REVISION DES KRANKENVERSICHERUNGSGESETZES (EINSCHLIESSLICH ABÄNDERUNG DES ARBEITSLOSENVERSICHERUNGSGESETZES UND DES SANITÄTSGESETZES) (NR. 151/1998) 1. LESUNG [FORTSETZUNG]
Landtagspräsident Peter Wolff:
Meine Damen und Herren. Wir setzen die Beratung von Traktandum 30 - Revision des Krankenversicherungsgesetzes und zweier weiterer dazugehörigen Vorlagen - fort. Das Wort hat der Abg. Marco Ospelt.
Abg. Marco Ospelt:
Zunächst eine Bemerkung vorweg an den Herrn Regierungschef-Stellvertreter. Es ist ein Charakteristikum des Lehrers, dass er an den Arbeiten des Schülers herumflickt. Und es ist ein Charakteristikum des Oppositionspolitikers, dass er an den Arbeiten der Regierung herumflickt. Damit begrenzt sich aber die Parallele. Nicht, dass ich etwas gegen Lehrer hätte, aber ich bin bewusst nicht Lehrer. Aber ich möchte schon an den Vorlagen der Regierung herumflicken können. Nun, zu einigen Aussagen, die Sie gemacht haben hier und die ich gerne kommentieren möchte, die sich auf meine Einwände zum Teil beziehen. Sie sagten, das Hausarztsystem kann nicht in allen Einzelheiten im Gesetz definiert werden. Damit bin ich einverstanden. Natürlich kann dieses Hausarztsystem nicht in allen Einzelheiten im Gesetz festgelegt werden. Trotzdem wäre es für die Abgeordneten - und im Übrigen auch für die Bevölkerung, um beurteilen zu können, was dieses Hausarztsystem denn bedeuten könnte, wäre es wichtig, diese Regelungen zu kennen, wenigstens der Art nach zu kennen. Ich kenne sie natürlich, so wie sie in der Schweiz zum Beispiel angewendet werden. Ich bin mir nicht ganz sicher, inwiefern wir oder wie weit wir uns diesen Regelungen, wie sie in der Schweiz gelten, anlehnen werden. Einzelne dort sind mir sehr sympathisch, andere wieder weniger. Und es käme schon darauf an, zu wissen in etwa, wie denn die Regelungen hier in Liechtenstein aussehen werden. Ich habe ausgeführt, dass ich an sich ein Befürworter des Hausarztsystems bin, eines Hausarztmodells bin, dass ich aber nicht berufen bin, mich hier dazu zu äussern, weil ich eben selber Hausarzt bin und mich als Hausarzt verstehe. Dann eine Anmerkung zu den einkommensabhängigen Prämien: An sich wäre ich ein Befürworter von einkommensabhängigen Prämien, aber eben von einkommensabhängigen Prämien, nicht von lohnabhängigen Prämien. Und ich wiederhole deshalb hier an diesem Orte noch einmal, dass ich unser Steuersystem, so wie es jetzt angewendet wird, nicht für sozial halte, weil es nicht das Einkommen besteuert, sondern den Lohnerwerb besteuert. Und wenn schon, dann müsste man das Pferd vom Zaum her aufzäumen, nicht vom Schwanz her, und müsste zunächst eine einkommensabhängige Besteuerung einführen, damit man dann eine einkommensabhängige Krankenkassenprämie einführen kann. Zur Kostenbeteiligung: Diese Kostenbeteiligung finde ich tatsächlich unsozial. Nein, diese Kostenbeteiligung, wie Sie sie hier in diesem Bericht und Antrag vorgesehen haben, finde ich nur ganz wenig unsozial, weil es nur eine ganz kleine Kostenbeteiligung ist. Und entsprechend klein ist eben dann auch die Wirkung dieser Kostenbeteiligung. Wir haben ja heute schon eine Kostenbeteiligung, nämlich diese Krankenscheingebühr, die ist noch ein bisschen kleiner als die Kostenbeteiligung, die Sie vorgesehen haben. Und von der haben Sie ja schon erfahren, dass sie überhaupt nichts bewirkt. So, wie Sie es jetzt vorsehen, mit diesen Abstufungen, mit diesen reduzierten Kostenbeteiligungen, z.B. im Hausarztsystem, wird halt die Wirkung sehr eingeschränkt sein. Im Prinzip muss man sagen, dass Kostenbeteiligungen, die wirksam sind, die tatsächlich zu einer Reduktion der Kosten, nicht der Prämien, führen, weil die Versicherten sich eher gehemmt fühlen, Kosten auszulösen, weil sie dann zu einem so hohen Mass an diesen Kosten beteiligt sind, also Kostenbeteiligungen, die tatsächlich wirksam sind, die hoch genug sind, um wirksam zu sein, dass diese Kostenbeteilungen sich dann auch wirklich ganz unsozial auswirken, sogar zu einer Zweiklassenmedizin führen. Dass hingegen ein Kostenbeteiligungssystem, das so klein ist, dass es sich nicht hemmend auswirkt, dass es nicht eine Zweiklassenmedizin auslöst, dann halt eben auch nicht wirksam ist. Ich berufe mich hier auf eine Arbeit zur Gesundheitsreform in Europa, das von der Weltgesundheitsorganisation vom Regionalbüro in Europa herausgegeben wurde, und das genau diese Ansicht eben bestätigt, das also die Gesundheitssysteme in Europa auf das hin untersucht hat und genau zu diesem Schluss gekommen ist. Dort, wo die Kostenbeteiligung hoch genug ist, dass sie zu einer Reduktion der Kosten führt, dort hat sie unsoziale Auswirkungen. Und dort, wo sie diese unsozialen Auswirkungen nicht hat, dort ist sie so klein, dass sie eben nicht kostendämpfend wirkt. Dann zu Ihrem Erstaunen darüber, dass ich unsere Forderungen, wie wir sie aufgestellt hatten bei der Initiative, dass ich diese Forderungen erwähne. Ich erwähne sie vor allem deshalb, weil Sie unsere familienpolitischen Forderung übernommen haben, indem Sie nämlich Kinder bis zum Alter von 16 Jahren von der Prämie befreien. Ich schreibe das unserer Initiative zugute und erwähne es deshalb hier. Die Familienarbeit, das haben Sie ja gemerkt, darauf bin ich auch nicht weiter eingegangen. Wir hatten auch gefordert, dass die Ziele klar definiert sein müssen. Und bei dieser Forderung bleibe ich jetzt. Obwohl ich die Volksabstimmung selbstverständlich akzeptiere, möchte ich trotzdem, dass Sie Ihre Ziele so definieren, dass man nachher auch überprüfen kann, ob diese Ziele erreicht werden.Dann zum Leistungskatalog: Sie führen an, dass in Art. 13 so ein Leistungskatalog angeführt sei. Es stimmt, allerdings steht dort, dass die Regierung per Vorordnung diesen Leistungskatalog festlegt, also sie erlässt nähere Vorschriften über die Voraussetzungen und den Umfang der Leistungen. Und Sie sagen ja, dass Sie daran sind, diesen Leistungskatalog zu erarbeiten. Ich finde, dass hier die Bevölkerung möglichst breit miteinbezogen sein sollte in irgendeiner Weise, das ist meine Meinung.Dann noch eine Frage zu diesen Physio-, Psycho-, usw. -Therapien: Hier, Herr Regierungschef-Stellvertreter, kommt zum Ausdruck, dass Ihnen die Fallkostenanalysen fehlen. Sie haben keine Information über die Fallkosten. Sie haben eine Information über die Kosten, die Ärzte verursachen in der Physiotherapie, je nachdem, ob sie eine Physiotherapie selber haben oder nicht. Ich gehöre zu denen, die eine solche Physiotherapie betreiben, bin also beteiligt. Trotzdem möchte ich anführen, dass zu einer fairen Beurteilung die Kenntnis der Fallkosten gehören. Ich möchte nicht wissen, ob ich mehr Physiotherapiekosten verursache, sondern, ob ich mehr Kosten verursache. Zu diesen Kosten gehören die Kosten der übrigen ärztlichen Behandlungen, also wenn ich weniger Spritzen und mehr Physiotherapie mache, verursache ich zwar auf der einen Seite Kosten, auf der anderen dafür nicht. Und dann möchte ich vor allem wissen, ob ich mehr Krankentage verursache zum Beispiel oder eben weniger. Also, ich möchte am Schluss wissen, ob es pro Fall teurer wird, wenn der Patient bei einem Arzt ist, der Physiotherapie betreibt oder eben nicht betreibt. Und genau auf diese Fallkosten sind Sie nicht eingegangen. Sie sind eingegangen in Ihrer Beantwortung der Interpellation auf die Kosten pro Versicherten, das ist eine Zahl, die überhaupt nichts aussagt. Sie müssen die Fallkosten kennen. Leider werden Sie die erst kennen, wenn Sie das Hausarztsystem wirklich einführen und dort Fallkosten kontrollieren. Erst dann werden Sie eine Aussage dazu machen können, ob Ärzte mit Physiotherapie tatsächlich teurer sind, eben mehr Kosten auslösen, als die andern.
Abg. Alois Beck:
Eine Frage von mir ist noch nicht beantwortet worden, nämlich diejenige nach der Zunahme der Zahl der Leistungserbringer sowohl im Zusammenhang mit dem EWR, aber auch im nationalen Kontext.
Abg. Gebhard Hoch:
Herr Vizeregierungschef. Sie haben mich falsch verstanden. Natürlich habe ich nicht gesagt, dass meine Erwartung eine Stabilisierung der Kostensteigerung sei. Ich habe mit Sicherheit gesagt, meine Erwartung war die Stabilisierung der Kosten. Aber das ist ja eigentlich völlig unmassgeblich, was meine Erwartung ist. Es interessiert, welche Vorstellungen die Regierung hat. Gemäss Ihren Aussagen ist die Regierung der Meinung, dass aufgrund des technologischen Fortschrittes eine Stabilisierung der Kosten nicht möglich sei. Sie haben sich überhaupt nicht geäussert auf meine Frage, welche finanziellen Auswirkungen diese Gesundheitsreform im Vergleich zum jetzigen System haben wird. Es interessiert, wieviel mehr pro Jahr - nach Ihren Ausführungen schliesse ich, dass nur eine Kostensteigerung möglich sein wird - wieviel diese Mehrkosten pro Jahr im Vergleich zum jetzigen System ausmachen. Ich nehme nicht an, dass aufgrund der unklaren Ausführungen auf den Seiten 90, 91 und 92, Sie jetzt in der Lage sein werden, einen Betrag zu beziffern. Ich habe Ihnen gesagt, ich will das ungefähr wissen. Ich habe gesagt, auf 2 - 3 Mio. Franken genau. Wenn Sie nicht in der Lage sind, heute eine Schätzung der Regierung zu nennen, dann möchte ich bitten, dies bis zur 2. Lesung zu tun. Auch nicht eingegangen sind Sie auf meine zweite Frage bezüglich der finanziellen Auswirkungen auf die privaten Haushalte. Ich habe darauf hingewiesen, dass in Punkt 8.4 auf den Seiten 93, 94 der Regierung ein Widerspruch festzustellen ist. Ich habe das vorgelesen; ich weiss nicht, haben Sie das noch in Erinnerung, oder soll ich es nochmals tun? Auf Seite 93, Punkt 8.4, der erste Satz lautet: "Die vorgeschlagene Revision bewirkt eine deutliche Verringerung der Prämienlast für die Versicherten im Vergleich zum geltenden Recht". Dann auf Seite 94, zweiter Absatz, heisst es: "Gesamthaft werden aber die Faktoren, welche zu einer Kostenerhöhung führen, stärker sein als jene, die die Kostenentwicklung bremsen können. Im Vergleich zum geltenden Recht darf aber doch festgestellt werden, dass dank der Gesetzesänderung der Kostenanstieg deutlich verlangsamt wird". Da gehen Sie von einem Kostenanstieg aus, währenddem Sie auf der Seite 93 von einer deutlichen Verringerung der Prämienlast für die Versicherten im Vergleich zum geltenden Recht sprechen.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren. Die Frage des Abg. Alois Beck habe ich insofern beantwortet, dass ich darauf hingewiesen habe, dass das Hausarztmodell begrenzende Wirkung haben kann, je nach Ausgestaltung. Ich habe Ihnen vorgeschlagen, dass wir dieses Thema bei Art. 18a diskutieren, denn dort werden wir im Detail darauf eingehen. Also, wenn Sie einverstanden sind, kommen wir bei Art. 18a auf diese Frage zurück.Dann, Herr Abg. Hoch, so unmassgeblich ist Ihre Meinung nicht. Sie sind immerhin Fraktionssprecher der grösseren der beiden Oppositionsparteien, und es ist schon wichtig festzuhalten, dass Sie der Auffassung sind, dass es möglich sei, die Kosten im Gesundheitswesen zu stabilisieren. Ich halte dies für eine völlig unrealistische Vorstellung. Übrigens hat Ihre Partei mehrfach, beispielsweise durch den Abg. Marco Ospelt, aber auch durch andere Exponenten, klargestellt, dass eine Kostendämpfung notwendig ist. Immer so verstanden, dass Kostensteigerungen, die aus der Tatsache des Immer-älter-Werdens der Bevölkerung resultieren und solche, die aus medizinischen Fortschritten resultieren, selbstverständlich hinzunehmen sind. Und insofern möchte ich einfach klar festhalten, dass Sie hier völlig unrealistische Erwartungen haben an eine Gesundheitsreform, wenn Sie sagen, die Kosten dürfen in den kommenden Jahren nicht mehr steigen. Es muss einfach bei diesen 25 Mio. Franken pro Jahr bleiben. Da machen Sie es sich schon viel zu einfach. Das ist nicht realistisch.Dann der scheinbare Widerspruch auf Seite 93. Man muss es so lesen, wie es gemeint ist. Ich gebe gerne zu, dass man es auch anders auslegen kann. Die Meinung ist, dass, wenn Sie die Prämienentwicklung nach dem heutigen System anschauen und eine Prognose für die kommenden Jahre stellen, und wenn Sie die Prämienentwicklung nach dem neu vorgeschlagenen Modell, insbesondere im Hausarztmodell, anschauen, dann bedeutet diese Reform eine deutliche Verringerung der Prämienlast. Aber das muss man dynamisch sehen, in der zeitlichen Entwicklung. Wir haben nie gesagt, dass wir es so weit bringen können, dass wir die kommenden Jahre von Jahr zu Jahr sinkende Krankenkassenprämien haben werden. Das ist nicht möglich. Das wäre unehrlich. Es ist eine relative Entlastung. Im Vergleich zum heutigen System können wir die Leute entlasten, weil die Kostensteigerungen sehr viel moderater ausfallen werden. Es ist sehr schwer, hier Zahlen anzugeben, aus verschiedenen Gründen. Erstens können wir den technischen Fortschritt nicht beeinflussen. Zweitens: 50% der Kosten ungefähr resultieren aus dem stationären Bereich, in dem wir in sehr hohem Masse vom Ausland abhängig sind. Wir können den ausländischen Vertragspartnern keine Verträge aufoktroyieren. Wir können ihnen auch nicht vorschreiben, wie sie ihre Spitäler zu führen haben. Also, wir sind in diesem Bereich in hohem Masse davon abhängig, dass unsere Vertragspartner Spital Grabs, Spital Feldkirch, Spital St. Gallen, usw., das Kostenproblem in den Griff bekommen. Insofern verlangen Sie von uns Unmögliches, wenn wir angeben sollen, wie die Kostenentwicklung genau sein soll. Wir haben Ihnen im Bericht Aussagen gemacht. Wir werden gerne versuchen, das für die 2. Lesung noch etwas mit mehr Substanz zu füllen. Ich gebe auch gerne zu, dass das noch relativ vage Angaben sind. Das hängt auch damit zusammen, dass die finanziellen Konsequenzen natürlich auch davon abhängig sind, was der Landtag in der 2. Lesung noch alles ändert. Ich meine, wenn das Kostenbeteiligungssystem wegfällt, hat es natürlich auf die, wie es Ihre Position ist, hat es natürlich auf die Prämienentwicklung Einfluss. Insofern ist es schon nicht ganz einfach zu sagen, wie diese Kostenentwicklung sein wird. Gut, wir werden versuchen, möglichst genaue Angaben zu liefern. Wir schiessen dabei auf ein sich bewegendes Ziel, das muss klar sein. Wir haben den Bereich Spital Vaduz, wir haben den ganzen Bereich der Heilmittel, wo wir, ich möchte nicht sagen, einen andern Kriegsschauplatz, aber einen andern Bereich haben, wo wir neben diesem Gesetz tätig sind. Wir haben die Verträge mit dem Ausland. Wir haben sehr viele Faktoren, die wir nicht direkt beeinflussen können. Dort, wo wir es tun können, dort müssen wir es tun. Aber wir müssen uns nicht vormachen, dass wir alleiniger Herr des Geschehens wären. Das wäre auch nicht richtig. Aber wie gesagt, wir bemühen uns, noch genauere Angaben zu liefern.
