Abänderung des Gesundheitsgesetzes (Nr. 84/2012); 1. Lesung
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Meine Damen und Herren Abgeordnete, wir setzen unsere Beratungen fort und kommen somit zu Traktandum 41: Abänderung des Gesundheitsgesetzes.
Der Bericht und Antrag der Regierung trägt die Nr. 84/2012. Er steht zur Diskussion. Abg. Gisela Biedermann
Danke, Herr Landtagspräsident, für das Wort. Der vorliegende Bericht und Antrag hat zum Ziel, einer Klageerhebung an den EFTA-Gerichtshof zuvorzukommen, die auf ein derzeit laufendes Vertragsverletzungsverfahren folgen würde.
Die ESA sieht in dem im Gesundheitsgesetz in Artikel 63 festgelegten Prozedere, wonach ein Dentist nur im Angestelltenverhältnis bei einem konzessionierten Zahnarzt arbeiten darf, eine ungerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nach Artikel 31 EWRA.
Durch eine ersatzlose Streichung dieses Artikels 63, der derzeit de facto nur noch für eine einzige Person in unserem Lande gilt, würde die EWR-Konformität auf dem schnellstmöglichen Wege wiederhergestellt.
Zur definitiven Niederlassung bedarf ein allenfalls ansuchender Dentist dann ohnehin der Bewilligung durch Regierung und Gesundheitsamt, womit die Sicherstellung der erforderlichen Qualifikation gewährleistet sein sollte. Eine eigenverantwortliche Tätigkeit als «Zahnarzt», wie im Kommentar der Vorlage auf Seite 8 bemerkt, ist gar nicht möglich, da ein Dentist schlicht kein Zahnarzt ist. Die Regelung im LGBl. 1986 Nr. 12, unverändert übernommen ins LGBl 1998 Nr. 76, wollte wie auch der gegenständliche Artikel 63 im Gesundheitsgesetz, vor allem der Gefahr von Verwechslungen von Dentisten und Zahnärzten vorbeugen. Ich bin eigentlich überzeugt, dass diese Gefahr in heutiger Zeit bei unserer gut informierten Bevölkerung nicht mehr besteht und schon aus diesem Grund auf diese Vorsichtsmassnahme im Gesetz verzichtet werden kann.
Ich befürworte diese vorgeschlagene Gesetzesänderung und bin für Eintreten auf die Vorlage, habe aber noch folgende Fragen: - Worin besteht die auf Seite 8 des Bericht und Antrags angesprochene «Reglementierung» des Dentistenberufes in Liechtenstein, und warum ist zur Wiederherstellung der EWR-Konformität die Aufhebung von Art. 63 einer Reglementierung dieses Berufes vorzuziehen?
- Gemäss Aussage auf derselben Seite 8 im Bericht und Antrag heisst es, dass die Ausbildung zum Dentisten bis 31.12.1975 nur in Österreich möglich war. Wo macht man sie seit 1.1.1976?
- Wie überprüft das Amt für Gesundheit die Qualifikation eines allfälligen Antragstellers auf Erteilung einer Bewilligung zur selbstständigen Berufsausübung, wenn nachher Art. 63 aufgehoben ist?
- Von welcher Entscheidung vom 2. Juli 2008 ist hier die Rede, worüber die Regierung sich nicht hinwegsetzen konnte? (Seite 8 Mitte)
Danke. Landtagspräsident Arthur Brunhart
Besten Dank. Damit gebe ich das Wort an den Herrn Regierungschef-Stellvertreter Martin Meyer.Regierungschef-Stellvertreter Martin Meyer
Danke, Herr Präsident. Mit der vorliegenden Regierungsvorlage haben wir eine Diskussion zu führen, wie die Abg. Gisela Biedermann auch ausgeführt hat, nämlich wie das Verhältnis von Dentisten und Zahnärzten künftig in diesem Land geregelt sein sollte.
Zum Hintergrund: Wir haben hier in Liechtenstein einen tätigen Dentisten. Den Beruf des Dentisten gibt es heute eigentlich praktisch nicht mehr. Es gibt in Österreich noch zirka 200 Dentisten, aber in der Schweiz zum Beispiel finden Sie dieses Berufsbild nicht. Und darum die Frage: Wo werden Dentisten seit dem 1.1.1976 ausgebildet? Es gibt diese Ausbildung nicht mehr. Der Beruf des Dentisten ist ein aussterbender Beruf in Europa. Bitte entschuldigen Sie diese Formulierung, aber vom Berufsbild her gibt es diese Ausbildung nicht mehr. Und darum stehen die europäischen Staaten auch vor der Herausforderung, wie dieser Beruf reglementiert wird.
In anderen europäischen Staaten ist der Dentist als eigenständiger Beruf zur eigenverantwortlichen Berufsausübung zugelassen und in Liechtenstein war dies nie so. Sie haben richtig das bestehende Gesundheitsgesetz zitiert, in Art. 63 ist der Dentist geregelt. Sie haben auch richtig auf das alte Sanitätsgesetz aus den 80er Jahren referenziert. Dort wurde dieser Dentist überall mitgeführt, aber im Angestelltenverhältnis eines Zahnarztes. Und das ist der Punkt, welchen die ESA beklagt, nämlich, dass man eine Person nicht in ein Angestelltenverhältnis zwingen darf, sondern, wenn ein solches Berufsbild vorhanden ist, muss das eigenverantwortlich ausübbar sein.
