Abänderung des Strafgesetzbuches und des Gesetzes über den Erwerb und Verlust des Landesbürgerrechtes (Nr. 66/2015); 1. Lesung
Landtagspräsident Albert Frick
Sehr geehrte Frauen und Herren Landtagsabgeordnete, wir fahren mit den Beratungen fort. Wir kommen zu Traktandum 29: Abänderung des Strafgesetzbuches und des Gesetzes über den Erwerb und Verlust des Landesbürgerrechtes. Wir behandeln diese Vorlage in 1. Lesung. Der Bericht und Antrag der Regierung trägt die Nr. 66/2015 und steht zur Diskussion.Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich danke dem Innenministerium für die überaus rasche Vorlage des Umsetzungspaketes, welches sie anlässlich der Interpellationsbeantwortung betreffend die Massnahmen gegen die Verbreitung von radikalem Gedankengut vorgeschlagen hat. Die positive Aufnahme derselben im Mai-Landtag dieses Jahres sowie die nach wie vor immanente Bedrohung durch Terrorismus und Radikalisierung haben die Regierung offenbar zu schnellem Handeln veranlasst. Die Vorlage bildet zudem die Rechtsgrundlage für die Ratifikation des Übereinkommens des Europarates vom 16. Mai 2005 zur Verhütung des Terrorismus. Auch diese ist noch in diesem Jahr geplant und ich meine, nach zehn Jahren ist es dafür auch wirklich Zeit.Die Regierung schlägt vor, durch den Erlass von neuen Terrorismusstraftatbeständen, analog der österreichischen Rezeptionsvorlage, bestehende Lücken zu schliessen. Neu sollen die Terrorismusfinanzierung, die Ausbildung für terroristische Zwecke und die Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat in den Katalog der Straftaten aufgenommen werden. Strafbar soll aber nicht nur das aktive Ausbilden und Anleiten sein, sondern auch das Sich-unterweisen-Lassen sowie das Verschaffen von Informationen zu terroristischen Zwecken.Im Sinne einer Klarstellung schlägt die Regierung zudem vor, die Verwendung und Verbreitung rassistischer Symbole, losgelöst von der Verbreitung einer rassendiskriminierenden Ideologie, unter Strafe zu stellen. Auch die Rassismusstrafnorm soll eine Ausdehnung erfahren, indem Diskriminierungen von schützenswerten Gruppen im Allgemeinen strafbar sein sollen. Neben dem Strafgesetzbuch erfährt das Bürgerrechtsgesetz durch die Einführung eines neuen Tatbestandes zur Aberkennung des Landesbürgerrechts eine Anpassung. Einem liechtensteinischen Staatsangehörigen, der durch sein Verhalten die Interessen oder das Ansehen des Landes erheblich schädigt, soll die Staatsbürgerschaft entzogen werden können. Vorausgesetzt, er wird dadurch nicht staatenlos. Für die praktische Umsetzung dieses Artikels ist das Vorhandensein einer zweiten Staatsangehörigkeit also unabdingbar, sodass ich einmal mehr für die Zulässigkeit der doppelten Staatsbürgerschaft plädiere. In diesem Zusammenhang wäre sie eindeutig hochgradig im Interesse unseres Landes.Zu guter Letzt möchte ich die Regierung ermuntern, weitere Massnahmen zur Prävention von religiösen und rassistischen Radikalisierungen nicht aus den Augen zu verlieren. Sie erkenne zwar derzeit keine relevanten Tendenzen, doch bin ich der Auffassung, dass aufgrund der europaweiten Flüchtlingsproblematik dieses Thema an Aktualität gewinnen wird. Ich bin für Eintreten auf die Vorlage. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Thomas Lageder
Besten Dank für das Wort, Herr Präsident. Herzlicher Dank gebührt der Regierung für diese Vorlage, die sich in drei Teile gliedert. Zum einen soll dem leider vermehrt auftretenden Terrorismus entgegengewirkt werden, zum anderen soll die Staatsbürgerschaft von aktiven Terroristen aberkannt werden können, als Symbol gegen radikale und terroristische Tendenzen. Schliesslich schlägt die Regierung vor, den Paragrafen 283 des Strafgesetzbuchs im Sinne eines wirksamen Abwehrdispositivs auszuweiten und griffiger auszugestalten.Zwei von drei Massnahmen erachtet die Fraktion der Freien Liste als durchwegs positiv: So muss erstens der Bekämpfung des Terrorismus vor allem in Bezug auf potenzielle Radikalisierung, Ausbildung, Sich-ausbilden-Lassen und dem Verschaffen von Informationen möglichst vorgebeugt werden. Auch den zweiten Vorschlag, die Umsetzung der Empfehlung Nr. 19 von ECRI, der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz, das heisst, die Kriterien für schützenswerte Gruppen auszuweiten und das Verwenden und Verbreiten von rassistischen Symbolen klar und anwendbar einer Strafe zu unterstellen, unterstützt die Fraktion der Freien Liste. Das dritte Ansinnen, die Staatsbürgerschaft entziehen zu können, wenn sich ein Staatsbürger freiwillig an terroristischen Aktivitäten oder Kampfhandlungen im Ausland beteiligt, unterstützt die Fraktion der Freien Liste nicht. Zum einen ist es inkonsistent, dass dies nur bei Taten, die im Ausland begangen werden, relevant sein soll und nicht auch bei Taten im Inland. Zum anderen ist es geradezu abstrus, dass nur Doppel- oder Mehrfachbürgern die Liechtensteiner Staatsbürgerschaft entzogen werden könnte, denn nur dann wird logischerweise der oder die Auszubürgernde dadurch nämlich nicht staatenlos.Hier soll also eine Regelung nach dem Motto «dr Schnäller ischd dr Gschwinder» eingeführt werden. Hauptsache, das Problem betrifft nicht uns. Die Regierung selbst erachtet dieses Instrument als theoretisch und als einen symbolischen Akt. Wenn man sich vorstellt, dass bei der gegenwärtigen Rechtslage, ohne die Akzeptanz der doppelten Staatsbürgerschaft bei Einbürgerung, eigentlich nur «Ohrenmärkler», die zusätzlich eine andere Staatsbürgerschaft innehaben, oder Kinder aus Gemischtnationalitätsehen in diese Kategorie fallen, dann ist klar, dass dies Erstaunen auslösen muss. Es wird interessant zu sehen sein, ob diejenigen, die gegen das Zulassen der doppelten Staatsbürgerschaft sind, auch konsequent gegen diese Ausbürgerungsanordnung sind. Denn dieses Gesetz kann nur mit Doppel- oder Mehrstaatlichkeit - zumindest in der Theorie - funktionieren und wohl in der Praxis überhaupt nicht.Die Fraktion der Freien Liste stützt sich auf die Ausführungen von Amnesty International Liechtenstein und wird einer Aufweichung der Menschenrechte in diesem Bereich nicht zustimmen und folglich die Änderungen im Bürgerrechtsgesetz ablehnen. Die Fraktion der Freien Liste ist für Eintreten auf die Vorlage. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Christian Batliner
Danke, Herr Präsident. Ich kann mich den Worten der Vorredner anschliessen - nicht ganz meines direkten Vorredners, was das Landesbürgerrecht anbelangt. Dazu komme ich noch. Ich möchte nicht alles wiederholen. Es sind drei Aspekte: Das eine, neue Straftatbestände in Bezug auf terroristische Tathandlungen, das ist zu begrüssen, das ist ein konsequenter Schritt zur Terrorismusbekämpfung. Liechtenstein hat alle 16 Rechtsinstrumente der Vereinten Nationen zur Terrorismusbekämpfung ratifiziert, und hiermit wird die Rechtsgrundlage für die Ratifikation des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung des Terrorismus geschaffen. Von dem her gesehen ist das zu begrüssen und rezipieren wir die österreichische Vorlage.Auch der zweite Aspekt, die Anpassung der Rassismusstrafnorm begrüsse ich. Das sind Präzisierungen, Ergänzungen oder eine Ausweitung auf weitere schützenswerte Gruppen. Da folgen wir einer Empfehlung der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz, auch das begrüsse ich.Was den Verlust des Landesbürgerrechtes anbelangt: Ich begrüsse auch das, habe da aber auch Auslegungsschwierigkeiten oder werde da bei der Vorlage konkrete Fragen einwerfen. Ich finde es ein bisschen deplaziert, wenn die Freie Liste in diesem Zusammenhang Werbung für die doppelte Staatsbürgerschaft machen möchte. Die Regierung führt es ja aus, man kann das Landesbürgerrecht nur entziehen, wenn es nicht zur Staatenlosigkeit führt. Das ist nicht ein Problem der doppelten Staatsbürgerschaft, dass man gewisse Leute diskriminieren möchte, sondern es ist ganz einfach zu sehen, das liegt im Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit, und da sind wir Mitglied. Und von dem her gesehen sind wir daran gebunden. Aber die Stossrichtung der Regierung begrüsse ich, habe aber dazu noch gewisse Fragen, die ich bei der Lesung einbringen werde. Aber ich bin für Eintreten. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Judith Oehri
