LANDESVORANSCHLAG UND FINANZGESETZ FÜR DAS JAHR 2000 (NR. 109/1999)
Landtagspräsident Peter Wolff:
Wir beginnen jetzt noch mit der Grundsatzdebatte zum Landesvoranschlag für das Jahr 2000. Der Bericht und Antrag Nr. 109/1999 der Regierung steht zur Diskussion.
Abg. Ingrid Hassler:
Das Finanzgesetz kann auch für das kommende Jahr 2000 von einer positiven Situation ausgehen und ermöglicht unserem Staat, vielfältige Staatsaufgaben unter Einschluss von in den letzten Jahren stark gewachsenen Leistungen auf hoher Qualität zu lösen. Halten wir uns diesen positiven Satz vor Augen. Die Gesamtrechnung weist trotz Budget-Nachträgen der Regierung noch einen Einnahmenüberschuss der Gesamtrechnung von rund CHF 7 Mio. aus. Die fünf Eckwerte des Finanzleitbildes sind eingehalten, auch wenn der ehrgeizige Eckwert 2 nominal nur noch haarscharf intakt ist. Das Finanzvermögen, also die liquiden Mittel und Forderungen von rund einer Milliarde Franken resp. die Reserven von rund CHF 714 Mio., können Ende 2000 erhalten bleiben, stagnieren aber. Die Nettoinvestitionen von CHF 83 Mio. haben einen Anteil von 13% an den Gesamtausgaben von rund CHF 651 Mio. und sind kommenden Jahres leicht rückläufig. Das Budget 2000 verkraftet es, Steuern der privaten Steuerzahler bei Vermögen und Erwerb um 10% linear zu reduzieren, was, wenn wir das Finanzgesetz genehmigen, die steuerpflichtige Bevölkerung um rund CHF 10 Mio., wovon ein Drittel vom Land und rund zwei Drittel von den Gemeinden, ab der Steuerrechnung 2000 entlastet. Dieses neue Budget verkraftet aber auch hohe Aufwandsteigerungen, die durch neue oder verbesserte Leistungen des Staates entstehen. So trägt unser Land mit der Flüchtlingsbetreuung und Zahlungen für humanitäre Hilfen von rund CHF 8 Mio. einen erhöhten Beitrag an die Solidarität dieser Welt bei. Die ab 1. April 2000 wirksamen Änderungen im Krankenversicherungsgesetz mit CHF 8,8 Mio. entlasten zum grössten Teil direkt die Versicherten in Form von Prämienentfall oder Prämienverbilligung. Die erhöhten Zuweisungen an die Gemeinden von rund CHF 15 Mio., die damit ihrerseits wieder weitere Aufgaben oder Investitionen vornehmen können, belasten das Budget erneut höher. Auch der Sozialbereich mit plus 20% und der Kulturbereich mit beantragten plus 50% zeigen massiv höhere Zuwächse. Vor allem die drei skizzierten Ausgabensteigerungen des Flüchtlingswesens, Krankenversicherung und der gesetzlichen Gemeindeanteile von einem Jahr auf das andere machen rund zwei Drittel der gesamten Ausgabensteigerung von rund CHF 58 Mio. aus und sind schlecht wegzudiskutieren. Sie sind Fakten, die wir im Budget 2000 nicht ändern können. Sie sind zwar eine Erklärung für die alarmierende Ausgabenerhöhung von über 11%, wenn ich die angekündigten über 25 Budget-Nachträge der Regierung dazurechne. Sie ändern aber nichts an der Tatsache, dass diese Entwicklung nicht länger haltbar ist. Ich verweise hier auf meine Ausführungen zur Finanzplanung und hoffe, dass wir diese Pläne im Budget 2001 dann verwirklichen können. Der Regierungschef hat in der Diskussion vorhin bestätigt, dass eine solche Bremse im Ausgabenwachstum möglich ist. Eine kritische Grösse für die Budget-Wahrheit sind die Erträge. Vor allem im Bereich der Steuern und Abgaben, die mit CHF 517 Mio. rund 80% der Gesamteinnahmen des Landes ausmachen. Diese Staatseinnahmen können in erheblichem Masse eine Beeinflussung erfahren, sei es aus konjunkturellen Gründen, so vor allem mit der Wirkung auf die Kapital- und Ertragssteuer