Abkommen zwischen der Regierung des Fürstentums Liechtenstein und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten (Nr. 61/2012)
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Wir kommen nun noch zu Traktandum 12: Abkommen zwischen der Regierung des Fürstentums Liechtenstein und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten.
Der bezügliche Bericht und Antrag der Regierung trägt die Nr. 61/2012 und steht zur Diskussion.Stv. Abg. Helen Konzett Bargetze
Besten Dank, Herr Präsident, werte Abgeordnete. Das «Visa Waiver Program» der USA ist Voraussetzung für die visumbefreite Einreise von Liechtensteiner Touristen in die USA für einen Aufenthalt von bis zu 90 Tagen. Liechtenstein muss das vorliegende Abkommen «über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten» mit den USA abschliessen, um am «Visa Waiver Program» der USA teilnehmen zu können. Die USA machen bilaterale Abkommen zum Austausch von Daten zu schweren Straftaten also zur Bedingung für die Möglichkeit der visumbefreiten Einreise zu touristischen Zwecken.
Die USA erhalten so den Vorteil des Zugangs zu für sie sicherheitsrelevanten Daten. Vorteile sieht die Regierung auch für Liechtenstein, indem das Abkommen den liechtensteinischen Sicherheitsbehörden bei schweren Straftaten verbesserte Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit den US-Behörden bietet.
Von grosser Bedeutung scheint mir in diesem Zusammenhang die Gewährleistung des Persönlichkeitsschutzes unserer Staatsbürger. Wichtig zu dessen Gewährleistung sind zwei Kriterien: Der Anwendungsbereich und das Vorhandensein besonderer Schutzmechanismen für persönlichkeitsrelevante Daten.
Zum Anwendungsbereich: Der Anwendungsbereich des Abkommens beschränkt sich auf schwere Straftaten und zielt vor allem auf die organisierte Kriminalität einschliesslich des Terrorismus. Es sind Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr geahndet werden.
Wichtig ist und bleibt der Schutz personenrelevanter Daten, die für die Aufklärung einer schweren Straftat nicht relevant sind. Personenbezogene Daten, aus denen die Ethnie, politische Anschauung, weltanschauliche Überzeugungen, sexuelle Orientierung oder Mitgliedschaft in Gewerkschaften hervorgeht oder die die Gesundheit und das Sexualleben betreffen, dürfen nicht zur Verfügung gestellt werden, ausser wenn sie für die Zwecke dieses Abkommens besonders relevant sind. Die Regierung ist durch Art. 14 aufgefordert, besondere Schutzmechanismen zu treffen, um solche sensiblen personenbezogenen Daten zu schützen.
Durch mehrere Vertragsartikel, etwa zur Gewährleistung von Datensicherheit, Transparenz für die Betroffenen, Überprüfung und Dokumentation und durch zusätzliche Schutzmechanismen wird der Schutz verstärkt. Die Vertragsparteien Liechtenstein und USA behalten zudem die Möglichkeit, die Datenbearbeitung durch die Kontrollbehörde bzw. die Datenschutzstelle der jeweils anderen Vertragspartei zu überprüfen. Die Summe all dieser Punkte gewährleistet meiner Ansicht nach einen genügenden Persönlichkeitsschutz.
Ich werde dem Abkommen zustimmen. Trotzdem habe ich zwei Fragen und zwei kritische Anmerkungen:
Zur ersten Anmerkung: Zum 4. Absatz der Präambel des Vertragsentwurfs erwähnt die Regierung den Prümer Vertrag sowie den dazugehörenden Beschluss, der die Formulierung des vorliegenden Abkommens inspirierte. Hierzu möchte ich anmerken, dass von den drei erwähnten Sachverhalten, die erwähnt sind, nämlich Terrorismus, grenzüberschreitende Kriminalität und die illegale Migration, nur die ersten zwei, Terrorismus und grenzüberschreitende Kriminalität, schwerwiegende Straftaten darstellen. Beim dritten Sachverhalt, der illegalen Migration, handelt es sich rechtlich gesehen nicht um ein Verbrechen, sondern lediglich um ein Vergehen. Hier hätte ich mir in der Präambel eine sensiblere Formulierung gewünscht, die diesem Umstand Rechnung tragen würde.
Zur zweiten Anmerkung: Bei Uneinigkeit über die Auslegung oder Anwendung besteht keine übergeordnete Instanz, die angerufen werden kann, sondern die Vertragsparteien haben lediglich die Möglichkeit, sich zu konsultieren, den Vertrag im gegenseitigen Einverständnis abzuändern oder, als letztes Mittel, den Vertrag zu kündigen.
Zur Frage betreffend die Kosten: Die Regierung schreibt, diese liessen sich heute noch nicht beziffern. Kann die Regierung wenigstens eine ungefähre Schätzung dazu wagen, in welcher Grössenordnung sich die Kosten der Systemanpassungen, die die Schweiz Liechtenstein für die schweizerisch-liechtensteinische Fingerabdruck- und DNA-Datei in Rechnung stellen wird, sich bewegen werden?
Zur Frage zu unterschiedlichen Strafmassen bzw. zur unterschiedlichen Beurteilung von Straftaten: Bestimmte Straftatbestände in Liechtenstein müssen in den USA nicht unbedingt als schwere Straftaten gelten und umgekehrt. Wie gehen die Abkommenspartner bzw. die Vertragsparteien in solchen Fällen mit ihrer Auskunftspflicht um? Reicht hier nach Ansicht der Regierung die erwähnte Möglichkeit aus, dass beide Länder besonders schwere Straftaten festlegen können, für die eine Vertragspartei nicht verpflichtet ist, personenbezogene Daten gemäss Art. 5 und 9 des Abkommens zu übermitteln, oder reicht das nicht? Plant die Regierung, solche Straftaten zu definieren, zu denen Liechtenstein nicht verpflichtet sein soll, Daten zu übermitteln? Oder planen dies die USA? Ich denke an Fälle wie Spionage, Waffenhandel und Waffenbesitz oder schweren Steuerbetrug. Die Aufzählung ist nicht abschliessend.