Abg. Marco Ospelt:
Ein Teil der Missverständnisse zwischen dem Abg. Hoch und Ihnen, Herr Regierungschefstellvertreter, rührt daher, dass viel zu wenig klargemacht wird, dass die Prämien nur indirekt mit den Kosten zusammenhängen. Um was es mir geht, ist, dass man eine Kostentransparenz, keine Prämientransparenz, eine Kostentransparenz schafft. Natürlich sinken die Prämien, wenn Sie von den Versicherten verlangen, dass sie die Kosten durch die Selbstbeteiligung zahlen. Die Prämien sinken umso mehr, je mehr Kosten direkt durch die Patienten bezahlt werden müssen. Aber das heisst noch nicht unbedingt, dass die Kosten insgesamt gesunken seien. Immer wieder höre ich, es wird zu einer Stabilisierung kommen; ja, der Prämien vielleicht. Und nachher werden auch die wieder ansteigen, wenn die medizinische Entwicklung, die demographische Entwicklung weitergeht, weitergeht, aber eben nicht der Kosten. Allein dadurch, dass Sie das einführen, was Sie hier vorgesehen haben, sinken die Kosten nicht, nur die Prämien. Das ist zweierlei. Und ich denke, Sie haben hier jetzt einen wichtigen Aspekt angesprochen, nämlich den Leistungsauftrag an die Spitäler. Natürlich hängen wir ab von den Spitälern rundherum. Und ich denke, es ist schon wichtig, hier Leistungsaufträge zu definieren. Und ich denke, die Idee, wie sie der Abg. Matt geäussert hat, die ja in der Schweiz jetzt mehr oder weniger überall so eingeführt wird, dort wo es sinnvoll ist, nämlich die Spitäler nach Fallkostenpauschalen abzugelten, diese Idee ist nicht von der Hand zu weisen. Und wenn Sie mit Spitälern Verträge ausarbeiten, dann ist es sicher eine gute Idee, zu versuchen, solche Fallkostenpauschalen zu vereinbaren. Dann haben Sie es leichter, Ihre Kosten im Griff zu halten. Ich will nicht verhehlen, dass ich mich mit dem Gedanken trage, für die 2. Lesung, falls Sie das nicht schon machen, tatsächlich eine Begrenzung der Beitragssumme vorzuschlagen, dahingehend, dass die in absoluten Zahlen errechnete Summe der im Jahr X gemäss Art. 22, Art. 24 und Art. 24bis geleisteten Beiträge des Staates nur noch um den Betrag ansteigen darf, welcher der amtlich festgestellten Teuerung gemäss Lebenshaltungskosten entspricht. Man müsste dann allerdings einen Artikel anfügen, der besagt, dass die Regierung eine Kommission bestellt, in welcher je ein Vertreter der Regierung, des Krankenkassenverbandes, der Ärzteschaft, der Patienten sowie sicher auch ein Gesundheitsökonom Einsitz haben, und der dann die Regierung dann berät, damit sie dem Landtag auf Initiative, resp. nach Anhören dieser Kommission eine über diese Zunahme der amtlich festgestellten Teuerung hinausgehende Erhöhung der Beiträge vorschlagen kann, wenn, und nur dann, wenn die demographische Entwicklung oder der Fortschritt in den medizinischen Wissenschaften eine solche Anpassung notwendig macht. Das würde dann bedingen, dass man sich Gedanken darüber macht, welche neuen medizinischen Leistungen man jetzt dieses Jahr übernehmen will und bei welchen man abwartet, wie sie sich auswirken. Das würde bedingen, dass man diesen Leistungsauftrag tatsächlich gemeinsam erarbeitet und immer wieder überprüft. Und das würde dann bedingen, dass man sich über Kostensteigerungen im Klaren ist, dass die transparent sind und darüber dann auch eine Einigkeit besteht. Also man definiert, wieviel man für die Gesundheit ausgeben will, kurz gesagt.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Die Eintretensdebatte scheint beendet zu sein. Nachdem der Abg. Lampert sich nicht etwa für Eintreten, sondern dafür ausgesprochen hat, dass die Regierung ihre Vorlagen wieder zurückzieht, und zwar alle, kann ich nicht feststellen, dass Eintreten unbestritten ist, und damit werden wir jetzt über Eintreten abstimmen. Das heisst, wir werden bei den Vorlagen 1 und 2 darüber abstimmen, ob der Landtag bereit ist, auf diese einzutreten. Bei der Vorlage 3 wurde ein konkreter Antrag gestellt, und zwar von mir. Und da werden wir über diesen Antrag abstimmen betreffend Zurückweisung an die Regierung zwecks Überarbeitung der vorgeschlagenen Form. Wird zu dieser skizzierten Form der vorgesehenen Abstimmungen noch das Wort gewünscht? Wenn nicht, dann stimmen wir ab. Zunächst über die Vorlage 1, das ist die Gesetzesvorlage betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Krankenversicherung. Wer dem Eintreten auf diese Vorlage 1 zustimmt, möge die Hand erheben.Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Peter Wolff:
Dann kommen wir zur Abstimmung über die Vorlage 2, das ist die Vorlage betreffend die Abänderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes. Wer dem Eintreten auf diese Vorlage 2 zustimmt, möge die Hand erheben. Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Peter Wolff:
Und jetzt kommen wir zur Vorlage 3. Da ist das Abstimmungsprozedere umgekehrt. Ich mache Sie ausdrücklich darauf aufmerksam, damit Sie hier keinem Irrtum unterliegen, d.h., wer jetzt aufstreckt, spricht sich nicht für Eintreten, sondern für Zurückweisung an die Regierung aus. Hier wurde von mir der Antrag gestellt, diese Vorlage 3 zur Überarbeitung an die Regierung zurückzuweisen. Wer diesem Antrag auf Zurückweisung zustimmt, möge die Hand erheben.Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 20 Stimmen
Landtagspräsident Peter Wolff:
Damit haben wir dieses Prozedere erledigt und wir können jetzt zur 1. Lesung der Vorlagen 1 und 2 schreiten.Art. 2, Abs. 2, 3 und 3a werden verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 2, Abs. 2, 3 und 3a stehen zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Ich habe hier die Anregung, dass die Regierung die Statuten und Reglemente nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern auch genehmigen sollte. Ich finde, das ist für die Prämien nicht nötig, weil die Prämien relativ transparent sind und von den Versicherten relativ leicht verglichen und überschaut werden können, nicht aber die Statuten und Reglemente. Ich denke, um hier gleich lange Spiesse zu bekommen, - und ich rede hier immer vom Bereich der obligatorischen Krankenversicherung. Im Zusatzbereich soll absolute Verhandlungs- und Vertragsfreiheit bestehen meiner Meinung nach. Aber im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung soll sich ein Versicherter darauf verlassen können, dass Prämienunterschiede nicht auf Unterschiede von Statuten und Reglementen zurückzuführen sind, oder mindestens sollte er darüber informiert werden. Das heisst also, ich möchte hier empfehlen, diese Statuten und Reglemente durch die Regierung genehmigen zu lassen.
Abg. Oswald Kranz:
Herr Präsident, Frauen und Herren Abgeordnete. Ich möchte ebenfalls kurz zu diesem Artikel Stellung nehmen. In diesem Artikel, Abs. 2, wird neu erstmals definiert, unter welchen Voraussetzungen eine Niederlassung, eine Agentur oder Zweigstelle einer Versicherungsgesellschaft anerkannt wird. Das ist im Besonderen hinsichtlich der Beratung und der Betreuung der Versicherten von, ich denke, grosser Bedeutung. In Abs. 3a werden die Bedingungen für den Rückzug einer Krankenversicherung aus dem liechtensteinischen Tätigkeitsgebiet geregelt. Diese Bestimmung berücksichtigt die Interessen der Versicherten in einem solchen Anlassfall. Mit der Formulierung in lit. a wird für alle abgeschlossenen Versicherungen das Recht der Besitzstandswahrung des Versicherungsschutzes auch auf die Zusatzversicherungen ausgedehnt. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass im Zusatzversicherungsbereich als privatem Versicherungsbereich unterschiedliche Versicherungsreglemente bestehen. Der allenfalls neue Versicherer wird den Versicherungsschutz nach seinen Reglementen im Zusatzversicherungsbereich anbieten. Als Grundsatz muss in diesem Zusammenhang natürlich gelten, dass der Versicherte frei ist, bei welcher Versicherung er sich auch versichern lassen möchte.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 3 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 3 steht zur Diskussion.
Abg. Oswald Kranz:
Hier möchte ich eine Anmerkung zu den Begriffen machen, und dies im Hinblick auf eine allfällige Gesamtrevision des Krankenversicherungsgesetzes in der Zukunft. Die Krankenkassen sind zu Krankenversicherern geworden und der Landeskrankenkassenverband ist zum Landesverband der Krankenversicherer geworden. Die Begriffe wären dann zur gegebenen Zeit einmal anzupassen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 3bis wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 3 bis steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 3a (neu) wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 3a steht zur Diskussion.
Abg. Egon Matt:
In Abs. 1 wird festgehalten, dass die Regierung in einer Verordnung die Details zu diesem Risikoausgleich festlegt und allenfalls auch weitere Versicherungsrisiken miteinschliessen kann. Ich möchte der Regierung empfehlen, bevor sie diese Verordnung erlässt, sehr genau die Entwicklung in der Schweiz im Auge zu behalten, weil dort bereits diskutiert wird, andere Kriterien als nur das Alter oder das Geschlecht in diesen Risikoausgleich miteinzubeziehen. Ein Faktor ist zum Beispiel, ob ein Versicherter im Laufe des abgelaufenen Jahres einen Spitalaufenthalt nötig hatte, d.h., Spitalaufenthalt ist auch mitzuberücksichtigen.
Abg. Alois Beck:
Ich möchte hier eine redaktionelle Änderung beliebt machen. In der ersten bis zweiten Zeile heisst es: "unter ihren Versicherten weniger Frauen und ältere Personen", vielleicht wäre es besser, einfach zur Klarstellung, wenn man schreiben würde: "weniger Frauen und weniger ältere Personen".
Abg. Marco Ospelt:
Ich möchte die Ausführungen des Abg. Egon Matt unterstützen. Ich finde, den Risikoausgleich allein auf das Alter und das Geschlecht abzustützen, nicht genügend. Wir wissen, wie schon erwähnt, aus den Erfahrungen in der Schweiz, dass das Risiko wesentlich genauer abgeschätzt werden kann, dass es andere genauso objektive Kriterien wie das Alter und das Geschlecht gibt, die besser Auskunft geben über das Risiko im Hinblick auf Kosten im Krankenpflegebereich, im Gesundheitsbereich. Und ich sage das insbesondere auch deshalb, weil ich denke, dass es wichtig sein wird, diesen Risikoausgleich, also diese Beurteilung des Risikos auch im Hausarztsystem zu berücksichtigen. Also, es wird sicher wesentlich sein, dass im Hausarztsystem bei der Beurteilung der Kosten zum Beispiel, die dem jeweiligen Hausarzt jeweils angerechnet werden, dann eben auch dieses Risiko mitberücksichtigt wird. Dass also, anders gesprochen, Hausärzte, die Versicherte als ihre Hausarztpatienten betreuen mit einem höheren gesundheitlichen Risiko, eben auch entsprechend bei der Generierung der Kosten beurteilt werden. Und deshalb ist es schon wichtig, dass dieses Krankheitsrisiko möglichst differenziert festgehalten wird. Nicht nur für die Krankenkasse, sondern auch für die Leistungserbringer.
Abg. Oswald Kranz:
Herr Präsident. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang den Ausführungen der Vorredner anschliessen. Ich denke, dieser Umstand kommt schon auch im Regierungsbericht zum Ausdruck, und ich möchte im Besonderen im Hinblick auf die Beschränkung des Verwaltungsaufwandes ebenfalls dafür plädieren, dass das Risikoausgleichssystem der Schweiz hier übernommen wird. Dann zur Formulierung, wie sie der Abg. Alois Beck angesprochen hat: Diese Formulierung "weniger Frauen und ältere Personen", ist explizit die Formulierung aus der schweizerischen Gesetzgebung.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Herr Präsident. Ich habe mit sämtlichen Vorschlägen überhaupt keine Mühe. Wir haben ja genau aus dem Grund diese Verordnungskompetenz vorgeschlagen, weil wir auf Entwicklungen gerade in der Schweiz reagieren wollen und ich verstehe Ihre Voten so, dass Sie damit einverstanden sind, dass man hier der Regierung die Kompetenz gibt, mit Verordnung auf die jeweils aktuellsten und adäquatesten Risikoausgleichssysteme einzuschwenken. Die ganze Sache ist ziemlich in Diskussion. Im Moment ist das Modell einer von einer Krankenkasse entwickelten Lösung in Diskussion, das eben bei den Spitalaufenthalten ansetzt. Jedes Modell hat auch unerwünschte Nebeneffekte, das muss man auch sehen. Insofern sind wir heute nicht in der Lage, das im Gesetz zu fixieren. Aber ich verstehe es so, dass Sie einverstanden sind, der Regierung hier gewisse Regelungskompetenzen zu geben.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 4 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Die Sachüberschrift vor Art. 4 und Art. 4 stehen zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 4a (neu) wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 4a steht zur Diskussion.
Abg. Egon Matt:
Nachdem in der Vergangenheit besonders die gesetzlichen Reserven der Krankenkassen zu Schwierigkeiten Anlass gegeben haben, möchte ich anregen, dass im Abs. 2, in einem der vier erwähnten Punkte auch die gesetzlichen Reserven erwähnt werden als eine besondere Aufgabe, die die Aufsichtsbehörde zu überprüfen hat. Ich würde vorschlagen, z.B. unter Bst. b, dass es lauten würde: "die Prüfung der Vermögensanlagen und der Vermögensbewertung sowie der gesetzlichen Reserven".Weiters würde ich im Abs. 3 anregen, dass im letzten Satz "Sie kann jederzeit Inspektionen und Prüfungen" ergänzt wird "vor Ort" durchführen, damit das wirklich ganz klar ist, dass die Aufsichtsbehörde bei der Krankenkasse vor Ort Prüfungen durchführen kann. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Und unter Abs. 5 würde ich vorschlagen, dass die Regierung ausländische Aufsichtsbehörden nicht nur ausländische Kassen prüfen lassen kann, sondern dass zumindest auch die Möglichkeit bestehen sollte, dass die Regierung ausländische Aufsichtsbehörden auch mit der Prüfung von inländischen Kassen beauftragen könnte. Somit würde in der zweiten Zeile das Wort "ausländisch" vor "den Kassen" streichen.
Abg. Alois Beck:
Ich habe eine Frage zum Abs. 1 dieses Artikels. Hier wird ja das Amt für Volkswirtschaft als Aufsichtsbehörde bezeichnet. Und dann heisst es im zweiten Satz: "Vorbehalten bleibt die unmittelbare Aufsicht durch die Regierung gemäss Art. 2 und 3." Dann heisst es bei Absatz - ah, jetzt habe ich einen Denkfehler gemacht. Entschuldigung, es hat sich aufgeklärt.
Abg. Oswald Kranz:
Herr Präsident. Ich denke, es sind sehr anspruchsvolle und umfangreiche Vorschriften, die hier von den Krankenversicherungen in der Durchführung der Versicherungsaufsicht verlangt werden. Ich glaube, dass es nicht sinnvoll wäre, wenn man den Datenumfang und die Art der Datenmeldung über die Anforderungen, wie sie in der Schweiz bestehen, hinausdehnen würde. Ich bitte die Regierung, hier einmal einen Quervergleich anzustellen.
Abg. Marco Ospelt:
Ich habe zwei Anmerkungen. Zunächst einmal möchte ich gerne fragen, was im Abs. 5 mit "bestimmten Vorschriften" gemeint ist. Welche bestimmten Vorschriften müssen da eingehalten werden? Mir scheint dieser Begriff ein bisschen vage zu sein.Dann beim Abs. 6 wäre es mir wichtig zu wissen, ob hier für die Kassen ein Rechtsweg besteht. Natürlich besteht dieser Rechtsweg. Normalerweise wird so ein Rechtsweg immer erwähnt beim entsprechenden Gesetzesartikel, soviel mir das bekannt ist. Ich weiss nicht, muss man das oder muss man das nicht, oder ist es sinnvoll, diesen Rechtsweg anzugeben. Jedenfalls ist es klar, dass es für die Kassen einen Rechtsweg geben muss nach der Entscheidung der Regierung.Und dann möchte ich mich noch einer Aussage des Abg. Egon Matt anschliessen. Was in letzter Zeit besonders Schwierigkeiten gemacht hat, das war das Fehlen der Verordnung. Und deshalb gehört bei Art. 4 unbedingt dann die Verordnung möglichst bald erlassen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Unbedingt notwendig ist es nicht, Herr Abg. Ospelt, dass diese Rechtswegmöglichkeit in jedem Gesetz drinnen steht. Das sind alles Verfahren, die nach dem Landesverwaltungspflegegesetz abzuwickeln sind und im LVG steht das drin, dass gegen jede Entscheidung der Regierung bestimmte Rechtsmittel, insbesondere die Beschwerde an die Verwaltungsbeschwerdeinstanz, gegeben sind.