Besten Dank für das Wort. Ich bedanke mich auch beim zuständigen Justizminister für die Vorlage. Ich habe bereits im Rahmen der Diskussion zur Interpellationsbeantwortung gesagt, dass, wenn es um die IS-Thematik geht, meines Erachtens eine Null-Toleranz-Politik herrschen soll und die Bestimmungen des Strafgesetzes und des Ausländerrechts klar und auch scharf sein müssen. Ebenso war ich der Ansicht, dass Rechtsgrundlagen geschaffen werden sollen, welche es ermöglichen, den Doppelbürgerinnen und -bürgern im Falle von terroristischen Aktivitäten die Staatsbürgerschaft abzuerkennen, so wie dies in der Schweiz der Fall ist.Es freut mich sehr, dass beide meiner Wünsche im vorliegenden Bericht und Antrag zu finden sind. Da die Aberkennung der Staatsbürgerschaft nur möglich ist, wenn jemand die doppelte Staatsbürgerschaft vorweist, so macht die Einführung dieser Sinn, oder wenn sie jemand hat, dann kann es ein Vorteil sein. Ich möchte insbesondere die Ausführungen meiner Kollegin Violanda Lanter-Koller deshalb unterstützen.In der Juni-Session des Europarates von diesem Jahr wurde das Thema Neorassismus, das zunehmend zum Problem wird, thematisiert. Hassreden und Verunglimpfungen, insbesondere in den sozialen Medien, müssen bekämpft werden. Rechtspopulismus und Rassismus gehen - so der Ausschuss des Europarates - oft Hand in Hand. Hier gilt es, wachsam zu sein. Aus diesem Grund begrüsse ich es, dass die Strafbestimmungen bezüglich Diskriminierung präzisiert und ergänzt wurden. Diese Vorlage ist ein wichtiger Beitrag zur Sicherheit und einem friedlichen Zusammenleben in Liechtenstein. Kompliment an das zuständige Ressort, welches diesen Bericht und Antrag in kürzester Zeit erarbeitet hat. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Herbert Elkuch
Besten Dank für das Wort. Mit dieser Vorlage soll Terrorismus und Diskriminierung bekämpft werden. In der Vorlage wird immer wieder der Wortlaut «insbesondere der islamistisch motivierte Terrorismus» erwähnt. Dieser «islamistische Terrorismus» sei eine ernsthafte Bedrohung und könnte einzelne Personen in Liechtenstein radikalisieren. Eine korrekte Differenzierung zwischen Islam und Islamismus ist zwar gemacht, allerdings ist oft ein Bezug zur Islamansicht gegeben. Viele Muslime lehnen eine islamistische Staatsideologie ab. Deshalb ist diese Wortwahl meiner Ansicht nach eine Diskriminierung einer grossen Bevölkerungsgruppe - in einer Vorlage, die eigentlich Diskriminierung unterbinden soll. Ich möchte, dass Terrorismus generell bekämpft wird, unabhängig welcher Religion oder Nationalität jemand angehört. Deshalb meine ich, wäre die allgemeine Bezeichnung «durch Ideologien motivierter Terrorismus» umfassender, das Wort «islamistisch» kann oder soll weggelassen werden. Ausländern, mit Schweizer Staatsangehörigkeit zum Beispiel, oder deren Familienangehörigen, die für eine terroristische Gruppierung aktiv an Kampfhandlungen im Ausland teilnehmen, kann eine Ausweisung verfügt werden. Dass der Schweizer, der an besagten Kämpfen teilnimmt, ausgewiesen wird, ist in Ordnung. Aber dass Familienangehörige, die vielleicht gar nicht wissen, dass ein Familienmitglied so etwas unterschrieben hat, erst später davon erfahren, gerade auch noch ausgewiesen werden können, dünkt mich gegen die betroffenen Personen, die sich selbst nichts zuschulden kommen liessen, eine willkürliche Massnahme.Darüber hinaus wird vorgeschlagen, die Empfehlung Nr. 19 des ECRI-Berichtes umzusetzen. In dieser Empfehlung werden schützenswerte Gruppen von Personen aufgezählt. Ich vertrete den Standpunkt, dass es keine Liste braucht, sondern jede Herabwürdigung eines Menschen ist eine Diskriminierung. Das Wort Diskriminierung allein, ohne Gewichtung, ist eine Ermessensfrage, eine Abgrenzung ist schwierig. Wenn ein Unternehmer einen Auftrag von einer Person ablehnt, jedoch denselben Auftrag für eine andere Person ausführt, kann dies unter Umständen bereits eine Diskriminierung sein. Wenn in einem Betrieb die Durchschnittslöhne von Ausländern gegenüber den Löhnen von Inländern kleiner sind, kann allein dieser Umstand auch keine Diskriminierung sein. Wenn jemand bei einer Neubesetzung einer Stelle der hiesigen Person eine Zusage erteilt, hingegen der Person, welche die Qualitäten mindestens, wenn nicht sogar besser erfüllt, aber gebrochen deutsch spricht, eine Absage erteilt, darf dies nicht als Diskriminierung verurteilt werden. Ich habe die ECRI-Empfehlungen mit 112 Empfehlungen durchgelesen. Viele von diesen Empfehlungen sind Wunschträume abseits der Realität. Liechtenstein kann nicht mit den grossen EU-Ländern verglichen werden. Die Liechtensteiner sind seit Jahrzehnten gewohnt, mit Ausländern zusammenzuleben und zusammenzuarbeiten. Rund 24'000 Liechtensteiner stehen im täglichen Alltag rund 12'000 Ausländern und rund 19'000 Grenzgängern gegenüber. In Liechtenstein ist die Akzeptanz und Toleranz gegenüber anderen Menschen sehr hoch. Anstatt einer Flut von Vorgaben, die unter Umständen noch falsch interpretiert werden, sind der Einsatz des gesunden Verstandes und das Eingehen auf die Gefühle der Menschen hierzulande sehr wahrscheinlich die bessere Lösung als dieses Gesetz. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Pio Schurti
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich kann das Anliegen dieser Gesetzesvorlage gut nachvollziehen. Ich bezweifle aber, dass die beste Lösung dieser Probleme, die erkannt werden, der Entzug der Staatsbürgerschaft ist. Ich denke, es wäre besser, wenn im Sinne des Art. 64, der gleich am Anfang der Vorlage erwähnt wird, dass unabhängig, wo eine Straftat begangen wird, das Anwendung finden soll. Und ich finde, man sollte vielleicht hier sagen, unabhängig davon, wo eine Straftat begangen wird, also als Kämpfer irgendwo in einem Krieg oder so, dass man dann diese Bürger, die ja dann noch Bürger von Liechtenstein wären, halt strafrechtlich verfolgt. Indem man sie ausbürgert, hat man das Problem eigentlich noch nicht gelöst. Man hat dann immer noch einen Terroristen irgendwo auf der Welt und vielleicht, wenn man ihn sozusagen abkappt, ist das noch gefährlicher. Ich möchte als Beispiel für so eine Situation den Export von Gewalt aus den USA nennen. Da wurden sehr viele Einwanderer aus Zentralamerika, die sich dann in Los Angeles oder anderswo zu Gangs formiert hatten, einfach wieder ausgewiesen und in ihre Heimatländer zurückgeschickt. Und das hat zu einer riesigen Gewaltwelle in diesen oft sehr armen lateinamerikanischen Ländern geführt. Wenn alle sagen, diesen Terroristen oder diesen angehenden Terroristen, wir entziehen ihnen einfach die Staatsbürgerschaft und schicken sie dorthin, wo sie hergekommen sind, ich weiss nicht, was für ein Problem wir damit lösen. Ich wäre da sehr froh, wenn die Regierung dazu Ideen geben könnte. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Judith Oehri
