GESETZ ÜBER DIE GLEICHSTELLUNG VON FRAU UND MANN (GLEICHSTELLUNGSGESETZ GLG) (NR. 87/1998, NR. 1/1999), 2. LESUNG
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir kommen zu Traktandum 20: Gesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann, 2. Lesung. Wir können mit der 2. Lesung beginnen. Art. 1 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 1 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge die Hand erheben.
Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Art. 2 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 2 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge die Hand erheben.
Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Art. 3 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 3 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge die Hand erheben.
Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Art. 4 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 4 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge die Hand erheben.
Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Art. 5 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 5 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge die Hand erheben.
Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Art. 6 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 6 steht zur Diskussion.
Abg. Paul Vogt:
Ich stelle hier den Antrag, den Artikel wie folgt zu ergänzen: "Bezüglich der Ablehnung einer Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird". Als Begründung möchte ich darauf hinweisen, dass die Beweislasterleichterung bei der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz kein juristisches Problem ist, wie das die Regierung meint, sondern in erster Linie ein politisches Problem. Es ist ein politischer Entscheid, ob wir diese Beweislasterleichterung wollen oder nicht. Ich darf darauf hinweisen, dass der Schweizerische Bundesrat in der ursprünglichen Vorlage auch bei der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz die Beweislasterleichterung wollte. Erst die vorberatende Kommission des Nationalrats hat dieses dann aus der Vorlage hinausgekippt. Auch in Österreich ist man daran, über die Beweislasterleichterung bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu entscheiden. Es sind entsprechende Bestrebungen im Gang. Ich glaube, dass wir in den Fragen der Gleichberechtigung und Gleichstellung nicht immer am Schluss der europäischen Entwicklung stehen sollten, sondern dass wir hier einmal von uns aus ein Zeichen setzen könnten. Soweit der internationale Vergleich. Ich möchte darauf hinweisen, dass es für Frauen, und das ist eigentlich das Hauptmotiv, sehr schwierig ist, eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu beweisen. Sie stehen unter einem enormen Druck, eine solche Klage einzureichen. Wenn die Aussichten von Anfang an sehr klein sind, dann werden sie das eben im Normalfall auch nicht machen. Die Stossrichtung geht auch dahin, dass eine solche Ergänzung eine präventive Wirkung hat, dass die Arbeitgeber damit aufgefordert werden, Massnahmen zu ergreifen, damit es eben nicht zu sexuellen Belästigungen kommt. Es ist auch nicht so, dass, wenn es zu sexuellen Belästigungen kommt, dass dann eine Vermutung zu Ungunsten der Arbeitgeber von Anfang an vorhanden ist, sondern diejenigen, die eine sexuelle Belästigung behaupten, die müssen das glaubhaft machen. Der Richter hat die Möglichkeit, nach freiem Ermessen darüber zu befinden, ob eine solche sexuelle Belästigung glaubhaft ist oder nicht.
Abg. Ingrid Hassler:
Mit dem vorgetragenen Abänderungsantrag wird ja keine Umkehr der Beweislast gefordert, sondern der belästigten Person soll es erleichtert werden, ihre Beschwerde überhaupt anzubringen. Sie muss also eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, das ist klar, nicht im klassischen Sinn beweisen, sondern dem Landrichter glaubhaft machen. Glaubhaft machen heisst nach meinem allerdings etwas wenig hohen juristischen Verständnis, dass man nicht einfach sagen kann, dass man sich jetzt eben belästigt fühlt. Ich glaube, hier sind von der klagenden Seite schon sehr weitergehende Angaben zu machen, die es dann dem Schlichter oder auch dem Richter, dem Gericht erkennen lassen, dass wirklich eine Belästigung vorliegen kann und sie glaubhaft wird. Die Regierung begründet in der Stellungnahme, dass für den Fall der Behauptung einer Diskriminierung durch sexuelle Belästigung die beweisrelevanten Fakten eindeutig nicht im Einflussbereich des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin liegen, selbst wenn der Arbeitgeber der Belästiger war. Immerhin anerkannt die Regierung in der Stellungnahme, dass umgekehrt für die belästigte Person die Beweisbarkeit einer solchen Diskriminierung am Arbeitsplatz mangels Zeugen sehr erschwert wird. Wenn die belästigte Person der vollen Beweislast unterliegt, wie es das vorliegende Gesetz plant, dann wird es ihr, also dieser Person, sehr schwer fallen, die Belästigung beweisen zu können. Es wird ihr vor allem aber auch schwerfallen, und das ist für mich der Grund, dass dieses Gesetz nicht griffig werden kann, im Falle einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz eine Beschwerde überhaupt anzustrengen. Es wird dann die schwere Belastung einfach weiter ertragen, und, wenn es die Umstände überhaupt ermöglichen, irgendwann halt die Stelle gewechselt. Ich erachte es auch als sehr wichtig, dass wir durch eine Beweislasterleichterung Fortschritte erzielen können und nicht stehenbleiben, wenn es um den Schutz der sexuellen Integrität von Frauen und Männern geht. Ich kenne solche Leiden auch von jungen Frauen, selbst bei Lehrlingen. Ich weiss natürlich, dass meine Meinung vielleicht in den Ohren von Juristen oder Arbeitgebern nicht als Beweis gelten mag, diesem Antrag zuzustimmen. Aber damit die betroffenen Personen, faktisch sind es fast nur Frauen, den Schritt überhaupt wagen und ihnen dieses Gesetz auch bei sexuellen Belästigungen in Zukunft etwas nützen soll, ist eine Erleichterung in der Beweislast ganz einfach notwendig. Nachdem in der 1. Lesung zwischen unserem Landtagspräsidenten und dem Abg. Egon Matt gemäss Protokoll festgestellt worden ist, dass der Arbeitgeber nur beweisen muss, dass er alle notwendigen Massnahmen, die ihm billigerweise zugemutet werden können, auch getroffen hat, dann kann doch die Beweislast des Arbeitgebers als verkraftbar betrachtet werden. Unter all diesen Aspekten bitte ich um Unterstützung des Antrages, der eingebracht worden ist.