Landtagsprotokolle des Liechtensteiner Landtags

Inhaltsverzeichnis

Traktandenseite

Startseite

26.	Post- und Fernmeldewesen, Auflösung des Vertrags mit der Schweiz

27.	Staatsgerichtshof, Gutachten zu Art. 112

28.	Fernsehkonzession an IBC

29.	Teilzeitnutzungsgesetz (TNG), 1. L.

30.	KVG, ALVG, GesG (Abänderung; Revision Krankenversicherungsgesetz), 1. L.

30.	KVG, ALVG, GesG (Abänderung; Revision Krankenversicherungsgesetz), 1. L.

30.	KVG, ALVG, GesG (Abänderung; Revision Krankenversicherungsgesetz), 1. L.

31.	Ausländer- und Passamt, Zusammenlegung (Umbenennung), 1. L. u. 2. L.

32.	Liechtensteinische Post AG, Wahl Präsident und Verwaltungsrat

33.	Liechtenstein Bus Anstalt, Wahl Präsident und Verwaltungsrat

Kleine Anfragen, März 1999, Beantwortung

Genehmigung

Beschlussprotokoll

Verknüpfungen

Sitzungen -

Protokolltyp

Parlamentarische Eingänge

Abstimmmungsergebnisse

LR – Systematik

LGBl – Nummern

BuA Nummern

Kleine Anfragen Beantwortung

Sprecher

REVISION DES KRANKENVERSICHERUNGSGESETZES (EINSCHLIESSLICH ABÄNDERUNG DES ARBEITSLOSENVERSICHERUNGSGESETZES UND DES SANITÄTSGESETZES) (NR. 151/1998), 1. LESUNG

Landtagspräsident Peter Wolff:

Wir kommen zu Traktandum 30: Revision des Krankenversicherungsgesetzes (einschliesslich Abänderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes und des Sanitätsgesetzes). Der Bericht und Antrag Nr. 151/1998 der Regierung hierzu steht zur Diskussion.

Abg. Walter Hartmann:

Herr Präsident, meine Damen und Herren. Die Revision des Krankenversicherungsgesetzes ist eine sehr notwendige Angelegenheit, weil der wesentliche Parameter unseres Gesundheitssystems, die Finanzierbarkeit, ausser Kontrolle zu geraten droht. Es geht also nicht so sehr darum, sich darüber Sorgen zu machen, dass es um die Volksgesundheit offenbar nicht so gut bestellt ist, wobei immer mehr niedergelassene Ärzte und Fachärzte sich mit immer weniger Patienten beschäftigen müssen und trotzdem der Ärztebedarf offenbar noch nicht restlos befriedigt ist. Es geht vordergründig darum, die Finanzierbarkeit unseres Gesundheitssystems für einen längeren zukünftigen Zeitraum abzusichern, es geht um das Überleben unseres Gesundheitssystems schlechthin. Im Bericht und Antrag der Regierung wird mehrfach auf die Gründe hingewiesen, die dafür verantwortlich sind, dass die Kosten im Gesundheitswesen in der Vergangenheit stark gestiegen sind. Mit ebenfalls steigender Tendenz für die Zukunft, sollte die Gesundheitsreform gar nicht oder nur in allzu bescheidener Form realisiert werden können. Wie der Bericht auch richtigerweise festhält, ist das gegenständliche Problem kein typisch liechtensteinisches, sondern ein Problem aller modernen Industriestaaten. So paradox dies klingen mag, ein Wohlstandsproblem. Somit auch ein gesellschaftspolitisches und nicht nur ein gesundheitspolitisches Problem. Einen der Gründe für die Kostenentwicklung sieht der Bericht in der Zunahme des Leistungsangebotes und der Leistungserbringer. Ärztedichte steht im direkten Verhältnis zur Höhe der Kosten. Je mehr Ärzte also, desto höher die Kosten. Und immer noch warten junge Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner auf eine Niederlassungsmöglichkeit in ihrer Heimat. Unglücklicherweise auch EU-Ärzte, die durch die EWR-bedingte Liberalisierung immer häufiger sich in Liechtenstein niederlassen wollen.In diesem Zusammenhang sei mir eine Replik auf Traktandum 8 erlaubt, von gestern, die Interpellationsbeantwortung, bei der es leider keine Diskussion gab. Die Beantwortung der Frage 10 gibt Auskunft über das durchschnittliche Ärzteeinkommen. Obwohl eine Frage der Interpellanten, halte ich deren Beantwortung für bedenklich und bedauerlich, da dadurch unnötige Begehrlichkeiten geweckt werden und darüber hinaus eine unglückliche Polarisierung entsteht. In ihrer materiellen Existenz bedrohte EU-Ärzte - und davon gibt es angeblich genug - werden dadurch unweigerlich darauf aufmerksam gemacht, sich in Liechtenstein niederlassen zu wollen und auch zu können. Ausserdem wird dem Geist des ältesten Liechtensteiners unnötigerweise Nahrung gegeben. Nota bene haben auch die Ärzte ein Anrecht auf die Anonymität ihrer Einkommen, wobei ich die Meinung vertrete, dass, wenn jemand - gleichgültig welcher Berufsgattung er angehört -, das bekommt, was er verdient, es rechtens ist, unabhängig von der Einkommenshöhe. Wenn jemand mehr bekommt als er verdient, aus welchen Gründen auch immer, dann ist es eben nicht mehr rechtens. Eine Gesundheitsreform muss zwangsläufig auch in dieser Hinsicht Gerechtigkeit schaffen und Missbräuche verhindern.Doch zurück zur Ärztedichte. Aus dem Bericht geht hervor, dass es offenbar keine Möglichkeit gibt, eine Zulassungsbeschränkung etwa nach dem Kassenarztsystem nach österreichischem oder deutschem Vorbild in Erwägung zu ziehen. Zu problembeladen sind die Konsequenzen namentlich für die Liechtensteiner Ärzte. Auch verfassungsrechtliche Gründe werden angeführt. An die Einführung eines Gesamtbudgets für die in Liechtenstein zugelassenen Ärzte wird gedacht. Ich halte diese Überlegung für mindestens genauso undurchführbar wie das Kassenarztsystem. Es schafft einen für die Patienten schädlichen und unnotwendigen Wettbewerb. Sollte die Gesundheitsreform erfolgreich sein, wird man nicht umhinkommen, eine Zulassungsbeschränkung einzuführen, so unpopulär und schmerzlich es für den Bewerber auch sein mag. Es kann nicht jeder junge Mensch, der sich für ein Medizinstudium entscheidet, zwangsläufig auch davon ausgehen, dass er in Liechtenstein eine Existenzgrundlage findet. Er trifft die Berufsentscheidung in eigener Verantwortung, gerade auch hinsichtlich seiner späteren Berufsausübungsmöglichkeit. Diesbezüglich besteht dringender Aufklärungsbedarf, der bereits vor dem Abitur, vor der Matura, stattfinden muss. Auch ein gesellschaftspolitisches Problem. Es kann nicht Aufgabe des Gesundheitssystems sein, wider jeder Vernunft, allen Interessenten eine Existenzgrundlage zu verschaffen. Das unbeschränkte Bedürfnis in der Bevölkerung, am aussergewöhnlichen medizinischen Fortschritt teilzuhaben, ist ein weiterer Grund für die Kostenentwicklung. Dies ist ein Teufelskreis. Eine weltumspannende hochpotente Pharma- und Medizintechnikindustrie schafft immer diffizilere, genauere und wirksamere Diagnostik- und Therapieverfahren, die immer teurer werden, sowohl in der Anschaffung als auch in deren Anwendung.Das schafft einerseits in der Bevölkerung Begehrlichkeiten und andererseits die Notwendigkeit bei den Leistungserbringern, zur Rentabilitätssicherung immer mehr Patienten zu behandeln. Die Organtransplantationen, raffinierte Chirurgie und die Gentechnologie sind alle traumhafte Errungenschaften. Doch wo bleibt die Prävention, die Eigenverantwortung der Menschen, das höchste Gut, die Gesundheit so zu pflegen, dass es erst gar nicht zu aufwendigen Therapien kommen muss? Ein anderer Grund für die Kostenschübe im Gesundheitswesen liegt in der veränderten Altersstruktur unserer Gesellschaft. Eine der herausragenden Errungenschaften der Medizin ist die stark erhöhte Lebenserwartung. Immer mehr Menschen gehören in den Bereich der über 65-Jährigen mit stark zunehmender Tendenz. Dies ist für mich der heikelste Bereich der Gesundheitsreform: Jener Gruppe von Menschen in unserer Gesellschaft die Geborgenheit und Sicherheit zu vermitteln, die sie sich redlich verdient haben, ohne sie finanziell zu belasten und ihnen die medizinische Versorgung zu garantieren, die sie altersbedingt zwangsläufig häufiger in Anspruch nehmen müssen als jüngere Menschen oder gar Jugendliche. Ich halte die Kostenbeteiligung der Rentner, so wie sie im Modell vorgestellt ist, für unzumutbar, es sei denn, die betreffenden Rentner hätten ein höheres Einkommen als das, was ihnen von der AHV zusteht. Es kann doch wohl nicht sein, dass sich die Menschen im Lebensherbst mit Ergänzungsleistungen und Sozialhilfe durchschlagen müssen. Jedenfalls nicht in einem Land, das zu den reichsten der Welt gehört, zu dessen Reichtum sie tatkräftig beigetragen haben. Hier muss das Solidaritätsprinzip zur Anwendung gelangen. Ein Gedanke, mit dem ich mich sehr wohl anfreunden kann, ist die einkommensabhängige Prämiengestaltung. Selbst gegen alle versicherungstechnischen Undenkbarkeiten, die im Bericht beschrieben sind, müsste sich eine einkommensabhängige Prämiengestaltung allerdings bis zu einer klar definierten Einkommensobergrenze - ganz im Gegensatz zur AHV - realisieren lassen. Wo ein Wille ist, wird sich sicherlich auch ein Weg finden. Eine Kostenbeteiligung erachte ich hinsichtlich der Entwicklung einer erhöhten Eigenverantwortung für angebracht, ja sogar für notwendig, das vorgeschlagene Modell aber, in der Mehrheit der Fälle, für finanziell stark belastend. Eine Franchise von CHF 200 zuzüglich 10% der Kosten bis zu CHF 600 ist für einen grossen Teil der Bevölkerung vermutlich untragbar. Der Kostenbeitrag soll erzieherischen Wert haben, wird aber nie einen höheren Mitfinanzierungsanteil haben können, wenn er sozial verträglich sein soll. Wenn wir uns überlegen, dass die über 65-Jährigen in naher Zukunft einen sehr hohen Anteil in unserer Bevölkerung haben, aber über immer weniger Geld verfügen werden, so ist ein hoher Selbstbehalt nicht realisierbar. Er sollte meines Erachtens nicht wesentlich über 5% liegen, also derzeit bei etwa CHF 3 Millionen. Der Selbstbehalt wird immer degressiv sein aus den eben geschilderten Gründen der Altersstruktur, aber auch deshalb, weil immer mehr Ärzte sich niederlassen wollen. Es sei denn, er wird laufend angepasst, was ich für nicht finanzierbar halte, zumindest aber für sozial unverträglich.Und nun zum Hausarztmodell: Diesem Modell kann ich durchaus positive Seiten abgewinnen. Ich denke, da es als fakultative Ergänzung zum bisherigen System geführt werden soll, muss man versuchen, dieses System in der Praxis zu erleben, um dessen Effizienz beurteilen zu können. Das Hausarztmodell stösst nicht überall auf Gegenliebe, aber bei genauer Betrachtung müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass bereits heute ein grosser Teil der Bevölkerung schon dieses Modell - ansatzweise zumindest, nämlich wiederum jene der über 65-Jährigen - benützt. Sie haben ihren Hausarzt, den sie in jedem Fall konsultieren. Im Bericht steht, die Hausärzte sollen eine gewisse finanzielle Verantwortung für die von ihnen verursachten und veranlassten Kosten übernehmen. Gleichzeitig sollen sie aber auch am Erfolg von vereinbarten Zielen zur Kostenkontrolle partizipieren. Ich kann mir weder theoretisch noch praktisch unter diesem System der Selbstkontrolle, Selbstbeschränkung und der damit verbundenen Belohnung etwas vorstellen. Die Bedenken, dass die freie Arztwahl nun nicht mehr möglich ist und damit Nachteile für die Patienten haben könnte, müssen sich durch die Praxis erhärten oder ausgeräumt werden. Aber die fakultative Bedeutung des Hausarztmodells lässt viel Spielraum. Ausserdem denke ich, dass unsere Ärzte einen Vertrauensvorschuss verdient haben, dass sie jederzeit so handeln, auch wenn es um Überweisung geht, auch wenn es um Kostenkontrolle geht, dass sie das Wohl der Patienten im Auge haben.Über Sinn und Unsinn des Hausarztmodells kann nur der praktische Versuch Aufschluss geben. Sollte sich die von manchem gefürchtete Unsinnigkeit erweisen, so halte ich unsere Bevölkerung für so mündig, dass sie zur gegebenen Zeit und zu gegebenem Anlass entsprechend reagieren wird. Ich komme zum Schluss. Die Entwicklung im Gesundheitssystem zeigt deutlich Grenzen auf, die vorwiegend in seiner Kostenstruktur, in seiner Finanzierbarkeit liegen. Es besteht zweifellos Handlungsbedarf. Wir haben uns in dieser Frage aber selbst und durch verschiedene Umstände einem Druck ausgesetzt, der für die notwendige Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems durchaus hinderlich sein könnte. Unser System war bis heute hervorragend und es wird sehr schwer sein, es durch ein besseres zu ersetzen. Wir haben eine hervorragende medizinische Versorgung, eine hohe soziale Sicherheit, eine faire Verteilung der Kosten und im internationalen Vergleich eine trotz allem respektable Situation bezüglich der individuellen Prämiensituation.Die Medizin, die wir nicht zuletzt durch unsere eigenen Begehrlichkeiten fordern und betreiben, kann und wird es meines Erachtens nie zum Nulltarif geben. Wollen wir eine Medizin zum heutigen Standard, wird es Opfern bedürfen. Die dringend notwendige Gesundheitsreform sollte dennoch nicht zu deren Nachteil forciert werden. Wir brauchen eine wohl durchdachte, sozial verträgliche und faire Gesundheitsreform, die ein langfristig funktionstüchtiges und finanzierbares Gesundheitssystem gewährleisten soll. Wenn wir zu dessen Realisierung länger als vorgesehen brauchen, ist es immer noch zweckmässiger, als an einer nicht befriedigenden Lösung jahrelang nachzubessern. Eines ist jedenfalls sicher: Ohne ein höchstes Mass an Eigenverantwortung im Sinne der Prävention, im Sinne eines sorgsamen Umganges mit dem eigenen Leib und Leben werden das gegenwärtige wie das zukünftige Gesundheitssystem kollabieren.Und noch eines ist sicher wie das "Amen im Gebet", wir werden so oder so eine Lösung haben. Entweder wir erarbeiten uns eine solche, verantwortungsbewusst, sorgsam und mit hoher prospektiver Bedeutung, sozial verträglich mit der Opferbereitschaft aller, auch über rein persönliche Grenzen hinaus, oder eine Lösung wird uns zum Nachteil aller von aussen aufgezwungen. Mir wäre die erste Lösung lieber. Ich bin für Eintreten auf diese Vorlage.

Stv. Abg. Dorothee Laternser:

Herr Präsident, meine Damen und Herren. Mit der vorgesehenen Revision des Krankenversicherungsgesetzes werden neben anderem drei grundsätzliche Ziele verfolgt.1. Die hohe Qualität der medizinischen Versorgung, die wir jetzt haben, muss für die gesamte Bevölkerung gewährleistet bleiben. 2. Gleichzeitig ist es erforderlich, die enorme Kostensteigerung der letzten Jahre zu bremsen.3. Die Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung sind bereits so hoch, dass sie für einen Teil der Versicherten über dem Rahmen des Zumutbaren liegen. Entsprechend muss Abhilfe geschaffen werden. Das heisst, Familien mit Kindern, Jugendlichen sowie Versicherte im Rentenalter bedürfen einer generellen Entlastung und Haushalte mit niedrigem Einkommen einer darüber hinausgehenden Prämienverbilligung.Im Hinblick auf die genannten Ziele sieht die Gesetzesvorlage eine differenzierte Prämiengestaltung sowie eine gestaffelte Kostenbeteiligung der Versicherten als neues Element vor. Das heisst im Einzelnen: Zur Entlastung der Familien werden Kinder vollständig von Krankenkassenprämien und Kostenbeteiligung ausgenommen. Dabei gelten neu in diesem Zusammenhang Versicherte bis zum vollendeten 16. Lebensjahr als Kinder (bisher war es bis zum vollendeten 15. Lebensjahr) und sie sind damit also bis zum vollendeten 16. Lebensjahr beitragsfrei, das heisst, bis zu einem Zeitpunkt, an dem zumindest bei den Jugendlichen, die eine Lehre absolvieren, der Arbeitgeber die Hälfte der Prämie zahlt. Bis zum 20. Lebensjahr darf die Prämie der Jugendlichen höchstens die Hälfte derjenigen des Erwachsenen betragen. Die geplante Kostenbeteiligung der Versicherten in Form eines festen Jahresbetrages und eines limitierten Selbstbehaltes bei den den Jahresbeitrag übersteigenden Kosten soll für Jugendliche und für Versicherte im Rentenalter halbiert und im Hausarztsystem ganz gestrichen werden. Ebenso sind Chronischkranke von der Kostenbeteiligung ausgenommen, wobei im Moment noch nicht eindeutig definiert ist, wer dazugehört. Diese Massnahmen sind meiner Meinung nach notwendig und sehr zu begrüssen. Darüber hinaus ist aber meines Erachtens, wie bereits gesagt, eine Prämienverbilligung für Haushalte mit niedrigem Einkommen erforderlich. In der Schweiz wird das seit dem Inkrafttreten des neuen Krankenversicherungsgesetzes im Januar 1996 praktiziert. Eine Studie über Erfahrungen damit veröffentlichte das Bundesamt für Sozialversicherung Anfang dieses Jahres. Die Regelung ist kantonal sehr unterschiedlich vor allem im Hinblick darauf, welchem Prozentsatz der Versicherten eine Prämienverbilligung zugute kommt. Im gesamtschweizerischen Durchschnitt waren es in den vergangenen Jahren rund 23% der Wohnbevölkerung. Die Studie ergab auch, dass grundsätzlich die gewünschte Wirkung erzielt wurde, das heisst, eine Entlastung von Haushalten mit niedrigem Einkommen. Unbefriedigend erscheint im schweizerischen System die Situation einer sogenannten mittelständischen Familie mit Kindern. Dort kennt man allerdings auch keine Kosten- und Prämienbefreiung für Kinder und Jugendliche. Ein grundsätzlich neues Element in dieser Gesetzesvorlage ist das geplante Hausarztsystem. In entsprechender, liechtensteinischen Gegebenheiten angepasster Ausführung kann es sehr wohl zum Vorteil aller Beteiligten sein. Schweizerische Erhebungen in verschiedenen Hausarztsystemen wurden ebenfalls vom Bundesamt für Sozialversicherung, und zwar - jetzt zitiere ich eine Studie vom November 1997 - veröffentlicht. Sie zeigen, dass die Patienten, die sich in diesen Hausarztsystemen befinden, die Versorgung überwiegend positiv bewerten. Es wurden auch Qualitätsvergleiche zwischen herkömmlichen Systemen und Hausarztmodellen angestellt, die im Hinblick darauf, also im Hinblick auf die Qualität, keine Unterschiede ergaben. Die Kosten lagen in den Hausarztsystemen um 30 bis 35% niedriger. Bei uns ist eine speziell auf Liechtenstein zugeschnittene Lösung vorgesehen. Innerhalb des Hausarztsystems wählt der Versicherte seinen Hausarzt selbst und kann ihn jederzeit wechseln. Fachärzte kann er, so wie es jetzt geplant ist, unter bestimmten Umständen im Hausarztsystem direkt, ansonsten durch Zuweisung des Hausarztes aufsuchen. Innerhalb des Hausarztsystems sind die behandelnden Ärzte zur Zusammenarbeit verpflichtet, um Doppelspurigkeit zu vermeiden. Gleichzeitig wird von den Ärzten und anderen Leistungserbringern Wirtschaftlichkeit im Sinne einer Mitverantwortung für die entstehenden Kosten unter gleichzeitiger Sicherung der Qualität verlangt. Unter diesem Aspekt ist es sinnvoll, dass die Tarifgestaltung nicht unter den einzelnen Krankenkassen und Leistungsbringern erfolgt, sondern so, wie es sich bisher bewährt hat, zwischen den Verbänden von Krankenkassen und Leistungserbringern. Darauf werde ich später bei der Lesung des Art. 16b noch einmal eingehen.Ebenso erscheint es bei der Grösse unseres Landes nicht effektiv und wirtschaftlich, von verschiedenen Hausarztsystemen auszugehen. Auch das möchte ich in Art. 18a Abs. 7 ansprechen. Neu ist bei der vorliegenden Gesetzesvorlage ein Risikoausgleich zwischen den Krankenkassen vorgesehen. Das heisst, Kassen, die in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung weniger Frauen und ältere Personen haben, als dem Durchschnitt entspricht, leisten eine Ausgleichszahlung zu Gunsten der Kassen mit ungünstigerer Versicherungsstruktur im Sinne einer Solidarität unter den Geschlechtern und Generationen. Dieser Ausgleich ist sehr zu begrüssen und trifft finanziell weder die Versicherten noch den Staat. Er hat sich in der Schweiz bewährt; dort wird allerdings bereits über eine weitere Verfeinerung des Systems nachgedacht. Zum Schluss noch ein Wort zum Begriff (Spezialarzt(. Er ist veraltet, kommt ursprünglich aus der Schweiz, wird dort inzwischen durch den Begriff "Facharzt" ersetzt wie auch in den anderen deutschsprachigen Ländern. Auch in unserem Sanitätsgesetz wird von Fachärzten gesprochen. Deshalb spreche ich dafür, dass auch in diesem Gesetz das Wort "Facharzt" verwendet wird anstelle von Spezialarzt. Grundsätzlich begrüsse ich den vorliegenden Gesetzesentwurf und spreche mich für Eintreten aus.