und die Mehrwertsteuer, oder auch aus Entscheiden, die unser Land nicht selbst beeinflussen kann, wie bei den Stempelabgaben und Zollerträgen, die zusammen ebenfalls mit rund CHF 80 Mio. budgetiert sind. Es ist zu begrüssen, dass die jährliche Festsetzung der neun wichtigsten Arten der Steuereinnahmen auf ein System umgestellt wurde, welches spezifischer als bisher die zu erwartenden Steuereinnahmen dem Landtag in Vorschlag bringt. Ebenfalls möchte ich dazu meine Überzeugung der Regierung erneut kundtun, dass es empfehlenswert ist, wenn gerade bei der Kapital- und Ertragssteuer nicht einfach auf die Vorjahressteuer abgestellt wird, sondern dass vor Abschluss des Budget-Prozesses mit den 10 bis 20 wichtigsten Steuerzahlern, soweit sie zur Veröffentlichung bereit sind, die aktuelle Gewinnerwartung des laufenden Jahres abzuklären und zu berücksichtigen ist, und nicht einfach eine fixe Prämisse anzuwenden. Ich erachte es als richtig, dass die Kapital- und Ertragssteuern gegenüber der mutmasslichen Rechnung 1999 nur noch marginal erhöht wird. Das Gewinnwachstum der Unternehmen hat sich reduziert, wie die Regierung im Bericht zur Finanzplanung selbst schreibt. Ich weiss jetzt nicht, ob die Regierung respektive die Ämter meine Anregung, die Kapital- und Ertragssteuerpositionen aufgrund der aktuellen Gewinnentwicklung dieser Unternehmen nochmals zu hinterfragen, noch durchführen konnte. Auch wird sich aufgrund der konkreteren Errechnung der Steueranfälle kaum mehr eine gemäss Finanzleitbild nötige Begründung erbringen lassen, dass einfach die Steuereinnahmen stark über dem Budget liegen, wenn zum Beispiel Nachtragskredite zu bewilligen sind. Ohnehin scheint mir der Spielraum für die nachträgliche Ausweitung des Kreditrahmens um die bisher üblichen 3 bis 4% eingeschränkt, da der Eckwert 2 schon mittels vorliegendem Budget am kippen ist. Es kann durchaus passieren, dass bei Nachtragskrediten zwecks Einhaltung der Eckwerte bei diesem Budget andere Budgetpositionen aufzulösen sind. Ich möchte nicht allzu pessimistisch sein, aber durch die Enge dieses Budgets sind wir in Zukunft mehr gefordert als früher. Die Einnahmen aus der diesjährigen Mehrwertsteuererhöhung haben wir im laufenden Jahr 1999 im Sinne der gesetzten Ziele investiert resp. reserviert, nämlich für die geplanten Investitionen im Schulbau, für Leistungen im KVG und anderen sozialen Bereichen und für eine Erhöhung der Landesreserven per Ende 1999. Für das Jahr 2000 und folgende sind aber keine besonderen Einnahmen mehr offen. Ich erinnere an die Zahlen bei der Finanzplanung. An weitere Mehrwertsteuererhöhungen zu denken ist im Zusammenhang mit der jährlichen Ausgabenpolitik schlichtweg "verboten". Zusammenfassend möchte ich Folgendes sagen: Die Vermögenslage unseres Staates ist exzellent und sicher. Die Zeiten der reichlich fliessenden und stark höheren Staatseinnahmen sind ab dem Jahre 2000 aber vorbei. Wir pendeln uns wieder auf eine kontinuierliche Einnahmensteigerung ein, unser jährlicher Ausgaben- und Einnahmen-Plan ist aber mit dem heutigen Budgetvorschlag absolut am Limit angelangt nach den enormen Ausgabensteigerungen der letzten Jahre. Es ist unweigerlich nötig, sich vom Gedanken, dass die Einnahmen ja reichlich fliessen, dass der Staat sowieso viel Geld einnimmt, zu verabschieden, im Denken, wie im Handeln. Nur wer bereit wäre, die angehäuften Reserven anzugreifen, kann weiterhin einem solchen Ausgabenwachstum das Wort reden. Und jeder und jede weiss, dass dies falsch