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wird dazu noch das Wort gewünscht? Ich möchte von meiner Warte aus da schon noch einige Worte zu diesem Thema sagen, denn ich habe den Eindruck, was nicht weiter verwunderlich ist, das wir zum Grossteil keine Gerichtspraxis haben können, dass hier etwas falsche Vorstellungen über Glaubhaftmachung und über Beweis herrschen. Wenn heute bezüglich eines Vorfalls, an dem nur zwei Personen beteiligt waren und sonst niemand zur Verfügung steht als Zeuge, eine Person, die nicht von vornherein aus irgendwelchen Gründen unglaubwürdig erscheint, zu Gericht kommt und sagt: Das war so und so, der hat das und das gemacht oder die hat das und das gemacht, dann ist das in 99 % aller Fälle für den Richter als glaubhaft anzunehmen. Kein Richter wird sich ohne sehr triftige Gründe - und das kann ich Ihnen nach einer langjährigen Gerichtspraxis versichern - veranlasst sehen, einfach so über den Daumen gepeilt zu sagen: Nein, dem glaube ich nicht oder der glaube ich nicht, wenn er nicht sachlich schwerwiegende Momente anführen kann, warum er jetzt dieser Aussage nicht glaubt oder - und das ist der Regelfall, der aber bei unserem Beispiel nicht spielt - wenn er nicht mehrere andere Aussagen hat, die dem begründet widersprechen. Wenn jetzt jemand, der etwas behauptet, dass ein Sachverhalt sich so und so abgespielt habe, auf diese Art und Weise es relativ leicht hat, das glaubhaft zu machen, und der andere, der entweder, wenn behauptet wird, dass der Arbeitgeber selbst der Belästiger war, der Betroffene ist oder der überhaupt nicht bei dem Vorfall dabei war, wenn nämlich der Belästiger oder die Belästigerin nicht von Arbeitgeberseite herkam, das entkräften soll, und zwar durch vollen Beweis, dann ist diese Regelung, die hier beantragt wird vom Abg. Paul Vogt und unterstützt von der Abg. Ingrid Hassler, keine fortschrittliche Leistung in Richtung Gleichstellung, sondern das ist eine Ungleichbehandlung, nämlich eine Ungleichbehandlung vor Gericht des jeweiligen Beklagten, ganz gleich wer das im Einzelfall ist, weil es dem nämlich damit im Regelfall fast unmöglich gemacht wird, die Unrichtigkeit der Behauptung, die aufgestellt wurde, zu beweisen, weil er muss das jetzt beweisen. Er kann nicht nur seinerseits glaubhaft versichern: Nein, das war sicher nicht so. Ich habe das nicht gemacht oder der Angestellte XY hat mir versichert, dass es nicht so gewesen sei. Und das muss ich Ihnen sagen, gefällt mir aus Sicht des forensischtätigen Juristen überhaupt nicht. Es ist völlig richtig, wenn Sie sagen, dass es der sexuell belästigten Arbeitnehmerin oder dem sexuell belästigten Arbeitnehmer, gerade, wenn es sich um einen Vorfall unter vier Augen handelt, natürlich sehr schwer fallen wird, im Einzelfall seinerseits den Beweis zu erbringen. Aber es ist nicht von ungefähr so, dass in unserem Recht ganz generell der Grundsatz gilt: Wer eine Tatsache behauptet, hat sie zu beweisen. Alles andere führt uns mit Sicherheit in sehr vielen Fällen zu grossen Ungerechtigkeiten und Ungleich- und Ungerechtbehandlungen von Beklagten, wenn es auch, das räume ich Ihnen ein, prima vista den Vorteil beinhaltet, dass man damit tatsächlich sexuell belästigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr animieren kann, diese Vorfälle gerichtshängig zu machen, als wenn man eine solche Vorschrift nicht einführt. Ich möchte damit vor allem sagen, dass in der Praxis und in der praktischen Auswirkung sich diese sogenannte Beweislasterleichterung eigentlich als Beweislastumkehr auswirkt. Es ist keine eigentliche, formelle Beweislastumkehr. Aber die Auswirkung, wenn es nicht zufällig einmal dritte Zeugen gibt, die Auswirkung wird die sein.
Abg. Marco Ospelt:
Ich möchte in diesem Zusammenhang eine Frage stellen, eine Frage, die ich schon bei der 1. Lesung dieses Gesetzes gestellt habe. So wie ich dieses Gesetz verstehe, geht es hier nicht darum festzustellen, ob nun tatsächlich eine sexuelle Belästigung stattgefunden habe oder nicht stattgefunden habe, sondern das Gericht muss, wenn ich das richtig verstehe, aufgrund dieses Gesetzes, aufgrund des Gleichstellungsgesetzes feststellen, ob der Arbeitgeber alles Zumutbare unternommen habe, um eine sexuelle Belästigung in seinem Betrieb zu verhindern, eigentlich unabhängig davon, ob dann diese Belästigung wirklich stattgefunden hat oder nicht stattgefunden hat. Und deshalb scheint mir dieser Streit um die Beweislastumkehr bei sexueller Belästigung im Zusammenhang mit diesem Gesetz eigentlich abwägig. Wenn man hier eine Erleichterung einführen wollte, müsste man das nach meinem Verständnis beim Strafgesetzbuch einführen und nicht hier bei diesem Gesetz, weil es steht überhaupt nicht zur Debatte in diesem Zusammenhang, ob die Belästigung wirklich stattgefunden habe. Es steht nur zur Debatte, ob der Arbeitgeber alles unternommen hat, um eine Belästigung in seinem Betrieb zu verhindern und klarzumachen, dass er Konsequenzen ziehen wird, wenn eine solche Belästigung stattfinden sollte. Und er muss höchstens darlegen, falls diese betroffene Person ihn darauf hingewiesen hat, dass sie belästigt werde oder wurde. Er muss dann höchstens darlegen, dass er darauf reagiert hat auf diesen Hinweis, dass er daraufhin etwas unternommen hat und das ihm Zumutbare getan hat, um eine solche Belästigung abzustellen. Um mehr, so glaube ich, geht es in diesem Gesetz nicht.