Abg. Marco Ospelt:

Endlich können wir im Landtag die Vorschläge der Regierung zur Reform des Gesundheitswesens diskutieren. Die Kosten der obligatorischen Krankenversicherung sind nicht erst in den letzten zwei Jahren derart angestiegen, dass für immer mehr Versicherte - vor allem für Familien und Mitbürger in eingeschränkten finanziellen wirtschaftlichen Verhältnissen - die Prämien der Krankenkassen eine Schmerzgrenze erreicht oder überschritten haben. Die Bürgerpartei hat seit Jahren immer wieder betont, dass eine Reform nötig sei. Sie hat sich bereit erklärt, dabei mitzuarbeiten und Reformschritte zu unterstützen, welche zu einer Eindämmung der Kosten im Gesundheitswesen führen. Mehr noch, die Bürgerpartei hat durch ihre Initiative für bezahlbare Krankenkassenprämien - wie immer man sonst darüber denken mag - erst den nötigen Druck bewirkt, der die Regierung zum Handeln gezwungen hat. Nun also liegen deren Vorschläge auf dem Tisch. Welche Neuerungen will die Regierung einführen? Für die Patienten das Hausarztmodell, die Kostenbeteiligung und die Abschaffung der Kollektivverträge für Krankenpflege. Für die Leistungserbringer die Qualitätssicherung oder Massnahmenregelungen zur Qualitätssicherung und Möglichkeiten für einzelne Leistungserbringer, mit einzelnen Kassen Tarifverträge abzuschliessen. Für die Krankenkassen den Risikoausgleich, den Dorothee Laternser schon angesprochen hat, und Bestimmungen über Kontrolle und Aufsicht der Krankenkassen. Für den Staat Regelungen bezüglich der Beiträge des Staates an die Krankenkassen und die Regelung, dass Tarifverträge mit Spitälern und Pflegeheimen durch die Regierung abgeschlossen werden.Zu allen diesen Neuerungen gäbe es eine Menge zu sagen und wir werden bei der Diskussion der einzelnen Artikel des Gesetzes sicher darauf eingehen. Ein Beispiel kann ich mir trotzdem nicht verkneifen: Es betrifft die Bestimmungen über die Kontrolle und Aufsicht der Krankenkassen. Das alte Gesetz über die Krankenversicherung vom November 1971 bietet alle Möglichkeiten, die notwendigen statistischen Daten zu erheben. So schreibt dort Art. 4 vor: Die Kassen und der Verband haben die erforderlichen statistischen Angaben zu machen und Auskünfte zu erteilen. In Art. 30 schreibt das Gesetz: Die Regierung erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes nötigen Verordnungen.In der Revision dieses Gesetzes, die uns nun vorliegt, werden diese Bestimmungen zwar präzisiert. Auch danach muss aber die Regierung die notwendigen Vorschriften erst noch erlassen, um Fleisch an den statistischen Knochen zu bringen. Seit 1971 warten wir auf diese Verordnungen. Bisher begnügt sich die Regierung damit zu präzisieren, was die Verordnungen im Einzelnen zu enthalten hätten. Konkret heisst das, sie definiert ihre Hausaufgaben präziser. Gemacht hat sie diese Hausaufgabe damit noch lange nicht. Sie kommt mir vor wie ein Schüler, der ohne Lösung in die Klasse kommt und sich darauf hinausredet, er habe nicht genau gewusst, was die Aufgabe gewesen sei. Damit sind wir bei einer entscheidenden Grundlage für eine Reform des Gesundheitswesens. Bevor man etwas reformiert, bevor man neue Regelungen einführt, sollte man doch wohl die Kostenstruktur und die Geldflüsse im bisher gültigen System kennen. Hören wir, was die Regierung dazu zu sagen hat, ich zitiere: "Das heute verfügbare statistische Datenmaterial ist wenig strukturiert und teilweise unvollständig. Ein Teil der Daten ist ausschliesslich den Durchführungsträgern der Krankenversicherung zugänglich".Mit diesem Satz auf der Einleitung in der Antwort auf die Interpellation zu den Strukturdaten im Gesundheitswesen ist eigentlich alles gesagt. Die Regierung hat zwar erkannt, dass verlässliche und umfassende Daten für die Beurteilung des Gesundheitswesens insgesamt und die Effizienz der eingesetzten Mittel im Besonderen unerlässlich sind. Sie hat auch im Bericht und Antrag zur Revision des Krankenversicherungsgesetzes die gesetzlichen Grundlagen für die Einhebung von umfassenden Daten präzisiert. Zudem erhofft sie sich von Regelungen im Zusammenhang mit dem Risikoausgleich, mit der EWR-Arzneimittelverordnung, mit dem Hausarztsystem, jene detaillierten Daten erst zu erhalten, die sie eigentlich heute schon nötig bräuchte. Daten, welche die Regierung nicht zuletzt dazu nötig gebraucht hätte, um die Gesundheitsreform auf eine vernünftige Grundlage stellen zu können. Jetzt hat sie offenbar die Berichterstattungsformulare der Krankenversicherung überarbeitet und werkelt an einem neuen Konzept für die Krankenkassenstatistik. Damit hat sie das heute bestehende Manko deutlich aufgezeigt. Die Regierung hätte meiner Meinung nach besser getan zuzugeben, dass sie die Fragen der erwähnten Interpellation einfach nicht beantworten kann, statt mit unvollständigen, nicht validierten und schlecht recherchierten Zahlen den Anschein zu verdecken, dass sie keine Ahnung über die Kostenstruktur im Gesundheitswesen hat. Weil die Grundlagen fehlen, weil die statistischen Angaben lückenhaft sind, bleiben die Antworten auf die Fragen der Interpellation unbrauchbar.Ich kann diese Beurteilung an vielen Beispielen belegen, möchte mich aber hier auf die krassesten Ungereimtheiten beschränken. Zum Beispiel darauf, dass Äpfel mit Birnen verglichen werden, wenn die Kosten der Krankenversicherung in der Schweiz mit jenen in Liechtenstein in Beziehung gesetzt werden. Dabei weiss die Regierung genau, dass in diesen beiden Ländern nicht dieselben Leistungen versichert sind. So werden bei uns präventivmedizinische Leistungen, zum Beispiel Impfungen, von der Versicherung übernommen, in der Schweiz müssen die Versicherten diese Leistungen aus dem eigenen Sack bezahlen. Das Gleiche gilt bezüglich der Ausgaben für häusliche Pflege. Trotzdem zieht die Regierung die Direktzahlungen der privaten Haushalte in der Schweiz von den Ausgaben der Krankenversicherung ab, ohne zu berücksichtigen, dass in Liechtenstein ein grosser Teil dieser Ausgaben durch die obligatorische Versicherung abgedeckt ist. Ein anderes Beispiel: Die Frage nach den durchschnittlichen Kosten pro Patient und Jahr, also nach den "Fallkosten", umgeht die Regierung grosszügig, weil sie die Antwort darauf nicht weiss, und berichtet über die Kosten pro Versicherten. Und auch dabei macht sie noch gravierende Fehler und muss sich auf Vermutungen stützen, wie sie selber schreibt. Eine völlig unbrauchbare Vorgehensweise, die darüber hinweg täuscht, dass niemand über die Struktur der Kosten in der ambulanten Grundversicherung Bescheid weiss. Genauso wenig, wie die Kosten im stationären Bereich bekannt sind. Die Regierung müsste doch stutzig werden, wenn sie erfährt, dass die Heilanstaltskosten in Liechtenstein 29,11% Krankenpflegekosten betreffen. In der Schweiz beträgt für das Jahr 1995 der Anteil der stationären Behandlung 48,4% der Gesundheitskosten. Woher rührt dieser Unterschied von fast 20% im Anteil der Spitalbehandlung an den Gesamtkosten? Und was bedeutet er für die strukturellen Abgrenzungen, welche die Regierung vornimmt? Hat sie diesen scheinbaren strukturellen Unterschied in der Gesundheitsversorgung zwischen Liechtenstein und der Schweiz überhaupt wahrgenommen? Wir wissen es nicht. Wir wissen hingegen, dass 57% der Spitalpflegetage der obligatorisch Versicherten durch das Spital Vaduz abgedeckt werden. Dass im Spital Vaduz im Gegensatz zu den anderen Spitälern nur Pflege und Unterkunft als stationäre Kosten aufscheinen. Alle anderen Kosten wie ärztliche Leistungen, Medikamente, Laborleistungen, Röntgen, Physiotherapie, Leistungen von Personen der anderen Berufe der Gesundheitspflege, z.B. Ergotherapie, Logopädie usw., werden separat verrechnet und scheinen als ambulante Kosten auf. Deshalb auch sind die Heilanstaltskosten in den letzten Jahren, verglichen mit dem ambulanten Kosten, so wenig angestiegen. Für mehr als die Hälfte der Spitalpflegetage werden die wesentlichen Behandlungskosten nicht im stationären, sondern im ambulanten Bereich erfasst. Fassen wir zusammen: Die Regierung schichtet auf 44 geduldigen Seiten Papier Zahlen übereinander und versucht damit die Tatsache zu überdecken, dass sie über die Kostenstruktur im Gesundheitswesen nicht genügend Bescheid weiss. Darum nicht Bescheid weiss, weil sie bis heute keine Verordnung zum Krankenversicherungsgesetz erlassen hat. Sie weiss zwar, dass sie keine verlässlichen und umfassenden Daten für die Kosten im Gesundheitswesen zur Verfügung hat, sie hat sich bisher auch nicht weiter darum bemüht. Trotzdem gründet sie auf diese unsicheren Daten eine Gesundheitsreform. Wenn das gut geht, dann hat diese Regierung mehr Glück als Verstand.Wenn wir die Reformvorschläge der Regierung beurteilen wollen, können wir uns also nicht auf zuverlässige Daten stützen, aber wir können diese Reform an unseren Forderungen messen, wie wir sie im Vorfeld immer wieder definiert haben. Und wir können prüfen, ob diese Reform objektiven, vernünftigen und allgemein anerkannten Kriterien genügen kann. Was waren unsere Forderungen? Wir haben gefordert, dass die Ziele der Reform klar definiert sein müssen. Was genau will die Regierung mit der Gesundheitsreform letztlich erreichen? Welches sind die Parameter, an denen gemessen werden kann, ob die konkreten Ziele der Reform erreicht werden?Wir haben gefordert, dass die Familien entlastet werden müssen. Wir haben auch gefordert, dass Familienarbeit der Erwerbsarbeit gleichgestellt sein müsse, und wir wollten, dass wirtschaftlich schwache Bevölkerungsgruppen entlastet werden. Nach welchen Kriterien könnte man so eine Gesundheitsreform beurteilen? Sicher muss das Interesse der Versicherten im Vordergrund stehen. Dann müssen doch wohl die Regelungen zur Förderung der Gesundheit in der Bevölkerung beitragen. Die obligatorische Grundversicherung muss gerecht finanziert sein und deren Leistungen müssen gerecht zugeteilt und effizient erbracht werden. Dann noch müssen auch die Ressourcen im Gesundheitswesen gerecht verteilt werden. Zu den Zielen: Diese Ziele, welche die Regierung mit ihrer Reform verfolgt, muss man mühsam aus dem Bericht und Antrag herausschälen. Sie spricht hier von Eindämmung und Kontrolle der Kostenentwicklung, legt sich aber nicht genauer fest. An welchen Parametern kann der Bürger erkennen, ob das Ziel erreicht wird? Demgegenüber schreibt sie auf Seite 93: "Mit einem wenn auch moderaten Kostenanstieg ist auch unter dem geänderten Gesetz zu rechnen. Sehr präzise Aussagen über die Kostenentwicklung und den Einfluss der Gesetzesänderung auf diese Entwicklung sind indessen nicht möglich". Ende Zitat der Regierung.Sie will mit ihrer Reform die Frage der Niederlassung von Ärzten lösen, spricht sich aber nicht weiter darüber aus, worin diese Lösung bestehen könne oder woran sie die Lösung misst. Sie möchte die aufsichtsrechtlichen Bestimmungen verstärken, sie möchte den Zugang zu einer qualitativ hochstehenden Gesundheitsversorgung für alle. Aber ich weiss nicht genau, was die Regierung darunter versteht. Sie will die finanzielle Tragbarkeit der vorgeschlagenen Massnahmen für die Versicherten und die Steuerzahler. Aber, was ist genau finanziell tragbar, wo liegt die Grenze?Diese Ziele sind also nirgends klar definiert. Niemand weiss genau, was die Regierung mit der Gesetzesrevision letztlich erreichen will. Deshalb kann auch niemand abschätzen, inwieweit die angegebenen Ziele erreicht werden. Wir fordern klare Parameter, an denen gemessen werden kann, ob konkrete Ziele der Reform erreicht werden. Zur Entlastung der Familien, als eine weitere Forderung. Die Regierung übernimmt aus der Initiative der Bürgerpartei die Regelung, dass Kinder, konkret jetzt bis zum 16. Lebensjahr, von Prämien und Kostenbeteiligung befreit werden. Wir begrüssen diese Regelung. Was uns fehlt, ist eine Gleichstellung der Familienarbeit und der Erwerbsarbeit. Zur Entlastung wirtschaftlich schwächerer Bevölkerungsgruppen: Hier sieht die Regierung keine Entlastung vor. Dieses Problem muss gelöst werden, bevor die Bürgerpartei einer Gesetzesrevision zustimmen kann. Nun zu den Kriterien: Die Interessen der Versicherten. Da steht im Vordergrund zunächst einmal das Hausarztmodell, weil hier die Patienten doch auf ein hohes Gut verzichten, nämlich auf die freie Arztwahl. Es hängt von der konkreten Ausgestaltung dieses Modells ab, ob die Versicherten dafür einen genügenden Gegenwert erhalten. Gegenwert in Form von reduzierten Kosten und nicht bloss in Form von reduzierten Prämien, denn schliesslich müssen die Kosten durch die Bevölkerung irgendwie getragen werden. Sei es über die Prämien, sei es über Steuern, sei es über Beiträge an andere Sozialversicherungen oder durch die direkte Kostenbeteiligung. Also, die Reduktion der Kosten und die verbesserte Effizienz in der Gesundheitsversorgung.Solange die konkreten Bedingungen des Hausarztmodells nicht bekannt sind, können wir uns nicht dazu äussern, weder zustimmen noch ablehnen. Ich persönlich halte sehr viel von einem Hausarztmodell. Aber ich bin natürlich selber auch als Hausarzt tätig und bin hier behindert, mich dazu zu äussern. Problembereich Kostenbeteiligung: Ich finde, die Kostenbeteiligung untergräbt die Solidargemeinschaft. Solidargemeinschaft zwischen Gesunden und Kranken, zwischen Alten und Jungen. Diese Kostenbeteiligung verlagert die Kosten von der Gesamtheit der Beitrags- bzw. Steuerzahler auf diejenigen, die das Pech haben, krank zu werden und medizinische Versorgung zu brauchen. Sie bürdet die Last der Selbstbeteiligung potentiell den Haushalten mit niedrigem Einkommen auf. Dann muss man auch sagen, dass es eigentlich widersprüchlich ist, in einer Reform, wo man Kostendämpfung erreichen will, ein Instrument einzuführen, welches die Einkünfte anhebt. Zudem führt die Selbstbeteiligung zu erhöhten Kosten des Gesundheitssektors, weil sie die Verwaltung teurer macht. Schliesslich muss man sagen, dass der Gesundheitsmarkt viel eher durch das Angebot geregelt wird als durch die Nachfrage. Kosten können deshalb kaum über die Beschränkung der Nachfrage reduziert werden. Wir müssen also festhalten: Das Gleichgewicht in der Belastung aller Beteiligten, neben den Versicherten auch der Leistungserbringer der Versicherungen und des Staates, ist nicht gewahrt, weil die Interessen der Versicherten zu kurz kommen. Dann das Kriterium der Förderung der Gesundheit: Die Förderung der Gesundheit und die Prävention von Krankheiten wird in der vorliegenden Gesetzesrevision nicht berücksichtigt. Dabei ist die Feststellung sicher banal, dass Gesundheitspolitik immer auf die Verbesserung der Gesundheit ausgerichtet bleiben sollte. Die Gesundheitsreform wäre eine gute Gelegenheit, jene Behandlungsbereiche miteinzubeziehen, wie sie die Ottawa-Charta vorschlägt: Die Entwicklung einer gesundheitsförderlichen Gesamtpolitik, die Schaffung stützender Lebenswelten, die Unterstützung des gesundheitsbezogenen gemeinschaftlichen Handelns, die Entwicklung persönlicher Kompetenzen und die Neuausrichtung der Gesundheitsdienste in dem Sinne, dass das öffentliche Gesundheitswesen die anderen Leistungserbringer bei der Schaffung von mehr Gesundheit unterstützt. Zur Finanzierung: Ist die Finanzierung, wie sie vorgeschlagen wird, gerecht? Die Gesundheitsreform muss zwischen den Altersgruppen, zwischen den Einkommensschichten, zwischen Alleinstehenden und Familien, zwischen guten und schlechten Gesundheitsrisiken eine bessere Verteilungsgerechtigkeit erreichen, als es der gegenwärtigen Regelung entspricht. Und wie sehen die Regelungen jetzt aus? Alte und Rentner, auch IV-Rentner, die in der Regel höhere gesundheitliche Risiken tragen, werden stärker belastet. Durch Selbstbehalt und prozentuale Kostenbeteiligung, durch die Einschränkung der Arztwahl, wenn sie eine Erleichterung erreichen wollen oder durch die Hürden, wenn sie Ergänzungsleistungen beziehen wollen. Wie schon gesagt, Selbstbehalt und Kostenbeteiligung belasten die niederen Einkommen stärker, die Reichen können sich die freie Arztwahl leisten. Wer gesund ist, spart nach der vorgeschlagenen Regelung Prämien, wer das Pech hat, krank zu werden, bezahlt die Zeche durch Selbstbehalt und Kostenbeteiligung. Und dann noch: Prämien und Kostenbeteiligung werden unabhängig von Einkommen und Vermögen für alle gleich erhoben. Auch die Kinder des Herrn Regierungschef werden von Prämien und Beiträgen befreit. Halten wir also fest: Die Reform der Regierung führt nicht zu einer gerechteren Finanzierung des Gesundheitswesens oder zu einer gerechten Finanzierung des Gesundheitswesens.Zur Verteilungsgerechtigkeit der Leistungen: Die Regierung setzt sich meiner Meinung nach nicht genügend mit der Knappheit der Ressourcen auseinander. Sie legt sich nicht darauf hin fest, wo denn das richtige Finanzierungsniveau liege. Sie legt sich nicht darauf hin fest, ob sie die Gesundheitsleistungen über die Nachfrage oder über das Angebot beeinflussen wolle. Wir wissen, dass Steuerelemente über die Nachfrage weitgehend unwirksam sind. Sie legt sich nicht fest in Bezug auf die Prioritäten für die Gesundheitsversorgung. Deshalb hat die Regierung auch keine Kriterien erarbeitet, nach denen sie die Ressourcen zur Verfügung stellen will. Der Leistungskatalog im Bereich der Grundversicherung ist nicht definiert. Deshalb besteht die Gefahr, dass bei steigenden Kosten einfach Leistungen gestrichen werden. Ich erinnere an den Fall "Novoseven " in Basel.Und schliesslich noch zur Effizienz der Verteilung der Ressourcen. Hierher gehören Kriterien, nach welchen die Ressourcen verteilt werden sollen, zum Beispiel: Leistungsaufträge, besonders die Leistungsaufträge an die stationären Leistungserbringer, dann der Leistungskatalog in der Grundversicherung. Der Zusammenhang mit der Verteilungsgerechtigkeit ist hier evident. Es geht darum, das Ziel einer Gesundheitsversorgung für alle gegen die Notwendigkeit der Kostdämpfung abzuwägen. Das Solidarprinzip sollte ein die Prioritätensetzung leitendes Grundprinzip sein. Der Versorgung von schwachen Gruppen sollte ein besonderer Vorrang eingeräumt werden. Bei diesem Prozess, nämlich der Setzung von Prioritäten, müssen die Rechte, die Wahlfreiheit und die Mitsprache der Bürger gewahrt werden. Mechanismen zum Schutz der Patientenrechte fehlen in der vorliegenden Gesetzesreform völlig. Fassen wir zusammen: Die Regierung schlägt uns eine Reform des Gesundheitswesens vor, ohne sich auf zuverlässige statistische Daten stützen zu können. Sie definiert die Ziele nicht, die sie erreichen will und hat keine Parameter erarbeitet, an denen sie die Auswirkungen ihrer Reform überprüfen kann. Sie erfüllt die Forderungen nicht, welche die Bürgerpartei gestellt hat, um Schritte zu einer Eindämmung der Kosten unterstützen zu können. Ihre Vorschläge halten auch einer Überprüfung anhand von objektiven Kriterien nicht Stand. Zentrale Elemente der Reform kann bisher niemand beurteilen, wie zum Beispiel das Hausarztmodell, oder sie sind kontraproduktiv, wie die Kostenbeteiligung der Kranken. Die Bürgerpartei hat ihre Bereitschaft erklärt, an der Gesundheitsreform mitzuarbeiten. Nur deshalb fällt es mir schwer, einfach auf die Vorlage der Regierung nicht einzutreten.

