Landtagsprotokolle des Liechtensteiner Landtags

Inhaltsverzeichnis

Traktandenseite

Startseite

14.	Wohnbau, preiswerter, Förderung, Stellungnahme der Kommission

15.	Treuhändergesetz (Abänderung; Zulassung schweiz. Staatsangehöriger), 2. L.

16.	G über das liechtensteinische Landesspital in Vaduz, 2. L.

17.	Heimatschriftengesetz (Abänderung; maschinenlesbare Pässe), 2. L.

18.	Personenverkehr, Freier, im EWR (Information der Regierung)

19.	EWR-Ausschuss-Beschluss Nr. 83 / 99 (Datenschutz)

20.	Luftfahrzeuge, Überflug liechtensteinischen Gebietes (Notenaustausch)

21.	Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich

22.	Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung

23.	Europarat, Vorrechte und Immunitäten, 6. ZP.

24.	Übereinkommen zur Bekämpfung der Wüstenbildung

25.	Einbürgerung A. Gantner-Weidmann

26.	Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG), 1. L.

27.	Rechtsanwaltsgesetz (RAG; Abänderung), 1. L.

28.	Finanzausgleichsgesetz (Abänderung), 1. L.

29.	G über die Erhaltung und Sicherung des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens (Abänderung), 1. L.

29.	G über die Erhaltung und Sicherung des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens, 1. L.

Genehmigung

Beschlussprotokoll

Verknüpfungen

Sitzungen -

Protokolltyp

Parlamentarische Eingänge

Abstimmmungsergebnisse

LR – Systematik

LGBl – Nummern

BuA Nummern

Kleine Anfragen Beantwortung

Sprecher

INTERNATIONALES ÜBEREINKOMMEN ÜBER DIE BESEITIGUNG JEDER FORM VON RASSENDISKRIMINIERUNG (NR. 83/1999)

Landtagspräsident Peter Wolff:

Wir kommen zu Punkt 22 der Tagesordnung: Bericht und Antrag der Regierung betreffend das Internationale Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 21. Dezember 1965. Der Bericht und Antrag Nr. 83/1999 steht zur Diskussion.

Abg. Gabriel Marxer:

Ich habe eigentlich nur eine kurze Frage an die Regierung dazu, und zwar betrifft das Art. 8 Abs. 6 und die Ausführungen in diesem Bericht und Antrag über die finanziellen Auswirkungen auf Seite 31. Im Bericht halten Sie noch fest, dass keine finanziellen Auswirkungen zu erwarten sind, weil Art. 8 Abs. 6 im Prozess der Abänderung sei. Nun, bei dem Abkommen, um das es hier geht, ist dieser Abs. 6 immer noch in der Form enthalten, dass der Staat selbst, also, dass die Vertragsstaaten für die Ausgaben der Ausschussmitglieder aufkommen würden. Ist jetzt das nun bereits abgeändert, sodass tatsächlich jetzt keine finanziellen Auswirkungen mehr zu erwarten sind, oder ist das noch immer in Schwebe?

Abg. Otto Büchel:

