ÜBEREINKOMMEN VOM 21. FEBRUAR 1971 ÜBER PSYCHOTROPE STOFFE; ABÄNDERUNGEN DES BETÄUBUNGSMITTEL- UND DES SANITÄTSGESETZES (NR. 51/1999), 1. LESUNG
Landtagspräsident Peter Wolff:
Meine Herren. Wir setzen unsere Landtagssitzung fort. Wir kommen zu Traktandum 11: Bericht und Antrag der Regierung betreffend das Übereinkommen vom 21. Februar 1971 über psychotrope Stoffe sowie betreffend das Gesetz über die Abänderung des Betäubungsmittelgesetzes und das Gesetz über die Abänderung des Sanitätsgesetzes. Der Bericht und Antrag Nr. 51/1999 der Regierung steht zur Diskussion.
Abg. Marco Ospelt:
Mit der Drogenpolitik der Regierung und den Internationalen Übereinkommen ist das so eine Sache. Einerseits deshalb, weil ja die Drogenpolitik der Regierung noch gar nicht wirklich definiert und formuliert ist. Wir kennen zwar einige Elemente, von denen die Regierung gesagt hat, sie wolle sie gerne in ihre Drogenpolitik integrieren, z.B. die Diversionsmassnahmen, z.B. die Straffreiheit des Konsums oder auch die therapeutische Heroinabgabe an Schwerstsüchtige. Aber wie diese Bestimmungen genau aussehen, wie die Drogenpolitik der Regierung letztendlich aussehen wird, wissen wir eigentlich nicht. Andererseits bringen die internationalen Übereinkommen, die uns hier vorliegen - und ich nehme hier Traktandum 11 und 12 in eines, andererseits bringen diese Übereinkommen etliche Verschärfungen in den Bestimmungen für den Umgang mit Betäubungsmitteln und nehmen auch einige neue Stoffe in die Liste der Betäubungsmittel auf. Zum Beispiel enthält Traktandum 11, das wir jetzt behandeln, einen Passus über die Strafbestimmungen, in denen enthalten ist, dass der Staat zwar die Möglichkeit habe, entweder anstelle einer Verurteilung oder Bestrafung oder zusätzlich zu dieser vorzusehen, dass diese Personen sich Massnahmen der Behandlung, der Erziehung, der Nachbehandlung, der Rehabilitierung und sozialen Wiedereingliederung zu unterziehen hätten, aber von einer generellen Straffreiheit des Drogenkonsums ist in diesen Übereinkommen nichts enthalten. Die Regierung hat ja bisher immer argumentiert, sie müsse vorsichtig sein in ihrer Drogenpolitik, sie müsse vorsichtig sein in der Liberalisierung des Umgangs mit Drogen in Liechtenstein, weil diesem Vorhaben internationale Übereinkommen entgegenstünden.Deshalb frage ich mich: Warum bringt die Regierung diese Übereinkommen gerade heute vor den Landtag? Das eine - Traktandum 11 - datiert vom 21. Februar 1971, das andere vom März 1972, und es wurde schon unterzeichnet von der Regierung, nämlich am 25. März 1972. Warum wird es uns genau heute vorgelegt, noch bevor wir das Konzept der Regierung zu ihrer Drogenpolitik kennen, ohne dass wir überprüfen könnten, ob diese Übereinkommen nun tatsächlich mit dieser neuen dannzumaligen Drogenpolitik nicht enthalten ist. Ich bedauere es eigentlich, dass die Regierung in der Zeit seit Herbst 1997, wo wir in diesem Hause intensiv über Drogenpolitik diskutiert hatten, bis heute nicht in der Lage war, ihre neue Drogenpolitik zu formulieren. Ich habe gewisse Zweifel an ihrer Aussage, die sie immer wiederholt in diesen Vorlagen, dass diese Übereinkommen die Drogenpolitik der Regierung nicht behinderten. Ich habe meine Zweifel daran, ob das tatsächlich so ist, ob tatsächlich die Intentionen, die die Regierung uns als ihre neue Drogenpolitik so grosso modo dargelegt hat, wirklich durch diese Übereinkommen nicht behindert werde.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wird das Wort noch gewünscht? Herr Regierungschef-Stellvertreter. Ich möchte Sie bitten, bei Ihrer Wortmeldung auch die Frage zu beantworten, ob dieses Übereinkommen Bestimmungen, Bestandteile enthält, die einen sogenannten Self-Executing-Charakter haben. Die Ausführungen der Regierung auf Seite 35 veranlassen mich zu dieser Frage, weil es dort heisst, dass dem Übereinkommen der Self-Executing-Character weitestgehend fehle. Es steht aber nicht drin, dass das Übereinkommen diesen Charakter überhaupt nicht habe. Ich möchte Sie daher bitten, zu erläutern, was diese leichte Einschränkung zu bedeuten hat.