Abg. Gebhard Hoch:
In Abs. 6 ist mir die "Kann-Formulierung" zu schwach. Wenn eine Kasse tatsächlich ihren gesetzlichen Vorschriften oder den Weisungen der Aufsichtsbehörde nicht entspricht, sollte ihr meines Erachtens die Regierung auf jeden Fall die Staatsbeiträge ganz oder teilweise sperren, bis die Kasse wieder den gesetzlichen Vorschriften oder den Weisungen nachkommt.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Herr Abg. Hoch. Es sind Fälle denkbar, wo dies unverhältnismässig wäre. Also, wenn eine Kasse eine eher untergeordnete Pflicht nicht erfüllt, eine Statistik nicht rechtzeitig einreicht, finde ich es doch unverhältnismässig, dann mit der Sperrung der Beiträge gleich aufzufahren. Sie können darauf vertrauen, dass wir diese gesetzliche Bestimmung mit Augenmass anwenden werden. Wir haben die Möglichkeit, aber ich würde hier keinen Automatismus einführen, dass bei der kleinsten Pflichtwidrigkeit sofort mit dieser Kanone aufgefahren werden muss, die Beiträge zu stoppen. Ich denke, dass diese Bestimmung so sachgerecht ist. Der Abg. Egon Matt hat einige bedenkenswerte Vorschläge gemacht. Nicht anfreunden kann ich mich allerdings mit dem Vorschlag, eine ausländische Aufsichtsbehörde mit der Aufsicht über eine liechtensteinische Krankenkasse zu beauftragen. Das ist vielleicht ein psychologisches Problem, das ich habe. Aber ich tue mich generell schwer mit ausländischen Aufsichtsbehörden und liechtensteinischen Unternehmen. Also, ich sehe auch keine unbedingte Notwendigkeit. Wenn wir diese Verbesserung im Bereich der Aufsicht gesetzlich haben, und sie auch entsprechend in der Realität durchführen, dann denke ich schon, dass wir eine genügend dichte Kontrolle selbständig wahrnehmen können und keine ausländischen Aufsichtsbehörden brauchen, die dann vielleicht Kontrollen vor Ort im Land vornehmen.
Abg. Egon Matt:
Ich denke, Herr Regierungschef-Stellvertreter, dass Sie da nun schon die bestehende Realität verkennen, weil ja tatsächlich heute schon praktisch 80% der in Liechtenstein tätigen Krankenkassen von einer ausländischen Aufsichtsbehörde überprüft werden. Und ich möchte nur anmerken, dass vielleicht mancher Unglücksfall in der Vergangenheit nicht passiert wäre, wenn wenigstens die inländische Aufsichtsbehörde nach den Kriterien unserer ausländischen Aufsichtsbehörden die Aufsicht wahrgenommen hätte.
Abg. Marco Ospelt:
Ich möchte jetzt doch noch auf eine Frage aus der Eintretensdebatte zurückkommen, die Sie nicht beantwortet haben. Ich hatte dort gefragt, bis wann denn die Verordnungen zu diesem Gesetz vorliegen würden, weil, auch dieses Gesetz wird stehen und fallen mit den Verordnungen, die Sie dazu erlassen.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Ich gehe nicht davon aus, dass wir diese Verordnungen hier behandeln müssen. Ich gehe davon aus, dass der Landtag das Gesetz macht und die Regierung die Verordnung. Und selbstverständlich werden wir zunächst prioritär die Gesetzgebungsarbeit machen und dann mit Hochdruck die Verordnung, das ist die Reihenfolge. Sobald wir die Stellungnahme zuhanden des Landtages gemacht haben, können wir mit der Erarbeitung der Verordnung beginnen, sodass auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes idealerweise mindestens die wichtigen Verordnungen am Platz sind. Das ist das übliche Vorgehen. Bei der Schaffung des Urgesetzes im Jahre 1972 war ich nicht beteiligt, sodass da ein etwas anderes Vorgehen gewählt wurde seinerzeit.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 8 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 8, Sachüberschrift, und Abs. 1 stehen zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 9 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 9 Abs. 1 steht zur Diskussion.
Abg. Oswald Kranz:
Herr Präsident, ich möchte auf eine unterschiedliche Begriffsinterpretation hinweisen. Das Gesetz spricht einerseits von freiwilligen Versicherungen, andererseits von Zusatzversicherungen. Nachdem Art. 9 auf Art. 8 Bezug nimmt, sollte auch in diesem Artikel von Zusatzversicherungen gesprochen werden. Grundsätzlich muss klar möglich sein, dass ein Versicherer Anträge auf Zusatzversicherungen auch ablehnen kann.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das habe ich, ehrlich gesagt, nicht ganz verstanden. Ah so, weil jetzt die Sachüberschrift geändert wurde? Ja, Sie haben vollkommen Recht.
Stv. Abg. Dorothee Laternser:
Im letzten Satz des Art. 9 steht, dass die Krankenkassen bei der freiwilligen, also der Zusatzversicherung bestehende Krankheiten oder Behinderungen durch einen Vorbehalte von der Zusatzversicherung ausschliessen können, dass dieser Vorbehalt jedoch spätestens nach drei Jahren dahinfällt. Mein Einwand betrifft diesen Halbsatz, und zwar die Begrenzung des Vorbehaltes auf drei Jahre. Diese zeitliche Begrenzung kann durchaus zum Nachteil eines Versicherten sein. Kann eine vorher bestehende Krankheit oder Behinderung durch einen Vorbehalt von der Zusatzversicherung ausgeschlossen werden, so hat der Versicherte überhaupt erst die Möglichkeit, abgesehen von diesem speziellen Punkt, eine Zusatzversicherung abzuschliessen. Oder andersherum gesagt: So wie der Gesetzestext jetzt vorliegt, wird den Versicherten die Zusatzversicherung je nachdem gänzlich verweigert, eben wegen eines isolierten Problems. Als Beispiel möge dienen: Ein Kind, ein Jugendlicher mit einer angeborenen Wirbelsäulenverkrümmung; möglicherweise gibt das später Rückenprobleme, vielleicht auch mal eine Operation. Nach dem jetzt geltenden Gesetz, und so wie es jetzt auch wieder aussieht im Gesetzesentwurf, wird normalerweise eine Versicherung die Zusatzversicherung generell ablehnen. Kann man aber den Vorbehalt anbringen, so kann der Betreffende für alle übrigen Bereiche eine Zusatzversicherung eingehen. Ich würde dafür plädieren, entweder diesen Halbsatz zu streichen, oder wenn man sich dafür nicht erwärmen kann, wenigstens in dem Sinne zu ändern, dass man einfach sagt, dass grundsätzlich nach 5 Jahren eine Überprüfung des Vorbehaltes stattfinden kann.
Abg. Marco Ospelt:
Ich möchte diesen Artikel zum Anlass nehmen, um auf die Problematik der Kündigung von Versicherungen bzw. des Wechsels von Versicherungen einzugehen. Das wäre etwas gewesen für die Eintretensdebatte. Ich gebe es zu, es gehört hier nicht genau hin. Es fehlt eigentlich im ganzen Gesetz eine Bestimmung darüber, wann man eine Versicherung wechseln kann. Offenbar will die Regierung das den Statuten überlassen. Es fragt sich aber immerhin, nachdem es ja eine obligatorische Versicherung ist, jeder muss diese Versicherung abschliessen, und nachdem ja traditionsgemäss auf den Jahreswechsel hin Prämien angehoben werden, ob man hier nicht irgendetwas vorsehen müsste, unter welchen Modalitäten Versicherte ihre obligatorische Versicherung ohne irgendwelchen Aufschub, ohne Schwierigkeiten, ohne Auflagen wechseln könnten. Für diese Zusatzversicherungen finde ich es absolut in Ordnung, dass man keine Aufnahmepflicht bei den Kassen vorsieht. Die Zusatzversicherung betrifft ja Bereiche, die über die obligatorische Versicherung hinausgehen, und wir sind uns ja einig, dass die obligatorische Versicherung eigentlich die medizinischen Leistungen voll abdecken solle.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Herr Abg. Marco Ospelt. Ich kann nicht beurteilen, wieweit das in der Praxis ein häufig auftretendes Problem ist. Aber wir werden das prüfen und gegebenenfalls eine Regelung vorschlagen. Die Abg. Laternser hat auf ein schwieriges Problem hingewiesen. Es wäre problematisch, den Krankenkassen vorzuschreiben, dass sie Zusatzversicherungen auf jeden Fall abzuschliessen haben, ungeachtet des Gesundheitszustandes. Das haben Sie auch nicht vorgeschlagen. Es wäre aber auch problematisch, lebenslange Vorbehalte zu akzeptieren, zu sagen, eine Krankenkasse kann eine Versicherung anbieten, und bestimmte Behandlungsfälle werden einfach ad infinitum nicht übernommen. Wir glauben, dass wir mit dieser Regelung eine Lösung haben, die in der Realität sich bewährt hat. Sie entspricht ja auch weitgehend dem bisherigen Recht. Die Frage ist auch, wer nach Ihrem Vorschlag denn nach 5 Jahren diese Prüfung vorzunehmen hätte und wer dann entscheiden würde. Wir werden das gerne anschauen. Aber ich sehe hier keine ideale Lösung, die für keinen der Beteiligten gravierende Nachteile hätte. Also da möchte ich, dass Sie keine zu hohen Erwartungen haben, was unsere Phantasie angeht. Wir haben dieses Problem lange diskutiert und sind eigentlich nicht gescheiter geworden, als es diese Regelung, wie sie heute ist, eben zum Ausdruck bringt.
Stv. Abg. Dorothee Laternser:
Ich möchte nur noch mal zur Verdeutlichung sagen: Der Text, so wie er bisher besteht, und jetzt unverändert wieder besteht, heisst ja: Wenn ich ein isoliertes Problem habe, kann die Krankenkasse im Hinblick auf eine Zusatzversicherung für 3 Jahre dieses Problem ausnehmen. Aber nach 3 Jahren ist der Versicherte voll in der Zusatzversicherung drin, einschliesslich dieses Problems. Das heisst, nach 3 Jahren übernimmt die Kasse alles. Das wird dazu führen, dass der Versicherer von vornherein jemand mit einem isolierten Problem von der Zusatzversicherung ausschliesst, weil er ja nach 3 Jahren das Ganze wieder übernehmen muss. Also ist es schlussendlich zum Nachteil von jemand, der nur ein isoliertes Problem hat.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Das kommt wohl auf den konkreten Fall drauf an, auf die Heilungschancen, die gegeben werden, generell auf die Einschätzung der Krankenkasse, wieviel sie meint, anderweitig herausholen zu können aus dem Fall. Das ist ungemein schwierig, das zu generalisieren. Auch hier werden wir anschauen müssen, ob das in der Praxis ein grosses Problem ist. Ich habe jetzt nicht den Eindruck gehabt, dass die Krankenkassen häufig solche Zusatzversicherungen ablehnen, sondern dass sie hier an sich gewisse Risiken eingehen. Wir lassen es uns noch einmal durch den Kopf gehen und werden schauen, ob wir eine bessere Lösung finden.
Abg. Egon Matt:
Ich möchte da eigentlich die Juristen fragen, wie das genau zu verstehen ist: Wenn es hier heisst: "Die Kassen können Krankheiten ausschliessen", da können sie nicht den Versicherten ausschliessen, sondern sie können nur eine bestimmte Krankheit ausschliessen nach meinem Rechtsempfinden. Also, sie können nicht einem Versicherten mit einer speziellen Krankheit die Zusatzversicherung verweigern, sondern sie können nur diese Krankheit ausschliessen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Die Krankenkassen können es ablehnen, überhaupt einen Vertrag über eine Zusatzversicherung abzuschliessen. Das ist ja freiwillig. Nur, wenn sie einen solchen Vertrag abschliessen, dann können sie nur im Rahmen dieses Art. 9 Abs. 1 bestimmte Krankheiten für max. 3 Jahre ausschliessen. Aber sie können, das sind die Bedenken der Abg. Laternser, wenn sie fürchten, ja nach 3 Jahren müssen wir die enormen Kosten dieser chronischen Behinderung oder was immer es ist, übernehmen, können sie von vornherein sagen, mit dieser Person schliessen wir überhaupt keine Zusatzversicherung ab.
Abg. Rudolf Lampert:
Schliesst der Verfall nach diesen 3 Jahren das aus, dass nach 3 Jahren die Zusatzversicherung dann eben auch aufgelöst werden kann? Heisst das, dass der Verfall dieses Vorbehaltes gleichzeitig auch bedeutet, dass eine uneingeschränkte Zusatzversicherung abgeschlossen ist? Oder wäre auch die Möglichkeit, nach diesen 3 Jahren eben dies neu zu prüfen und die Zusatzversicherung eventuell abzulehnen?
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das ist eine sehr gute juristische Frage, Herr Abg. Lampert. Das ist ein Problem, das in diesem Gesetz weder bisher noch in der Vorlage gelöst ist. Sie geben da den Krankenkassen für Zusatzversicherungen mit kostenträchtigen Patienten einen Tipp, den ich hier nicht weiter ausspielen will.Wir können weiterlesen.
Art. 10 Bst. b und c (neu) werden verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 10 Bst. b und c (neu) steht zur Diskussion.
Abg. Oswald Kranz:
Herr Präsident, auch in diesem Artikel gilt sinngemäss, was ich beim Art. 9 angemerkt habe. Auch hier müsste bei lit. c von Zusatzversicherten gesprochen werden. Der Begriff der freiwillig Versicherten ist im Zusammenhang mit Art. 8 Abs. 2 des bestehenden Gesetzes zu sehen, der von der freiwilligen Taggeldversicherung spricht.
Abg. Marco Ospelt:
Ich habe hier eine Frage zu der Art des Ausscheidens aus der Versicherung. Also bei den obligatorisch Versicherten ist es nicht so dramatisch, aber bei den freiwillig Versicherten. Wenn der Versicherte ausgeschieden ist aufgrund einer Kündigung, die er ausgesprochen hat, also er hat seine Versicherung gekündigt, dann kann es doch sicher nicht so sein, dass dann eine andere Kasse ihn für den Bereich der Zusatzversicherung aufnehmen muss, sondern ich nehme an, dass sich dieser Art. 10 hier bezieht auf einen Artikel weiter vorne, wo definiert ist, was eine Kasse alles zu erfüllen hat, wenn sie ihre Tätigkeit aufgibt. Also, wenn die Kasse ihre Tätigkeit einstellt und der Versicherte auf der Strasse steht, dann muss ihn eine andere Krankenkasse im Rahmen der bisherigen Versicherung aufnehmen. Aber das kann sicher nicht für den Fall gelten, wo ein Versicherter seine bisherige Versicherung kündigt und auf diesem Wege aus der Versicherung ausscheidet. Dann muss die nächste Kasse frei sein, aufgrund ihrer Reglemente und aufgrund ihrer Beurteilung zu entscheiden, ob sie den Patienten, den Versicherten, aufnehmen wolle oder nicht und welche Vorbehalte sie dann mache oder nicht mache.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Ihre Ausführungen haben etwas für sich, Herr Abg. Ospelt. So wie ja Bst. c jetzt formuliert ist, kollidiert er mit dem, was wir vorher diskutiert haben, und wir werden das noch einmal kritisch überprüfen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Es ist das System unserer Krankenversicherung, das war auch bisher so, auch bei der freiwilligen Versicherung, oder wie sie jetzt heisst (Zusatzversicherung(. Wenn ein Versicherter ein Mal von einer zugelassenen Krankenkasse in so eine Versicherungsart aufgenommen worden ist, dann ist er drin und dann ist auch nach dem bisherigen Art. 10 b auch der freiwillig Versicherte, der bei einer Kasse ausscheidet, von jeder anderen zugelassenen Krankenkasse im Rahmen von deren Statuten und Reglementen in demselben Umfang zu versichern, in dem er vorher versichert war. Das ist eigentlich ein Widerspruch zum Begriff freiwillig, aber das steht bisher im Gesetz und meiner Meinung nach ist auch dieser neu formulierte Absatz hier in diesem Artikel so zu verstehen.
Abg. Egon Matt:
Das ist richtig so, weil - der Art. 10 heisst ja "Freizug", das heisst, die freiwillige Versicherung, der freiwillige Versicherungswechsel ist hier gemeint und nicht die Auflösung der Kasse. Wenn man die Überschrift vor Art. 10 Bst. b liest - im Gesetz heisst das: "Änderung der Versicherungsart und Freizug".
Landtagspräsident Peter Wolff:
Also, die neue Kasse kann sagen: Nach unseren Statuten gibt es das nicht, die Art, wie Du bisher versichert warst, aber grundsätzlich, soweit es nach deren Statuten und Reglementen vorgesehen ist, müssen sie ihn akzeptieren als Zusatzversicherten. Sie können nicht sagen: "Du passt uns nicht, Dich akzeptieren wir nicht". Wenn das nach deren Statuten so eine freiwillige Versicherungsart gibt.
