SCHAFFUNG EINES GESETZES ÜBER DIE ZULASSUNG VON DOLMETSCHERN UND ÜBERSETZERN VOR GERICHTEN UND VERWALTUNGSBEHÖRDEN (NR. 10/1999), 1. LESUNG
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir kommen zu Traktandum 10: Bericht und Antrag der Regierung zur Schaffung eines Gesetzes über die Zulassung von Dolmetschern und Übersetzern vor Gerichten und Verwaltungsbehörden. Der Bericht und Antrag Nr. 10/1999 der Regierung steht zur Diskussion.
Abg. Ingrid Hassler:
Die vorgesehene gesetzliche Verankerung der Zulassung von Dolmetschern und Übersetzern bei Gerichten und Verwaltungsbehörden unterscheidet sich zu den bisherigen Richtlinien a) im Wegfall der Vereidigung und b) infolge EWR auch vom Erfordernis des Inlandwohnsitzes. Die nötige Gewerbebewilligung, und zwar als Dolmetscher und nicht nur als Übersetzer, ist also per Gesetz ohne dieses Wohnsitzerfordernis zu erteilen. Eine Änderung im Gewerbe-Gesetz wäre deshalb meines Erachtens auch nötig. Die bisher zugelassenen Personen erhalten gemäss Art. 10 einen Besitzstand. Von einer Regelung über die Zulassung von gerichtlichen Sachverständigen wird abgesehen. Diese konzessionierte Tätigkeit verlangt einen besonderen Befähigungsnachweis, da sie den Kernbereich der Gesetzesanwendung durch Gerichte und Verwaltungsbehörden berührt und als sogenannte Hilfspersonen der Justiz in ein besonderes Nahverhältnis zum Staat als Träger öffentlicher hoheitlicher Gewalt steht. Ich habe mich gefragt, in welcher Form und durch wen geprüft wird, ob die konzessionierte Fremdsprache entsprechend beherrscht wird? Zum Beispiel kann gemäss Art. 3 Abs. 1b eine Person ohne fachspezifische Ausbildung aufgrund sechsjähriger Berufserfahrung als Dolmetscher und Übersetzer die Bewilligung erhalten. Es braucht keine Prüfung und auch keinen Nachweis, in welchem Ausmass diese praktische Tätigkeit im In- oder Ausland ausgeübt wurde. Interessant ist auch, dass die Bewilligung nur erteilt wird, wenn die Qualifikation als Dolmetscher vorgewiesen werden kann, die höher ist als die Tätigkeit nur als Übersetzer. Auch denke ich, dass die Führung des Zusatzes, "vor Gerichten und Verwaltungsbehörden zugelassener Dolmetscher und Übersetzer" eingeschränkt werden sollte auf die Zulassung an Gerichten und Behörden im FL, also in Liechtenstein, ansonsten je nach Anforderungen der Zulassungstitel weltweit in unserem Land eingeholt werden könnte. Es frägt sich allerdings, ob für die Zulassung nicht wenigstens auf den EWR-Wohnsitz zu beschränken wäre, denn das Gegenrecht wird uns wohl nicht weltweit gewährt. Ich habe mich auch gefragt, ob eine Zulassung hier in Liechtenstein eine EWR-weite Tätigkeit zulässt? Dann eine Frage: Ist eine solche Bewilligung unbeschränkt gültig, auch wenn nachweislich über einen längeren Zeitraum eine solche Tätigkeit nicht ausgeübt wird? Einige weitere Fragen ergeben sich sicher noch bei der Lesung. Ich habe mich hier bewusst auf die männliche Form konzentriert und keine Probleme gehabt, "Frau" mitzudenken.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wird das Wort noch gewünscht? Das ist nicht der Fall. Eintreten scheint unbestritten zu sein. Dann können wir mit der 1. Lesung beginnen. Art. 1 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 1 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 2 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 2 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 3 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 3 steht zur Diskussion.
Abg. Gabriel Marxer:
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Abg. Hassler es in ihrem Eintretensvotum nicht schon erfasst hat, aber mir scheint dieser Buchstabe g von Abs. 1 schon etwas fragwürdig formuliert. Warum braucht er noch extra eine Gewerbebewilligung als Berufsvoraussetzung, damit er überhaupt gerichtlich beeideter Dolmetscher sein kann? Nach meiner Kenntnis ist dies im Gewerbegesetz nicht ausdrücklich vorgesehen, dass eine Gewerbebewilligung als Dolmetscher ausgestellt werden kann.