Besten Dank für das Wort. Ja, ich gehe schon davon aus, dass, wenn man jemandem die Staatsbürgerschaft aberkennt, dann auch eine Ausweisung erfolgt, wenn die Voraussetzungen dafür auch erfüllt sind. Wir haben eigentlich wenig Möglichkeiten, um Grenzen zu setzen. Wir können den Pass einziehen, wir können Ausländer ausweisen und wir können jemandem die Staatsbürgerschaft entziehen und sagen: Auf Wiedersehen, wenn du dich nicht an unsere Spielregeln oder Gesetze hier hältst, dann bitte gehe dahin zurück, wo du herkommst. Ich sage es jetzt ganz plakativ. Und wir sind es, glaube ich, das hat der Abg. Elkuch richtig gesagt, schon gewohnt, mit Ausländern zusammenzuleben und zu arbeiten und, ich glaube, wir haben ein gutes Einvernehmen. Und ich hoffe, das wird die Ausnahme sein, was wir hier bestimmen. Aber ich glaube, wir müssen Zeichen setzen und sagen, was wir nicht wollen - und ein sehr klares Zeichen, das verstanden wird. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Thomas Lageder
Danke für das Wort, Herr Präsident. Ja, stellen Sie sich einmal vor, ein Liechtensteiner begeht einen terroristischen Akt im Ausland, sagen wir einmal, in den USA. Jetzt bürgern wir ihn aus, die Straftat hat er immer noch als Liechtensteiner begangen: Müssen wir ihn dann verfolgen? Wäre so eine Frage, die ich mir stellen würde. Und was bringt uns das eigentlich, denke ich? Wir können dann vielleicht sagen, ja, er ist jetzt kein Liechtensteiner mehr, keiner von uns hat diese Straftat begangen. Das macht nichts rückgängig. Ich denke, Prävention wäre der Schlüssel. Aber, wie gesagt, wir werden das nicht unterstützen. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Damit übergebe ich das Wort an die Regierung.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Guten Abend, sehr geehrte Frauen und Herren Landtagsabgeordnete. Erlauben Sie mir zuerst ein paar einleitende Standpunkte, und dann werde ich gerne auf Ihre Voten der Eintretensdebatte eingehen. Die Themen Terrorismusbekämpfung, Radikalisierung wie auch Diskriminierung und Ausländerfeindlichkeit sind aktueller denn je. Kein Tag vergeht ohne entsprechende Meldungen in den Nachrichten, sei es in Zusammenhang mit den Aktivitäten des IS oder aufgrund von Anschlägen radikalisierter Einzeltäter in Europa. Sei es mit Bezug auf Hassparolen rechtsgesinnter Gruppierungen im Zuge der aktuellen Flüchtlingsdebatte oder umstrittener Äusserungen im Rahmen politischer Kampagnen. Das sicherheitspolitische Umfeld verändert sich ständig und damit steigen auch die sicherheitspolitischen Herausforderungen. So gesehen kommt die gegenständliche Vorlage sicher zur richtigen Zeit. Bei den eingangs erwähnten Themen handelt es sich nicht um blosse Schlagworte, sondern um ernstzunehmende Phänomene, die den Staat und die Gesellschaft in hohem Masse fordern. Auch Liechtenstein kann sich diesen Diskussionen nicht verschliessen. In diesem Zusammenhang verweise ich gerne auch auf die Interpellationsbeantwortung der Regierung betreffend Massnahmen gegen die Verbreitung von radikalem Gedankengut, die der Landtag im Mai zur Kenntnis genommen hat und in welcher die Regierung zu gesetzgeberischen und präventiven Massnahmen in diesem Bereich ausführlich Stellung genommen hat.Im Folgenden möchte ich nun kurz auf die Schwerpunkte der gegenständlichen Vorlage eingehen. Erstens zur Ausweitung der Straftatbestände zur Terrorismusbekämpfung: Mit der Vorlage werden, analog der österreichischen Rezeptionsvorlage, weitere Terrorismusstraftatbestände, konkret der Tatbestand der Ausbildung für terroristische Zwecke und der Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat, im nationalen Recht umgesetzt. Die Einführung dieser zusätzlichen Bestimmungen verhindert damit ein Regelungsgefälle zur österreichischen Rezeptionsvorlage. Angesichts der aktuellen Entwicklungen der internationalen Sicherheitslage, insbesondere im Kontext des Terrorismus, ist zudem auch Liechtenstein laufend gefordert, sein strafrechtliches Instrumentarium zur Terrorismusbekämpfung unter Berücksichtigung der internationalen Vorgaben zu überprüfen und eben gegebenenfalls auch anzupassen. Zweitens zur Aberkennung der liechtensteinischen Staatsbürgerschaft: Neben der Anpassung des Strafgesetzbuches schlägt die Regierung auch eine Ergänzung des Bürgerrechtsgesetzes bezüglich der Möglichkeit der Aberkennung der liechtensteinischen Staatsbürgerschaft vor - vorausgesetzt, es besteht nicht die Gefahr der Staatenlosigkeit. Die Bestimmung wurde dabei bewusst offen formuliert, da verschiedene Verhaltensweisen denkbar sind, welche die Interessen und das Ansehen des Landes erheblich schädigen. Diese Massnahme mag einigen womöglich als purer Aktionismus und Symbolgesetzgebung erscheinen. Im Gesamtkontext betrachtet handelt es sich dann auch nur um eine von vielen Massnahmen, und die Regierung ist sich bewusst, dass die praktische Relevanz einer solchen Bestimmung gering sein dürfte, was nicht zwingend als negativ zu bewerten ist. Es ist jedoch wichtig, dass im Anlassfall eine entsprechende Möglichkeit gegeben ist und dass die kompromisslose Ablehung bestimmter Verhaltensweisen in der gesamten Gesetzgebung Niederschlag findet. Drittens zur Ausweitung der Diskriminierungsstrafnorm: Ich möchte kurz auf die Ausweitung der Diskriminierungsstrafnorm eingehen und die Beweggründe nochmals kurz erläutern. Mit der vorgeschlagenen Ausdehnung des Anwendungsbereiches der Strafnorm auf weitere schützenswerte Gruppen folgt die Regierung einer Empfehlung der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) aus dem letzten Länderbericht für Liechtenstein 2013. Bereits die Einführung der Norm, analog der schweizerischen Rezeptionsvorlage, hatte 1999 zu heftigen Diskussionen im Landtag geführt. Umstritten war vor allem die Tragweite der Norm in Abgrenzung zur Meinungsäusserungsfreiheit. Liechtenstein ging schliesslich sogar noch weiter als die Schweiz und hat mit Abs. 2 des Paragrafen 283 StGB eine Norm eingeführt, um insbesondere den Handel und Vertrieb rassendiskriminierender Propagandaartikel zu verhindern, selbst wenn dies keinen kommerziellen, werbenden Charakter hat. Die Bestimmung des Paragrafen 283 StGB weist auch Parallelen zur entsprechenden Bestimmung des österreichischen Strafgesetzbuches auf, sodass auch ein Vergleich mit der dortigen Rechtslage angezeigt ist. Aus heutiger Sicht kann man sagen, dass sich die Befürchtungen von damals in der Praxis nicht bestätigt haben. In dem Masse, wie sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Lebensverhältnisse ändern, hat sich auch das Recht dynamisch weiterzuentwickeln. Die Regierung ist sich bewusst, dass Abgrenzungsschwierigkeiten in der Praxis nicht gänzlich ausgeschlossen werden können, und es ist auch schwierig, vorherzusagen, welche Auswirkungen eine derartige