ist, vor allem, wenn es sich um die laufenden und wiederkehrenden Ausgaben und nicht um Investitionen handelt. Ich danke der Regierung und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stabsstelle Finanzen für ihre umfangreiche Arbeit und die Begleitung in der Beratung der Budgetvorlagen für das Jahr 2000. Insbesondere möchte ich dabei anerkennen und danken, dass es dieses Jahr möglich war, alle budgetrelevanten Berichte und Anträge erstmals gesamthaft dem Landtag auf den November unter Wahrung der nötigen Beratungsfristen vorzulegen. Es bedurfte seitens der Regierung und der Ämter einer enormen Anstrengung, wird aber allgemein einen Fortschritt bedeuten. Ich danke auch meinen vier Kollegen in der Finanzkommission, die in einem wahren Marathon für diese Landtagssitzung insgesamt 17 Vorlagen mit teils umfangreichem Inhalt zu beraten hatten, für ihren Einsatz, der eine umfassende Kommissionsarbeit ermöglichte. Danke.
Abg. Peter Sprenger:
Herr Präsident, Dame und Herren Abgeordnete. Es gibt zwei spasshafte Definitionen des Begriffes "Budget", die mir besonders gut gefallen. Nach der einen Definition ist das Budget das System, welches es einem erlaubt, in einem geordneten Rahmen über die Verhältnisse zu leben. Die andere Definition definiert das Budget als die gleichmässige Verteilung der Unzufriedenheit. Dabei steht für mich eines fest: Beide Definitionen gehen eindeutig nicht von liechtensteinischen Verhältnissen aus. Weder leben wir über die Verhältnisse, noch müssen wir die Unzufriedenheit gleichmässig verteilen. Eine gewisse Unzufriedenheit mag es höchstens bei denjenigen Empfängern von staatlichen Leistungen geben, die sich noch mehr erwartet haben. Grundsätzlich steht unserem Gemeinwesen für alles Notwendige und auch noch für einigen Luxus mehr als genügend zur Verfügung. Für das vielgerühmte Millenniumsjahr 2000 kann die Regierung dem Landtag, um mit den Worten der Regierung zu sprechen, (einen überaus positiven Voranschlagsentwurf zur Behandlung vorlegen(. Dieser Voranschlag 2000 kann sich beileibe erneut sehen lassen. Trotz massiven Leistungsverbesserungen, vor allem im Krankenversicherungsbereich, übertrifft der Cashflow in der laufenden Rechnung die Netto-Investitionen mit 11%, was es erlaubt, die Reserven um rund CHF 9,5 Mio. aufzustocken. Diese werden Ende des Jahres 2000 voraussichtlich rund CHF 750 Mio., oder anders herum gesagt, drei Viertel Milliarden Franken betragen. Dieses äusserst positive Gesamtresultat verführt einen dazu, auch aus Gründen der Zeitersparnis die Entwicklung im Einzelnen zu vernachlässigen. Die Aufwandsteigerung der laufenden Rechnung von beinahe 11% jedoch bedarf einer eingehenden Betrachtung. Seit mehreren Jahren sind es die Finanzzuweisungen an die Gemeinden, welche die Liste der Mehraufwendungen anführen. Im kommenden Jahr sind dies im Budgetvergleich rund CHF 15 Mio. oder 27% der gesamten Aufwandsteigerung. Zählt man noch die Bereiche Krankenversicherung mit CHF 8,8, Flüchtlingswesen mit CHF 8,9 und Personalaufwand mit CHF 4,6 Mio. hinzu, so sind bereits mehr als zwei Drittel der Aufwandsteigerungen erklärt. Wirkungsvoll hinterfragt werden können somit vor allem diese vier Aufwandbereiche. Dabei ist jedoch festzuhalten, dass der Regierung nicht sehr viel Handlungsspielraum in diesen Bereichen bleibt. Ich begründe dies kurz wie folgt: - Die Steueranteile der Gemeinde sind gesetzlich verankert. Das Finanzausgleichsgesetz gibt dem Landtag die Möglichkeit, den Beteiligungssatz der Gemeinden