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Um mit Ihrer Frage anzufangen, Herr Präsident. Diese leichte Einschränkung hängt damit zusammen, dass es naturgemäss sehr schwer ist, im Voraus unabhängig von einem konkreten Anwendungsfall zu bestimmen, ob ein Abkommen und Teile eines Abkommens bestimmte Artikel unmittelbar anwendbar sind, Self-Executing-Charakter haben oder nicht. Es gibt Abkommen, bei denen die unmittelbare Anwendbarkeit explizit ausgeschlossen ist, dann ist die Sache klar. Es gibt andere Verträge und Vertragsbestimmungen, die von ihrer Art her unschwer einzuordnen sind. Bei den meisten Vertragsbestimmungen ist es aber so, bei einer sehr grossen Zahl von Verträgen ist es so, dass es sehr schwer festzulegen oder zu beurteilen ist im Voraus, brauchen diese Vertragsbestimmungen eine Umsetzung durch den Gesetzgeber oder sind sie hinreichend klar, damit sie von den Gerichtsbehörden oder den Verwaltungsbehörden direkt unmittelbar angewendet werden können. Es ist meines Wissens nicht möglich, und zwar nicht nur in unserer Verwaltung nicht, sondern mir ist auch kein Abkommen bekannt, das der Bundesrat im Schweizerischen Parlament vorgelegt hätte, wo man im Voraus bei einer grossen Zahl von Bestimmungen jeweils fixieren hätte können oder wollen, was für einen Rechtscharakter diese Bestimmung hat. Also wir können nicht ausschliessen, dass es Bestimmungen gibt, zu denen ein Gericht feststellen wird im Anwendungsfall, dass diese Bestimmung genügend klar ist, um direkt angewendet werden zu können. Das ist die Sache des Gerichts. Wenn der Gesetzgeber mit dieser Situation nicht einverstanden ist, dann hätte er die Möglichkeit, Umsetzungsgesetzgebung zu erlassen, was natürlich sehr schnell unsere Kräfte überfordern würde. Ich weiss, dass diese Antwort nicht sehr befriedigend ist, aber im Grunde genommen müssen alle vertragsschliessenden Teile mit einer gewissen Unsicherheit in diesem Bereich leben, wenn nicht der Wille der Vertragsparteien eindeutig eruierbar ist. Das dürfte bei multilateralen Abkommen immer dann schwierig sein, wenn nicht eine explizite Fixierung des Rechtscharakters des Vertrages oder einzelner Bestimmungen gemacht wird. Das ist meines Wissens die Ausnahme.Dann zum Abg. Marco Ospelt. Herr Abgeordneter, die Drogenpolitik der liechtensteinischen Regierung ist sehr wohl definiert, und zwar sehr konkret. Die Regierung hat in einer sehr ausführlichen Postulatsbeantwortung nicht nur die Grundphilosophie ihrer Drogenpolitik dargelegt, sodass wir seither von der neuen liechtensteinischen Drogenpolitik sprechen, sondern hat auch konkrete Felder angegeben, wo wir Handlungsbedarf sehen. Das Eine ist die Strafbarkeit des Konsums, da sind die Arbeiten im Gang, dass eine Entkriminalisierung des Konsums erreicht werden kann. Es sind verschiedene Varianten auf dem Tisch, wie man so etwas machen kann, es ist nicht ganz einfach. Darum nehmen wir uns die Zeit, die es braucht. Und das Zweite ist die Möglichkeit der Heroin-gestützten Behandlung. Wichtig ist im jetzigen Zusammenhang, dass beide Abkommen den Spielraum sowohl bezüglich Entkriminalisierung des Konsums als auch bezüglich Heroin-gestützter Behandlung gewährleisten. Das ist nicht nur meine Auffassung, sondern wir stützen uns hier auf fachkundige Meinungen Schweizerischer Rechtsprofessoren der schweizerischen zuständigen Stellen. Es gibt entsprechende Passagen in Berichten des Bundesrates ans Parlament, es gibt Veröffentlichungen von Strafrechtsprofessoren in der NZZ, die sagen: Diese zwei Abkommen tangieren den Spielraum in diesen zwei wichtigen Punkten nicht. Ich glaube, man kann also davon ausgehen, dass das auch stimmt, weil das eine einhellige Auffassung ist. Ich habe keine Meinung gefunden, die hier etwas anderes sagen würde. Das stimmt nicht, das trifft nicht zu für das dritte Abkommen, das Abkommen von 1988. Das wäre in der Tat problematisch, weil es unsere Spielräume angeht. Darum legen wir es Ihnen nicht vor.