Abg. Oswald Kranz:
Herr Präsident, ich möchte nur darauf hinweisen, dass das doch eine unterschiedliche Bestimmung zum geltenden Gesetz ist, wie sie jetzt vorgesehen ist. Im geltenden Gesetz heisst es: (Freiwillig Versicherte, die aus dem Tätigkeitsbereich einer anderen Kasse ausscheiden(. Also, der konkrete Fall: Wenn eine Kasse ihren Tätigkeitsbereich hier aufgibt, dann hat der freiwillig Versicherte das Recht, in eine Kasse überzuwechseln mit dem gesamten Versicherungsschutz. Neu wird formuliert: "Zusatzversicherte" - wie es richtig heissen müsste - "die aus einer anderen Kasse ausscheiden, aufzunehmen und im Rahmen ihrer Statuten und Reglemente in dem Umfang zu versichern, in dem sie vorher versichert waren". Also, ein gewisses Zügerrecht im freiwilligen Zusatzversicherungsbereich.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich sehe das nicht so, Herr Abg. Kranz. Das widerspricht übrigens auch den Erläuterungen der Regierung im Bericht und Antrag auf S. 53. Sie haben Recht, dass der Wortlaut bisher anders war. Aber es heisst ja nicht: "Wenn eine Kasse hier ihre Tätigkeit beendet", sondern es wird das Ganze auch in der bisherigen Formulierung auf den Versicherten bezogen. Er scheidet aus dem Tätigkeitsbereich der anderen Kasse aus. Aber ob man formuliert, dass ein Versicherter aus dem Tätigkeitsbereich einer anderen Kasse ausscheidet, oder ob man einfach formuliert, dass er aus einer anderen Kasse ausscheidet, da sehe ich keinen Unterschied und die Regierung nach dem Inhalt dieser Erläuterungen offenbar auch nicht. Aber die Regierung kann das ja bis zur 2. Lesung noch einmal vertieft prüfen. Ich glaube, wir können weiterlesen. Entschuldigung, der Abg. Rudolf Lampert noch.
Abg. Rudolf Lampert:
Ich habe jetzt doch eine Frage. Ist der Begriff "freiwillig Versicherte" und "Zusatzversicherte", ist das identisch, oder sprechen wir von freiwillig Versicherten nicht auch von Personen, die die Grundversicherung nicht obligatorisch machen müssen, sondern diese freiwillig machen? Das kann aufgrund irgendeines Arbeitsverhältnisses, wo es jemandem freigestellt wird, im Heimatland oder hier im Arbeitgeberland sich zu versichern, am Beispiel der österreichischen Grenzgänger. Die können sich doch freiwillig hier versichern lassen. Es ist zwar die Grundversicherung, aber freiwillig, weil sie sich ja auch im Heimatland versichern können. Sprechen wir dann nicht auch von "freiwillig Versicherten?"
Landtagspräsident Peter Wolff:
Nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht, Herr Abg. Lampert, und zwar sowohl bisher als auch neu nicht, da es ja in Art. 8 Abs. 1 heisst: "Bisher obligatorisch Versicherte können sich für Leistungen, die über den Rahmen der Pflichtversicherung hinausgehen, freiwillig versichern". Das ist das, was das Gesetz mit freiwillig meint. Jetzt wird einfach die Bezeichnung geändert und das wird als Zusatzversicherung bezeichnet, wie wir es vorher gerade gelesen haben.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Ich werde das nur kurz erläutern, was der Abg. Lampert aufgeworfen hat: Es ist nicht so, wie Sie vermuten: Zusatzversicherungen können nur für Personen angeboten werden, die in Liechtenstein obligatorisch versichert sind, das sagt Art. 16 des Entwurfes sehr klar.
Abg. Rudolf Lampert:
Entschuldigung, ich habe da gar nichts vermutet, ich habe lediglich gefragt, wie das zu verstehen ist, ob diese Begriffe identisch sind, oder ob für dasselbe zwei unterschiedliche Begriffe verwendet werden.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das dürfte beantwortet sein. Wir können weiterlesen.Art. 13 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 13 steht zur Diskussion.
Abg. Egon Matt:
Ich muss hier etwas einbringen und muss dazu ein bisschen ausholen. Die ganze Gesundheitsreform, die hier vorgeschlagen wird, verlangt eigentlich von allen Beteiligten Opfern. Von den Leistungserbringern, von den Versicherten, vom Staat, von allen. Ich möchte hier der Regierung schmackhaft machen, dass im Rahmen dieser Reform auch ein massvoller Ausbau bei den Leistungen geschieht und zwar in einem ganz bestimmten Bereich, nämlich in der Komplementärmedizin. Dieser Ausbau wird von vielen Patienten und auch von Leistungserbringern, Ärzten, usw., gewünscht und zwar geht es darum, dass im Rahmen der zunehmend ganzheitlichen Sichtweise von Krankheit und Gesundheit immer mehr auch natürliche Heilverfahren in Diskussion kommen und gewünscht werden. Solche Heilverfahren sind bisher nur über Zusatzversicherungen möglich. In der Grundversicherung sind sie in Liechtenstein nicht inbegriffen. In der Schweiz tritt ab 1. Juli dieses Jahres eine Verordnung in Kraft, die komplementärmedizinische Therapien bestimmter Sorte, z.B. Akupunktur, Homöopathie und noch einige andere in die Grundversicherung aufnimmt, sofern sie von Ärzten erbracht werden, die aber eine entsprechende Ausbildung in diesem betreffenden Bereich haben. Ich würde eigentlich dafür plädieren, dass dieser massvolle Ausbau des Leistungskataloges in die jetzige Gesundheitsreform mit aufgenommen wird. Es wird nach meiner Meinung nicht zu einer massiven Ausdehnung der Kosten dadurch kommen, weil erfahrungsgemäss die Patienten entweder die Schulmedizin wollen oder die Komplementärmedizin. Wenn das eingeschränkt wird auf Leistungserbringer, die entsprechende Ausbildung haben, sehe ich da eigentlich kein Problem, und es wäre auch ein Zückerchen für alle im Gesundheitswesen Beteiligten, das dieser Gesundheitsreform sehr gut anstehen würde.
Stv. Abg. Dorothee Laternser:
Ich hätte eine kleine redaktionelle Anmerkung und zwar erstens a), da steht: Untersuchungen, Behandlungen und Pflegemassnahmen, die ambulant durch "den" Arzt, - und dann muss es heissen: "den Chiropraktor", also (den( anstatt "dem". Abgesehen davon möchte ich mich dem Votum des Abg. Egon Matt im Hinblick auf die Komplementärmedizin anschliessen.
Abg. Oswald Kranz:
Herr Präsident, ich möchte nur anmerken, dass bei lit. b bezüglich der Formulierung präzisiert sein muss, dass über die obligatorische Krankenversicherung nur Behandlungskosten nach dem Tarif der allgemeinen Abteilung in Rechnung gestellt werden dürfen. Das betrifft sowohl die Kosten für die medizinische Behandlung wie für Kosten der Unterkunft. Ich denke, dass das so klar zum Ausdruck kommen muss.
Abg. Alois Beck:
Ich habe noch eine Frage an die Regierung. Ist in diesem vom Abg. Egon Matt angesprochenen Bereich dieser Komplementärmedizin eine gesetzliche Vorlage in Ausarbeitung?
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Ja, es liegt ein Vernehmlassungsbericht schon längere Zeit vor. Die Reihenfolge ist die, dass wir zunächst diese Reform zu einem guten Ende bringen und uns dann wieder mit der Frage befassen, wie es mit dem Gesetz über die Naturheilpraktiker weitergehen soll. Das Vernehmlassungsergebnis war etwas ernüchternd insofern, als völlig gegenläufige Reaktionen der einzelnen Verbände und Stellen eingetroffen sind. Es gibt vehemente Verfechter eines massiven Ausbaus dieses Bereichs der Komplementärmedizin bis hin zu einer Übernahme der Kosten direkt durch die Krankenkassen für von solchen Leistungserbringern erbrachte Leistungen hin zu Stellungnahmen, die eine Verschärfung gegenüber dem Status quo verlangen und sagen, dass das ein Fass ohne Boden ist und eine völlige Fehlentwicklung. Also, hier ist es etwas schwierig, einen Nenner zu entwickeln, der eine erfolgsträchtige Vorlage verspricht, aber wir werden das mit grosser Energie angehen, sobald wir dieses Schäfchen im Trockenen haben. Der Abg. Egon Matt hat sehr aufrichtig darauf hingewiesen, - wenn ich Sie richtig verstanden habe - dass durchaus mit Kostenfolgen zu rechnen ist. Sie vertreten also nicht die Meinung, dass wenn man Ihre Vorschläge umsetzt, die Komplementärmedizin hier einbezieht, dass dann die Kosten zurückgehen - solche Ansichten wurden auch schon vertreten -, sondern Sie sagen: Das wird etwas mehr kosten, aber nicht gravierend mehr. Sie haben auf das Schweizer Modell hingewiesen. Ich kann mir vorstellen, dass das ein Lösungsansatz wäre, dass man diese zwei Voraussetzungen statuiert. Erstens vom Arzt angeordnete Massnahmen und zweitens von Ärzten angeordnet, die über die entsprechende Ausbildung verfügen. Das könnte ein Lösungsansatz sein, der Sinn macht, das müssen wir uns noch genauer überlegen. Die jüngsten wissenschaftlichen Analysen, die ich in diesem Bereich in Erinnerung habe, mahnen allerdings zur Vorsicht mit einem Ausbau in diesem Bereich, das wird Geld kosten. Wir machen eigentlich eine Übung, um Kosten zu senken und nicht um die Kosten anzuheben. Ich bin mir aber bewusst, dass eine recht hohe Erwartungshaltung seitens der Konsumenten besteht. Insofern habe ich auch Verständnis für dieses Anliegen.
Abg. Egon Matt:
Ich möchte das noch präzisieren: In der Schweiz ist nicht gedacht, dass vom Arzt angeordnete komplementärmedizinische Therapien bezahlt werden, sondern vom Arzt durchgeführte, sofern er sogar die Ausbildung für dieses Gebiet beherrscht. Das heisst, ich nehme jetzt ein Beispiel: Ein Internist, der zusätzlich sich auf Homöopathie spezialisiert, der kann dann diese homöopathische Behandlung in der Grundversicherung abrechnen. Deshalb finde ich das ein gutes Modell, weil es sich nämlich auf die jetzt bestehenden Leistungserbringer abstützt und im Rahmen dieser Gesundheitsreform verwirklicht werden könnte, indem nämlich einfach die Verordnung für den Leistungskatalog hier angepasst wird und indem keine Ausuferung stattfindet auf alle möglichen Berufe in der Paramedizin, sondern wirklich hier auf dieses Gesetz beschränkt bleibt. Im Prinzip wird nur die Grundversorgung im jetzigen System befugt, entweder die bisherigen schulmedizinischen Behandlungen durchzuführen oder eine dieser biologischen Behandlungen zusätzlich anbieten zu können.
Abg. Alois Beck:
Das ist jetzt natürlich ein neuer Bereich, der hier hinzukommt. Wenn sich die Regierung Gedanken macht über solche Einschübe, müsste man sich vielleicht auch überlegen, wie sich das auf das Hausarztmodell auswirkt. Wenn ich den Abg. Egon Matt richtig verstanden habe, würde dann ein solcher Arzt dann auch diese Methoden anwenden, und ich kann jetzt das auch nicht überblicken und bin auch nicht so tief in dieser Materie drin. Ich habe vielleicht noch eine Bemerkung: Ist es nicht so in der Praxis, dass dann viele Leute halt nicht das eine oder das andere wählen, die eine Behandlung oder die andere, sondern, dass jemand sich zunächst mal in der Schulmedizin versucht und nebenbei natürlich auch noch, wenn das dann nicht fruchtet, andere Methoden wie die Komplementärmedizin auch noch beansprucht?
Abg. Egon Matt:
Bei der heutigen Regelung ist es tatsächlich so. Es werden dann im Allgemeinen zunächst einmal der Hausarzt aufgesucht, der seine schulmedizinische Behandlung macht und dann oft noch parallel dazu Komplementärmedizin - ich sage jetzt einmal - konsumiert, überspitzt gesagt. Ich sehe da eben auch eine Chance in diesem neuen Hausarztsystem, dass nämlich der Hausarzt als erste Anlaufstelle im Prinzip beide Behandlungen - sofern er das fachlich kann - anbieten kann, ohne dass der Patient noch Parallelbehandlungen braucht. Als Hausarzt kann ich nicht beide Behandlungen gleichzeitig machen. Ich werde dann eine oder eine andere Behandlung machen. Insofern wird sich das nicht beissen oder überschneiden.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Zum Abschluss noch eine sprachliche Frage an die Regierung: Das Sanitätsgesetz spricht von "Chiropraktiker", die Regierung spricht auf Seite 55 in den Erläuterungen zu diesem Art. 13 auch von Chiropraktiker, im Gesetzestext heisst es plötzlich "Chiropraktor". Hat das einen bestimmten Grund und sollte man nicht bei einem einheitlichen Begriff bleiben? Aber das nur als Anstoss für die 2. Lesung. Wir können weiterlesen.Art. 16 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 16 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 16 a (neu) wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 16 a steht zur Diskussion.
Stv. Abg. Dorothee Laternser:
Ich möchte anregen, dass im 1. Satz des 1. Abschnittes nach "Ärzten" entsprechend Art. 13 auch das Wort "Chiropraktoren" eingefügt wird mit derselben Begründung, wie es in Art. 13 ist, nämlich, dass Chiropraktoren selbständig Behandlungen durchführen, normalerweise ohne ärztliche Verordnung. Dass der Satz heissen soll: "werden von Ärzten, Chiropraktoren, Apothekern usw".
Landtagspräsident Peter Wolff:
Zwingend notwendig ist das nicht, Frau Abg. Laternser, denn die Chiropraktoren zählen auch zu den anderen Berufen der Gesundheitspflege und nach der Formulierung hier, um die es geht, sind sie da voll integriert. Bei Art. 13 ist es etwas anderes, weil, dort geht es darum, ob Chiropraktoren eine ärztliche Verordnung brauchen oder nicht, darum sind sie dort extra erwähnt, damit sie diese eben nicht mehr brauchen in Zukunft. Wir können weiterlesen.Art. 16b wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 16b steht zur Diskussion.
Stv. Abg. Dorothee Laternser:
Bisher werden Tarifvereinbarungen hier im Land nicht zwischen einzelnen Kassen und Leistungserbringern abgeschlossen, sondern zwischen den Verbänden der Krankenkassen und Leistungserbringern. Es gibt einheitliche FL-Tarife. Das hat sich bewährt, entspricht den liechtensteinischen Verhältnissen und dient auch der Qualität der Versorgung. Wir haben ja auch heute Nachmittag bereits darüber diskutiert, dass einheitliche Tarife mehr denn je, analog auch dem Schweizer Modell, erstrebenswert sind. Ich würde deswegen vorschlagen, dass der Abs. 1 vielleicht sinngemäss so formuliert werden könnte: "Den vom Krankenkassenverband mit den den Verbänden von Leistungserbringern der ambulanten Krankenpflege abgeschlossenen Tarifverträgen treten alle in Liechtenstein zugelassenen Leistungserbringer bei. Vorbehalten bleibt Art. 18a Abs. 4." Zu Abschnitt 4 ist die Frage, ob er überhaupt dann noch erforderlich ist, also 16b Abs. 4. Wenn er erforderlich ist, dann könnte man vielleicht so formulieren: "Krankenkassenverband und Verbände von Leistungserbringern können besondere Tarifvereinbarungen abschliessen usw.". In Art. 5 und Art. 6 würde ich vorschlagen, dass jeweils da, wo nur steht: "Verband", gemeint ist ja "Krankenkassenverband", dass man das explizit hinschreibt zur Klärung, "Anhören des Verbandes" - oder "zieht den Verband", also "Krankenkassenverband".