Abg. Johannes Matt:

Herr Präsident, Damen und Herren Abgeordnete. Als Nichtmediziner wage ich dennoch, hier einige Ausführungen zum vorliegenden Bericht darzulegen. Mit dem Bericht und Antrag der Regierung zur Revision des Krankenversicherungsgesetzes liegt nun das lange angekündigte und sehnlichst erwartete Papier für die sog. Gesundheitsreform vor. Wenn es auch an der Gesundheit nichts zu reformieren geben dürfte, so ist doch im Gesundheitswesen einiges aus dem Lot geraten, wofür vor allem die Krankenversicherten mit den in den letzten Jahren massiv angestiegenen Prämien den Preis bezahlen. Ob aber diese Krankenversicherten auch die Hauptverursacher für die Kostenentwicklung sind, muss noch genauer geklärt werden, das ist bisher noch nirgendwo bewiesen worden.Wenn wir den Umfang der Regierungsvorlage betrachten, so wird deutlich, dass die Regierung uns eine umfangreiche Diskussionsgrundlage vorlegt. So will ich auch mit meiner Anerkennung für die Vorarbeit nicht zurückhalten, was nun nicht bedeutet, dass ich mit dem Inhalt einverstanden bin. Die Schilderung des Entstehungs- und Entwicklungsprozesses der Gesetzesvorlage zeigt den breiten Einbezug betroffener Kreise. Die breite Diskussion hat auch wertvolle Anregungen für die Erarbeitung der vorliegenden Fassung gebracht. Die gute Transparenz über die Vernehmlassung ermöglicht zudem eine bessere Einsicht in die Beweggründe für vorgeschlagene Regelungen und erleichtert deren Beurteilung. Der Beizug zahlreicher Experten ist aber auch ein Indiz dafür, dass es sich bei der Revision dieser Gesetzesvorlage um eine recht komplexe Angelegenheit handelt. Um sich möglicherweise politisch nicht die Finger zu verbrennen, setzt man auf Expertenmeinungen, die meines Erachtens von ungleichen Voraussetzungen ausgehen und daher auch nicht unbedingt zu richtigen Schlüssen führen. So muss man sich fragen, ob Kostenvergleiche mit dem Kanton St. Gallen bei den Pro-Kopf-Ausgaben sinnvoll sind. Es gäbe andere, ähnliche Regionen in der Schweiz, wo die angestellten Vergleiche nützlicher wären. Auffällig sind des Weiteren einige beiläufige Bemerkungen und Nebensätze im Bericht der Regierung, die meines Erachtens von zentraler Bedeutung sind. Da und dort wird angemerkt bzw. angedeutet, dass das eigentliche Ziel, nämlich die Einbremsung der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen möglicherweise auch nicht erreicht werden könnte. Es werden ab und zu Prognosen gewagt, die an anderer Stelle wieder in Frage gestellt werden.So heisst es, dass man früher, zum Beispiel 1988, versucht hat, die steigenden Kosten im Krankenversicherungswesen einzudämmen. Dass dies nicht gelungen ist, wissen wir alle. Das Eingeständnis der Regierung, dass es für die Eindämmung der Kosten im Gesundheitswesen kein Patentrezept gibt, dass diese Kostensteigerung in allen westlichen Industrieländern ein grosses Problem darstellt, dass die Kosteneindämmung ein Umdenken bei allen Beteiligten notwendig mache, klingt verständlich. Bei der Behandlung der Vorlage sollten wir uns dessen stets bewusst bleiben. Grundsätzlich begrüsse ich diesen Gesetzesentwurf und werde für das Eintreten auf die Regierungsvorlage stimmen. Es ist wirklich höchste Zeit, dass mit strukturellen und materiellen Massnahmen versucht wird, die Steilkurve der Kostenentwicklung abzuflachen. Die Vorlage enthält eine Reihe guter Ansätze. Meines Erachtens bedarf sie aber auch noch einiger wichtiger Korrekturen, um ihr schlussendlich zustimmen zu können. Was die Korrekturen betrifft, seien hier einige grundsätzliche Bemerkungen der Beratung der Gesetzesvorlage vorausgeschickt. 1. Es gibt gewichtige nicht beeinflussbare Faktoren, die recht kostenwirksam sind. Staatliche Lenkungsmassnahmen können nur bei beeinflussbaren Faktoren des Gesundheitswesens ansetzen. Die Regierung stellt in ihrem Bericht selber fest, dass es gewichtige Einflussfaktoren gibt, die wir nicht beeinflussen können. So sind etwa die technologische Entwicklung, die medizinische Forschung, die Entstehung neuer Krankheitsbilder, das Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung, die Entwicklung der Altersstruktur recht kostenwirksam; sie können aber unsererseits nicht gesteuert werden. Dies relativiert die Gültigkeit aller Prognosen enorm. Wenn es an einer Stelle im Bericht der Regierung heisst, dass man die Gesundheitskosten in den Griff bekommen wolle, so ist dies absolutes Wunschdenken. Ob wir die Kostenentwicklung in den Griff bekommen oder nicht, ist weitgehend davon abhängig, wie sich die erwähnten, durch uns nicht beeinflussbaren Faktoren entwickeln werden.2. Die vorgeschlagenen Massnahmen betreffen die Versicherungsnehmer am stärksten. Die Regierung hat erkannt, dass im Verhaltensbereich der im Gesundheitswesen involvierten Interessengruppen ein gewisses Kosteneinsparungspotential vorhanden wäre. Es sind im Wesentlichen drei Interessengruppen, die hier involviert sind. Die Leistungserbringer, die Versicherer bzw. Krankenkassen und die Versicherten. Der Bericht der Regierung zeigt, dass die Interessen der Leistungserbringer und der Krankenkassen bei der Vernehmlassung stark eingeflossen sind. Die Interessen der Krankenversicherten sind hingegen schwach vertreten und dementsprechend sind die vorgesehenen Massnahmen auch einseitig zu Lasten der Krankenversicherten ausgefallen. Die Krankenversicherten werden in zweifacher Hinsicht in die Pflicht genommen: Mit der Einschränkung bei der freien Arztwahl durch das Hausarztsystem einerseits und mit der Kostenbeteiligung im Krankheitsfall andererseits. Weder die Krankenkassen noch die Leistungserbringer müssen materielle Einbussen oder zusätzliche Belastungen oder Einschränkungen in Kauf nehmen. Die Revision läuft darauf hinaus, als ob die Krankenversicherten die Hauptverursacher der Kostenexplosion im Gesundheitswesen wären. Dass dem nicht so ist, beweisen derzeit gesundheitspolitische Massnahmen in einigen schweizerischen Kantonen, die bei den Leistungserbringern ansetzen. Bei der vorliegenden Revision des Krankenversicherungsgesetzes wird materiell vor allem beim schwächsten Glied, beim Individuum, angesetzt. Das ist nicht sehr überraschend, wurden die Krankenversicherten doch in letzter Zeit bei gesundheitspolitischen Diskussionen ohnehin in die "Sündenbockrolle" gedrängt; weil sie das System missbrauchen würden, sprich, zu oft den Arzt aufsuchen, zu viele und zu teuere Medikamente konsumieren, vielleicht gar zu wehleidig sind, seien die Gesundheitskosten in die Höhe geschnellt. Ich bin der Ansicht, dass mit der vorgesehenen Kostenbeteiligung eine grosse Ungerechtigkeit geschaffen wird. Es wird zusätzlich Härtefälle geben und vor allem wird der Hebel am falschen Ort angesetzt. Zwar wurde die Kostenbeteiligung in der Vernehmlassung gutgeheissen, aber keineswegs mit grosser Überzeugung, im Gegenteil. Die Regierung hat auf Grund der Stellungnahmen zunehmend Ausnahmen eingeführt und Differenzierungen vorgenommen. So ist letztlich eine komplizierte, administrativ aufwendige Lösung entstanden, wo man sich fragen muss, ob sie noch das bringen kann, was man sich ursprünglich von dieser Massnahme erhofft hat. Ich persönlich glaube nicht daran, dass so viele Menschen unser Gesundheitssystem strapazieren, zu häufig zum Arzt gehen und dergleichen. Ich glaube eher, dass die meisten Menschen froh sind, wenn sie nicht zum Arzt oder in das Spital gehen müssen. Mir kommt die Kostenbeteiligung wie eine Art Kollektivstrafe vor. Für das Fehlverhalten einzelner weniger sollen alle bestraft werden. Nebst der Förderung der Ungerechtigkeit bzw. der Ungleichbehandlung der Interessengruppen wird mit der Kostenbeteiligung auch eine kontraproduktive "Jetzt-erst-recht-Haltung" bei den Versicherten gefördert. Dies war bei der Wiedereinführung der Krankenscheingebühr zu beobachten und in letzter Zeit auch beim enormen Anstieg der Krankenkassenprämien. Im Sinne von - wenn ich schon so viel bezahlen muss, so will ich mir auch holen, was irgendwie möglich ist - haben manche Versicherte den Leistungskatalog ihrer Krankenversicherung genauer überprüft und mehr Forderungen gestellt. Diese Beobachtungen in meinem Umfeld sind, wie ich festgestellt habe, keine Einzelerscheinungen. Ich bin zur Auffassung gelangt, dass es angebracht wäre, auf die Kostenbeteiligung durch die Versicherten zu verzichten. Man könnte dafür beim Hausarztmodell etwas kompensieren, indem zum Beispiel bei freier Arztwahl die Tarife etwas höher angesetzt werden. Wer von einer Krankheit betroffen wird, wer unter gesundheitlichen Problemen leidet, der soll nicht wie ein Schmarotzer behandelt werden. Meines Erachtens können die Leistungserbringer und auch die Krankenkassen selber mit einer wirksamen Kontrolle Auswüchsen und missbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen am besten begegnen. Ihnen und nicht den Krankenversicherten ist die Hauptverantwortung für das Kostenbewusstsein zu übertragen. Der Wegfall der Kostenbeteiligung ist für mich eine unabdingbare Bedingung, um der Gesetzesvorlage schlussendlich dann zuzustimmen.3. Die flankierenden Massnahmen sind teilweise problematisch. Wenn die Revision des Gesundheitssystems zusätzliche Sozialfälle schafft, die man in anderen Sozialbereichen wieder auffangen muss, dann ist das für mich ein falscher Ansatz. Ich verstehe nicht, wie man z.B. über Wohnbaubeihilfe für Mieter im Zusammenhang mit einem Krankenversicherungsgesetz sprechen kann. Als ob es bei uns keine Einfamilienhausbesitzer gäbe, die auf Grund der Verteuerung der Krankenkassenprämien in finanzielle Engpässe geraten sind. Mit dem Krankenversicherungsgesetz sollten wir keine zusätzlichen Sozialfälle schaffen. Es muss innerhalb des Gesundheitswesens selber eine soziale Lösung gefunden werden. Wir sollten alles unternehmen, dass die Reform des Krankenversicherungsgesetzes innert nützlicher Frist verabschiedet werden kann. Dazu sollten wir ein Gesetz schaffen, das in der Bevölkerung auch Akzeptanz findet. Dies wird dann der Fall sein, wenn wir Lösungen finden, die sozial sind und nicht dem schwächsten Glied im Gesundheitssystem am meisten abverlangen. Wir sollten daher die vorgesehene Kostenbeteiligung wirklich nochmals überdenken. Bis zur 2. Lesung brauchen wir zudem noch einige Ausführungsbestimmungen, damit die Wirkung einzelner Gesetzesbestimmungen beurteilt werden kann. Zu erwähnen ist das Hausarztmodell. Hier müssten konkrete Ideen vorgelegt werden, wie es schlussendlich aussehen wird, um zu wissen, ob es greifen wird oder nicht. Ich hoffe, dass dies im Verlaufe dieses Jahres möglich sein wird. Danke.

Abg. Peter Sprenger:

Herr Präsident, Damen und Herren Abgeordnete. Die klare Abfuhr, die die FBPL-Krankenkasseninitiative von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern verpasst erhalten hat, hat den Weg freigemacht für eine nachhaltige Gesundheitsreform, wie sie von unserer Regierung und von der Vaterländischen Union angestrebt wird. Dass diese Initiative nun noch als Druckmittel, die die Gesundheitsreform erst bewirkt habe, verkauft wird, entspricht nachweislich schlicht und ergreifend nicht den Tatsachen. Lassen wir Erledigtes wie die Initiative hinter uns und wenden uns der Zukunft zu. Dass eine solche Reform unerlässlich ist, dürfte nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden. Das zentrale Anliegen und Ziel der Reform muss dabei die Eindämmung und Kontrolle der in den vergangenen Jahren besorgniserregenden Kostenentwicklung sein. Dies wurde von mehreren Vorrednern bereits angezogen. Stellt man in Rechnung, dass der Erhalt des Zuganges zu einer qualitativ hochstehenden Gesundheitsversorgung für uns alle ebenfalls ein zentrales Anliegen der Revision ist, wird bereits klar, dass es nicht einfach ist, all die gesteckten Ziele auch zu erreichen. Kernpunkt der Vorlage ist die Einführung des Hausarztsystems, wobei dieses System niemandem aufgezwungen wird, sondern als interessante Variante zum Grundsatz der freien Wahl der Leistungserbringer im Gesundheitswesen angeboten wird. Dass das Hausarztmodell, obwohl es von der dogmatischen Konstruktion her betrachtet nicht als Regelfall vorgesehen ist, de facto aber in der Praxis zum Regelfall werden soll, liegt auf der Hand. Tiefere Krankenkassenprämien und die Halbierung der Franchise, sprich, der Kostenbeteiligung, werden neben anderen Bevorzugungen die notwendigen Anreize dafür bieten. Das von der Regierung durch ihre Vorlage zur Diskussion gestellte Konzept ist meines Erachtens dann ein Schritt in die richtige Richtung, falls die Einzelheiten auch von der Regierung richtig und damit zielführend geregelt werden. Gewisse Einzelfragen werden im Zuge dieser Debatte sicherlich noch eingehend zu diskutieren und hinterfragen sein. Abänderungen und hoffentlich damit verbundene Verbesserungen sind im Zuge der 1. Lesung problemlos einbringbar. Die Regierung ist für solche Anregungen mit Sicherheit offen, da sie nie mit dem Anspruch angetreten ist, dass die zur Diskussion stehende Vorlage der Weisheit letzten Schluss darstelle. Damit komme ich zu einem Anliegen, für das die VU einen Lösungsvorschlag angekündigt hat, nämlich zur Prämienverbilligung für Haushalte mit niedrigen Einkommen im Rahmen des Hausarztsystems. Unsere Fraktion ist sich darüber einig, dass das Gesundheitswesen in seinem Kern einer sozialen Ausgestaltung bedarf. Die noch sozialere Ausgestaltung des Gesundheitswesens ist aber, wie die Regierung in ihrer Vorlage zu Recht ausführt, nicht leicht und schnell zu realisieren. Der Systemwechsel zu einer einkommensabhängigen Krankenkassenprämie würde einen tiefgreifenden Umbau des heutigen Systems bedingen und ist im Zuge der vorliegenden Vorlage nicht realisierbar. Dasselbe gilt für ein generelles Prämienvergünstigungssystem. Prämienvergünstigungen sollen gezielt dort ansetzen, wo sie dringend gebraucht werden, nämlich bei den wirtschaftlich Schwächeren. Ein System der individuellen Prämienverbilligung für Haushalte mit niedrigen Einkommen kann nicht einfach, wie etwa von der Freien Liste vorgeschlagen, ein in der Schweiz oder andernorts praktiziertes Prämienverbilligungssystem kopieren, sondern muss auf die liechtensteinischen Verhältnisse und Eigenheiten des liechtensteinischen Krankenversicherungsgesetzes Bedacht nehmen. So ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Staat anders als in der Schweiz bereits nach geltendem Recht die Prämien der Grundversicherung in hohem Masse generell, das heisst für uns alle, verbilligt. So sind für das Jahr 1999 immerhin 24,5 Millionen Franken Staatsbeiträge für die Krankenkassen vorgesehen, die für eine entsprechend reduzierte Krankenkassenprämie sorgen. Ohne diese staatliche Subventionierung wäre die Grundversicherungsprämie um ca. 50% höher. An dieser generellen Prämienverbilligung soll festgehalten werden. Zudem ist in der Regierungsvorlage auch eine Prämienbefreiung für Kinder vorgesehen, was in der Schweiz ebenfalls nicht der Fall ist. Auch dies wurde vom Vorredner bereits erwähnt. Ungeachtet dieser generellen Verbilligungsmechanismen und zusätzlich zu diesen soll nun eine zusätzliche sozial ausgerichtete Verbilligung von Krankenkassenprämien eingeführt werden. Aus den oben angeführten Gründen kann dieses System auf einen relativ kleinen Kreis von Anspruchsberechtigten zugeschnitten werden. Im Sinne einer gezielten Unterstützung sollen jene Personen und Familien in den Genuss der zusätzlichen Prämienverbilligung kommen, die mit einem niedrigen Einkommen auskommen müssen. Wie bereits in der Presse angekündigt, möchte ich im Folgenden die Grundzüge dieser Regelung, wie wir sie vorschlagen, erläutern. Ich nenne dazu 6 Eckpfeiler:1. Eine individuelle Prämienverbilligung soll nur, und damit ausschliesslich, für Versicherte im Hausarztsystem vorgesehen werden. Diese Einschränkung ist sachlich gerechtfertigt, da es zumutbar ist, dass jene Versicherten, die eine besondere und zusätzliche Prämienvergünstigung beanspruchen, auch eine besondere Mitverantwortung übernehmen und bereit sind, sich im Hausarztsystem zu versichern. 2. Die Subventionen werden auf Antrag ausgerichtet. Das Antragserfordernis betont den Aspekt der Selbstverantwortung und hilft, Fehlsteuerungen zu verhindern.3. Die Prämienverbilligung stützt sich grundsätzlich auf die Steuerveranlagung ab. Im Sinne eines administrativ einfach zu handhabenden Systems ist dies angezeigt. Möglicherweise werden weitere Angaben zu verlangen sein.4. Da nur Familien mit niedrigen Einkommen individuelle Prämienverbilligungen erhalten sollen, sollen entsprechende Grenzen definiert werden. Es erscheint uns sinnvoll, den Anspruch auf Prämienverbilligungen zu begrenzen, beispielsweise auf höchstens 2/3 der durchschnittlichen Grundversicherungsprämie. Mit andern Worten: Auch derjenige, der Anspruch auf Prämienverbilligung hat, soll einen minimalen Sockelbeitrag leisten.5. Mit der Durchführung des Prämienverbilligungssystems soll das Amt für Volkswirtschaft beauftragt werden. Es ist naheliegend, dasjenige Amt mit dieser Aufgabe zu betrauen, das für die Durchführung der Krankenversicherung generell zuständig ist.6. Wichtig ist, individuelle Prämienverbilligungen nach dem Krankenversicherungsgesetz mit dem Anspruch auf Ergänzungsleistungen zu koordinieren, wobei bei Art. 3 Abs. 3 des geltenden ELG bereits eine gesetzliche Grundlage zur Koordinierung der Ergänzungsleistungen und der Krankenversicherungen existiert. Hier wird noch im Detail zu überprüfen sein, ob diese gesetzliche Grundlage für eine adäquate Koordinierung ausreichend ist.Was die finanziellen Konsequenzen unseres Vorschlages angeht, so können diese zum jetzigen Zeitpunkt naturgemäss nicht genau beziffert werden. Es darf angenommen werden, dass mit einem jährlichen Beitrag des Staates in der Grössenordnung von ca. 2 Mio. Franken wirtschaftlich benachteiligten Personen eine substantielle Entlastung bei der Krankenkassenprämie erhalten würden. Damit könnte jene Personengruppe erfasst werden, die gemäss dem Armutsberichts des Amtes für Soziale Dienste als einkommensschwach bezeichnet wird. Ich gehe davon aus und bin davon überzeugt, dass die Regierung auf der Basis der genannten 6 Grundsätze eine ausformulierte Regelung über eine individuelle Prämienverbilligung ausarbeiten und uns im Rahmen ihrer Stellungnahme für die 2. Lesung des Gesetzes vorliegen wird. Der entsprechende Gesetzesartikel könnte nach Art. 24a als Art. 24b in die Vorlage eingefügt werden. Wir sind überzeugt, dass es mit einem solchen liechtensteinischen Modell möglich ist, eine gezielte, auf die finanzielle Situation der Versicherten Rücksicht nehmende Prämienverbilligung zu realisieren, und zwar mit vertretbarem finanziellem und administrativem Aufwand. Damit wollen wir einen Beitrag zu einer sozialverträglichen Ausgestaltung des Krankenversicherungsgesetzes leisten. Krankheit soll kein Zustand sein, den sich bald nur noch Ärzte leisten können, weil sie in der Lage sind, sich selbst zu behandeln.

