähig sind, sich mit ihrem Partner ein eigenes und für sie besser geeignetes Modell auszusuchen, ohne dass sie dabei allesamt und immer gleich über den Tisch gezogen werden.Abg. Ingrid Hassler:
Herr Präsident, guten Tag. Geschätzte Herren Abgeordnete. Ich trete auf die Ausgangslage, das Bedürfnis und die zentralen Punkte für diese Revision des Scheidungsrechtes als Kapitel 3 im Ehegesetz nicht mehr im Detail ein. Die Juristen haben viel davon erklärt. Ich unterstütze den vorliegenden Bericht und Antrag, da er unter anderem auch eine im Zusammenhang mit dem Familienbericht erklärte Forderung erfüllt, und danke der Regierung für den ausführlichen Bericht.Besonderen Wert bei dieser Anpassung des Gesetzes an die Rechtswirklichkeit lege ich auf den Aspekt, dass die Ehe als Institut geschützt bleibt. Die Ehe ist und bleibt nicht einfach ein Vertrag, der eingegangen und wieder gelöst wird. Das Band der Ehe braucht weiterhin den Schutz, selbst des Staates.Bei der einvernehmlichen Scheidung wehre ich mich noch gegen ein allzu schnelles Verfahren. Eine obligatorische zweite Anhörung nach einer Wartefrist von, zum Beispiel drei Monaten, wurde aus der Vorlage gestrichen. Ich empfehle daher, darüber zu diskutieren und eventuell aufzunehmen, dass auf Antrag eines Scheidungswilligen der Richter mit einer von ihm festzulegenden Frist eine zweite Anhörung anordnen kann. Ich befürworte auch, wenn die Angebote der Mediation, der Ehevorbereitung, die unter anderem auch von der Erwachsenenbildung wahrgenommen wird und nicht rein kirchliche Angelegenheit ist, wie auch der Eheberatung oder Familientherapie gestärkt werden. Hierzu muss die öffentliche Hand das Bewusstsein haben, wenn es um die Einrichtung und Förderung solcher Angebote geht.Was hier in diesem Papier so einleuchtend erscheint, ist in der Praxis bei vielen Ehepaaren und deren Familien mit einem tiefgreifenden Wandel verbunden. Die auf Seite 15 beschriebene Verfahrensvereinheitlichung dürfte nicht nur vom Ablauf her, sondern auch inhaltlich einen positiven Ansatz bringen, da die Scheidung respektive Trennung und die Regelung der nachehelichen Situation in einem Verfahren geregelt wird. Hier verweise ich zudem auf den unter Art. 89 c gefassten Grundsatz, dass das Kindeswohl ausdrücklich zu berücksichtigen ist. Es ist interessant, festzustellen, dass auch an sich Selbstverständliches zum gesetzlichen Grundsatz gemacht werden muss.Zwei Teile aus der Vernehmlassung wurden im vorliegenden Änderungsantrag zum Scheidungsrecht nicht berücksichtigt. Das Erste: Das Dekanat, das Amt für Soziale Dienste und die Vaterländische Union empfehlen die Prüfung der gemeinsamen Obsorge über die Kinder nach der Scheidung. Die Regierung nimmt zu diesem familienrechtlichen Ansatz keine Stellung und verweist auf die Materie des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches. Das gemeinsame Obsorgerecht nach Scheidung ist bestimmt auch umstritten. Trotzdem erwarte ich von der Regierung, vielleicht aus dem Ressort Familie, zu diesem Ansatz doch etwas stärker Stellung zu beziehen.Das zweite Manko wurde von den beiden Vorrednern ebenfalls angesprochen. Ich gehe aus bekannten Gründen vielleicht etwas stärker darauf ein, nämlich die auffälligste und die zentrale Forderung im Rahmen der Vernehmlassung. Und was schon bekanntermassen viel früher mehrere Male eingebracht wurde, ist die gegenseitige Teilung der während der Ehe aufgebauten Kapitalien oder Leistungen der Pensionskassa, zumindestens im Rahmen der obligatorischen betrieblichen Pensionskassa im Falle einer Scheidung, und zwar ein Splitting im Rahmen einer Freizügigkeit oder anteiligen Pensionsrente im Alter, und nicht in Form von Barauszahlungen, wie es oft falsch verstanden wird.Die Regierung anerkennt die Argumente dazu ohne Einschränkung. Und schliesslich ist auch im Regierungsprogramm die Verwirklichung festgeschrieben. Wenn Sie mir nun sagen, was ich denn noch mehr will, so ergibt sich die Frage nach dem Wann und dem Wie. Ich möchte damit aber auch erbitten, dass wir Abgeordnete - zwei Mitglieder haben es bereits ausführlich getan - heute dazu stehen sollten, dieses überfällige Postulat im Sinne der weiteren Anerkennung der unbestritten wertvollen Familienarbeit zu unterstützen, im Sinne des Partnerschaftsprinzips in Ehe und Familie.Ich halte aus guten Gründen daran fest, dass das Splitting der 2. Säule bei Scheidung nicht mehr weiter aufgeschoben oder hin und her geschoben werden darf. Dieses Postulat geht schon einen langen Weg. Von der Pensionskassenrevision 1996 zurück mit klarer Begründung zu dem in Aussicht gestellten Scheidungsrecht. Und jetzt 1998 wieder zurück zur Pensionskassenmaterie und es wird dann wieder auf das Scheidungsrecht zurückkommen.Auf diese Scheidungsrechtsänderung habe ich nicht schon längere Zeit gewartet, weil sie unter anderem die einvernehmliche Scheidung einführt, sondern weil ich mich voll und ganz darauf verlassen habe, dass das Splitting der 2. Säule bei Scheidung aufgenommen wird oder parallel zur Behandlung des Scheidungsrechtes mindestens eine entsprechende Regierungsvorlage dazu läuft. Die Regierung überzeugt mich überhaupt nicht, wenn sie von der gleichzeitigen Integration dieser von ihr anerkannten gerechten Teilung darum absieht, um die fundamentale Änderung im Scheidungsrecht nicht zu erschweren. Hier argumentiert die Regierung völlig ungerecht, als ob es nur noch eilen muss, möglichst rasch vom neuen Blitzscheidungsverfahren zu profitieren; gleichzeitig wird eine weitere, in der Zwischenzeit auch in der Schweiz völlig unbestrittene Forderung auf die Bank geschoben. Ich messe dem zweiteren nun einfach auch eine grosse Bedeutung zu, die die Scheidungsvorlage nicht erschwert, sondern zwingend ergänzt.Die Regierung hat im April vor einem Jahr einen Experten beauftragt, die nach ihrer Meinung komplexe Gesetzesmaterie aufzuklären. Meine Fragen sind nun: Liegt dieser Bericht vor? Was sieht die Regierung überhaupt für einen Lösungsansatz vor? Integriert die Regierung dieses Splitting in eine Gesamtrevision der beruflichen Personalvorsorge? Gilt es als anerkannt, dass unter angemessenerAltersvorsorge die 1. und 2. Säule zu verstehen ist? Und natürlich: Auf wann plant die Regierung den von ihr angekündigten separaten Antrag zur Gesetzesänderung? Diese Fragen wird uns die Regierung heute sicher beantworten