Abg. Ingrid Hassler:
Ich möchte die Regierung bitten, meine verschiedenen Fragen aus dem Eintreten zu beantworten.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich bin der Auffassung, dass dieser Art. 3, auch Teile dann des Art. 4, der noch kommt, obwohl oder gerade deshalb, weil Inhalte der bisherigen regierungsinternen Richtlinien hier mehr oder weniger unkritisch übernommen wurden, in dieser Form nicht begrüssenswert ist. Wenn man schon ein Gesetz erlässt über die Voraussetzungen für die Zulassung gerichtlich tätiger Dolmetscher und Übersetzer, dann sollte man meiner Meinung nach etwas besseres machen, als das, was man bisher gehabt hat, und sollte man klare und sinnvolle Bewilligungsvoraussetzungen schaffen. Die Voraussetzungen, die hier enthalten sind in Art. 3, sind reichlich verwirrend. Die Berufskenntnisse, wenn jemand nicht ein Diplom als Dolmetscher und Übersetzer vorweisen kann, werden praktisch überhaupt nicht überprüft. Nach Art. 4 kann das jedermann, der das einfach behauptet, selbst bekräftigen. Es werden teilweise dann wieder Erleichterungen gewährt in Abs. 2 und Abs. 3, die mir völlig widersinnig erscheinen oder die völlig widersinnige Beispiele ermöglichen. Man kann z.B. irgendein Hochschulstudium, keineswegs ein fremdsprachiges oder das Studium einer Fremdsprache abgeschlossen haben, dann wird bereits die erforderliche Praxistätigkeit halbiert. Warum, weiss ich ehrlich gesagt nicht, weil was das mit der Fähigkeit als Dolmetscher und Übersetzer zu tun haben soll, wenn ich, sagen wir einmal, nicht KV-Abschluss habe, sondern ein Jus-Studium, ist mir schleierhaft. Deswegen muss ich noch lang nicht italienisch oder spanisch können, weil ich Medizin studiert habe oder sonst irgendetwas. Ähnlich Abs. 3. Dort wird vom Erfordernis der Berufserfahrung überhaupt abgesehen, wenn der Bewerber ein Nachdiplomstudium an einer Hochschule in der betreffenden Fremdsprache erfolgreich abgeschlossen hat. Das ist insofern besonders originell, als dann, wenn ein Bewerber die entsprechende Fremdsprache studiert hat, dann bekommt er diese Erleichterung nicht. Aber wenn er das nicht hat und nur ein Nachdiplomstudium - was eine kurze einjährige Sache sein kann - in der Fremdsprache, aber über ein ganz anderes Thema, nicht etwa über die Fremdsprache als solche selbst, abgeschlossen hat, dann braucht er überhaupt keine Berufserfahrung. Das sind, ich weiss es, mehr oder weniger aus den bisherigen Richtlinien entnommene Inhalte. Ich finde, bei Anpassung dieses Gesetzes sollte man, soweit es solche Ungereimtheiten in den bisherigen Richtlinien gab, diese beseitigen. Ich möchte daher grundsätzlich die Regierung ersuchen, bis zur 2. Lesung sich diese Bewilligungsvoraussetzungen noch einmal zu überlegen und möchte dabei auch eines anregen: Wenn wir schon ein Gesetz machen über die Bewilligung der bei Gericht und bei Verwaltungsbehörden gewerbsmässig auftretenden Dolmetscher und Übersetzer, dann frage ich mich, ob es nicht angebracht wäre, nachdem es ja nur um diesen eingeschränkten Abschnitt der Berufsausübung geht, hier überhaupt nur Leute zuzulassen, die eine Ausbildung nachweisen können auf diesem Gebiet, d.h. die entweder an einer Universität oder an einer Dolmetscher- und Übersetzerschule das Übersetzen in dieser Fremdsprache gelernt haben, und die nicht nur irgendwo einmal in einem fremden Land waren und dort ein bisschen praktiziert oder dies und jenes gemacht haben, und die dann sagen: Ich kann ja das tadellos übersetzen. Weil, ich muss Ihnen sagen, bei den Übersetzern, die wir heute teilweise erleben bei Gericht, ist es nicht immer die reine Freude, den Übersetzungen zuzuhören. Wenn es sich um eine Fremdsprache handelt, die man selbst ein wenig beherrscht, wie z.B. Englisch, dann erlebt man oft seine blauen Wunder, was dort übersetzt wird. Und das sind halt teilweise auch, oder zum Grossteil, Leute, die Praxis nachweisen können, die dies in dieser oder jener Form schon längere Zeit machen, die aber von einer Ausbildung entweder in der deutschen Sprache, wenn es fremdsprachige Personen sind, oder in der entsprechenden Fremdsprache, nie etwas gehört haben, geschweige denn eine absolviert haben.