auf maximal 15% zu reduzieren. Die Regierung beantragt einen solchen von 16%. Angesichts der Reservesituation einzelner Gemeinden kann man sich ernsthaft fragen, ob Finanzzuweisungen ab einem zu definierenden Verhältnis zwischen Finanzvermögen und Fremdvermögen noch gerechtfertigt werden können. - Was den Krankenversicherungsbereich angeht, so ist die Aufwandsteigerung eine Folge der vom Landtag in diesem Jahr beschlossenen Massnahmen, die uns noch in bester Erinnerung sind und wohl an dieser Stelle nicht erneut diskutiert werden müssen. - Die Aufwendungen des Flüchtlingswesens sind fast ausschliesslich von der Anzahl der in Liechtenstein lebenden Flüchtlinge abhängig und können daher nur zu einem sehr geringen Teil beeinflusst werden. - Beim Personalaufwand schliesslich, bin ich der Meinung, dass nur sehr wenig Einsparungspotenzial vorhanden ist, wenn auch die eine oder andere von der Regierung beantragte Stelle sicherlich kritisch hinterfragt werden kann. Angesichts dessen, dass der Voranschlag sämtliche Eckwerte des Finanzleitbildes zu erfüllen vermag, kann ich, unter Beachtung des vorher Ausgeführten, auch dieser doch beträchtlichen Aufwandsteigerung im Voranschlag 2000 zustimmen. Allerdings möchte ich die Regierung dringend ersuchen, die Planung des Voranschlages 2001 mit einem deutlich geringeren Aufwandwachstum anzugehen.Abschliessend bleibt den an der Ausarbeitung dieses Budget massgeblich beteiligten Personen, allen voran Regierungschef Mario Frick, dem Amtsleiter der Stabsstelle Finanzen, Gerold Matt, und seinem Stellvertreter Thomas Lorenz sowie allen anderen Beteiligten und Mitarbeitern herzlich für ihre Arbeit zu danken. Auch wenn es sicherlich Spass macht, in einem reichen Land wie Liechtenstein ein Budget zu erstellen, so ist dabei doch allemal ein gerüttelt Mass an Fleiss und Augenmass notwendig. In diesem Sinne ein herzhaftes "weiter so", aber bitte mit deutlich gebremstem Aufwandwachstum.
Abg. Gebhard Hoch:
Bei der letztjährigen Budgetdebatte habe ich auf die beneidenswerte Sorge des liechtensteinischen Finanzministers und Regierungschefs hingewiesen, das Budget nicht zu positiv erscheinen zu lassen. Er könne sich den Luxus leisten, die Ausgaben möglichst hoch und die Einnahmen tief anzusetzen, und dennoch würden die jährlichen Rechnungsabschlüsse die Budgets in hohem Masse übertreffen. Ich habe dann die Budgets ab 1993 bis und mit 1998 mit den effektiv eingetretenen Zahlen verglichen. In dieser Zeitspanne waren die Jahresabschlüsse jeweils zwischen mindestens CHF 8 Mio. und höchstens CHF 58 Mio. besser als die Budgets. Für 1999 budgetierte die Regierung ein Minus in der Gesamtrechnung von CHF 3,9 Mio. Wir haben vor einem Jahr der Regierung die Prognose abgegeben, dass auch das von ihr vorgeschlagene Budget 1999 effektiv bei weitem übertroffen werde, zumal die Regierung nach unserer Überzeugung die Einnahmen bewusst zu tief angesetzt habe, und zwar aufgrund der damals anstehenden Krankenkassen-Initiative. Unsere Fraktion war daher unter Zugzwang und musste substanzielle Budgetänderungen beantragen, vor allem bei den Einnahmen. Und wie sieht die Wirklichkeit heute aus? Statt eines Ausgabenüberschusses von CHF 3,9 Mio. in der Gesamtrechnung weist diese voraussichtlich einen Einnahmenüberschuss von CHF 23 Mio. auf. Unsere Abänderungsanträge auf der Einnahmenseite von Total CHF 11 Mio. wurden von der Regierung und der Mehrheitsfraktion als zu optimistisch und unrealistisch angesehen und daher abgelehnt. In Tat und