Bestimmung für die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte haben wird. In der Vernehmlassung wurden von den betroffenen Behörden zumindest keine diesbezüglichen Bedenken oder Einwände geäussert. Eine sachliche Berichterstattung oder die in einer Demokratie notwendige politische Diskussion werden vom Tatbestand nicht erfasst. Ebenso wenig blosse Kritik gegen Angehörige einer der im Gesetz aufgeführten Schutzgruppen. Sanktioniert werden nur diskriminierende, entwürdigende und den sozialen Frieden auf Dauer gefährdende Äusserungen in der Öffentlichkeit; wobei vorsätzliches Handeln vorausgesetzt wird. Eine strafrechtlich relevante Diskriminierung ist nur gegeben, wenn die Ungleichbehandlung wissentlich und willentlich, ohne sachlichen Grund, an eines der aufgeführten Kriterien anknüpft. Argumente dahingehend, dass die Ausweitung des Straftatbestandes den Sinn und Zweck des Strafrechts untergrabe und zu ausufernder Gerichtsbarkeit führe, sind aus Sicht der Regierung nicht stichhaltig und wurden in der Vernehmlassung auch nicht geäussert. Zweifelsohne kann Diskriminierung in den unterschiedlichsten Formen und Ausprägungen nicht allein mit einer Strafbestimmung verhindert werden. Zur Beseitigung von Diskriminierungen im alltäglichen öffentlichen Leben sind auch Massnahmen in diversen anderen Bereichen erforderlich. Hierzu bedarf es unter anderem auch einer Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung und einer verstärkten Sensibilisierung für das Thema. Nichtsdestotrotz soll das Strafrecht zum Ausdruck bringen, dass beispielsweise das vorsätzliche Aufreizen zu Hass oder Diskriminierung oder die systematische Herabsetzung oder Verleumdung bestimmter Personengruppen vom Staat nicht toleriert wird und entsprechende Sanktionen bei einschlägigem Verhalten vorgesehen sind. Dieses Ziel wird aus Sicht der Regierung mit der gegenständlichen Vorlage erreicht. Und damit komme ich zu den Voten in der Eintretensdebatte: Ich bedanke mich zuerst für alle positiven Äusserungen. Ich freue mich, dass die Vorlage insgesamt gut aufgenommen wird. Ich habe natürlich schon zur Kenntnis genommen, dass Sie betreffend die Aberkennung der Staatsbürgerschaft die grössten Vorbehalte haben. Und ich denke, der Bemerkung des Abg. Thomas Lageder betreffend Amnesty International haben wir in der Vorlage auch versucht zu entgegnen, weil ja die Europäische Menschenrechtskonvention nur dann eine Aberkennung der Staatsbürgerschaft als Diskriminierung oder Menschenwürde verletzend ansieht, wenn eben keine andere Staatsbürgerschaft da ist. Und das ist ja hier, mit dieser Gesetzesvorlage, nicht der Fall. Und damit war für uns klar, dass die Bedenken von Amnesty International eigentlich rechtlich ausgeräumt sein sollten, zumindest was die Begründung angeht.Ich habe die Ausführungen des Abg. Herbert Elkuch auch interessiert zur Kenntnis genommen und ich gehe mit ihm einig, dass es keinesfalls darum geht, den Islam als Religion zu diskriminieren. Das möchte ich von mir und von der Regierung weit zurückweisen. Es geht hier nicht darum, den Islam als Religion in eine Ecke zu stellen. Es geht darum - und damit teile ich die Anliegen von vielen islamischen Glaubensangehörigen auch in Liechtenstein, die das mir gegenüber auch schon geäussert haben, die wollen genau, dass eben Terrorismus im Namen des Islam auch bekämpft wird. Die sind sich der Problematik sehr bewusst und wissen, dass ihre Religion durch Terrorismus, durch Islamisten in Misskredit gebracht wird und damit ein falsches Bild über den Islam entsteht. Und genau das ist das Ziel dieser Vorlage. Diesen islamistischen Terrorismus, aber auch andere Ideen hinter Terrorismus zu bekämpfen. Und daher kann man, finde ich, nicht sagen, dass hier eine Diskriminierung des Islam stattgefunden hat. Wir werden aber auf die 2. Lesung noch bewusster versuchen, bei der Wortwahl wirklich aufzupassen, dass nicht aus Versehen ein falsches Wort verwendet würde, weil das dann wirklich sicher nicht im Sinne dieser Vorlage wäre, wo es eben genau darum geht, Diskriminierung abzubauen und zu verhindern.Die Problematik betreffend die Ausweisung von Familienangehörigen werde ich auf die 2. Lesung noch einmal ausführen und darstellen, ob es dann wirklich so ist und warum es so wäre. Wir werden das aber noch einmal prüfen.Sie erwähnen den Unternehmer, der durch eine Abweisung eines bestimmten Kandidaten oder eines Vertragspartners auch eine Diskriminierung ausüben kann. Sie haben auch noch andere Beispiele aufgeführt, und dazu haben wir ja im Bericht und Antrag auch Stellung genommen. Die Vertragsfreiheit wird durch diese Rechtsformen nicht eingeschränkt. Die Vertragsfreiheit ist ein hohes Gut. Hier geht es eben nicht darum, dass Diskriminierung passiert durch eine willkürliche Auswahl eines Kunden oder eines Vertragspartners, sondern es ist vor allem auf Seite 32 des Berichts und Antrages ganz klar herausgestrichen: Es geht darum, Verhalten zu sanktionieren, welches das friedliche Zusammenleben in einer Gemeinschaft auf Dauer gefährdet. Wenn ein Unternehmer aus willkürlichen, aus Gründen, die er nur selbst weiss, einen Vertragspartner ablehnt, dann glaube ich nicht, dass man hier von einem Verhalten sprechen kann, das das friedliche Zusammenleben auf Dauer gefährdet, und diese Äusserungen oder diese Thematik auch noch in der Öffentlichkeit stattfindet. Also die Vertragsfreiheit und auch die Meinungsäusserungsfreiheit sind hier nicht betroffen. Wir werden auf die 2. Lesung auch nochmals versuchen, das noch klarer darzustellen, wo hier die Grenzen sind zwischen Freiheit des Einzelnen in seinen Entscheidungen und der Diskriminierungsbestimmung.Und wenn Sie, Herr Abg. Elkuch, den gesunden Menschenverstand als bessere Lösung als jedes Gesetz erwähnen, kann ich Ihnen auch nur hundertprozentig zustimmen. Nur das ist genau das Problem im Strafrecht: Das Strafrecht ist eben genau für diese paar Prozent der Bevölkerung, die eben den Verstand ausgeschaltet haben und eben straffällig werden. Der gesunde Menschenverstand wäre immer die bessere Lösung, nur reicht er eben leider, leider nicht immer aus. Ich wäre auch dafür, dass wir viele Gesetze abschaffen könnten, wenn der gesunde Menschenverstand sich immer durchsetzen würde. Aber leider ist der Mensch eben nicht perfekt, und es gibt eben Menschen, die zu unglaublichen Taten fähig sind: Terrorismus, Kriegsverbrechen und so weiter. Und das Strafrecht hat die Aufgabe, diese Dinge zu bekämpfen. Im Sinne auch einer Generalprävention, um abschreckend zu wirken. Und darum glaube ich, das Problem sind eben genau die Unverständigen, die den gesunden Menschenverstand nicht anwenden. Das sind die Hassprediger, das sind die Intoleranten, die sind das Problem. Und denen kommen Sie mit dem gesunden Menschenverstand eben leider nicht bei - meistens.Dann zum Abg. Pio Schurti betreffend den Entzug der Staatsbürgerschaft, dass es abhängig gemacht wird vom Ort der Straftat. Wir werden das auch noch einmal genau anschauen, ob wir das anders oder besser begründen oder anders lösen sollten oder müssen. Die Abkappung von der Verfolgung ist ein wichtiger Punkt, der erwähnt wurde. Wenn er die Staatsbürgerschaft verliert, auch der Abg. Thomas Lageder hat das noch erwähnt, dass dann quasi abgekappt werde - ich möchte dazu einfach das Beispiel eines