Regierungschef Mario Frick:
Ich würde Ihnen gerne widersprechen, ich kann es aber nicht. Es ist in der Tat so, dass diese Richtlinien zum grössten Teil aus dem Jahre 1979 stammen, mit einer Änderung 1987, ja, wie soll ich sagen: Man merkt jetzt, wo die Fehler liegen, nachdem es systematisiert ist. Sowohl in der Vernehmlassung als auch in der Behandlung ist uns nichts aufgefallen, weil diese Richtlinie auch unbeanstandet eben seit 1979 rund vorgelegen hat. Wir werden die Voten, die abgegeben wurden, insbesondere die Fragen der Abg. Ingrid Hassler, beantworten. Die Vorlage der Regierung wird sehr viel klarer auf die Frage eingehen müssen, was "vollkommene Beherrschung" bedeutet, wie das nachgewiesen wird. Sie wird insbesondere auch den Aspekt der Ausbildung kehren müssen, also die Logik in den Absätzen 2 und 3 ist mir auch nicht ergründbar. Vermutlich deswegen, weil es keine Logik in diesen beiden Absätzen gibt. Wir werden das entsprechend kehren und wahrscheinlich sehr viel näher an eine österreichische Vorlage herangehen. Problematisch kann es allenfalls bei den schon bestehenden Bewilligungen werden. Da werden wir eine gewisse Besitzstandswahrung wahrscheinlich handhaben müssen einerseits. Andererseits weiss ich, dass bei bestimmten Sprachen es sehr schwierig ist, entsprechende Dolmetscher und Übersetzer zu kriegen. Ich denke an die Sprachen auf dem Balkan, also serbokroatisch etc., dass man da vielleicht eine gewisse Öffnung, eine gewisse Ausnahmemöglichkeit schaffen könnte. Aber wir werden dies auf die 2. Lesung entsprechend anpassen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 4 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 4 steht zur Diskussion.
Abg. Ingrid Hassler:
Ich möchte bei Abs. 3 vorschlagen, dass es heisst: "Vor liechtensteinischen Gerichten und Verwaltungsbehörden zugelassene Dolmetscher" usw.
Abg. Gebhard Hoch:
Mir ist Abs. 2 nicht ohne weiteres klar: Heisst das, dass im Rahmen der Zivilprozessordnung und der Strafprozessordnung andere Kriterien an einen Dolmetscher gestellt werden, als hier generell in diesem Gesetz vorgesehen ist? Wenn dem so wäre, würde ich den Sinn eigentlich nicht einsehen. Es sollte doch ein Gesetz da sein, das für alle Auftritte eines Dolmetschers vor Gerichten und Verwaltungsbehörden Gültigkeit hat.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Ich möchte das unterstützen, was der Abg. Hoch sagt. Ich glaube, hier handelt es sich überhaupt um ein Missverständnis bei der Übernahme von Richtlinieninhalten. Der Anlass für die Erlassung dieser Regierungsrichtlinien im Jahr 1979 war ja der Wunsch einiger, nach gewissen Gerüchten nur eines bestimmten Übersetzers in diesem Land, sich allgemein beeideter Übersetzer nennen zu können. Das hat nach einigem Drängen, wie das hierzulande üblich ist, dazu geführt, dass eine solche Richtlinie erlassen wurde und das war ja auch der Hauptinhalt der Richtlinie: Die Ernennung als allgemein beeideter Dolmetscher und Übersetzer. Da gab es in Art. 6 eine Bestimmung, dass die in diesen Richtlinien vorgesehene allgemeine Beeidigung, die Zulassung und Beeidigung eines Dolmetsch vor Gericht im Sinne der ZPO-Bestimmungen nicht berührt. Damit sollte gesagt werden: Dadurch, dass die Regierung dich zugelassen hat als allgemein beeideter Dolmetsch, damit bis du noch nicht gerichtlich vereidigter Dolmetsch. Wenn du dort bestellt wirst in einem Verfahren, musst du immer noch gemäss ZPO den Sachverständigen-Eid schwören. Das hat man jetzt hier, wo ja von Beeidigung im Rahmen dieses Gesetzes eigentlich nicht mehr die Rede ist, übernommen, indem man sagt, die Zulassung gemäss Abs. 1, also die Bewilligung im Sinne dieses Gesetzes, berührt die Zulassung und Beeidigung