Wahrheit nahmen aber die Einnahmen bei den Steuern und Abgaben um über CHF 44 Mio. zu, das heisst, um das Vierfache unserer Erhöhungsanträge. Ich muss der Regierung einmal mehr den Vorwurf machen, generell ungenau zu budgetieren und im letzten Jahr ganz bewusst und mit Vorbedacht ein schlechteres Budget präsentiert zu haben, als sie es ohne die Krankenkassen-Initiative getan hätte. Die Fakten sprechen für sich. Die Regierung vergleicht in ihrem Kommentar das Budget 2000 mit demjenigen von 1999. Dieser Vergleich hinkt und gibt in Anbetracht der ungenauen Budgetzahlen von 1999 ein falsches Bild. Im Budgetvergleich des laufenden Haushaltes 1999/2000 würden die Ausgaben um 10,6% ansteigen, die Einnahmen um 9,8%, also die Ausgaben um nur 0,8% mehr. Vergleicht man aber das Budget 2000 mit den effektiv zu erwartenden Zahlen für 1999, die ja die Regierung bereits erhoben hat und die ziemlich verlässlich sein werden, sieht die Sache wesentlich anders aus. Die Ausgaben der laufenden Rechnung steigen nämlich laut Budget im Jahre 2000 um 4,6% gegenüber der mutmasslichen Rechnung 1999, und die Einnahmen noch um magere 0,2%. Das müsste an sich alarmierend sein, denn der Eckwert 2 des Finanzleitbildes wäre bei einer solchen Entwicklung sehr bald gefährdet. Alarmierend ist die Situation für mich dennoch kaum, weil die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, dass die Einnahmenerwartungen konsequent zu tief angesetzt wurden. Hinter jedes Budget dieser Regierung ist daher ein grosses Fragezeichen zu setzen. Zu einem Schluss kommt man allerdings, wenn man die grossen Einnahmensteigerungen der letzten Jahre genauer betrachtet. Sie bewirkten jeweils eine Eigendynamik bei den Ausgaben, die ebenfalls in einem Ausmass angestiegen sind, wie sie bei geringerem Einnahmenfluss nicht möglich gewesen wären. Dies war und ist eine falsche und gefährliche Entwicklung. Die Regierung weist einerseits stolz auf die gesunden Finanzen der Gemeinden hin, vor allem aufgrund der reichlich fliessenden Landesmittel, um andererseits in jedem Bericht und Antrag zum Budget der letzten Jahre die Finanzbeziehungen zwischen Land und Gemeinden zu hinterfragen, diesmal auf Seite 36. Gleichzeitig ist die Regierung aber hartnäckig nicht bereit, den Finanzausgleich konzeptionell überprüfen zu lassen, was unsere Fraktion schon wiederholt gefordert hat. Gemäss den von der Regierung gelieferten Zahlen verfügten alle Gemeinden zusammen per Ende 1998 über Deckungsüberschüsse - sprich Barreserven - von CHF 233 Mio., wobei einzelne Gemeinden, die die höchsten Bezüger von Finanzausgleichsmitteln sind, unverhältnismässig hohe Reserven haben. Der Begriff des Finanzausgleiches ist längst nicht mehr gerechtfertigt. Ich bin mit der Regierung einer Meinung, dass die Finanzbeziehungen zwischen Land und Gemeinden tatsächlich zu hinterfragen sind, aber nicht nur als jährliches "Lippenbekenntnis" bei der Budgetberatung. Den Ertrag aus dem Finanzvermögen, welches die Regierung mit durchschnittlich CHF 878 Mio. beziffert, budgetiert die Regierung mit CHF 35 Mio. Das entspricht einer mageren Rendite von 4%, "mager" in Anbetracht der gemäss Anlagerichtlinien erlaubten und effektiv getätigten Anlagen. Es ist einmal mehr die völlig unzureichende Transparenz zu beanstanden, die die Regierung in der Berichterstattung über die Vermögensverwaltung eines so bedeutenden Anlagevermögens handhabt. Die Regierung macht um diese Vermögensverwaltung eine "Geheimniskrämerei", als wenn es um das persönliche