Abg. Marco Ospelt:
Ich habe eine ähnliche Anmerkung zu machen, wobei ich sagen muss, dass Abs. 1 einem Leistungserbringer frei lässt, sich auf dem freien Markt zu betätigen, also, dem Tarifvertrag nicht sich anzuschliessen und dann entsprechend eben auch seine Tarife frei zu gestalten, wobei dann klar ist, dass die Krankenkassen nur den in der obligatorischen Versicherung vorgesehenen Tarif zu bezahlen, also konkret gesagt: Wenn ich diesem Tarifvertrag mich anschliesse, dann kann ich die Leistungen nur nach Tarif abrechnen. Ich habe dann nicht die Möglichkeit, höhere Tarife zu verrechnen. Wenn ich hingegen diesem Tarifvertrag mich gar nicht anschliesse, dann bin ich frei in der Tarifierung meiner Leistungen, allerdings bekommt der Patient, der Versicherte von seiner Kasse nur die tarifmässige Leistung bezahlt. Hier haben die Leistungserbringer eine Freiheit. Möglicherweise könnte es unter bestimmten Umständen für den Leistungserbringer sinnvoll sein, wenn er eine Klientel findet, die bereit ist, für seine speziellen Leistungen einen höheren als den tariflichen Beitrag zu leisten, währenddem dieser Abs. 4 jetzt tatsächlich dazu geeignet ist, einen Keil zwischen diese Leistungserbringer zu treiben, indem nämlich Kassen mit einzelnen Leistungserbringern besondere Tarifvereinbarungen abschliessen können. Hier äussert sich die Absicht der Regierung, marktwirtschaftliche Elemente einzuführen in dieses Gesundheitsgesetz, und es fragt sich tatsächlich, ob mit diesem Abs. 4 ein sinnvolles marktwirtschaftliches Element eingeführt wird. Ich denke, dass das nicht der Fall ist. Ich denke, dass die Tarifvereinbarungen zwischen den Verbänden, also zwischen dem Verband der Krankenversicherer und den Verbänden der Leistungserbringer, so ausgelegt sein sollten, dass sie gerecht sind, dass sie die Leistungen etwa in der Form abgelten, wie es in Abs. 2 für bestimmte Leistungen und Behandlungen ausgeführt wird, nämlich, dass bei der Gestaltung des Tarifes die Kostensätze so festgelegt werden, dass sie überprüfbar sind, dass sie sowohl die Leistung des Arztes im konkreten Fall als auch die Auslastung der Apparatur, die Investition, den Zeitaufwand des Praxispersonals z.B., in entsprechender Weise berücksichtigt, wie es ja übrigens in unserem jetzt gültigen Tarif schon der Fall ist. Er wurde ja aufgestellt, wie das der Herr Regierungschef-Stellvertreter schon ausgeführt hat, auf Grund dieser Bewertung, dieser Punktierung, wo sowohl die Leistung des Arztes als auch alle anderen Elemente entsprechend berücksichtigt waren. Also, dieser Punkt 2 wird vom jetzt gültigen Tarifvertrag bereits erfüllt. Der Abs. 4, der führt einen Sprengsatz ein meiner Meinung nach in diese Krankenversicherungsrevision. Ich halte das nicht für eine günstige Lösung, ich komme dann weiter hinten beim Hausarztsystem dazu, was ich für eine günstige Lösung halten würde.
Abg. Alois Beck:
Die Abg. Dorothee Laternser hat angeregt, das Wort "Verband" durch Krankenkassenverband zu ersetzen. Dem kann man insofern etwas abgewinnen, dass die Lesbarkeit dann deutlich verbessert wird, das eine Mal wird von Verbänden, diesmal von Verband gesprochen. Andererseits ist das nicht unbedingt nötig, da in Art. 3 klar geregelt ist, dass in diesem Gesetz der "Krankenkassenverband" eben als "Verband" bezeichnet wird.
Abg. Oswald Kranz:
Herr Präsident, ich möchte inhaltlich den Vorschlag der Abg. Laternser unterstützen. Die Versicherer sind im Verband als Dachorganisation zusammengeschlossen und sie treten in dieser Form auch mit den Tarifpartnern in Vertragsverhandlungen, sodass Abs. 4 so formuliert werden könnte, wie sie vorgeschlagen hat, nämlich: (Krankenkassenverband und die Verbände der Leistungserbringer können besondere Tarifvereinbarungen abschliessen(.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das wäre ja wohl sinnlos, Herr Abg. Kranz, das wäre ja dann nur eine Wiederholung von Abs. 1. Also, ich komme dann noch darauf zurück. Die Frau Abg. Laternser hat es auch etwas anders formuliert.
Abg. Marco Ospelt:
Das ist genau das, was ich auch dazu sagen wollte. Ich habe aber vergessen, noch etwas anzuführen zu Abs. 6. Dort wird vorgesehen, dass bei den Tarifverhandlungen mit Spitälern der Verband - also der Krankenkassenverband, der Verband der Krankenversicherer - zugezogen wird zu diesen Verhandlungen. Ich möchte anregen, mindestens zu überlegen, ob nicht auch Vertreter, mindestens jetzt, des Ärztevereins zugezogen werden sollten, weil doch immerhin die Ärzte am ehesten wissen, in welcher Heilanstalt welche Leistungen zu welchen Bedingungen erbracht werden. Der Verband weiss das zwar auch, aber nicht so direkt wie die Ärzte, die Tag für Tag mit diesen Leistungen in den Heilanstalten konfrontiert sind. Natürlich haben Ärzte die Möglichkeit bei der Regierung anzuregen, dass für bestimmte Leistungen mit einem bestimmten Spital, mit einer bestimmten Heilanstalt Tarifverhandlungen aufgenommen werden sollten. Trotzdem würde ich es hier für günstig halten, wenn die Ärzte direkt in diese Tarifverhandlungen mit einbezogen werden. Ich glaube, sie können hier ein Fachwissen einbringen, was der Regierung bei diesen Verhandlungen zugute kommen könnte.
Abg. Egon Matt:
Mir scheint auch der erste Satz in Abs. 6 nicht genügend, wenn die Regierung nur von "Heilanstalten" spricht, mit denen sie Tarifverträge abschliesst, und dann später bemerkt, dass sie den Abschluss von Tarifverträgen mit Pflegeheimen dann übertragen kann. Ich glaube, es müsste schon im ersten Satz heissen: "Die Regierung schliesst mit den Heilanstalten und Pflegeheimen Tarifverträge ab", sonst sind diese nicht dabei.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich spreche mich eigentlich wärmstens für die Beibehaltung des Abs. 4 in der Form der Regierungsvorlage aus. Wir haben hier in der Eintretensdebatte gehört, teilweise von denselben Abgeordneten, die sich jetzt gegen diesen angeblichen "Sprengsatz" aussprechen, dass alle Beteiligten am liechtensteinischen Gesundheitswesen gewisse Opfer bringen müssen und da, wo es sein kann, dass mehr indirekt als unmittelbar auch Ärzte zu den Opferbringern gehören, da erfolgt plötzlich der allgemeine Aufstand. Man will nunmehr die Tarife angewendet haben ohne Ausnahme, die der Verband ausgehandelt hat. Die Regierung schreibt sehr einleuchtend auf S. 58, sinngemäss, dass es auch ein Mittel der Kostendämpfung sein kann, wenn einzelne Leistungserbringer bereit sind, mit den Kassen besondere, sprich tiefere Tarifvereinbarungen, abzuschliessen, als der vom Verband mit den Verbänden der Leistungserbringer gemäss Abs. 1 abgeschlossene Tarifvertrag. Ich wüsste nicht, was da dagegen sprechen sollte. In Abs. 5 ist ja Vorkehr getroffen, dass auch Leistungen zu solchen Tarifen dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und den Anforderungen an die Qualitätssicherung entsprechen müssen. Also, ich sehe wirklich nicht, wie man sich da dagegen aussprechen kann, wenn man wirklich für die Ziele der Kostendämpfung ist.
Abg. Marco Ospelt:
In diesem Fall des Abs. 4 handelt es sich ja um eine freiwillige Vereinbarung, die Leistungserbringer mit den Verbänden abschliessen, in dem Sinn ist das Opfer mindestens ein freiwilliges Opfer. Und ich würde eher befürworten, dass solche speziellen Vereinbarungen im Rahmen des Hausarztsystems gemacht werden können, nicht im Rahmen der freiwilligen Versicherung, gerade weil die Regelungen zur Qualitätssicherung im Hausarztsystem wesentlich weiter gehen als bei der freien Arztwahl oder in diesen allgemeinen Regelungen, die ja nicht nur die Ärzte betreffen, sondern auch alle anderen Leistungserbringer.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Aber das ist ja kein Grund, Herr Abg. Marco Ospelt, auch für die Ärzte ausserhalb des Hausärztevereins, diese Möglichkeit - nicht nur für die Ärzte, überhaupt für alle Leistungserbringer - diese Möglichkeit offen zu lassen im Gesetz, mit den Kassen besondere Tarifvereinbarungen abzuschliessen. Ich sehe nicht, was dafür sprechen sollte, das durch Streichung dieses Abs. 4 gesetzlich auszuschliessen.
Abg. Egon Matt:
Ich sehe noch einen gewissen Widerspruch zu dieser Möglichkeit, da Einzelverträge zu machen einerseits, und andererseits besteht nach Abs. 1 eigentlich keine Verpflichtung, Mitglied im Verband zu sein, wenn man dann diesen Verbandstarifen beitreten will. Ich denke, entweder ist man im Verband, wenn man diesen Verbandstarifen beitreten will. Und dann eben gibt es noch die Möglichkeit, Einzeltarife abzuschliessen. Aber wenn man schon bei Abs. 1 sagt: Du kannst zwar dem Verbandtarif beitreten, aber du musst nicht einmal unbedingt Mitglied des Verbandes sein, dann ist das schon irgendwie ein Widerspruch für mich.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich sehe da überhaupt keinen Widerspruch. Es gibt die eine Möglichkeit: Ein Mitglied eines Leistungserbringerverbandes tritt dem Tarifvertrag gemäss Abs. 1 bei bzw. ist automatisch dabei, wenn er nicht einen eigenen Tarifvertrag mit Krankenkassen abgeschlossen hat. Ein Nichtmitglied eines Leistungserbringerverbandes kann gemäss Abs. 1 dem vom Verband seiner Branche von Leistungserbringern abgeschlossenen Tarifvertrag beitreten. Ausserdem, wenn er das nicht will, wenn er einen eigenen Tarifvertrag abschliessen will, kann er gemäss Abs. 4 laut Regierungsvorlage mit einer oder mehreren Krankenkassen eine eigene Tarifvereinbarung abschliessen. Einen Widerspruch sehe ich da nicht. Das ist eine Fülle an Möglichkeiten, das schon.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren. Es ist keine Überraschung, dass Abs. 4 dieser Bestimmung zu Diskussionen Anlass gibt. Man kann das als "Keil" bezeichnen, was da vorgeschrieben ist, man kann es als "Sprengsatz" bezeichnen, man kann es auch schlicht als "Wettbewerb" bezeichnen. Das sind zaghafte Ansätze von Wettbewerb im Gesundheitswesen. Das ist etwas Neues natürlich, das gab es bislang nicht. Zaghaft deshalb, weil wir nicht einen schrankenlosen Konkurrenzdruck provozieren möchten, sondern nur die Möglichkeit schaffen, dass Kassen, die dazu bereit sind, mit Leistungserbringern,die dazu bereit sind, besondere Tarifvereinbarungen schliessen können. Wie der Herr Landtagspräsident richtig gesagt hat, Abs. 5 bietet Gewähr, dass es hier nicht zu Dumping-Aktionen kommt. Wir haben das in den Workshops auch diskutiert. Da wurde etwas, denke ich, der Teufel an die Wand gemalt, dass Billigst-Ärzte aus dem Osten kommen würden und dann da für einen Drittel des Tarifes arbeiten. Ich glaube, solche Ängste sind nicht gerechtfertigt. Wir werden sehr genau prüfen, ob die Anforderungen an die Qualität und die übrigen Bestimmungen des Gesetzes erfüllt sind.Aber ich möchte Ihnen schon sagen, das ist natürlich schon die Stelle des Gesetzes, wo man Farbe bekennen muss, ob es einem ernst ist mit ein bisschen Wettbewerb im Gesundheitswesen. Da möchte ich auch an die Leistungserbringer und auch an die Krankenkassen appellieren, dass sie diese moderaten Ansätze, die niemandem Angst machen müssen, akzeptieren. Ich denke, wenn der Krankenkassenverband und die Seite der Leisterungserbringer sachgerechte Tarifverträge gemäss Abs. 1 hinkriegen - daran zweifle ich eigentlich nicht, dass das auch in Zukunft möglich sein wird, - dann gibt es wenig Raum für die praktische Anwendung des Abs. 4. Also, er hat sicher auch eine gewisse, sagen wir einmal, pädagogische Funktion, um es etwas überspitzt zu sagen, aber ich glaube schon, dass wir in der heutigen Zeit nicht darum herumkommen, solche Wettbewerbselemente in unser Krankenversicherungsgesetz einzubauen. Wir sprechen immer davon, dass alle Opfer bringen müssen, und wenn es dann darauf ankommt, dann sollte man dann auch dazu stehen. Art. 16b gilt generell auch für das Hausarztmodell, und von daher sehe ich keinerlei Widerspruch in diesem Bereich. Der Abg. Marco Ospelt hat mit guten Gründen darauf hingewiesen, dass Abs. 1 Sinn macht. Wieso nicht Wettbewerb in dem Sinn, dass das System auch nach oben offen sein soll? Wenn ein Leistungserbringer so gute Leistungen anbieten kann, dass seine Klientel freiwillig Leistungen bezahlt, die über das hinausgehen, was die Krankenkasse bereit ist zu berappen, wieso nicht. Aber umgekehrt wird natürlich auch ein Schuh daraus, wenn es Leistungserbringer gibt, die bereit sind, dieselbe Qualität zu einem andern Tarif zu liefern, sollte das an sich auch möglich sein, in vernünftigen Bahnen, in vernünftigen Grenzen. Die sind in Abs. 5 ja genügend klar bemessen.
Abg. Rudolf Lampert:
Bedeutet die Formulierung, dass in Abs. 1 nur in Liechtenstein zugelassene Leistungserbringer Tarifverträge abschliessen können, und in Abs. 4 dann aber auch ausländische bzw. nicht in Liechtenstein zugelassene Leistungserbringer zulässig sind? Bedeutet das, dass hier einfach ausländische Leistungserbringer nur tätig werden können, wenn sie zu Billigsttarifen arbeiten, oder wie ist das zu verstehen? Weil hier die Einschränkung auf "in Liechtenstein zugelassene Leistungserbringer" nicht eingefügt ist. Dann hätte ich noch eine andere Frage: Abs. 5 besagt, dass die Regierung sich an den Tarifverhandlungen vertreten lassen kann. Normalerweise bei den Delegationen an irgendwelche untergeordnete Stellen werden diese bezeichnet. Wer ist hier gemeint? Von wem kann sie sich vertreten lassen? Ist das das Amt für Volkswirtschaft? In den Ausführungen ist leider nichts davon zu sehen. Aber es erstaunt mich, dass hier nicht ein bestimmtes Amt oder eine bestimmte Stelle bezeichnet ist. Kann hier ein Rechtsanwalt die Regierung vertreten oder kann das extern vergeben werden? Wie ist das gemeint?
Abg. Marco Ospelt:
Ich muss offenbar doch ein bisschen weiter ausführen, wie ich das meine mit dem Abs. 4. Also, ganz konkret gesprochen: Als Leistungserbringer habe ich ja nur dann ein Interesse daran, einen tieferen Tarif als den im Lande gültigen mit der Kasse zu vereinbaren, wenn ich dadurch mir sicher sein kann, dass ich Patienten an mich binde. Also, anders gesprochen: Wenn die Patienten ohnehin nichts davon merken, ob sie von mir zu einem tieferen oder zum gültigen Krankenkassentarif behandelt werden, dann haben sie ja keinen Grund, mich als ihren Leistungserbringer zu konsultieren. Sondern, wenn ich schon über finanzielle Vergütungen meine Wettbewerbsposition definieren möchte, indem ich Leistungen zu einem tieferen Tarif anbiete, dann hat das ja nur dann einen Sinn, wenn sich das auch auf den Patienten auswirkt, z.B. dadurch, dass er dann für diese Leistung auch eine tiefere Prämie zahlen muss. Das heisst dann also, dass ich für diese Patienten eben quasi Hausarzt bin. Deshalb gehört für mich diese Bestimmung zum Hausarztsystem, wie ich ausgeführt habe. Im Hausarztsystem ist ausgeführt, dass - allerdings steht dort "mit einem anderen Hausärzteverein" - das abschliessbar wäre. Da müsste man dann "mit anderen" statt "mit einem anderen", - "mit anderen" - definieren. Aber prinzipiell ist ein Leistungserbringer, der einen tieferen Tarif vereinbart mit seiner Kasse, ja dann für die Patienten, die dann entsprechend natürlich auch geringere Prämien zahlen müssen für diese Leistungen, sonst macht das ja keinen Sinn, ist dieser Leistungserbringer dann quasi Hausarzt. Deshalb gehört diese Bestimmung in den Bereich des Hausarztmodells, des Hausarztsystems. Sonst macht es für mich keinen Sinn. Was für einen Sinn macht es, Leistungen zu einem tieferen Tarif zu vereinbaren, wenn das sich nicht auf die Patienten auswirkt? Dann würde das ja quasi den Gewinn der Kasse steigern. Also, da sehe ich nicht, was ich da für ein Interesse daran haben sollte, den Gewinn der Kasse zu steigern und in Bezug auf die Konsultation durch Patienten dann keinen Vorteil davon zu haben, wozu das?
Landtagspräsident Peter Wolff:
Denken Sie an Ihr Votum, Herr Abg. Marco Ospelt, bei Wiederbeginn unserer Beratungen nach der letzten Pause. Sie haben damals darauf hingewiesen, es gehe nicht darum - oder nicht nur darum - die Prämienhöhe zu beeinflussen, sondern gesamthaft die Kosten im Gesundheitswesen. Und die Kosten des Gesundheitswesens werden natürlich schon beeinflusst, wenn verschiedene Leistungserbringer niedrigere Tarife in Rechnung stellen.