können.Im Gegensatz zu der Meinung des Sprechers der Vaterländischen Union ist meine Vorstellung die, dass der Landtag die 2. Lesung und Verabschiedung des vorliegenden Scheidungsrechtes durchaus um drei bis sechs Monate aufschieben könnte, und die Regierung inzwischen einen Bericht und Antrag für das Splitting der Pensionskassen bei Scheidung im Sinne der Freizügigkeit oder Rentenanwartschaft im Rahmen einer Teilrevision zu einer 1. Lesung dem Landtag vorlegt.Das ist nicht nur der äusserste Kompromiss von Seiten der Personen, die das partnerschaftliche Prinzip in der Familie respektieren, sondern bestimmt auch ein Vorschlag, dass Regierung und Landtag beide Postulate in angemessener Zeit verwirklichen können. Mit diesem Vorgehenskompromiss muss das vorliegende Scheidungsrecht den Schrecken der ungebührlichen Erschwerung nicht auf sich laden, und andererseits werden wesentliche Familieninteressen gewahrt. In meinen Augen ist es nicht zu verantworten, dass wir im Scheidungsrecht einen grossen Schritt weitergehen und geschiedene Ehegatten, zum grösseren Teil noch Frauen, punkto Altersvorsorge noch auf den Leistungen der 1. Säule sitzen lassen. Ich bin zuversichtlich in der Hoffnung, dass die Antworten der Regierung und die Haltung des Landtages dieser berechtigten Forderung Rechnung tragen werden. Danke.Abg. Paul Vogt:
Die Revision des Scheidungsrechts ist für Liechtenstein ein radikaler Einschnitt. Das wurde von einigen Vorrednern bereits angedeutet. Bislang war die Ehe aus religiösen Gründen vom Staat stark geschützt. Die Auflösung der Ehe wurde stark erschwert, einerseits dadurch, dass eine dreijährige Trennung vorgeschrieben war, und dass sie nur möglich war, wenn ein Partner das Verschulden übernommen hat. Von solchen Vorstellungen, die längst nicht mehr der gesellschaftlichen Realität entsprechen, würden wir uns mit der vorgeschlagenen Revision des Scheidungsrechts verabschieden. Die Ehe wird mit der vorgeschlagenen Revision aus staatlicher Sicht im Grunde zu einem Vertrag, den die Ehepartner eingehen, den sie aber auch wieder auflösen können, ohne dass der Staat überprüfen darf, ob die Ehe weiterbestehen könnte. Die Ehepartner werden als mündige Bürger behandelt. Der Staat stellt nicht mehr die Verschuldensfrage, die einvernehmliche Scheidung wird zur Norm werden. Das ist zu begrüssen.Der Grundsatz dürfte unbestritten sein. Vom staatlichen Schutz der Ehe bleibt nicht mehr viel übrig ausser der Bestimmung, dass Ehen im ersten Jahr nicht mehr geschieden werden dürfen. Meines Erachtens könnte man diesen Artikel gerade auch noch streichen. Im Gegensatz zum Abg. Sprenger bin ich trotzdem nicht der Meinung, dass die Vorlage ein grosser Wurf ist. Das schwierigste Problem wirdausgeklammert. Grundlage der Revision ist das neue Schweizer Scheidungsrecht, das in der Schweiz allerdings noch nicht verabschiedet ist. Ausgeklammert wird in der Regierungsvorlage insbesondere Art. 122 der schweizerischen Vorlage, das heisst die hälftige Teilung der Anwartschaft auf Pensionsansprüche. In der Schweiz wurde dieser Artikel vom Nationalrat und vom Ständerat bereits verabschiedet. Es klemmt aber noch an anderen Stellen. Aber diese hälftige Aufteilung ist nicht mehr bestritten. Ich erwarte vom Landtag eine klare Bestätigung, dass auch in Liechtenstein dieser Anspruch zu Recht besteht.Die Begründung der Regierung, dass die notwendigen Abklärungen noch nicht so weit seien, überzeugt mich nicht. Die Teilung der Ansprüche auf eine gesicherte Altersversorgung ist vielmehr der grosse und der schwierigste Brocken in der ganzen Vorlage. Das ist auch das, was zu heftigen Diskussionen Anlass geben wird. In der Schweiz, die ein sehr ähnliches Sozialversicherungssystem hat wie wir, sind die grundsätzlichen Fragen offenbar gelöst. Ich sehe deshalb nicht ein, wieso diese Fragen in Liechtenstein verschoben werden und aus der gegenwärtigen Revision ausgeschlossen werden sollen. Ich stelle daher, ähnlich wie die Abg. Hassler, die Forderung, dass man jetzt Lösungen aufzeichnen muss. Ich gehe noch weiter: Ich stelle die Forderung auf, dass die Regierung bis zur 2. Lesung diese Fragen einbeziehen muss.In der Praxis geht es um die Anerkennung der von den Frauen geleisteten, unbezahlten Arbeit während der Ehe. Es geht darum, dass die Erziehungs- und Hausarbeit als gleichwertig anerkannt wird. Diese Forderung wurde von der Regierung bei anderen Gelegenheiten auch immer wieder erhoben. Und ich möchte die Regierung einfach darauf behaften. Es geht um die faktische Durchsetzung der gesellschaftlichen Gleichstellung von Mann und Frau. Das während der Ehe angesparte Pensionskassenkapital gehört nach meinem Empfinden beiden Ehepartnern. Diese bilden während der aufrechten Ehe eine Schicksalsgemeinschaft, beide haben einen gleichen Anspruch auf dieses Kapital. Dieses muss zur Hälfte aufgeteilt werden. Das ist für mich eine Frage der Gerechtigkeit.Eine Vertröstung auf eine spätere Revision überzeugt mich nicht. Ich bin im Gegenteil der Auffassung, dass es sehr viel schwieriger sein wird, diese Forderung losgelöst von der Revision des Scheidungsrechts durchzusetzen. Es befriedigt mich nicht, wenn man darauf verweist, dass diese Forderung ja im Regierungsprogramm enthalten sei, dass eine entsprechende Expertengruppe an der Arbeit sei usw. Ich möchte das hier und jetzt in dieser Vorlage enthalten sehen. Die faktische Benachteiligung der Frauen wird auch so noch weiter bestehen. Die meisten Ehen werden während der ersten fünf Jahre geschieden. Danach übernehmen die Frauen in der Regel die Kinderbetreuung, und damit haben sie schlechtere Möglichkeiten, für die eigene berufliche Vorsorge zu sorgen. Ich glaube, wir müssen hier einfach alles daran setzen, dass dieser Anspruch auch jetzt in dieser Vorlage aufgenommen wird.Landtagsvizepräsident Otmar Hasler:
Herr Präsident, meine Damen und Herren. Ich werde kein grundsätzliches Eintretensvotum halten. Ich möchte mich aber auch ausdrücklich für den Einbezug der Anwartschaften aus der beruflichen Vorsorge, die Aufteilung des während der Ehe erzielten Vermögenszuwachses aussprechen. Dieses Anliegen konnte im vorliegenden Gesetzesentwurf noch nicht berücksichtigt werden. Die Regierung anerkennt zwar auf Seite 35 grundsätzlich die Berechtigung dieses Anliegens und weist dann darauf hin, dass zur Durchsetzung dieses Anliegens noch umfangreiche Vorarbeiten zu leisten seien. Es ist zu bedenken, dass der erwerbstätige Partner in der Lage ist, über all die Jahre, in denen sich der andere Ehepartner der Hausarbeit oder der Kindererziehung widmet, ein Pensionskassenkapital ansparen kann. Oft ist es das einzig Ersparte der Familie.Weil dieses während der Ehe gesparte Kapital bei einer Scheidung nicht zum erzielten Vermögenszuwachs gerechnet wird, hat natürlich der andere Partner dann entscheidende Nachteile. Vor allem ist es eine Schlechterstellung im Alter. Ich meine, das neue Scheidungsrecht kann nur dann den Gleichstellungsanforderungen gerecht werden, wenn hier eine faire, nacheheliche Unterhaltsregelung ermöglicht wird und wenn Kinderbetreuungsaufgaben bzw. Hausarbeit die gleiche Aufmerksamkeit und Anerkennung findet wie die Erwerbsarbeit. Deshalb bin ich für den Einbezug der Anwartschaften aus der beruflichen Vorsorge in die Aufteilung des während der Ehe erzielten Vermögenszuwachses. Und ich fordere hier die Regierung auf, eine Lösung innerhalb absehbarer Zeit zu erarbeiten und dem Landtag vorzulegen.Abg. Peter Sprenger:
Ich möchte ganz kurz auf drei Punkte noch einmal zu sprechen kommen. Der Abg. Marxer hat bemängelt, dass die Vorlage eher lang oder zu lange auf sich habe warten lassen. Ich wiederhole meine Aussage, dass in der Schweiz dasselbe über 30 Jahre gedauert hat. Die Vorlage ist dort noch nicht definitiv verabschiedet. Ich kann mich gut erinnern. Herr Prof. Hegnauer hat schon zu meinen Studienzeiten gesagt: "Es kommt jetzt dann gleich". Und solche Sachen dauern einfach eine gewisse Zeit. Dann muss man auch den typisch liechtensteinischen Kontext sehen. Wir haben im Jahre 1974 bitte erstmals die Scheidung ermöglicht und stehen jetzt, 24 Jahre später, bei einem modernen Scheidungsrecht. Das darf sich sehen lassen.Ein zweiter Punkt ist die Bemerkung des Abg. Vogt, der richtig bemerkt hat, dass der Alltag die Scheidung auf gemeinsames Begehren sein wird. Ich wage mich zu behaupten, das wird irgendwo bei 80+ liegen, also 80 % und mehr werden in der Gegend abgehandelt werden. Ich finde das auch äusserst positiv, denn das mühsame und uns allen bekannte zwingende "Waschen dreckiger Wäsche" wird damit weitestgehend eliminiert. Am Rande möchte ich noch dazu bemerken, dass in derheutigen Rechtswirklichkeit diese "Dreckige-Wäsche-Wascherei" oft auch nur in gespielter Form stattfindet. Und das ist definitiv degoutant.Der dritte Punkt: Auch ich bin für den Schutz der Ehe, aber bitte nur für den Schutz von intakten Ehen. Wir dürfen die Augen nicht davor verschliessen, dass die Scheidung heute ein Massenphänomen ist. Wir sind irgendwo bei 40 % und bewegen uns da im europäischen Kontext.Zu guter Letzt eine Klammerbemerkung betreffend den grossen Wurf: Der Abg. Vogt möge mir verzeihen, dass ich der Regierungsbank etwas näher bin als er. Und zweitens sehe ich mich einfach in der Situation: Ich habe einmal irgend etwas geschrieben und alle diese Punkte sind abgehakt. Für mich ist das irgendwo eine Erleichterung, und deshalb vielleicht der etwas hohe Begriff vom "grossen Wurf".Landtagspräsident Peter Wolff:
Wünscht die Regierung das Wort?Regierungsrat Heinz Frommelt:
Herr Präsident, meine Damen und Herren. Ich danke Ihnen für Ihre vielfältigen Voten in dieser Eintretensdebatte. Sie haben gezeigt, dass das Thema von brennender gesellschaftlicher Aktualität und von grosser Tragweite ist. Bevor ich kurz auf Ihre Vorbehalte eingehe, lassen Sie mich bitte kurz rekapitulieren: Das liechtensteinische Scheidungsrecht stammt aus dem Jahre 1974, wie wir heute schon mehrfach gehört haben. Es stellte damals einen mühsam erarbeiteten Meilenstein in der Frage der weltlichen Trennung bzw. Scheidung von Ehen dar. Im Rückblick nicht unerwartet enthält es viele damals notwendige Kompromisse, die nicht zuletzt eine Erschwerung der Scheidung von Ehen zum Ziel hatte. Gerade die dreijährige Trennungsfrist sollte die Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft begünstigen und als eine Art Abkühlphase dienen.Die Realität - das wissen wir leider alle - hat das Trennungs- und Scheidungsrecht aber eingeholt. Die Ehen wurden durch die Trennungsfrist nicht geheilt und die Trennungsgründe sowie der Grundsatz, dass eine Scheidung nur nach nicht einverständlicher Trennung erfolgen konnte, führten im Gegenteil dazu, dass sich Kampfscheidungen im eigentlichen Sinne mit allen äusserst negativen Begleiterscheinungen und Schau- oder Scheinprozesse abwechselten. Auch liess sich durch das restriktive Trennungs- und Scheidungsrecht eben nicht verhindern, dass die Anzahl der Scheidungen im Laufe der Jahre zunahm. So erfolgten im Jahre 1996 zum Beispiel 148 % mehr Trennungen als im Jahre 1983 und beträgt die Scheidungsquote unter Einrechnung der im Ausland erfolgenden Scheidungen heute gut und gerne über 33 %. Auch wurde nach und nach in der Praxis auf denTrennungsgrund des sonstigen ehewidrigen Verhaltens ausgewichen, was eindeutig die Tendenz zur an sich gewollten Zerrüttungsscheidung dokumentiert.Bei allem Respekt, der den Verfassern des bisherigen Trennungs- und Scheidungsrechts für ihre damals bedeutende Reform gebührt, gilt es deshalb heute festzustellen, dass das Trennungs- und Scheidungsrecht einer Reform an Haupt und Gliedern bedarf. Die Regierung nahm deshalb das Postulat der Abg. Gabriel Marxer, Rudolf Lampert, Alois Beck, Christian Brunhart, Werner Ospelt und Xaver Hoch zum Anlass, eine Totalrevision des Scheidungsrechtes an die Hand zu nehmen.Die Leitlinien der Reform sind fünffach: 1. Der Schutz der Ehe als Institution: Die Ehe soll auch weiterhin geschützt werden. Das bedeutet zum einen, dass eine Ehe nicht durch einfachen contrarius actus ohne staatliche Intervention oder nur mit minimalstem staatlichem Zutun, zum Beispiel vor dem Zivilstandsbeamten, aufgelöst werden soll. Soll die Ehe ihren Stellenwert behalten, müssen gewisse Voraussetzungen bei der Scheidung und das Mitwirken eines Gerichts gefordert werden. Dass die Ehe nicht ein einfacher, jederzeit auflösbarer gewöhnlicher Vertrag ist, wird darüber hinaus auch durch die im Gesetz vorgesehene Minimaldauer der Ehe - ausser in den Fällen der Unzumutbarkeitsscheidung, darüber werden wir sicher noch diskutieren - ausgedrückt. In die gleiche Richtung gehen die Voraussetzungen der einfachen und getrennten Anhörung vor