Herr Präsident, geschätzte Abgeordnete. Das vorliegende Internationale Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung gehört, wie die Regierung im vorliegenden umfassenden Bericht und Antrag Nr. 83/1999 auf Seite 33, ausführt, zweifellos zu den wichtigsten Menschenrechtsinstrumenten und ist das einzige, welches ausschliesslich und umfassend dem wichtigen Thema Rassismus gewidmet ist. Es handelt sich dabei um das älteste Abkommen, welches im Rahmen der UNO ausgearbeitet wurde. Seine Entstehung und damit die ersten Bemühungen um ein solches spezielles Vertragswerk gehen auf das Jahr 1962 zurück, als anlässlich der Generalversammlung der Vereinten Nationen dem Wirtschafts- und Sozialrat ECOSOC ein konkreter Auftrag zur Vorbereitung und Ausarbeitung dafür erteilt wurde. Das Inkrafttreten erfolgte am 4. Januar 1969. Mit einer Gesamtzahl von derzeit 155 Vertragsstaaten gehört es auch zu den erfolgreichsten Übereinkommen, wenn ihm dieses Attribut überhaupt als das passende zugesprochen werden kann. Anlass zu dem uns heute zur Behandlung vorgelegten Vertragswerk waren zurzeit der Erarbeitung in den 60er Jahren antisemitische Bewegungen in verschiedenen Teilen der Welt, darauf folgend auch die Apartheid-Thematik. In den letzten Jahren hat das Übereinkommen im Zusammenhang mit der zunehmenden Ausbreitung der Fremdenfeindlichkeit, vor allem in den westlichen Staaten, besondere Relevanz erhalten. Die hauptsächlichsten Punkte des Inhalts befassen sich vorerst mit der Definition des Begriffs der Rassendiskriminierung. Es wird vom Grundsatz ausgegangen, dass alle Menschen, frei an Würde und Rechten gleich geboren sind, dass jeder, ohne irgendeinen Unterschied, insbesondere der Rasse, der Hautfarbe oder der nationalen Abstammung, Anspruch hat auf alle im Abkommen genannten Rechte und Freiheiten. Besonders bedeutsam ist auch die Aussage, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und ein Recht auf gleichen Schutz des Gesetzes gegen jede Diskriminierung und jedes Aufreizen zur Diskriminierung haben. Als allgemeine Verpflichtungen sind genannt, dass alle Staaten, die Rassendiskriminierung verurteilen und sich verpflichten, mit allen geeigneten Mitteln unverzüglich eine Politik der Beseitigung der Rassendiskriminierung in jeder Form und der Förderung des Verständnisses unter den Rassen zu verfolgen. Eine spezielle Bedeutung nimmt im Abkommen die Berichterstattung durch die Vertragsstaaten ein. Diese wird durch den eigens eingesetzten Ausschuss, das sogenannte Konventionsorgan zur Beseitigung aller Formen der Rassendiskriminierung, geprüft und überwacht. Die sehr umfassende Berichterstattung durch die Vertragsstaaten hat zunächst innerhalb von einem Jahr nach Inkrafttreten, im weiteren Verlauf alle zwei Jahre oder auf Verlangen des Ausschusses zu erfolgen. Der Ausschuss erstattet der Generalversammlung der UNO direkt Bericht und hat auch die Kompetenz, Vorschläge zu machen und allgemeine Empfehlungen abzugeben.Beim Lesen des vorliegenden Berichtes habe ich mir auch einige Gedanken darüber gemacht, ob und wie weit wir in Liechtenstein von Rassendiskriminierung betroffen waren und es heute sind. Ich bin zur Ansicht gelangt, dass in unserem Lande selbst über die letzten Jahre und Jahrzehnte kein dringender Handlungsbedarf für umfassende Regelungen bestanden hat. Doch die Zeichen der Zeit stehen nun auch für uns anders als in den 60er Jahren. Die Regierung tritt daher dafür ein, dass Liechtenstein als Mitglied der Vereinten Nationen und nach erfolgter Anpassung des Strafgesetzbuches - die 1. Lesung dazu erfolgte in der Landtagssitzung vom 19. Mai dieses Jahres - dem uns heute vorgelegten Übereinkommen beitritt. Aufgrund der rechtlichen Situation nach dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen im StGB kann auch auf das Anbringen von Vorbehalten und Erklärungen verzichtet werden. Nach aussen stellt dies einen Akt der Solidarität gegenüber der Internationalen Gemeinschaft dar. Innerstaatlich ist das Abkommen gemäss den Ausführungen der Regierung insofern von Bedeutung, weil auch Liechtenstein von den Tendenzen zunehmender, teils latenter Fremdenfeindlichkeit nicht verschont bleibt, obwohl das Problem im Vergleich zu anderen westlichen Staaten bisher eher unbedeutend war. Punkto Verfassungsmässigkeit wird im Bericht ausgeführt, dass das Völkervertragsrecht in Liechtenstein mindestens auf Gesetzesstufe steht. Finanzielle Auswirkungen sind direkt keine zu erwarten, jedoch wird auch von der Regierung besonders auf die sehr aufwendige Berichterstattung verwiesen, was mittelfristig die Notwendigkeit für die Erhöhung des Personalbestandes mit sich bringt. Im Bewusstsein der nach wie vor unbestrittenen Wichtigkeit und Bedeutung dieses Übereinkommens begrüsse ich ausdrücklich den Beitritt Liechtensteins und werde dazu meine Zustimmung erteilen. Ich schliesse mich damit auch der Empfehlung der Aussenpolitischen Kommission an, welche dieses Abkommen anlässlich ihrer Sitzung vom 29. September 1999 befürwortend behandelt hat.