Abg. Paul Vogt:
Ja, Herr Präsident. Sie machen es einem manchmal schwierig. Wenn Sie mit Ihrer Autorität als langjähriger forensisch-tätiger Anwalt kommen und dazu noch auf dem Sessel des Landtagspräsidenten sitzen, dann fällt es einem unbedarften Abgeordneten wie mir manchmal schwer, mit juristischen Argumenten dagegenhalten zu wollen. Ich glaube aber, dass Ihre Meinung auch unter Juristen nicht unumstritten ist. Was Sie machen und wie Sie argumentieren: Sie verwischen die Unterschiede zwischen einer Beweislastumkehr und einer Beweislasterleichterung. Ich denke, dass Juristen das sehr wohl auseinanderhalten können. Ich bin überdies der Meinung, dass ein solcher Artikel natürlich auch vom Richter und von den Verwaltungsbehörden, die damit umzugehen haben, Fingerspitzengefühl braucht. Sie müssen sich auf die Situation einstellen. Richter haben in vielen Bereichen Ermessen eingeräumt durch das Gesetz. Ich sehe das auch in diesem Fall so, dass die Richter dann halt sich um die Wahrheit bemühen müssen und irgendwo dann aufgrund ihres Ermessensentscheides urteilen müssen. Ich glaube auch, dass die Richter dieses Vertrauen verdienen und dass sie vernünftig handeln werden. Die anderen Argumente hat der Abg. Marco Ospelt eigentlich erwähnt. Die Arbeitgeber müssen eben glaubhaft machen oder müssen zeigen, welche Massnahmen sie getroffen haben. Dann sollte dieser Artikel oder diese Ergänzung für sie eigentlich kein Problem darstellen.
Regierungsrätin Andrea Willi:
Danke, Herr Präsident. Die Auslegung, die der Abg. Marco Ospelt uns vorgestellt hat, ist genau diejenige, die die richtige ist für das Gleichstellungsgesetz. Es geht in diesem Gesetz rein um die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeberin und Arbeitnehmerin. Und in allen Dingen ist immer der Adressat der Arbeitgeber. Wenn sie den Artikel 6 nehmen, sind alle aufgezählten Tatbestände im Einflussbereich des Arbeitgebers. Also er ist dabei bei der Anstellung, bei der Aufgabenzuteilung, bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen, bei der Entlöhnung, bei der Aus- und Weiterbildung, bei der Beförderung und bei der Entlassung. Wo er aber nicht unbedingt dabei ist, ist bei der sexuellen Belästigung. Da kann er dabei sein, wenn der Arbeitgeber zugleich der Belästiger ist. Aber es kann eben auch ein anderer Arbeitnehmer der Belästiger sein. Und darum konnte hier das nicht gleich behandelt werden wie dort, wo er immer und unmittelbar beteiligt ist als Arbeitgeber. Es steht auch hier im Kommentar zum Schweizerischen Gleichstellungsgesetz ganz ausdrücklich der Satz, dass ausschliesslich die Adressaten des Belästigungsverbots und seiner allfälligen Rechtsfolgen im Gleichstellungsgesetz immer die Arbeitgeber sind. Also ein Belästiger, wenn er nicht der Arbeitgeber ist, kann via Gleichstellungsgesetz gar nicht belangt werden. Und was der Arbeitgeber zu beweisen hat und was er beweisen kann, das ist eben in Art. 5 Abs. 3 beschrieben. Dort ist er wiederum allein zuständig und unmittelbar der Handelnde. Er hat nämlich Massnahmen zu erlassen in seinem Betrieb, die eben die sexuelle Belästigung eliminieren, die sie verunmöglichen. Wenn er das nicht macht, dann kann er via Gleichstellungsgesetz belangt werden. Und hier ist auch eine Art Beweislasterleichterung in diesem Abs. 3 gegenüber dem Arbeitgeber vorgesehen. Alles Weitere ist in anderen Gesetzen zu regeln oder via das Strafrecht vorzusehen. Ich würde noch so gern die Beweislasterleichterung auch bei der sexuellen Belästigung hier einführen. Aber die Systematik dieses Gesetzes lässt das nicht zu, weil hier geht es um die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und nicht zwischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmer. Für den Fall, dass der Arbeitgeber der Belästiger ist, müssen andere Gesetze herangezogen werden. Aber hier geht es nur darum, was der Arbeitgeber zu leisten hat. Und wie Sie sehen: Es geht um Tatbestände, die objektiv überprüfbar sind.