dem Richter und das weiterhin aufrechterhaltene Institut der Ehetrennung.Zweitens, die Abkehr vom Verschuldensprinzip: Das Verschuldensprinzip hat im heutigen Scheidungsrecht einen Stellenwert, der ihm nicht zukommt. Sei dies bei der Frage, ob überhaupt eine Trennungsklage eingereicht werden kann, sei es beim Unterhalt oder sogar beim Landesbürgerrecht. Obwohl eine schleichende Relativierung durch die Gerichtspraxis erfolgt ist, soll der jedenfalls bei Scheidungen vorhandene Leidensdruck durch Gesetze zu Ungunsten der Kinder nicht noch verschärft, sondern im Sinne des partnerschaftlichen Prinzips vor allem durch die Konventionalscheidung abgelöst werden. In den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen ist kein Platz mehr für das Verschuldensprinzip. Es war daher weitestgehend durch das Zerrüttungsprinzip und die Konventionalscheidung zu ersetzen.Drittens, das Kindeswohl: Das Kindeswohl muss Leitlinie jeder Scheidungs- bzw. Trennungs- und Scheidungsrechtsreform sein. Jedes Scheidungsrecht, auch der vorliegende Entwurf, wird den Schmerz, den Kinder bei der Trennung ihrer Eltern empfinden, nicht lindern können. Aber es ist erwiesen, dass längerer Streit, längeres Gezänk und noch mehr Tränen und Leid der kindlichen Psyche mehr Schaden als ein schneller, klarer Schnitt zufügen. Die Scheidungsrechtsreform dient daher auch - und nicht zuletzt - der Schadensbegrenzung in diesem wichtigen Bereich.Viertens, ausgewogene Regelung der wirtschaftlichen Folgen: Das neue Scheidungsrecht will einen ersten Beitrag dazu leisten, dass die wirtschaftlichen Folgender Scheidung ausgewogener als heute verteilt werden. Einen Nullunterhalt wegen allein- oder überwiegendem Verschulden soll es in Zukunft nicht mehr geben. Der Unterhalt wird nach dem von der Regierung vorgelegten Modell in Zukunft als Bedarfsrente verschuldensunabhängig festgelegt. Die Vermögenszuwachs-Aufteilung von Gesetzes wegen soll den allenfalls konfliktscheuen Schwächeren in Zukunft vor ungerechtfertigter Nichtaufteilung bewahren. Die Lösung eines Splitting im Scheidungsfall ist in Vorbereitung und wird die Lage der wirtschaftlich Schwächeren erneut weiter verbessern.Fünftens, Straffung und Vereinheitlichung des Verfahrens: Das bisherige Verfahren war häufig über Gebühr langwierig und damit für die Trennungswilligen zusätzlich unnötig belastend. Des Weiteren bedeutete es für die Gerichte ebenfalls einen ausserordentlichen administrativen Aufwand. Neu soll das Verfahren gestrafft und vereinheitlicht werden. Auch soll der gegenwärtige Dualismus Scheidungsrichter/Pflegschaftsrichter fallen. Dies führt nicht zuletzt zum erwünschten Nebeneffekt, dass sich die scheidungswilligen Eltern schon während des Scheidungsverfahrens oder im Vorfeld - im Falle einer Vereinbarung - Gedanken über das Schicksal ihrer Kinder machen müssen.Diese fünf Leitlinien dominieren das neue Scheidungsrecht, meine Damen und Herren, Herr Präsident. Die Regierung ist der Auffassung, dass dieses neue Scheidungsrecht insgesamt eine tragfähige Basis für die Erneuerung des Scheidungsrechts darstellt. Die am Scheidungsprozess beteiligten schwächeren Parteien werden entscheidend gestärkt, das Kindeswohl noch mehr als bisher in den Vordergrund gerückt. Wir können das Scheitern von Ehen nicht verhindern, aber wir können durch gesetzliche Regelungen dafür sorgen, dass zum bereits bestehenden Schaden nicht noch zusätzliches Leid, namentlich für die Kinder, hinzugefügt wird. Ich appelliere daher an Sie, diese Vorlage in Behandlung zu ziehen und all denjenigen, die den Kampf durch in Anstand zu vollziehende Konventionalscheidungen, die den verschuldensabhängigen, teils unsozialen Unterhalt durch den Bedarfsunterhalt, die eine antragsabhängige Vermögenszuwachs-Aufteilung durch eine von Gesetzes wegen zu erfolgende ersetzen wollen, den Rücken zu stärken. Helfen Sie uns, das Scheidungsrecht den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen anzupassen, so dass, wie sich Bundesrat Koller in seiner Stellungnahme zur Revision des artähnlichen schweizerischen Scheidungsrechts ausdrückte, die unvermeidlichen Scheidungen durch die Scheidungsrechtsreform humanisiert, Fairness erreicht, Erbitterung und Erniedrigung soweit wie möglich vermieden und das Kindeswohl bestmöglich gewahrt wird.Nun möchte ich noch auf Ihre einzelnen Voten eingehen, meine Damen und Herren. Zunächst zum Votum des Abg. Gabriel Marxer: Ich begrüsse selbstverständlich, dass er mit der Vorlage der Regierung einverstanden ist. Sie haben erwähnt, dass in Art. 56 das sonstige ehewidrige Verhalten praktisch bestehen bleibe und damit die Kampfscheidung weiter vorhanden sei. Das ist zu einem gewissen Teil richtig, bis zu einem gewissen Teil, denn wir müssen sehen, wir haben dreigrundsätzliche Scheidungsgründe: Das eine ist die Scheidung auf gemeinsames Begehren. Das soll und wird auch - da bin ich sicher - wie der Abg. Sprenger ausgeführt hat, der Hauptfall der Scheidungen werden. Das ist so beabsichtigt. Der Zweite ist die Zerrüttungsscheidung, die klassische Zerrüttungsscheidung mit dem dreijährigen Getrenntleben: Das ist international so durchaus üblich, dass man getrennt leben als Zerrüttungstatbestand ansieht. In der Schweiz waren ursprünglich fünf Jahre vorgesehen, wir sind auf drei Jahre gegangen. Und ich kann Sie darüber informieren, das steht auch im Bericht und Antrag, dass die Schweiz nunmehr, wie es scheint, ebenfalls auf drei Jahre einschwenken wird.Subsidiär dazu - und darum der Massstab mit den drei Jahren - subsidiär dazu ist Art. 56 vorgesehen, die Unzumutbarkeitsscheidung. Das soll nicht der Normalfall sein, aber es soll möglich sein, auch vor einem dreijährigen Getrenntleben bei Nichtübereinstimmung der Parteien - denn das ist bei einem gemeinsamen Begehren dann ja kein Problem mehr - bei Nichtübereinstimmung der Parteien soll es möglich sein, im Unzumutbarkeitsfall auch unter dem Mindestschwellenwert der einjährigen Ehe, die vom Abg. Paul Vogt kritisiert worden ist, soll es möglich sein zu scheiden. Das sind Fälle, zum Beispiel, ich sage Gewalt in der Ehe: Das muss natürlich auch, zum Beispiel, wenn es weniger als ein Jahr ist, zwingend dazu führen können, dass hier eine Ehe geschieden werden kann. Das ist die klassische Unzumutbarkeitsscheidung neuen Stils.Wichtig ist dort in diesem Zusammenhang, dass das Verschulden oder