Nun haben Sie zwei Varianten: Entweder Sie verzichten auf die Gesetzesgrundlage, indem Sie den Art. 63 streichen, so wie das die Regierung vorsieht. Das hat aber zur Folge - und damit beantworte ich Ihre Fragen -, dass keine Reglementierung mehr vorhanden ist. Das heisst, der Beruf des Dentisten, wenn Sie diesen Weg beschreiten, der wird bei uns nicht mehr ausgeübt werden können, oder Sie gehen einen anderen Weg hinsichtlich der EWR-Konformität. Sie stellen Reglementierungen auf und erlassen entsprechende Gesetzesartikel, sodass der Beruf des Dentisten künftig in Liechtenstein wieder ausübbar ist. Wobei das wäre dann eine konkrete Anlassfallgesetzgebung. Und hierbei müssen Sie eine Güterabwägung machen. Wenn Sie den Weg beschreiten, so wie das die Regierung jetzt vorgibt, dann gibt es dieses Berufsbild nicht mehr. Das heisst, das Amt für Gesundheit als zuständige Behörde kann auch nichts überprüfen und ein allfälliger Dentist kann hier in Liechtenstein seine Arbeit auch nicht ausüben. Das ist eine Variante.
Und die zweite Variante, wie Sie die EWR-Verträglichkeit wieder herstellen können, ist, dass Sie im Gesundheitsgesetz entsprechende Regelungen erlassen, ähnlich, wie man das bei anderen Gesundheitsberufen auch gemacht hat, sodass der Beruf des Dentisten ausgeübt werden kann. Wobei, wie ich bereits ausgeführt habe, wird es künftig keine Dentisten mehr geben. Das heisst, Sie machen eine Gesetzgebung für aktuell einen tätigen Dentisten in Liechtenstein. Das ist die Ausgangslage, die Sie auch politisch zu bewerten haben.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Besten Dank für Ihre Ausführungen.Abg. Gisela Biedermann
Danke, Herr Landtagspräsident. Ich bin auch sehr einverstanden mit dieser Vorlage und ich habe das auch schon gesagt, dass ich dahinterstehe. Nur noch zur Konkretisierung: Dieser eine Dentist, der offensichtlich jetzt noch seinen Beruf ausübt und vermutlich im Angestelltenverhältnis, so wie das unter § 63 vorgesehen ist, wird sich an seinem Status etwas ändern oder wird er jetzt sicher weiterarbeiten können - denke ich. Was geschieht mit dieser Person?Abg. Johannes Kaiser
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren. Vielleicht ist meine Anfrage identisch mit jener von der Abg. Gisela Biedermann. Gibt es hier eine Regelung der Besitzstandswahrung des Status dieses Dentisten, dass er in diesem Verhältnis weiter wirken kann oder gibt es da eine Änderung durch diese Gesetzgebung?Regierungschef-Stellvertreter Martin Meyer
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Nein, eine Besitzstandswahrung wird es nicht geben. Eine neue Übergangsbestimmung ist nicht machbar. Das wurde mit der ESA abgeklärt. Damit wir eben nicht in ein Vertragsverletzungsverfahren hineinlaufen, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wir streichen diesen Art. 63 und dann wird der Dentist seinen Beruf nicht mehr ausüben können, oder wir ändern das Gesundheitsgesetz so ab, dass wir den Beruf des Dentisten explizit aufnehmen und reglementieren. Aber um das völlig klarzustellen, weil auch die Kollegin Müssner heute nicht hier ist, werden wir auf die 2. Lesung eine Stellungnahme machen und dann werden wir im Detail auf die Problematik und auf die beiden Lösungswege noch einmal eingehen. Landtagspräsident Arthur Brunhart
Besten Dank für Ihre Ausführungen. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen gibt, können wir zur 1. Lesung schreiten. Art. 63 wird verlesen.
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Art. 63 steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
II. wird verlesen.
Landtagspräsident Arthur Brunhart
II. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt.
Damit haben wir das Gesetz über die Abänderung des Gesundheitsgesetzes in 1. Lesung beraten.
Der Abg. Peter Hilti meldet sich.Abg. Peter Hilti
Danke, Herr Landtagspräsident. Ich möchte beantragen, die letzten zwei Traktanden auf Oktober zu verschieben. Hier geht es um eine Eignerstrategie und um eine Beteiligungsstrategie. Wir haben aus den Diskussionen heute gesehen, dass die sehr kontrovers auch geführt werden können. Das zuständige Regierungsmitglied ist nicht im Saal anwesend, kann nicht anwesend sein. Es besteht keine zeitliche Dringlichkeit. Ich beantrage die Verschiebung dieser zwei Traktanden. Danke.Landtagspräsident Arthur Brunhart
Sie haben den Antrag des Abg. Peter Hilti gehört, die beiden Traktanden 42 und 43 auf die nächste Landtagssitzung zu verschieben.
Gibt es dazu Wortmeldungen?
Wenn nicht, stimmen wir über diesen Antrag ab: Wer der Verschiebung der beiden Traktanden 42 und 43 auf die Oktober-Landtagssitzung zustimmt, möge bitte jetzt die Stimme abgeben. Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 20 Stimmen
Landtagspräsident Arthur Brunhart
Damit hat der Landtag mit 20 Stimmen der Verschiebung zugestimmt. Wir werden diese beiden Traktanden also auf die Traktandenliste der Oktober-Sitzung aufnehmen. -ooOoo-