vor Gericht nicht. Das erweckt nun einerseits tatsächlich einen seltsamen Eindruck - wie der Abg. Hoch schon gesagt hat - indem es ja in Art. 1 heisst: "Dieses Gesetz regelt die Voraussetzungen für die Zulassung von Dolmetschern und Übersetzern vor Gerichten und Verwaltungsbehörden", also auch vor Gerichten und in Art. 4 Abs. 2 steht teilweise praktisch das Gegenteil. Ich meine, dass jemand, der nach diesem Gesetz eine Bewilligung als gerichtlicher und verwaltungsbehördlicher Dolmetscher und Übersetzer erhält, deshalb nicht quasi schon einen Anspruch darauf hat, in einem konkreten Gerichtsverfahren zugelassen zu werden. Das ist klar und auch dass er dort nach den Prozessvorschriften einen Eid, der sich ja jeweils nur auf das konkrete Verfahren bezieht, zu leisten hat, ist auch klar. Aber das sollte man vielleicht etwas anders formulieren.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 5 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 5 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 6 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 6 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 7 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 7 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 8 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 8 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 9 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 9 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 10 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 10 steht zur Diskussion.
Abg. Ingrid Hassler:
Ich möchte vorschlagen, diesen Satz zu erweitern, indem man schreibt:"Wenn sie den Antrag innert zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes stellen". Ich glaube, den Besitzstand kann man auf Antrag nicht lebenslänglich garantieren.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das möchte ich einerseits unterstützen, vom Grundsatz her und andererseits möchte ich zu bedenken geben bis zur 2. Lesung, ob es nicht angebracht wäre im Hinblick auf den Umstand, dass meines Wissens der Grossteil aller bisher zugelassenen sogenannten allgemein beeideten Dolmetscher und Übersetzer keinerlei Ausbildung in den Fremdsprachen, in denen sie zur Dolmetscherei und zum Übersetzen zugelassen wurden, nachzuweisen haben, ob man hier nicht eine etwas schärfere Übergangsbestimmung aufnehmen kann. Je nachdem, welche Bewilligungsvoraussetzungen man schlussendlich einführen will, scheint es mir nicht unangebracht. Es gibt auch hiefür Beispiele in anderen Gesetzen, dass man jetzt nicht auf unabsehbare Zeit auch Leute mit keinerlei Ausbildung weiter in der selben Art und Weise tätig sein lässt.
Abg. Ingrid Hassler:
Ich möchte mich Ihren letzten Ausführungen, Herr Präsident, anschliessen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir können weiterlesen.
Art. 11 wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 11 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
Art. 12 Inkrafttreten
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 12 steht zur Diskussion.
Abg. Rudolf Lampert:
Die Abg. Ingrid Hassler hat mich darauf gebracht, indem sie sagt, dass ein Antrag gestellt werden muss. Im ganzen Bewilligungsverfahren gibt es aber keinen Antrag. Beispielsweise in Art. 3 Abs. 1 steht: "Die Regierung erteilt auf Antrag die Bewilligung". Beispielsweise eine Bewilligung zur Berufsausübung usw. Da brauche ich auch keinen Antrag. Ich schliesse die Ausbildung ab und bin anschliessend berechtigt, diesen Beruf auszuüben. Hier wird doch auf einen Antrag abgestimmt, so wie ich das verstehe.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Das ist völlig richtig, Herr Abg. Lampert, das haben wir übersehen.-ooOoo-