Besten Dank für eine Rückmeldung zu meiner Anmerkung und zu meinen Fragen.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Besten Dank.Abg. Christian Batliner
Danke, Herr Präsident. Ich schliesse mich dem Votum meiner Vorrednerin Helen Konzett Bargetze vollumfänglich an. Ich habe noch zwei Fragen ergänzend. Die Regierung führt aus, dass die Umsetzung des automatisierten Abgleichs auch von der Willensbildung und der Umsetzung der Schweiz abhängig ist. Jetzt ist das mit dem automatischen Abruf von Daten immer ein bisschen eine heikle Geschichte. Wie ist da der Diskussionsstand in der Schweiz? Gibt es da Vorbehalte bezüglich dieses Übereinkommens? Hat die Regierung da Gespräche mit der Schweiz gesucht?
Und gerade auch im Hinblick auf die Kosten, meine Vorrednerin hat das angeschnitten, da führt die Regierung aus, dass die Kosten nicht abschätzbar sind, letztendlich hängen die finanziellen Aufwendungen vom technischen Ausbau bzw. von der Anpassung des schweizerischen Systems ab. Ist da irgendwo eine Grössenordnung bekannt, was für Kosten da auf uns zukommen? Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Besten Dank. Damit gebe ich das Wort an Herrn Regierungsrat Hugo Quaderer.Regierungsrat Hugo Quaderer
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren. Danke auch für die positive Aufnahme dieses Bericht und Antrages. Ich denke, es ist ein wichtiges Abkommen. Wenn wir die Reisefreiheit in die USA auch in Zukunft uneingeschränkt aufrechterhalten wollen, dann müssen wir diesem «Visa Waiver Program» dementsprechend auch wieder beitreten können, wir müssen dabei sein. Ich werde versuchen, auf die gestellten Fragen einzugehen.
Die erste Frage wurde die Kosten betreffend gestellt. Es ist wirklich schwierig, jetzt abzuschätzen oder eine Aussage zu machen, wie hoch die Kosten sein werden, weil wir nicht wissen, in welchem Umfang die Schweiz ihre Datenbank letztendlich dann auch aufzurüsten hat. Ich kann Ihnen nur eine Grössenordnung geben. Wir haben heute eine Nutzungsgebühr, die jährlich anfällt für die Datenbank von Fedpol - und das sind CHF 30'000. Aber wie gesagt, es hängt von der Art und Weise und vom Umfang ab, wie das System dann aufgerüstet werden muss. Also das könnte eine Grössenordnung sein, aber wir reden nicht von Millionen. Dass das auch klar ist.
Und dann zur Frage, wie die Umsetzung bzw. die Willensbildung in der Schweiz ist: Die Schweiz hat auch erkannt, dass es keinen anderen Weg gibt, als dieses Abkommen auszuhandeln und abzuschliessen. Und hier laufen die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der USA ebenfalls auf Hochtouren. Das ist ja ein Abkommen nach dem Muster, glaube ich, wie es Österreich oder Frankreich bereits abgeschlossen haben. Also alle Abkommen sind nach dem gleichen Standard, die die USA immer bilateral mit einem Staat abschliessen. In der Schweiz muss das auch bis Ende Juni unter Dach und Fach sein. Das ist eine klare Vorgabe seitens der USA.
Und dann noch zur Frage der unterschiedlichen Beurteilung von Straftaten. Es ist so, dass im Abkommen festgehalten ist, dass es Straftaten sein müssen, die nach nationalem Recht mit mehr als einem Jahr Strafe bedroht sind. Und das ist letztendlich dann auch der Orientierungsrahmen bzw. wo die Latte gesetzt ist. Also das sind Straftaten, die mit mehr als einem Jahr nach unserem Strafgesetzbuch bedroht sind. Das ist die Richtschnur und an das haben sich die Parteien auch letztendlich zu halten. Es ist also nicht vorgesehen, dass man in einem Durchführungsabkommen diese Straftaten einzeln auflistet, weil hier bei uns das Strafgesetzbuch entsprechend gilt. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Besten Dank, Herr Regierungsrat, für die Ausführungen.
Gibt es dazu noch Wortmeldungen?
Wenn nicht, dann können wir uns dem Antrag der Regierung zuwenden. Er lautet wie folgt: «Der Hohe Landtag wolle diesen Bericht und Antrag zur Kenntnis nehmen und dem Abkommen zwischen der Regierung des Fürstentums Liechtenstein und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten seine Zustimmung erteilen».Landtagspräsident Arthur Brunhart
Besten Dank. Sie haben den Antrag gehört. Gibt es dazu Wortmeldungen?
Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir ab: Wer dem Antrag zustimmen möchte, möge bitte jetzt die Stimme abgeben. Abstimmung: Einhellige Zustimmung
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Damit hat der Landtag einhellig mit 23 Stimmen bei 23 Anwesenden die Zustimmung erteilt.
Nachdem wir etwas zügiger vorangekommen sind als ich befürchtet hatte, ist es mir möglich, Sie etwas früher als geplant in den wohlverdienten Feierabend zu entlassen.
Ich danke Ihnen sehr herzlich für die Mitarbeit, wünsche Ihnen noch einen schönen Abend und unterbreche die Sitzung bis morgen, Donnerstag, 09:00 Uhr.
Besten Dank.Die Sitzung ist geschlossen (um 20:20 Uhr).
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