Auslieferungsgesuches anführen. Es gibt in Liechtenstein auch die Bestimmung, dass ein liechtensteinischer Staatsangehöriger - wie in der Schweiz auch - nicht ausgeliefert werden darf. Ich überspitze jetzt ein bisschen, um es zu visualisieren, wenn wir eine Situation hätten, dass jemand ein Kriegsverbrecher ist mit Liechtensteiner Pass, nur Liechtensteiner Pass, dann wird es schwierig. Aber nehmen wir an, er war ursprünglich irgendein anderer Staatsangehöriger, hat noch einen Liechtensteiner Pass bekommen - aus irgendeinem Grund - und hat damit auch den liechtensteinischen Pass, er lebt in Liechtenstein und wird eines Kriegsverbrechens im Ausland überführt. Er war vielleicht früher irgendwo in Afrika oder sonst irgendwo auf der Welt involviert in ganz schlimme Dinge. Nun kommt ein Auslieferungsgesuch aus Den Haag oder aus diesem Staat, der einen grossen Prozess führt, und Liechtenstein kann diesen Menschen nicht ausliefern an den Prozessort, weil er diese Staatsbürgerschaft noch hat. Das heisst, in einem solchen Fall wäre zum Beispiel die Aberkennung der Staatsbürgerschaft eine Lösung, damit diese Person dann eben der Gerechtigkeit und dem Verfahren im Ausland durch eine Auslieferung zugeführt werden könnte. Das ist jetzt einfach spontan einmal ein Beispiel, wo es eben Sinn machen könnte, die Landesbürgerschaft abzuerkennen. Und ich denke, es werden nicht allzu viele Fälle sein, das hoffe ich zumindest. Ich kenne unsere Liechtensteiner als friedliche und gute Menschen. Aber die Idee dieses Gesetzesvorschlages ist ja auch, abschreckend zu wirken und eine klare Botschaft zu senden, dass Liechtenstein eben auch dieses Mittel im Notfall auch ergreifen würde und dieses Mittel auch kennt. Und der Liechtensteiner Pass soll nicht Schutz bieten für solche Menschen, dass sie sich irgendwo anders einer Verfolgung entziehen können. Das wäre so ein Beispiel. Wir werden das auch auf die 2. Lesung noch etwas genauer ausführen.Damit habe ich, glaube ich, die ersten Punkte aus der Eintretensdebatte abgehandelt.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank, Herr Regierungschef-Stellvertreter.Abg. Helen Konzett Bargetze
Danke, Herr Präsident. Ich möchte nur noch etwas zur Unterscheidung von «Islam», «islamisch» und «islamistisch» sagen. Ich möchte sehr würdigen, was Sie, Herr Abg. Elkuch, mit Ihrem Statement gesagt haben und Ihre Absicht, dass man eben sehr darauf achten soll, wie man das formuliert. Aber vielleicht kann ich zur Klärung auch noch beitragen, wenn wir uns die Begriffe «islamisch» und «islamistisch» anschauen - das meint eben nicht das Gleiche. Und ich denke, die Regierung hat an gewissen Stellen das Wort «islamistisch» verwendet und, ich denke, das auch in korrekter Absicht gemacht, weil «islamistisch» ja gerade eben heisst, die Religion Islam missbrauchend. Also das ist eigentlich eine verbrämte Art und Weise, wie man sich ein Mäntelchen umhängt und vermeintlich aus einer frommen islamischen Haltung heraus Taten begeht, die eben Verbrechen sind. Und «islamisch» hingegen wäre dann aber etwas anderes. Und wenn man eben den islamistisch verbrämten Begriff meint und diesen auch verurteilt, dann ist das in Ordnung. Das wollte ich nur sagen. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Pio Schurti
Vielen Dank, Herr Präsident. Nur ein kleiner Einwand zum letzten Beispiel, das Sie gegeben haben. Wenn eben ein Doppelbürger hier in Liechtenstein wäre und dann stellt sich heraus, dass er irgendwann einmal ein Kriegsverbrechen begangen hat. Und dann stellen Sie fest, man könnte ihn dann nicht ausweisen, zum Beispiel nach Den Haag. Ich nehme an, Sie haben sich da auf den Internationalen Strafgerichtshof bezogen. Aber genau das müsste möglich sein. Man hat ja die Kriegsverbrecher aus Jugoslawien, ob sie Doppelbürger waren oder nicht, nach einem langen Prozedere irgendwann einmal an diesen internationalen Gerichtshof ausgeliefert. Ich weiss jetzt nicht, inwieweit zum Beispiel das Uganda-Tribunal oder Sierra Leone oder andere, ob es auch möglich gewesen wäre, einen allfälligen Verbrecher mit liechtensteinischem Pass an so ein Tribunal auszuliefern. Das nur als kleine Ergänzung.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident. Ja, man müsste auch wissen, wie die Rechtslage dann in Jugoslawien war oder in Bosnien oder wo auch immer, ob dort die Auslieferung eines eigenen Staatsangehörigen ebenfalls verboten ist oder eben nicht. Das wäre dann ja auch noch ein Punkt. Das heisst, man muss den Einzelfall natürlich anschauen. Ich kann jetzt spontan auch nicht sagen, ob eine Auslieferung an einen internationalen Gerichtshof zulässig ist, auch wenn das nationale Recht eine Auslieferung eines Staatsangehörigen verbietet. Das können wir gerne auf die 2. Lesung noch etwas genauer darstellen. Da gibt es sicher ganz unterschiedliche Konstellationen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es Konstellationen gibt, wo eben eine Auslieferung nicht möglich ist wegen der Staatsbürgerschaft. In solchen Fällen wäre es dann, finde ich zumindest, schon frustrierend, wenn man das nicht tun könnte und diese Person sich mindestens nicht vor Ort vor Gericht verantworten müsste, weil er sich durch diese Staatsbürgerschaft dem entziehen könnte. Wir werden das auf die 2. Lesung noch einmal ausführen und darstellen.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Pio Schurti
Danke, Herr Präsident. Wenn Sie mir gestatten, noch einmal nachzuhaken. Wenn so ein Fall auftreten würde, dann hätte doch Liechtenstein gemäss diesem ersten Artikel, der geändert werden soll, die Pflicht, diesen Kriegsverbrecher hier zu verurteilen. Weil es steht ja da in diesem Text: «unabhängig von den Strafgesetzen des Tatorts».Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Das ist richtig, Herr Abg. Schurti. Aber macht es Sinn in einem grossen Fall von Kriegsverbrechen an einem Ort auf der Welt, am besten in dem Land, wo das Verbrechen passiert ist, damit die Gerechtigkeit auch visuell für die Betroffenen vor Ort stattfindet, wenn in einem solchen Fall in Liechtenstein ein Verfahren durchgeführt werden müsste, weit ab von diesem Ort, wo die Taten passiert sind? Ich glaube, wir bewegen uns hier in einer sehr abstrakten und sehr theoretischen Diskussion. Es gibt einfach Aspekte, finde ich, die dafür sprechen, dass man in einer solchen Situation gut beraten wäre, diesem Menschen das Liechtensteiner Staatsbürgerrecht zu nehmen und ihn dann auszuliefern, damit er am Ort des Geschehens, wo diese Justiz stattfindet, auch sich verantworten muss. Das ist aber eben eine sehr abstrakte und sehr theoretische Diskussion. Ich glaube, das müssen wir nicht mehr weiter vertiefen, ausser Sie bestehen darauf. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Helen Konzett Bargetze