Abg. Oswald Kranz:

Herr Präsident, Frauen und Herren Abgeordnete. Was alle angeht, können nur alle lösen. Diese Feststellung scheint mir im Hinblick auf die Reformbestrebungen im Gesundheitswesen sehr zutreffend zu sein. Die im vorliegenden Regierungsbericht dem Landtag unterbreitete Revision des Krankenversicherungsgesetzes steht dabei im Mittelpunkt der Reformmassnahmen. Die Gesetzesabänderungsvorlage baut auf dem bestehenden grundsätzlich bewährten Krankenversicherungsgesetz auf und bringt notwendige und grundlegende Neuerungen. In der gesundheitspolitischen Diskussion der letzten Jahre wurde vor allem die Kostensteigerung angesprochen und nach Massnahmen gesucht, diese zu bekämpfen. Einig war man sich darüber, dass die Kostenentwicklung gebremst werden muss, damit die Qualität der medizinischen Dienstleistung bezahlbar bleibt. Festzuhalten bleibt auch, dass wir ein qualitativ sehr hochstehendes Gesundheitswesen haben. Wer krank wird, hat die Gewähr, sehr gut betreut zu werden. Ein Blick in andere Länder zeigt, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Und ein Blick über die Grenzen zeigt auch, dass man allerorts mit dem Problem der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen zu kämpfen hat. Zwei Fragen stehen bei der Beratung der Vorlage im Vordergrund: 1. Welches sind die hauptsächlichen Probleme im Gesundheitswesen?2. Was trägt die Gesetzesänderung zur Verbesserung bei?Wir leben heute in einer Konsum- und Leistungsgesellschaft, die sich auch im Gesundheitswesen niederschlägt. Dieses ist hochtechnisiert, es heilt und lindert Krankheiten und führt zu einer hohen Lebenserwartung. Die stetig anwachsenden Gesundheitskosten sind dabei zu einem Dauerthema von gesellschaftspolitischer Brisanz geworden, weil sie sich durch die steigenden Versicherungsprämien belastend auswirken. Es ist keine Frage, wir wollen unser sehr gutes Gesundheitswesen erhalten. Die Regierungsvorlage will denn auch alle Beteiligten, Leistungsträger, Leistungserbringer, Versicherte und Staat noch mehr in die Verantwortung einbinden. Gemeinsam muss es gelingen, die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen. Dadurch sollen die sehr gute Qualität der medizinischen Dienstleistung gesichert, die Versicherungsprämien gesenkt und die soziale Ausrichtung des Gesundheitswesens gewährleistet werden. Das Gesetz soll allen dienen, es verlangt daher auch von allen etwas. Es ist erfreulich festzustellen, dass das breit angelegte Vernehmlassungsverfahren der Regierung von so vielen interessierten Verbänden und Institutionen benützt wurde. Es besteht offensichtlich Übereinstimmung in den Kernpunkten der Revisionsvorlage, und somit bietet sich die Chance, eine tragfähige Lösung zu beschliessen. Ich denke, dass die Wahrung der Solidarität der Versicherten trotz mehr Wettbewerb unter den Versicherern und die Stabilisierung der Kostenentwicklung die zentralen Themen bilden. Wettbewerb im Gesundheitswesen braucht wegen sozialpolitischen Anliegen und der Sonderstellung des Gutes Gesundheit besondere Leitplanken. Die Abänderungsvorlage will daher Solidarität und Wettbewerb miteinander verbinden. Ein Beispiel dafür ist die Gestaltung des Risikoausgleichs in der obligatorischen Krankenversicherung. In der Krankenpflegeversicherung geht es in der Hauptsache um die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken, zwischen Jung und Alt und zwischen Frau und Mann. Durch gezielte Prämienverbilligung soll auch der Solidarität bezüglich der unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in einem gewissen Rahmen Rechnung getragen werden. Die Gesetzesrevision will die Solidarität unter den Versicherten besser absichern. Denn Solidarität ist wohl das wichtigste Glied in der Kette von sozialem Denken. Grundprinzip der Solidarität bilden das Versicherungsobligatorium, der freie Zugang zur Krankenversicherung ungeachtet von Alter und Gesundheitszustand und die einheitliche Versicherungsprämie in der obligatorischen Versicherung. Diese Ausgangslage fördert naturgemäss das Bestreben von Versicherungen, eine möglichst gute Risikostruktur zu haben, d.h. sich hauptsächlich um junge Versicherte zu bemühen. Der in der Gesetzesvorlage vorgesehene Risikoausgleich zwischen Versicherern mit günstiger Risikostruktur und solchen mit ungünstiger Risikostruktur wird nun in zweifacher Form wirksam. Einerseits wirkt er Entsolidarisierungstendenzen entgegen und sichert andererseits in dieser Hinsicht gleiche Wettbewerbsbedingungen unter den Versicherern. In der Schweiz besteht der Risikoausgleich seit 1996. Die Kostendifferenzen aufgrund unterschiedlicher Versicherungsstrukturen haben sich dort durch den Risikoausgleich verringert. Trotzdem bleibt ein grosser Spielraum für die Risikoselektionen. In der Regierungsvorlage wird dieser Umstand mitberücksichtigt. Weitere wesentliche Elemente der Regierungsvorlage bilden die Einführung eines Hausarztsystems und eines neuen Kostenbeteiligungssystems. Diese Möglichkeit der Wahl von besonderen Versicherungsformen ist geeignet, die Kostenentwicklung gesundheits- und sozialpolitisch in einem verantwortbaren Rahmen zu halten. Die Versicherten erhalten dadurch die Möglichkeit, Versicherungsvarianten mit Prämienermässigungen zu wählen. Mit der lenkenden Funktion des Hausarztsystems können Kosten vermieden werden, das zeigen Ergebnisse von bestehenden Hausarztversicherungsmodellen in der Schweiz. Hausarztsysteme fördern die Zusammenarbeit und damit die Vertrauensbasis unter den Beteiligten. Hausarztsysteme beruhen auf ganzheitlich koordinierten Abläufen bei der medizinischen Betreuung durch den Hausarzt. Doppelspurigkeiten, darauf wurde schon hingewiesen, lassen sich vermeiden. Qualitätszirkel sichern die hohe Qualität der medizinischen Dienstleistung im Hausarztsystem. Durch Zusammenarbeitsverträge zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern wird ökonomische Mitverantwortung getragen. Sanacare AG ist der grösste Betreiber von Hausarztsystem in der Schweiz. Dort konnten bereits sehr positive Erfahrungen gemacht werden. Das Hausarztsystem (Caremed( soll in der Schweiz weiter ausgebreitet werden. Die Regierungsvorlage sieht denn auch die Einführung eines Hausarztsystems bei uns vor. Es wurde rechtzeitig eine Arbeitsgruppe gebildet, welche mit Sanacare zusammenarbeitet, um die Ausarbeitung eines liechtensteinischen Hausarztsystems anzugehen, das dann bis zum Inkrafttreten der Gesetzesabänderung funktionsfähig bereitstehen soll. Wichtig ist auch zu bedenken, dass dieses neue Versicherungsmodell nicht nur aus Verträgen, Versicherungsreglementen und Kosten besteht, sondern dass es von der Idee einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit getragen ist. Die Ergebnisse von Hausarztmodellen in der Schweiz beweisen. Gemeinsam kann man erfolgreich sein. Eine weitere wichtige Gesetzesänderung betrifft die obligatorische Kostenbeteiligung gemäss Art. 23 des Gesetzes. Die Regierung schlägt in ihrem Bericht eine moderate sozialverträgliche Ausgestaltung der Kostenbeteiligung vor. So sollen bei der Versicherungsvariante der freien Wahl der Leistungserbringer Erwachsene eine begrenzte Kostenbeteiligung tragen, während für Jugendliche und AHV-Rentner die Hälfte des Höchstbetrages der Kostenbeteiligung gelten soll. Kinder werden generell von der Kostenbeteiligung ausgenommen. Im Hausarztversicherungsmodell tragen Erwachsene die Hälfte des Höchstbetrages der vorgesehenen Kostenbeteiligung. Kinder, Jugendliche und AHV-Rentner werden hingegen von der Kostenbeteiligung völlig befreit. Mit der in Art. 22 Abs. 3 vorgesehenen Prämienreduktion für die obligatorische Krankenpflegeversicherung und diesen Kostenbeteiligungsvarianten im Hausarztsystem wird das Hausarztversicherungsmodell für alle Versicherten, die sich dafür entscheiden, sehr attraktiv gestaltet. Es darf erwartet werden, dass sich diese sehr vorteilhaften Versicherungsbedingungen durch den erwartenden kostendämpfenden Effekt des Hausarztmodells auch rechtfertigen. Zum Problem der Kosteneindämmung gibt es kein Patentrezept. Das wurde schon mehrfach ausgeführt. Die Gesetzesabänderungsvorlage enthält jedoch Bestimmungen, deren Zusammenwirken zur Kosteneindämmung beitragen. Sie werden die Entwicklung der Versicherungsprämien im positiven Sinne beeinflussen. Mit der in Art. 22 Abs. 6 des Gesetzes festgelegten Prämienbefreiung für Kinder wird ein familienpolitischer Akzent gesetzt. Erstmals wird auch eine besondere Prämienstufe für Jugendliche gesetzlich vorgeschrieben, womit man den sich in Ausbildung befindlichen Jugendlichen mit einer wesentlich niedrigeren Versicherungsprämie entgegenkommt. Ein Prämienverbilligungsmodell, das gezielt auf Haushalte mit niedrigem Einkommen ausgerichtet ist, wie das der Abg. Peter Sprenger jetzt vorgeschlagen hat, wird der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Versicherten, im Besonderen der Haushalte mit niedrigem Einkommen, gerecht. Begleitend zur Revision des Krankenversicherungsgesetzes sind verschiedene Massnahmen durch eingesetzte Arbeitsgruppen in Vorbereitung oder in Bearbeitung, welche für die Krankenversicherung von besonderer Bedeutung sind. Ich nenne die Überarbeitung der Tarife, die Überprüfung der Verträge mit den Vertragsspitälern und die Erarbeitung eines Leistungskataloges. Alle diese Massnahmen werden die Wirksamkeit der Gesetzesrevision massgebend unterstützen. Die Erfolge der Medizin durch Forschung, Entwicklung ärztlicher Kunst und der medizinisch-pharmazeutischen Versorgung sind enorm. Der medizinische Fortschritt hat dem menschlichen Leben nicht nur mehr Jahre, sondern diesen Lebensjahren auch mehr Leben zugefügt. Das heisst, nicht nur die Lebenserwartung ist grösser geworden, sondern auch die gesundheitliche Lebensqualität ist gestiegen. Dennoch sind viele grosse Krankheiten unbesiegt. Dabei hat ein grosser Teil dieser Krankheiten zivilisationsbedingte Ursachen. Es ist daher vor allem auch die Eigenverantwortung des Einzelnen gefordert. Dies ist auch eine der wichtigen Voraussetzungen für eine auf Dauer leistungsfähige und finanzierbare soziale Krankenversicherung. Die Förderung der Gesundheit und damit die Verhütung von Krankheiten muss daher auch aus dieser Sichtweise ein vorrangiges Anliegen bleiben. Die Regierungsvorlage stärkt Eigenverantwortung und Kostenbewusstsein. Sie will unser ausgezeichnetes Gesundheitswesen erhalten. Ich spreche für Eintreten auf die Vorlage.

Abg. Egon Matt:

Frauen und Herren Abgeordnete. Auch für die Freie Liste ist die Notwendigkeit einer Reform des Krankenversicherungswesens unbestritten. Als hauptsächlichen Beweggrund für eine solche Reform nennt die Regierung die Kostensteigerung der letzten 15 Jahre. Aus Sicht der Freien Liste ist das derzeitige Krankenversicherungswesen aber mit weiteren Mängel behaftet, die dringend einer Reform bedürfen. Insbesonders vermag die bisherige Finanzierung der Krankenversicherung dem Anspruch der sozialen Gerechtigkeit nicht mehr zu genügen. Neben der Bremsung der Kostensteigerung steht für die Freie Liste deshalb die Stärkung der Solidarität unter den Versicherten an erster Stelle der Reformbemühungen. Ein sozial gerechtes Krankenversicherungssystem hat insbesondere folgende Bedingungen zu erfüllen:1. Die Beiträge der Versicherten haben sich nach deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu richten. 2. Der Wettbewerb unter den Krankenkassen darf nicht zu einer Entsolidarisierung der Versicherten führen.3. Der Staat muss vermehrt Möglichkeiten erhalten, lenkend auf die Gesundheitskosten Einfluss zu nehmen.Aus der Sicht der Freien Liste werden diese gesundheitspolitischen Zielsetzungen am besten wie folgt erreicht: Für die Krankenpflegegrundversicherung ist eine Einheitskasse mit öffentlich-rechtlichem Charakter zu schaffen. Die Schaffung einer Einheitskasse ermöglicht erhebliche Kosteneinsparungen bezüglich der Verwaltungs- und Werbeausgaben der Krankenkassen. Ausserdem verhindert sie vor allem die Entsolidarisierung der Versicherten aufgrund des Wettbewerbes unter den Krankenkassen. Wie das Beispiel Schweiz zeigt, vermag ein Ausgleichsfonds dieser Entsolidarisierung nur ungenügend entgegenzuwirken. Die Jagd auf junge Versicherte als sogenannte gute Risiken hat zum Teil perverse Züge angenommen. Versicherte wechseln oft wegen minimaler Prämieneinsparungen die Krankenkasse und lösen damit bei Kasse und Leistungserbringern einen enormen Verwaltungsaufwand aus, der in keinem Verhältnis zu den Einsparungen steht. Eine Einheitskasse hätte zudem stärkeres Gewicht gegenüber den Leistungserbringern bei den Tarifverhandlungen. Nach Ansicht der Freien Liste sollen die Beiträge der Versicherten von dieser Einheitskasse nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Versicherten eingezogen werden. Die Einrichtung einer Einheitskasse erleichtert dabei das administrative Verfahren bezüglich Zusammenarbeit mit den anderen Amtsstellen, z.B. der Steuerverwaltung, und den Umgang mit sensiblen persönlichen Daten. Auch kann der Zuschuss der Staatsbeiträge einer Einheitskasse im Sinne eines Globalbudgets erfolgen. Zur Kontrolle der Kosten soll der Staat lenkend eingreifen, indem er für die Grundversicherung einen verbindlichen Leistungskatalog definiert, Einfluss nimmt auf die Anzahl der Leistungserbringer, die Tarife fixiert, Einfluss nimmt auf die Tarifgestaltung, Instrumente der Kostenkontrolle und Qualitätssicherung bei den Leistungserbringern festlegt, Verträge zur stationären Versorgung abschliesst und Globalbudgets für das Gesundheitswesen festlegt. Im Sinne dieser Ausführungen gehen der Freien Liste die Reformvorschläge der Regierung viel zu wenig weit. Der entscheidende Schritt für eine sozial gerechte Finanzierung der Krankenkassen, nämlich die Erhebung der Prämien der Versicherten nach deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, erfolgt nach dem Vorschlag der Regierung nicht. Aber auch die Kosteneindämmung wird durch die von der Regierung vorgeschlagenen Massnahmen nicht im erwünschten Umfang eintreten. Dies sei anhand einzelner Vorschläge der Regierung im Folgenden erläutert:1. Ambulante Versorgung: Das von der Regierung vorgeschlagene Hausarztmodell ist grundsätzlich zu begrüssen. Allerdings bleibt fraglich, ob damit die erhoffte Kostenbremsung eintreten wird. Damit spürbare Kosteneinsparungen eintreten, müssen sich mindestens die Hälfte der Versicherten für dieses Modell entscheiden. Ob dies im wohlhabenden Liechtenstein der Fall sein wird, ist fraglich. Auch dass das Hausarztsystem praktisch automatisch zu einer Beschränkung der in Liechtenstein tätigen Ärzte führen wird, ist fraglich. Denn wer eine höhere Prämie zahlt, hat weiterhin die Möglichkeit der freien Arztwahl. Soll das Ziel einer Beschränkung der Ärzte erreicht werden, müssten zumindest die Anforderungen zur Aufnahme ins Hausarztmodell so hoch gesteckt werden, dass das System für auswärtige Ärzte unattraktiv wird. Überhaupt schweigt sich die Regierung weitgehend über die Ausgestaltung des Hausarztmodelles aus. Bis zur 2. Lesung müssen hier dringend weitere Informationen folgen. Wichtig scheint uns die konsequente Durchhaltung des Prinzips, dass der Hausarzt die primäre Anlaufstelle ist. Soll der Hausarzt in die Folgekosten eingebunden werden, so kann es nicht sein, dass der Versicherte den Spezialisten von sich aus aufsuchen kann und dieser lediglich verpflichtet wird, den Hausarzt im Nachhinein zu informieren. So kann das Hausarztmodell nicht funktionieren. Insgesamt scheinen uns die Erwartungen in die Kosteneinsparungen durch ein Hausarztmodell überhöht. Eine effektive Kostenplafonierung wird nur mittels eines Globalbudgets, auch für den ambulanten Bereich, zu erreichen sein.Handlungsbedarf sieht die Freie Liste auch im Bereiche der Arzttarife. Es muss ein Ausgleich geschaffen werden zwischen den überrissenen Spitzenhonoraren der operativ tätigen Spezialärzte wie Gynäkologen, Urologen, Chirurgen und Anästhesisten einerseits und dem um ein Vielfaches tieferen Einkommen der ambulanten Grundversorger wie Allgemeinpraktiker und Kinderärzte andererseits. Ebenso ist die überhöhte Honorierung technischer Leistungen zu Gunsten des ärztlichen Gespräches und der Beratung abzubauen. Die Schweiz wird hier mit der Einführung des gesamtschweizerischen Ärztetarifes (GRAT( Pionierarbeit leisten. Die Freie Liste setzt sich dafür ein, dass dieser schweizerische Einheitstarif auch in Liechtenstein übernommen wird, allenfalls berechnet nach einem spezifisch liechtensteinischen Taxpunkt. Damit wird nicht nur eine gerechtere und ausgewogenere Honorierung der ärztlichen Leistung erreicht werden, sondern auch eine direkte Vergleichbarkeit der beiden Gesundheitssysteme. Ungenügend in der Vernehmlassungsvorlage sind auch die Instrumente zur Qualitätssicherung und Kostenkontrolle der Leistungserbringer, der Art. 19 neu. Insbesondere zur Kostenkontrolle bei den Leistungserbringern müssen griffigere Instrumente geschaffen werden, z.B. Offenlegung statistischer Daten, Durchschnittswerte und Quervergleiche der Leistungserbringer, Rückerstattungspflicht bei nachweislich unnötigen Leistungen oder erheblicher Abweichung von den Durchschnittswerten. Auch fehlen Möglichkeiten der Kostenkontrolle bei den Leistungsbezügern, bei den Patienten also. Zum Beispiel Einführung eines Gesundheitspasses für alle Versicherten mit Angaben über Arztkonsultationen, Spitalaufenthalte, durchgemachte Untersuchungen, usw. 2. Stationäre Versorgung: Die Einschränkung der Staatsbeiträge auf die Vertragsspitäler ist zu begrüssen. Auch die Absicht, dass über die obligatorische Versicherung die medizinischen Leistungen in den Spitälern vollständig abgegolten werden und Zusatzversicherungen lediglich für Wünsche bezüglich des Aufenthaltes notwendig sind, ist zu begrüssen, dürfte aber an den derzeitigen Strukturen der Vertragsspitäler, zumindest vorläufig, scheitern. Ich erwähne hier die Behandlung der Patienten, die privat versichert sind, durch Chefärzte und Oberärzte.Zu wenig Beachtung schenkt die Regierung auch der völlig unterschiedlichen Kostenstruktur der Vertragsspitäler. Die Behandlung eines Patienten mit ein und derselben Krankheit kann in den verschiedenen Vertragsspitälern zu erheblich unterschiedlichen Kosten führen. Die Regierung muss sich bei Verträgen mit umliegenden Spitälern vermehrt auf Fallpauschalen abstützen. Zumindest in den schweizerischen Spitälern sind diese heute so weit definiert, dass sie als Vertragsgrundlage hergenommen werden können. Besonders schwierig gestaltet sich die Kostentransparenz und Vergleichbarkeit mit anderen Spitälern beim Spital Vaduz, da hier ärztliche Leistungen, Medikamente und Laborleistungen separat verrechnet werden. Die Freie Liste fordert hier endlich die notwendige Vergleichbarkeit und Kostentransparenz. Auch im Spital Vaduz muss eine Kostenvergütung nach Fallpauschalen eingeführt werden. 3. Finanzierung der Versicherung: Die Freie Liste begrüsst die Abschaffung der Kollektivverträge sowie die Übernahme der Prämien für Kinder bis 16 Jahre. Die Kostenbeteiligung der Versicherten in der von der Regierung vorgeschlagenen Form kann die Freie Liste nicht akzeptieren. Während die Kostenbeteiligung für wirtschaftlich gut Gestellte keine Problem darstellt, ist sie für wirtschaftlich schwächer Gestellte eine schwere Belastung. Wenn eine Kostenbeteiligung eingeführt werden sollte, muss diese nach wirtschaftlichen Verhältnissen abgestuft werden oder die wirtschaftlich schwächer Gestellten müssen zumindest bei den Prämien entscheidend entlastet werden. Auch die von der Regierung vorgeschlagene Regelung der Staatsbeiträge vermag nicht zu befriedigen. Die von der Regierung vorgeschlagene Regelung, wonach der Staat praktisch als Rückversicherer für die Krankenkassen auftritt, führt nicht zu dem von der Regierung angestrebten erhöhten Wettbewerb zwischen den Krankenkassen. Die Kassen hätten keinen Anreiz, gerade teure Krankenpflegekosten zu minimieren. Ausserdem ist der Staat mit der Verpflichtung, jedenfalls 35% der obligatorischen Krankenpflegekosten zu übernehmen, in eine zukünftige Kostensteigerung direkt eingebunden, ohne Möglichkeit, hier bremsend Einfluss zu nehmen. Die Freie Liste setzt sich deshalb für die Festlegung von Globalbudgets für die Beiträge des Staates an die Krankenversicherung ein. Bei einem Modell mit einer Einheitskasse für die Grundversicherung, wie es von der Freien Liste vorgeschlagen wird, flösse dieser Staatsbeitrag direkt in diese Versicherung. Dazu kämen die Prämien der Versicherten, erhoben nach deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Sollte am bisherigen System der Krankenversicherung durch eine Vielzahl von privat organisierten Krankenkassen festgehalten werden, spricht sich die Freie Liste dafür aus, die Staatsbeiträge nicht mehr an die Krankenkassen, sondern direkt an die Versicherten zu zahlen, im Sinne eines einkommens- und vermögensabhängigen Prämienverbilligungssystems.Bekanntlich hat die Freie Liste dieses Modell als Postulat bereits im Mai 1998 dem Landtag vorgelegt. Leider versäumte es der Landtag und insbesondere die Mehrheitsfraktion damals, das Postulat zu einem Zeitpunkt an die Regierung zu überweisen, als die Gesundheitsreform noch im Entstehen war. Eine Überweisung dieses Postulates hätte die Regierung gezwungen, Prämienverbilligungssysteme für wirtschaftlich schwächer Gestellte zu prüfen und in die jetzige Reform einzuarbeiten.4. Zum familienpolitischen Ansatz mit flankierenden Massnahmen: Wie erwähnt, unterstützt die Freie Liste die Prämienbefreiung der Kinder bis 16 Jahre. Auch die übrigen Massnahmen im Sozialbereich, Wohnbeihilfen, Ergänzungsleistungen zur AHV und IV, Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Familienausgleichskasse, die wirtschaftlich schwächer Gestellte entlasten, begrüssen wir. Es ist jedoch problematisch und der Transparenz nicht förderlich, wenn zur Abdämpfung von Auswirkungen der Kostensteigerung im Gesundheitswesen Leistungen anderer Sozialversicherungen und Wohnbeihilfen herangezogen werden. Damit wird auch das Kostenbewusstsein aller im Gesundheitswesen Beteiligten nicht gefördert. Die Verschiebung von Stützungsmassnahmen auf andere Sozialversicherungen verhindert schlussendlich eine Reform des Krankenversicherungssystems in Richtung einer sozial gerechten Finanzierung. Im Vernehmlassungsbericht vermissen wir auch eine gesamtheitliche Darstellung der finanziellen Auswirkungen, d.h. die Gesamtsummen der staatlichen Leistungen für die Beiträge an die Krankenpflegeversicherung, die Beiträge an die Krankenkassen zur Prämienreduktion im Hausarztmodell, die Prämienbefreiung für die Kinder bis zum 16. Altersjahr, die Wohnbeihilfen, die erhöhten Ergänzungsleistungen sowie die zusätzlichen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Familienausgleichskasse. Daraus ziehe ich folgende Schlussforderungen: Es ist sehr fragwürdig, ob mit den Vorschlägen der Regierung eine effektive Kosteneindämmung zu erzielen sein wird. Die Möglichkeiten des Staates, für kostendämpfende Lenkungsmassnahmen im Gesundheitswesen werden nur zögerlich an die Hand genommen. Eine echte Reform des Krankenversicherungswesens in Richtung mehr Solidarität durch eine sozial gerechte Finanzierung geschieht nach dem Regierungsvorschlag nicht. Im Gegenteil, durch die Verschiebung von Stützungsmassnahmen für wirtschaftlich schwächer Gestellte auf andere Sozialversicherungen und die Wohnbeihilfen wird eine echte, grundlegende Reform des Gesundheitswesens verzögert. Die Freie Liste fordert seit 10 Jahren einkommens- und vermögensabhängige Krankenkassenprämien. Wir haben diese Forderungen klar und unmissverständlich auch im Abstimmungskampf über die Initiative der FBPL hochgehalten, weil wir zutiefst überzeugt sind, dass die Zeit reif ist für eine sozial gerechte Finanzierung der Krankenkasse. Zum Zeichen, dass wir hier nicht lockerlassen, hat die Freie Liste bereits eine eigene Initiative für ein Prämienverbilligungssystem angekündigt, sollte die Regierung bis zur heutigen Debatte keine eigenen Vorschläge in diese Richtung einbringen. Doch kaum zieht David die Schleuder, geht Goliath in die Knie. Die Mehrheitsfraktion zieht mir ihren Vorschlägen heute die Notbremse. Die VU, die sich vor knapp einem Jahr noch ausserstande sah, dem Postulat der Freien Liste für Prämienverbilligungen für wirtschaftlich Schwache zu einer Mehrheit zu verhelfen, legt heute flott ihre ideologischen Vorbehalte ab, hängt sich ungeniert das Mäntelchen der Freien Liste um, eilt der bedrängten Regierung zu Hilfe und streicht sich erst noch einen Erfolg ans Bein. Nun ja, damit werden wir von der Freien Liste als zwar nicht staatstragende, aber erwiesenermassen doch immer wieder vordenkende Opposition leben können. Was das Eintreten auf diese Vorlage betrifft, hatte ich meine Meinung gemacht. Auf die Regierungsvorlage ist Eintreten aus Sicht der Freien Liste unmöglich. Nachdem die VU-Fraktion und damit die Mehrheitsfraktion nun aber die Vorschläge der Freien Liste wenigstens in ihren Grundzügen aufgenommen hat, die Stossrichtung zur Entlastung der wirtschaftlich schwächer Gestellten stimmt, und ich auch nicht daran zweifle, dass die Mehrheitsfraktion ihre Mannen und Frauen soweit im Griff hat, dass für diese Vorstösse auch eine echte Realisierungschance besteht, habe ich meine Meinung geändert und werden ebenfalls für Eintreten Ja sagen.

Abg. Rudolf Lampert:

Die Fortschrittliche Bürgerpartei hat mit ihrer Initiative den Stein ins Rollen gebracht. Mit grossem Aufwand haben sowohl die Regierung als auch andere Interessenverbände einen Erfolg der Initiative verhindert. Wir als Initianten haben den klaren Volksentscheid zu akzeptieren und danach zu handeln. Das steht ausser Zweifel. Bei genauerer Betrachtung, das haben auch Befragungen bestätigt, hat vor allem die Angstkampagne der Regierung Erfolg gehabt, welche massive Zahlungen ins Ausland, nämlich an Grenzgänger, prognostiziert hat. Ein weiterer Grund scheint auch darin gelegen zu haben, dass die Rückgabe der Mehrwertsteuer nicht einkommensabhängig gestaltet war. Der jetzt vorliegende Bericht und Antrag der Regierung beinhaltet genau diese beiden Punkte, welche von der Regierung dem Volk als grosse Schwächen der Initiative verkauft haben. In viel grösserem Mass, als bei der Initiative je zum Tragen gekommen wäre, werden in dieser Revision des Krankenversicherungsgesetzes Beträge an die Grenzgänger, vor allem nach Österreich, vergütet. Dies jedoch, ohne dass im Bericht nur ein einziges Wort darüber verloren wird. Mit keinem Wort wird erwähnt, dass unsere Krankenkassen Zahnarztleistungen an Grenzgänger bezahlen, welche den Liechtensteinern nicht bezahlt werden, welche wir aber fleissig mitfinanzieren. Dies trotz der Ablehnung der Volksinitiative, nämlich allein aufgrund von Verträgen, welche die Regierung abgeschlossen hat. Es ist bemerkenswert, dass der Hauptgrund zur Ablehnung der Initiative auch in den bisherigen Voten mit keinem Wort erwähnt wurde. Es ist eine weitere Tatsache, dass die Vergünstigungen auch jenen Personen zukommen, die das Geld gar nicht brauchen. Gemäss dieser Vorlage werden Krankenkassenprämien für Kinder von Millionären und Grossverdienern übernommen. Ich betone, ich könnte damit leben, wenn nicht gerade diese Punkte als Aufhänger gegen unsere Initiative verwendet worden wären, und wenn nicht gerade diese Punkte massgeblich zum Nein des Volkes geführt hätten. Von der Regierungsbank wurde damals lauthals verkündet, dass sogar die Familie des Herrn Regierungschef von unserer Initiative profitieren würde. Ich frage Sie jetzt, wird nicht auch hier die Familie des Herrn Regierungschef trotz seines hohen Einkommens von den Prämien der Kinder befreit? Ich weiss, es ist müssig, diese Fragen aufzuwärmen. Aber vielleicht holen Sie jetzt ganz einfach Ihre eigenen Argumente wieder ein. Wenn die Regierung den Volkswillen auch nur im Geringsten ernst nimmt, so zieht sie diese Vorlage zurück und überarbeitet sie in dem Sinn, dass die von ihr so mit aller Verzweiflung bekämpften Punkte aus der Vorlage verschwinden.

Abg. Ingrid Hassler:

Geschätzte Abgeordnete. Zuerst sehe ich mich verpflichtet, eine Korrektur im Protokoll der Finanzkommission Nr. 2/99 bekanntzugeben. Wir haben dort auf Seite 2 im 5. Absatz in der vierten Zeile geschrieben: "Welche sich gemäss Regierungsvorlage allerdings nur auf die obligatorische Krankengeldversicherung beschränkt". Richtig heissen muss es: "Welche sich gemäss Regierungsvorlage allerdings nur auf die obligatorische Krankenversicherung beschränkt." Ich möchte Sie bitten und es deswegen zu Protokoll geben, dass hier dieses Wort abgeändert wird. Ich bitte um Verständnis.Zur Vorlage selbst. Über den Grund, die Inhalte und die Ziele dieser umfassenden Teilrevision im Krankenversicherungswesen unseres Landes wurde von vielen Vorrednern und der Vorrednerin Positives und Kritisches bereits gesagt. Ich wiederhole das nicht. Zu den finanziellen Auswirkungen, die jetzt gerade auch angesprochen wurden für das Land, liegen Details vor in zwei Protokollen der Finanzkommission. Man kann also nicht sagen, dass diese Zahlen nicht bekannt sind. Sie summieren sich aus der Befreiung der Kinder bis zum 16. Lebensjahr mit jährlichen 4,5 Mio. Franken. Die Zahl überschlage ich wie folgt: Gemäss einer mir zur Verfügung stehenden Statistik waren 1996 die Gesamtleistungskosten für Kinder bis zum 15. Lebensjahr mit den stationären Behandlungen bei 5,1 Mio. Franken, das sind übrigens nur 8% der gesamten Krankenpflegekosten. Davon werden nach der neuen Vorlage 90% an die Kassen vergütet. Wegen der gestiegenen Kosten seit 1996 und einer steigenden Zahl an versicherten Personen bis zum 16. Lebensjahr rechne ich mit einem allerdings etwas höheren Aufwand als 4,5 Mio. Franken für diese Subventionen. Dazu kommen zur Unterstützung der Einführung des Hausarztmodelles, für das ich mich im Grundsatz ausspreche, noch vorübergehende Landessubventionen von rund 2 Mio. Franken, für erwartungsgemäss 2-3 Jahre jährlich mit fallender Tendenz. Der Betrag von 2 Mio. Franken kann wirklich nur geschätzt werden und ist sehr stark abhängig von der Anzahl Personen, die sich, nachdem das Gesetz in Kraft ist, für das vorgeschlagene Hausarztmodell entscheiden werden. Die Kostenhalbierung für Prämien für Jugendliche zwischen dem 16. und 20. Lebensjahr, ein Gesetzesartikel, den ich sehr begrüsse, fällt nicht auf den Staat zurück. Die bisherigen Landessubventionen von derzeit rund 25 Mio. Franken werden nach Ansicht der Regierung in Zukunft nicht gekürzt, aber nach einem stärker auf Wettbewerb ausgerichteten Einsatz anders verteilt. Ich verweise hier speziell auf den Abs. 2 vom neuen Art. 24a, der zusätzlich die Rückversicherung, die die Krankenkassen für besondere Risiken suchen mussten, auf die staatlichen Subventionen verlagert. Zusammenfassend liegen für mich die aus dieser Änderung resultierenden Kosten im bisher von mir vertretenen Rahmen. Für eine Prämienbefreiung der Kinder habe ich mich schon im Rahmen der vorhin vom Abg. Rudolf Lampert erwähnten Initiative ausgesprochen. Dieser familienpolitische Ansatz scheint hier ja auch nicht bestritten zu sein. Der Aspekt einer stärkeren sozialen Ausrichtung bei der Verteilung von Landesmitteln, diesen Aspekt unterstütze ich im Sinne des Vorschlages, den der Abg. Peter Sprenger skizziert hat, selbst wenn er neue zusätzliche Mittel benötigt. Es geht um die Verbilligung der Grundprämien für Haushalte mit tieferem Einkommen. Eine Messlatte, ab welchem Jahresbudget eine einzelne Person oder ein Familienhaushalt eine Verbilligung der Grundprämie erhalten soll, könnte meines Erachtens darin liegen, dass diese Prämie z.B. einen bestimmten Prozentsatz des zur Verfügung stehenden Brutto-Jahreseinkommens nicht übersteigen darf, respektive der darüberliegende Betrag subventioniert wird. In der Schweiz zeigen Analysen, die ein ähnliches System haben, dass mit 6% des verfügbaren Einkommens nach Steuern sogar bei Mittelstandsfamilien die Schmerzgrenze erreicht sei. Bitte, diese Idee zu überlegen. Ich hatte damals das vom Abg. Egon Matt angesprochene Postulat unterstützt. Derzeit sehe ich es aber nicht, dass wir eine total neu ausgerichtete Finanzierungsstruktur, z.B. mit einer lohnabhängigen Prämie in einer Einheitskasse, schaffen. Ein solcher Systemwechsel braucht zuviel Zeit, und die zu klärenden Details sind tiefgreifend.Ich befürworte, dass die freiwillige Kostenbeteiligung gemäss Art. 23a angepasst wurde. Ich hoffe, dass die Kassen diesen Aspekt noch besser ausnützen, und die anscheinend vorhandenen Angebote mehr bekannt gemacht werden. Ich glaube, dass sich diese freiwillige Kostenbeteiligung trotz Prämienreduktion positiv auf das Verhalten der Versicherten und somit auch auf die Kosten auswirkt. Ich nehme übrigens an, dass ich diese Angebote auch im Hausarztmodell benützen kann.Zu den obligatorischen Kostenbeteiligungen gemäss Art. 23 ist nicht festgehalten, dass die versicherte Person von seiner Kasse eine detaillierte Rechnung des Leistungserbringers erhält. Wenn wir neu höhere Kostenbeteiligungen leisten, haben Versicherte darauf Anspruch, und zwar nicht nur in der Form wie bisher. Transparenz fördert auch die Eigenverantwortung bei den Versicherten. Unter Art. 22 Abs. 7 kann ich mit Befriedigung feststellen, dass endlich die Kollektivversicherungen für die obligatorische Krankenversicherung aufgehoben werden. Es ist höchst unsolidarisch, nach meinen Worten ist es diskriminierend, dass über viele Jahre hinweg über 10'000 einzelversicherte Personen bis zu 20% höhere Prämien für die genau gleiche obligatorische Versicherungsleistung entrichten mussten. Es waren von diesen Nachteilen nicht nur nichterwerbstätige Personen betroffen, sondern viele Erwerbstätige in selbständigen Berufen für sich selbst und ihre ganze Familie. Die Differenz wurde in die letzten zwei Jahren meines Wissens etwas zurückgenommen. Aber für eine 4-köpfige Familie mussten allein für das Obligatorium gegen CHF 1'000 jährlich mehr ausgegeben werden. Für diese Einzelversicherten sollten sich in Zukunft billigere Prämien ergeben. Da die administrativen Gesamtkosten für die Kassen bei 6,5% des Gesamtaufwandes liegen, gibt es für mich an sich keinen Grund, die gesetzlich verpflichtete Krankengeldversicherung trotzdem dem freien Preiswettbewerb der einzelnen Kassen zu überlassen. Für private Zusatzversicherungen ist es für mich hingegen klar. Ich bitte, diesen Aspekt noch einmal zu prüfen.Ich benütze dieses Traktandum, um ein Anliegen, das ich schon letztes Jahr ansprach und das letztlich auf den Familienbericht zurückgeht, einzubringen. Es geht mir um ein Krankengeld für nichterwerbstätige Personen, in der Praxis vor allem jene Personen, die in der Familie unentgeltliche Familienarbeit leisten. Ich nehme ein Beispiel aus unserem Bekanntenkreis, wie es in unserem Land laufend auch vorkommen kann. Eine 35-jährige Mutter mit 4 Kindern erkrankte an Brustkrebs und war über ein Jahr lang aus ärztlicher Sicht krank und nicht arbeitsfähig. Die Familie, sie lebt in der Schweiz, erhielt für die Versorgung der Kinder, des Mannes und des Hauses von der Familienhilfe, Verwandten und Privaten Hilfe. Die Frau ist heute nach 3 Jahren wieder gesund. Der Lohn des erwerbstätigen Ehegatten reichte keinesfalls für eine externe Hilfe, die zusätzlich zu entschädigen wäre. Während beim krankheits- oder unfallbedingten Arbeitsausfall des erwerbstätigen Ehegatten das Einkommen zu mindestens 80% gesichert ist, kann im Fall des nichterwerbstätigen Ehegatten zwar auf eine freiwillige Taggeldversicherung ausgewichen werden, die die Krankenkassen im Privatversicherungsbereich teilweise anbieten. Die Prämien sind höher und schliessen die Zeit der Schwangerschaft aus. Sie kann nur im Verbund mit der Grundversicherung abgeschlossen werden, und das nicht bei allen Kassen. In unserem Land weiss ich, dass wir ein gutes soziales Netz haben und dass auch für Allgemein-Versicherte die Kosten für die Familienhilfe nicht kleinlich getragen werden. Ich weiss auch, dass das Thema nicht sehr einfach ist mangels Lohnbasis, wegen Mutterschaftsleistungen und ähnlichem. Ich möchte zu diesen Ausführungen zwei Bitten verbinden: a) Das Krankenversicherungsgesetz soll beinhalten, dass nichterwerbstätige Personen, die nachweislich Familienarbeit leisten, mindestens eine freiwillige Taggeldversicherung bis zu einem bestimmten Taggeldsatz zu den gleichen Bedingungen abschliessen können, wie erwerbstätige Personen.b) Es wäre interessant abzuklären, wie die tatsächliche Situation in unserem Land anhand des von mir skizzierten Beispiels heutzutage bewältigt wird.Meine Ansicht, dass hier eine Versicherungslücke besteht, wollen Sie bitte bis zur 2. Lesung überprüfen.Eintreten auf das Gesetz ist für mich unbestritten. Ich möchte auch auf das Gesetz der Arbeitslosenversicherung eintreten, wonach Ganzarbeitslose um die Hälfte der Prämie für die Grundversicherung entlastet werden sollen. Ich schliesse mit der Überzeugung, dass diese Reform in einem wichtigen Bereich Fortschritte bringen kann, wenn wir sie mit überlegten Schritten zwischen allen beteiligten Kreisen zielgerichtet vorwärts bringen.