Abg. Egon Matt:
Ich denke, die Ausführungen des Herrn Abg. Marco Ospelt und Ihre Ausführungen, Frau Regierungsrätin, die kann man sehr wohl zusammenführen. Es geht doch hier darum, wie hoch setzen wir die Schwelle an, dass dieses Gesetz zum Spielen kommt. Was muss passieren, damit Massnahmen nach diesem Gesetz ausgelöst werden. Und wenn wir hergehen und sagen, ich nehme jetzt eine Frau: Sie muss glaubhaft machen, dass sie sexuell belästigt wird und dann das Gesetz ausgelöst wird, dann hat das doch einen Sinn. Dann kommen automatisch die Arbeitgeber ins Spiel. Die Massnahmen nach diesem Gesetz werden ausgelöst und die Massnahmen heissen: Es muss eine drohende Diskriminierung unterlassen werden, eine bestehende Diskriminierung beseitigt werden. Und dann kommen auch die dritten Zeugen, die Sie anrufen, Herr Landtagspräsident, kommen dann automatisch ins Spiel. Dann sind plötzlich nicht nur mehr die zwei Personen betroffenen, zwischen denen sich die Belästigung abspielt. Das ist ja auch der Sinn dieses Gesetzes, dass hier quasi ein Mechanismus ausgelöst wird, dass dritte Personen ins Spiel kommen. Und in diesem Fall ist es der Arbeitgeber als mitverantwortlich für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dadurch wird eine Signal gegeben und auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Ich denke auch nicht, dass der Richter, der angesprochen wird, den Sachverhalt der sexuellen Belästigung bis ins Detail klären muss. Das soll das Strafgesetz machen. Er muss diesen Sachverhalt nicht ins Detail klären. Der Richter muss nur entscheiden, ob er das Gesetz zum Spielen bringt, dieses Gleichstellungsgesetz zum Spielen bringt. Ob die sexuelle Belästigung glaubhaft genug ist, dass der Arbeitgeber informiert wird und auf seine Pflichten für seine Mitarbeiter aufmerksam gemacht wird. Das ist der Sinn dieses Gesetzes. Und wenn wir die Schwelle höher ansetzen, dann bedeutet das nichts anderes, als wir die sexuell belästigte Person im Prinzip zuerst einmal aufs Strafrecht verweisen, dass wir ihr sagen: Ja, wenn du belästigt bist, dann gehe mal zum Gericht und lass dir das beweisen. Und wenn dann das bewiesen ist, dann kannst du kommen und dieses Gesetz hier aktivieren und deinen Arbeitgeber aktivieren. Das kann doch nicht der Inhalt und der Sinn dieses Gesetzes sein.
Abg. Gabriel Marxer:
Herr Präsident. Ich fühle mich fast genötigt, Ihnen zu Hilfe zu eilen nach den Ausführungen des Abg. Paul Vogt. Es ist tatsächlich so, dass das, was Sie hier vertreten, Herr Abg. Vogt, in der Praxis demjenigen, der im Bereich dieser sexuellen Belästigung irgendeines Fehlverhaltens beschuldigt wird, den Beweis seiner Unschuld verunmöglichen wird. Und das bin ich ebenfalls wie der Präsident nicht bereit, zu übernehmen. Bei aller Sympathie für Ihren Antrag, glaube ich nicht, dass dies der Gleichstellung dient, sondern dass dies Ungleichgewichte einführen würde.
Abg. Marco Ospelt:
Ich möchte meine Frage noch etwas ausdehnen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob überhaupt tatsächlich eine sexuelle Belästigung stattgefunden haben muss, bevor dieses Gleichstellungsgesetz oder Sanktionen im Rahmen dieses Gleichstellungsgesetzes aktiv werden. Also, ich könnte mir vorstellen, dass beispielsweise ein Arbeitnehmer oder einer Arbeitnehmerin von ihrem Arbeitgeber verlangt, er solle Regelungen erlassen in seinem Betrieb, die zu ihrem Schutz geeignet sind, unabhängig davon und bevor der betreffende Arbeitnehmer belästigt wurde, und dass dieser Arbeitnehmer dann das Gericht anrufen kann, ohne jetzt sexuell belästigt worden zu sein, weil eben keine solchen Schutzmassnahmen oder keine solchen Regelungen getroffen wurden vom Arbeitgeber. So wie ich das verstehe, bedingt die Aktivität oder bedingt das Aktivwerden des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes nicht als Voraussetzung, dass eine sexuelle Belästigung tatsächlich stattgefunden habe. Oder liege ich da falsch?
Landtagspräsident Peter Wolff:
Meiner Meinung nach liegen Sie da falsch, Herr Abg. Ospelt. Es ist schon so, auch nach Abs. 3 von Art. 5, dass zunächst einmal als Voraussetzung für diese Entschädigungsansprüche eine tatsächlich stattgefunden habende Diskriminierung durch sexuelle Belästigung vorliegen muss. Es ist nicht so, dass diese Entschädigungsansprüche schon dann zustehen - ich sage hier natürlich nur meine Meinung - wenn jemand behauptet, er sei sexuell belästigt worden. Und wenn dann, ohne dass das irgendwie näher überprüft wird, der Arbeitgeber nicht beweist, dass er die angemessenen und billigerweise zumutbaren Massnahmen getroffen hat, dann muss er bereits die Entschädigung zahlen. So ist es nicht, sondern die Tatsache der Diskriminierung durch sexuelle Belästigung muss zunächst festgestellt werden, sei es mit oder ohne Beweislasterleichterung und dann kommt neben den anderen Rechtsansprüchen, die das dem belästigten Arbeitnehmer gemäss Art. 5 Abs. 1 verschafft, dann kommt auch noch die Entschädigung ins Spiel gemäss Art. 5 Abs. 3. Dort ist es dann am Arbeitgeber zu beweisen - wenn er ja nicht selbst der Belästiger ist, sondern eben nur in Arbeitgeberfunktion in das Ganze hineingezogen wird - zu beweisen, dass er die nötigen Massnahmen getroffen hat, um sich einer solchen Entschädigung entschlagen zu können. Ausser im zweiten, hier in der neuen Regierungsfassung angezogenen Fall, wenn er bereits vorgängig einmal über eine solche Belästigung in Kenntnis gesetzt wurde. Auch dort kommt es dann darauf an, zu beweisen, dass er die nötigen Massnahmen getroffen hat. Sonst wird er zwangsweise zu einer Entschädigung verpflichtet. Aber ich glaube nicht, dass Ihre Interpretation, Herr Abg. Ospelt, richtig ist, dass unabhängig davon, ob eine sexuelle Belästigung überhaupt jemals stattgefunden hat, der Arbeitgeber schon dann zu einer Entschädigung verpflichtet ist, wenn er einfach in seinem Betrieb keine ausreichenden, generell keine ausreichenden Massnahmen zur Verhinderung theoretischer sexueller Belästigungen getroffen hat.