Abg. Paul Vogt:

Die Förderung der Menschenrechte gilt als einer der Eckpfeiler der liechtensteinischen Aussenpolitik. Das vorliegende Abkommen ist eines der wichtigsten Abkommen in diesem Bereich, es wurde bereits von 105 Staaten unterzeichnet. Es gibt gemäss Bericht und Antrag der Regierung nur ein Abkommen, das von mehr Staaten unterzeichnet wurde. Ich würde deshalb gerne wissen, wieso dieses Abkommen erst jetzt dem Landtag vorgelegt wird. Sieht die Regierung keine Probleme mit der liechtensteinischen Glaubwürdigkeit im Bereich der Menschenrechtspolitik, wenn man mit der Ratifikation eines solchen Abkommens 35 Jahre zuwartet?Ich habe zwei weitere Fragen. Die eine betrifft die Anerkennungserklärung zu Art. 14, es geht hier um das Recht der Individualbeschwerde. An sich sieht die Regierung offenbar keine Probleme damit, eine solche Anerkennung abzugeben. Trotzdem möchte sie davon absehen. Aus dem Bericht heraus wird mir der Zusammenhang nicht klar. Weshalb möchte die Regierung darauf verzichten, eine solche Anerkennungserklärung abzugeben? Bis heute haben 28 Staaten eine solche Erklärung abgegeben. Meines Erachtens würde es Sinn machen. Und es würde auch Impulse an andere Staaten geben, ebenfalls eine solche Anerkennungserklärung abzugeben, wenn wir hier dies machen würden. Ich möchte in diesem Sinne die Regierung auffordern, eine solche Erklärung abzugeben.Meine zweite kritische Bemerkung bezieht sich auf Beschränkungen auf dem Arbeitsmarkt. Ich weiss nicht, ob ich hier zu empfindlich bin, aber wenn wir hier je nach Herkunftsland verschiedene Zulassungsbeschränkungen vorsehen in unserer Rechtsprechung, dann frage ich mich, ob das mit diesem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung überhaupt vereinbar ist?

Landtagspräsident Peter Wolff:

Wünscht die Regierung das Wort?

Regierungsrätin Andrea Willi:

Geschätzte Abgeordnete. Zuerst zur Frage des Abg. Gabriel Marxer. Betreffend Art. 8 Abs. 6, nach dem derzeit der Wortlaut abgeändert werden soll, so, dass die UNO in Zukunft die Kosten trägt. Es ist mir keine Mitteilung bekannt geworden seit dem 9. September, dass mittlerweile genug Vertragsstaaten diese Änderung ratifiziert haben. Demnach ist noch der alte Wortlaut gültig. Aber trotzdem hat das keine finanziellen Auswirkungen auf uns, nachdem wir nicht planen, jemanden aus unserem Staat in diesen Ausschuss als Mitglied zu delegieren. Diese Teilnahme in diesem Ausschuss ist freiwillig, und derzeit planen wir nicht, jemanden in diesen Ausschuss vorzuschlagen. Man hat das Vorschlagsrecht und die Kandidaten werden dann gewählt. Das ist derzeit von uns aus nicht geplant.Dann waren drei weitere Fragen, wieso wir so lange zugewartet haben mit dem Beitritt. Sicher wollten wir einmal die innerstaatliche Rechtslage in jenen Status bringen, dass wir auch beitreten können, weil Liechtenstein jeweils die Forderungen aus Abkommen erfüllt. Wenn wir einem internationalen Abkommen beitreten, versuchen wir auch, die entsprechenden Verpflichtungen einzuhalten. Und damit wir das können, war die Revision des Strafgesetzbuches notwendig, wie auch im Bericht vermerkt wird. Sie haben in erster Lesung diese Revision, diesen Artikel im Strafgesetzbuch, welcher die Rassendiskriminierung betrifft, behandelt. Andererseits ist auch die Schweiz erst seit 1994 Mitglied. In diesen Bereichen sind wir oft auch angewiesen auf entsprechende Vorabklärungen der Schweiz, wobei dies sicher nicht der Hauptgrund war, sondern der Hauptgrund war, dass die innerstaatliche Rechtslage entsprechen soll.Dann die Frage der Individualbeschwerde: Auch dazu haben wir im Bericht ausgeführt, dass wir Erfahrungen sammeln möchten mit diesem Kontrollausschuss, dass wir nicht ausschliessen, dann später diese Erklärung zu machen und dieses Individualbeschwerdeverfahren auch bei uns zuzulassen. Aber die Erklärung ist, dass wir eben Erfahrungen machen möchten, wie der Kontrollausschuss diese Individualbeschwerden handhabt. Das kann man kritisieren oder der Meinung der Regierung folgen. Ich habe auch Verständnis, wenn man dafür kein Verständnis hat.Dann betreffend die Beschränkungen zum Arbeitsmarkt: Das haben wir sehr sorgfältig abgeklärt. Wir brauchen hierzu keinen Vorbehalt. Alle unsere Zulassungsbeschränkungen sind nicht rassendiskriminatorischer Natur. Alle unsere Zulassungsbeschränkungen sind völkerrechtlich abgesichert und sie nehmen rein das Qualifikationsprinzip zum Argument. Wir haben deswegen keinen Vorbehalt anbringen müssen. Wir schliessen keine Person aufgrund ihrer Rassenzugehörigkeit von einer Aufenthalts- oder Arbeitsbewilligung in diesem Land aus. Nur dann hätte man einen Vorbehalt machen müssen. Wir haben bilaterale und multilaterale Verträge mit der Schweiz, im EWR, mit der WTO, aber nirgends ist das Kriterium für Zulassungen die Rasse, sondern immer überall die berufliche Qualifikation, und hier unterscheiden wir uns von entsprechenden schweizerischen Gesetzesbestimmungen. Vielen Dank.

Landtagspräsident Peter Wolff:

Frau Regierungsrätin. Sie haben jetzt zur Begründung dafür, warum Liechtenstein, warum die Regierung derzeit noch keine Erklärung betreffend die Anerkennung der Individualbeschwerde abgeben will, eine etwas andere Begründung abgegeben als im schriftlichen Bericht, wenn ich Sie richtig verstanden habe. Im schriftlichen Bericht heisst es sinngemäss, dass man die Erfahrungen mit dem Kontrollausschuss, der sich auf der Grundlage der Staatenberichte auch ohne Individualbeschwerdeverfahren mit der praktischen Umsetzung des Übereinkommens in Liechtenstein befassen werde, abwarten wolle. Während Sie haben jetzt gesagt, dass man die Behandlung von Individualbeschwerden im Rahmen dieses Kontrollausschusses, worunter ich nur die Behandlung von Individualbeschwerden aus anderen Staaten verstehen kann, abwarten wolle, wie sich das entwickelt. Und ich nehme an, dass solche Individualbeschwerden im Laufe der letzten 30 Jahre ja schon behandelt worden sind. Ich meine, solche Erfahrungen müssten ja wohl schon existieren. Da frage ich mich, ob das wirklich ein Grund sein kann, jetzt noch nicht dem Gedanken näher zu treten, eine solche Anerkennungserklärung abzugeben. Denn, in welchem Rahmen, in welchem Umfang und mit welchen Ergebnissen solche Individualbeschwerden in diesem Ausschuss behandelt werden, das müsste man - nehme ich einmal an - aus den Erfahrungen der letzten 30 Jahre ja wissen.Nachdem das Wort nicht mehr gewünscht wird, kommen wir zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Regierung, den Beitritt Liechtensteins zum Internationalen Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 21. Dezember 1965 seine Zustimmung zu erteilen, zustimmt, möge die Hand erheben.

Abstimmung: Einhellige Zustimmung

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