Verschulden Ja oder Nein, keine Folgen für den Unterhalt hat. Beim jetzigen Scheidungsrecht - und das ist ein grosser Nachteil des jetzigen Trennungs- und Scheidungsrecht - ist es eben so, dass ein Alleinschuldiger oder ein überwiegend Schuldiger keinen Unterhalt bekommen kann. Das ist hauptsächlich in der Regel zum Nachteil, in der Praxis mindestens, zum Nachteil der Frauen und zwar deshalb, weil eine Scheidung auf Allein- oder überwiegendes Verschulden für den Mann, wenn er dann keinen Unterhalt bekommt und verdient, was heute halt eben noch der Regelfall ist, kein Problem ist, hingegen für eine Frau das natürlich sehr wohl ein Problem ist. Darum auch das neue System.Sie bemerken dann wie die anderen Redner auch, dass der Hauptmangel dieser Vorlage die Nichtberücksichtigung des Splitting, des sogenannten Splitting, ist. Ich denke, wir haben im Bericht klare Ausführungen dazu gemacht, dass dies eine eindeutige Absicht der Regierung ist, das einzuführen. Das wurde auch von einzelnen Rednern so aufgenommen. Es ist Aufgabe der Regierung und da sehe ich sicherlich - und dazu wird mein Kollege Regierungschef-Stellv. Michael Ritter noch Ausführungen machen - klar die Absicht der Regierung, das sehr schnell zu bringen. Da können Sie sicher sein.Was die Zugewinnsgemeinschaft oder die Vermögenszuwachsgemeinschaft angeht, Herr Abg. Marxer, nun, darüber haben wir im letzten Sommer, wie Sie sich sicherlich noch gut erinnern mögen, länger diskutiert. Ich kann Ihnen versichern,die Haltung der Regierung ist wie damals dieselbe geblieben. Sie ist klar und unverändert, und daran wird, zumindest von Seiten der Regierung, nicht gerüttelt werden.Was die zweite Anhörung angeht, die von der Abg. Ingrid Hassler schon angesprochen wurde, darüber werden wir uns sicher auch noch unterhalten. Sie war im Vernehmlassungsbericht noch enthalten. In der Schweiz hat sie auch zu langen Diskussionen Anlass gegeben, denn das Problem entsteht meistens vorher. Also man muss sich bewusst sein, eine Scheidung geschieht nicht über Nacht und nur deshalb, weil einer gerade in der Stimmung dazu ist, sondern das ist ein sehr langer, leidvoller Prozess. Das muss man sich bewusst sein. Das bleibt er auch gemäss neuem Scheidungsrecht. Das können wir nicht wegnehmen. Das bleibt so. Aber wir müssen uns bewusst sein, dieser lange, leidvolle Prozess kann und sollte dann irgendwann zu einem Abschluss kommen. Die Frage stellt sich, ob man dann eine Verlängerung des Verfahrens, eine künstliche Verlängerung des Verfahrens aufzwingen soll oder ob man das, wie die Abgeordnete angeregt hat, zum Beispiel über Antrag dem Gericht anheim stellt, ob eine Verlängerung stattfindet. Das können wir sicherlich überprüfen.Ich glaube im Grossen und Ganzen, dass ich da diese Fragen jetzt mehr oder weniger berücksichtigt habe, auch die Bemerkung vom Abg. Paul Vogt, dass er der Meinung sei, das eine Jahr könne auch noch weg. Wir sind der Meinung, dass dieses eine Jahr durchaus zumutbar ist. Es kann eigentlich nur bei dem gemeinsamen Begehren echt zur Anwendung kommen, denn beim Getrenntleben sind drei Jahre jetzt verlangt. Das finde ich an sich auch richtig so. Und bei der Unzumutbarkeit, da sehen wir ein, dass es da wichtig und richtig ist, dass es Fälle der Unzumutbarkeit schon vor diesem Jahr geben kann und dass dort eine Scheidung möglich ist. Aber grundsätzlich sind wir der Meinung, dass damit doch der Ehe ein gewisses Gewicht gegeben wird, das sie in der Gesellschaft ja auch verdient.Sie übersehen dann mit der Frage der 2. Säule, dass wir das nicht alles im Scheidungsrecht regeln können, sondern das ist eben eine Sache einer separaten Gesetzesvorlage, die vor allem die berufliche Vorsorge und die Pensionsversicherung für das Staatspersonal abdeckt. Wie gesagt, dazu wird mein Kollege weitere Ausführungen machen.Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren. Ich möchte mich zur Kritik äussern, dass das Splitting der 2. Säule in dieser Vorlage nicht enthalten ist. Ich habe Verständnis dafür, dass vor allem seitens der Frauenorganisationen und insbesondere von der Abg. Ingrid Hassler dieser Punkt kritisiert wird. Es ist richtig, dass wir bei der letzten Revision des BVG angekündigt haben, diese Frage im Zuge der Scheidungsrechtsrevision zu lösen, und ich kann verstehen, dass jetzt derEindruck entsteht, dass die Regierung dieses Thema auf die lange Bank schiebt. Mir ist es sehr wichtig, sehr dezidiert festzuhalten, dass es nicht darum geht, etwas hinauszuschieben. Der Grund, weshalb dieses Thema, dieses wichtige Thema, Splitting in der 2. Säule, in dieser vorliegenden Vorlage nicht drinnen ist, ist einzig und allein der Grund, dass wir nicht parat sind. Wir haben im Ressort Gesundheit und Soziales die entsprechende Revision des Gesetzes über die betriebliche Personalvorsorge noch nicht so weit.Der Abg. Paul Vogt hat völlig zurecht darauf hingewiesen, dass sich sinngemäss Spreu und Weizen trennen werden, wenn es zu dieser sehr wichtigen Frage kommt, die das Parlament entscheiden muss, ob man von Gleichberechtigung spricht oder ob man sie auch lebt, wenn es Geld kostet. Sie rennen hier gegenüber der Regierung offene Türen ein. Aber das macht gar nichts. Wir sind nicht unglücklich, wenn jetzt der Landtag praktisch unisono das verlangt, und wir sind auch nicht unglücklich, wenn von Seiten von Frauenorganisationen und anderen Stellen der politische Druck aufrechterhalten wird, dass man das will, weil, wir wollen das auch.Die Regierung will das Splitting bei der 2. Säule. Und wenn wir das Expertengutachten zu dieser wirklich komplexen Frage erst in vier Wochen bekommen, voraussichtlich, dann können Sie uns vorwerfen, dass wir das nicht alles schneller organisiert haben und nicht alles schneller geht.Die Kritik nehmen wir entgegen. Aber es soll niemand meinen, der Regierung sei nicht ernst mit diesem Thema. Nicht nur, weil es im Regierungsprogramm steht, da gehört es auch hinein, dazu stehen wir selbstverständlich nach wie vor, wir wollen das. Das ist eine Nagelprobe für die Gleichberechtigung, ganz klar. Und Sie werden hoffentlich im Laufe dieses Jahres den Bericht und Antrag auf dem Tisch haben. Ich muss eine kleine Einschränkung machen: Ich weiss nicht, was uns der Experte auf den Tisch legen wird. Da es allerdings ein Rechtsanwalt ist, der auch in der eidgenössischen Kommission