Danke, Herr Präsident. Ja, auch nur noch ganz kurz. Ich möchte einfach noch einmal darauf hinweisen, dass mein Kollege Thomas Lageder in seinem Statement darauf hingewiesen hat, dass das eben für Taten im Ausland und nicht für Taten im Inland gelten soll. Dann frage ich mich schon, was ist denn die Sinnhaftigkeit, wenn es eben ja gerade für in Liechtenstein begangene Taten dann wichtig wäre, wenn das dann auch in Liechtenstein stattfindet? Und was haben wir denn davon, wenn wir diese Person ausbürgern? Dazu kommt auch noch diese hochtheoretische Debatte, in der wir uns anscheinend befinden, oder wir hoffen es zumindest, dass es reine Theorie sein wird und nicht eintreten wird. Aber wollen wir wirklich eine Gesetzesänderung, weil es theoretisch und weil es ein Statement ist? Ich meine, im Moment ist es vielleicht ein Statement, wenn wir diese Gesetzesänderung verabschieden, aber das wirkt ja nicht fort. Das steht dann im Gesetz, aber es ist dann einfach reine Theorie. Also damit habe ich etwas Mühe. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident. Ich glaube einfach, das ist ein Nebenaspekt. Ich wollte ein Beispiel zeigen, wo es Sinn machen könnte. Es ging mir nicht darum, zu sagen, das ist der Grund, warum die Regierung diesen Vorschlag macht. Das war eine mögliche Situation, wo es auch für mich sofort einsichtig ist, dass es auch Sinn machen könnte, die Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Es gibt mehrere andere Argumente, es gibt dieses einheitliche Rechtsgebiet, dass wir uns den Nachbarländern irgendwo annähern. Es gibt die Aspekte der generalpräventiven Wirkung dieses Schrittes, es gibt verschiedene Aspekte. Und die Frage Unterscheidung zwischen Inland und Ausland werde ich gerne auch noch vertieft dann auf die 2. Lesung darstellen. Eventuell, ich habe es bereits gesagt, kann man das auch noch anpassen. Die Frage ist sicher berechtigt. Wir werden diesen Aspekt auch noch genauer darstellen.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Landtagsvizepräsidentin Violanda Lanter-Koller
Auch nur ganz kurz. Wenn ich das Gesetz anschaue, so wie es vorgeschlagen ist, dieses Bürgerrechtsgesetz, und den Entzug des Landesbürgerrechts, dann ist für mich nicht ersichtlich, dass diese Schädigung des Ansehens des Landes im Ausland passieren muss. Es kann genauso auch im Inland passieren. Also ich sehe den Punkt eigentlich nicht. Für mich ist das unabhängig, wo das geschieht. Also das Gesetz ist so formuliert, «wenn er durch sein Verhalten die Interessen oder das Ansehen des Landes erheblich schädigt». Also ich sehe da den Zusammenhang jetzt nicht, dass das eine Tat im Ausland sein soll. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Keine weiteren Wortmeldungen. Damit können wir über Eintreten befinden. Wer für Eintreten auf die Gesetzesvorlagen ist, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 20 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 20 Stimmen Eintreten beschlossen. Wir nehmen die 1. Lesung des Gesetzes über die Abänderung des Strafgesetzbuches durch Artikelaufruf vor. § 64 Abs. 1 Ziff. 10 Einleitungssatz wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
§ 64 Abs. 1 Ziff. 10 Einleitungssatz steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
§ 278 Abs. 2 wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
§ 278 Abs. 2 steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
§ 278b Abs. 1 und 3 werden aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
§ 278b Abs. 1 und 3 stehen zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
§ 278c Abs. 1 Ziff. 9 und 9a werden aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
§ 278c Abs. 1 Ziff. 9 und 9a stehen zur Diskussion.
Abg. Pio Schurti
Vielen Dank, Herr Präsident. Also diese zwei Absätze, nehme ich an, wurden neu eingefügt oder dazu genommen. Mir ist das eben leider erst jetzt aufgefallen, beim Studium des Bericht und Antrages ist mir das nicht aufgefallen. Aber ist zum Beispiel ein Video nicht ein terroristisches Kommunikationsmittel, müsste man fast sagen, wie man sie jetzt immer wieder sehen kann, dass bewusst Vergewaltigungen oder Köpfungen, Tötungen auf ganz brutale Weise durchgeführt werden, das ist in meinen Augen sicher ein terroristischer Akt. Wenn man dann in anderen Paragrafen sagt, die Verbreitung von solchen terroristischen Ideen und so weiter sollte strafbar sein, dann denke ich, dass man eine solche Straftat, die gezielt mit terroristischer Absicht begangen wird, vielleicht auch aufnehmen könnte. Möglich ist auch, dass das schon jetzt im Strafgesetzbuch drinsteht in irgendeiner Form.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Wir können weiterlesen. § 278e wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
§ 278e steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
§ 278f wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
§ 278f steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
§ 282a wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
§ 282a steht zur Diskussion.
Abg. Pio Schurti
Ich möchte die Regierung ersuchen, hier ein paar Ausführungen zu machen auf die 2. Lesung hin. Da geht es wieder um die Medien oder um Aktivitäten, es heisst ja da im vorhergehenden Paragrafen und dann in diesem Paragrafen unter Abs. 1: «in einem Druckwerk, im Radio» und so weiter oder in einem öffentlichen Auftritt eben terroristische Taten gutheisst. Da möchte ich schon fragen, was heisst denn das «gutheissen»? Ich gebe drei Beispiele: Ist es ein Gutheissen, wenn Bischof Huonder sagt, wenn man die Bibel anwenden würde, das Alte Testament, dann könnte man das Problem mit den Homosexuellen lösen oder einer Wendung zuführen, ich weiss jetzt nicht mehr genau, wie er das formuliert hat? Wäre das allenfalls eine Gutheissung? Ist es eine Gutheissung von Straftaten, wenn junge Salafisten in Winterthur wie in vielen deutschen Städten den Koran verteilen, mit der Aufforderung: Lies!, und man heute schon weiss, dass zum Beispiel Terroristen, die aus der Schweiz in den sogenannten «Islamischen Staat» gegangen sind, eben bei solchen Verteilungsaktionen der Salafisten in Winterthur radikalisiert wurden? Und dann das letzte Beispiel, das mir noch einfällt: Wie gehen wir jetzt damit in unserem Strafgesetzbuch um, wenn Bayern das Copyright auf «Mein Kampf» nicht erneuert? Ich weiss den letzten Stand nicht, das Copyright ist aber ausgelaufen, 70 Jahre nach dem Kriege, haben sie es nun wieder erneuert oder nicht. Wenn «Mein Kampf» jetzt wieder publiziert werden darf, weil das Copyright eben nicht mehr besteht, wäre das eine Gutheissung des Nationalsozialismus, wenn man «Mein Kampf» wieder vertreibt? Das waren jetzt ein bisschen vielleicht gar bunt durchmischte Beispiele, aber trotzdem: Was heisst es, in Drucksachen oder in Radio oder Fernsehen, was heisst es, solche Straftaten gutzuheissen?Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident. Ja, ich habe schon fast vermutet, dass die Tagesaktualität uns heute hier auch beschäftigen wird, und habe darum einen aktuellen Artikel aus dem «Tages-Anzeiger» mir mitgenommen betreffend die Äusserungen des Churer Bischofs. Der Artikel ist von heute und hier wird ausgeführt, dass gegen den Bischof aktuell drei Strafanzeigen bei der Churer Staatsanwaltschaft hängig seien, wo er beschuldigt werde, öffentlich zu Verbrechen oder zu Gewalttätigkeit aufgerufen zu haben. Also von Terrorismus ist hier nicht die Rede. Ich glaube, Ihnen ging es nicht um Terrorismus. In diesem Artikel geht es ja um terroristische Tatbestände, wer zu Terrorismus aufruft. Es gibt andere Strafgesetzbuchartikel, die eben den Aufruf zu Gewalt, auch in Liechtenstein, unter Strafe stellen. Und man wird jetzt sehen, wie die Churer Staatsanwaltschaft diese Anzeigen behandeln wird. Ich kann Ihnen das Ergebnis nicht vorwegnehmen, aber es hat mit dieser Rechtsfrage hier nichts zu tun. Es geht da nicht um terroristische Fragen.Dann zum Beispiel, das Sie angeführt haben, betreffend das Verteilen des Korans. Ich glaube, das ist ein klarer Fall. Das Verteilen des Korans ist sicher nicht mit Strafe bedroht und den Koran kann man sicher auch nicht mit einer anderen Schrift vergleichen, die Sie erwähnt haben. Das reine, blosse Verteilen des Korans auf den Strassen ist nicht verboten und hat auch nicht mit Aufruf oder Gutheissen von irgendetwas mit Terrorismus zu tun. Da müsste ich Sie dann direkt an Ihren Sitznachbarn verweisen, solche nur schon Andeutungen, finde ich auch etwas kritisch. Ich glaube, der Fall beim Verteilen des Korans ist ziemlich klar, das allein ist sicher strafrechtlich nicht relevant.Und was die Schrift «Mein Kampf» betrifft, denke ich, dass der kommerzielle Verkauf oder auch das Anpreisen dieser Schrift, ich werde das auf die 2. Lesung noch genauer nachprüfen, spontan bin ich der Meinung, dass es von Gerichten in Nachbarländern durchaus eine Rassendiskriminierung ist. Aber nicht ein Aufruf zu Terrorismus, sondern Sie vermischen jetzt hier ganz viele verschiedene Straftaten, von Ankündigung von Gewalt oder von Verbreiten von religiösen Schriften, was zulässig ist, oder eben von Aufruf zu Rassendiskriminierung, was hier aber nicht das Thema ist, sondern eben das Gutheissen von Terrorismuspropaganda sozusagen. Also es sind ganz viele verschiedene Dinge, das ist ein bisschen schwierig, das dann auf die 2. Lesung auseinanderzuhalten. Wir werden einfach versuchen, betreffend diesen Artikel, über den wir jetzt gerade sprechen, dieses Thema Gutheissung noch für Sie genauer darzustellen.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Pio Schurti
Danke, Herr Präsident. Nur ein ganz kleiner Widerspruch, ich meine, von diesen Verteilergruppen, die den Koran verteilen, weiss man, dass von denen Anhänger eben nach Syrien oder in den Irak gezogen sind, um dort zu kämpfen, das weiss man. Und in Deutschland zumindest stehen diese Salafistengruppen, die vielleicht anfälliger sind für eine Radikalisierung, unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Also von daher möchte ich jetzt nicht, dass Sie denken, ich sei da in irgendeiner Weise islamophob, nur weil ich anzweifle, dass die Salafisten da nur den Koran verteilen. Ich denke eher, dass sie den Koran missbrauchen für ihre Zwecke. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident. Ich wollte nur klarstellen: Das Verteilen des Koran bedeutet nicht, dass man nach Syrien reist und mit Islamisten oder Terroristen kämpft. Und das Verteilen des Korans ist rechtlich zulässig, wenn man die entsprechenden Bewilligungen hat, im öffentlichen Raum etc., und ich wollte auch darauf hinweisen, dass das Reisen nach Syrien für terroristische Kampfhandlungen hingegen unter Strafe stehen soll. Und dass die gleichen Personen beide Dinge tun, darf man einfach nicht vermischen. Strafbar sind Salafisten oder andere Menschen dann, wenn sie eben zu Gewalt aufrufen, wenn sie zu Terrorismus aufrufen, wenn sie Terrorismus gutheissen oder wenn sie nach Syrien reisen und dort Terrorismus begehen. Alle diese Dinge sind strafbar. Das Verteilen des Koran, das die gleichen Leute vielleicht tun, das ist nicht strafbar. Das wollte ich einfach der Präzision halber festhalten.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Wir können weiterlesen. § 283 Abs. Sachüberschrift Abs. 1 Ziff. 1, 2, 4, 6 und 7 sowie Abs. 2 Einleitungssatz werden aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
§ 283 Abs. Sachüberschrift Abs. 1 Ziff. 1, 2, 4, 6 und 7 sowie Abs. 2 Einleitungssatz stehen zur Diskussion.
Abg. Judith Oehri
Besten Dank für das Wort. Ich habe jetzt eine Anschlussfrage an Herrn Schurti. Also wenn die Aussagen von Herrn Huonder hier im Land gewesen wären, wäre wahrscheinlich jetzt der Abs. 1 Punkt 1., der zur Anwendung käme, oder wenn ein Pfarrer solche Aussagen machen würde, das ist die erste Frage.Und dann habe ich ja vorher einen Beschluss des Europarates erwähnt, der im Juni gefallen ist, und da geht es mir um die Aufzählung von Abs. 1 Punkt 1. In dem Beschluss sind nebst Rasse, Sprache und so weiter noch drei Punkte drin, die hier jetzt nicht ausgeführt sind, und zwar sind es die Hautfarbe, der Migrantenstatus und die geschlechtliche Identität, die man eventuell als Gründe für Diskriminierung auch noch hinzunehmen könnte. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Elfried Hasler
Danke für das Wort. Ich denke, die hier aufgeführten Punkte - Diskriminierung aufgrund von Rasse, Sprache, Nationalität, Ethnie, Religion, Geschlecht, Behinderung, Alter und sexuelle Ausrichtung -, das scheint mir einigermassen greifbar und klar. Hingegen habe ich Mühe mit dem Begriff «Weltanschauung». Das aufgrund der doch enormen Spannweite und der Ungenauigkeit und dadurch auch der Beliebigkeit dieses Begriffs. Es ist auch ein Begriff, der bekanntlich im Nationalsozialismus überstrapaziert wurde und aus dieser Zeit auch etwas belastet ist. Ich denke, das Gesetz geht hier davon aus, dass per se Personen mit bestimmten Weltanschauungen eben schützenswürdig sind, und das möchte ich einfach infrage stellen oder hätte ich noch vielleicht etwas genauer ausgeführt. Denn ich denke, eine Person mit einer nationalsozialistischen Weltanschauung, da muss es doch möglich sein, dass ich als Wirt - und das würde dann unter Ziff. 6 fallen - sagen kann, diese Person möchte ich nicht in meinem Restaurant sehen, aufgrund seiner Weltanschuung möchte ich ihn diskriminieren. Ich hätte da einfach noch gerne Ausführungen zu diesem für mich etwas weit gefassten und ungenauen und beliebigen Begriff «Weltanschauung». Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Christine Wohlwend
Vielen Dank für das Wort. Ich habe eine Frage zur Ziff. 2. Auf Seite 16 dieses Berichts und Antrages haben Sie ausgeführt, dass die Verbreitung rassistischer Symbole auch strafbar sein soll, wenn dies keinen werbenden Charakter hat, das heisst, auch privat, öffentlich zur Schau gestellt wird. Ziff. 2 ist allerdings etwas problematisch, weil da irgendwie das Satzende fehlt. Ich glaube, da haben Sie einfach die werdenden Untersätze herausgestrichen. Ich vermute aber, das soll eigentlich heissen, dass ebenso zu bestrafen ist, wer eben Bilder zeigt, die beispielsweise rassendiskriminierende Darstellungen enthalten. Und jetzt meine ganz konkrete Frage: Wir haben in Österreich schon des Öfteren Verurteilungen lesen dürfen, weil beispielsweise rechtsradikal denkende Bürger Hakenkreuze öffentlich demonstriert haben beziehungsweise Tattoos öffentlich gezeigt haben. Fällt das jetzt auch unter diese Regelung? Das heisst, müsste man künftig, wenn man eine solche Tätowierung hat, diese in Liechtenstein bedeckt halten, und müsste man sonst, wenn man die öffentlich zur Schau stellt, Angst haben, unter diesen Strafartikel zu fallen? Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Peter Büchel
Danke für das Wort. Ich hätte eine Frage zu Punkt 6, ich komme von einer ganz anderen Seite. Vor einem Jahr gab es eine Diskussion zu einem islamischen Friedhof in Liechtenstein. Das heisst, heute werden die Friedhöfe von der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt, von der Gemeinde. Nach diesem Artikel heisst es für mich, oder ich stelle es so in den Raum, dass Mitbürger mit islamistischem Glauben eigentlich auch Anrecht hätten auf einen Platz auf diesem Gemeindefriedhof, weil sie sonst ja diskriminiert werden. Vielleicht kann die Regierung das bis zur 2. Lesung beantworten. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Pio Schurti
