Beschluss Nr. 78/2011 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II)) (Nr. 88/2011)
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Wir kommen somit zu Traktandum 23: Beschluss Nr. 78/2011 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II)).
Der Bericht und Antrag der Regierung trägt die Nr. 88/2011 und steht zur Diskussion.Abg. Peter Hilti
Danke für das Wort, Herr Landtagspräsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, guten Morgen. Einmal mehr dürfen bzw. müssen wir eine EWR-Richtlinie in unsere Gesetzessammlung integrieren und die Richtlinie 2009/138/EG betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit, kurz Solvabilität II, erlassen. Diese Richtlinie ist bis zum 31. Oktober 2012 in liechtensteinisches Recht umzusetzen. Solvabilität bringt eine weitgehende Änderung der Aufsichtsprozesse und -instrumente sowie eine grundlegende Neuausrichtung bei der Berechnung der Eigenmittelanforderungen von Versicherungsunternehmen mit sich. Mit Solvabilität werden die bisherigen europäischen Versicherungsrichtlinien aufgehoben und aus Gründen der Klarheit neu gefasst.
Zum besseren Schutz der Versicherungsnehmer beinhalten die neuen Regelungen Solvabilitätsanforderungen, welche sich an den Risiken orientieren, welchen ein Versicherungsunternehmen ausgesetzt ist. Das bedeutet, dass die geforderte Kapitalausstattung von beaufsichtigten Versicherungsunternehmen stärker von der eigenen Risikostruktur abhängig gemacht wird. Daneben trägt eine Modernisierung und Vereinheitlichung des Berichtswesens sowie Vorschriften zur Berichterstattung und Offenlegung sowohl gegenüber der Öffentlichkeit als auch gegenüber der Aufsicht zu Markttransparenz und Marktdisziplin bei.
Ich erlaube mir, die Fakten stichwortartig nochmals kurz zu nennen: - Erforderliches Kapital von Versicherungsunternehmungen - neu risikoabhängig;
- Vollumfängliche Neugestaltung des Berichtswesens;
- Umstellung der bestehenden Kontroll- und Aufsichtsprozesse;
- Finanzielle bzw. personelle Auswirkungen sind schwer vorhersehbar, aber sicher mal +300 Stellenprozent bei der FMA.
So viel zu den Fakten. Auf der Seite 13 des gegenständlichen Bericht und Antrags kann ich dann lesen, dass die Verbände, insbesondere natürlich der Versicherungsverband, welcher speziell von der Richtlinie betroffen ist, insgesamt dreimal zur Stellungnahme eingeladen wurden. Zum 1. Mal am 11. Juli 2007, das 2. Mal am 27. April 2009 und das 3. Mal am 17. Dezember 2009. Erstaunlich, dass ich dann lesen muss, dass keine einzige Stellungnahme eingegangen ist. Warum denn auch? Es werden ja nur das gesamte Berichtswesen und die Aufsichtsprozesse komplett erneuert. Warum denn auch? Der Staat muss lediglich +300 Stellenprozente bei der FMA schaffen. Mir fehlt das Verständnis dafür, dass die Verbände hierzu keinerlei Stellungnahmen eingereicht haben. Ich hoffe, dass wir in diesem Land noch nicht so weit sind, dass die Meinung herrscht, der Staat wird das dann schon zahlen, mir doch egal. Ich hoffe es nicht.
Trotz meiner am Ende etwas kritischen Worte empfehle ich den Abgeordneten, dem Beschluss Nr. 78/2011 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses die Zustimmung zu erteilen. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke. Gibt es weitere Wortmeldungen aus dem Plenum?