Vermögen der Regierungsmitglieder ginge, und nicht um das Finanzvermögen des Staates. Bezeichnend dafür das Beiblatt zu einem kürzlichen Protokoll der Finanzkommission, auf dem die Namen der beauftragten Vermögensverwalter anonymisiert und andere Informationen schwer herauszulesen waren.Wenn man sich über die Vermögensverwaltung des Landes kundig machen will, muss man sich sehr mühsam Informationen zusammensuchen aus dem Revisionsbericht und den Protokollen der GPK und der Finanzkommission. Es handelt sich doch um die Verwaltung von Staatsmitteln, weshalb der Gesamtlandtag Anspruch darauf hat, regelmässig und umfassend von der Regierung informiert zu werden. Ich fordere eine grundlegend andere, offenere Informationspolitik im Bereich Vermögensverwaltung. Die Gewinnanteile der staatlich beherrschten Betriebe, mit Ausnahme der Liechtensteinischen Landesbank AG, stagnieren seit 1998. Im Bereich Post/LTN-Telekommunikation wurden doch erhebliche Investitionen getätigt, die erstaunlicherweise keinen Ertrag abwerfen sollen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage der Sinnhaftigkeit, dass einzelne Gemeinden ihre Beteiligungen an der LGGA an die LKW verkaufen. Wie kann man da von Liberalisierung sprechen, wenn von einer öffentlichen Hand an die andere verkauft wird und die Gebühren sogar noch steigen, das heisst, kein Liberalisierungseffekt erzielt wird. Die Netto-Investitionen nehmen sich mit CHF 82,7 Mio. eher bescheiden aus, ähnlich wie in den Vorjahren. Beim Studium des Berichts und Antrages der Regierung bin ich auf einige Ausführungen gestossen, die zu Fragen und Bemerkungen Anlass geben.Auf den Seiten 34 und 35 stellt die Regierung fest, dass es schwerer geworden sei, qualifizierte Mitarbeiter für die Verwaltung zu gewinnen, weshalb in den nächsten zwei bis drei Jahren Anpassungen im Besoldungsgesetz unumgänglich würden. In welcher Hinsicht will die Regierung Anpassungen im Besoldungsgesetz vornehmen? Auf Seite 35 schreibt die Regierung, dass sie im kommenden Jahr ein Pilotprojekt "Qualitätsmanagement" starten und dabei ausgewählte Amtsstellen heranziehen will. Ist es die Absicht der Regierung, die ganze Verwaltung einem Qualitätsmanagement zu unterziehen, ansonsten mir die Übung als zwecklos erschiene? Sehr selbstbewusst erwähnt die Regierung auf Seite 36, dass sich schon heute abzeichne, dass die Privatisierung des Postbetriebes bei gleichen Qualitäten zu einer für das Land wirtschaftlicheren Versorgung der Postdienste führen werde. Eine gewisse Skepsis in Anbetracht der bisherigen Erfahrungen bei der Privatisierung anderer Verwaltungsbereiche sei erlaubt. Auf Seite 1 weist die Regierung auf die guten Staatsfinanzen hin und leitet davon ab, dass sich Liechtenstein auf einem hohen, grundsätzlich gut abgesicherten, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Niveau bewege. Vor allem der Zusammenhang mit dem sozialen und kulturellen Niveau scheint mir etwas weit hergeholt. Wie schaut das von der Regierung für nächstes Jahr geplante Steuerpaket aus? Unsere Fraktion hat in Anbetracht der grossen Überschüsse der letzten Jahre wiederholt Steuerermässigungen gefordert, da der Grundsatz, dass der Staat nur so viel einnehmen soll, wie er für seine Verpflichtungen braucht, in diesem Land längst nicht mehr stimmt. Mit der Reduktion des Steuersatzes der Vermögens- und Erwerbssteuer um 10%, verabreicht die Regierung zur Beruhigung ein "Zückerchen". Von einer Steuerreform keine Rede. Eine solche fordern wir jedoch dringend.
