GESETZ ÜBER DIE GLEICHSTELLUNG VON FRAU UND MANN (GLEICHSTELLUNGSGESETZ, GLG) (NR. 87/1998), 1. LESUNG
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir kommen zu Traktandum 31: Bericht und Antrag der Regierung betreffend die Schaffung eines Gesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann. Der Bericht der Regierung steht zur Diskussion.Stellv. Abg. Dorothee Laternser:
Herr Präsident, meine Damen und Herren. Die im Bericht und Antrag der Regierung vorgelegte Fassung eines Gleichstellungsgesetzes ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Nachdem die rechtliche Gleichstellung von Frau und Mann in unserer Gesetzgebung seit 1996 durchgängig vorhanden ist, geht es hier um die faktische Gleichstellung im Erwerbsleben, von der wir noch weit entfernt sind. Verschiedene internationale völkerrechtliche Verpflichtungen ist unser Land in dieser Hinsicht bereits eingegangen. Nun geht es darum, ein Gesetz zu verabschieden, das der Beseitigung bestehender und der Vermeidung neuer Diskriminierungen am Arbeitsplatze dient im Sinne einer Chancengleichheit für Frauen und Männer, und zwar in jeder Hinsicht: Bei der Anstellung, bei der Aufgabenzuteilung, bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung.Es ist zur Genüge bekannt, dass Frauen für gleichwertige Arbeit oft schlechter bezahlt werden als Männer. In diversen Untersuchungen in unseren Nachbarstaaten finden sich weitverbreitet erhebliche Lohnungleichheiten zwischen Frauen und Männern für die gleiche Arbeit. Es werden Zahlen angegeben zwischen 15 und 20%. Bei uns ist die Situation sicher ähnlich. Das ist ein absolut untragbarer Zustand, der nicht länger toleriert werden kann, und deshalb ist hier ein Hauptansatzpunkt der Gesetzesvorlage. Für gleiche Arbeit muss der gleiche Lohn gezahlt werden für Männer und Frauen und nicht nur für gleiche Arbeit, sondern auch für gleichwertige Arbeit. Ausdrücklich steht im Gesetzestext, dass niemand aufgrund seines Geschlechtes direkt oder indirekt benachteiligt werden darf. Der Vollständigkeit halber muss gesagt werden, dass nach geltendem liechtensteinischen Arbeitsvertragsrecht ungleicher Lohn für gleiche Arbeit schon heute rechtswidrig ist.Das Gleichstellungsgesetz verschafft den Betroffenen jedoch weitergehende differenziertere Möglichkeiten zur Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche, wie sich im Weiteren ergeben wird. Abgesehen von den Lohnungleichheiten werden Frauen häufig schon bei der Bewerbung um eine Arbeitsstelle diskriminiert. Die Familiensituation wird dabei vielfach von den Arbeitgebern als Unsicherheitsfaktor betrachtet. Das Gleiche gilt für die innerbetriebliche Aus- und Weiterbildung und die Beförderung. Bei Einsparung von Arbeitsplätzen sind Frauen rascher von einer Entlassung bedroht. Dagegen bietet das vorgesehene Gleichstellungsgesetz mit dem Diskriminierungsverbot in Art. 3 und den Rechtsansprüchen in Art. 5 eine klare Handhabe für die Betroffenen. Eine wesentliche Hilfe ist dabei die in Art. 6 vorgesehene Beweislasterleichterung, d.h. die betroffene Person muss die Diskriminierung glaubhaft machen, die z.B. bei der Anstellung, Entlassung oder Entlöhnung vorliegt. Der Beweis liegt dann beim Arbeitgeber, da ihm die Beweismittelunterlagen vorliegen, z.B. welche Löhne welchen Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen gezahlt werden. Die Beweislasterleichterung ist ein Ausgleich für die ungleiche Verteilung der Beweismittel und von daher ein ganz wichtiges Element der Gesetzesvorlage.Von weiterer grosser Bedeutung ist das Verbandsklagerecht, das in der Gesetzesvorlage enthalten ist. Bestimmte Vereinigungen können in eigenem Namen feststellen lassen, dass eine Diskriminierung vorliegt und damit die betroffenen Arbeitnehmer/-nehmerinnen wesentlich unterstützen. Allerdings wäre es wünschenswert, dass die betreffenden Organisationen auch einschreiten können, wenn das Verfahren im Moment nur eine einzelne Person betrifft. Darauf möchte ich bei der Lesung des Gesetzes eingehen.Ein Kernpunkt, d.h. ein sehr wichtiger und notwendiger Bestandteil der Gesetzesvorlage ist Folgendes: Jedes belästigende Verhalten sexueller Natur, das die Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz beeinträchtigt, ist diskriminierend und zieht entsprechende Rechtsansprüche der Betroffenen nach sich. Ziel und Inhalt dieser Bestimmung ist es, die Arbeitgeber zu veranlassen, Massnahmen zu ergreifen, die die sexuelle und persönliche Integrität der Beschäftigten schützen, z.B. durch entsprechende innerbetriebliche Reglements und bestehende Diskriminierungen zu beseitigen und neue zu verhindern. Wird dagegen verstossen, haben die Betroffenen Rechtsansprüche, die allerdings im Zusammenhang mit der sexuellen Diskriminierung eindeutiger formuliert werden sollten. Im vorliegenden Gesetzestext steht, dass bei der Diskriminierung durch sexuelle Belästigung der betroffenen Person eine Entschädigung ausgesprochen werden kann, wenn der Arbeitgeber vorgängig die Möglichkeit hatte, dagegen anzugehen. Die Kann-Bestimmung ist durch ein Muss zu ersetzen. Darauf werde ich bei der Lesung des Gesetzes zurückkommen.Ein wichtiges Element der Gesetzesvorlage ist der Kündigungsschutz bei Rachekündigungen. Allerdings zeigen Erfahrungen, z.B. aus der Schweiz, dass sich der in diesem Zusammenhang vorgesehen Kündigungsschutz von 6 Monaten über dasVerfahren hinaus in der heutigen Wirtschaftslage als zu kurz erweist. Deshalb möchte ich für eine längere Frist von 12 Monaten eintreten.Ein sehr positiver und wichtiger Punkt der Gesetzesvorlage ist folgender: Die gesetzliche Verankerung der Kommission für die Gleichberechtigung von Frau und Mann sowie des Gleichstellungsbüros. Das ist ausserordentlich begrüssenswert. Beide leisten eine sehr wichtige und wirkungsvolle Arbeit. Bei dieser Gelegenheit ist beiden, also der Gleichberechtigungskommission sowie dem Gleichstellungsbüro, sehr für die grundlegende Arbeit an dieser Gesetzesvorlage zu danken, speziell der sehr kompetenten Leiterin des Gleichstellungsbüros, Frau Bernadette Kubik-Risch.Die heute zur behandelnde Gesetzesvorlage lehnt sich wohlbegründet eng an das seit Juli 1996 in Kraft befindliche schweizerische Gleichstellungsgesetz an. Von daher sei es gestattet, kurz auf die dort in den 2 Jahren gewonnenen Erfahrungen hinzuweisen. Wie von Frau Stauber, der Vorsitzenden der zürcherischen Schlichtungsstelle zu erfahren ist, habe sich keineswegs eine Prozessflut eingestellt. Das Gesetz habe eine beträchtliche präventive Wirkung. Die Arbeitgeberschaft nehme das Gesetz mehrheitlich ernst. Abgesehen davon biete das Gesetz beim Abschluss von Einzelarbeitsverträgen den Frauen eine wichtige Argumentationshilfe und sensibilisiere die Arbeitgeber für das Problem der Lohndiskriminierung.Abschliessend danke ich der Regierung für diese sehr wichtige Gesetzesvorlage und spreche mich für Eintreten aus.Stellv. Abg. Christel Hilti:
Herr Präsident, Damen und Herren. Das Gleichstellungsgesetz, das uns heute zur 1. Lesung vorliegt, entspricht einem alten Anliegen der Freien Liste und vieler Nichtregierungs-Organisationen, die sich für die Gleichstellung von Frau und Mann einsetzen. Es kann im Abbau von Benachteiligungen von Frauen im Erwerbsleben ein weiterer Meilenstein sein und ist deshalb zu begrüssen. Der Vorschlag zur Schaffung eines Gleichstellungsgesetzes stammt von der Regierungskommission für die Gleichberechtigung von Frau und Mann. Die Regierung hat in der Folge im April 1997 eben dieser Kommission den Auftrag erteilt, ein Konzept zur Erstellung eines Gleichstellungsgesetzes auszuarbeiten.Der von der Regierung vorgelegte Vernehmlassungsbericht wich aber in entscheidenden Punkten von den Vorstellungen der Kommission ab. Dies hatte zur Folge, dass die Mitglieder der Kommission für die Gleichberechtigung von Frau und Mann mehrheitlich entschieden, sich zusammen mit dem Gleichstellungsbüro an der Vernehmlassung zu beteiligen. Als Mitglied der damaligen Kommission war auch ich der Meinung, in erster Linie der Sache und nicht der Regierung verpflichtet zu sein.Die Regierung hat im Bericht und Antrag an den Landtag auf die verschiedenen internationalen Abkommen verwiesen, denen Liechtenstein im Laufe der Jahre beigetreten ist und welche uns Verbesserungen im Bereich der Gleichbehandlung und Chancengleichheit vorschreiben. Dass sich unser Land vor diesen Entwicklungen nicht drücken kann und soll, versteht sich von selbst. Als reiches und kochentwickeltes Land sollten wir uns aber gerade in gesellschafts- und sozialpolitischen Bereichen mehr leisten können als nur den niedrigsten vorgeschriebenen Standard. Dies tun wir aber, wenn wir im vorliegenden Gesetzesentwurf nicht noch einige massgeblichen Verbesserungen anbringen. Der vorliegende Gesetzesentwurf hält sich mit wenigen Ausnahmen an das schweizerische Vorbild, das seit 1995 in Kraft ist. Die Vorlage des Bundesrates beinhaltet einige weiterreichende Forderungen, die sich aber auf dem Weg durch die Instanzen nicht halten konnten. Würde dieser Entwurf hier noch einmal reduziert, wird das Gesetz das Papier nicht wert sein, auf dem es steht. Ich hoffe vielmehr, dass Verbesserungen angebracht werden können, wo sich in der schweizerischen Praxis heute schon Schwachstellen zeigen.Erfahrungen aus der Schweiz und anderen Staaten haben gezeigt, dass ein Gleichstellungsgesetz vor allem präventive Wirkung hat. Damit das Gesetz aber seine präventive Wirkung erzielen kann, muss es klar und auch für juristische Laien verständlich formuliert sein. Es reicht nicht, dass nicht explizit aufgeführte Massnahmen unter einem der aufgeführten Begriffe subsumiert werden können oder sogar der Lehre und Rechtsprechung überlassen werden. Kaum ein Laie wird annehmen, dass z.B. unter Art. 3 Personen aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung nicht diskriminiert werden dürfen, wenn es im Gesetz nicht explizit aufgeführt ist. Anders verhält es sich wiederum mit Aufzählungen wie z.B. in Art. 4: Diskriminierung durch sexuelle Belästigung, wo Beispiele angeführt sind, die schon strafrechtliche Tatbestände darstellen und in diesem Zusammenhang völlig überflüssig sind. Die selektive Aufzählung von schwerwiegenden Belästigungen kann als Gradmesser für sexuelle Belästigungen aufgefasst werden und das Wort "insbesondere", das klärend wirken sollte, wird kaum zur Kenntnis genommen.Im Ganzen gesehen ist die Gesetzesvorlage sehr arbeitgeberfreundlich angelegt. Es wird ganz offensichtlich davon ausgegangen, dass das Gleichstellungsgesetz von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ausgenutzt werden könnte. Diese Annahme scheint in vielen Gesetzesartikeln durch. So z.B. auch, wo es um die Beweislastumkehr/Beweislasterleichterung geht. Gemäss Regierungsbericht gibt es einen Entwurf der EG-Kommission zu einer Richtlinie, die in Fällen von geschlechtsbedingten Diskriminierungen zumindest die starke Vermutung zulässt, dass hier Beweislastumkehr gemeint ist. Dort heisst es in Art. 4, ich zitiere: "es dem Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat. Verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Beklagten". Und weiter heisst es noch: "Diese Richtlinie berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, eine für die klagende Partei günstigere Beweislastregelung vorzusehen". Die Regierung wählt die Minimalvariante, die Beweislasterleichterung.Der Vorschlag der Kommission für die Gleichstellung von Frau und Mann sah die Beweislastumkehr vor. Ebenso wurde in mehreren Stellungnahmen zur Vernehmlassung die Beweislastumkehr gefordert, weil es ohne Beweislastumkehr in der Praxis schwieriger sein wird, den geschlechtsbedingten Diskriminierungen beizukommen.Die Schonung der Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen zeigt sich aber auch darin, dass die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz schon gar nicht unter die Beweislasterleichterung fallen soll. Aus den mir vorliegenden Unterlagen geht nicht hervor, ob es noch EWR-konform ist, wenn die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz aus der Beweislasterleichterung herausgenommen wird. Auf jeden Fall überzeugt das Argument im Regierungsbericht nicht, wonach dem Arbeitgeber nicht die Beweislast für etwas auferlegt werden kann, was nicht direkt, sondern nur indirekt in seinem Einflussbereich steht. Eine Zwischenfrage: Als ob eine sexuelle Belästigung ausschliesslich von Angestellten und niemals vom Patron selbst begangen werden könnte. Auch wenn der Arbeitgeber nicht selbst die sexuelle Belästigung begeht, ist die Beweislasterleichterung gerechtfertigt. Nach liechtensteinischem Recht haftet ein Arbeitgeber auch dann, wenn einer seiner Angestellten einem Dritten gegenüber einen Schaden verursacht. Im Falle der sexuellen Belästigung kann und soll sogar der Arbeitgeber präventive Massnahmen ergreifen, die Fälle von Übergriffen am Arbeitsplatz verhindern helfen. Es ist also nicht einsichtig, warum gerade die sexuelle Belästigung von der Beweislasterleichterung ausgenommen werden soll. Die Praxis zeigt, dass sich betroffene Frauen in der Regel scheuen, sich nach aussen gegen diese Diskriminierung zur Wehr zu setzen, und dies mit gutem Grund. Der psychische Aufwand, das Sich-Exponieren und oftmals die Ausgrenzungen im Betrieb müssen ertragen werden können. Eher wechseln Frauen den Arbeitsplatz, was aber in der heutigen Beschäftigungslage ein grosses Problem sein kann. In dieser prekären Situation kann die Beweislasterleichterung für die betroffene Frau immerhin eine Hilfe sein. Fehlt auch noch diese Hilfe, wird dieses Gesetz unglaubwürdig.Positiv zu Art. 5 ist zu vermerken, dass eine diskriminierende Ablehnung einer Anstellung in den Anwendungsbereich der Beweislasterleichterung fällt. Davon