vertreten war zur Ausarbeitung dieser komplizierten Rechtsvorschriften zum BVG und zum Gesetz über die Personalvorsorge, das auch betroffen ist, also diese 2. Säule für das Staatspersonal, die ja in einem eigenen Gesetz geregelt ist, gehe ich davon aus, dass er uns einen Lösungsvorschlag unterbreiten wird, den wir ohne fundamentale Probleme in eine Vernehmlassungsvorlage einbetten können.Ich gehe weiters davon aus, dass Sie alle damit einverstanden sind, dass zu diesem Thema eine Vernehmlassung durchgeführt wird. Ich nehme an, es wird Sie interessieren, was die Gesellschaften, die mit der Personalvorsorge befasst sind, die Rechtsanwaltskammer, die Gerichte usw., die Frauenorganisationen, andere Arbeitgeber, Arbeitnehmer, zu dieser Vorlage zu sagen haben. Und wenn alles gut geht, werden wir im Herbst dieses Jahres den Bericht und Antrag parat haben. So viel Zeit brauchen wir. So viel Zeit brauchen wir. Es geht also nicht darum, einen Artikel in dem Scheidungsgesetz drinnen zu haben oder den hinauszukippen.Damit ist es nicht getan. Es braucht eine anspruchsvolle Revision der Gesetzgebung im Bereich der 2. Säule. Wenn Sie mit der 2. Lesung der heute zu behandelnden Vorlage warten wollen, bis die Regierung so weit ist mit der Gesetzgebung mit der 2. Säule, habe zumindest ich dafür Verständnis und keinerlei Probleme. Klar ist aber, dass das zwei oder besser gesagt drei Gesetzesvorlagen sind, die man auseinanderhalten muss. Selbstverständlich hängen die inhaltlich eng zusammen.Ich habe Ihnen jetzt gesagt, wie der Zeitplan aussehen wird, wenn alles gut geht, im Herbst einen Bericht und Antrag. Auf Details, wie sie angesprochen worden sind, was im Detail wir bei der 2. Säule vorhaben, möchte ich heute nicht eingehen. Da möchte ich doch zuerst den Expertenbericht abwarten, um dann besser darlegen zu können und auch in der Regierung zuerst diskutieren, was unsere Position ist. Aber das Prinzip ist klar: Splitting im Fall der 2. Säule. Das Timing liegt jetzt beim Landtag. Sie haben zu entscheiden, wann Sie auf die 2. Lesung eintreten. Wir werden so schnell wie möglich diese Gesetzesvorlage zum Bereich der 2. Säule liefern.Landtagspräsident Peter Wolff:
Da hätte ich noch eine Frage dazu, Herr Regierungschef-Stv. Sie sprechen jetzt von einem Gutachten, das die Regierung in vier Wochen bekommen soll. Im Bericht lese ich auf Seite 54, dass die Regierung bereits am 9. April 1997 beschlossen hat, ein Expertengutachten einzuholen. Und auf der nächsten Seite ist dann plötzlich die Rede von einer ganzen Expertengruppe und es steht nicht einmal da, wer dabei ist, und dass dort unter anderem Mitglieder dieser eidgenössischen Kommission für die berufliche Vorsorge dabei seien. Ich frage mich, wenn es nur ein Expertengutachten ist, ist denn dieser Experte - denn so ungeheuer kompliziert ist nun die Frage in gesetzestechnischer Hinsicht auch wieder nicht - innerhalb von 14 Monaten nicht in der Lage gewesen, hierzu irgendeine Meinung gegenüber der Regierung hervorzubringen?Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Auf Seite 55, Herr Präsident, ist tatsächlich eine Expertengruppe erwähnt. Allerdings ist hier die eidgenössische Expertengruppe zur Revision des Zivilgesetzes gemeint. Wir haben einen Auftrag vergeben an ein Zürcher Anwaltsbüro, an diesen Herrn, der involviert war in der Arbeit dieser eidgenössischen Expertengruppe, und er hat bei der Übernahme dieses Auftrages darauf hingewiesen, dass er seinerseits wird Experten beiziehen müssen, die sich mit der versicherungstechnischen Frage, also nicht der juristischen, sondern der versicherungstechnischen Frage auseinandersetzen müssen. Auch die Ausarbeitung des Gutachtensauftrages hat etwas Zeit beansprucht. Wir gehen davon aus, dass wir im Mai, allerspätestens imJuni diesen Expertenbericht bekommen. Versprochen ist er auf Ende Mai. Ich kenne diesen Gutachter nicht persönlich. Ich hoffe, er ist pünktlich. Und dann werden wir so schnell wie möglich diese Vorlage liefern. Ich glaube, es bringt jetzt auch nicht viel, bei diesem Punkt noch lang hin und her zu argumentieren, ob man das in der Vergangenheit nicht hätte schneller machen können. Ich glaube, wichtig ist für alle Involvierten, dass die Regierung politisch längst entschieden hat, dass wir das Splitting wollen. Und wenn ich die Stimmung im Parlament richtig interpretiere, will der Landtag das Splitting auch. Und dann, glaube ich, sollten wir das im Laufe dieses Jahres auch herbringen.Landtagspräsident Peter Wolff:
Mir geht es nicht um ein Hin-und-Her-Reden über die Vergangenheit, Herr Regierungschef-Stellvertreter, sondern mir geht es um die Gegenwart. Und die Gegenwart sieht meiner Meinung nach so aus, dass es völlig problemlos möglich wäre, im Art. 74 der Vorlage einen Abs. 2 einzufügen und dort festzuhalten, dass zur Aufteilungsmasse auch die Anwartschaften jedes Ehepartners aus solchen betrieblichen Personalvorsorgeeinrichtungen gehören. Details können dann immer noch im Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge geregelt werden.Abg. Gabriel Marxer:
Mir geht es nur um eine Antwort auf die Ausführungen des Regierungsrats Dr. Frommelt. Sicher ist es richtig, dass Sie eben von der Theorie her versuchen, nun ein Ehescheidungsrecht herzubringen, das das Verschulden gänzlich ausräumt und das aber mit dieser Unzumutbarkeit, mit der jetzt operiert wird, dies ist eben auch nur ein Feigenblatt für den Fall, der hoffentlich dann nicht zur Regel werdenden streitigen Ehetrennung, dass da Verschuldensfragen werden behandelt werden müssen. So waren meine Ausführungen zu verstehen. Ich entnehme Ihrem Kopfnicken, dass wir da eine einige Ansicht haben. Also ich gehe auch davon aus, dass die Konventionalscheidungen hoffentlich zumindest die Regel werden. Nur braucht es ja auch zur Ausarbeitung von Konventionalscheidungen gewisse Erfahrungswerte, von welchen Prinzipien denn auszugehen ist, wenn da die Vereinbarungen über die Folgen der Ehetrennung vorbereitet und erarbeitet werden sollen.Abg. Ingrid Hassler:
Ich habe zu den Ausführungen in Sachen Splitting zur Kenntnis genommen, dass es nur eine Zeit- und Verfahrensfrage war, dass wir das nicht vorgelegt bekommen haben, dass wenn der Bericht kommt, erarbeitet ist, noch eine Vernehmlassung stattfindet. Und da möchte ich doch noch einmal fragen, ob ein Bericht und Antragdann tatsächlich zum Herbst 98 vorliegt. Beim Lösungsansatz, den ich gefragt habe, meinte ich eigentlich nicht die reinen, klaren Inhalte. Ich meinte nur, ob dieser neue Bericht und Antrag sich dann darauf konzentriert, dieses Splitting der 2. Säule bei Scheidung zu machen.Ich wollte eigentlich wissen, ob die Regierung da noch andere Pensionskassenpendenzen damit verflechten würde, um, man kann es dann auch sagen, zu erschweren oder auch andere, auch berechtigte Probleme in der obligatorischen Personalvorsorge gleichzeitig zu erreichen. Der Vorschlag des Präsidenten, Art. 74 gleich zu bereinigen, der ist sicher überprüfenswert, wird aber nicht funktionieren ohne diese zweite Vorlage. Die Frage, ob die 1. und 2. Säule gemeinsam gemeint sind, wenn wir von angemessener Altersvorsorge reden, haben Sie nicht direkt mit Ja oder Nein beantwortet. Aber aus Ihren Ausführungen setze ich jetzt einfach voraus: Wer von einer angemessenen Altersvorsorge spricht, der meint immer die 1. und die 2. Säule. Ich habe einige Dokumente schon gehabt, auch in der AHV-Revision, wo man von dieser Voraussetzung ausgeht. Und das ist für mich ein entscheidender Grundsatz, auch von Regierung und Landtag, dass man sich darüber einig ist, dass die 2. Säule dazugehört, wenn von der angemessenen Altersvorsorge hier gesprochen wird.Dann hat der Abg. Paul Vogt eine Forderung gestellt, dass innerhalb des Eherechtes diese Splittingvorlage, dieses Splittingpostulat zu behandeln sei. Ich kann mich mit meiner Version, dass es zwar zwei verschiedene Vorlagen sind letztlich, begnügen, weil es auch zwei verschiedene Themen sind. Aber ich halte meine Forderung aufrecht, dass der Landtag die 2. Lesung und Verabschiedung dieses Scheidungsrechtes so lange aufschiebt, bis wir mindestens die 1. Lesung dieser angekündigten Vorlage vom Herbst 98 beraten haben.Befriedigt bin ich auch, dass im Landtag über alle Parteien hinweg das Splitting der 2. Säule bei Scheidung - wie auch bei der Regierung - vollständig anerkannt ist. Das ist meine Stellungnahme zu diesem Problem, wo ich jetzt wirklich sehe, dass wir es innerhalb der Inkraftsetzung eines neuen Scheidungsrechtes zu lösen bringen.Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich glaube, wir müssen uns einmal darüber im Klaren werden, dass wir hier von zwei unter Umständen ganz verschiedenen Sachen reden. Splitting auf der einen Seite und Einbezug von Anwartschaften in die Aufteilungsmasse betreffend Vermögenszuwachs-Aufteilung sind zwei völlig verschiedene Sachen. Eine Splitting-Lösung, ähnlich wie bei der AHV, hat mit dem Eherecht eigentlich überhaupt nichts zu tun. Die können Sie in einer Abänderung des Gesetzes über die betriebliche Personalvorsorge regeln und dort zum Beispiel eine Ehescheidung alsVoraussetzung, unter anderem als eine der Voraussetzungen für ein sogenanntes Splitting anführen. Da brauchen wir in diesem Gesetz das nicht einmal erwähnen.Etwas völlig anderes ist der Einbezug von Anwartschaften in Form kapitalisierter Vermögensmassen in die Aufteilung des während der Ehe erzielten Vermögenszuwachses. Das fällt dann natürlich auch unter die Aufteilungsgrundsätze nach Art. 78. Und dort ist es nicht von vornherein zu 100 % sicher, dass in jedem Fall eine 50:50 Aufteilung, also ein eigentliches Splitting, stattfindet. Mir ist schon klar, dass ein Splitting wie bei der AHV nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen, dass wir das nicht hier im Hauruck-Verfahren mit Abänderungsanträgen bewirken können, dass das genau diese sorgfältige Vorgangsweise braucht, die die Regierung hier eingeschlagen hat. Was aber durchaus möglich wäre, das wäre ein Einbezug solcher Anwartschaften, wie sie, wenn der eine oder andere oder beide Ehepartner aufgrund von entsprechenden Versicherungsverhältnissen Anwartschaften dieser Art haben, der Einbezug solcher Anwartschaften in die Aufteilungsmasse.Es hat hierzu schon bei Gericht auf der bisherigen Rechtslage schon Versuche gegeben - und sogar schon erstinstanzliche Entscheide in diese Richtung gegeben - das schon aufgrund der jetzigen Rechtslage einzubeziehen, indem man argumentiert hat, das sei ja auch ein Vermögenszuwachs. Das sei ein vermögenswerter Anspruch darauf, später einmal entweder eine Freizügigkeitsleistung oder eine Rentenleistung, oder was auch immer, zu bekommen. Die jetzige Rechtsgrundlage dafür ist allerdings meiner Meinung nach schon ausserordentlich dünn, und um das zu stützen - und das wäre, finde ich, ein unterstützenswerter Gedanke - um das zu stützen, müsste zum Beispiel, es muss nicht zwingend in diesem Artikel sein, aber dazu müsste zum Beispiel im Art. 74 bei der Definition der Aufteilungsmasse ausdrücklich erwähnt werden, dass solche Anwartschaften in kapitalisierter Form in diese Aufteilungsmasse mit einzubeziehen sind. Und dann haben Ehepartner diesen Anspruch, unabhängig davon, ob und wann dann das Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge in Richtung eines Splitting geändert wird.Abg. Paul Vogt:
Ich möchte das Votum des Landtagspräsidenten unterstützen. Ich gehe einfach davon aus, dass es für geschiedene Frauen eine existenzielle Frage ist, ob sie nun Anspruch haben auf einen Anteil dieser Anwartschaft oder nicht. Die Scheidung wird in vielen Fällen für geschiedene Frauen zur Armutsfalle, aus der sie nicht mehr herauskommen. Ich bin deshalb sehr dankbar für diesen Vorschlag des Landtagspräsidenten. Ich gehe davon aus, dass, wenn in der Schweiz die grundsätzlichen Fragen gelöst worden sind, dass es dann auch bei uns möglich sein muss, diesen Grundsatz im Scheidungsrecht zu regeln. Die versicherungstechnischen Fragen, die können, glaube ich, auch noch danach gelöst werden. Ich sehe einfach bei der Verwirklichung dieses Anspruchs einen enormen politischenVorteil, wenn das jetzt im Grundsatz geregelt wird. Es wird leichter sein, die technischen Verfahren in den entsprechenden Versicherungsgesetzen durchzusetzen, wenn einmal der Grundsatzentscheid gefallen ist.Abg. Peter Sprenger:
Die bisherigen Voten zum einzigen Manko der Vorlage veranlassen mich zur etwas zweideutigen Bemerkung. Die einzige Frau im Landtag und alle andern vernehmbaren Stimmen des Landtages und der Regierung wollen für einmal wirklich nur das eine: Eine möglichst rasche Aufteilung der Zweitsäulenanwartschaften. Ich denke, diese klaren und unzweideutigen Voten dürften dazu geeignet sein, das Misstrauen, insbesondere der Frauen, zu zerstreuen.Abg. Ingrid Hassler:
Ja, auch ich danke dem Herrn Präsidenten für diese klare Unterscheidung der beiden Splittingformen. Nur, ich habe in meiner Argumentation wirklich versucht, immer klar zu sagen: Splitting der Pensionskassa bei Scheidung - und damit meinte ich nie das übergeordnete Ziel, dass wir in einigen Jahren auch zu einem gesamten Splitting der Einlagen und der Leistungen kommen, wie wir sie in der AHV - Gott sei Dank - 1996 geregelt haben.Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Ich muss noch eine Frage der Abg. Ingrid Hassler beantworten. Ich gehe auch davon aus, dass für eine angemessene Altersvorsorge die 1. Säule allein nicht ausreicht, dass man hier sicher auch die 2. Säule einbeziehen muss. Sie haben gefragt, ob wir eine Revision der 2. Säule vorbereiten, die sich ausschliesslich auf diese Splittingfrage - Splitting bei Scheidung ist das Thema - konzentriert. Grundsätzlich ja, schon um nicht zuviel Zeit zu verlieren. Es wird keine Gesamtrevision des BVG geben, dafür gibt es keinen Grund. Was wir allerdings prüfen werden, ist, ob eine weitere Anpassung des BVG angezeigt ist mit Blick auf die Stellung des Teilzeitpersonals. Wir haben von einer Frauenorganisation, die der Abg. Hassler nicht zu fremd ist, einen Vorstoss entgegengenommen, der die Frage der versteckten Diskriminierung von Frauen im Bereich "Beschäftigung von Teilzeitbediensteten" betrifft. Es geht darum, dass Teilzeitpersonal sowohl in der Unfallversicherung als auch bei der 2. Säule in mancher Hinsicht unterschiedlich, man kann auch sagen: schlechter behandelt wird. Und da der grösste Teil der Teilzeitbediensteten Frauen sind, ist das natürlich eine versteckte Diskriminierung von Frauen, oder kann zumindest als solche empfunden werden. Ich habe veranlasst, dass diese Fragen geprüft werden. Wenn sich die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung zeigt und wir dies zeitlich parallel erledigen können mit der Splittingfrage, werden wir diesselbstverständlich aus verfahrensökonomischen Gründen gemeinsam lösen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung liegen mir aber noch nicht vor, so dass ich nichts Näheres dazu sagen kann.Abg. Rudolf Lampert:
Die Anregung der Abg. Hassler, das Gesetz über die betriebliche Vorsorge hier gemeinsam in der 2. Lesung zu behandeln, ist unwidersprochen geblieben. Ich würde das als katastrophal empfinden. Wir müssen uns im Klaren sein, wir sprechen dann irgendwann von Oktober, November, Dezember, bis diese Vorlage hier ist. Es würde unnötig dieses Gesetz verzögern und ich glaube, das gilt es zu verhindern, weil hier doch auch Personen - ich würde sagen fast, auf einer Warteliste sind - , die jetzt wirklich auf dieses Gesetz warten, um eine gütliche Scheidung durchzuführen. Und ich finde es ein schlechtes Vorgehen, wie es die Abg. Hassler vorschlägt.Landtagspräsident Peter Wolff:
Diese Katastrophe wird nicht eintreten, Herr Abg. Lampert.Abg. Ingrid Hassler:
Die Frau Abg. Hassler hat das Vorgehen nicht so offeriert. Ich habe ausdrücklich gesagt, dass dieser Bericht und Antrag, so einfach oder so komplex er herauskommt, mindestens in 1. Lesung hier beraten sein soll, wenn man danach in 2. und 3. Lesung das Scheidungsrecht verabschieden wird. Wenn das einen Aufschub dieses Scheidungsrechts - ich sage um drei Monate - notfalls mit sich bringt, werden es auch die Personen auf diesen Wartelisten überleben, weil, das andere ist für viele andere Menschen - sprich Frauen - genauso notwendig. Und dieses Verfahren, glaube ich, ist geeignet, um beide Postulate innert nützlicher Frist über die Bühne zu bringen. Ich sehe es auch problematisch an, wenn wir eine solche Vorlage in nur 2. Lesung dann behandeln müssten. Deswegen konnte ich mich mit dem Vorschlag des Abg. Paul Vogt nicht ganz anfreunden, dass wir das dann nur in 2. Lesung miteinander verabschieden. Auch kann es sein, dass es zwei verschiedene Sachen sind, die rein von der Referendumsfrist her fraglich wären, wenn man es in eine Vorlage verknüpft.Landtagspräsident Peter Wolff:
Nur zur Klarstellung, Frau Abg. Hassler: Wenn nicht ein entsprechender Antrag gestellt wird und ein entsprechender Landtagsbeschluss gefasst wird, dann werdeich mit der 2. Lesung nicht warten, bis irgendwann einmal eine Vorlage über eine Abänderung des Gesetzes über die betriebliche Personalvorsorge vorliegt. Sondern dann wird diese Vorlage dann wieder zur 2. Lesung traktandiert, wie es im üblichen Geschäftsgang der Fall ist. Ich nehme an, dass es zahlreiche Voten zu den einzelnen Artikeln geben wird. Die Regierung wird dazu Stellung nehmen. Ich könnte mir vorstellen, dass das innert etwa 4 Monaten möglich sein müsste und dass wir daher spätestens im Oktober hier die 2. Lesung durchführen können, damit auch, wie bereits richtig bemerkt wurde, die zahlreichen Kandidaten, die auf diese Vorlage bereits warten, in absehbarer Zeit - sprich zu Beginn nächsten Jahres - von den Segnungen dieses Scheidungsrechts Gebrauch machen können.Abg. Rudolf Lampert:
Ich möchte doch darauf hinweisen: Auch bis zur 2. Lesung kann das praktisch unmöglich hier sein, dieses parallele Gesetz. Denn wir sprechen davon, dass wir im September oder Oktober eine Vernehmlassung durchführen, auch wenn das jetzt frühestens im September passieren kann. Wir haben Sommerferien und die Verbände müssen ja auch Zeit haben. Es müssen die Arbeitgeber Zeit haben, sich mit dieser Angelegenheit zu befassen. Die Pensionskassen müssen Gelegenheit bekommen und es ist schlichtweg unmöglich, dass eine Vorlage, in die dann diese Vernehmlassung eingearbeitet ist, vor Oktober und November hier sein kann. Das müssen wir, glaube ich, schon realistisch sehen.Landtagspräsident Peter Wolff:
Da haben Sie vollkommen Recht, Herr Abg. Lampert. Ich gehe auch davon aus, dass bis zu dem von mir jetzt einmal in Aussicht genommenen Zeitpunkt der 2. Lesung eine solche Vorlage in Form eines Berichtes und Antrages der Regierung an den Landtag nicht vorliegen wird. Das würde mich aber auch nicht stören.Wenn das Wort nicht mehr gewünscht wird, dann ist die Eintretensdebatte beendet, und wir können daher an und für sich mit der 1. Lesung beginnen. Das werden wir aber erst nach der Mittagspause um 14.30 Uhr machen. Die Sitzung ist unterbrochen.MITTAGSPAUSE