Abg. Alois Beck:
Nur eine ganz kurze, aber von mir aus gesehen wichtige Bemerkung. Auf Seite 1 der Zusammenfassung schreibt die Regierung: "Mit diesen Eckdaten ist Liechtenstein wie kaum ein anderer Staat gewappnet für die Herausforderungen des beginnenden dritten Jahrtausends". Und dann: "Liechtenstein bewegt sich auf einem hohen, grundsätzlich gut abgesicherten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Niveau". Ich finde solche Aussagen grundsätzlich gefährlich. Sie verleiten dazu, die Hände in den Schoss zu legen. Auch die Bemerkung des VU-Fraktionssprechers, dass wir nicht über unsere Verhältnisse leben, finde ich nicht unbedenklich. Solche Aussagen fördern meiner Ansicht nach die Anspruchsinflation. Es kommt noch ein Zweites hinzu: Wir definieren uns meistens in wirtschaftlichen Kategorien, womöglich noch in Geldeinheiten. Auch das spricht aus diesen Zeilen. Ich plädiere dafür, dass wir uns stets bewusst sind, dass wir ein äusserst verletzliches Staatsgebilde haben. In diesem Sinne müssen wir immer darauf bedacht sein, unsere Grundlagen stets von neuem zu erarbeiten.
Abg. Karlheinz Ospelt:
Ich möchte eine Stellungnahme zum Votum des Abg. Gebhard Hoch abgeben, insbesondere darüber, wo er sich über gewisse Gemeindeaufgaben auslässt. Ich darf Ihnen vielleicht zuerst einmal erklären, dass die Gemeinden nicht ihre Anteile an der LGGA verkaufen, sondern diese in eine Breitband-Netz AG umwandeln werden, sondern die Gemeinden bzw. einzelne Gemeinden verkaufen ihre Netze für die Gemeinschaftsantennenanlage. Das ist etwas anderes, damit Sie das klar unterscheiden können, das ist nämlich wichtig. Dies vorausgeschickt, darf ich Ihnen sagen, warum die Gemeinden das machen. Wir befinden uns dort in einem hochtechnologischen Bereich, welcher ständig an Aufgaben zunehmen wird. Die Gemeinden werden über kurz oder lang nicht mehr in der Lage sein, diese Hochtechnologie selbst zu betreiben. Es ist daher mehr als nur sinnvoll, diese einzelnen Gemeindenetze, welche jetzt jeweils separat von den Verwaltungen unterhalten werden müssen, zusammenzuführen, und zwar so zusammenzuführen, dass es ein möglichst grosses, gemeinsames Netzt gibt. Es dürfte Ihnen wohl klar sein, dass für die Zukunft nur ein solches gemeinsames Netz sinnvoll zu betreiben ist, und daher auch im Interesse der Allgemeinheit so vorzugehen sein wird. Es bleibt natürlich jeder Gemeinde selbst überlassen, diese Entscheidungen zu treffen. Ich gehe aber davon aus, dass in einigen Jahren das Anspruchsdenken der Bürger zumindest so weit sein wird, dass diejenigen Gemeinden, welche noch auf einige Zeit diese Netze selbst betreiben wollen, dann so gefordert sind, dass sie eben diesen Möglichkeiten, die diese Netze bieten werden, nachkommen müssen. Es wird früher oder später ebenfalls zu einer solchen Zusammenführung mit den anderen Gemeindenetzen kommen müssen. Unabhängig davon, möchte ich Ihnen zu einigen Gemeindeaufgaben etwas sagen, Herr Abg. Gebhard Hoch. Sie beklagen sich, dass der Finanzausgleich von der Regierung nicht bis "ad