Abg. Marco Ospelt:
Ich leite meine Interpretation davon ab, dass in Art. 5 Abs. 1 a davon gesprochen wird, dass der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch habe, eine drohende Diskriminierung zu verbieten. Das beinhaltet ja gerade, dass die Diskriminierung noch gar nicht stattgefunden hat, sondern dass sie erst droht.
Abg. Ingrid Hassler:
Ich habe damit gerechnet, dass meine Argumentation oder mein Ausgangspunkt von der betroffenen Seite an den Argumenten der Juristen oder Arbeitgeber scheitert. Aber man muss das Verständnis schon haben, dass es einen sehr langen Weg braucht, bis eine sexuell belästigte Person überhaupt schon den Mut hat, mit dem Thema umzugehen. Da muss sie sich noch eine Vertraute als Zeugin suchen und dann kommt der Schritt: Sie muss es eben noch beweisen können. Das sind dann schon sehr lange Wege. Von daher sehe ich es nicht als Rückschritt in der Frage der Gleichberechtigung respektive Gleichstellung der Geschlechter an, wenn wir diesem zustimmen würden. Was mich noch interessiert ist, wenn wir dann bei der Abänderung des Sexualstrafrechtes diesen Absatz hineinnehmen, der geplant ist: Wenn ein solches Urteil gefällt wird, dass jemand verurteilt ist wegen sexueller Belästigung, kann dieses Urteil dann mitverwendet werden, um in dem Betrieb die Konditionen dieses Gesetzes wirksam werden zu lassen oder nicht? Ich meine, wenn dann die Person den harten Weg geht, Beweis erbringen über das Strafrecht und sie bekommt Recht, sie wurde von einer Person belästigt, hat das Urteil dann Rückwirkung in dem Betrieb, wo diese Person arbeitet? Oder nur, wenn die beiden Personen im gleichen Betrieb arbeiten?
Landtagspräsident Peter Wolff:
Selbstverständlich hat das Rückwirkungen, Frau Abg. Hassler. Denn wenn jemand sogar strafrechtlich verurteilt ist, was für die Entschädigung oder sonstige Ansprüche nach diesem Gesetz gar nicht Voraussetzung ist, wenn jemand wegen so einer sexuellen Belästigung sogar strafrechtlich verurteilt wurde, dann ist das ja schon der Beweis, dass die Diskriminierung durch sexuelle Belästigung stattgefunden hat. Das ist allerdings ein Beweis noch auf einer viel höheren qualitativen Ebene, der viel schwieriger zu erbringen ist. Also das möchte ich jemandem, der sich belästigt fühlt, der belästigt wurde, bei Gott nicht zumuten, dass er es zu Wege bringen muss, dass der betroffene Belästiger strafrechtlich verurteilt wird.
Abg. Paul Vogt:
Also ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass diese Ergänzung in Art. 6 einfach notwendig ist, und zwar damit Abs. 3 von Art. 5 überhaupt greifen kann. Wenn man diese Ergänzung weglässt, dann bleibt Abs. 3 von Art. 5 ein Papiertiger. Dann tönt das zwar schön, aber das nützt überhaupt nichts. Dann wird jede Frau nach wie vor davor zurückscheuen, sich über eine sexuelle Belästigung zu beklagen. Dann muss sie alles beweisen. Dann muss sie sich erniedrigen, muss mit der hohen Wahrscheinlichkeit rechnen, dass sie dann Nachteile am Arbeitsplatz haben wird usw. Das muss man sich einfach vor Augen halten. Ich glaube nicht, dass das nun so ist, dass der Begriff "glaubhaft machen" so ausgelegt werden kann, dass dadurch automatisch ein Arbeitgeber, der die notwendigen Massnahmen ergriffen hat, um sexuellen Belästigungen vorzubeugen, dass dem dann irgendwelche Nachteile entstehen. Also davon können Sie mich nicht überzeugen oder haben Sie mich nicht überzeugt.
Regierungsrätin Andrea Willi:
Ich möchte auch eine Frage stellen, wenn ich das darf. Ich habe eben Verständnis für dieses Anliegen. Aber ich weiss nicht, wie man das umsetzen kann. Und zwar wäre meine Frage die folgende: Vor Gericht oder vor der Schlichtungsstelle wird immer nur der Arbeitgeber und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sein, also immer nur diese zwei Parteien. Und wenn der Arbeitgeber nicht der Belästiger war, und er ist dann konfrontiert von der Arbeitnehmerin, dass er jetzt die sexuelle Belästigung beweisen muss, dass die ein anderer nicht gemacht hat. Das muss er vor Gericht beweisen. Wie soll das gehen?