Abg. Gebhard Hoch:

Ich will mich kurz äussern zu einem Teilaspekt der Reform, und zwar zu den finanziellen Auswirkungen, einerseits für den Staat und andererseits für die privaten Haushalte. Meine Erwartung an eine Gesundheitsreform ist die, dass die massiven Kostensteigerungen der letzten Jahre wenn nicht reduziert, so wenigstens stabilisiert werden können. Die Regierung formuliert denn auch das Ziel in ihrem Bericht und Antrag dieser Reform mit Eindämmung und Kontrolle der Kostenentwicklung. Das ist gemäss Regierungsbericht das zentrale Ziel dieser Vorlage. Wie sind nun aber diese finanziellen Auswirkungen für den Staat? Sie werden im Bericht und Antrag auf den Seiten 90 und 91 beleuchtet. Es heisst zuallererst, die heutigen Staatsbeiträge werden den Krankenkassen zwar nach geänderten Kriterien ausgerichtet, in ihrer Höhe sollen sie aber unverändert bleiben, insbesondere sollen sie weiterhin im Verhältnis zur Kostensteigerung in der Krankenversicherung zunehmen. Das heisst also, Tendenz steigend. Die Regierung erwartet eine weitere Kostensteigerung im Gesundheitswesen. Ich habe versucht, mir die Mühe zu machen, auf den Seiten 90, 91 und 92 auszurechnen, wie nun die effektiven finanziellen Auswirkungen auf den Staat sind, und ich muss Ihnen gestehen, es ist mir nicht gelungen. In Teilbereichen der Reform macht die Regierung Angaben, welche Einsparungen oder welche Kostensteigerungen sie erwartet, in anderen Teilbereichen macht sie keine genauen betragsmässigen Ausführungen, sie gibt ihre Erwartungen bekannt. Es müsste doch möglich sein, dass die Regierung ihre Erwartung auf die finanzielle Auswirkung der Reform beziffert. Natürlich kann sie das nicht auf den Franken genau, aber mit einer Genauigkeit von 2 - 3 Mio. Franken müsste dies der Regierung möglich sein. Das darf man auch von der Regierung erwarten. Bei der Krankenkasseninitiative unserer Partei haben wir die finanziellen Kosten beziffert. Die sind von der Regierung angezweifelt worden. Die Regierung hat ihre eigenen Berechnungen angestellt und je näher der Abstimmungstermin kam, hat die Regierung diese Beträge nach oben korrigiert. Demzufolge müsste sie auch hier bei ihrer eigenen Reform mindestens ungefähr in der Lage sein, uns zu sagen, wie die finanziellen Auswirkungen sein werden. Dann bei den privaten Haushalten, das ist in Punkt 8.4 auf Seite 93 aufgeführt. Der erste Satz lautet: "Die vorgesehene Revision bewirkt eine deutliche Verringerung der Prämienlast für die Versicherten im Vergleich zum geltenden Recht". Wenn Sie dann umblättern auf Seite 94, zweiter Absatz, heisst es: (Gesamthaft werden aber die Faktoren, welche zu einer Kostenerhöhung führen, stärker sein als jene, welche die Kostenentwicklung bremsen können(. Ein klarer Widerspruch. Ich möchte von der Regierung wissen: Wie wird sich diese Reform generell auf die Prämienzahler auswirken, nicht nur auf die paar Wenigen, die gemäss dem neuesten Vorschlag der VU-Fraktion in den Genuss von Vergünstigungen kommen, sondern wie sieht das für das Gros der Versicherten, der Prämienzahler, aus?

Abg. Marco Ospelt:

Ich möchte zunächst positiv herausstreichen den Vorschlag der Abg. Hassler für Taggelder für Versicherte, die sich der Familienarbeit widmen. Ich finde das eine gute Idee, die ich unterstütze. Ich möchte dann die Gelegenheit wahrnehmen, der Regierung ein paar Fragen zu stellen zu dieser vorliegenden Reform, die bisher noch nicht gestellt wurden, und möchte noch kurz auf die Prämienverbilligung eingehen, wie sie der Abg. Sprenger hier vorgestellt hat. Zu den Fragen. Da würde mich interessieren vor allem die Vorstellung der Regierung darüber, wie der Leistungskatalog erarbeitet werden soll. Offenbar sind solche Arbeiten schon im Gange. Mich würde interessieren, wie die Regierung versicherte Patienten, Bürger in den Prozess einbinden will, und welche Regelungen zum Schutz der Patientenrechte sich die Regierung vorstellen kann. Dann interessiert mich die Verpflichtung zur Qualitätssicherung. Für die Ärzte ist das gegeben und vorgesehen, für die Spitäler will die Regierung das in den zukünftigen Verträgen vorsehen. Wie steht es mit den anderen Leistungserbringern? Dann, wenn wir gerade dabei sind, die Revision des Ärztetarifs. Wie weit sind wir damit? Wie ist die Stossrichtung, und hat die Regierung im Sinn, auch andere Tarife und Vergütungssysteme zu überarbeiten? Dann zu den Kosten des Staates, wie sie der Abg. Hoch schon angesprochen hat. Hierher gehört auch der Personalaufwand im Amt für Volkswirtschaft für die Kontrolle der Krankenkassen, für andere Aufgaben, die hier in der Reform vorgesehen sind, und allenfalls dann noch für die Durchführung der Prämienverbilligung. Da scheint ein Personalbedarf auf uns zuzukommen. Dann hätte ich gerne Ausführungen zu den Spital-Zusatzversicherungen. Die Regierung hat die Vorstellung, dass man nur noch den Komfort im Spital privat versichern solle. Ich weiss aber, dass für viele Privat-Versicherte im Spitalbereich der Komfort nur ein Teilaspekt ist, der andere Aspekt ist die freie Arztwahl für den Spitalarzt, die würde ja dann wohl wegfallen.Dann müsste wohl die Regierung sich äussern darüber, bis wann die vielen Verordnungen, die in dieser Reform vorgesehen sind, bis wann diese Verordnungen vorliegen. Interessant wären auch Ausführungen zum Verwaltungsaufwand der Krankenkassen - wir veranstalten doch diese Reform-, es ist in der Regelung vorgesehen, ihn einzudämmen. Wurde auch jetzt - abgesehen vom Vorschlag der Einheitskasse, der staatlich geführten Einheitskasse der Freien Liste - wurde auch schon evaluiert, ob es möglich wäre, die obligatorische Grundversicherung quasi auszuschreiben, wie man den Personentransport ausschreibt? Also, die Krankenkassen einzuladen, ihre Vorschläge zu unterbreiten für die Übernahme der Grundversicherung in Liechtenstein für einen gewissen Zeitraum? Für einen gewissen Zeitraum deshalb, damit die Konkurrenzsituation unter den Kassen gewahrt bleibt. Ich weiss, dass damit unsere beiden liechtensteinischen Krankenkassen in eine schwierige Situation kämen, sich vielleicht einer Arbeitsgruppe anschliessen müssten. Wie auch immer, jedenfalls hätte dann das Amt für Volkswirtschaft nur einen Partner zu kontrollieren, mit ihm zusammenzuarbeiten. Die Position dieses einen Partners wäre gestärkt, beide Institutionen bräuchten wesentlich weniger Verwaltungspersonal. Der Abg. Hoch hat es schon angetönt, wie ist es mit den Kostensteigerungen? Ich denke, in einer 2. Lesung gehören in dieses Gesetz auch Artikel, die zu einer Begrenzung der Beitragssumme führen. Wenn wir nun schon ein gutes Gesundheitssystem haben - wie die Regierung sagt -, wenn wir uns über Leistungskataloge usw. im Klaren sind, dann können wir auch die Beiträge fixieren und sie nur noch im Rahmen der medizinischen Entwicklung und der demographischen Entwicklung ansteigen lassen. Einen solchen Artikel müsste wahrscheinlich die Regierung dann vorsehen, damit diese Kosten wirklich nicht aus dem Ruder laufen. Jetzt noch zu dieser Prämienverbilligung, wie sie der Abg. Sprenger im Namen der VU vorgestellt hat. Für mich waren seine Vorschläge eigentlich erstaunlich, nachdem seine Fraktionskollegin kurz vorher die Untersuchung in der Schweiz angeführt hatte, wo die Prämienverbilligung in der Schweiz auf ihre Wirkung hin analysiert worden war und wo eigentlich ganz klare Bedingungen herausgekommen sind, die die Wirksamkeit dieser Prämienverbilligung in der Schweiz - und wir werden ja dann ein ähnliches System haben, wenn das so stimmt, wie der Abg. Sprenger das ausführt - also die klaren Bedingungen, die gegeben sein müssen, damit dieses System auch wirksam ist. Ich zähle auf: Die Einkommensgrundlage muss diskutiert werden, die man zu Grunde legt bei der Prämienverbilligung, also, es hat sich offenbar gezeigt, dass es darum geht, das verfügbare Einkommen heranzuziehen nach Abzug mindestens der Steuern, evtl. zusätzlich der obligatorischen Sozialabgaben, vielleicht sogar auch der durchschnittlichen Mietkosten. Von sozialpolitischer Bedeutung ist es, welchen Anteil des verfügbaren Einkommens ein Haushalt unter Berücksichtigung der Prämienverbilligung für die Krankenversicherung aufwenden muss. Deshalb muss eine Obergrenze der sozialpolitisch vertretbaren Belastung in Prozent dieses verfügbaren Einkommens definiert werden. Ich finde, die Prämienberechtigung muss automatisch ermittelt werden. Die VU sagt, sie soll auf der Steuererklärung basieren. Deshalb wundere ich mich darüber, wieso dann noch ein Antrag gestellt werden soll, wenn man sich eh auf die Steuer stützt bei dieser Prämienberechtigung. Meiner Meinung nach sollte die Prämienverbilligung ohne weitere Formalitäten zugesprochen werden, mindestens aber müssten die potentiell Berechtigten benachrichtigt werden, und ein ausgefülltes Antragsformular sollte ihnen zugestellt werden. Erfahrungen in der Schweiz zeigen, dass wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, dann häufig die eigentlich Berechtigten eben gerade nicht in den Genuss dieser Prämienverbilligung kommen, weil sie die Stellung des Antrages verpassen. Dann, wenn man das automatisch macht, müsste man eine Regelung vorsehen, wo bei erheblicher, voraussichtlich länger dauernder Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine Antragsmöglichkeit zusätzlich besteht - dies um sicherzustellen, dass die Prämienverbilligung ab dem Eintritt dieser Situation gewährt werden kann- und die Prämienverbilligungen müssten monatlich ausgerichtet werden. Eine Vorausbelastung der anspruchsberechtigten Versicherten kommt für mich nicht in Frage. Klar ist, dass das jeweils aktuellste, die jeweils aktuellsten Einkommens- und Familienverhältnisse bei der Bemessung des Anspruchs berücksichtigt werden und, dass, falls die Kostenbeteiligung bestehen bleibt, diese dann in die Prämienverbilligung miteinbezogen sein muss. Schliesslich ist es Bedingung, dass die Versicherten regelmässig über die Prämienverbilligung informiert werden. Eben um sicherzustellen, dass tatsächlich die Anspruchsberechtigten auch in den Genuss dieser Verbilligung kommen können.

Abg. Alois Beck:

Zwei Problempunkte möcht ich noch aufzeigen resp. die Regierung fragen, wie es darum steht. Per Saldo sagt ja auch die Regierung, dass wir auch inskünftig mit einem Kostenanstieg zu rechnen haben. Wie dieser dann ausfällt, das sei jetzt dahingestellt. Dazu werden keine Angaben gemacht. Ein wichtiger Faktor ist hier natürlich die Zunahme der Zahl der Leistungserbringer. Hier kommen wir wieder in den ganzen Problembereich hinein, wie diese Kosten überhaupt generiert werden. Es ist ja so, dass die Nachfrage nach medizinischen Leistungen eben weitgehend von den Anbietern dieser Leistung bestimmt wird, und ich sehe auch mit dieser Reform nicht, dass hier die Mechanismen dann grundsätzlich ausser Kraft gesetzt werden. Wir haben es hier - wie es so schön heisst - mit einer anbieterinduzierten Nachfrage zu tun. Hier stellt sich natürlich die Frage - und die habe ich zumindest im Bericht nicht gesehen -, wie entwickelt sich das mit dieser Niederlassung der Ärzte, wie ist das im ganzen EWR-Kontext zu sehen? Können mit diesen Regelungen diese Entwicklungen des Zuzugs ausländischer Ärzte in den Griff bekommen werden oder nicht? Und umgekehrt, wie verhält sich das auch im Hausarztsystem mit den einheimischen Ärzten, wie ist da der Zugang? Dies scheint mir doch eine zentrale Frage zu sein, weil es eben einer der Kernpunkte für die Kostenentwicklung ist.Dann, wenn der Abg. Sprenger schon hier ist, muss ich ihn noch um einige Auskünfte bitten. Sie haben Grundzüge dieses Modells über die individuelle Verbilligung der Prämien dargelegt. Es ging zum Teil ein wenig schnell, deshalb möchte ich noch nachfragen, damit ich auch sicher bin, dass ich dieses Modell - zumindest in den Grundzügen - auch verstanden habe. Es geht zum einen um den Bezügerkreis. Sie haben den Armutsbericht, den Bericht "Armut in Liechtenstein" erwähnt, und wenn ich das richtig gehört habe, haben Sie eigentlich diese Kategorien angesprochen, die als einkommensschwach in diesem Bericht bezeichnet werden. Das sind nach meinem Kenntnisstand 8% der Bevölkerung. Ist es richtig, dass das eigentlich der Bezügerkreis in Ihrem Modell ist? Hier stellt sich auch die Frage, geht dann Ihr Modell Richtung wirtschaftliche Hilfe? Ist es so, dass diese Verbilligungsbeiträge ziemlich gekoppelt werden mit dem Krankenversicherungssystem? Oder geht das unabhängig? Dann stellt sich die Frage, bis zu welchem Einkommen? Sehen Sie hier eine Erwerbs- und Vermögensgrenze? Es ist ja so, dass in diesem Armutsbericht die 8% der Haushalte in Liechtenstein bezeichnet werden, welche ein Äquivalenzeinkommen unter 16'140 Franken haben. Welche Vorstellungen haben Sie hier über bestimmte Einkommensgrenzen? Dann stellt sich hier auch die Frage: Sind die Bezüger unter den inländischen Bewohnern zu finden oder sind es die, die hier beschäftigt sind? Ich nehme an, Sie haben hier einige Berechnungen angestellt, da Sie eine Zahl von 2 Millionen genannt haben. Diese Zahl wird der vom Staat auszurichtende Verbilligungsbeitrag sein. Das heisst, wie setzt sich dieser zusammen?Dann würde mich natürlich dann interessieren, was die Regierung zu diesem Modell sagt. Wie wir aus dem Bericht lesen können, werden da auf Seite 30 ff. noch einige kritische Punkte angeführt, die die Regierung zumindest vor drei Monaten dazu veranlasst sahen, dass sie schrieb, dass sie solch ein System der Prämienverbilligung für Einkommensschwache als nicht zielführend anschaue. Wie gesagt, ich kann mich hier den Ausführungen des Abg. Gebhard Hoch anschliessen: Zumindest auf die 2. Lesung ist es sicher dringend erforderlich, dass die ganzen finanziellen Auswirkungen eingehend dargelegt werden.

Abg. Peter Sprenger:

Herr Abg. Beck. Ich danke Ihnen für Ihr Interesse an unserem Modell. Sie haben gut zugehört, ich habe bewusst nur die Grundzüge des Modells erläutert und bin auf keine Details eingestiegen. Das ist ganz bewusst geschehen, denn es sollten die Detailfragen zurzeit offen gelassen werden, um der Regierung die notwendige Flexibilität zu ermöglichen. Ich denke, dass die Regierung uns dann schon einen Vorschlag auf die 2. Lesung unterbreiten wird, bei dem diese Ihre Fragen beantwortet sind.

