UMWANDLUNG DER DIENSTSTELLE FÜR BANKENAUFSICHT IN EIN AMT FÜR FINANZDIENSTLEISTUNGEN (NR. 99/1998), 1. LESUNG
Landtagspräsident Peter Wolff:
Dann kommen wir zu Punkt 23 unserer Tagesordnung: Bericht und Antrag der Regierung zur Umwandlung der Dienststelle für Bankenaufsicht in ein Amt für Finanzdienstleistungen. Es handelt sich dabei um eine Gesetzesvorlage: Gesetz betreffend die Umbenennung der Dienststelle für Bankenaufsicht. Bericht und Antrag der Regierung steht zur Diskussion.Abg. Gabriel Marxer:
Sehr geehrte Damen und Herren. An und für sich habe ich da zu diesem Bericht und Antrag nicht viel zu sagen ausser etwas, was mich als Rechtsanwalt persönlich betrifft: Die Aufsicht über die Rechtsanwälte durch das Amt von Finanzdienstleistungen sollte eigentlich nur den Teil betreffen - oder nur insoweit stattfinden - als die Rechtsanwälte als Finanzintermediatäre -wie es so schön heisst in einem wunderbaren neudeutschen Wort - tätig sind, also soweit die Rechtsanwälte dem Sorgfaltspflichtgesetz bei der Entgegennahme von Fremdvermögen unterstellt sind. Ich glaube nicht, dass im Übrigen eine Unterstellung der Rechtsanwälte unter das Amt für Finanzdienstleistungen zu erfolgen hat. Insbesondere denke ich also da an Abnahme der Rechtsanwaltsprüfungen, Bewilligungserteilungen etc. Ich wäre froh - der Regierungschef nickt so oft schon mit dem Kopf -, wenn er dies zum Protokoll bestätigen kann.Abg. Rudolf Lampert:
Ich habe eine Frage an die Regierung, nämlich, was denn hier überhaupt zusammengelegt werden soll. Wenn ich Ihren Bericht und Antrag lese, stelle ich fest, dass dieses Amt einfach umbenannt wird, und ich kann keine einzige Funktion feststellen, die nun zusätzlich in dieses Amt kommen soll. Das Einzige, was noch Sinn machen würde, wurde ausgeklammert, nämlich das Versicherungswesen. Sie sprechen hier davon, dass Synergien erzielt werden sollen. Auf Seite 7 - beispielsweise - sagen Sie, dass eine Aufsplittung der Kompetenzen sich mittel- bis langfristig als nachteilig erweist. Nun frage ich Sie, welche Kompetenzen denn hier aufgesplittet waren und zwischen wem?Dann führen Sie auf Seite 9 die Wahrnehmung der Aufgaben im Zusammenhang mit Treuhändern, Rechtsanwälten, Patentanwälten und Wirtschaftsprüfern aus, d.h. Sie führen eben nicht aus, wer diese Aufgaben bis heute überhaupt wahrgenommen hat.Dann eben das Einzige, was zusammengeführt werden könnte: Da schreiben Sie auf Seite 11, dass Sie in ein paar Jahren Klarheit darüber haben werden, ob die Schaffung eines eigenen Amtes für Versicherungsaufsicht allenfalls eine sinnvolle Alternative darstellt. Also, mir ist bei all den Ausführungen nicht klar geworden, was Sie nun überhaupt zusammenführen. Sie geben diesem Amt einen neuen Namen. Aber ich habe nichts erkannt, was jetzt hier verändert werden soll.Abg. Egon Matt:
Auch ich bin für Eintreten auf dieses Gesetzesvorlage, weil ich doch - im Gegensatz zum Abg. Lampen - hier, Synergieeffekte in der Aufsicht des Staates erkennen kann zwischen der Bankenaufsicht und der Aufsicht über die Rechtsanwälte, Treuhänder, Patentanwälte und Wirtschaftsprüfer. Was mich aber besonders interessiert hat an diesem Bericht und Antrag und was ich eigentlich mit grosser Genugtuung zur Kenntnis genommen habe, ist der Teil I, wo die Regierung die Ausgangslage beschreibt und eigentlich darauf eingeht, was staatliche Aufsicht überhaupt beinhaltet.Ich habe mit sehr grosser Befriedigung das Kapitel über die Versicherungsaufsicht, d.h. über die Aufsicht über die Sozialversicherungen und Privatversicherungen, gelesen. Es heisst da, dass die Aufsichtsbehörde z.B. zuständig ist für die Beobachtung der internationalen Rechtsentwicklung