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das geht dadurch, Frau Regierungsrätin, indem der Arbeitgeber diejenige Person, die von der klagenden Arbeitnehmerin als Belästiger bezeichnet wird, als Zeuge anruft. Und vor Gericht werden natürlich alle beteiligten Personen, und wenn der Belästiger ein Dritter ist, in allererster Linie dieser Dritte als Zeuge einvernommen. Und es ist auch nicht so unmöglich, Herr Abg. Vogt, so etwas vor Gericht zu beweisen. Und das mit der Erniedrigung, das finde ich insofern überhaupt unangebracht, als die Schritte - wenn wir jetzt einmal von diesem Fall ausgehen - die die sexuell belästigte Arbeitnehmerin unternehmen muss, dem sie sich stellen muss, die sind so oder so genau dieselben. Sie muss zum Arbeitgeber gehen, allenfalls zur Schlichtungsstelle, schlussendlich zum Gericht und dort ihre Geschichte erzählen, eine Aussage machen. Ob das dann als Beweislast, ob das dann als glaubhaft von vornherein anzusehen ist aufgrund einer Beweislasterleichterungsregel im Gesetz oder nicht, das ist dann eine reine Beweisregel. Aber für sie bedeutet das überhaupt keinen Unterschied. Darum verstehe ich nicht, wenn Sie es als Erniedrigung bezeichnen, wenn die sexuell belästigte Arbeitnehmerin nach den normalen Beweislastregeln klagen muss oder wenn sie mit dem Vorteil, mit dem rein prozessualen Vorteil, dass ihre Aussage prima vista einmal als glaubhaft anzusehen ist, dorthin gehen kann. Für sie, wenn wir vom Thema, vom Aspekt der Erniedrigung, der nur darin bestehen kann, dass sie vor Dritten, vor einem Richter, vor wem auch immer, diese Geschichte erzählen muss, wenn wir von dem Aspekt sprechen, dort bringt es überhaupt keinen Unterschied. Und wegen des Beweises: Es ist nicht so, dass bei einer widersprechenden Aussage einer klagenden Arbeitnehmerin und eines als Zeuge einvernommenen Dritten, den sie als Belästiger bezeichnet, die Arbeitnehmerin immer den Kürzeren ziehen muss. Ganz und gar nicht. Hier spielt genau das, was Sie selbst vorher gesagt haben. Hier hat der Richter die freie Beweiswürdigung auf seiner Hand. Und wenn ihm die Arbeitnehmerin glaubhaft vorkommt und der Dritte aber überhaupt nicht, z.B. weil er schon einmal wegen so etwas verurteilt worden ist, z.B. weil er sich verhaspelt, weil er sich in Widersprüche verwickelt, weil er irgendwie einfach unglaubwürdig wirkt, dann ist das schon der Beweis. Es ist nicht so, dass man um einen Beweis zu erbringen, zwei, drei, vier Zeugen bringen muss, die da gesehen haben müssen, dass etwas passiert ist. Also so unmöglich ist das nicht, sonst wären sehr viele Sachen, auch in anderen Rechtsgebieten, ja nie beweisbar.
Abg. Egon Matt:
Frau Regierungsrätin. Ich sehe genau darin den Knopf, an dem Beispiel, das Sie jetzt gebracht haben. Ich denke überhaupt nicht, dass der Arbeitgeber dann die sexuelle Belästigung beweisen muss. Das ist überhaupt nicht so. Der Vorteil von diesem Gesetz ist, dass in diesem Fall die Arbeitnehmerin einen Mechanismus auslösen kann, mit dem der Arbeitgeber informiert und einbezogen wird. Der Arbeitgeber muss die sexuelle Belästigung nicht beweisen, überhaupt nicht. Das sagen Sie immer in Ihrem Bericht, aber das stimmt nicht. Der Arbeitgeber wird lediglich einbezogen und informiert. Dann ist es an ihm, in seinem Betrieb Massnahmen zu ergreifen, die das in Zukunft verhindern, weil er sonst, wenn er das nicht tut, eine Entschädigung zahlen muss. Das ist dann die Konsequenz daraus. Aber beweisen muss der Arbeitgeber überhaupt nichts. Der Richter muss entscheiden, ob glaubhaft in diesem Betrieb etwas passiert ist. Und in diesem Beispiel für die Arbeitnehmerin besteht einfach der Vorteil zur heutigen Regelung, dass sie mit einer relativ niedrigen Schwelle diesen Mechanismus auslösen kann, dass der Arbeitgeber miteinbezogen wird, eine gewisse Verantwortung mitbekommt. Und ich finde es schrecklich, wenn dieser Weg nicht offensteht, wenn die Arbeitgeberin gezwungen ist, zuerst das Strafgericht anzurufen, dann kommen Beweise, Beweise, Beweise, und wenn es dann bewiesen ist, dann kann man im Betrieb noch etwas machen. Das ist doch nicht der Sinn dieses Gesetzes. Das soll eine niedrige Schwelle sein. Signale müssen aufgenommen werden, wenn sie einigermassen glaubhaft sind und beim Arbeitnehmer eine gewisse Mitverantwortung auslösen, dass in seinem Betrieb das nicht weiterhin passiert.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das ist nicht richtig, Herr Abg. Egon Matt, dass ohne Beweislasterleichterung das Strafgericht angerufen werden muss. Das verlangt dieses Gesetz nicht. Hier geht es um rein zivilrechtliche Verfahren, um eine rein zivilrechtliche Klage, um die Ansprüche nach diesem Gesetz zu erreichen. Ein allfälliges Strafverfahren ist ganz was anderes und hat mit diesem Gesetz nichts zu tun. Bei dem Beispiel vorher war es nur so: Wenn schon unabhängig von diesem Gesetz eine strafgerichtliche Verurteilung vorliegt, dann ist die Beweisführung natürlich ein Kinderspiel oder, wenn das schon vorliegt.
Regierungsrätin Andrea Willi:
Ich frage mich auch, ob nicht das meiste, was Sie auch anstreben, in Art. 5 Abs. 3 eben nicht schon enthalten ist. Abs. 3 statuiert alle Pflichten, die der Arbeitgeber hat, nämlich dass er alle Massnahmen in seinem Betrieb trifft, dass sexuelle Belästigungen nicht vorkommen. Also jedenfalls ist dort schon sehr viel von Ihrem Anliegen damit erfüllt, vielleicht nicht 100%, aber zum allergrössten Prozentsatz.
Abg. Paul Vogt:
Damit ist leider gar nichts erfüllt, weil Abs. 3 von Art. 5 eben nur dann spielt, wenn eine sexuelle Belästigung stattgefunden hat, wenn der Richter davon ausgeht, dass eine solche sexuelle Belästigung stattgefunden hat. Das ist der wunde Punkt an diesem Artikel. Und deshalb ist es eben meines Erachtens notwendig, dass man in Artikel 6 diese Ergänzung aufnimmt. Nochmals: Dem Arbeitgeber kann ja gar nichts passieren, wenn er nachweisen kann, dass er die notwendigen Massnahmen vorgekehrt hat. Er kommt nicht vor ein Strafgericht, wenn ein Dritter eine sexuelle Belästigung begangen hat.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Die Diskussion scheint beendet zu sein. Dann können wir abstimmen. Der Abg. Paul Vogt hat beantragt, den Art. 6 wie folgt zu formulieren: "Bezüglich der Ablehnung einer Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird". Wer diesem Abänderungsantrag zustimmt, möge die Hand erheben.Abstimmung: 3 Stimmen
Landtagspräsident Peter Wolff:
Der Antrag ist nicht angenommen.Dann stimmen wir über Art. 6 ab. Wer Art. 6 gemäss Regierungsvorlage zustimmt, möge die Hand erheben.Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 7 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 7 steht zur Diskussion.