Abg. Rudolf Lampert:
Das Problem besteht doch auch darin, und da verstehe ich den Abg. Marco Ospelt: Diesen Arzt kann ich nicht über das Hausarztsystem anwählen, da er ja in der Regel ein ausländischer ist. Weil er nicht dem normalen Tarifvertrag angehört, muss es meines Erachtens ein ausländischer Arzt sein. Dieser kann wieder nicht Mitglied im Hausärzteverein sein. Also, hier scheint etwas nicht zu korrespondieren, oder ich habe das falsch verstanden.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ja, Sie gehen von der irrtümlichen Annahme aus, Herr Abg. Lampert, dass dies nur ausländische Leistungserbringer sein können; das ist überhaupt nicht der Fall, im Gegenteil. Ich gehe davon aus, dass alle diese Tarifabschlussvorschriften ausschliesslich für inländische Leistungserbringer gedacht sind. Was nicht ausschliessen soll, aber das wird in der Praxis wohl kaum vorkommen, dass inländische Kassen auch mit ausländischen Leistungserbringern irgendwelche Tarifvereinbarungen abschliessen. Das wird - wenn es überhaupt vorkommt in der Praxis - eine verschwindend geringfügige Bedeutung haben. Der Sinn dieses Abs. 4 ist doch, dass einzelne im Inland zugelassene Leistungserbringer, unabhängig von dem, was ihre Verbände für Abmachungen mit dem Krankenkassenverband getroffen haben, mit einzelnen Krankenkassen gesonderte Tarifvereinbarungen abschliessen. Im Inland Zugelassene, seien es Ärzte, Physiotherapeuten, oder sonst immer was für Leistungserbringer.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Ich möchte zunächst bestätigen, was Sie ausgeführt haben zu Abs. 4. Es sind ja tatsächlich die inländischen Leistungserbringer gemeint, und man kann das problemlos wie in Abs. 1 auch präzisieren im Wortlaut.Dann Abs. 5, die Frage, was es mit der Bestimmung auf sich hat, dass die Regierung sich an Tarifverhandlungen vertreten lassen kann: Das haben wir einfach unkritisch, also Art. 3 Abs. 4 des geltenden Rechts, übernommen. An sich kann sich die Regierung immer vertreten lassen, sei das durch ein Amt oder sei das durch einen beigezogenen Rechtsanwalt, das passiert häufig ohne explizite gesetzliche Grundlage. Ich kann Ihnen ehrlich gesagt, offen gestanden, nicht sagen, was der Hintergrund dieser bereits geltenden Bestimmung ist.
Abg. Marco Ospelt:
Eigentlich bräuchten wir über diesen Abs. 4 nicht länger zu streiten, weil es ein "Papiertiger" bleibt, wenn nicht diese Reduktion im Tarif seitens des Leistungserbringers und dadurch die Reduktion der Kosten für dessen Patienten - sich in irgendeiner Weise auch niederschlägt in der Prämie für diese Patienten. Dann hat es ja keinen Sinn für den Leistungserbringer, besondere Tarifvereinbarungen zu machen. Ihre Meinung von den Leistungserbringern im Gesundheitswesen in allen Ehren, aber nur allein, um die Kosten zu senken, glaube ich nicht, dass ein Leistungserbringer einen besonderen Tarif nach Abs. 4 abschliessen wird, sondern er wird das machen, wenn er dadurch seine Patienten davon profitieren lassen kann. Und dann ist er Hausarzt für diese Patienten und deshalb gehört diese Regelung zum Hausarztsystem.Ich finde schon, dass, wenn der Leistungserbringer bereit ist, mit seinem Tarif runterzugehen, seine Leistungen billiger anzubieten, dass dann der Patient durch eine Prämienreduktion davon auch profitieren können muss. Oder was macht das sonst für einen Sinn?
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich bin der Meinung, das kann man ruhig den abzuschliessenden Vereinbarungen zwischen Kassen und Leistungserbringern überlassen. Sie haben sicherlich Recht, Herr Abg. Marco Ospelt, dass der Leistungserbringer auch eine Gegenleistung dafür sehen wird wollen, dass er niedrigere Tarife abschliesst. Aber da gibt es ja vielerlei Möglichkeiten. Die Kassen können z.B. sich verpflichten in so einer Vereinbarung, ihre Versicherten aufzufordern, zu diesen Leistungserbringern zu gehen, die mit den Kassen solche speziellen Tarifvereinbarungen abgeschlossen haben, das nur als Beispiel. Ich weiss nicht, warum man aufgrund von Überlegungen, die jetzt prima vista etwas für sich haben mögen, dass man sich nicht recht vorstellen kann, wie das funktionieren soll oder ob das wirklich in grossem Stil angewandt werden soll, warum man das von vornherein ausschliessen soll?
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Ergänzend dazu der Hinweis: Abs. 4 des Art. 16b wird als Hauptanwendungsfall das Hausarztmodell haben. Davon gehe ich aus, aber es ist kein Grund, um es auf das Hausarztmodell zu beschränken. Es kann ohne weiteres hier stehen bleiben.
Abg. Egon Matt:
Ich möchte nur noch einmal meine Bedenken zu Abs. 1 äussern, indem einfach jemand, der nicht Mitglied eines Verbandes ist, mit dem ein Tarifvertrag abgeschlossen wird, trotzdem da beitreten kann. Nach meiner Ansicht ist das der Tod jedes Verbandes, weil, da nehmen sich einige Leute dann die Mühe, einen Tarif auszuhandeln. Es werden auch Pflichten auf einen solchen Verband zukommen und dann kann dann einfach jeder, der nicht Mitglied dieses Verbandes ist, trotzdem diesem Tarif beitreten. Das finde ich nicht in Ordnung.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Hier kommen die Vorzüge des Abs. 4 zur Geltung. Dort ist nämlich genau vorgesehen, dass bei besonderen Tarifvereinbarungen der Beitritt für Dritte ausgeschlossen wird. Aber es braucht einen allgemeinen Tarif, der die Verhältnisse auch allgemein regelt. Aber diese Ausschlussmöglichkeit ist genau aus den Gründen, die Sie jetzt ausgeführt haben, in Abs. 4 vorgesehen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 18 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 18 steht zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Ich möchte hier eine Verständnisfrage stellen bzw. einen Sachverhalt klären. In Abs. 4 wird ausgeführt, das die Regierung Vorschriften erlässt über die Vergütung von Leistungen, die aus medizinischen Gründen durch einen Leistungserbringer im Ausland erbracht werden müssen. In Abs. 1 heisst es: In der obligatorischen Krankenpflegeversicherung steht dem Versicherten die Wahl usw., frei. Wählt ein Versicherter für die ambulante Behandlung einen Leistungserbringer, mit welchem kein Tarifvertrag besteht, z.B. einen ausländischen Leistungserbringer, vergütet die Kasse die obligatorisch versicherten Leistungen höchstens nach den vom Verband abgeschlossenen Tarifvertrag, usw.. Das sagt für mich, dass mit diesen Leistungserbringern, die aus medizinischen Gründen im Ausland auch besucht werden müssen und mit denen dann halt kein Tarifvertrag besteht, dass es sich hier um "stationäre Leistungserbringer, also um Spitäler" handelt. Ambulante Leistungserbringer, also Ärzte, Physiotherapeuten, usw., kann der Patient ja, der Versicherte, konsultieren und bekommt auf jeden Fall die Leistungen der obligatorischen Krankenversicherung vergütet, also, die Leistungen nach Tarifvertrag, wie er in Liechtenstein besteht, vergütet.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Das sehen Sie richtig so.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ja, aber ich glaube, Herr Regierungschef-Stellvertreter, der Hauptunterschied ist doch der, dass bei den Fällen nach Abs. 4 der volle Tarif der ausländischen Leistungserbringer erbracht werden soll, auch wenn er über den liechtensteinischen Tarif hinausgeht, z.B. im Notfall, sonst bräuchte es den Abs. 4 ja überhaupt nicht. Sonst würde ja die Regelung in Abs. 2 vollkommen ausreichen.
Abg. Rudolf Lampert:
Ich wollte das auch gerade ausführen, denn Abs. 2 überlässt es mir ja, einen Arzt meiner freien Wahl zu wählen, der nicht dem Tarifvertrag angeschlossen ist. Was übrigens auch die Bedenken, die der Abg. Egon Matt bei Art. 16b Abs. 1 gehabt hat, hier natürlich auch noch verstärkt. Ich kann wirklich frei wählen, auch einen Arzt, der nicht dem Tarifvertrag angeschlossen ist, und trotzdem bekommt er die Leistungen, die gemäss Tarifvertrag abgegolten werden. Das besagt Art. 18 Abs. 2 meines Erachtens.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 18a wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 18a steht zur Diskussion.
Stv. Abg. Dorothee Laternser:
Zunächst möchte ich zu Art. 18a Abs. 3 kommen. Vorgesehen ist eine Betreuung von Versicherten bis zum abgeschlossenen 16. Lebensjahr durch den Pädiater. Im Hinblick auf die überwiegende Mehrheit der Patienten eines Pädiaters ist diese Begrenzung überflüssig, denn die meisten pädiatrischen Patienten sehen schon wesentlich früher als dem 16. Lebensjahr ihren Platz nicht mehr beim Kinderarzt, sondern bei einem anderen Arzt. Für einen kleinen Prozentsatz von Kindern resp. Jugendlichen, nämlich für die Chronischkranken, ist jedoch eine Kontinuität der Betreuung wichtig. Mit 16 Jahren ist die Entwicklung längst nicht abgeschlossen. Der Facharzt für Pädiatrie heisst übrigens neu auch Facharzt für Kinder und Jugendliche. Deshalb, also im Hinblick auf Chronischkranke möchte ich mich dafür aussprechen, die Grenze für die Behandlung beim Pädiater auf 20 Jahre anzuheben. Das ist das eine und das andere ist zum Abs. 4, da steht: (Ärzte und Kassen entscheiden gemeinsam über die Mitgliedschaft im Hausärzteverein(. Da würde ich meinen, dass da eine Ergänzung zumindest denkbar wäre für den Fall, dass zwischen Ärzten und Kassen keine Einigung erreicht wird, so müsste ja wohl die Entscheidung bei der Regierung liegen, wenn eine divergierende Meinung vorhanden ist.Zu Abs. 7: Er sieht ja eigentlich vor, dass abgesehen von der in Abs. 1 vorgesehenen Versicherungsform, dem Hausarztsystem, noch weitere Hausarztsysteme möglich sind. Das erscheint aber bei uns nicht grössenverträglich, dazu ist das Land zu klein. Ein System wie das vorgesehene Hausarztsystem bedingt eine Organisationsform, die erst ab einer bestimmten Anzahl von Versicherten ausgelastet ist und optimal arbeiten kann. Deshalb spreche ich mich dafür aus, diesen Abs. 7 zu streichen.
Abg. Marco Ospelt:
So unterschiedlich können Meinungen unter Ärzten sein. Also, zunächst einmal ganz unstrittig: Ich würde vorschlagen, bei Abs. 4c aufzuführen, dass nicht nur der Informationsaustausch zwischen den behandelnden Leistungserbringern, sondern auch zwischen den Leistungserbringern und den Kassen geregelt sein sollte in dieser Hausarztvereinbarung. Zu Abs. 4, nämlich, dass bei Uneinigkeit die Regierung entscheiden sollte, da bin ich eigentlich dagegen. Ich finde, dass ein neues Mitglied im Hausärzteverein sowohl den Kassen als auch den schon beteiligten Hausärzten genehm sein muss. Ich finde nicht, dass ein Mitglied und Leistungserbringer, der entweder seinen Kollegen nicht genehm ist in diesem Hausärzteverein oder der entweder den Kassen nicht genehm ist, dann über die Regierung sich quasi "hineinquetschen" soll können in diesen Hausärzteverein, sondern diese beiden müssen sich wirklich einig sein, wen sie in ihren Verein neu aufnehmen wollen. Dann halt noch etwas: Eben da steht (Abs. 7), dass "Kassen können eine separate Vereinbarung mit andern Ärzten", wieso diese Einschränkung? Also, wenn es denn sinnvoll ist mit Leistungserbringern, konkret mit Ärzten, Tarife abzuschliessen, die tiefere Leistungen als in der bisherigen Tarifvereinbarung beinhalten sollen, wenn das schon sinnvoll ist, dann ist es sicher sinnvoll in Abs. 7 zu formulieren:"Kassen können separate Vereinbarungen mit anderen Ärzten, die sich zu einem Hausärzteverein zusammengeschlossen haben, abschliessen". Es liegt dann an der Kasse und an den Ärzten, die in diesem Hausärzteverein vereinigt sind, abzuklären, ob es sinnvoll ist, also, ob es tatsächlich einen Vorteil bringt für die Kasse, für die Ärzte und für die Versicherten, wenn sie eine separate Vereinbarung abschliessen. Das entspricht eigentlich diesem berühmten Abs. 4, über den wir uns so lange gestritten haben, und das ist für mich eigentlich dieser Abs. 4, der eigentlich hierher gehört bzw. hier jetzt ausgeführt ist.
Abg. Egon Matt:
Zunächst eine redaktionelle Anmerkung. In Abs. 2 müsste es wahrscheinlich heissen: "Bestimmungen von Art. 22 Abs. 3 und Art. 23 Abs. 2 und 3". Da fehlt ein Artikel, sonst ist es missverständlich. Dann eine Frage zu Abs. 4: Dort steht, dass der Hausärzteverein auch Spezialisten beinhalten kann. Ich möchte die Regierung fragen, wieso? Weil ja die Spezialisten erst über die Hausärzte konsultiert werden können sollen, wieso sollen dann schon die Spezialisten im Hausärzteverein sein?Bei Abs. 7 habe ich das so verstanden - oder ich bitte mich zu korrigieren, wenn ich hier eine falsche Meinung habe-, dass es einerseits ein Hausärztesystem gibt, das mit dem Verband der Krankenkassen einen Vertrag hat, dass aber andererseits jede einzelne Kasse praktisch ihr eigenes Hausärztesystem aufziehen kann und dann jede einzelne Kasse selber auch versuchen kann, mit ein paar Hausärzten ein Hausärztesystem auf die Beine zu stellen. So verstehe ich diesen Artikel, oder liege ich da falsch?
Abg. Alois Beck:
Im Bericht der Regierung heisst es, dass der Krankenkassenverband in der Vernehmlassung angeregt hat, eine Ombudsstelle einzurichten. Dies als Instrument der Qualitätssicherung. An eine solche Ombudsstelle könnten dann die Versicherten gelangen, wenn sie mit einer ärztlichen Behandlung nicht zufrieden sind, und wenn sie einen Behandlungsfehler vermuten. Die Regierung begrüsst dies grundsätzlich - heisst es da - und führt dann aus, dass die Vertragspartner im Hausarztsystem eine solche Stelle schaffen können. Es solle aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt eine gesetzliche Verpflichtung aufgenommen werden. Ich möchte hier die Regierung fragen, ob der Krankenkassenverband hier eine staatliche Stelle im Visier hatte. Langfristig ist das sicher eine Überlegung wert, eine solche Ombudsstelle einzurichten. Weshalb hat die Regierung sich entschieden, das jetzt nicht aufzunehmen?Dann möchte ich Sie noch an die Eintretensdebatte erinnern, wo wir abgemacht haben, dass die Frage bezüglich der Zunahme der Zahl der Leistungserbringer bei einem dieser Artikel hier beantwortet werden sollte.
Abg. Rudolf Lampert:
Der Verband schliesst ja hier mit dem Hausärzteverein dieses Abkommen. Ich frage mich, wer bzw. welche Instanz in Punkt b den missbräuchlichen Wechsel feststellt. In den Erläuterungen wird einfach ausgeführt, dass das in der Vereinbarung näher auszuführen ist. Ich frage mich, wer hier den missbräuchlichen Wechsel feststellen muss. Dann in Bst. c, die Weitergabe von Informationen und Dokumenten vom bisherigen Hausarzt an den neuen Hausarzt sowie der Austausch von Informationen: Das ist mir hier doch zu wenig geregelt, denn es steht in den Erläuterungen, dass die Bestimmungen des Datenschutzes eingehalten werden müssen. Ein Datenschutzgesetz gibt es nicht, ich weiss nicht warum, es liegt seit fünf Jahren bei mir in der Schublade, wurde aber nicht mehr weiter behandelt. Aber nachdem es kein solches Datenschutzgesetz gibt, möchte ich doch anregen, dass man hier die Zustimmung des Patienten einflechtet, damit der Patient die Zustimmung geben muss, wenn seine Daten - Krankheitsdaten - an den nächsten Arzt weitergegeben werden.
Abg. Oswald Kranz:
Herr Präsident, ich bin in Bezug auf Ziff. 4 dieses Artikels auch der Meinung, dass, wenn Ärzte und Krankenversicherungen beispielsweise einem Leistungserbringer die Mitgliedschaft im Hausärzteverein verweigern, dass diesem Leistungserbringer dann auch das Beschwerderecht an die Regierung gewährt werden muss.Dann denke ich auch, dass Ziff. 7 dieses Artikels für unsere begrenzten Verhältnisse hier in Liechtenstein nicht praktikabel ist und fallen gelassen werden sollte.