Landtagspräsident Peter Wolff:

Nachdem die grossen, allgemeinen Voten zu dieser Vorlage der Regierung gehalten worden zu sein scheinen, möchte ich, bevor die Regierung Gelegenheit zur Stellungnahme erhält, noch einen Aspekt kurz ansprechen, der bisher in Ihren Voten nicht behandelt worden ist. Vorweg möchte ich aber betonen, dass ich diesen Bericht und Antrag der Regierung ausserordentlich begrüsse, dass ich es nicht nur für wichtig finde, so wie Sie alle, dass eine Revision des Krankenversicherungsrechts in Angriff genommen wird, sondern dass ich es grundsätzlich auch für den richtigen Weg halte, wie die Regierung dies tut. Ungeachtet einzelner verbesserungsfähiger Details, die wir dann bei der Lesung noch behandeln werden - ich erwähne hier nur beispielsweise den Art. 18a betreffend die Konstituierung und die dann erfolgende Tätigkeit des sogenannten Hausärztevereins, bei der mir in der Regierungsvorlage doch noch einige Ungereimtheiten vorhanden zu sein scheinen, und natürlich die Prämienverbilligungsvorschläge, die der Abg. Sprenger vorgetragen hat und mit denen sich die Regierung bis zur 2. Lesung befassen wird - ungeachtet solcher Details scheint mir die Vorlage gesamthaft gut geeignet zu sein, einen Versuch zu unternehmen, einen, wie ich meine, erfolgversprechenden Versuch, die Probleme, die hier angesprochen wurden, in den Griff zu bekommen. Der Aspekt, den ich hier noch ansprechen möchte, ist an und für sich ein Nebenaspekt, der mir vor allem aus gesetzgeberischer Sicht am Herzen liegt. Es handelt sich um die Vorlage 3, wir haben ja hier drei Gesetzesvorlagen der Regierung zur Behandlung vorliegen, eine Abänderung des Sanitätsgesetzes. Ohne dass es im Bericht über die Grundzüge und Ziele der Reform angesprochen wird, wird im Regierungsbericht auf den Seiten 88 und 89 bei Behandlung der einzelnen gesetzlichen Bestimmungen erwähnt, dass Physiotherapieleistungen, die in Arztpraxen durch dort unselbständig tätige Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten erbracht wurden, in den letzten Jahren zu einer wesentlichen Steigerung solcher Aufwendungen geführt haben, und dass es deshalb nach Ansicht der Regierung angebracht sei, Inhabern von Konzessionen - das Ziel sind offenbar Ärzte in erster Linie - zu verbieten, solche Fachkräfte, nämlich diejenigen, die auch selbständig tätig sein könnten, weiterhin zu beschäftigen, wenn - so der Gesetzestext - vorwiegend auf Rechnung von obligatorischen Sozialversicherungen gearbeitet wird. Ob das von der Zielrichtung her notwendig ist, das sei dahin gestellt, das ist an und für sich nicht der Gegenstand meines Vorstosses. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass diese Art, die gesetzgeberische Art, wie das in Angriff genommen werden soll, meiner Meinung nach nicht nur unzweckmässig ist, sondern das gesamte System des Sanitätsgesetzes unbeachtet lässt und wenn es so Gesetz würde, wie es hier vorgeschlagen wurde, zu einem heillosen Chaos im Sanitätsgesetz führen müsste. Dies deshalb, da unser Sanitätsgesetz aus dem Jahr 1985 von dem Grundsatz ausgeht, dass der Arzt grundsätzlich zu allen Arten von Heilbehandlungen berechtigt ist, also auch zu denen, zu denen es Sonderkonzessionen im Rahmen der sog. "anderen Berufe der Gesundheitspflege" gibt, und deshalb sieht das Sanitätsgesetz in Art. 23 auch vor - und das will die Regierungsvorlage auch gar nicht antasten -, dass die unselbständige Ausübung solcher Behandlungsmethoden unter der Aufsicht, Anleitung und Verantwortung derjenigen Ärzte, Zahnärzte und Apotheker, die solche Berufsausübende beschäftigen, zu geschehen hat. Die selbständige Ausübung, für die eine eigene Konzession erteilt werden kann, ist dann wieder eine andere Sache.Dasselbe betrifft Betriebe der Gesundheitspflege wie z.B. Spitäler. Auch dort wird vorausgesetzt, dass ein geeigneter ärztlicher Leiter vorhanden ist, der dies beaufsichtigt, anleitet und der die Verantwortung trägt. Dort wird das nach demselben Grundsatz gehandhabt. Die Regierung will nun, ohne die zahlreichen Bestimmungen im Sanitätsgesetz, die diesen Themenkreis beschlagen, ich erwähne beispielsweise nur die Art. 18, 22, 23, 49 und 52, will einfach durch einen mir relativ willkürlich erscheinenden Einschub in Art. 42 das vorher von mir erwähnte Ziel erreichen, ohne einerseits zu berücksichtigen, dass sie damit eigentlich einen Systemwechsel anstrebt, der aber nicht vollumfänglich durchgeführt wird, weil er eben nur in diesem einen Absatz angesprochen wird und alle anderen Artikel im Sanitätsgesetz, die denselben bisher hoch gehaltenen Grundsatz hoch halten, unverändert lässt. Andererseits ist auch die Formulierung meiner Meinung nach völlig verfehlt, da keineswegs nur Ärzte, sondern z.B. auch selbständig konzessionierte Physiotherapeuten - um beim Beispiel der Physiotherapeuten zu bleiben - die vorwiegend auf Rechnung der obligatorischen Krankenversicherung tätig sind, und das sind praktisch alle selbständig tätigen Physiotherapeuten, keine Personen, die selbst qualifiziert wären zu einer selbständigen Tätigkeit, mehr beschäftigen könnten. Dasselbe würde auf Betriebe des Gesundheitswesens zutreffen, das heisst, wenn man diesen Gesetzesartikel in Kraft setzen würde, dann könnte zum Beispiel das Spital Vaduz keine qualifizierten Krankenschwestern mehr beschäftigen, weil Krankenschwestern - der Krankenschwesternberuf - nach unserem Sanitätsgesetz auch selbständig ausgeübt werden kann von entsprechend diplomierten Fachkräften, und nach dieser Formulierung kein Inhaber einer Konzession, sei es Arzt, sei es Inhaber einer Konzession betreffend einen anderen Beruf der Gesundheitspflege, sei es ein Inhaber einer Konzession für einen Betrieb der Gesundheitspflege, sprich ein Spital, so eine Anstellung mehr vornehmen dürfte. Kurz gesagt, ich glaube, wenn man dieses bisher herrschende System im Sanitätsgesetz, wonach der Arzt grundsätzlich alles darf und daher unter seiner Verantwortung auch alle anderen Nebentherapietätigkeiten - um sie mal so etwas ungenügend zu charakterisieren - ausgeübt werden können, wenn man das überprüfen will allenfalls mit der Zielrichtung, die die Regierung hat - unerwünschte Nebentätigkeiten in Arztpraxen zu verhindern - dann muss man meiner Meinung nach eine viel umfassendere Revision des Sanitätsgesetzes in Angriff nehmen. Man muss sich dann überlegen, ob es nicht als Grundlage für so eine Gesetzesänderung notwendig ist, die ärztliche Behandlungsbefugnis je nach Ausbildungsstand zu beschränken. Zum Beispiel - jetzt nur aus dem Handgelenk gesagt - zu sagen, Berufsausübungen, Heilbehandlungstätigkeiten z.B. eines Physiotherapeuten, eines Psychotherapeuten, eines Chiropraktikers, dürfen von einem Arzt nur kraft seiner Arztkonzession nicht ausgeübt werden und dementsprechend darf er auch nicht als verantwortliche Anleitungsperson solche Fachkräfte beschäftigen. Wenn man das erreichen will, muss man meiner Meinung nach in dieser Richtung eine umfassende Revision des Sanitätsgesetzes in Angriff nehmen. Ich will mich gar nicht grundsätzlich gegen eine solche stellen, aber auf diese Art und Weise, wie es hier im Schnellverfahren - um das einmal so zu sagen - versucht wird, geht es meiner Meinung nach nicht. Ich glaube auch nicht, dass die Existenz und die gleichzeitige Verabschiedung dieser Vorlage 3 mit den anderen beiden Regierungsvorlagen eine Art "conditio sine qua non" für diese Gesundheitsreform ist, und glaube daher, dass es notwendig ist, dass die Regierung diese Vorlage noch einmal grundlegend überarbeitet. Ich beantrage daher, die Vorlage 3 an die Regierung zurückzuweisen.

Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren. Gestatten Sie mir einige Vorbemerkungen, bevor ich auf Ihre Voten im Einzelnen eingehe. Ich kann mich dabei relativ kurz fassen, zum einen, weil Eintreten unbestritten scheint und zum andern, weil das Thema "Krankenversicherungsgesetz", Gesundheitswesen allgemein, seit Monaten sehr intensiv diskutiert wird in Liechtenstein. Das ist das Verdienst der Krankenkassen-Initiative. Im Übrigen sind wir sehr erleichtert seitens der Regierung, dass diese Initiative abgelehnt worden ist - und zwar sehr klar - von den Stimmberechtigten. Die notwendige Reform wäre zweifellos sehr erschwert worden im andern Fall. Jetzt ist der Weg frei für die Reform und wir hoffen, dass wir sie zügig durchziehen können. Uns war sehr wichtig, dass wir eine breite Abstützung unserer Arbeiten erhalten, wir können eine Gesundheitsreform, wie es der Abg. Oswald Kranz richtig bemerkt hat, nur schaffen, erfolgreich hinkriegen, wenn die wichtigen Mitspieler an Bord sind, und wir haben uns deshalb bemüht, das können Sie auf S. 15 des Bericht und Antrages nachlesen, möglichst alle involvierten Verbände, Kreise, Personen einzubeziehen, zuvorderst natürlich Ärzteverein und Krankenkassenverband. Die Versicherten sind in Liechtenstein nicht organisiert, es gibt keine Patientenorganisation in Liechtenstein. Es ist die noble Aufgabe der Behörden und der Regierung, zuvorderst diese Interessen wahrzunehmen, und ich glaube, das haben wir auch gemacht. Wir schlagen Ihnen keine Reform vor, die einseitig die Interessen der Kassen, die ja nicht gewinnorientiert arbeiten im Übrigen, im Bereich der hier interessierenden Grundversicherung oder der Leistungserbringer berücksichtigen. Die Notwendigkeit der Reform ist bei allen politischen Parteien unbestritten und bei den allermeisten Verbänden, nicht ganz bei allen, aber bei den allermeisten. Die Schwierigkeit der Aufgabe ist auch klar, der Abg. Johannes Matt hat ja einige Ausführungen gemacht, die ich im Wesentlichen unterstützen kann. Die exponentiell anwachsenden Behandlungsmöglichkeiten, der enorme technische Fortschritt im Bereich der Medizin wird uns die kommenden Jahre noch grosses Kopfzerbrechen bereiten. Die Tatsache, dass die Leute immer älter werden ist eine erfreuliche Tatsache, allerdings kostet sie auch viel Geld. Auch das liegt auf der Hand. Kernpunkt der Vorlage sind das Hausarztsystem und die Kostenbeteiligung. Wir glauben, dass wir hier eine grundsätzlich stimmige Lösung vorlegen können. Selbstverständlich muss man über Details noch sprechen und ich gehe auch davon aus, dass wir bis zur 2. Lesung zum Hausarztsystem noch mehr Substanz liefern können. Es herrscht allerdings bei den Beteiligten, seien das der Ärzteverein, seien das die Krankenkassen, Einigkeit darüber, dass man nicht alle Details des Hausarztsystems im Gesetz regeln kann. Das ist im Wesen des Hausarztsystems, dass sehr viele Fragen, nämlich alle Detailfragen, in einer entsprechenden Hausarztvereinbarung geregelt werden müssen. Wir müssen auch gewisse Erfahrungen sammeln, es muss ein flexibles System sei, und mindestens bei den genannten Beteiligten besteht darüber Einigkeit, sodass ich nicht davon ausgehe, dass gerade von Seiten der Ärzte jetzt vehement verlangt wird, dass man alles im Gesetz regeln muss, weil, wenn wir mit den Ärzten in Workshops zusammen sitzen, dann tönt es nämlich genau umgekehrt.Die Grundphilosophie ist klar, wir wollen alle Beteiligten stärker in die Verantwortung nehmen, das sagen wir nicht nur, das meinen wir auch so. Das ist nicht nur der Staat, das sind die Leistungserbringer, das sind die Versicherten und die Krankenkassen. Wir wollen ökonomisch vernünftige Anreize setzen, das heutige System ist nicht in jeder Hinsicht ökonomisch überzeugend, und wir wollen eine sozialere Ausgestaltung. Nicht dass das heutige System unsozial wäre, der Staat gibt sehr viele Mittel für eine soziale Krankenversicherung aus, aber wir müssen sie zielgerichteter einsetzen. Der Abg. Peter Sprenger ist darauf eingegangen, die Vorschläge, die er ausgearbeitet hat, sind in Zusammenarbeit mit der Regierung, natürlich naturgemäss vor allem mit dem zuständigen Ressortinhaber, entstanden. Wir haben selbstverständlich, bevor wir diese Vorlage ausgearbeitet haben, Alternativen geprüft. Wir haben die Frage einer Einheitskasse geprüft, die heute von der Freien Liste sehr klar postuliert worden ist. Eine Einheitskasse hat Vor- und Nachteile. Die Lösung einer Einheitskasse ist nicht klar von der Hand zu weisen. Sie hat Vorteile, die tatsächlich attraktiv sind, sie sind im Wesentlichen genannt worden. Sie hat aber auch Nachteile. Sie hat einen Nachteil, nämlich dass der Weg einer Einheitskasse unumkehrbar sein dürfte. Wenn wir uns für eine Einheitskasse entscheiden, werden wir Schwierigkeiten haben, wenn wir merken, dass wir das Ziel nicht erreichen auf diesem Weg, in fünf Jahren zu sagen: Ja, jetzt sollen die Krankenkassen halt wieder kommen und wieder ihre Geschäfte auf die Grundversicherung ausdehnen. Wir gehen davon aus: Wenn wir uns für eine Einheitskasse entscheiden sollten dereinst, dann wird das für mindestens mittelfristig ein Weg sein, der dann zu gehen ist. Wir denken, es ist richtig, wenn wir dem Wettbewerb eine Chance geben, wenn wir versuchen, auf diesem Weg die Probleme zu lösen. Das ist eine fast ideologische Frage, man kann da mit Fug unterschiedlicher Auffassung sein. Ich möchte die Einheitskasse überhaupt nicht verteufeln, wir haben uns ernsthaft damit auseinandergesetzt. Wir glauben aber, dass zum jetzigen Zeitpunkt es der Mühe wert ist, mit wettbewerbsorientierten Lösungsansätzen, mit einem Hausarztmodell, mit mehr Wettbewerb zwischen den Krankenkassen, das Problem adäquat in den Griff zu bekommen. System einer einkommensabhängigen Prämie, das sehen Sie in Bericht und Antrag, auch damit haben wir uns befasst. Das bedingt den Umbau des Systems und führt zu einer Einheitskasse. Aus diesen Gründen haben wir in dieser Reform davon Abstand genommen, wobei die Regierung durchaus Sympathien für die Idee einer einkommensabhängigen Prämie hat, das möchte ich nicht verhehlen. Die individuelle Prämienverbilligung, wie sie vom Fraktionssprecher der Vaterländischen Union in den Grundzügen vorgeschlagen worden ist, führt zu einer gerechteren Finanzierung. Sie ist eine wichtige Ergänzung, zu der die Regierung - wie gesagt - klar stehen kann, die wir einbauen möchten. Wir möchten bis zur 2. Lesung hier eine klare gesetzliche Regelung im Gesetz vorsehen. Ich gehe davon aus, dass diese Regelung als Artikel 24 Bst. b dann aufscheinen kann.Ein paar Bemerkungen zum Hausarztsystem. Es wurde gesagt und erkannt, es ist eine Option. Wir zwingen niemand ins Hausarztsystem. Viele Leute reagieren noch, "noch" skeptisch auf das Hausarztsystem - hier ist Überzeugungsarbeit zu leisten - und viele Leute lehnen das Hausarztsystem noch ab, weil sie sagen, ich möchte diesen Zwang nicht. Hingegen muss man klar kommunizieren: Es gibt keinen Zwang. Wer das Hausarztsystem will, der kann von seiner Krankenkasse dieses Versicherungsmodell in Anspruch nehmen, aber niemand wird gezwungen. Wir setzen natürlich Anreize, das ist ja auch sinnvoll, aber die freie Arztwahl bleibt uneingeschränkt gewahrt. Wir müssen das Rad auch nicht neu erfinden beim Hausarztmodell. Es wurde gesagt, neueste Untersuchungen belegen, es gibt solche Modelle, die sehr gut funktionieren mit beträchtlichem Einsparungspotential, 20 bis 30%. Wir gehen hier von einem Einsparungspotential von 15% aus. 5% "verlieren" wir, weil wir privilegierte Kostenbeteiligungssätze haben, sodass man dann netto 10% mindestens an die Patienten in Form von tieferen Krankenkassenprämien zurückgeben oder weitergeben kann. Ich bin überzeugt, ohne "managed care" werden wir die Probleme im Gesundheitswesen nicht lösen können. Das hat nicht nur die neue Regierung in Berlin erkannt, sondern das haben auch wir, vielleicht ein paar Monate vorher, auch gemerkt. Wir sind sicher auf dem richtigen Weg mit "managed care". Das Hausarztsystem kann auch begrenzende Wirkung haben, je nach Ausgestaltung. Bezüglich des Zuzugs auswärtiger Ärzte, darüber werden wir bei Art. 18a sicher im Detail noch sprechen. Es gibt je nach Philosophie, je nach Ziel, das man vor den Augen hat, hier unterschiedliche Regelungsmöglichkeiten, und wir werden bei dieser zitierten Bestimmung da im Detail sicher darüber diskutieren. Wichtig ist mir, eine Aussage des Abg. Marco Ospelt, ich möchte nicht sagen "richtig zu stellen", sondern vielleicht zu ergänzen. Er hat das Hausarztsystem erwähnt als ein System, das sich an die Versicherten richtet, dass das ein Angebot an die Versicherten sei oder auch eine Verpflichtung. Es ist sehr wichtig, dass man das Hausarztsystem auch und nicht zuletzt als Aufgabe und Herausforderung für die Leistungserbringer und die Krankenkassen versteht. Das Hausarztsystem ist nicht etwas, was nur die Versicherten angeht, sondern, ganz wesentlich lebt es davon, dass die Ärzte und die Krankenkassen sich zusammensetzen und gemeinsam die bestehenden Probleme regeln. Das ist eigentlich der innere Kern des Hausarztsystems, von dem werden die Konsumenten und Konsumentinnen nicht viel spüren, aber wenn ich an die Qualitätszirkel denke, die wir aufbauen, an die besondere Paritätische Kommission, die es geben wird, dort wird intensiv gearbeitet und gestritten werden müssen in bestem konsultativem Sinne, damit diese Kosteneinsparungen auch realisiert werden können. Das Hausarztsystem nimmt die Leistungserbringer und die Krankenkassen auf ganz besondere Weise in die Pflicht. Dann zur Kostenbeteiligung. Es wurde von einem Abgeordneten die Auffassung vertreten, das sei unsozial - oder von mehreren Abgeordneten - es sei gerade für Rentner unsozial. Dem möchte ich klar widersprechen: Im Hausarztsystem zahlt der Rentner keinerlei Kostenbeteiligung und derselbe Abgeordnete hat in anderem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass gerade für Rentner ein Hausarztsystem kein Problem sei, weil er quasi das in der Regel gewohnt ist, weil sehr viele ältere Menschen naturgemäss vernünftigerweise, weil sie es so gewohnt sind, zunächst ihren vertrauten Arzt, den Hausarzt, aufsuchen, sodass ich davon ausgehe, dass gerade ältere Menschen am wenigstens Probleme mit einem Hausarztsystem haben unter der Voraussetzung, dass sie über einen Arzt verfügen, zu dem sie das notwendige Vertrauen haben. Damit steht und fällt nämlich ein Hausarztmodell. Jene Versicherten, die einen solchen Arzt haben, das ist eine persönliche, subjektive Angelegenheit zwischen Patient und Arzt, die werden sich - davon gehe ich aus - relativ problemlos für das Hausarztsystem entscheiden können. Die Kostenbeteiligung ist kein Verstoss gegen die Solidargemeinschaft, überhaupt nicht. Ich möchte im Gegenteil behaupten: Heute, nach dem heutigen System, wird die Solidarität überstrapaziert. Heute können Sie mit einer wirklich geringfügigen Kostenbeteiligung "doctor shopping" betreiben, das passiert , Herr Abg. Johannes Matt, in sehr viel grösserem Ausmass, als Sie es sich vielleicht bewusst sind. Sprechen Sie mit Ärzten, die diese Erfahrungen haben. Es kommt immer wieder vor, dass Versicherte mit dem gleichen Leiden bei einer grösseren Zahl von Ärzten gleichzeitig in Behandlung sind, ohne dass diese Ärzte voneinander wissen. Das führt zu einer Überversorgung, das ist nicht geschickt, wenn solche Leute dauernd geröngt und therapiert werden mit Medikamenten, und die Leistungserbringer wissen das nicht einmal. Da ist wirklich Handlungsbedarf gegeben. Ich denke, dass die Kostenbeteiligung zu einem fairen Ausgleich führt zwischen Eigenverantwortung und Solidarität. Die Solidarität geben wir ja nicht auf. Diese Kostenbeteiligung ist ja nach oben begrenzt. Im Hausarztsystem gibt es wirklich attraktive Formen für eine Reduktion der Kostenbeteiligung oder sogar dafür, dass man überhaupt keine bezahlen muss, nämlich für Jugendliche und Seniorinnen und Senioren. Vielleicht noch eine Überlegung: Wir sagen, wir müssen die Verantwortung stärken, da sind alle dafür, nur "man kann den Bären nicht waschen, ohne das Fell nass zu machen". Wir können nicht von Verantwortung sprechen und wenn es dann gilt - politisch auch - etwas vielleicht nicht so Bequemes und Populäres zu vertreten, dann kneifen, und dann sagen: Nein, das sollen die anderen vorschlagen. Ich bin wirklich überzeugt, dass wir das den Versicherten zumuten müssen. Das ist vielleicht nicht eine sehr populäre Botschaft, aber ich denke, gerade wenn ich an den Ausgang der Krankenkasseninitiative denke, dass die Leute schon verstanden haben, dass es gewisse Einschränkungen auch braucht. Ich bin überzeugt, dass man das unserer Bevölkerung erklären kann und dass sehr viele Leute schon verstehen, dass auch sie selber einen Beitrag leisten müssen, wenn wir die Kosten einigermassen in den Griff bekommen wollen. Dann noch zu ein paar konkreten Ausführungen und Fragen von Ihrer Seite, Herr Abg. Marco Ospelt: Ich komme Ihnen vor wie ein Schüler, der schlecht vorbereitet in den Unterricht geht. Nehmen Sie mir es nicht übel, manchmal kommen Sie mir vor wie ein Oberlehrer. Zum Glück sind Sie nicht meiner, dann ist das nicht so schlimm. Aber dieses Bild können wir vielleicht in Erinnerung behalten. Sie haben sehr viel ausgeführt. Einiges davon war inhaltlich meines Erachtens nicht richtig. Ich gehe nicht auf alles ein, wir werden in der Stellungnahme für die 2. Lesung auf Punkte, in denen wir unterschiedliche Auffassungen haben, eingehen. Ein paar Sachen möchte ich heute doch ansprechen. Sie haben Forderungen erwähnt, Forderungen erhoben, die sich im Wesentlichen decken mit dem Inhalt Ihrer Volksinitiative. Da muss ich Sie schon daran erinnern: Es hat Ende Januar eine Volksabstimmung stattgefunden. Das ist Ihnen nicht verborgen geblieben. Ich verstehe nicht, wie Sie heute Inhalte Ihrer Initiative völlig unbeirrt als politische Forderungen auf den Tisch legen können. Das verstehe ich nicht. Da habe ich es doch eher mit dem Abg. Rudolf Lampert, der gesagt hat: Entscheidungen des Volkes soll man akzeptieren. Ich möchte auch Sie bitten, dass Sie das klare Ergebnis der Volksabstimmung zur Kenntnis nehmen.Dann haben Sie ausgeführt: Der Kostenvergleich Liechtenstein - Schweiz berücksichtige nicht die strukturellen Unterschiede. Auch das ist nicht richtig. Wenn Sie im Bericht und Antrag 151/1998, das ist ja der Bericht, der jetzt zur Diskussion steht, auf Seite 10 nachschauen, dann werden Sie sehen, dass wir sehr wohl differenziert haben und versucht haben, die Birnen so zu beschreiben, dass man sie mit den Äpfeln vergleichen kann. Natürlich sind die Systeme nicht gleich, aber die Interpellation hat ja verlangt, dass wir die Posten vergleichen, also mussten wir diesen Versuch unternehmen. Ich denke, es wird niemand ernsthaft behaupten, dass bei uns die Kosten des Gesundheitswesens tiefer sind als in der Schweiz, das würde mich doch überraschen. Dann haben Sie ausgeführt, dass ein Leistungskatalog fehle. Im Art. 13 des Gesetzesentwurfes ist erstmals ein solcher Leistungskatalog auf gesetzlicher Ebene verankert, in den Grundzügen festgelegt. Die Details müssen natürlich mit Verordnung geregelt werden, weil es da ja auch Veränderungen gibt. Art. 13 geht übrigens auf eine Anregung von Ihnen in einem Workshop zurück, den wir gemeinsam erlebt haben. Wir haben das gerne aufgenommen, weil wir uns gerne überzeugen liessen, dass gerade mit Blick auf das Hausarztsystem so ein Leistungskatalog notwendig ist. Also bitte, schauen Sie in Art. 13 nach. Der Verwaltungsaufwand für die Krankenkassen: Das Hausarztsystem bedingt sicher einen gewissen Verwaltungsaufwand, vor allem am Anfang. Ich möchte nicht behaupten, dass der grösser ist, als wenn Ihre Initiative angenommen worden wäre, aber er besteht natürlich. Ich denke, die Krankenkassen werden damit fertig werden müssen. Ohne dass mehr gearbeitet wird im Bereich des Krankenversicherungswesens, können wir die Kosten nicht in den Griff bekommen.Eine Begrenzung der staatlichen Beiträge: Das hat mich etwas überrascht, dass von Ihrer Seite dieser doch recht radikale Vorschlag kommt. Vom Abg. Egon Matt war ich eher darauf vorbereitet, aber von Ihnen hat er mich doch etwas überrascht. Das ist ein sehr radikaler Vorschlag. Das würde ja bedeuten, dass man medizinische Leistungen begrenzen muss. Da halte ich an sich nichts davon. Ich glaube, dass wir uns in Liechtenstein eine gute medizinische Versorgung der Bevölkerung leisten können und müssen. Wir müssen nur das System optimieren. Dann sind Sie sehr ausführlich auf unser Prämienverbilligungssystem eingegangen, das freut mich. Da werden wir bis zur 2. Lesung sicher mehr dazu sagen können. Der Abg. Egon Matt hat den Ärztetarif angesprochen: Sie haben den "GRAT" erwähnt, den neuen schweizerischen Tarif. Ich habe das natürlich mit unseren Experten auch besprochen. Ich habe diesen auch gesagt, so etwas müssen wir uns auch überlegen. Die haben dann lächelnd gesagt, ja, das habt ihr zu einem schönen Teil schon. Der liechtensteinische Ärztetarif geht zu einem schönen Teil in diese Richtung, wie der "GRAT" jetzt in der Schweiz geht, indem nämlich vor einiger Zeit gerade die nicht-technischen Dienstleistungen stärker gewichtet worden sind, indem das Gespräch, die persönliche Betreuung aufgewertet worden ist, und das ist das, was man bei "GRAT" jetzt quasi autonom nachvollzieht auf Seiten der Schweiz. Wir werden selbstverständlich schauen, ich meine, der Ärztetarif ist ja auch eine Überprüfung. Aber es ist nicht so, dass wir uns da Wunder erwarten dürfen, sondern wir haben da einen schönen Teil der Hausaufgaben bereits vor einigen Jahren gemacht. Wir schauen, ob wir auch hier noch eine sinnvolle Optimierungsmöglichkeit haben. Gesundheitspass: Das haben wir diskutiert, das Hausarztsystem geht einfach sehr viel weiter. Ich denke, dass wir uns auf das Hausarztsystem konzentrieren sollten. Vielleicht wäre das eine gute Idee für die Versicherten ausserhalb des Hausarztsystems so etwas vorzusehen, das wäre eine gute Möglichkeit für die Krankenkassen, so etwas anzubieten. Sie haben mit Recht, Herr Abg. Egon Matt, die stationäre Versorgung angesprochen. Wir arbeiten daran, an der Kostenstruktur in diesem Bereich. Es ist nicht ganz einfach, weil wir eine Vielheit von Gesprächspartnern haben. Es ist nicht so wie im Kanton St. Gallen, wo das Gesundheitsdepartement die Marschrichtung bekannt gibt für die Kantonalen Spitäler, auch das ist ja nicht ganz einfach wie man weiss. Sondern wir haben das Spital Vaduz, wir haben Vertragsspitäler im Kanton St. Gallen, dann haben wir den Kanton Graubünden als Gesprächspartner und das Bundesland Vorarlberg. Dann haben wir noch Spitäler, mit denen wir noch keine Verträge haben, z.B. Universitätsklinik Zürich. Es ist natürlich nicht einfach, wenn man eine so grosse Vielzahl von Vertragspartnern hat, hat man auch eine entsprechend kleine Verhandlungsmacht. Es ist nicht einfach, mit diesen in dieser Situation schnell zu greifbaren Resultaten zu kommen. Aber wir haben eine Gruppe gebildet aus internen und externen Fachleuten, die sich gezielt nur mit der Frage der Spitalvereinbarungen befasst. Auch da werden wir zu Resultaten kommen. Das läuft parallel zur Revision des KVG.Wir hätten uns "das Mäntelchen der Freien Liste umgelegt", Herr Abg. Egon Matt. Nicht ganz, möchte ich meinen, wir haben doch substantielle Unterschiede entwickelt zu Ihren recht pauschalen Vorstellungen, die Sie hatten. Ich erinnere daran, dass wir eine Prämienverbilligung im Hausarztmodell vorsehen. Das ist eine kreative Schöpfung, die mit Ihren "Mänteln" nichts zu tun hat. Ich gebe aber gerne zu, dass Sie Ihren Beitrag geleistet haben die letzten Monate in diesem Bereich, und so sind wir halt von der VU, wir sind lernfähig und flexibel. Dann, Herr Abg. Rudolf Lampert, die FBPL habe den Stein ins Rollen gebracht. Ich bin nicht sicher, was für einen Stein Sie meinen. Aber wenn Sie wissen wollen, wie es wirklich war, dann lesen Sie es im Bericht und Antrag der Regierung nach. Die Arbeiten zur Reform des Gesundheitswesens und insbesondere zur Reform dieses Gesetzes laufen seit 1997 auf Hochtouren. Da wussten nicht einmal Sie, dass Sie planen, einen Initiative zu machen. Richtig ist, das habe ich am Anfang gesagt, dass Ihre Initiative dazu beigetragen hat, dass das Thema des Gesundheitswesens fokussiert worden ist. Die öffentliche Aufmerksamkeit ist auf dieses Thema gelenkt worden, dieses Verdienst können Sie gerne beanspruchen. Aber im Übrigen ist es nicht richtig, wenn Sie so tun, als ob die Gesundheitsreform nur geschehen würde, weil Sie eine Initiative gemacht haben, das wäre nicht fair. Dann haben Sie die Grenzgängerthematik angesprochen: Ich kann Sie beruhigen. Es gab mehrere gute Gründe, die Initiative abzulehnen, nicht nur die Frage der Grenzgänger. Wir haben immer zwei Sachen gesagt: Erstens haben wir gesagt, dass die Grenzgänger nach geltendem Recht einen Anspruch haben, sich in Liechtenstein zu versichern und dass man zweitens, wenn man Anreize schafft, wenn man das System verbessert, dass man das im Auge haben muss. Es ist ein Unterschied, ob man 4,5 Mio. oder 4,6 Mio. Franken ausgibt, wie wir es vorschlagen für die Prämienbefreiung von Kindern, mit diesem familienpolitischen Ansatz, oder ob man 18 Mio. Franken ausgibt. Übrigens, waren Sie jene, die die Kostenschätzungen sukzessive nach oben korrigiert haben.Dann etwas polemisch, Herr Abg. Rudolf Lampert, Ihre Forderung, die Vorlage zurückzuziehen: Wir haben das Ergebnis der Volksabstimmung nicht als Auftrag aufgefasst, unsere Vorlage zurückzuziehen. zurückzuziehen. Ich gehe nicht so weit und sage, das Volk hat damit Ja gesagt zur Gesundheitsreform, das wäre auch nicht korrekt. Aber eine indirekte Bestätigung für die Grundrichtung darf man, glaube ich, schon herauslesen aus dem, schliesslich haben wir Anfang Januar in alle Haushalte eine Broschüre - die Ihnen auch bekannt ist - verschickt, wo wir die Grundzüge der Reform auf den Tisch gelegt haben. Wir wollten die Leute in Kenntnis dessen, was die Alternative ist zu Ihrer Initiative, abstimmen lassen. Ich denke schon, dass es richtig ist, wenn wir da eine gewisse Bestätigung für unsere Vorlage herauslesen, ohne dass wir es übertreiben und da praktisch einen "Persilschein" beanspruchen. Das möchte ich gar nicht machen. Und Rückzug der Vorlage: Nachdem niemand Eintreten abgelehnt hat, alle drei Parteien für Eintreten sind, wäre das doch eine etwas unkonventionelle Art der Erledigung des Geschäftes. Schliesslich zur Frage der Kostenentwicklung: Herr Abg. Hoch. Sie haben ausgeführt, Sie erwarten eine Stabilisierung der Kostensteigerung. Ich nehme an, Sie meinen nicht, dass wir jedes Jahr 10% Kostensteigerung haben sollen, sondern, wenn ich Sie richtig interpretiere - ja, vielleicht müssen Sie nachher selber sagen, wie Sie es gemeint haben. Das ist eben genau der springende Punkt. Sie haben wörtlich gesagt - ich hoffe, ich habe es richtig notiert -, dass Sie eine Stabilisierung der Kostensteigerung sich erwarten. Das kann es ja nicht sein, Sie haben das sicher anders gemeint. Vielleicht meinen Sie generell eine Stabilisierung der Kosten. Aber das kann es ja eigentlich auch nicht sein, weil man nicht ernsthaft heute behaupten kann, man könne ein Gesundheitswesen ohne massiven Abbau von Leistungen so reformieren, dass die Kosten nicht mehr steigen würden. Ich glaube nicht, dass jemand im Saal die Stirn hätte zu behaupten, er wüsste, wenn er nur auf meinem Sessel sässe, wie man die Kosten plafoniert im Gesundheitswesen, ohne massiv Leistungen zu beschränken. Da sprechen zwei Sachen dagegen: Erstens der enorme technische Fortschritt, der die Bedürfnisse nach teueren Behandlungen exponentiell ansteigen lässt und zweitens die erwähnte Tatsache, dass die Leute immer älter werden. Mich würde nur interessieren, was Ihre Erwartungen denn eigentlich im finanziellen Bereich sind. Wir haben in diesem Punkt, glaube ich, sehr ehrlich, im Bericht, aber auch in der erwähnten Broschüre an alle Haushalte sehr klar gemacht, Sie sehen das auf Seite 96 des Berichts in dieser Graphik, dass wir nicht den Anspruch erheben können, dass wir in den kommenden Jahren sinkende Kosten im Gesundheitswesen haben. Das kann niemand behaupten; ich glaube nicht, dass das ein verantwortungsvoller Politiker machen könnte. Wir haben nur die Wahl zwischen verschiedenen Varianten der Kostenentwicklung. Aber es wird eine Kostensteigerung auch in Zukunft geben. Wir wollen schliesslich profitieren vom medizinischen Fortschritt. Der darf auch etwas kosten, der muss etwas kosten, sonst gibt es keinen Fortschritt mehr. Aber wir wollen eine moderate Kostensteigerung, und hier verweise ich auf die Ausführungen in dem erwähnten Abschnitt des Berichts. Dämpfung der Kosten ist ein realistisches Ziel und die Graphik auf Seite 96 versucht das hinüberzubringen. Dann hat die Abg. Ingrid Hassler als Vorsitzende der Finanzkommission gesprochen und einige Anregungen im Übrigen gemacht. Ich finde diese Anregungen für sehr bedenkenswert und wir werden das gerne überprüfen, die verschiedenen Punkte, die Sie angesprochen haben. Auch das Thema der nichterwerbstätigen Personen, die Familienarbeit leisten. Es wird nicht einfach sein, eine Lösung zu finden im Bereich der Krankenversicherung. Wir werden überprüfen, wie es heute in der Realität aussieht bezüglich Leistungen der Familienhilfen. Ich weiss, dass dort sehr weitreichende Leistungen angeboten werden. Wir werden klären, ob es hier Lücken gibt, die gefüllt werden müssen und gefüllt werden können. Schliesslich hat der Herr Landtagspräsident nach seinem anfänglichen Kompliment - was ja selten vorkommt, dass wir Lob erhalten von dieser Seite - ich möchte sagen, sicher nicht zu Unrecht, auf Schwächen der Formulierung in der 3. Vorlage hingewiesen. Wir haben einen ökonomischen Ansatz gehabt. Wir haben auf Grund der Analyse der Zahlen festgestellt, und hier verlasse ich mich darauf, dass diese Analysen der Fachstellen stimmen, dass Praxen mit angeschlossener Physiotherapie weit höhere Kosten generieren als Arztpraxen, die über keine eigene Physiotherapie verfügen, sondern die Patienten überweisen müssen. In dieser Situation haben wir einen Handlungsbedarf gesehen, zumal auch der Ärzteverein - das hat mich gefreut - sehr klar auf den Handlungsbedarf hingewiesen hat und gesagt hat, wir müssen im Bereich der Physiotherapie etwas tun. Ich möchte aber auch nicht verschweigen, dass der Ärzteverein eine Lösung in seiner Eingabe favorisiert hat, die in eine ähnliche Richtung geht, wie sie der Herr Landtagspräsident angedeutet hat oder vorgeschlagen hat, dass man nämlich sich überlegen muss, für welche Leistungserbringer die Beschäftigung welchen Personals sinnvoll ist. Es geht nicht nur um die Physiotherapie, es geht z.B. auch um die Psychotherapie. Wir hatten bereits in der Sanitätskommission Anträge von Ärzten, Psychotherapeuten zu beschäftigen. Und wenn man sich vorstellt, was daraus werden könnte von der Kostenseite her. Von der Versorgung der Patienten her mag das sehr sinnvoll sein, dass, wenn man Rückenschmerzen hat, zuerst zum Arzt geht, dann vielleicht zum Physiotherapeuten, dann vielleicht zum Psychotherapeuten, wenn es nicht hilft, dann vielleicht wieder zum Arzt. Solche Kreisel sollten wir natürlich nicht bekommen, vor allem nicht, wenn immer der Gleiche zuweist. Das ist ökonomisch nicht überzeugend. Uns geht es darum, dass wir Sorgen haben, dass wir Strukturen vermehrt bekommen, die die Kosten noch weiter ansteigen lassen. Wir wollen keine bösartigen Schnellschüsse, sondern wir wollen dieses Problem lösen, und wir werden im Sinne der Forderungen des Landtagspräsidenten überlegen, ob wir nicht eine solche Lösung im Rahmen des Sanitätsgesetzes finden können, wie er sie angesprochen hat. Eine Lösung, die allerdings sehr viel weiter geht als das, was wir vorgeschlagen haben, das muss uns bewusst sein.Damit habe ich meine "kurzen Ausführungen" beendet und ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

Landtagspräsident Peter Wolff:

Bevor die Abgeordneten Gelegenheit haben dazu - soweit es gewünscht wird - im Rahmen der Eintretensdebatte nochmals Stellung zu nehmen, machen wir eine 15-minütige Kaffeepause.

DIE SITZUNG IST UNTERBROCHEN

-ooOoo-