fundum" neu aufgerollt wird. Das ist ein Thema, das Sie nun schon seit einigen Jahren vorbringen, bisher jeweils ohne grossen Erfolg. Warum? Wir haben im Gesetz verankert - und das wurde bereits gesagt -, dass die Finanzzuweisungen von derzeit 16% auf höchstens 15% gesenkt werden können - am grossen Anteil, welchen ja das Land aus diesen Steuereinnahmen, aus diesen ständig steigenden Steuereinnahmen, erwirtschaftet. Das heisst, die Gemeinden profitieren anteilsmässig an diesem steigenden Zuwachs, wobei die Gemeinden Vaduz und Schaan bekanntlich ja davon nicht profitieren. Von diesen restlichen 86% an diesem grossen Zuwachs haben die Gemeinden nichts, sie sind ja deshalb nur mit diesen 16% beteiligt. Was machen die Gemeinden letztlich mit diesen Einnahmen? Die Gemeinden sind zuständig für den Ausbau und den Unterhalt der Kläranlagen, der Abwasserentsorgung. Ich möchte anhand eines aktuellen Beispieles Ihnen kurz erläutern, was das bedeutet.Allein der Ausbau der Kläranlage in Bendern wird sich auf - ich habe jetzt die exakten Zahlen nicht vor mir - aber wird sich auf etwa CHF 30 Mio. belaufen. Dazu kommt ein Hauptsammelkanal, der quer durch unser Land zu treiben ist, in etwa der Grössenordnung von weiteren CHF 25 Mio. Die Gemeinden sind zuständig für die Wasserversorgung und für die Trinkwasserreservoire. Die Gemeinden sind auch zuständig für die Erstellung der Infrastruktur der Primarschulen, Kindergärten, die ganzen Sportanlagen, die Kulturzentren, wie zum Beispiel auch die Gemeindesäle, wo nicht zuletzt auch die Anlässe des Landes und auch der Verwaltung zu Recht abgehalten werden können. Dafür erhalten die Gemeinden nebst dem Finanzausgleich auch teilweise Subventionen. Diese Subventionen wurden in der letzten Zeit im Einvernehmen und, wie ich meine, auch sinnvoll so gekürzt, wobei es dort um die Pauschalsubventionen ging, dass keine grossen administrativen Aufwände mehr notwendig sind, welche sowohl Gemeinden wie auch Land belastet haben. Man hat dort einen wesentlichen Fortschritt erzielt.Eine weitere grosse Belastung, die auf die Gemeinden zukommen wird, sind der Ausbau der Betagtenwohnheime, welche bekanntlich in der Stiftung "Liechtensteinische Alters- und Krankenhilfe" subsumiert sind, wo mit Investitionen für den Ausbau dieser Heime in Grössenordnung von etwa CHF 60 Mio. gerechnet wird. Über den Lastenausgleich bezahlen die Gemeinden 50% davon. Die Gemeinden sind auch an den steigenden Kosten des Flüchtlingswesens beteiligt. Ich kann Ihnen anhand vom Beispiel der Gemeinde Vaduz sagen, dass in Vaduz etwa 35% des Wachstums der Ausgaben allein auf diese Beteiligung an den Flüchtlingskosten fallen wird.Wenn Sie dies ins Verhältnis setzen zu dem, was Sie hier vorhin vorgetragen haben, so glaube ich, dass Ihr Votum doch beträchtlich relativiert worden ist. Ich möchte Sie bitten, dies zur Kenntnis zu nehmen.
Landtagspräsident Peter Wolff:
Meine Damen und Herren. Wir unterbrechen jetzt unsere Sitzung für eine Mittagspause und fahren um 14.30 Uhr wieder fort. MITTAGSPAUSE (12.40 - 14.30 UHR)