Abg. Marco Ospelt:
Eine kurze historische Anmerkung zu dieser Ombudsstelle. Die geht zurück auf eine Initiative der Bürgerpartei, es hat auch schon einmal eine Rampenlichtsendung stattgefunden über diese Ombudsstelle auf Initiative der Bürgerpartei. Der Krankenkassenverband hat diese Idee übernommen. Wir freuen uns darüber und ich freue mich, das hier jetzt festhalten zu können, dass das auf Initiative unserer Partei hin geschehen ist. Das war jetzt einmal ein konstruktiver Vorschlag von unserer Seite.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Also, ich habe Ihre Bemerkung, Herr Abg. Marco Ospelt, dass dies "einmal ein konstruktiver Vorschlag" von Ihrer Seite gewesen sei, nicht so verstanden, dass das die seltene Ausnahme war. Aber etwas ganz anderes. Ihr erstes Votum, Herr Abg. Ospelt, hat die ganze Problematik dieses Abs. 4 aufgezeigt. Nach dieser Formulierung in diesem Abs. 4 und so, wie sich das die Ärzteschaft und allenfalls auch der Krankenkassenverband - das weiss ich nicht - offenbar vorstellen, soll hier eine Art "closed shop" geschaffen werden, gewisse Ärzte und die Kassen natürlich, alle, die hier existieren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes den Fuss in der Tür haben, die schliessen sich zu einem Hausärzteverband zusammen, zu einem Hausärzteverein, dann wird die Türe geschlossen und ob zukünftig überhaupt noch irgendein neuer Arzt oder sonstiger Leistungserbringer, d.h. Entschuldigung, es geht hier nur um Ärzte, hier hineinkommen kann und wenn ja, welcher, das ist dann von der Zustimmung, von dem freien Ermessen der Ärzteschaft, nämlich der Ärzte, die schon drinnen sind, und der Krankenkassen abhängig. Das ist natürlich völlig unakzeptabel, das möchte ich hier mit aller Deutlichkeit feststellen. Ich würde das sogar für verfassungswidrig halten, wenn das so in ein Gesetz aufgenommen werden sollte.Abs. 7, wie er hier drinnen steht, ist nur ein unvollkommener Versuch, die Folgen dieser unmöglichen Bestimmung aufzuweichen. Meiner Meinung nach kann ein Hausärztesystem, wie es hier die Regierung grundsätzlich richtig vorschlägt, nur so verwirklicht werden, dass jeder Grundversorger in diesem Land, jeder zugelassene Arzt, der die Qualifikation als Grundversorger, wie sie hier in Abs. 3 umschrieben wird, an diesem System teilnehmen kann, wenn er will, aber nicht, wenn seine Kollegen das zulassen. So, wie Sie das vorher geschildert haben, Herr Abg. Marco Ospelt, das war wirklich mit aller wünschbaren Deutlichkeit. Sie haben gesagt: Wenn die Ärzte sagen, "der passt mir nicht", dann kann der natürlich nicht dazukommen. Oder wenn die Kassen sagen, "der passt uns nicht", dann kann er auch nicht dazukommen. Das sind ja grossartige Aussichten für die zukünftig hier tätigwerden wollenden Ärzte, die heute noch an den Universitäten studieren. Ich glaube, da sollten wir uns im Klaren darüber sein, so geht es nicht. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass es in diesem Land nur einen Hausärzteverein geben soll - man kann sich überhaupt fragen, zu was der Verein überhaupt notwendig ist, der soll wahrscheinlich gewisse Wechselbeziehungen, einen gewissen Austausch von Erfahrungen darstellen, auch zur erleichterten Kontaktaufnahme mit dem Kassenverband, das ist alles plausibel - aber dann muss jeder, der die Grundvoraussetzungen erfüllt und der daran teilnehmen will, der muss die Möglichkeit haben, daran teilzunehmen. Weil, sonst haben wir natürlich die reine Willkür, die hier entscheidet.
Abg. Marco Ospelt:
Da haben Sie mich gründlich missverstanden, Herr Präsident. Die Hauptaufgabe des Hausärztevereins in diesem Zusammenhang ist eigentlich die Qualitätssicherung. Die Regierung schreibt da, sie schreibt von Qualitätszirkeln. Ich weiss nicht, ob Sie wissen, wie solche Qualitätszirkel aussehen. Ich weiss nicht, ob Sie eine Vorstellung davon haben, wie man in der Medizin, in der Hausärztemedizin, die Qualität sichert oder die Qualität verbessert. Da geht es darum, dass Ärzte untereinander diskutieren, gegeneinander ihre Daten offen legen, gegeneinander Verläufe bei Patienten offen legen, also auch ihre Fehler diskutieren. Das möchte ich wirklich nur mit Kollegen, mit denen ich mich verstehe.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich glaube, es geht in dem Hausärzteverein schon um ein bisschen mehr als nur um Diskussionen über Qualitätssicherung. Nach der Regierungsvorlage - und über diese spreche ich, Ihr Votum war mir nur Anlass, das besonders pointiert zum Ausdruck zu bringen. Ich habe mir dasselbe schon gedacht und auch schon in Fraktionssitzungen unserer Fraktion zum Ausdruck gebracht, wie ich Ihr Votum noch nicht gekannt habe, sondern nur die Regierungsvorlage gelesen habe - nach der Regierungsvorlage muss man in dem Hausärzteverein sein, um an dem Hausärztesystem teilnehmen zu können. Da geht es nicht - auch wenn das von Ihrer Warte aus wünschbar sein mag, dass nur der dort drinnen sitzt, der Ihnen zu Gesicht steht - da geht es nicht, dass man derartige Auswahlkriterien einführte. Das müssen Sie doch um Gottes Willen einsehen.
Abg. Marco Ospelt:
Diese Ausführungen stimmen nur, wenn Sie Abs. 7 streichen. Wenn Sie Abs. 7 streichen, dann muss man in "dem" Hausärzteverein sein, um am System teilzunehmen. Wenn Sie den aber drinnen lassen, dann muss man in "einem" Hausärzteverein sein, um an diesem System teilnehmen zu können.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ja, aber wenn die Kassen nicht wollen, können auch die anderen Ärzte nach Abs. 7 keine andere Vereinbarung abschliessen, dann stehen die draussen vor der Tür, im wahrsten Sinne des Wortes.
Abg. Marco Ospelt:
Dann würden also die Kassen diese Ärzte draussen vor der Tür ausschliessen, was hätten sie da für ein Interesse daran?
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das weiss ich nicht, aber ich spreche mich gegen eine gesetzliche Regelung aus, die von vornherein völlig unnötigerweise - vor allem, wenn man die Zielrichtung dieser Gesetzesvorlage im Auge hat - die die Möglichkeit schafft, Ärzte, die die Voraussetzungen der Teilnahme am Hausärztesystem mitbringen und die daran auch teilnehmen wollen, solche Ärzte auszuschliessen. Ich sehe nicht ein, warum wir so etwas einführen sollten.
Abg. Rudolf Lampert:
Ich spreche mich ebenfalls gegen eine solche Regelung aus. Was ich nicht verstehe ist, dass wirklich ein zweiter Verein gegründet werden soll, weshalb hier nicht wie in Art. 16b, wo wir die Tarife regeln, auch mit einzelnen Ärzten diese Verträge abgeschlossen werden können und weshalb hier ein zweiter Verein gegründet werden muss, nur weil jemand nicht beim ersten Verein willkommen ist. Ich sehe das eigentlich auch, Sie haben den Ausdruck "closed shop" verwendet, ich sehe das auch in diese Richtung, und das begrüsse ich auch nicht.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich möchte die Regierung ersuchen, bis zur 2. Lesung sich das zu überlegen und eine andere Lösung betreffend diesen Hausärzteverein zu bringen, sonst sehe ich keine Möglichkeit, diesem Artikel zuzustimmen.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Jetzt sind wir beim Thema, das der Abg. Alois Beck schon lange gerne diskutiert hätte. Jetzt ist es so weit. Die zentrale Frage - und das ist sicher ein Knackpunkt bei diesem Art. 18a - ist, ob man mit dem Hausarztmodell eine beschränkende Wirkung bezüglich der Zahl der Leistungserbringer erreichen will oder nicht. Auf die Zusammenhänge zwischen der Zahl der Leistungserbringer und den Kosten wurde bereits hingewiesen. Ich denke, dass es weitherum unbestritten ist, dass eine Korrelation besteht. Dabei kann man sicher nicht die Auffassung vertreten, dass jeder in Liechtenstein neu zugelassene Arzt direkt in vollem Umfang die Kosten entsprechend erhöht, weil ja zum Teil - je nach Disziplin, die er vertritt - Behandlungen, die heute im Ausland gemacht werden, substituieren kann. Also, wenn vor allem in einem Bereich, wo es in Liechtenstein noch keine vollständige Abdeckung gibt, eine neuer Arzt seine Tätigkeit aufnimmt, kann man davon ausgehen, dass entsprechend weniger Leistungen im Ausland eingekauft werden müssen. Aber es gibt natürlich auch Bereiche, wo wir in eine eigentliche Überversorgung hineinlaufen können, weil das liechtensteinische Gesundheitswesen für die Leistungserbringer offensichtlich recht attraktiv ist. Es ist natürlich die Forderung im Raum, hier das Hausarztsystem auch zu einer Beschränkung der Zahl der Leistungserbringer einzusetzen. Eine solche Beschränkung kann natürlich nicht nach diskriminierenden Gesichtspunkten erfolgen, sie muss rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen. Es kann nicht sein, dass wir einfach nach willkürlichen Überlegungen den zulassen und den andern nicht. Das versteht sich von selbst. Das wäre mit unserer Verfassung, mit den Verpflichtungen aus dem EWR-Abkommen nicht vereinbar. Der Fehler der Konzeption, wie wir sie vorgelegt haben, ist schon rein optisch, dass man von einem Hausärzteverein ausgeht und dann in Abs. 7 die Möglichkeit eines zweiten Vereins andeutet. Das ist etwas unglücklich. Die Idee der Regierung war die: Es gibt die Möglichkeit des Hausarztmodells. Die Krankenkassen haben das anzubieten, mindestens eine Versicherungsmöglichkeit haben sie anzubieten für ihre Versicherten. In so einem Hausarztsystem soll es den Leistungserbringern und den Kassen freistehen, die Partner zu bestimmen, mit denen sie zusammenarbeiten wollen. Das Korrektiv, um eben den "closed shop" zu vermeiden, ist, dass nötigenfalls eine zweite oder auch eine dritte und vierte Hausärztevereinigung entstehen kann. Was in Abs. 7 gesagt wird mit "eine separate Vereinbarung" - hier ist "eine" nicht numerativ zu verstehen, sondern als unbestimmter Artikel - eine etwas missverständliche Formulierung, die wir sicher korrigieren müssen. Die Frage ist, ob dieses Korrektiv von Abs. 7 ausreicht. Nach Ansicht des Landtagspräsidenten reicht sie nicht aus, ist vor allem mit dieser Konzeption eine andere Lösung zu finden. Das wird nicht ganz einfach sein, wenn wir das Ziel nicht aus den Augen verlieren wollen, eine beschränkende Wirkung mit dem Hausarztsystem zu haben. Die Gretchenfrage ist die, ob es eine irgendwie geartete Bedürfnisklausel in diesem Artikel geben soll. Das ist die politische Entscheidung, die zu fällen ist. Hier ist eine Bedürfnisklausel im Grunde angelegt in dieser Hausärztevereinbarung, wo dann die Hausärzte sagen, jetzt sind wir genügend, jetzt können wir die Versorgung im Lande ausreichend gewährleisten, jetzt ist das Boot voll. Im Korrektiv der Regierung, Abs. 7, besteht dann die Möglichkeit, wenn der Markt das hergibt, weitere Hausärztevereinigungen zu gründen. Eine andere Möglichkeit ist, die vom Herrn Landtagspräsidenten angesprochen ist, dass man sagt, jeder hat Anspruch darauf, wenn er die Voraussetzungen erfüllt, zugelassen zu werden. Dann allerdings besteht keinerlei beschränkende Wirkung mehr. Also hier wird, ich möchte sagen, eine Quadratur des Kreises notwendig sein, aber das sind wir ja mittlerweile gewohnt. Wir werden versuchen, das auf eine möglichst befriedigende Art und Weise zu regeln.Ich denke, dass noch ein paar Detailfragen zu beantworten sind. Ja, der Abg. Egon Matt hat gefragt, warum die Spezialärzte erwähnt sind. Die Idee ist, dass die Spezialärzte in dieses System einbezogen werden sollen, aber nicht so, dass jeder Versicherte einfach direkt zu seinem Spezialarzt gehen kann. Das natürlich nicht. Sie sollen Spezialärzte bleiben, aber sie sollen integriert sein. Sie sind ja auch mit zuständig, mitverantwortlich für Kosten, die in diesem System entstehen, wenn sie Patienten behandeln, die ihnen zugewiesen werden. Auch da ist ein fachliches Gespräch im Rahmen des Qualitätszirkels sinnvoll. Die gehören an den Tisch, aber als Spezialärzte. Sie werden dadurch nicht zu Grundversorgern. Es scheint mir wichtig, dass man diese Klarstellung macht. Dann die Ombudsstelle. Unseres Erachtens ist es nicht notwendig, eine gesetzliche Pflicht zu statuieren für eine solche Ombudsstelle, schon gar nicht für eine staatliche Ombudsstelle, wer immer die auch ins Spiel gebracht hat. Wir denken, dass die Krankenkassen und die Leistungserbringer selbst in der Lage sind, so etwas einzurichten, wenn es notwendig ist.Dann die Frage des missbräuchlichen Wechsels. Das ist Sache der Krankenkassen. Ich meine, wenn jemand immer dann, wenn er krank ist und einen Arzt braucht, jeweils den Arzt wählt, den er will und dann immer wechselt, dann ist es offensichtlich ein missbräuchlicher Wechsel. Dann werden die Krankenkassen halt die Prämienermässigungen streichen und die Kostenbeteiligung geltend machen. Da braucht es keinen behördlichen Akt. Ich denke, das sind die wichtigsten Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Abg. Johannes Matt:
Jetzt möchte ich noch ein paar generelle Bemerkungen zum Hausarztsystem anbringen, vor allem auch Fragen. Soviel ich verstanden habe während unserer Diskussion in der Finanzkommissionssitzung, ist ja einer der grossen Vorteile des Hausarztsystems, dass ja auch gegenseitig Zahlen ausgetauscht werden. Es kann verglichen werden, was für Aufwände von welcher Art für welche Behandlungsmethode entstehen. Das ist ja einer der Vorteile, der einzige, den ich mir vorstellen kann beim Hausarztmodell. Jetzt muss es aber doch wirklich das Ziel sein, dass es soviel wie möglich Hausärzte gibt, damit der Markt so breit wie möglich ist, damit diese Zahlen verglichen werden können. Weil, ich will niemanden zu nahe treten, aber wenn wir nur eine sehr beschränkte Anzahl von Hausärzten haben, die einander sehr gut kennen, die über Jahre hinweg schon gewisse partnerschaftliche Verhältnisse haben, dann könnte es doch wirklich so entstehen, dass diese offene Diskussion, die notwendig ist, eben nicht stattfinden wird. Und dann hat dieses Modell keine Chance. Daher muss es wirklich so sein, dass jeder, der diese Ausbildung hat, die er benötigt, Mitglied dieses Vereins sein können muss, sonst sehe ich den Vorteil dieses Systems nicht mehr.
Abg. Egon Matt:
Ich danke für die Präzisierung bezüglich Spezialärzte in Art. 4. Das war mir sehr wichtig. Ich möchte nur anmerken, wenn man das wirklich so macht, dass jeder Zugang hat dann zu diesem Verein, dann muss man auch in Abs. 3 die Begriffe viel genauer definieren. Dann kann man nicht mehr einfach schreiben "Allgemeinpraktiker". Da müsste es da z.B. heissen: "Facharzt für Allgemeinmedizin nach den Ausbildungskriterien des Sanitätsgesetzes", oder so etwas, damit auch festgelegt ist, das sind fertig ausgebildete, nach dem Sanitätsgesetz zur freien Berufsausübung befugte Ärzte. Das wäre schon wichtig, dann die richtigen Begriffe da zu verwenden.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Aber das ist ohnehin Voraussetzung, Herr Abg. Matt. Schon nach Abs. 1 geht es ja nur um in Liechtenstein zugelassene Ärzte und in Abs. 3 wird das noch präzisiert mit "Allgemeinpraktiker, Allgemeininternisten sowie Fachärzte für Pädiatrie bis zu einem bestimmten Alter und für Frauen Gynäkologen".
Abg. Alois Beck:
Herr Regierungschef-Stellvertreter. Sie haben da ausgeführt beim Hausärzteverein, dass es verschiedene Möglichkeiten gäbe bezüglich des Zugangs der Aufnahme. Sie haben da von einer Bedürfnisklausel gesprochen. Ich möchte Sie nun fragen, ob eine solche Bedürfnisklausel EWR-konform ist. Dann haben Sie gesagt, Sie sehen in Bezug auf diese Ombudsstelle keine gesetzlich Pflicht. Sie sehen nicht ein, dass man so etwas jetzt errichten sollte. Wie es im Bericht der Regierung heisst, könnte eine solche Ombudsstelle den Versicherten dienen, wenn sie mit einer ärztlichen Behandlung nicht zufrieden sind, oder wenn sie einen Behandlungsfehler vermuten. Und an einer Stelle heisst es auch, dass man eine solche Stelle als Instrument der Qualitätssicherung betrachten kann. Wir haben ja nachher noch diese speziellen Artikel bezüglich Qualitätssicherung. Aber hier stellt sich die Frage, wie man das praktikabel machen kann, wenn es nicht toter Buchstabe bleiben soll. Gerade, wie wir gehört haben, sind die Versicherten und Patienten ohne eine Stimme, die sie irgendwo vertritt. Und ich glaube doch, dass solch eine Stelle hier etwas bewirken könnte, dass sich die Regierung hierzu noch Gedanken machen sollte, gerade im Hinblick darauf, dass die Patienten hier eben sich nicht organisierten, zumindest bis jetzt, und sie sich dementsprechend auch artikulieren können.