und die ständige Weiterentwicklung der versicherungsrelevanten Rechtsnormen in Liechtenstein, dass sie dafür auch an nationalen und internationalen Arbeitsgruppen teilnehmen sollte. Mir sind Erinnerungen an die Vergangenheit hochgekommen. Ich kann nur sagen: Wenn die Versicherungsaufsicht im Bereich der Sozialversicherungen diesen Auftrag wahrgenommen hätte, so wie er hier steht, dann hätte das Debakel um die LKK sicher nicht passieren können, weil dann nämlich die Versicherungsbehörde bemerkt hätte oder bemerken hätte müssen, dass die internationale Rechtsentwicklung riesige Fortschritte gemacht hat und dass unsere Aufsichtsnormen hier in Liechtenstein nur noch als rudimentär zu bezeichnen sind. Deshalb denke ich, dass, wenn die Regierung wirklich so die Versicherungsaufsicht definiert, dass das auch Einfluss oder Eingang nehmen müsste in eine Revision des Krankenversicherungsgesetzes.Regierungschef Mario Frick:
Danke für das Wort. Zuerst zum Votum des Abg. Gabriel Marxer: Ein einfaches Ja, Sie haben Recht. Ich bin dankbar für den Einwurf, den Sie gebracht haben,damit das klar gestellt ist. Die Ausführungen der Regierung haben da in der Tat ein gewisses Missverständnis geweckt. Man muss klar unterscheiden, wo welche Aufsichten wahrgenommen werden. Im Bereich der Rechtsanwälte ist ja auch das Obergericht z.B. zuständig.Dann zum Abg. Rudolf Lampert: Das Amt für Finanzdienstleistungswesen erfüllt mehrere Funktionen. Zuerst einmal möchten wir Funktionen zusammenführen und Synergieeffekte gewinnen. Sie haben die Aspekte auf Seite 9 selber angesprochen. Heute ist das aufgeteilt. Ein Teil wird vom Ressort Justiz, ein Teil wird vom Ressort Präsidium wahrgenommen, d.h. von den zuständigen Sachbearbeitern. Die Aufsicht im Bereich der Sorgfaltspflicht wiederum von der Dienststelle für Bankenaufsicht. Das macht einfach wenig Sinn, indem drei Stellen sich zum Teil um überlappende Sachverhalte kümmern. Wir haben das vor kurzem erst wieder gemerkt. Da ging es um einen Fall, in dem sich jemand gegen das Bankengesetz verhielt, oder genau gesagt, das Bankengesetz war der einzige Ansatzpunkt dieser Firma, wo wir einhaken konnten. Aufgefallen war es aber in einem anderen Ressort. Wir könnten einfach damit die Kompetenzen und Aufsichtsfunktionen zusammenführen und unseres Erachtens verbessern.In einem ersten Schritt sollen somit diese Bereiche zusammengeführt werden. Das Amt soll aber auch Zeichen setzen. Wir möchten einen Ansprechpartner möglichst für alle Fragen des Finanzdienstleistungsbereiches schaffen, was heute nicht der Fall ist. Und das Dritte ist: Das Amt soll auch ein Gefäss für den Privatversicherungsbereich bilden. Wir wollen uns da zwar noch ein Türchen offen halten, aber die wahrscheinlichste Variante ist in der Tat die, dass in zwei, drei Jahren, wenn der Privatversicherungsbereich das ausreichende Volumen erreicht hat, der Privatversicherungsbereich in dieses Amt hinein verlegt wird. Heute ist es einfach so, dass noch zu viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehrere Funktionen, und zwar sowohl im Sozialversicherungsbereich als auch im Privatversicherungsbereich, wahrnehmen, so dass es kontraproduktiv wäre, wenn hier jetzt schon ein Splitting stattfinden würde.Dann zur im Kleid des Lobes daherkommenden kritischen Bemerkung des Abg. Egon Matt: Ich glaube, ich habe Sie richtig verstanden. Sie haben sicherlich Recht, dass man im neuen Krankenversicherungsgesetz auch im Hinblick auf die Rechtsfortentwicklung gross Bedacht nehmen muss. Ich kann Ihnen versichern, dass die Vorlage der Regierung, die noch im Dezember kommen wird - auf jeden Fall noch im Dezember kommen wird - Ihrem Wunsch schon Rechnung getragen hat. Ich nehme aber gerne zur Kenntnis, dass Eintreten auf diese Vorlage unbestritten ist. Ich denke, dass hiermit ein gutes Zeichen gesetzt werden kann und gleichzeitig vernünftige Synergieeffekte erzielt werden können. Danke für die Aufmerksamkeit.Abg. Rudolf Lampert:
Darf ich noch eine Frage anhängen? Können Sie mir erklären, warum die Dienststelle nun in ein Amt für Finanzdienstleistungen umgewandelt wird. Was ist der Grund dafür?Abg. Alois Beck:
Sie haben ausgeführt, Herr Regierungschef, dass die wahrscheinlichste Variante ist, dass in zwei, drei Jahren der Privatversicherungsbereich auch unter dieses Amt für Finanzdienstleistungen kommen soll. Hat die Regierung auch schon Vorstellungen betreffend den Sozialversicherungsbereich? Soll dieser Bereich dann auch verselbständigt werden oder verbleibt er beim Amt für Volkswirtschaft?Regierungschef Mario Frick:
Die erste Frage des Abg. Rudolf Lampert werde ich beantworten. Betreffend Sozialversicherung überlasse ich gern Herrn Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter das Wort.Der Grund, dass wir ein Amt schaffen wollen oder das Ganze in ein Amt umwandeln wollen, ist zum einen inhaltlicher Natur. Die Dienststelle für Bankenaufsicht hat sich in den letzten Jahren entwickelt und wird durch die Umschichtung von Aufgaben sich noch weiter entwickeln, noch mehr an Gewicht erhalten. Wenn wir uns vielleicht in der Geschichte bewegen: Die Dienststelle für Bankenaufsicht kümmerte sich am Anfang wirklich «nur» um Banken. Dann kamen neue Aspekte im Bereich der Sorgfaltspflichtgesetzgebung dazu. Ein sehr wichtiger Bereich, der auch bei Treuhändern, Rechtsanwälten etc. ansetzt. Dann der Bereich der Geldwäscherei, wo der Dienststelle für Bankenaufsicht eine wichtige Funktion zukommt. Dann generell die Aufgaben im Bereich der Geldtransfers.Es sind verschiedene EU-Richtlinien im Umsetzung, die im Bereich des Geldtransfers nicht nur von Banken, sondern auch von Postämtern verschiedene Voraussetzungen aufbauen, um eben Geldwäscherei zu verhindern. Dann verschiedene «kleinere» Gesetze im Bereich der Börse im weitesten Sinne bzw. des Wertschriftenhandels; ich denke nur an das Offenlegungsgesetz. Es zeigt sich einfach, dass aus dieser Dienststelle - eine Dienststelle ist ja in der Regel eher etwas Kleines, konkret auf eine Aufgabe konzentriert - sich ein Amt entwickelt hat.Wir können feststellen, dass wir mit der Art und Weise, wie dieses Amt geführt wird, sehr zufrieden sind und wir sehen, dass wir noch weitere Synergieeffekte erzielen können, wenn Aufgaben, die jetzt an verschiedenen Orten wie gesagt - im Ressort Justiz, Ressort Präsidium und im Ressort Finanzen hat es auch noch gewisse Aufgaben - verteilt sind, in einer Amtsstelle zusammengeführt werdenkönnen. Das bedeutet auch, dass in Zukunft auch die Treuhänder eine Anlaufstelle haben, nämlich das Amt für Finanzdienstleistungswesen, wo sie ihre Bedenken anbringen können. Heute war das so, dass sie zum Teil bei der Dienststelle für Bankenaufsicht waren, dann bei meinem Ressortsekretär Norbert Hemmerle und zum Teil auch beim Ressort Justiz.Das ist der Hintergrund. Vielleicht ist er nicht klar genug herausgekommen. Ganz klar: Die heisseste Option ist, dass der Versicherungsbereich - Privatversicherungsbereich - in zwei, drei Jahren auch integriert werden sollte.Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren. Es ist klar so, dass auch im Bereich der Sozialversicherung eine Verstärkung der staatlichen Aufsicht geplant ist, beginnend mit einer Verbesserung der gesetzlichen Grundlagen. Es ist ja nicht so, dass nur die eine oder andere Verordnung mangelhaft, unvollständig, erneuerungsbedürftig wäre, sondern ganz grundsätzlich ist der Gesetzgeber gefordert, hier klarere und ausführlichere Bestimmungen zu schaffen. In der von der Regierung im Juli dieses Jahres verabschiedeten Vernehmlassungsvorlage zur Revision des Krankenversicherungsgesetzes können Sie bereits Vorschläge für eine verstärkte Aufsicht im Bereich der Krankenversicherung finden. Diese werden auch im Dezember im Bericht und Antrag zum KVG selbstverständlich dann enthalten sein.Dann sind natürlich auch auf der Ebene der Organisation Massnahmen zu treffen. In einer ersten Etappe, möchte ich daran erinnern, haben wir im Jahr 1995 im Zuge der Reorganisation des Amtes für Volkswirtschaft bereits einen erheblichen personellen und strukturellen Ausbau der Versicherungsaufsicht gemacht. Man kann nun sagen: Für bestimmte Fälle gerade zu spät. Aber immerhin: Wir haben im Zuge des Projektes Privatversicherung gleichzeitig auch die Sozialversicherungsaufsicht massiv verbessern können. Heuer läuft eine zweite Etappe der Reorganisation des Amtes für Volkswirtschaft. Ich benutze gerne die Gelegenheit, einen Satz dazu zu sagen.Heute ist die Versicherungsaufsicht in der Abteilung Wirtschaft mit integriert. Das ist meines Erachtens ein suboptimaler Zustand. Die Reorganisation hat unter anderem das Ziel, Wirtschaft und Versicherungsaufsicht zu trennen, in zwei separaten Abteilungen zu führen. Das soll nach den Plänen des Ressorts Wirtschaft per 1. Januar 1999 durchgeführt werden. Ich hoffe, meine Kollegen sehen das auch so.Ich schliesse nicht aus, dass es eine dritte Etappe geben wird zur Stärkung der Versicherungsaufsicht, die bis zur Ausgliederung des Versicherungsbereichs, auch des Sozialversicherungsbereichs, aus dem Amt für Volkswirtschaft reichen könnte. Es bestehen Ansichten, die mir nicht abwegig scheinen, bestimmte Bereiche derSozialversicherung in einem separaten Amt anzusiedeln. Hier muss aber noch daran gearbeitet werden. Das kann ich nicht ankündigen, sondern als eine Idee, als eine nicht schlechte Idee, in den Raum stellen. Klar ist, dass wir eine gut funktionierende und straffe Aufsicht über den wichtigen Bereich der Sozialversicherung brauchen und daran arbeiten, diese zu bekommen.Landtagspräsident Peter Wolff:
Wenn die Diskussion beendet ist, stimmen wir ab. Wer für Eintreten auf diese Vorlage ist, möge die Hand erheben.Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 20 Stimmen
Landtagspräsident Peter Wolff:
Damit können wir mit der 1. Lesung des Gesetzes beginnen.Art. I wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 1 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 2 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 2 steht zur Diskussion.
Abg. Gabriel Marxer:
Ich habe hier nur eine Bemerkung. Mit diesem Gesetz wird man nicht andere Gesetze abändern können. Die Formulierung scheint mir etwas sonderbar. Früher hat es einfach geheissen: Wo in anderen Gesetzen von so und so die Rede ist, ist damit das Amt für Finanzdienstleistungen gemeint. Dass man mit diesem Gesetz auch in anderen Gesetzen die Begriffsbestimmungen ersetzen kann, scheint mir eine etwas sonderbare Formulierung. Ich wollte das aber nur am Rande bemerkt haben.Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 3 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 3 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Damit haben wir diese 1. Lesung beendigt. Bevor wir uns mit der Frage befassen, ob drei neue Bankkonzessionen zu erteilen sind oder etwas Ähnliches ? eine Finanzgesellschaft und zwei Banken - machen wir eine halbstündige Imbiss-Pause.PAUSE
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