werden vor allem auch junge Frauen profitieren, die bis anhin aufgrund der biologischen Möglichkeit, schwanger zu werden, eine Anstellung nicht bekamen, aber keine Möglichkeit sahen, sich erfolgreich dagegen zu wehren. Bei abgewiesenen Bewerbungen ist es besonders schwierig, ein diskriminierendes Verhalten nachzuweisen, zumal der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin über alle Beweismittel verfügt. Es wird schon schwer genug sein, eine Diskriminierung glaubhaft zu machen. Sie aber zu beweisen, ohne über Beweismittel zu verfügen, ist fast unmöglich. Die Beweislasterleichterung im Falle einer diskriminierenden Ablehnung einer Anstellung ist, wie in der Vorlage vorgesehen, unbedingt beizubehalten.Auf weitere Punkte wie das Verbandsklagerecht, die vorgesehenen Fristen für Klagen und Einsprüche und die Besetzung der Schlichtungsstelle werde ich im Verlauf der 1. Lesung eingehen.Das Gleichstellungsgesetz ist in der Schweiz seit gut 3 Jahren in Kraft. Der Umstand, dass dieses Gesetz bei uns mit Verspätung kommt, hat den Vorteil, dass wir aus Fehlern anderer lernen können. Etliche Mängel, von denen ich hier einige angesprochen habe und die auch von schweizerischen Frauenorganisationen und Gewerkschaften beklagt werden, können wir beheben.Gleichstellung von Mann und Frau ist ein wichtiger Bereich in meiner privaten und politischen Arbeit. Wenn ich an die Zeit vor 20 Jahren zurückdenke, hat sich hinsichtlich der Gleichstellung der Frauen vieles verbessert. Vor bald 15 Jahren wurde mit der Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechts ein entscheidender Schritt getan. Frauen können sich politisch aktiv einmischen, d.h. aber noch lange nicht, dass sie über die gleich langen Spiesse verfügen. Die Rollennorm, die die Verantwortung für Kinder und Haushalt prinzipiell an Frauen delegiert, erschwert den Frauen den Zugang zu Beruf und politischen Ämtern sehr und ermöglicht vielen einen Einstieg erst dann, wenn die Kinder aus dem, wie wir sagen -"Gröbsten heraus" sind. Und dass viele Frauen für die gleiche Arbeit schlechter bezahlt sind als Männer, wird oft noch als naturgegeben angesehen. Es ist also eine Frage der Rechtsgleichheit, wenn Frauen Hilfsmittel in Form von Gesetzen in die Hand bekommen, die sie unterstützen.Frauen und Männer Abgeordnete: Wenn wir es schaffen, diesem Gesetz den Biss zu geben, den es braucht, um wirksam zu sein, haben wir in Liechtenstein wiederum einen wichtigen gesellschaftspolitischen Schritt in die richtige Richtung getan. Trotz meiner etlichen Vorbehalte bin ich für Eintreten auf die Vorlage.Abg. Helmut Konrad:
Auch ich bin für Eintreten auf diese Vorlage. Nach der rechtlichen Gleichstellung der Geschlechter stellt die Schaffung eines Gleichstellungsgesetzes eine Massnahme zur faktischen Gleichstellung, und zwar im Bereich des Erwerbslebens, dar. Viele Bereiche, die in diesem Gesetz geregelt sind, sind zwar bereits heute in anderen Rechtsbereichen, z.B. im Arbeitsvertragsrecht, geregelt. Die vorliegende Gesetzesvorlage aber stellt eine ergänzende und korrespondierende Rechtsquelle dar, die diesen ganzen Bereich auch in einem Gesetz zusammenfasst. Das hier festgeschriebene allgemeine Diskriminierungsverbot geht aber auch über diese bereits jetzt vorhandenen Regelungen hinaus. Wir haben einige Bereiche gehört, z.B. den Bereich der Lohn- und Entschädigungsansprüche, was Aussagen zu sexuellen Belästigungen am Arbeitsplatz betrifft, was Beweislasterleichterung anbetrifft, Verbandsklagerecht und andere Bereiche. Diese weitergehenden Bestimmungen sind sicherlich dahingehend wertvoll und zu begrüssen, weil sie zu einerVerbesserung der Gleichstellung der Geschlechter beitragen können. Wichtiger aber ist es, eine Veränderung grundsätzlich in unserem Bewusstsein zu erwirken, um eine tatsächliche Gleichstellung im Alltag zu erreichen. Es ist mir aber bewusst, dass das ein schwieriger und deshalb auch langwieriger Prozess ist, der durch eine solche rechtliche Massnahme unterstützt werden kann oder unterstützt werden muss.Was mir ein wenig Mühe macht, ist diese Verrechtlichung, die mit dem Anliegen verbundenen ist. Die Regierung versucht hier zwar, in einigen Bereichen Zurückhaltung zu üben, auch ein wenig aus Angst vor einer - wie es im Bericht und Antrag heisst - Amerikanisierung der Verhältnisse. Und hier habe ich ein wenig eine andere Auffassung, als wir sie vorhin von der Abg. Hilti gehört haben. Ich denke, wenn man das zu - wie sie sagt - griffig oder sehr griffig gestaltet, dass dann eben die Möglichkeit solcher häufiger Klagen gegeben ist. Hier eben einen Mittelweg zu finden, zwischen einerseits dem Ziel, eine wirksame Massnahme zur Durchsetzung der faktischen Gleichstellung zu schaffen und andererseits doch nicht mit einer zu grosszügigen Auslegung Prozesse oder Klagen Tür und Tor zu öffnen, also diese Balance zu finden, ist wahrscheinlich die Schwierigkeit, die mit diesem Gesetz verbunden ist.Und mir scheint es, dass hier, soweit ich es beurteilen kann, ein Mittelweg beschritten worden ist, den ich unterstützen kann. Ob das Gesetz dann einen wirklichen Fortschritt in der Gleichstellung der Geschlechter bedeutet, das wird auch künftig schwierig zu beurteilen sein. Die Regierung geht davon aus - davon wird im Bericht und Antrag einige Male gesprochen -, dass es zu wenigen Klagen kommen wird. Wenn man sich überlegt, worauf diese Überzeugung basiert, gibt es verschiedene mögliche Erklärungen. Eine hat die Frau Abg. Hilti schon vorweggenommen. Vielleicht, wie Frau Abg. Christel Hilti gesagt hat, eben dass das Gesetz möglicherweise zu wenig, sicher aus ihrer Sicht zu wenig griffig sei. Eine andere, davon bin ich auch nicht überzeugt, dass es an sich wenig Diskriminierung gibt, jetzt schon und dann vielleicht in der Folge, wenn Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber aufgrund dieses Gesetzes mehr Vorsicht walten lassen. Und eine Dritte ist auch angesprochen worden: Dass trotz eines griffigen Gesetzes dann halt doch Angst davor besteht, Klagen einzureichen, Rechte einzufordern, auch wenn wir ein griffiges Gesetz haben.Dann noch etwas, was bei mir ein wenig einen faden Beigeschmack hinterlassen hat bei der Lektüre des Berichts und Antrags, ist die Tatsache, dass man - so ist es mir ergangen - das Gefühl nicht los wird, dass man mit Gleichberechtigung immer stark Gleichberechtigung mit der. Erwerbstätigkeit in Verbindung bringt und gleichsetzt und dass die Haus- und Erziehungsarbeit unterschwellig immer noch, oder eben, wenn ich es lese, fast immer mehr, als minderwertig betrachtet wird. Dabei muss man meines Erachtens diesem Bereich viel Gewicht beimessen und Sorge dafür tragen, dass er von Mann oder Frau heute - in der traditionellen Rollenverteilung ist es vorwiegend die Frau -, dass man eben in gemeinsamerVerantwortung diesen Bereich wahrnimmt. Mir scheint das einfach ein wichtiges Anliegen.Und dann noch ein letzter Hinweis. Ich möchte noch ganz kurz einfach noch einmal auf die Diskussion um die sprachliche Gleichbehandlung eingehen. Wir haben gestern eine Variante gehört, dass man weibliche Bezeichnungen nimmt und damit Männer einschliesst. Also eine provokative Neuerung, wie es der Vizeregierungschef genannt hat. Hier wird der Weg beschritten, dass man beide, männliche und weibliche Bezeichnungen, einfach konsequent verwendet und dadurch eben diesem Anliegen der Gleichberechtigung und Gleichstellung Genüge tut. Und ich möchte noch einmal betonen: Mir scheint das der sinnvollste Weg zu sein, und ich möchte der Regierung beliebt machen, künftig auf diese Lösung sich einzuschwören und nicht diese Lösungen, wie wir sie bisher gehabt haben, eben männliche Bezeichnungen zu wählen und weibliche damit einzuschliessen, aber auch nicht die umgekehrte Form. Ich finde, das ist eine konsequente Handhabung, auch wenn sie manchmal vielleicht Texte schwer lesbar macht. Ich denke, es ist die sinnvollste Lösung.Abg. Oswald Kranz:
Herr Präsident, Frauen und Herren Abgeordnete. Im Jahre 1992 wurde der Gleichberechtigungsgrundsatz in die Landesverfassung aufgenommen: Mann und Frau sind gleichberechtigt. In Art. 31 der Verfassung stand bisher schon der Satz: "Alle Landesangehörigen sind vor dem Gesetze gleich". Mit dem Landesgesetzblatt 1971 Nr. 22 wurde präzisiert, dass unter dem Begriff "Landesangehörige" alle Personen mit liechtensteinischem Landesbürgerrecht ohne Unterschied des Geschlechts zu verstehen sind. Mit der Verankerung des Gleichberechtigungsgrundsatzes erging der Verfassungsauftrag, das Verfassungsideal mit der Verfassungswirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen. Der Verfassungsgrundsatz der Rechtsgleichheit im Allgemeinen und die Rechtsgleichheit von Frau und Mann im Besonderen gehören zu den anerkannten Teilen des Rechtsstaates.So wurden in den letzten Jahren in unserem Land grosse Anstrengungen unternommen, um die rechtliche Gleichstellung von Frau und Mann herbeizuführen. Die St. Galler Regierungsrätin, Frau Kathrin Hilber, die kürzlich hier zu Besuch war, hat sich denn auch sehr anerkennend geäussert über die Arbeit der Gleichstellung und Frauenförderung in unserem Land. Ich darf Frau Hilber kurz zitieren. Sie sagte: "Ich finde, die Arbeit in Sachen Frauenförderung hat in Liechtenstein einen sehr professionellen Anstrich, vor allem das Bewusstsein rund um Regierungsrätin Andrea Willi ist beneidenswert und vorbildlich".Die rechtliche Gleichstellung ist heute verwirklicht. Die Regierungsvorlage zur Schaffung eines Gleichstellungsgesetzes ist nun ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg von der rechtlichen Gleichstellung zur faktischen und partnerschaftlichenGleichberechtigung. Eine Fülle von weiteren Massnahmen, welche dieser Zielsetzung dienen, wurden im Gleichstellungsbericht 1997 von der Regierung aufgezeigt. In einer aufschlussreichen Dokumentation hat die Regierung den Massnahmenkatalog zur Förderung der Gleichstellung und die in der Gleichstellungspolitik erreichten und anzustrebenden Ziele vorgestellt. Die Dokumentation informiert auch über die Aktionsplattform der Weltfrauenkonferenz von Peking und den Stand ihrer Umsetzung. Ich habe auch die jetzt an den Landtag verteilte informative Broschüre mit Interesse zur Kenntnis genommen.Die Regierungsvorlage schafft notwendige Voraussetzungen für die faktische Verwirklichung des Gleichberechtigungsartikels. Sie ist also ein entscheidender rechtlicher Schritt hin zu einer gerechteren und solidarischeren Gesellschaft. Die Frage von Gleichberechtigung und Gleichstellung ist immer auch sehr wesentlich eine Sache der Einstellung der Gesellschaft gegenüber der Partnerschaft zwischen Frauen und Männern. Dieser partnerschaftliche Gedanke muss wachsen und sich entwickeln.Nicht erst seit 1992, als wir den Gleichberechtigungsgrundsatz in der Verfassung verankert haben, hat ein erheblicher gesellschaftlicher Wandel, vor allem auch in den Lebensbereichen Familie, Ausbildung und Berufsleben, stattgefunden. Im Mittelpunkt des Gleichstellungsgesetzes steht die Gleichstellung im Erwerbsleben. Mit der gewählten Formulierung in Art. 19: "Das Gleichstellungsbüro fördert als Stabsstelle der Regierung die Gleichstellung von Frau und Mann in allen Lebensbereichen" und "es erarbeitet in Zusammenarbeit mit öffentlichen oder privaten Gleichstellungseinrichtungen Förderungsprogramme", erhält das Gleichstellungsbüro einen erweiterten Auftrag. Zusammen mit diesem erweiterten Auftrag und mit der in Art. 16 ermöglichten Finanzhilfe an öffentliche und private Institutionen für Förderprogramme geht die Bedeutung des Gesetzes über den Bereich des Erwerbslebens hinaus. Auch wenn die Verwirklichung der Gleichstellung ein Stück weit immer ein Ideal bleiben sollte, das es anzustreben gilt, so wird das Gleichstellungsgesetz wesentlich dazu beitragen, dass Rechtsgleichheit im Alltag auch zunehmend als wirkliche Chancengleichheit erlebt werden kann.Im Gleichbehandlungsgebot geht es immer um die Frage, ob eine Unterscheidung von Gleichem mit Ungleichem auf vernünftigen Gründen beruht. Die Beantwortung dieser Frage wird allenfalls - je nach weltanschaulichen Vorstellungen -unterschiedlich ausfallen. Wichtig dabei ist die Erkenntnis, dass mit der Förderung der Gleichberechtigung auch Voraussetzungen für mehr Freiheit der einzelnen Person geschaffen wird, das Recht nämlich, mehr sich selbst zu sein. Gleichberechtigung hat daher sehr viel mit Gleichheit und Freiheit zu tun, aber überhaupt nichts mit Gleichmacherei. Das Gesetz gilt für alle privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse des Landes und der Gemeinden. Betreffend die privatrechtlichen Arbeitsverhältnisse ist festzuhalten, dass das Prinzip der Vertragsfreiheit nicht aufgehoben wird. Es wird durch dieses Gesetz an jenes der Nichtdiskriminierung aus Gründen des Geschlechts gebunden.Das Gesetz will mit dem generellen Diskriminierungsverbot im Erwerbsleben erreichen, dass bei allen Arbeitsbedingungen Chancengleichheit besteht: Eine wichtige Voraussetzung für Chancengleichheit ist der Schutz der Würde am Arbeitsplatz. Bei diesem Gesetz geht es daher auch um Menschenwürde, und Menschenwürde darf nicht in Frage gestellt werden. Es umschreibt die Rechtsansprüche von Betroffenen, es regelt die Beweislast. Organisationen und Vereinigungen wird unter bestimmten Bedingungen ein Klagerecht gewährt. Weitere Bestimmungen regeln die Stellung der Kommission für Gleichberechtigung, welche damit gesetzlich verankert wird und auf Dauer eingerichtet wird. Wie ich dem Regierungsbericht entnehme, ist die Kommission heute sehr aktiv. Ebenso wird das Gleichstellungsbüro als Stabsstelle der Regierung als ständige Einrichtung des Staates im Gesetz festgeschrieben. Das Gleichstellungsbüro nimmt eine wichtige Funktion in der Förderung der rechtlichen und faktischen Gleichstellung ein.Mit Genugtuung darf festgehalten werden, dass in unserem Land in den letzten Jahren enorme Fortschritte in der Verwirklichung der rechtlichen und faktischen Gleichstellung erzielt worden sind. Dafür danke ich der Regierung. Das Gleichstellungsgesetz wird über seine Wirkung als Rechtsinstrument hinaus eine Signalwirkung entfalten und die Gesellschaft für Fragen der Gleichberechtigung weiter sensibilisieren. Ich spreche für Eintreten auf die Vorlage.Landtagsvizepräsident Otmar Hasler:
Herr Präsident, meine Damen und Herren. Noch ist es normal und noch ist es auch nachvollziehbar, dass sich vor allem Frauen zu Wort melden, wenn es um die Themen Gleichbehandlung / Gleichberechtigung geht. Denn es sind ja auch tatsächlich Frauen, die in dieser Gesellschaft in vielen Bereichen benachteiligt wurden und werden. Deshalb müssen sie sich wehren, müssen sie sich zu Wort melden, um der Gleichbehandlung zum Durchbruch zu verhelfen. Aber noch sind es auch vielerorts vor allem von Männern dominierte Parlamente, die über Gesetzesvorlagen entscheiden, die diesem Thema gewidmet sind.Wir befinden uns in einer Gesellschaft, die sich im Umbruch befindet, vor allem auch im Umbruch, was das Rollenverständnis von Mann und Frau anbetrifft. Dabei geht dieser Umbruch für Frauen, die engagiert sind, natürlich viel zu langsam, und das ist gut verständlich. Aber wie jeder gesellschaftliche Prozess dauert auch dieser Prozess seine Zeit. Ich möchte da ein Wort von Karl Popper, dem Philosophen, an den Beginn meiner wenigen Ausführungen stellen, der einmal gesagt hat: "Natürlich gibt es keine vernünftige Gesellschaft, aber es gibt immer eine Gesellschaft, die vernünftiger ist als die heutige." Und diese Gesellschaft müssen wir anstreben, für diese Gesellschaft müssen wir arbeiten. Das ist eine Gesellschaft, die partnerschaftlich organisiert ist, wie ich meine, eine Gesellschaft, in der die Gleichberechtigung von Mann und Frau verwirklicht sein soll.Wir haben heute ein Faltblatt bekommen, das die Kernpunkte des geplanten Gleichstellungsgesetzes beinhaltet, und hier ist eigentlich diese Gesellschaft sehr schön umschrieben, wenn ich da lese: "Lohngleichheit bei gleicher Qualifikation, gleiche Aufstiegsmöglichkeiten im Beruf, familienverträgliche Arbeitswelten, die auch Männern neue Perspektiven eröffnen, innovative Formen der Teilzeitarbeit und alternative Arbeitszeitmodelle". Das alles soll darauf hinwirken, dass tatsächlich Chancengleichheit für Frau und Mann besteht. Eine solche Gesellschaft ist anzustreben, und ich glaube, sich auf diesen Weg zu bewegen, das lohnt sich allemal.Da braucht es natürlich zur heutigen Zeit noch vermehrt Frauenförderung, Förderung in Bildung und Ausbildung, auch was sogenannte männliche Berufe betrifft. Es braucht aber auch eine Aufwertung der - ja wie in unserer Gesellschaft immer noch betont wird - typisch weiblichen Betätigungsfelder wie Hausarbeit und Erziehungsarbeit. Wenn diese Tätigkeiten aufgewertet werden, dann bin ich auch überzeugt, dass sie vermehrt partnerschaftlich wahrgenommen werden, dass vermehrt dann auch partnerschaftlich organisiert wird, wer im Nichterwerbsleben steht, wer im Erwerbsleben steht, oder ob man das teilzeitlich miteinander ausmacht.Aber ich finde, es ist sehr wichtig, dass das auch gesagt wird, dass eben auch die Erziehungsarbeit und die Hausarbeit eine ganz wichtige und für die Gesellschaft eine bedeutende Arbeit sind, dass sie dementsprechend aufgewertet werden müssen und dass hier Bevormundungen abgebaut werden. Also, wer das auch immer macht: Das ist nicht weniger wertvoll, wenn das auch von Männern oder von Frauen wahrgenommen wird. Hier muss auch ein gesellschaftlicher Bewusstseinsprozess passieren und dieser Prozess wird doch eine Weile dauern. Er wird über die Erziehung möglich werden. Allerdings muss gesagt werden: Diejenigen, die erziehen, die haben auch ihr Rollenverständnis, sind auch geprägt und deshalb wird das nur Schritt für Schritt vor sich gehen. In diesem Bereich kann Partnerschaft nicht oktroyiert werden, sie kann nicht einfach nur vorgeschrieben werden. Ich glaube, solche gesellschaftlichen Prozesse setzen voraus, dass Bewusstseinsänderungen passieren und Gesetze können das im besten Fall begleiten und nachvollziehen.So verstehe ich auch das Gesetz, das heute zur Beratung ansteht, nämlich das Gesetz zur Gleichbehandlung von Mann und Frau. Es soll diesen Bewusstseinsprozess begleiten, es soll prophylaktisch wirken. Es kann jedoch nicht alles vorschreiben, es kann nicht alles geregelt werden. Dieses Gesetz umfasst ja auch das Erwerbsleben und kann ja nicht die anderen Bereiche umfassen, oder will sie ja nicht umfassen, nämlich die Bereiche der Erziehungsarbeit, die Bereiche der Hausarbeit. Auch hier gilt es, dass auch hier Gleichstellungen passieren, dass auch hier Aufwertungen passieren. Wir versuchen, das in einem ganz bestimmten Bereich zu tun. Ich erinnere an unsere Krankenkasseninitiative. Da wollen wir Hausarbeit, Erziehungsarbeit in diesem Bereich der Erwerbsarbeit gleichstellen.Das Gesetz selber ist übernommen aus der Schweiz. Es ist praktisch wörtlich von dort übernommen worden. Man kann also auch auf die Erfahrungen abstützen, die in der Schweiz gemacht wurden. Hier wurden ja schon dementsprechende Ausführungen gemacht. Da möchte ich mich nicht mehr wiederholen. Ich schliesse mich da den Ausführungen meines Kollegen Helmut Konrad an. Ich bin für Eintreten auf diese Gesetzesvorlage.Abg. Ingrid Hassler:
Geschätzte Damen und Herren. Im Anschluss an die Vorredner möchte ich noch einige Anfügungen machen: Förderung heisst in diesem Gesetz nicht, dass positive Massnahmen ergriffen werden, um faktische Benachteiligungen zu kompensieren. Es ist also keine Handhabe zur Durchsetzung von Quotenregelungen oder zur Bevorzugung von einem Geschlecht. Diesen Aspekt habe ich oft gehört, dass man deswegen ein Gleichstellungsgesetz brauche.Das neue Gesetz zeichnet sich aus, in meinen Augen, auch aus der Erfahrung von der Schweiz, durch einen hohen Grad an Präventionswirkung und auch zur Hinterfragung der einzelnen Kernpunkte. Die Sensibilisierung in heiklen Themen, wie mehr Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, aber auch die Durchsetzung von Lohnklagen, teils über ein Klagerecht durch Verbände, wird den Gleichstellungsprozess sehr nützlich unterstützen. Die Arbeitgeberschaft wird dieses Gesetz wegen des höheren Prozessrisikos ernst nehmen, ihre Betriebe durchleuchten und bestehende Diskriminierungen beseitigen müssen. Ich finde es auch wichtig, dass dieses Gesetz bei der Neuverhandlung von Gesamtarbeitsverträgen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern entsprechend berücksichtigt werden muss. Das Gesetz verbietet bekanntlich in Art. 3 auf vielen Ebenen eine Benachteiligung. Besonders verletzend ist es - und das möchte ich immer wieder betonen -, wenn für die gleiche oder gleichwertige Arbeit weniger Lohn bezahlt wird, nur wegen dem Geschlecht. Die Lohnungleichheiten gehen bis zu 20 % Unterschied und zum grössten Teil zu Lasten der Frauen. In einem schlanken Gesetz optimiert auch unser Land die Voraussetzung für einen nötigen Fortschritt in der Gleichstellung im Erwerbsleben. Ich möchte der Regierung danken, dass sie diese Vorlage ohne Verzug vorgelegt hat, und bin für Eintreten.Zu zwei Voten möchte ich noch Stellung nehmen. Es ist klar, dass einige Artikel in dieser Vorlage zu diskutieren und im Sinne von Vernehmlassungspunkten zu ändern sind. Dafür werde ich auch einstehen. Aber von einer arbeitgeberfreundlichen Vorlage zu sprechen, dem kann ich nicht folgen. Ich konnte auch hier im Landtag während der letzten Jahre die Fortschritte der Gleichberechtigung und auch in Sachen Gleichstellung aufs Nächste verfolgen. Sie war geprägt, auch von Seiten der Regierung, von gezielter Umsetzung. In diesem Prozess dürfen wir mit gutem Gewissen im Parlament und in der Regierung weiterfahren.Ich war ehrlich erfreut, dass die Regierung schon Mitte Februar 1997, also sofort nach Abschluss der Umsetzung der gleichen Rechte im Gesetz, ein solches Gesetz in Angriff nahm. In meinen Augen ist es keine schwache Vorlage, weil sie eben das Resultat von allen Vernehmlassungsteilnehmern berücksichtigt.Dann war bei den Abgeordneten Otmar Hasler und Helmut Konrad der Aspekt der Familienarbeit in den Vordergrund gestellt worden. Dieser Aspekt, diese Anerkennung, die bleibt nach wie vor hoch bedeutend. Das ist allen ganz klar und ohne Zweifel immer wieder vor Augen. In diesem Gesetz müssen wir aber beachten, dass es hier um Benachteiligungen im Erwerbsleben geht, die wirklich korrigiert werden müssen. Sie betreffen teilweise auch Männer und viele Frauen. Sie stehen in der Familienarbeit, aber viele Frauen stehen auch im Erwerbsleben. Es gibt jugendliche Frauen, die im Erwerbsleben stehen, die durchaus einen Schutz brauchen. Ich habe auch schon Erfahrungen kennengelernt. Es braucht Schutz auch für Frauen, die sich mit dem Wiedereinstieg nach der Zeit der Familienarbeit befassen. Also es wird mit diesem Gesetz keine Aberkennung der Familienarbeit vorgeschlagen oder in Betracht gezogen, und wir sollten das hier nicht vermischen. Es geht um die Benachteiligungen im Erwerbsleben. Diese Diskriminierungen sollten bekämpft werden.Abg. Peter Sprenger:
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete. Auch ich bin für Eintreten auf diese Vorlage. Die Gründe, weshalb es sich um einen grossen Mosaikstein auf dem Weg zur wirklichen, faktischen Gleichberechtigung der Frau handelt, wurden von meinen Vorrednern aufs Trefflichste dargelegt. Ich beschränke mich auf fünf ganz kurze persönliche Bemerkungen:1. Ich möchte vor zu grossen Ängsten warnen. In der Schweiz hat es in den gut 3 Jahren, in denen das Gesetz in Kraft ist, meines Wissens zu genau einer Verurteilung geführt. Diese wurde nota bene von norwegischen Praktikantinnen erreicht. Wenn man in Relation setzt, dass sich in der Schweiz etwa 7 Mio. Einwohner aufhalten, kann man sich vorstellen, dass es weit ins nächste Jahrtausend dauern könnte, bis wir auch einen liechtensteinischen leading case ausweisen können.2. Ich möchte sagen, dass diese Vorlage eine bessere Gelegenheit gewesen wäre zur erstmaligen Artikulation des Primats der weiblichen Form als das heute und gestern gelesene Urhebergesetz. Stattdessen haben wir es heute - ich möchte da an die Ausführungen des Kollegen Konrad anschliessen - wieder mit den beiden Formen zu tun. Ich möchte das nicht vertiefen, aber das hätte irgendwo besser hierher gepasst.3. Ich möchte meinem Gefühl Ausdruck geben, dass irgendwie der Geist der Unsicherheit durch diese Vorlage schwebt. Man ist sich zwar über das Ziel klar. Aber wie man dieses Ziel dann irgendwann erreichen möchte, darüber darfnur gemutmasst werden. Ich werde, zumindest an einer Stelle, bei der Lesung darauf zurückkommen.4. Ich möchte der Hoffnung Ausdruck geben, dass das Gesetz ä la longue nicht zu Auswirkungen dahingehend führt, dass künftige Generationen die Polarität der Geschlechter nur noch bedingt leben dürfen. Wenn jede Äusserung zuerst durch den Filter des Gleichstellungsgesetzes geschickt wird, geht irgendwo die Spontaneität verloren.5. Ich möchte die weibliche Hälfte unserer Bevölkerung um Nachsicht bitten, wenn ich ganz ausnahmsweise auch in Zukunft einen Witz zum Besten gebe, der ganz anflugweise mit Diskrimination in Zusammenhang gebracht werden könnte. Ich möchte Sie bitten, meine Damen: Lassen Sie den Humor weiterleben.Abg. Egon Matt:
Mir ist während der Eintretensdebatte noch eine Kleinigkeit aufgefallen, und zwar haben sehr viele Rednerinnen und Redner von einem Gesetz über die Gleichstellung von Mann und Frau gesprochen. Die Regierung schlägt uns aber vor, ein Gesetz zu schaffen über die Gleichstellung von Frau und Mann. Ich denke, dass diese kleine Spitzfindigkeit mit der Erstnennung der Frau in diesem Zusammenhang durchaus angebracht ist. Ich möchte bei weiteren Wortmeldungen bitten, darauf zu achten.Landtagspräsident Peter Wolff:
Meine Damen und Herren, Eintreten scheint unbestritten zu sein. Ich möchte zum Abschluss der Eintretensdebatte eigentlich nur zwei rechtliche Bemerkungen machen im Zusammenhang mit dem Votum der Abg. Christel Hilti. Sie hat einerseits angeregt, man soll doch den Arbeitgeber für Schäden, für Diskriminierungen, die einer Arbeitnehmerin durch andere Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers entstehen, ohne Wenn und Aber für haftbar erklären und hat dazu auf ein Beispiel aus dem Schuldrecht verwiesen, wonach der Arbeitgeber ja schliesslich auch haftbar sei, wenn seine Mitarbeiter Dritten gegenüber Schaden verursachen.Ich möchte nur darauf hinweisen, dass mir dieses Beispiel nicht gut gewählt erscheint. Dort handelt es sich im Wesentlichen um Auftragsrecht. Wenn der Arbeitgeber, der Unternehmer, einen Werkvertrag z.B. abschliesst mit einem Auftraggeber und diesen, wie es in der Regel der Fall sein wird, zumindest zum Teil durch Erfüllungsgehilfen, durch Angestellte, ausführen lässt, dann haftet er auch für das, was die Erfüllungsgehilfen machen, weil er ja den Auftrag zur Ablieferung eines bestimmten Werkes, z.B. einer Einrichtung im Haus des Auftraggebers oder was auch immer übernommen hat. Wenn seine Mitarbeiter dann dort einen Schaden anrichten, dann haftet er natürlich dafür.Hier handelt es sich aber doch um etwas ganz etwas anderes. Hier geht es doch darum, dass eine Haftung des Arbeitgebers, dann - und nur dann - eintreten soll, wenn seine Mitarbeiter, -von seinem persönlichen Fehlverhalten spreche ich jetzt nicht - wenn seine Mitarbeiter sich eines sexuell diskriminierenden Verhaltens schuldig machen, obwohl der Arbeitgeber alles Zumutbare vorgekehrt hat, dass solches nicht geschehen soll. Ich glaube, mehr kann man einer Arbeitgeberin oder einem Arbeitgeber nicht zumuten, als dass er diesbezüglich das Notwendige vorkehrt.Art. 5 Abs. 3 der Gesetzesvorlage sieht hier auch noch vor, dass er im Vorhinein über eine drohende oder eingetretene sexuelle Belästigung in Kenntnis gesetzt wurde und dann entsprechende Massnahmen zu treffen hat. Wenn er das nicht tut und das somit fahrlässig weiterlaufen lässt, dann soll er haftbar sein. Aber nicht, wenn etwas nicht absehbar war oder er sogar alles Zumutbare gemacht hat und sich irgendeine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter trotzdem in rechtswidriger Weise in diesem Zusammenhang verhält. Da ist wirklich nicht einzusehen, warum dann eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber gewissermassen im Sinne einer Erfolgshaftung um jeden Preis dafür einstehen soll. Das würde, glaube ich, über den Zweck dieses Gesetzes hinausgehen.Und dann noch ein Wort zum Thema der Beweislastumkehr. Die Regierung verwendet hier sehr richtig in Art. 6 den Begriff "Beweislasterleichterung", denn die eigentliche Beweislastumkehr wäre etwas anderes. Das würde bedeuten umgesetzt auf den Inhalt dieses Gesetzes -, dass ein Kläger oder eine Klägerin, eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer, einfach nur etwas behaupten muss und dann wird fingiert, das sei richtig, was behauptet wird, ohne dass man irgendeine Glaubhaftmachung erbringen muss, ohne dass man auch nur den Anschein erwecken muss, das dürfte richtig sein. Es wird zunächst einmal vorausgesetzt, das sei als richtig anzunehmen bis zum Beweis des Gegenteils, bis der betroffene Beklagte oder die betroffene Beklagte das Gegenteil beweist. Das wäre die eigentliche Beweislastumkehr, und das scheint mir doch weit überspitzt zu sein. Warum soll man plötzlich, nur um einen gerechtfertigten Zweck zu erreichen, nämlich die Bekämpfung sexueller Diskriminierung, warum soll man von diesen bewährten Prinzipien unseres Rechts, dass etwas nicht nur behauptet werden muss, dass nicht nur jemand zu Gericht gehen und sagen kann: "Es war so", ohne den geringsten Anschein, dass dies auch richtig sein könnte, warum soll dies zur Grundlage eines rechtlichen Vorgehens einer Verurteilung genommen werden können.Auch die von Ihnen, Frau Abg. Hilti, zitierte vorgesehene EU-Richtlinie beinhaltet das keineswegs, sondern auch dort ist, mit etwas anderen Worten, in dem von Ihnen zitierten Art. 4 auch nur eine Beweislasterleichterung im Ergebnis vorgesehen, denn auch dort müssen die Personen, die sich durch eine von ihnen angenommene Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert erachten, den Anschein glaubhaft machen. Es muss auf den Anschein aufgrund ihrerVorbringen, muss auf den Anschein geschlossen werden können, dass eine Diskriminierung stattgefunden hat. Das ist mit anderen Ausdrücken genau dasselbe wie in der Regierungsvorlage. Es muss zumindest glaubhaft gemacht werden. Sonst, wenn man das so formulieren würde, wie Sie es sich vorstellen, dann könnte ein noch so unsinniges Vorbringen, wenn es einfach nur behauptet wird, müsste zur Grundlage eines rechtlichen Vorgehens gegen eine Arbeitgeberin oder einen Arbeitgeber genommen werden, wenn der nicht zufällig - das kommt dann auf den jeweiligen Anlassfall an, inwieweit das überhaupt möglich ist - wenn der nicht zufällig das Gegenteil beweisen kann. Also ich glaube, diese Punkte sollte man dann bei der Behandlung von Art. 6 des Gesetzes nicht ausser Acht lassen.Wird das Wort noch gewünscht?Regierungsrätin Andrea Willi:
Danke, Herr Präsident. Werte Frauen und Herren Abgeordnete. Ich habe heute eine grosse Freude mit dem Parlament und mit dem Landtag. Ich danke für die partnerschaftliche Aufnahme dieses Gesetzes, für Ihre Voten und für Ihr freudiges Eintreten, wie ich zu spüren vermeine, auf diese Vorlage. Man spürt, dass das Leben schöner ist, wenn Frauen am Arbeitsplatz dabei sind und auch wenn Frauen im Landtag dabei sind. Ihre Voten haben das widerspiegelt und ich hoffe, dass diese Freude dann auch während der Lesung anhalten wird.Es wurde sehr schön gesagt, dass eben Gesetze Bewusstseinsänderungen nachvollziehen. Es ist eine Tatsache, dass Frauen am Arbeitsplatz sind, sehr bemerkbar sind, sehr viel zur Volkswirtschaft beitragen. Aber es ist eben auch noch eine Tatsache, dass sie lohnmässig immer noch diskriminiert sind. Und dieses Gesetz, das wir Ihnen heute vorlegen, will die Benachteiligung der Frau im Erwerbsleben abschaffen, vermindern, und will die Gleichberechtigung vor allem am Arbeitsplatz verwirklichen. Ich stimme Ihnen zu, dass es hier rein um die berufstätige Frau geht. Aber die Regierung ist sich sehr bewusst, dass daneben und ebenso hochrangig oder höherrangig vor allem auch die Frau oder der Mann in der Familienarbeit, in der Erziehungsarbeit noch weiter gefördert und gefordert werden muss.Ich möchte an dieser Stelle vor allem mit einem Dank beginnen. Mit dem Dank an die Gleichberechtigungskommission, die seit vielen Jahren in die Richtung eines Gleichstellungsgesetzes gearbeitet hat, seit 1986 praktisch. Sie hat dann natürlich auf vielen Zwischenstufen Erfolge verzeichnen können: 1992 mit dem Verfassungsartikel, 1996 mit der Verwirklichung der gesetzlichen Gleichstellung, 1996 auch mit der Einrichtung eines Gleichstellungsbüros und sicher heute als weitere Krönung mit der Vorlage eines Gleichstellungsgesetzes. Ich danke auch ganz besonders meiner Mitarbeiterin im Gleichstellungsbüro, Frau Bernadette Kubik-Risch, und meinem Mitarbeiter in der Regierung, Herrn Marcus Rick. Die beiden Genannten haben auf dem Weg zum Vernehmlassungsbericht und danach sehrgrossartige Arbeit geleistet. Ich möchte nicht vergessen alle Nichtregierungs-Organisationen, die seit Jahren diesen Weg beschritten haben. Sie waren eigentlich die Basis aller dieser Erfolge und am Anfang war dieser Weg sicher noch viel dornenreicher als er heute ist. Der Anfang hat ja auch mit dem Dornröschen begonnen.Es wurde ausgeführt, um was es geht im Gesetz. Ich werde hier nicht mehr lange ausholen. Es geht um Lohngleichheit, um die Teilnahme der Frauen am Erwerbsleben, um Arbeitsbedingungen, um die gleichberechtigte Stellung im Berufsleben. Die Probleme oder die Fragen, die angeschnitten worden sind, werde ich anlässlich der Lesung beantworten. Sie haben insbesondere Fragen gestellt zur Beweislasterleichterung, zu den Fristen und zu der Beweislastumkehr oder eben Nichtumkehr bei der sexuellen Belästigung. Hier werde ich bei den jeweiligen Artikeln Ausführungen machen können.Nun noch eine abschliessende Bemerkung zur Gleichstellungspolitik im Allgemeinen. Gleichstellungspolitik ist immer weniger reine Frauenpolitik. Mit Gleichstellungspolitik ist ab heute nicht mehr kompensatorische Politik gemeint, sondern vielmehr muss die Gleichstellungspolitik unter dem Blickwinkel beider Geschlechter erfolgen. Die Gleichstellungspolitik muss eine Prüfung der Frauenrollen und der Männerrollen beinhalten, und gerade die Männer sind sicher in Zukunft vermehrt gefordert, an der Familien- und Erziehungsarbeit teilzunehmen. Alle diese Entwicklungen sind nicht von der Gleichstellungspolitik erfunden worden, sondern die Gesellschaft hat sie eingeführt. Die Gleichstellungspolitik versucht, den gesellschaftlichen Änderungen Rechnung zu tragen. Auch sind diese Tatsachen nicht mehr rückgängig zu machen. Die Gleichstellungspolitik ist eine Folge der gesellschaftlichen Veränderungen, sie ist aber sicher nicht die Ursache. Ursache der gesellschaftlichen Veränderungen sind vielmehr der wirtschaftliche Aufschwung, die gleichen Ausbildungschancen für Frauen, die ihnen den Zugang zum Berufsleben erlaubt haben, die Möglichkeit der Familienplanung, aber sicher auch die sogenannte sexuelle Revolution, die in den 60er Jahren sicherlich begonnen hat.Was sicher vermehrt Mittelpunkt der Gleichstellungspolitik sein muss, ist die Bedeutung der Familie. Die Familie ist nach Ansicht der Regierung das Beste aller sozialen Modelle. Gerade die Familie muss bewahrt und gefördert werden. Diese Förderung und Wahrung setzt aber ein Rollenbewusstsein voraus. Dieses Rollenbewusstsein will die Gleichstellungspolitik vorantreiben. Wer eben schwergewichtig sich der Familie und wer sich dem Beruf widmet in einer Partnerschaft, sollte partnerschaftlich abgemacht werden.Ich darf Ihnen jetzt schon ankündigen, dass wir im Gleichstellungsbüro und in der Regierung im nächsten Jahr den Schwerpunkt auf die Bedeutung der Familienarbeit legen werden, auf die Bedeutung des Mannes in der Erziehungsarbeit. Gleichzeitig werden wir nächstes Jahr auch 15 Jahre Frauenstimmrecht feiernkönnen und wir werden Ihnen bei jeder Gelegenheit zeigen und aufzeigen, wie uns diese 15 Jahre vorwärts gebracht haben. Vielen Dank.Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich hoffe, dass Sie nicht noch auf die Idee kommen, Frau Regierungsrätin, die Bedeutung des Mannes in der Hausarbeit zu untersuchen.Regierungsrätin Andrea Willi:
Das schliessen wir nicht aus.Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können mit der 1. Lesung beginnen.Art. 1 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 1 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 2 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 2 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 3 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 3 steht zur Diskussion.
Stellv. Abg. Christel Hilti:
In Art. 3 möchte ich in Abs. 1 den Zusatz haben: "Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts und ihrer sexuellen Ausrichtung weder direkt noch indirekt usw. benachteiligt werden".Und dann in der letzten Linie das Abs. l: " ...auf eine aktuelle oder zukünftige Schwangerschaft".Abg. Peter Sprenger:
Der Abs. 3 hat mich bereits bei der ersten Durchsicht irgendwie stutzig werden lassen und auch irgendwie sonderbar berührt. Diese Formulierung ist für mich der Buchstabe gewordene Ausdruck einer Aura der Irrationalität, die teilweise durch das Gesetz sich zieht. Wenn ich als Arbeitgeber Massnahmen setze, um den Geist dieses Gesetzes umzusetzen, dann brauche ich keinen gesetzlichen Persilschein, der mich vor dem Vorwurf der Diskriminierung schützt. Hier beisst sich meines Erachtens die Diskriminierungsschlange in den eigenen Schwanz. Ich rege hier eine Streichung an.Abg. Egon Matt:
Ich möchte anregen, in Abs. 2 dieses Artikels auch aufzunehmen, dass Stellenausschreibungen geschlechtsneutral vorgenommen werden müssen. Ich finde es in der heutigen Arbeitswelt absolut angebracht, dass auch für technische Berufe oder Berufe, wo die Frauen jetzt nicht dominant sind, geschlechtsneutrale Ausschreibungen stattfinden, weil der Vormarsch der Frauen auch in diese Berufsgebiete stattfindet und bereits bei der Stellenausschreibung klar ersichtlich sein sollte, dass in jedem Fall auch Frauen sich bewerben können.Regierungsrätin Andrea Willi:
Wir werden diese Anregungen sicher noch einmal überprüfen. Sie wurden ja bereits auch in der Vernehmlassung gemacht. Was die Anregungen der Abg. Hilti betrifft, dass man eben auch die Formel "Personen aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung" hineinnimmt - ich nehme an, da sind die Homosexuellen gemeint - da hat unsere Überprüfung bereits ergeben: Falls eine homosexuelle Person am Arbeitsplatz aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert wird oder werden sollte, kann diese Person bereits aufgrund dieses Gesetzes Entschädigung geltend machen. Also es ist indirekt enthalten. Diskriminierung, die auf das Geschlecht zielt, sei dies nun heterosexuell oder homosexuell, sollte eigentlich in diesem Gesetz berücksichtigt sein.Dann die Stellenausschreibungen bereits geschlechtsneutral zu formulieren: Auch das haben wir überprüft. Jedenfalls, was die öffentlich-rechtlichen Verhältnisse betrifft, ist das heute schon so vorgeschrieben. Die Privatrechtlichen können wir nicht einmal dazu zwingen, dass sie eine Stelle überhaupt ausschreiben, das ist immer noch in der freien Beliebigkeit eines Industrieunternehmens oder einer Bank, ob sie die Stelle ausschreiben. Jedenfalls, wenn sie sie nicht geschlechtsneutral ausschreiben, ist das bereits ein Hinweis auf eine mögliche Diskriminierung. Es ist ja so, dass sich auf eine Stelle, sei sie nun männlich oder weiblich ausgeschrieben, beide Geschlechter bewerben können, bei gleicher Qualifikation beide angestellt werden müssten. Und welche Überqualifikation oder zusätzliche Qualifikation dann halt den Ausschlag gibt, wird immer wohl noch im Ermessen des Arbeitgebers bleiben. Aber wir werden das noch einmal überprüfen bis zur 2. Lesung.Abg. Ingrid Hassler:
Ich wollte als Verständnisfrage zum Begriff "auf die familiäre Situation" fragen: Ist darin die Mutterschaft eingeschlossen? Es gibt doch sehr viel Diskriminierungen, auch wenn eine Frau ein kleines Kind hat. Das verstehe ich dann unter Diskriminierung infolge Mutterschaft. Kann ich mich darauf verlassen, dass im Begriff "auf die familiäre Situation" diese Mutterschaft inbegriffen ist, weil im weiteren Teil die Schwangerschaft klar definiert ist.Stellv. Abg. Christel Hilti:
Ich komme noch auf meinen Antrag zurück wegen der sexuellen Ausrichtung. Wie ich schon im Eintretensvotum gesagt habe, hat das Gesetz, wie es sich in der Schweiz gezeigt hat, vor allem präventive Wirkung. Deshalb sollte es auch ganz klar geschrieben sein, also es sollte für Laien verständlich sein - ich meine jetzt auch Arbeitgeber / Arbeitgeberinnen -, dass diese sexuelle Ausrichtung aufgenommen ist. Es ist mir klar, dass wahrscheinlich jeder Jurist oder zumindest jeder Richter das dann weiss. Aber ich kann mich nicht damit abfinden, dass man dann einfach sagt: Ja, die sind ja mitgemeint. Mit diesem Wörtchen " mitgemeint" haben wir ja unsere Schwierigkeiten, das wissen wir.Und dann habe ich auch den Antrag gestellt: "die aktuelle oder zukünftige Schwangerschaft" anstatt nur "Schwangerschaft", weil, das wird sich vor allem bei Anstellungen bemerkbar machen, dass auch der Arbeitgeber / die Arbeitgeberin wissen, dass eben auch Schwangerschaften gemeint sind, die zum aktuellen Zeitpunkt nicht bekannt sind.Abg. Alois Beck:
Ich möchte die Regierung fragen, ob innerhalb der Landesverwaltung bereits Richtlinien oder Vorschriften bestehen, die eine geschlechtsneutrale Stellenausschreibung vorsehen.Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich möchte einerseits die Anregungen der Abg. Hilti, im Abs. 1 den Begriff der "sexuellen Ausrichtung" einzufügen, ausdrücklich unterstützen, da ich gar nicht so sicher bin, ob es ohne Einführung dieser Worte so problemlos bei der Anwendungspraxis auch auf diese Fälle Anwendung findet. Andererseits möchte ich die Regierung bitten, doch nochmals zu Abs. 3 Stellung zu nehmen. Der Abg. Sprenger hat etwas überspitzt von einer Schlange, die sich in den Schwanz beisst, gesprochen. Gemeint ist damit wohl, dass dieser Absatz, wenn er ohne nähere Interpretation so stehen bleibt, in gewissen Fällen geradezu zu einer Umkehrung der Gleichstellung der Geschlechter führen könnte, insbesondere wenn man auf Seite 32 die Ausführungen der Regierung dazu liest. Hier steht nämlich: "Diese Bestimmung soll vor allem verhindern, dass Massnahmen, die ein Arbeitgeber ergreift, um den Anteil der Frauen in seinem Unternehmen zu erhöhen und ihre Stellung zu verbessern, im Sinne von Art. 3 als diskriminierend betrachtet werden". Da möchte ich doch fragen, ob die Regierung diese Bestimmung so versteht, dass ein Arbeitgeber, der, sagen wir einmal, 10 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat, nämlich 2 Arbeitnehmerinnen und 8 Arbeitnehmer - kann der bei Stellenausschreibungen, solange er nicht genau gleich viel hat - 5:5 - gleich oder besser qualifizierte Männer bei der Ausschreibung links liegen lassen und so lange nur Arbeitnehmerinnen einstellen, bis er auf ein zahlenmässig gleiches Verhältnis kommt, ohne das Diskriminierungsverbot zu verletzen.Regierungsrätin Andrea Willi:
Vielleicht gleich zu Ihrer letzten Frage zuerst. Die Regierung hat ja Richtlinien zur Verbesserungen der Vertretung und der beruflichen Stellung der Frauen erlassen. Gemäss diesen Richtlinien kann z.B. die Regierung für Abteilungen, wo die Frauen noch sehr stark untervertreten sind, einen Satz hineinnehmen, wo sie schreibt: "Frauenbewerbungen sind besonders erwünscht, da eine Erhöhung des Frauenanteils in allen Bereichen und Funktionen der Landesverwaltung angestrebt wird". Und dann wird geschaut bei den Bewerbungen, ob die Qualifikation erfüllt ist, die die Stelle voraussetzt. Bei gleicher Qualifikation von einem Mann und einer Frau kann dann eine Frau angestellt werden. Das ist keine Diskriminierung des Mannes.Dann die Frage vom Abg. Alois Beck, eben wie gesagt: Öffentlich-rechtliche Arbeitsverhältnisse müssen ja ausgeschrieben werden und müssen geschlechtsneutralausgeschrieben werden. Also das wird bereits praktiziert; ich weiss nicht, seit wieviel Jahren schon.Dann war noch einmal die Frage, ob unter der familiären Situation auch die Mutterschaft subsumiert ist: Sie ist. Und wegen der zukünftigen und aktuellen Schwangerschaft: Wir können das noch einmal überprüfen; aber unseres Erachtens ist unter dem Titel "Schwangerschaft" auch eine zukünftige inbegriffen. Wir werden das noch einmal rechtlich abklären.Landtagspräsident Peter Wolff:
Dass es in den Richtlinien der Regierung für die Landesverwaltung so geregelt ist, das weiss ich schon, Frau Regierungsrätin. Aber mich interessiert ja die Situation in der Privatwirtschaft. Ihre Ausführungen, dass zur Förderung der tatsächlichen Gleichstellung in einer Abteilung -in der Privatwirtschaft wäre das ein einzelner Betrieb - eine Bevorzugung eines Geschlechts bei gleicher Qualifikation mit den Bewerbern des anderen Geschlechts zulässig ist, das halte ich sicher für richtig und zulässig. Aber meine Frage ist, ob dieser Abs. 3 so zu verstehen ist, dass als angemessene Massnahme auch eine Bevorzugung von Bewerbern des einen Geschlechts, die weniger qualifiziert sind als Bewerber des anderen Geschlechts, als zulässig anzusehen wäre?Regierungsrätin Andrea Willi:
Meines Erachtens nicht.Landtagspräsident Peter Wolff:
Danke für diesen Hinweis. Wir können weiterlesen.
Art. 4 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 4 steht zur Diskussion.
Stellv. Abg. Christel Hilti:
Ich beantrage, dass man den 2. Satz ersatzlos streicht und, wie ich auch schon gesagt habe: Hier geht es um eine exemplarische Aufzählung von relativ schwerwiegenden Tatbeständen und die könnten implizieren, dass das jetzt also sexuelle Belästigungen sind und das Wort "insbesondere" eben nicht zur Kenntnis genommen wird. Das ist dann eben auch wieder für die Anwender / Anwenderinnen des Gesetzes sehr wichtig, dass sie hier klar wissen: Sexuelle Belästigung ist mehr als hier steht, was ja recht schwierige Vergehen sind, sondern es kann sich sehr wohl auch um entwürdigende Witze und Anspielungen handeln. Aber auf diese Idee kommt man eigentlich nicht beim Lesen dieses Artikels.Abg. Egon Matt:
Auch ich finde diese Aufzählung von krassen Fällen nicht geeignet, die sexuelle Belästigung weiter einzugrenzen. Ich möchte deshalb diesen Vorschlag unterstützen, dass man den 2. Satz weglässt und dafür aber einen Satz einfügt, der mehr auch in Richtung Respekt der Intimsphäre geht. Ein Satz, der z.B. lauten könnte: "Die sexuelle Freiheit und Würde umfasst das Recht auf absoluten Respekt der Intimsphäre". Das würde bedeuten, dass auch sexuelle Belästigungen, die nicht unbedingt schon strafgesetzlich verfolgt werden, die die Intimsphäre verletzen, dass das unter sexuelle Belästigung geht.Landtagspräsident Peter Wolff:
Die Anregung halte ich für sehr überdenkenswert, während ich andererseits Ihre Kritik an dem Satz mit dem Wort "insbesondere" nicht für richtig halte, Frau Abg. Hilti. Das ist eine Gesetzestechnik, mit der wir laufend zu tun haben, mit der auch die Gesetzesanwender laufend zu tun haben. Und dass das Wort "insbesondere" übersehen oder überlesen würde, das glaube ich ganz bestimmt nicht. Das kommt fast in jedem Gesetz vor. Meistens in sehr wichtigen Artikeln, dass gewisse Tatbestände entweder beispielsweise - oft mit dem Wort "insbesondere" - oder eben taxativ, indem es dann heissen würde: "Belästigendes Verhalten sexueller Natur ist" und dann wird aufgezählt, 1., 2., 3. etc., dass das so dargestellt wird. Und wenn etwas insbesondere dargestellt wird, dann liegt es schon in der Natur der Sache, dass da die eindeutigen, die schwerwiegenderen Verhaltensweisen aufgezählt werden. Das wird ja auch durch das Wort "insbesondere" ganz speziell ausgedrückt. Das schliesst keineswegs aus, dass andere Belästigungen sexueller Natur dann nebensächlich oder nicht mehr ahndbar sein sollen. Aber noch einen Satz in etwa der Art, wie es der Abg. Matt erwähnt hat, einzufügen, das scheint mir wirklich überlegenswert.Wir können weiterlesen.
Art. 5 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 5 steht zur Diskussion.
Stellv. Abg. Christel Hilti:
Ich schlage vor, dass man in Art. 5 Abs. 3 im ersten Satz die Kann-Bestimmung durch eine andere Wortwahl ersetzt, und zwar, dass es heisst: "Bei der Diskriminierung durch sexuelle Belästigung hat die betroffene Person zudem Anspruch darauf, dass das Gericht oder die Verwaltungsbehörde eine Entschädigung zuspricht".Und wenn das zu weit geht, dann hätte ich noch die andere Anregung. Wenn die Kann-Bestimmung bestehen bleibt, muss unbedingt zumindest "in der Regel" hineingesetzt werden: "kann das Gericht oder die Verwaltungsbehörde in der Regel der betroffenen Person", dass hier wirklich zum Ausdruck gebracht wird, dass das nicht das Gericht einfach so im Notfall dann kann, sondern dass es eigentlich die Regel ist und eher die Ausnahme, das nicht zu tun. Das wäre die zweite Variante. Aber ich finde, es sollte auf jeden Fall hier klarer zum Ausdruck kommen.Dann habe ich noch eine kleine Anmerkung in der 3. Zeile vom 3. Absatz, da heisst es: "wenn die Arbeitgeberinnen oder die Arbeitgeber", das ist plötzlich im Plural, das könnte genauso gut auch im Singular stehen und wäre wahrscheinlich einfacher zu lesen.Und dann habe ich noch eine Frage an die Regierung. Da heisst es im letzten Satz des Abs. 3: "Die Entschädigung ist unter Würdigung"usw. "auf der Grundlage des liechtensteinischen Durchschnittlohns errechnet". Was der liechtensteinische Durchschnittslohn ist, ist für mich eher schleierhaft. Was denkt hier die Regierung, wie das gelöst wird?Stellv. Abg. Dorothee Laternser:
Ich möchte unterstützen, was die Abg. Christel Hilti eben zum Abs. 3 im Art. 5 gesagt hat, und zwar zu der Kann-Bestimmung. Es ist ja im weiteren Absatz sehr eingeschränkt, wann es überhaupt zum Tragen kommt und zwar nur dann, wenn der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin vorgängig über die sexuelle Belästigung in Kenntnis gesetzt wurde und keine billigerweise zuzumutenden Massnahmen getroffenhat. Also, nur mit diesen Einschränkungen trifft ja dieser Absatzteil zu. Daher würde ich auch meinen, dass da eine Muss-Bestimmung stehen sollte.Abg. Egon Matt:
Für mich ist dieser Abs. 3 von Art. 5 überhaupt sehr fragwürdig geworden, und zwar aus folgendem Grunde: Das ist einiger der wenigen Artikel, die gegenüber der schweizerischen Vorlage abgeändert wurden. Hier wurde neu die Bestimmung aufgenommen, dass die diskriminierte Arbeitnehmerin eine Meldung machen muss an den Arbeitgeber, also den Arbeitgeber davon in Kenntnis setzen muss, dass eine sexuelle Belästigung stattgefunden hat.Wenn man aber den schweizerischen Artikel liest, dann sieht das so aus: Sinn dieses Artikels war es, eine Haftung des Arbeitgebers einzufügen, wenn dieser keine präventiven Massnahmen ergriffen hat, und zwar zum Vornherein, bevor irgendeine Belästigung passiert ist. Der Gedanke war, dass man die Arbeitgeber insofern in die Pflicht nimmt, dass sie gewisse präventive Massnahmen ergreifen müssen in ihren Betrieben. Der Schweizerische Arbeitgeberverband hat das für sich definiert, das ist auf Seite 21 auch erwähnt. D.h., dass dieses Gesetz in den Betrieben eigentlich bekannt sein sollte, das bekannt sein muss, dass sexuelle Belästigung in einem Betrieb nicht geduldet wird und dass, wenn solche Übergriffe stattfinden, klar sein muss, was dann passiert.Also es war die Idee, die Arbeitgeber zu gewissen präventiven Massnahmen zu verpflichten. Wenn sie dem nicht nachgekommen sind, dann konnte es passieren, dass sie haftbar wurden, wenn ein Übergriff stattfand. Wenn man das aber so macht, dass man jetzt noch verlangt, dass die diskriminierte Person zuerst den Arbeitgeber informieren muss, ihn in Kenntnis setzen muss, dass ein Übergriff stattgefunden hat, und erst dann der Betrieb aktiv werden muss und eine Haftung erst entsteht, wenn er dann nichts tut, wenn schon was passiert ist, dann verliert doch dieser ganze Artikel vollkommen seinen Sinn, seine Bedeutung. Ich kann deshalb diese Abänderung gegenüber der schweizerischen Vorlage überhaupt nicht akzeptieren. Ich schlage vor, dass man diese Inkenntnissetzung des Arbeitgebers aus diesem Artikel wieder heraus nimmt.Abg. Karlheinz Ospelt:
Ich habe einige Fragen. Und zwar in Abs. 4 betreffend die Ablehnung einer Anstellung. Diesbezüglich stellt sich mir vor allem folgende Frage, nämlich, ob die soziale Lohnkomponente nun in Frage gestellt wird. Sie wissen alle, dass bei der Gehaltsfestlegung einen Teil der soziale Aspekt bildet. Dieser soziale Aspekt kann durchaus darin bestehen, ob nun jemand eine Familie zu ernähren hat, ob beide Partner erwerbstätig sind, wie viele Kinder diese Familie hat, wie lange dasArbeitsverhältnis bereits besteht, usw. Sind solche Fragen nun nicht mehr möglich, bzw. dürfen diese dann nicht mehr berücksichtigt werden bei der Anstellung?Eine ähnliche Frage auch im Zusammenhang mit der Schwangerschaft. Auch hier war es bisher in vielen Fällen üblich, wenn man eine Stelle neu besetzt hat, dass man die Bewerberinnen nach den Zukunftsplänen gefragt hat; nicht nur die Bewerberinnen, sondern auch die Bewerber natürlich. In diesem Zusammenhang war es natürlich eine wesentliche Frage des Arbeitgebers, wie lange beabsichtigt ist, in diesem Betrieb diese Stelle anzutreten, welche Zukunftspläne eine Person hat. Auch hier stellt sich die Frage: Ist das nicht mehr möglich? Fällt das unter die Diskriminierung oder nicht?Dann zum Abs. 4: Es ist hier der Betrag von 3 Monatslöhnen enthalten bei der Ablehnung einer Anstellung. Ich frage mich, ob das wirklich 3 Monatslöhne sein müssen. Ich frage mich nämlich - und wir haben das in der Gemeinde Vaduz auch besprochen - ob es in diesem Falle nicht mit einem Monatslohn ausreichend ist. Allerdings wären es dann 3 Monatslöhne, wenn mehrere solche Anstellungen zur Diskussion stünden.Ein ähnliches auch bei der Kündigung. In Abs. 5 ist klar und eindeutig festgehalten, dass Schadenersatz, Genugtuung und weitergehende vertragliche Ansprüche vorbehalten bleiben. Solche Ansprüche sind also zusätzlich möglich, geltend zu machen. In dem Fall stellt sich ebenfalls die Frage, ob zusätzlich zu diesem Schadenersatz, Genugtuung etc. noch 6 Monatslöhne bei einer Kündigung dazu kommen sollen.Landtagspräsident Peter Wolff:
Es müssten nach der Vorlage nicht 3 Monatslöhne sein, sondern der Betrag darf 3 Monatslöhne nicht übersteigen, d.h. sie ist dann - je nach Schwere des Falles -schon abzustufen.Abg. Rudolf Lampert:
Mich hat jetzt die Formulierung in Abs. 5 stutzig gemacht: "Vorbehalten bleiben Ansprüche auf Schadenersatz". Ich bin davon ausgegangen, dass die in Abs. 3 erwähnte Entschädigung ebenfalls von einem Schaden ausgehen muss, dass einer Entschädigung ein Schaden zugrunde liegen muss. Ich frage mich, was eigentlich in Abs. 5 das noch soll, wenn wir hier von Entschädigung reden und dann zusätzlich noch ein Schaden vergütet werden muss. Das habe ich nicht ganz verstanden.Landtagspräsident Peter Wolff:
Abs. 5 meint Schadenersatzansprüche nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, für die Sie den Eintritt eines konkreten Schadens nachweisen müssen, während - Abs. 3 gibt der sexuell belästigen Arbeitnehmerin oder dem sexuell belästigten Arbeitnehmer die Möglichkeit, unter Hinweis auf das Eintreten dieser Voraussetzungen eine Entschädigung gemäss diesem Absatz zu fordern, ohne dass er über die Tatsache der sexuellen Belästigung hinaus irgendeinen konkreten Schaden beweisen muss. Das ist, glaube ich, der Unterschied, um den es hier geht.Abg. Karlheinz Ospelt:
Ihre Erklärung verstehe ich in Bezug auf den Schadenersatz. Das ist klar. Wie erklärt sich aber dies bei der Genugtuung? Wo ist der Unterschied zwischen der Genugtuung und dem, was Sie vorhin gesagt haben?Landtagspräsident Peter Wolff:
Die Beantwortung dieser Frage überlasse ich der Regierung.Abg. Egon Matt:
Ich habe noch einen anderen Punkt zu Art. 5. Meines Erachtens gibt es noch eine Personengruppe, die hier keine Entschädigung bekommt nach diesem Artikel, obwohl sie nach meinem Dafürhalten eine verdienen würde, das sind nämlich diejenigen Personen, die von sich aus eine Stelle kündigen, also selber kündigen, einfach deshalb, weil sie mit irgendeinem Arbeitskollegen oder Kollegin zusammenarbeiten müssen, wo eine sexuelle Belästigung stattfindet, die nicht abgestellt werden kann. Das kann auch passieren, dass jemand dann von sich aus kündigt, weil einfach billigerweise eine Unterbindung der sexuellen Belästigung nicht mehr zu erwarten ist. Ich möchte einfach die Regierung vielleicht noch einmal bitten, sich über diesen Personenkreis Gedanken zu machen, ob die nicht auch in irgendeiner Form zu einer Entschädigung kommen sollten.Landtagspräsident Peter Wolff:
Bevor die Frau Regierungsrätin auf dieses Bündel an Fragen eingeht, möchte ich auch noch einige Gedanken anfügen, die ich mir bei der anfänglichen Diskussion hier über Abs. 3 gemacht habe. Einerseits fällt auf, dass Abs. 3 von der Regierung gegenüber der Vernehmlassungsvorlage geändert wurde. In der Vernehmlassungsvorlage war die Voraussetzung der vorgängigen Orientierung des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin über die drohende oder eingetretene sexuelle Belästigungnoch nicht enthalten. Das wurde jetzt eingefügt, offenbar aufgrund einer Anregung der Industrie- und Handelskammer im Vernehmlassungsverfahren, wie man im Bericht nachlesen kann. Ich glaube, es wäre gerechtfertigt, oder zumindest überlegenswert, diesen Absatz zweizuteilen oder einen eigenen neuen Absatz zu machen. Das könnte auch das Problem "kann" oder "hat" lösen. Man könnte das Ermessen für die Zusprechung einer Entschädigung, also die "Kann-Bestimmung", das könnte man - würde ich mir vorstellen -beibehalten, für eine Formulierung, wie sie in der Vernehmlassungsvorlage enthalten war, also für den Fall, dass eine sexuelle Belästigung eintritt, ohne dass der Arbeitgeber davor jemals etwas über eine solche Möglichkeit gehört hat, ohne dass auch eine Vorinformation notwendig ist. Dort geht es dann nur um die Frage: Hat der Arbeitgeber die Massnahmen getroffen, die generell zur Verhinderung sexueller Belästigung nach der Erfahrung notwendig und angemessen sind? Und dort, würde ich meinen, kann man es auch, wie es in der Vernehmlassungsvorlage vorgesehen war, mit einer Kann-Bestimmung dem Gericht oder der Verwaltungsbehörde je nach den Einzelumständen des Falles überlassen, ob eine Entschädigung zugesprochen wird oder nicht.Ist es hingegen ein Fall, bei dem schon einmal etwas vorgekommen ist und wo daher der Arbeitgeber auch schon einmal orientiert worden ist über einen konkreten Fall, der auch konkret die Gefahr einer Wiederholung in sich birgt, und er erfüllt diese Pflichten, die ihm hier auferlegt sind, trotzdem nicht, dann finde ich, sollte man im Gesetz als zwingend festlegen, dass dann eine Entschädigung zuzusprechen ist.Ich möchte in diesem Zusammenhang auch noch einen Satz anfügen - obwohl er vielleicht eher zu Art. 4 gehört hätte, aber es kommt ja hier wieder bei der Diskriminierung durch sexuelle Belästigung - zu den von der Abg. Hilti erwähnten sexistischen Witzen. Sie hat angeregt, man soll das generell als Fall des belästigenden Verhaltens sexueller Natur in Art. 4 erwähnen. Ich glaube, wenngleich ich mich sicher nicht für sexistische Witze ausspreche, ich glaube, hier müssen wir doch aufpassen, dass wir die Grenzen einer vernünftigen Gesetzgebung nicht überschreiten. Sexistische Witze können meiner Meinung nach durchaus ein belästigendes Verhalten sexueller Natur darstellen. Es kommt aber sehr darauf an, wie, gegenüber wem, in welcher Situation und vor allem in welcher Häufigkeit und mit welcher aus den einzelnen Umständen nachzuvollziehenden Absicht sie gemacht werden. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sexistische Witze, gezielt immer wieder auf dieselbe Person gerichtet, am Arbeitsplatz ein belästigendes Verhalten sexueller Natur darstellten. Das sollte aber durch die allgemeine Formulierung, wie sie hier in Art. 4 des Gesetzes vorgesehen ist, abgedeckt sein. Eine Formulierung in das Gesetz aufzunehmen, die jeden einzelnen Witz dieser Art bereits als sanktionsverbunden und damit als rechtswidrig darstellt, das, muss ich Ihnen ehrlich sagen -obwohl ich, wie gesagt, nicht für diese Art von Witzeverbreitung bin - das halte ich für überspitzt.Stellv. Abg. Christel Hilti:
Herr Landtagspräsident, Sie scheinen mich missverstanden zu haben. Ich wollte nicht, dass man sexistische Witze aufnimmt in die Aufzählung. Ich wollte nur sagen, dann hätten wir ja eine exemplarische Aufzählung mehr, die wieder zu Irrtümern führt. Ich wollte in Art. 4 nur zum Ausdruck bringen: Es könnten dann leichtere Fälle eben nicht mehr in Betracht gezogen werden. Aber ich wollte natürlich auch nicht die sexistischen Witze jetzt in die Aufzählung aufgenommen haben.Abg. Egon Matt:
Herr Landtagspräsident, ich möchte Ihren Vorschlag, den Abs. 3 von Art. 5 zweizuteilen, unterstützen, weil auch damit meinem Anliegen Rechnung getragen wird, nämlich dass diese allgemeinen Verpflichtungen der Arbeitgeber mit dieser Formulierung, wie sie hier vorgeschlagen wird, unterhöhlt werden. Und mit einer Zweiteilung könnte auch dieses Problem gelöst werden.Regierungsrätin Andrea Willi:
Danke, Herr Präsident. Wir werden sicher diesen Vorschlag genauestens überprüfen. Wie Sie gesagt haben, ist das durch die LIHK empfohlen worden, dass man doch zuerst den Arbeitgeber in Kenntnis setzen solle, wenn solche Vorfälle eben passieren. Ihr Vorschlag der Zweiteilung würde, glaube ich, diesem Anliegen auch Rechnung tragen. Wir werden das sicher wohlwollend prüfen.Dann werden wir auch den Vorschlag prüfen, da " in der Regel" hineinzunehmen, dass "in der Regel das Gericht oder Verwaltungsbehörde den Betroffenen eine Entschädigung zusprechen kann", also dass das doch noch speziell angeschaut werden muss, und nicht einfach lediglich "kann".Was die Fragen des Abg. Karlheinz Ospelt betrifft, ob man nicht mehr Fragen über die Zukunft stellen kann, über die Familienplanung bei Anstellungen. Also, fragen können Sie schon. Aber Sie dürfen daher die Person nicht diskriminierend behandeln. Sie dürfen aufgrund der Antwort auf diese Fragen nicht eine Anstellungspraxis dann anwenden. Also wenn diese Person qualifiziert ist und Sie würden sie eigentlich anstellen und sie sagt Ihnen dann, sie hat im Sinn, schwanger zu werden oder eine Familie zu gründen, dürfen Sie sie allein aus diesem Grund eigentlich nicht nicht anstellen, wenn sie der Stelle entspricht. Aber nur weil sie ihr soziales Umfeld Ihnen bekanntgibt, das wäre eine Diskriminierung, wenn sie dann anders behandelt würde, als wenn sie Ihnen das nicht gesagt hätte.Dann wurde noch die Frage gestellt wegen der Genugtuung und dem Schadenersatz in Abs. 5 von Art. 5. Bei der Genugtuung geht es vor allem um Genugtuung inbesonders krassen Fällen, z.B. in solchen, wie der Abg. Egon Matt erwähnt hat. Wenn jemand kündigt, weil er es einfach nicht mehr aushält und wenn das im Nachhinein ans Licht gebracht wird und er oder sie will das nicht mehr rückgängig machen, dass doch eine Genugtuung durch das Gericht in irgendeiner Form möglich wäre.Landtagspräsident Peter Wolff:
Eine kleine Ergänzung noch zum Thema Genugtuung. Es gibt zwei Arten von Genugtuung in unserem Recht, soweit es hier anwendbar wäre. Es wäre die Zusprechung von Genugtuung gemäss PGR wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Ich glaube, Art. 39, 40, irgendwo. Das wäre eine Möglichkeit. Die dort vom Gesetz, vom PGR, umschriebenen Voraussetzungen müssten dann natürlich gegeben sein. Und dann gäbe es noch die Genugtuung zusätzlich zu Schadenersatz, Schadenersatz im Sinne von Ersatz konkret eingetretenen Vermögensschadens. Genugtuung nach den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen des ABGB, grössenordnungsmässig § 1325. Dort sieht das Gesetz vor, dass, wenn jemand durch unerlaubte Handlung verletzt wird und es die Grösse des Schadens und der Verletzung rechtfertigt, dass dann neben dem reinen Ersatz eingetretenen Schadens auch Genugtuung verlangt werden kann. Also so, wie die Frau Regierungsrätin bereits gesagt hat, in besonders krassen Fällen. Ob allerdings die vom Abg. Egon Matt angesprochenen Fälle darunter fallen, wage ich sehr zu bezweifeln, weil, dort liegt keine unerlaubte Handlung im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung vor. Also für die Fälle, die der Abg. Egon Matt angesprochen hat, sieht die bestehende Rechtslage keinen Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung vor. Das müssen wir im Auge behalten.Abg. Karlheinz Ospelt:
Wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, Frau Regierungsrätin, würde das im Klartext heissen: Wenn ein Unternehmen wegen zu grosser Arbeitsüberlastung dringend eine neue Stelle schaffen will und diese Stelle besetzen möchte, es in Kauf nehmen muss, dass eine Person ausschliesslich aufgrund der Qualifikation angestellt wird, welche durchaus bereits schwanger sein kann und damit in absehbarer Zeit für längere Zeit wieder ausfallen wird, dass dieses Unternehmen also diese Person anstellen muss. Auch in Anbetracht dessen, dass vielleicht dann eben die Arbeitsüberlastung, welche der Grund für die Neubesetzung ist, dass diese dann nicht behoben ist.Stellv. Abg. Christel Hilti:
Frau Regierungsrätin, ich hatte noch die Frage gestellt wegen der Definition eines liechtensteinischen Durchschnittslohns. Die Beantwortung dieser Frage haben Sie vergessen.Regierungsrätin Andrea Willi:
Das stand auch ursprünglich in der Vernehmlassungsvorlage - "des schweizerischen Durchschnittslohnes", weil der bestimmt ist. Das hat uns dann optisch gestört. Wir haben beim Amt für Volkswirtschaft nachgefragt, ob es einen liechtensteinischen Durchschnittslohn gibt. Und es wurde uns gesagt: Ja, man kann ihn dann errechnen. Und deswegen haben wir dann den liechtensteinischen Durchschnittslohn stehengelassen. Wir können ihn auch errechnen. Ich weiss jetzt gerade nicht, wieviel er ist. Aber man kann ihn errechnen und ich glaube, in einem liechtensteinischen Gesetz sollte nicht vom schweizerischen Durchschnittslohn gesprochen werden.Landtagspräsident Peter Wolff:
Meint die Regierung jetzt, Frau Regierungsrätin, den generellen Durchschnittslohn der gesamten arbeitenden Bevölkerung oder den Durchschnittslohn für eine vergleichbare Stelle in der Branche, in der diese Person, um die es hier geht, gearbeitet hat?Regierungsrätin Andrea Willi:
Das muss ich auf die 2. Lesung abklären, das weiss ich nicht.Stellv. Abg. Christel Hilti:
Auf den Branchenlohn, den Sie, Herr Präsident, ansprechen, das hat natürlich den Nachteil, dass man z.B. wenn eine Frau aus der Putzequipe sexuell belästigt wird, dass das billiger kommt, als wenn es einer Frau aus der Kaderfunktion passiert. Also, das würde ich sehr schlecht finden. Ich denke schon, dass man hier mit einem Durchschnittslohn generell rechnen muss.Abg. Karlheinz Ospelt:
Entschuldigen Sie, Frau Abg. Hilti, das scheint mir dann aber doch ein etwas sehr umständliches Verfahren zu sein. Wenn das beabsichtigt ist, dann können wirgleich einen festen Betrag einfügen. Dann wird es nämlich wesentlich einfacher, als wenn man dann zuerst noch den Durchschnittslohn eruieren muss.Landtagspräsident Peter Wolff:
Der Anregung möchte ich mich eigentlich anschliessen. Weil, hier geht es ja nicht um die Löhne, die dann in Abs. 4 dargestellt werden wegen Nichtanstellung oder wegen ungerechtfertigter Kündigung, sondern hier geht es nur um eine Art Pauschalentschädigung - wie eine Konventionalstrafe - für Diskriminierung durch sexuelle Belästigung. Wenn man dann einen Schweizerfranken-Rahmen einsetzen würde, schiene mir das auch fast sinnvoll. Weil es eigentlich in diesem Abs. 3 heute überhaupt nicht gesagt wird, in welchem Rahmen die Entschädigung zuzusprechen ist. Es heisst nur: "unter Würdigung aller Umstände auf der Grundlage des liechtensteinischen Durchschnittslohns". Das kann sehr viel bedeuten. Auf der Grundlage des Durchschnittslohns kann ich auch einen Fünfjahreslohn zusprechen als Entschädigung. Das kann man vielleicht auch bis zur 2. Lesung noch einmal prüfen.Regierungsrätin Andrea Willi:
Ja, das werden wir gerne überprüfen.Landtagspräsident Peter Wolff:
Dann können wir weiterlesen.