Abg. Rudolf Lampert:
Herr Regierungsrat. Die Ausführungen zum Abs. b, wo Sie einfach der Krankenkasse diese Kompetenz zubilligen, haben mich nicht befriedigt. Wenn wir die Ereignisse in der Schweiz sehen, wie missbräuchlich Kunden bzw. Versicherte aus der Versicherung praktisch ausgeschlossen werden, indem Prämien noch bezahlt werden für Abwerber, usw., was sich in der Schweiz heute abspielt, da muss ich einfach sagen, dass hier unter Umständen auch eine Tür geöffnet wird. Ich schmeisse jemanden aus dem Hausarztsystem, damit er eine teurere Prämie hat. Er muss also dann praktisch die Krankenkasse wechseln, weil in der Regel Arztwechsel im Zusammenhang mit Krankheit entsteht, und er somit zu einem nicht mehr interessanten Versicherten wird für die Versicherung. Ich würde hier schon irgendwie festhalten, dass, wenn man aus dem Hausarztmodell ausgeschlossen wird, irgendwie eine Möglichkeit hat, sich zu wehren als Versicherter, dass das irgendwo festgehalten wird.Dann haben Sie sich zu Bst. c nicht geäussert, als ich den Datenschutz angesprochen habe, ob Sie hier auch eine Möglichkeit sehen, die Patientenzustimmung einfliessen zu lassen.
Abg. Marco Ospelt:
Mir scheint es auch, dass es hier Regelungen und Kriterien geben muss, nach welchen ein Patient dann aus dem Hausarztsystem ausscheidet und in das System der freien Arztwahl quasi entlassen wird. Das kann sicher nicht dem freien Ermessen der Krankenkasse überlassen werden, da muss es sicher Kontrollmechanismen geben.Was mich dann interessiert, ist die Meinung der Experten, die die Regierung bei der Erarbeitung dieses Hausarztsystems zugezogen hat in Bezug auf die Intensität der Qualitätssicherung, in Bezug auf die Intensität des Datenaustausches, wenn man davon ausgeht, dass alle in Liechtenstein niedergelassenen Ärzte zwangsweise im selben Hausärzteverein sind. Ich bin mit dem Abg. Johannes Matt der Meinung, dass es sinnvoll ist, wenn möglichst viele Ärzte im Hausarztsystem beteiligt sind, und wenn möglichst viele Patienten im Hausarztsystem beteiligt sind. Das bedingt aber nicht, dass sie alle im selben Hausärzteverein zusammengeschlossen sein müssen.
Abg. Alois Beck:
Entschuldigung, ich habe noch etwas vergessen vorhin. Wir haben jetzt die eventuelle Zunahme der Zahl der Leistungserbringer nur unter dem Aspekt des Hausarztsystems betrachtet. Aber das ist ja nur eine Option. Und grundsätzlich hat ja doch noch jeder eine freie Wahl der Leistungserbringer. Wie sehen Sie da eben diese Frage bezüglich Niederlassung der Ärzte?
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich habe auch noch eine Frage an die Regierung. Eine andere, aber auch im Zusammenhang mit Abs. 4, und zwar wegen der Tarifgestaltung für Hausärzte. Bei der Behandlung des Art. 16e wurde seitens der Regierung gesagt, dass diese Tarife auch für Hausärzte gelten, und wir lesen auch auf Seite 64 des Berichtes, dass die Vergütung der Leistungen sich im Hausarztsystem auf die Tarifvereinbarungen stützen kann, die auch im Grundsystem gelten. Dann heisst es dort im Bericht: "Es sollen aber auch Abweichungen von diesem Tarif, Vereinbarungen möglich sein, oder es kann ein völlig anderes Vergütungssystem gewählt werden.". Ich nehme an, dass da auf den Bst. e von Abs. 4 abgestellt wird, nur heisst es dort gemäss Einleitungssatz: "Die Vereinbarung hat Regelungen zu enthalten über die Vergütung von Leistungen der im Hausärzteverein zusammengeschlossenen Ärzte". Also ich möchte die Regierung fragen und bitten, das bis zur 2. Lesung zu prüfen, ob das nicht so gemeint ist, dass für die Hausärzte in allen Fällen eine Spezialregelung unabhängig von Art. 16b vorgesehen ist. Ich möchte vor allem ersuchen, das bis zur 2. Lesung so zu präzisieren, dass es unzweideutig klar ist, welche Art von Tarifvereinbarungen hier für die Hausärztetätigkeit möglich ist.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Das machen wir, Herr Präsident. Der Abg. Alois Beck hat gefragt, ob eine Bedürfnisklausel EWR-konform wäre. Nach heutigem Kenntnisstand ja, weil, nichts anderes sind ja die Kassenzulassungssysteme, die in Deutschland, Österreich und den meisten europäischen Staaten praktiziert werden. Das sind genau solche Systeme, wo Behörden oder Kassen definieren, wie weit der Bedarf nach Kassenärzten besteht, und dann wird eben zugelassen oder nicht zugelassen. Richtig ist allerdings auch, dass nach Einschätzung von EWR-Fachleuten dieses System des Kassenarztsystems, wie es beispielsweise in Österreich besteht, etwas der Erosion ausgesetzt ist, möchte ich sagen. Es gibt neueste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, die Fragen aufwirft, ob das ein System ist, das in alle Zukunft halten wird. Ich kann das nicht mit Sicherheit ausschliessen, dass das EWR-rechtlich auch einmal in Frage gestellt werden könnte. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass das, was wir hier vorschlagen, wenn es mit einer Bedürfnisklausel kombiniert würde, immer noch weit weniger restriktiv ist, als was beispielsweise in Österreich gemacht wird, weil wir dann quasi ein Kassenarztsystem im Bereich des Hausarztmodells hätten, während in Österreich das Kassenarztsystem flächendeckend gilt. Also, es ist ein Modell, das in Diskussion ist, zu sagen, wir realisieren in Liechtenstein eine Art Kassenarztmodell für den Hausarztbereich. Das ist eine Spielart. Und das könnte man sicher nicht von vornherein als unverhältnismässige Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gemäss EWR-Abkommen bezeichnen, weil ja der Zugang zu den Versicherten ausserhalb des Hausarztmodells grundsätzlich frei ist. Damit habe ich auch diese zweite Frage von Ihnen beantwortet. Es steht grundsätzlich den Ärzten aus dem EWR-Raum frei, sich in Liechtenstein um eine Konzession nach Sanitätsgesetz zu bemühen. Eine andere Frage ist, ob ausländerrechtliche Restriktionen dann zur Anwendung kommen oder nicht. Das ist ein anderes Thema. Aber grundsätzlich kann die sanitätsrechtliche Voraussetzung erfüllt werden.Dann noch einmal der Abg. Lampert: Zur Frage der Befugnis der Krankenkassen zu entscheiden, welche Massnahmen sie bei Missbräuchen treffen, da sehe ich an sich keine Probleme. Es gibt eine Vielzahl möglicher Konflikte zwischen Krankenkassen und ihren Versicherten. Die Übernahme einer Rechnung, über die Leistungspflicht generell, das ist halt ein weiterer möglicher Streitpunkt, der entstehen kann, der auf dem dafür vorgesehenen Rechtsweg halt dann zu klären ist. Aber wir sollten nicht anfangen, uns als Behörde in die Rechtsbeziehung Patient und Krankenkasse einzumischen. Selbstverständlich gibt es Aufsichtspflichten des Amtes, gibt es Hilfestellungen, die man gibt. Aber wir denken, dass das geltende Recht da genügend Handhabe bietet, um hier zum Rechten zu sehen. Wichtig wird sein, dass alle Versicherten, die sich auf das Hausarztsystem einlassen, wissen, was sie damit tun. Sie müssen wissen, was sie damit im Bereich der Datenübertragung akzeptieren. Und das ist eine Frage der Information der Patienten, der Versicherten, dass sie wissen, dass, wenn sie sich für das Hausarztsystem entscheiden, dass sie nicht nur günstigere Prämien haben, sondern auch, wenn sie den Hausarzt wechseln, einverstanden sein müssen, dass die Information weitergeht, dass ihr Patientendossier an den nächsten behandelnden Arzt weitergegeben wird. Ich denke, die Patienten werden das sehr gut verstehen. Sie haben das allergrösste Interesse, dass der neue Hausarzt möglichst lückenlos über ihre Geschichte informiert ist. Also, da sehe ich an sich keine gravierenden Probleme, sondern nur die Pflicht, den Versicherten das klipp und klar zu sagen, dass das so ist. Und das kann man sicherstellen, dass sie mit dem Dokument, mit dem sie den Beitritt erklären, dass das dort klipp und klar steht.
Abg. Rudolf Lampert:
Sie sagen damit aus, dass es ein Hausarztmodell oder eine Hausarztwahl nur dann gibt, wenn ich zugleich auch meine Krankengeschichte der gesamten Ärzteschaft des Hausärztevereins offenlege, bzw. zu dem Arzt, zu dem ich gehe, dass da einfach frei kommuniziert werden kann. Ich sehe nicht ein, was eigentlich der Hinderungsgrund sein soll, dass ich einverstanden bin, dass meine Krankengeschichte zum nächsten Arzt geht. Ich sehe hier nicht ein, warum hier dieses Einverständnis nicht eingeholt werden soll.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Sie geben Ihr Einverständnis in der Weise, indem Sie den neuen Arzt ja selbst auswählen. Der wird Ihnen ja nicht aufoktroyiert. Das ist ja genauso, wie wenn ich heute ohne Hausarztsystem von dem Arzt, der mich bisher behandelt hat, wechsle zu einem anderen Arzt, und der wird sich dann selbstverständlich bei dem Arzt, der mich früher wegen derselben Umstände behandelt hat, erkundigen und die Krankengeschichte einholen oder was auch immer. Wenn Sie sich einem neuen Arzt anvertrauen, Sie vertrauen sich dem an, dann ist es ja logisch, dass der sich auch mit seinem Behandlungsvorgänger unterhalten können muss über das, was bisher geschah. Das ist ja nur in Ihrem eigenen Interesse. Wenn Sie kein Vertrauen zu dem haben, wenn Sie nicht wollen, dass der Unterlagen über Ihre bisherige Behandlung zu Gesicht bekommt, dann dürfen Sie eben nicht zu dem hingehen.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Vielleicht liegt das Missverständnis dort, dass vorhin erwähnt wurde, dass da Diskussionen im Kreis stattfinden, und die werden natürlich über anonymisierte Patientendaten geführt. Es ist also nicht so, dass 20 Ärzte im Kreis sitzen und über den Abg. Rudolf Lampert und seine Krankengeschichte diskutieren. Das wäre natürlich ein schlimmes Missverständnis. Aber, wenn Sie Ihren Hausarzt wechseln und sagen, ich gehe jetzt zum nächsten Hausarzt, weil der andere nicht mehr verfügbar ist, oder ich nicht zufrieden bin mit dem, dann ist es schon geboten, dass der neue Arzt weiss, welche Krankengeschichte Sie im Rucksack haben. Ich denke, das ist vor allem in Ihrem Interesse.
Abg. Marco Ospelt:
Also, es gibt natürlich Situationen, wo man tatsächlich zum Beispiel die Meinung eines völlig unbeteiligten, unvorbelasteten Arztes hören will. Diese Situation gibt es. Meistens kann man sie mit seinem behandelnden Arzt klären. Es mag die Gelegenheit geben, dass das nicht möglich ist. Es mag auch für einen Patienten im Hausarztsystem einmal vorkommen. Ich glaube, wir müssen hier festhalten, dass es dann den Weg zum Beispiel über den Landesphysikus geben muss, über den Vertrauensarzt der Krankenkasse geben muss, dass man dann einen andern Arzt zuziehen kann, ohne dass dieser neue Arzt vorbelastet ist durch Meinungen, durch Beeinflussungen seitens des früheren Arztes. Diese Möglichkeit gibt es ganz selten, aber es kommt vor.
Abg. Rudolf Lampert:
Ich sehe nicht ein, weshalb die Krankengeschichte eines Hausarztpatienten transparenter gemacht werden soll als wie die Krankengeschichte eines Patienten, der der freien Arztwahl angehört. Die Begründung hat auch der Abg. Marco Ospelt vorhin aufgebracht. Ich sehe nicht ein, weshalb Sie sich so sträuben. Es gibt wirklich Gründe. Vielleicht möchte ich den Arzt wechseln, weil ich mich einfach mal von der Krankengeschichte entledigen soll. Es geht nicht um Krankheiten, die ich vielleicht jetzt habe, sondern vielleicht habe ich mal irgendetwas gehabt, das ich dem neuen Arzt gar nicht mitteilen will. Ich sehe nicht ein, weshalb hier die Krankengeschichte transparent gemacht werden soll. Zumindest müsste dann eine zeitliche Beschränkung oder irgendwas eingeführt werden. Vielleicht können Sie mir begründen, weshalb Sie sich dagegen so sträuben?
Abg. Alois Beck:
Also ich würde hier doch ein etwas pragmatischeres Vorgehen sehen. Es ist ja auch so, dass man jetzt, wenn man beim Arzt ist, für bestimmte spezielle Behandlungen weitergeschickt wird, und dass dann bestimmte Daten auch weitergegeben werden. Es liegt sicher auch im Verantwortungsbereich dieses Arztes, was er da mitteilt. Ich glaube, hier muss man das nicht so dramatisch sehen. Sonst kann man das sicher mit diesem betreffenden Arzt dann besprechen, wenn man seine Vergangenheit oder Teile der Vergangenheit irgendwo begraben will. Ich sehe jetzt nicht unmittelbar einen Bedarf, wo man das speziell regeln müsste. Höchstens, dass man bei einem Wechsel - und das wird wahrscheinlich der Fall sein -, dass man beim Wechsel das Einverständnis gibt, dass eben die Daten auch weitervermittelt werden. Das dürfte, glaube ich, in den allgemeinen Bedingungen dann enthalten sein. Und wenn das ein Patient nicht will, muss er sich dann halt melden. Das ist meine Meinung.
Abg. Marco Ospelt:
Insofern ist diese Meinung schon richtig. Vielleicht muss man hier noch einmal klarlegen den Unterschied Hausarztmodell und freie Arztwahl. Beim Hausarztmodell verspricht man sich ja gerade deshalb einen Einsparung von Kosten, weil zum Beispiel keine Doppelspurigkeiten stattfinden. Das bedingt dann natürlich, dass die Daten weitergegeben werden. Währenddem, bei der freien Arztwahl geht der Patient wann er will wohin er will und generiert dadurch möglicherweise Kosten, die gespart werden könnten, wenn die Information fliessen würden. Ich glaube, es geht um diese Information.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Herr Abg. Lampert. Wir werden für das Problem eine adäquate Lösung finden. Abs. 4 Bst. c sagt ja nichts anderes, als dass Regelungen zu entwickeln sind über die Weitergabe von Informationen. Das ist ja das, was Sie verlangen. Wir werden dafür sorgen, dass solche Regelungen sachgerecht sind. Soweit die Patientengeschichte für den neuen Arzt von Bedeutung sein kann, so wie es der Abg. Marco Ospelt gesagt hat, dass eben bestimmte Röntgenaufnahmen gemacht worden sind, bestimmte Therapien erfolgreich oder vielleicht nicht erfolgreich stattgefunden haben, dann muss das natürlich weitergegeben werden. Sonst entleert man das System seines Sinns. Aber wenn die Geschichte 10 Jahre her ist und keinerlei Bezug mehr zur Gegenwart hat, dann leuchtet mir auch ein, dass das entweder nicht weitergegeben werden muss oder nur mit Zustimmung des Patienten. Da findet man sicher eine Lösung, wie sie ja angelegt ist in diesem Bst. c. Ich glaube, das ist kein Punkt, wo wir uns zu sehr den Kopf zerbrechen müssen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Meine Damen und Herren. Wir diskutieren jetzt seit mehr als 6 Stunden über das Krankenversicherungsrecht und haben mit Mühe und Not ca. 60% des Gesetzestextes in 1. Lesung gelesen. Wenn Sie hier nicht eine Nachtsitzung durchführen wollen bis 1 oder 2 Uhr früh, würde ich empfehlen, dass wir die Diskussion - immerhin befinden wir uns in der 1. Lesung und müssen heute keinerlei Entscheidungen treffen - ein wenig einschränken.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir machen jetzt eine 10-minütige Pause.DIE SITZUNG IST UNTERBROCHEN
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