Abg. Karlheinz Ospelt:
Ich habe bereits bei der 1. Lesung angefragt bzw. gesagt, dass diese Klagen nur dann Platz greifen können sollten, wenn dies mit ausdrücklicher Zustimmung der betroffenen Person bzw. Personen erfolgt, d.h. es müsste dann heissen in diesem Art. 7 in der 4. Zeile: "können mit ausdrücklicher Zustimmung der betroffenen Person bzw. Personen im eigenen Namen feststellen lassen" usw. Ich beantrage, dass dies so geändert wird.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wird zu diesem Antrag das Wort gewünscht?
Abg. Paul Vogt:
Also Sie verlangen dann einfach, dass die Frauen wieder das ganze Verfahren durchlaufen.
Abg. Karlheinz Ospelt:
Nein.
Abg. Paul Vogt:
Sie müssen bereit sein, ihre Aussagen vor Gericht zu bestätigen.
Abg. Karlheinz Ospelt:
Nein, das verlange ich nicht. Ich verlange nur, dass diese betroffenen Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer ihre Zustimmung geben, dass diese Organisationen für sie das Verfahren durchziehen können. Da müssen sie nämlich nichts Weiteres tun, als diese Zustimmung zu geben. Ansonsten könnten diese Organisationen Bezug nehmen auf ein ganz konkretes Verfahren, welches eine bestimmte Person betrifft, ohne den Willen dieser Person oder gegen den Willen dieser Person solche Beschwerden oder Klagen führen.
Abg. Paul Vogt:
Aber es muss zumindest der Fall sein, dass auf eine bestimmte sexuelle Belästigung gegenüber einer bestimmten Person Bezug genommen werden kann und dass diese betroffene Person dann - subjektiv vielleicht nur, aber trotzdem - befürchten muss, dass sie Nachteile am Arbeitsplatz erfahren muss.
Abg. Karlheinz Ospelt:
Sie muss einzig und allein ihre Zustimmung geben, dass dieser konkrete Fall, welcher sie betrifft, als Grundlage für diese Klage bzw. Beschwerde dient. Nicht mehr und nicht weniger.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich glaube, Sie gehen da ein wenig von dem Irrtum aus, Herr Abg. Ospelt, dass es sich hier nur um Fälle handeln kann, die einen einzelnen Arbeitnehmer oder eine einzelne Arbeitnehmerin betreffen. Das ist, glaube ich, nicht der Fall. Aber gut.
Abg. Karlheinz Ospelt:
Entschuldigen Sie....
Landtagspräsident Peter Wolff:
Entschuldigung. Ich habe der Frau Regierungsrätin das Wort erteilt.
Regierungsrätin Andrea Willi:
Also uns scheint wirklich diese Formulierung, so wie sie da ist, genügend Sicherheit zu geben, dass gegen den Willen einer betroffenen Person kein Verband Klage einreicht, weil damit ein Verband Klage einreichen kann, braucht er ja die Daten. Er braucht die Tatbeschreibung und das kann er ja nur von der betroffenen Person erhalten. Also ich glaube, hier wird eine Gefahr vermutet, die gar nicht existiert, denn: Wie kommt der Verband zu den Daten, wenn nicht durch die betroffene Person? Und wenn die betroffene Person dann sagt: Nein, ich möchte jetzt doch nicht, dann wird der Verband nicht gegen den Willen Klage erheben. Ich glaube, Ihre Ängste sind da unbegründet.
Abg. Karlheinz Ospelt:
Ich habe ausdrücklich gesagt: Der betroffenen Person bzw. Personen, dass das noch einmal klargestellt ist. Und zweitens, wenn das sowieso der Fall ist, dann ändert dieser Zusatz ja nichts daran, dann ist es einfach ausdrücklich hier festgehalten. Also noch einmal. Der Antrag würde lauten: "können" und dann der Einschub "mit ausdrücklicher Zustimmung der betroffenen Person bzw. Personen im eigenen Namen feststellen lassen" usw.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wird dazu noch das Wort gewünscht? Wenn nicht, dann stimmen wir ab. Der Abg. Karlheinz Ospelt beantragt, Abs. 1 erster Satz dieses Artikels wie folgt abzuändern: "Vereinigungen mit Sitz im Inland, die nach ihren Statuten die Förderung der Gleichstellung von Frau und Mann oder die Wahrnehmung der Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezwecken und seit mindestens 5 Jahren bestehen, können mit ausdrücklicher Zustimmung des Betroffenen oder der Betroffenen im eigenen Namen feststellen lassen, dass eine Diskriminierung vorliegt, wenn der Ausgang des Verfahrens sich voraussichtlich auf eine grössere Zahl von Arbeitsverhältnissen auswirken wird". Ist das so richtig, Herr Abg. Ospelt? Das wird bejaht. Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge die Hand erheben.Abstimmung: 9 Stimmen
Landtagspräsident Peter Wolff:
Der Antrag ist nicht angenommen.Dann stimmen wir ab über Art. 7 gemäss Regierungsvorlage. Wer mit Art. 7 einverstanden ist, möge die Hand erheben.Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung
[Ab Abstimmung zu Art. 7 wegen Aufnahmeproblemen nicht eindeutig bis zu Art. 8].
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 8 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 8 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge die Hand erheben.
Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Art. 9 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 9 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Wer damit einverstanden ist, möge die Hand erheben.
Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Art. 10 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 10 steht zur Diskussion.
Abg. Paul Vogt:
Ich habe hier zwei Abänderungsanträge. Der erste Antrag betrifft Abs. 2. Hier möchte ich die Frist auf zwölf Monate ausdehnen mit folgender Begründung: Die Erfahrungen haben in der Schweiz gezeigt, dass ein Kündigungsschutz von 6 Monaten zu kurz ist. Viele Frauen, die sich wegen sexueller Belästigung oder sexueller Diskriminierung beklagen, haben Angst vor anschliessenden Strafmassnahmen. Deshalb sollte diese Frist erweitert werden.Der 2. Abänderungsantrag betrifft Abs. 3. Hier können wir dann gleich die Diskussion zu Art. 11 vorwegnehmen. Hier möchte ich folgende Änderung beantragen: "Die Kündigung muss vor Ende der Kündigungsfrist beim Gericht bei der Schlichtungsstelle angefochten werden". Ich werde, sofern das hier Erfolg haben sollte, bei Art. 11 beantragen, dass nicht ein Landrichter als Schlichtungsstelle bezeichnet wird, sondern dass eine separate Schlichtungsstelle geschaffen wird. Die Begründung geht auch hier dahin, das man das Verfahren erleichtern soll, dass man eine Kommission haben soll, in der Frauen und Männer sitzen, dass man die Barriere möglichst senken soll, bei der betroffene Frauen klagen können. Ich glaube, dass es in der Praxis einfach so ist, dass Frauen Angst haben, dass es ein Gefälle gibt, eine Hierarchie gibt, dass man den Arbeitnehmerinnen nach Möglichkeit diesen Schritt erleichtern sollte.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Der 2. Antrag, Herr Abg. Vogt, ist meiner Meinung nach überflüssig, da er in Art. 11 Abs. 2 ohnehin inhaltlich vorgesehen ist. Das heisst: Wenn man schlussendlich bei Gericht vorgehen will, muss man zuerst die Schlichtungsstelle anrufen gemäss Art. 11 Abs. 2 innert der Frist, die hier in Art. 10 Abs. 3 genannt wird. Es ist etwas umständlich formuliert gesetzgeberisch. Zugegebenermassen muss man zuerst die Schlichtungsstelle anrufen. Wenn es dort zu keiner Einigung kommt gemäss Art. 11 Abs. 2 zweiter Satz, dann innerhalb dreier weiterer Monate die gerichtliche Klage einreichen. Also der Satz "muss vor Ende der Kündigungsfrist beim Gericht angefochten werden" ist in Verbindung mit Art. 11 Abs. 2 Satz 1 als Einleitung eines Schlichtungsverfahrens innert dieser Frist zu verstehen.
Stv. Abg. Dorothee Laternser:
Herr Präsident, meine Damen und Herren. Ich möchte mich dem ersten Antrag des Abg. Paul Vogt anschliessen. Wie er bereits sagt, haben die 6 Monate Schutz vor Rachekündigungen sich nach schweizerischen Erfahrungen als Schwachstelle erwiesen. Als Begründung möchte ich anführen: Bei angespannter Wirtschaftslage ist es schwierig, eine neue Arbeitsstelle zu bekommen. Von daher wird es, um ein Beispiel zu nennen, einer Frau schwer fallen, sich gegen z. B. eine Lohnungleichheit mit einem Mann zu wehren, wenn sie damit rechnen muss, sechs Monate nach Beendigung des Verfahrens ihre Arbeitsstelle zu verlieren. Ich möchte in dem Zusammenhang betonen: Der Grund für die Kündigung wäre dann nur, dass die Frau durchgesetzt hat, das gleiche Recht wie der Mann zu bekommen. Als Folge davon verliert sie ihre Arbeitsstelle. Das ist der Sinn von dem Paragraphen. Insofern würde ich meinen, dass es sich mit normalen Kündigungsfristen nicht vergleichen lässt und eine längere Kündigungsfrist angebracht ist. Danke.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wird zu diesen Anträgen des Abg. Vogt noch das Wort gewünscht?
Regierungsrätin Andrea Willi:
Wenn die Klägerin Recht bekommt, dann muss die Rachekündigung sogar aufgelöst werden. Dann bedeutet das, dass sie weiterarbeiten kann im Fall, dass sie Recht bekommt, ausser der Arbeitgeber kündigt ihr dann im normalen Ablauf.
Abg. Paul Vogt:
Aber es geht ja darum, wann der Arbeitgeber dann eine Kündigung aussprechen kann, und d. h. eben der Schutz vor der Rachekündigung in den nächsten 6 Monaten nicht passieren kann. Dieser Schutz soll auf ein Jahr ausgedehnt werden.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Die Diskussion scheint beendet zu sein. Dann können wir über diese beiden Anträge abstimmen. Der Abg. Paul Vogt hat beantragt, Abs. 2 wie folgt zu formulieren: "Der Kündigungsschutz gilt für die Dauer eines innerbetrieblichen Beschwerdeverfahrens, eines Schlichtungs- oder eines Gerichtsverfahrens sowie 12 Monate darüber hinaus". Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge die Hand erheben.Abstimmung: 4 Stimmen
Der Antrag ist nicht angenommen.Dann hat der Abg. Paul Vogt beantragt, Abs. 3 wie folgt zu ergänzen, und zwar den 1. Satz von Abs. 3: "Die Kündigung muss vor Ende der Kündigungsfrist beim Gericht oder bei der Schlichtungsstelle angefochten werden". Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge die Hand erheben.Abstimmung: 1 Stimme
Der Antrag ist nicht angenommen.Dann stimmen wir gesamthaft über Art. 10 gemäss Regierungsvorlage ab. Wer mit Art. 10 einverstanden ist, möge die Hand erheben.Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 16 Stimmen
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir erholen uns ein wenig von den Mühen der Gleichstellung bei einer halbstündigen Pause.DIE SITZUNG IST UNTERBROCHEN