Art. 6 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 6 steht zur Diskussion.
Abg. Ingrid Hassler:
Ich hätte eine Verständnisfrage, um die Entlöhnung festzustellen. Kann bei Teilzeitarbeit ein paritätischer Lohn für Vollzeitarbeit gesetzlich eingefordert werden, d.h. ist 50 % Teilzeitarbeitslohn gleich 100 % im Vergleich, ob es sich um den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit handelt? Und das Zweite ist: Im Bericht auf Seite 39 wird erklärt, ich darf es vorlesen: "Wenn es Arbeitgeber gibt, die tat-sächlich ihren Angestellten untersagen, ihren Lohn bekanntzugeben, so dürfte dies schon aus rein arbeitsvertragsrechtlicher Sicht bedenklich sein, was aber hier nicht weiter zu prüfen ist. Ganz abgesehen davon dürfte das Verbot der Lohnbekanntgabe ein starkes Indiz für das Vorliegen einer Lohndiskriminierung sein, was die Glaubhaftmachung stark unterstützt oder gar bewirkt". Ich möchte wissen, auf welcher Grundlage diese Bedenklichkeit, auf welchen arbeitsvertragsrechtlichen Grundlagen das geregelt ist, dass kein Arbeitgeber seine Angestellten dazu verpflichten darf, nicht über ihren Lohn zu sprechen. Ich habe eben ab und zu den Eindruck, dass die Umsetzung - "gleicher Lohn" überhaupt festzustellen, sehr erschwert wird mangels Lohntransparenz.Stellv. Abg. Christel Hilti:
Ich habe hier den Vorschlag, dass man die sexuelle Belästigung als zweiten Punkt mit hinein nimmt bezüglich der Ablehnung einer Anstellung, sexueller Belästigung, Aufgabenzuteilung, etc. Ich habe ja schon bei der Eintretensdebatte darauf hingewiesen, dass es unbedingt wichtig ist für Frauen, dass sie überhaupt diesen Schritt wagen können. Sonst, wenn sie nicht einmal Beweislasterleichterung bekommen, dann ist es für eine Frau eigentlich unmöglich, hier zu klagen. Auch was im Regierungsbericht geschrieben wird, dass beweistechnisch die beiden Personen auf der gleichen Ebene stünden, das kann ja dann sein. Aber im Vorhinein ist es auf jeden Fall ein Machtgefälle von den beiden. Also sie ist in jedem Fall in der schwächeren Position. Es sollte dann wenigstens damit Genüge getan sein, dass sie durch Glaubhaftmachung dann ein Verfahren einleiten kann, dass sie nicht noch Beweise bringen muss, die sie möglicherweise eben nicht erbringen kann.Abg. Karlheinz Ospelt:
Wie weit hier in Arbeitsverträge und privatrechtliche Vereinbarungen eingegriffen wird, zeigt sich, wenn der Richter sogar bei der Aufgabenzuteilung und bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen die Entscheidung treffen soll. Das zeigt mir einmal mehr auf, wie stark hier die Verhältnismässigkeit und die Abwägung der Interessen der beiden Parteien sorgfältigst bedacht werden muss. Also, hier wird eine Güterabwägung von zentraler Bedeutung sein.Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich halte die Anregung der Abg. Hilti insoweit für gerechtfertigt, als es sich um Belästigung durch den Arbeitgeber selbst handelt. Was Sie in Ihrem Eintretensvotum schon angesprochen haben, diese Überlegungen der Regierung auf Seite 39 und 40 des Berichtes, warum das nicht angebracht sei, weil hier ja beide beweismässig auf der gleichen Ebene stehen, weil es hier nicht um eine Rechtsverletzungdurch den Arbeitgeber selbst gehe, wie bei der Nichtvorkehrung ausreichender Massnahmen etc., das ist dann nicht richtig, wenn es sich um Belästigung durch den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin selbst handelt. Wenn man das vom Text her einbauen kann, was meiner Meinung nach durchaus möglich sein müsste, dann schiene mir das auch gerechtfertigt.Abg. Egon Matt:
Ich habe dazu überhaupt eine generelle Frage. Wenn bei einer sexuellen Belästigung es heisst, dass die Beweislast umgekehrt wird, z.B. es wird durch einen Mitarbeiter sexuell belästigt, trifft dann die Beweislast überhaupt den Arbeitgeber oder trifft sie den Mitarbeiter? Muss dann der Arbeitgeber beweisen, dass sein Mitarbeiter nichts oder eben doch etwas gemacht hat? Wenn das so wäre, stimmt die ganze Argumentation der Regierung überhaupt nicht. Wen trifft dann die Beweislast, wenn ein Mitarbeiter eines Betriebes jemanden sexuell belästigt?Landtagspräsident Peter Wolff:
Nach diesem Art. 6 muss die belästigte Arbeitnehmerin oder der belästigte Arbeitnehmer die Tatsache der Belästigung glaubhaft machen. Für den Arbeitgeber genügt es dann zur Entlastung nach Art. 5 Abs. 3 zu beweisen, dass er Massnahmen getroffen habe, die zur Verhinderung sexueller Belästigung nach der Erfahrung notwendig und angemessen sind und die ihm billigerweise zugemutet werden können. Wenn er darüber hinaus im Einzelfall beweisen kann, dass die sexuelle Belästigung gar nicht stattgefunden hat, dann erübrigt sich natürlich der Beweis, dass er die Massnahmen getroffen hat, weil, dann liegt schon der Grundanlass nicht vor. Aber das muss er nicht. Für ihn genügt es, wenn er beweisen kann, dass er diese in Art. 5 Abs. 3 umschriebenen Massnahmen gesetzt hat.Abg. Egon Matt:
Das ist es ja eben. Da geht es nur um die Entschädigung. Der Arbeitgeber kann sich aus seiner Entschädigung befreien, indem er das beweisen kann, dass er diese Massnahmen getroffen hat. Aber die andere Seite ist doch die, ich nehme ein Beispiel: Eine Mitarbeiterin wird sexuell belästigt von einem anderen Mitarbeiter. Jetzt bringt sie das zur Anzeige und dann sagt doch dieser Art. 6, Beweislasterleichterung, dass der andere Mitarbeiter beweisen muss, dass es nicht so ist, und nicht der Arbeitgeber. Wenn das Gericht das bestätigt hat, dann hat die belästigte Mitarbeiterin nach Art. 5 einfach die Rechtsansprüche, diese Diskriminierung zu beseitigen. Aber die Beweislast trifft nicht den Arbeitgeber.Landtagspräsident Peter Wolff:
Da haben Sie Recht.Abg. Egon Matt:
Und deshalb macht es Sinn, hier die sexuelle Belästigung in diese Beweislasterleichterung aufzunehmen.Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich verstehe jetzt, worauf Sie hinaus wollen. Die Regierung wird das beantworten.Abg. Marco Ospelt:
Ich habe eine Verständnisfrage zu diesem Gesetz überhaupt bzw. zu diesem Artikel. Soweit ich das verstehe, betrifft dieses Gesetz tatsächlich das Arbeitsverhältnis, also das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sodass durch die Artikel, die hier aufgeführt sind, jeweils die Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeint ist. Und soweit ich das bisher verstanden habe, betrifft diese Auseinandersetzung, über die hier geredet wird - zwischen einem Arbeitnehmer, der am Arbeitsplatz eine Arbeitnehmerin sexuell belästigt, oder umgekehrt -dieser Tatbestand betrifft dieses Gesetz gar nicht, sondern betrifft, ich weiss nicht, welches Gesetz aus dem Privatrecht oder Zivilrecht, jedenfalls nicht dieses Gleichstellungsgesetz, wenn ich das richtig verstanden habe. Ich möchte hier gerne Aufklärung.Landtagspräsident Peter Wolff:
Vom Wortlaut des Gesetzes her schon nicht ganz. Aber man könnte die Meinung vertreten - da haben Sie schon Recht, Herr Abg. Ospelt -, dass das Gesetz sich nur auf das Arbeitgeber / Arbeitnehmerverhältnis bezieht. Aber wenn Sie den Art. 5 ansehen oder auch die pauschale Formulierung von Art. 4, z.B. bei der Diskriminierung durch sexuelle Belästigung, dann ist das nicht nur auf rechtswidrige Unterlassungen oder überhaupt auf Handlungen des Arbeitgebers bezogen, sondern dann, so wie ich es verstehe zumindest, vielleicht hat die Regierung eine andere Auffassung, müsste es nach dem Gesetzesinhalt, wie er hier im Entwurf vorliegt, schon möglich sein, in einem Fall wie dem vom Abg. Egon Matt angesprochenen, dass eine Arbeitnehmerin - um einmal dieses Beispiel zu nehmen - die Feststellung einer Diskriminierung durch belästigendes Verhalten sexueller Natur durch einen anderen Arbeitnehmer, durch einen Arbeitskollegen, verlangt. Das ist hier zumindest nicht ausgeschlossen.Abg. Marco Ospelt:
Wir können gerne auf Art. 4 und 5 zurückkommen. Nach meiner Meinung ist das ganz klar geregelt. Also, Art. 4 sagt, dass es eine Diskriminierung durch sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gibt und Art. 5 konstituiert die Rechtsansprüche, die sich aus dieser Diskriminierung (durch sexuelle Belästigung) ergibt. Und dort steht unter Rechtsanspruch: "die drohende Diskriminierung zu verbieten oder zu unterlassen", das kann die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer verlangen. Er kann verlangen, eine bestehende Diskriminierung zu beseitigen. Er kann fordern, dass die Diskriminierung festzustellen sei, wenn sich diese weiterhin störend ausdrückt, und er kann fordern, dass die Zahlung des geschuldeten Lohns angeordnet wird. Das sind die Rechtsansprüche, die sich aus dieser Diskriminierung durch sexuelle Belästigung ergeben. Daraus geht für mich ganz eindeutig hervor, dass es eben den Arbeitgeber betrifft und nicht den Arbeitnehmer, der die sexuelle Belästigung begangen hat, sonst müsste in diesen Rechtsansprüchen ja auch noch irgendetwas anderes stehen. Für mich bezieht sich dieser Zusatzartikel Abs. 5, nach meinem Verständnis, genau nach jenem Sachverhalt, dass dieser Arbeitnehmerin - um jetzt bei dem Beispiel zu bleiben - unbenommen bleibt, Ansprüche auf Schadenersatz oder Genugtuung gegen den anderen Arbeitnehmer zu ergreifen, der eben diese sexuelle Belästigung begangen hat. Also Abs. 1 bis 4 dieses Art. 5 bezieht sich auf den Arbeitgeber, nach meinem Verständnis, und Abs. 5 auf diesen anderen Arbeitnehmer, der die sexuelle Belästigung begangen hat. Ich weiss nicht, ob ich das so recht verstehe.Landtagspräsident Peter Wolff:
Das ist eine mögliche Interpretation des Art. 5 Abs. 1. Das würde dann bedeuten, dass, wenn sich ein Arbeitnehmer durch einen anderen Arbeitnehmer sexuell belästigt fühlt, dass er dann praktisch zuerst zum Arbeitgeber gehen und verlangen müsste, dass der das abstellt. Wenn der Arbeitgeber dann nichts Ausreichendes unternimmt, dass er dann gerichtlich gegen den Arbeitgeber vorgehen kann. Hundertprozentig klar scheint mir zumindest das im Gesetzestext nicht zu sein. Aber es ist sicherlich eine mögliche Interpretation. Wir müssen dann sehen, was die Regierung dazu sagt.Abg. Egon Matt:
Also das finde ich schon auch, dass das ganz klar festgehalten werden muss. Ich verstehe diesen Artikel überhaupt nicht so. Es ist doch so: Wenn z.B. ein Abteilungsleiter in einem Betrieb jemanden, der ihm unterstellt ist, sexuell belästigt, muss doch diese Person genau so geschützt sein, an ein Gericht gelangen können, diese sexuelle Belästigung feststellen lassen können und dann die Abschaffung dieser Diskriminierung fordern können. Das kann doch nicht einfach der Arbeitgeber sein.Abg. Marco Ospelt:
Natürlich kann er das. Das ist ja als Rechtsanspruch in Art. 5 eigens dargelegt. Er kann aber gleichzeitig auch dann zivilrechtlich Klage gegen diesen Abteilungsleiter führen, währenddem er die Schlichtungsstelle anruft, die seine Angelegenheiten mit dem Arbeitgeber regelt. Unabhängig von diesem Anrufen der Schlichtungsstelle kann er gleichzeitig seinen Abteilungsleiter zivilrechtlich auf Schadenersatz und Genugtuung einklagen wegen sexueller Belästigung. Für mich ist das ganz eindeutig.Abg. Egon Matt:
Wir warten auf die klärenden Worte der Regierung. Aber die Ausführungen bisher, wenn ich jetzt die zusammenfasse, dann spricht das aber hunderprozentig dafür, dass man in Art. 6 die sexuelle Belästigung in die Beweislasterleichterung aufnimmt, weil es dann wirklich nicht der Arbeitgeber ist, den diese Last trifft, so wie es die Regierung in ihren Ausführungen sagt. Dann fällt dieses Argument weg und die sexuelle Belästigung gehört da hinein.Regierungsrätin Andrea Willi:
Ich versuche, hier ein bisschen Klarheit hineinzubringen. Was das Gesetz hier dem Arbeitgeber vorschreibt, ist, dass er Massnahmen trifft, damit in seinem Betrieb keine sexuelle Belästigung vorkommt. Er hat also Reglemente zu erlassen, er hat Plakate aufzuhängen, wo er beschreibt, was sexuelle Belästigung ist, und dass das in seinem Betrieb zu unterlassen ist. Das ist die Aufgabe und Pflicht des Arbeitgebers aus diesem Gesetz. Und er kann belangt werden durch den Arbeitnehmer -oder später dann durch das Gericht -, wenn er es unterlassen hat, solche Massnahmen in seinem Betrieb bekanntzumachen. Er kann aber nicht belangt werden für eine sexuelle Belästigung, die ein anderer Arbeitnehmer einer anderen Arbeitnehmerin zufügt. Das ist in einem anderen Gesetz zu regeln, ist schon geregelt. Da ist dann die Möglichkeit, das strafrechtlich zu verfolgen, aber nicht aufgrund dieses Gesetzes. Hier geht es rein darum, was der Arbeitgeber zu tun hat, damit in seinem Betrieb solche sexuellen Belästigungen nicht vorkommen. Aber wenn sie vorkommen, kann man ihn bestrafen, weil er nicht genügend Abhilfe geschaffen hat, aber nicht für das Vorkommnis selbst. Das ist auch im Schweizer Gleichstellungsgesetz nicht geregelt. Darum eben auch die Unmöglichkeit der Beweislasterleichterung. Der Arbeitgeber war ja im Normalfall nicht der Belästiger und war wahrscheinlich nicht dabei, also kann er nicht beweisen, dass die Belästigung stattgefunden hat oder nicht. Es ist eine komplizierte Sachlage. Ich weiss nicht, ob es jetzt klarer geworden ist. Hier geht es nur um die Pflichten des Arbeitgebers. Die kann man feststellen, ob er die erfüllt hat oder nicht. Wenn er sie nicht erfüllt hat, dann muss er auch Schadenersatz gegenüber derjenigen Person leisten, die belästigt worden ist. Aber das ist dann nicht eine Genugtuung für die Belästigung, sondern weil erkein Reglement z.B. erlassen hat. Die andere Sache, die Belästigung, die muss im Strafrecht verfolgt werden.Dann hatte ich noch weitere Fragen betreffend Anspruch auf gleichen Lohn in der Teilzeitarbeit. Das ist nicht durch das Gleichstellungsgesetz geregelt. Aber ich freue mich, dass die Regierung in ihrer letzten Sitzung den Bericht und Antrag betreffend den EWR-Beschluss Nr. 104 verabschiedet hat. Er wird Ihnen heute oder morgen zugestellt werden. Hier geht es um die Umsetzung einer EWR-Richtlinie über die Teilzeitarbeit. In dieser Richtlinie ist ganz genau der Grundsatz der Nichtdiskriminierung statuiert. Aufgrund dieser Richtlinie, die wir umzusetzen oder anzuwenden haben, dürfen Teilzeitbeschäftigte in ihren Beschäftigungsbedingungen gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden. Das läuft also dann auf die von Ihnen angestrebte Lohngleichheit auch bei den Teilzeitangestellten hinaus.Dann die Frage zur Lohntransparenz, eben dass einzelne Firmen ihren Angestellten verbieten, den Lohn bekanntzugeben. Das wird auch privatrechtlich geregelt sein und wahrscheinlich kann man das den Firmen nicht verbieten. Aber wenn es zu einem Gerichtsfall oder Schlichtungsfall kommt, ist der Arbeitnehmer sicherlich entbunden von diesem Versprechen, seinen Lohn nicht bekanntzugeben. Dann ist ja auch die Diskriminierung ganz genau festzustellen. Ich muss ehrlich sagen: Ich weiss nicht, ob das heutige Arbeitsvertragsrecht es den Arbeitgebern erlaubt, ihren Angestellten zu verbieten, den Lohn bekanntzugeben oder nicht bekanntzugeben. Diese Lohntransparenz ist auch nicht durch das Gleichstellungsgesetz zu regeln. Aber die negativen Folgen einer Nichttransparenz können dann sicher in einem Fall durch das Gleichstellungsgesetz beseitigt werden.Dann hatte Frau Hilti noch etwas gefragt wegen der sexuellen Belästigung: Ich glaube, das habe ich mehr oder weniger beantwortet. Die Beweislastumkehr bei der sexuellen Belästigung ist schwer möglich, weil es der Arbeitgeber ist, der hier zuständig ist und nicht der Belästiger.Abg. Rudolf Lampert:
Frau Regierungsrat. Ich ersuche Sie im Sinne der Gleichberechtigung, nicht immer konsequent vom Mitarbeiter als Belästiger und von der Mitarbeiterin als Belästigte zu sprechen. Auch das ist nämlich Diskriminierung, nämlich Diskriminierung des Mannes. Ich kann mich genauso sexuell belästigt fühlen durch die transparente Kleidung einer Mitarbeiterin.Landtagspräsident Peter Wolff:
Dies ist zumindest im Landtag bisher noch nicht vorgekommen.Frau Regierungsrätin, Sie scheinen, und wie ich annehmen muss, die Regierung generell, eine sehr hohe Meinung von den Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen zu haben, weil Sie generell ausschliessen, dass diese jemals als Belästiger in Frage kommen können. Sie sagen, normalerweise sei der Arbeitgeber nicht der Belästiger und er war ja nicht dabei. Also ich glaube, so pauschal, wenn man schon eine gesetzliche Regelung über solche Vorgänge einführt, wird man das wohl nicht sagen können. Und was Sie in Ihrer Antwort nicht angesprochen haben, war die Frage, ob bei der Beweislasterleichterung nicht auch der Fall berücksichtigt werden sollte, der im Gesetzestext und auch im Bericht nicht berücksichtigt wird, wenn es eben um eine sexuelle Belästigung durch die Arbeitgeberin gegenüber dem Arbeitnehmer - um dem Abg. Lampert Gerechtigkeit widerfahren zu lassen -geht, warum dann eigentlich eine ähnliche Beweislasterleichterung wie bei den hier in Art. 6 aufgezählten Fällen unangebracht sein soll. Was Sie klargestellt haben, das ist, dass Art. 5 die Rechtsansprüche dieses Gesetzes ausdrücklich nur dem sexuell diskriminierten Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin gegenüber dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin zustehen, jedoch nicht untereinander, also die Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen untereinander. Ihre Annahme, dass das alles strafrechtlich geregelt sei, ist allerdings wohl kaum zutreffend, denn das, was heute strafrechtlich geregelt ist, das sind nun wirklich nur sehr schwerwiegende Vorkommnisse. Das, was hier als Diskriminierung durch sexuelle Belästigungen umschrieben wird, das ist strafrechtlich grossteils nicht erfasst. Diese Aspekte sollte man daher vielleicht noch bis zur 2. Lesung berücksichtigen.Ein Wort möchte ich auch noch zur Lohntransparenz sagen: Es gibt meines Wissens keinerlei gesetzliche Vorschriften, die das ausdrücklich erlauben oder gar verbieten. Der Arbeitgeber - um wieder in die übliche Terminologie zu verfallen -kann sicherlich nicht einseitig mit Rechtswirksamkeit ein Verbot der Lohnbekanntgabe erlassen, aber er kann es zum Gegenstand des Arbeitsvertrages machen. Das geschieht gar nicht so selten, dass Arbeitgeber in der Privatwirtschaft, aus welchen Gründen auch immer, es vermeiden möchten, dass unter den Angestellten, das hat meiner Meinung nach mit Geschlechterdiskriminierung gar nichts zu tun, ein reger Informationsaustausch über die jeweilige Lohnhöhe, über allfällige individuelle Lohnerhöhungen, über was auch immer, stattfindet und dadurch Unruhe in den Betrieb gebracht wird und dass deshalb im Arbeitsvertrag eine dann von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer natürlich zu akzeptierende Klausel aufgenommen wird, dass es verboten sei, über die eigenen Lohnbezüge gegenüber anderen Angehörigen desselben Betriebes Auskunft zu geben. Das ist nach der gegenwärtigen Rechtslage nicht verboten, wenn so etwas vereinbart wurde.Ich halte es für bedenklich, muss ich sagen, zumindest für zu pauschal, wenn die Regierung auf Seite 39 zu diesem Thema schreibt, dass der Umstand, dass ein solches Verbot der Lohnbekanntgabe vereinbart wurde, bereits ein Indiz für das Vorliegen einer Lohndiskriminierung im Sinne dieses Gesetzes sei und dadurch die Glaubhaftmachung bereits bewirkt sei. Also, das finde ich dann schon gar nicht. Da muss man dann schon die konkreten Umstände ansehen, warum undunter welchen Umständen und in welcher Art und Weise diese mangelnde Lohntransparenz im jeweiligen Betrieb eingeführt wurde.Abg. Ingrid Hassler:
Diesen Ausführungen, Herr Präsident, kann ich folgen. Ich habe eben auch mit diesem Satz: "so dürfte dies schon aus rein arbeitsvertragsrechtlicher Sicht bedenklich sein" - Mühe und wollte daher die Regierung fragen: Welcher Artikel des Arbeitsvertragsrechtes sollte das ermöglichen, dass das nicht mehr verboten werden kann?. Deswegen scheint es mir jetzt nach Ihren Ausführungen gar keine arbeitsvertragsrechtliche Grundlage zu geben, sondern dass das die Praxis ist, wie Sie sie beschrieben haben.Regierungsrätin Andrea Willi:
Ja, ich wollte Ihnen nur noch widersprechen, Herr Präsident. Ich habe überhaupt nicht gesagt, dass Arbeitgeber oder Arbeitgeberinnen nicht als Belästiger oder Belästigerinnen auftreten können, selbstverständlich. Es ist sogar manchmal der Prozentsatz höher, weil das Machtgefälle höher ist. Ein Arbeitgeber hat mehr Macht als ein Angestellter. Hier ist das Machtverhältnis noch komplizierter, deshalb vielleicht die Wahrscheinlichkeit noch grösser. Ich habe nur gesagt, dass es hier rein um die Pflichten des Arbeitgebers geht in diesem Gesetz und welche Strafmassnahmen gegen die Belästigerinnen zu geschehen haben. Das ist hier im Gesetz nicht geregelt. Wir werden auf die nächste Lesung prüfen, ob wir hier auch noch einen separaten Artikel einführen können. Aber im Moment geht es bei der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz um eine Pflicht, die der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin zu gewährleisten hat, damit das in seinem Betrieb nicht vorkommt. Das ist ja die Absicht, das überhaupt aus den Betrieben hinaus zu bringen. Das ist die Absicht des Gesetzes.Ich muss nachschauen, wo das arbeitsvertragsrechtlich im ABGB geregelt ist bezüglich Lohntransparenz oder eben nicht Transparenz.Herr Abg. Lampert: Ich will wirklich nicht die Männer diskriminieren. Danke.Landtagspräsident Peter Wolff:
Je länger ich mir das überlege - und das ist ja gut eingeführte Praxis unseres Landtages, dass einem die besten Gedanken meistens im Zuge solcher Diskussionen kommen-, je mehr neige ich der Ansicht des Abg. Marco Ospelt zu, dieses Gesetz ist nun tatsächlich nur spezifiziert, wie der Art. 2 ja sagt, für die Arbeitsverhältnisse vorgesehen, sei es privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche, also für dasVerhältnis zwischen der Arbeitgeberseite und der Arbeitnehmerseite. Es erscheint mir daher immer logischer, dass Rechtsverletzungen unter Arbeitnehmern, die mit dem Arbeitgeber nichts zu tun haben oder wo man dem Arbeitgeber keine Rechtsverletzung / Pflichtverletzung im Sinne dieses Gesetzes vorwerfen kann, auch nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes geahndet werden sollen. Sonst müsste man ja generell sexuelle Belästigung, welcher Art auch immer, ob am Arbeitsplatz oder sonstwo, auch miteinbeziehen.Abg. Egon Matt:
Ich finde, dass das ganz stark herauskommen muss. Auch zum Beispiel in der Medienberichterstattung, weil hier doch, denke ich, auch falsche Hoffnungen geweckt wurden. Dieses Gesetz schützt nicht vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Es hat nur das Ziel, präventive Massnahmen der Arbeitgeber einzuführen.Und dann muss ich aber schon noch einmal zurückkommen auf diesen Art. 5 Abs. 3: So wie ihn die Regierung hier vorgeschlagen hat, hat die Regierung ihre eigene Gesetzesvorlage ad absurdum geführt. Wenn es darum geht, präventive Schutzmassnahmen in den Betrieben einzuführen, und dann kommt man mit so einem Abs. 3 , der quasi diese ganze Absicht wieder ausser Kraft setzt, dann verstehe ich das also wirklich nicht mehr.Regierungsrätin Andrea Willi:
Vielleicht kann ein Fall aus der Praxis das ein bisschen erklären, was da gemeint ist. Es geht hier um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, an einem Arbeitsplatz in einem Zürcher Hotel. Da hat also das Arbeitsgericht des Bezirks Zürich die Klage von zwei Praktikantinnen der Hotelfachschule wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gutgeheissen. Und zwar hat das Arbeitsgericht dann einen Zürcher Hotelbesitzer zur Zahlung von je CHF 40'000 an die Geschädigten verurteilt, und zwar darum, weil er seine Mitarbeiterinnen nicht vor den sexuellen Übergriffen geschützt hat und sie erst noch fristlos entliess, als sie sich wehrten. Die jungen skandinavischen Serviceangestellten klagten, sie hätten während Monaten von ihrem über 30 Jahre älteren Maitre de Service massive unerwünschte Berührungen über sich ergehen lassen müssen. Der gemäss Gleichstellungsgesetz zur Verhinderung solcher Übergriffe verpflichtete Hotelbesitzer entliess die beiden Frauen umgehend, nachdem sie ihm die Vorfälle mitgeteilt hatten. Er machte sich damit auch der missbräuchlichen Kündigung schuldig. Also erstens hat er diese Übergriffe nicht abgewehrt, indem er den Belästiger aufgefordert hat, das zu unterlassen. Schon vorher hat er wahrscheinlich nicht Reglemente erlassen, die diesem Maisre de Service gesagt hätten, dass er das nicht machen solle. Gemäss Anwalt handelt es sich bisher um die höchsten von Gerichten wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zugesprochenen Entschädigungen, und zwar setzen sie sichzusammen aus der Höhe von drei Durchschnittsmonatslöhnen. Also so ist ein konkreter Fall sich vorzustellen. Der Hotelbesitzer wäre einfach verpflichtet gewesen, das in seinem Betrieb zu unterbinden. Wenn ihm die zwei Serviceangestellten sagen: Der belästigt uns. Dann geht der Hotelbesitzer zu diesem Mann und sagt: Sie haben das zu unterlassen, das ist fertig.Der Hotelbesitzer hat die beiden jungen Frauen aber fristlos gekündigt, also noch verdoppelt. Der Schadenersatz dann CHF 80'000. So ist sich das konkret vorzustellen.Abg. Marco Ospelt:
Ich möchte noch einmal auf diesen Art. 5 Abs. 5 zurückkommen, der für mich genau jene Situation umschreibt oder betrifft, wo der Arbeitgeber selber der Belästigen war. Wo nämlich angesprochen ist, dass der Arbeitnehmer die Rechtsansprüche hat, die sich aus diesem Gesetz ergeben gemäss Abs. 1 usw. und der dann besagt, dass darüber hinaus auch gegen diesen Arbeitgeber noch privatrechtlich Schadenersatz und Genugtuung verlangt werden kann ausserhalb dieses Gesetzes und unabhängig von diesem Gesetz. So verstehe ich das.Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich möchte doch eine Bemerkung machen zur vorherigen Aussage des Abg. Egon Matt, es handle sich hier um kein Gesetz, das Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz biete. Das scheint mir in dieser pauschalen Form nicht richtig zu sein. Das ist sicherlich ein Gesetz, das unter anderem versucht, Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu bieten. Vielleicht nicht in umfassender Form, sondern nur in der Form, dass auf der Arbeitgeberseite angesetzt wird, indem versucht wird, durch gesetzliche Sanktionsandrohungen die Arbeitgeber zu bewegen, soweit als möglich von ihrer Warte aus solche Vorkommnisse hintanzuhalten in ihrem Betrieb. Es ist kein umfassendes Gesetz mit allen nur erdenkbaren Massnahmen zum Schutz von einer solchen Belästigung, das ist richtig, weil die Belästigen, sofern es sich nicht um die Arbeitgeber selbst handelt, nicht direkt angesprochen werden, wie wir jetzt klargestellt haben, das stimmt schon. Man kann sicherlich nicht sagen: Das ist jetzt das Wunderwerk, um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu verhindern. Aber es ist auch nicht so, dass es dafür überhaupt nichts bietet.Wenn die Diskussion erschöpft ist, machen wir vielleicht eine etwas kürzere Mittagspause bis 14 Uhr und setzen dann die erste Lesung fort.MITTAGSPAUSE.