Wenn nicht, gebe ich das Wort dem Herrn Regierungschef.Regierungschef Klaus Tschütscher
Danke, Herr Präsident. Vielen Dank für das Votum und die Empfehlung, diesen 103er-Beschluss zu genehmigen. Ich kann Ihnen auch schon sagen, dass wir mit der Umsetzung ziemlich weit sind. Ich habe vor mir den Vernehmlassungsbericht zur Umsetzung dieser Solvabilität-Richtlinie. Wir haben diesen gerade an der letzten Regierungssitzung verabschiedet. Wir werden diesen gemeinsam dann im nächsten Jahr beraten, lesen und dann auch abstimmen müssen. Zumindest in der 2. Lesung hoffe ich dann auf Artikelaufruf. Die Vorlage ist zirka 500 Seiten dick und dazu kommen noch ungefähr 200 Seiten Richtlinientext. Sie sehen also, was da auf uns zukommt. Die Regierung hat, wie gesagt, frühzeitig die Verbände einbinden wollen. Es gibt da auch einen neuen, strukturierten Prozess, den wir vor gut sechs/sieben Wochen noch einmal neu auch aufgesetzt haben unter dem Titel «better regulation», einen frühzeitigen Einbezug der Verbände, damit wir auch die Grössenverträglichkeit solcher Richtlinien, die eben nicht auf Unternehmen ausgerichtet sind und den Markt, wie wir ihn präsentieren. Wir haben keine grossen Skaleneffekte, wir haben ja nicht die grossen Unternehmen bei uns. Nichtsdestotrotz sollten wir uns die Spielräume, die in den Richtlinien drin enthalten sind, erhalten. Und wenn die entsprechenden Ressourcen auch angesprochen wurden, dann können Sie erahnen, dass wahrscheinlich die Expertise andere Ergebnisse gibt, was die personelle Ausstattung zur Überwachung dieser Richtlinien und dieser Aufsichtsfunktionen ergeben würde. Aber wir wollen auch hier haushälterisch damit umgehen und nur das tun, was notwendig ist. Für den Staat kommen keine zusätzlichen Aufwendungen hinzu. Wir haben ja den Staatsbeitrag an die FMA plafoniert vor zirka eineinhalb Jahren.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Danke für die Ausführungen.Abg. Peter Hilti
Danke für das Wort, Herr Landtagspräsident. Danke der Regierung für die Ausführungen. Sie haben angesprochen, dass die Verbände auch verstärkt in die Pflicht genommen werden sollten. Können Sie vielleicht konkret ausführen, damit solche Sachen wirklich nicht mehr passieren, dass man dreimal anfragt - das Berichtswesen und Prüfungswesen werden komplett umgestellt und der Verband nimmt nicht einmal teil. Wie kann man die in die Pflicht nehmen? Danke.Regierungschef Klaus Tschütscher
Danke, Herr Präsident. Der bisherige Prozess war ja so, dass uns die Verbände eine EWR-Verbindungsperson genannt haben und dieser Verbindungsperson wurden dann auch die entsprechenden Richtlinien, bereits bevor sie dem Landtag vorgelegt worden sind im Bereich der Phase, wo sie auch erst ins EWR-Abkommen übernommen wurden, bereits übermittelt. Wir haben jetzt den Prozess umgedreht. Wir haben neu eine Arbeitsgruppe bestellt unter dem Vorsitz der Stabsstelle EWR. Zu diesen Sitzungen wird kontinuierlich eingeladen und dann herrscht natürlich eine Präsenzpflicht - wenn man so sagen will - und sonst wird zumindest protokolliert, wer nicht dabei ist. Das heisst, die Leute müssen sich jetzt Richtung Regierung bewegen und nicht mehr nur freiwillig diese Stellungnahmen eingeben.
Es folgt dann die zweite Phase, nachdem die fachliche Beurteilung erfolgt ist und die Grössenverträglichkeit angesehen wurde, die entsprechende strategische Beurteilung, wie: Passen solche Richtlinien und deren Umsetzung in unsere Landschaft? Dazu wird es dann Empfehlungen zuhanden des Ressorts und schliesslich der Regierung geben. Und die Regierung wird dann in der dritten Phase anhand dieser aufgearbeiteten Unterlagen die Entscheidungen in politischer Hinsicht treffen können. Und dadurch erwarten wir mehr Effizienz und auch mehr Struktur in diesem ganzen Verfahren, aber eindeutig auch mehr Engagement.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Besten Dank für die Ausführungen. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt, können wir uns dem Antrag der Regierung zuwenden. Er lautet: «Der Hohe Landtag wolle dem Beschluss Nr. 78/2011 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses die Zustimmung erteilen».
Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte jetzt die Stimme abgeben. Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 21 Stimmen
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Damit hat der Landtag mit 21 Stimmen bei 22 Anwesenden die Zustimmung erteilt und wir haben somit Traktandum 23 abgeschlossen. -ooOoo-