Abg. Marco Ospelt:
Herr Regierungschef-Stellvertreter. Ja, wissen Sie, dass Sie so ganz generell definiert hatten, dass Sie an die Straffreiheit des Konsums denken, oder dass Sie die Therapiemöglichkeit oder die therapeutische Heroin-Abgabe an Schwerstsüchtige prüfen wollen, das wussten wir natürlich schon. Allerdings dauert das nun schon sehr lange, und wir haben die konkreten Bestimmungen ja immer noch nicht vorliegen. Deshalb ist es halt schwer zu prüfen, wie sehr denn diese Abkommen tatsächlich ihren Spielraum einengen oder nicht. Übrigens gehörten zu Ihrer sogenannten neuen Drogenpolitik auch Diversionsmassnahmen. Die haben Sie jetzt nicht genannt. Ich frage mich, hat sich die Meinung der Regierung in dieser Beziehung geändert oder ist da noch etwas in Arbeit? Dann habe ich ganz konkret den Art. 22 dieses Übereinkommens vom 21. Februar 1971 über psychotrope Stoffe etc. angesprochen, wo ausgeführt wird, dass eben zwar anstelle oder zusätzlich zur Bestrafung gewisse Massnahmen zulässig sind, aber ich persönlich habe trotz Lesens und Suchens nirgends eine Bestimmung gefunden, die es ermöglicht hätte, auf Strafe zu verzichten. Wenn wir den Konsum straffrei stellen wollen, dann müssen wir ja wohl auf Strafe verzichten. Und deshalb frage ich Sie ganz konkret: Wie passt dieser Art. 22 zu Ihrer Intention?
Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:
Wir haben das rechtlich abgeklärt und dieser Art. 22 lässt sich ohne Not so interpretieren, dass er mit einer Strafbefreiung des Konsums kompatibel ist. Das ist so. Und die Diversion haben wir nicht vergessen. Ich habe sie nur deshalb nicht erwähnt weil sie im Zusammenhang mit diesen Abkommen nicht relevant ist, weil hier kein Spannungsfeld besteht. Aber selbstverständlich ist die Diversion eine gute und notwendige Massnahme. Da arbeiten wir an einer entsprechenden Teilrevision der Strafprozessordnung.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wird das Wort noch gewünscht? Wenn nicht, dann stimmen wir zunächst über den Beitritt zu diesem Übereinkommen ab, bevor wir die beiden Gesetzesvorlagen in 1. Lesung lesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wer dem Beitritt zum Übereinkommen vom 21. Februar 1971 über psychotrope Stoffe seine Zustimmung erteilt, möge die Hand erheben.Abstimmung: Mehrheitliche Zustimmung mit 20 Stimmen
ABÄNDERUNG DES BETÄUBUNGSMITTELGESETZES
Landtagspräsident Peter Wolff:
Dann können wir mit der 1. Lesung der Abänderung des Betäubungsmittelgesetzes beginnen.Art. 2 Abs 3 Bst. c, d und e werden verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Der Artikel des Gesetzes sowie Art. 2 Abs. 3 Bst. c, d und e stehen zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Art. 15 Abs. 2, 3, 4 und 5 werden verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 15 Abs. 2, 3, 4 und 5 steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
II. wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
II. steht zur Diskussion. Herr Regierungschef-Stellvertreter. Ich möchte hier anmerken, dass es meiner Meinung nach eine legistisch, gelinde gesagt, eigenartige Vorgangsweise ist, wenn es nicht um die Änderung der Bezeichnung einer bestimmten Amtsstelle geht oder des Namens, die in den Gesetzen, wo der alte Name bisher vorkam, entsprechend vermerkt bzw. durchgeführt werden soll, sondern wenn völlig andere Amtsstellen, in diesem Fall die durch ein anderes Gesetz neugeschaffene, nämlich durch das Heilmittelgesetz in seiner letzten Fassung neugeschaffene Kontrollstelle für Arzneimittel Kompetenzen übernehmen soll, die bisher teils die Regierung, teils die Sanitätskommission ausgeübt haben. Ich frage mich, ob es hier nicht richtig wäre, die Gesetzesstellen, um die es geht, in Form einer normalen Abänderung im vollen Wortlaut in das Gesetz aufzunehmen. Besonders auffällig ist dies bei Art. 15 Abs. 1, wo es wirklich nichts ausmachen würde, neben den schon abgeänderten bzw. neu formulierten Absätzen 2 bis 5 auch den Absatz 1 dort noch aufzunehmen. Ich möchte Sie ersuchen, dies bis zur 2. Lesung zu prüfen. Wir können weiterlesen.
III. wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
III. steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
ABÄNDERUNG DES SANITÄTSGESETZES
Landtagspräsident Peter Wolff:
Jetzt noch die 1. Lesung über die Abänderung des Sanitätsgesetzes.Art. 4 Bst. o wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Art. 4 Bst. o steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt.
II. wird verlesen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
II. steht zur Diskussion. Sie wird nicht benützt. Damit haben wird diese beiden 1. Lesungen beendet.
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