Vielen Dank, Herr Präsident. Auf das Votum des Kollegen Elfried Hasler noch - soweit ich gesehen habe, steht der Begriff «Weltanschauung», den Sie zu Recht als etwas schwammig oder so eingestuft haben, immer in der Verbindung «Religion oder Weltanschauung». Es geht da nicht um Religion oder nationalsozialistische Weltanschauung. Ich könnte mir vorstellen, dass man da Bezug nimmt auf Leute, die eben keine Religion haben, sondern eine philosophische, humanistische, säkulare oder vielleicht sogar atheistische Weltanschauung. Und das hat dann in gewissen Religionen eine grosse Bedeutung, weil die Ungläubigen überall auf der Welt noch diskriminiert sind. An manchen Orten auf der Welt sind die sogenannten Ungläubigen sicher im Leben bedroht. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident. Ja, ich beginne bei der Abg. Judith Oehri mit dem erwähnten Fall des Churer Bischofs. Ich möchte Ihnen hier nicht spontan ein Gerichtsurteil verfassen, das ist sehr schwierig. Man muss den Einzelfall betrachten, man muss die genauen Umstände betrachten, es wären verschiedene Rechtsfragen wahrscheinlich zu klären, ob es in der Öffentlichkeit geschehen ist oder nicht, wie dieses Video zu werten wäre und so weiter - da stellen sich viele Fragen. Ich möchte aber nicht ausschliessen, dass diese Tat oder dieses Vorgehen nach diesem neuen Artikel eventuell strafbar sein könnte. Aber ich möchte das jetzt hier nicht mit Ja oder Nein beantworten, weil das ein Gericht beantworten müsste, und es gibt vom subjektiven Tatvorsatz Dinge, die geklärt werden müssen. War es Vorsatz, war es öffentlich und so weiter? Es gibt viele Kriterien, die erfüllt sein müssen, das kann ich jetzt nicht hier spontan beantworten. Aber es ist sicher ein Fall, der die Staatsanwaltschaft sicher dann auch beschäftigen würde, die diese Fragen dann vielleicht auch prüfen müsste, ob das eine Straftat nach diesem neuen Artikel wäre.Betreffend den Europarat, dass der noch weiter geht, ganz neu, das kann sein. Ich kenne diese neueste Entwicklung noch nicht. Wir versuchen hier, mit diesem Vorschlag die Empfehlungen von ECRI umzusetzen, die den aktuellen Stand für uns darstellen. Und wir möchten uns auch der Rechtslage in den Nachbarländern anpassen, damit wir eben hier auch aufbauen können auf die Rechtsprechung in den Nachbarländern. Und ich glaube nicht, dass die Nachbarländer diese neue Weiterentwicklung schon umgesetzt haben. Insofern ist das für mich jetzt kein Thema, hier noch weiter zu gehen, sondern ich denke, wir gehen diesen Schritt, den man uns aufgezeigt hat, begründet hat und den auch die Nachbarländer bereits gemacht haben. Und das andere werden wir sicher beobachten, und wenn sich zeigen sollte, dass alle rechtsverwandten Nachbarräume in die gleiche Richtung ebenfalls gehen, werden wir uns auch die Frage stellen, ob das für uns auch ein Schritt ist, den wir tun müssen. Ich denke, es ist sicher auch sinnvoll, dass wir hier nicht zwei Schritte auf einmal tun, sondern gesicherte Schritte setzen, die wir auch überprüft haben.Dann zum Abg. Elfried Hasler: Das Beispiel mit dem Nationalsozialisten, der nicht in das Restaurant hineindarf. Auch dieser Fall ist, ich denke, im Bericht und Antrag in einer analogen Variante irgendwo abgehandelt. Es gibt sehr wohl die Freiheit des Gastwirtes, eben bestimmte Menschen nicht in sein Restaurant zu lassen. Ich meine, das Angebot als Restaurantbesitzer, ich kann das eingrenzen. Ich kann eben, wie wir es ausgeführt haben, sagen, erst ab 21. Ich kann ein Restaurant auch als Club betreiben, kann sagen, nur Clubmitglieder dürfen hinein. Es gibt in Vaduz so ein Restaurant. Da gibt es verschiedene Spielvarianten. Ich glaube, hier würden wir wahrscheinlich nicht in die Anwendbarkeit hineinkommen. Und betreffend die genaue Präzisierung des Begriffes «Weltanschauung», auch im Hinblick, was der Abg. Pio Schurti gesagt hat, werden wir auf die 2. Lesung noch versuchen, das klarer und präziser noch einmal auszuführen.Dann zur Abg. Christine Wohlwend, und ich werde jetzt aufpassen, dass ich nicht den gleichen Versprecher wähle, obwohl er sehr originell ist. Es ist mir wichtig, zu betonen, das Zeigen von nationalsozialistischen Symbolen wie Hakenkreuzen ist heute schon in Liechtenstein strafbar. Und es hat schon Verurteilungen gegeben in Liechtenstein. Die Rechtslage ändert sich hier nicht. Uns geht es hier darum, der Staatsanwaltschaft klarer zu zeigen, wo die Grenzen sind. Wir, seitens der Regierung, waren und sind der Auffassung, dass bereits der bestehende Straftatbestand eigentlich klar wäre. Aber es hat Fragen gegeben in bestimmten Fällen, wo es offenbar nicht klar war, und darum diese leichte Präzisierung. Es gibt keine Änderung in der Rechtslage aus unserer Sicht. Zeigen von Hakenkreuzen oder Tattoos mit Hakenkreuzen in der Öffentlichkeit ist heute schon strafbar, und es gab in Liechtenstein auch schon Verurteilungen diesbezüglich. Also hier ändert sich nichts.Dann zum islamischen Friedhof, den Peter Büchel angetönt hat. Das ist eine sehr gute, interessante Frage, die werde ich sehr gerne auf die 2. Lesung abklären. Ich bin fast sicher, dass wir da eine Begründung finden, dass es eben nicht diskriminierend ist. Da gibt es auch wieder sehr viele Aspekte zu betrachten, öffentliche Verwaltung und so weiter. Aber es ist eine sehr gute Frage, die werde ich sehr gerne abklären, und dann werden wir dazu sicher auch eine interessante Reaktion, vielleicht dann auch von den Gemeinden, die für das Friedhofswesen zuständig sind, auch hören. Aber die Frage ist sicher sehr gut. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Wir können weiterlesen. II. wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
II. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
III. wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
III. steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
IV. wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
IV. steht zur Diskussion.
Keine weiteren Wortmeldungen. Damit haben wir das Gesetz über die Abänderung des Strafgesetzbuches in 1. Lesung beraten.
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gesetz über die abänderung des bürgerrechtsgesetzes
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zur nächsten Vorlage: Gesetz über die Abänderung des Bürgerrechtsgesetzes. § 21 Abs. 1 und 1a werden aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
§ 21 Abs. 1 und 1a stehen zur Diskussion.
Abg. Christian Batliner
Danke, Herr Präsident. Wie ich bei der Eintretensdebatte gesagt habe, habe ich hier ein bisschen Verständnis- oder Auslegungsprobleme, was Abs. 1 Bst. b anbelangt: Wer durch sein Verhalten die Interessen oder das Ansehen des Landes erheblich schädigt, dem kann das Landesbürgerrecht entzogen werden, sofern er dadurch nicht staatenlos wird. Wenn ich die Ausführungen der Regierung lese, ist die Hürde sehr hoch anzusetzen. Aber die Regierung möchte das bewusst offen und allgemein halten. Ich interpretiere die Beispiele in den Ausführungen wie terroristische Aktivitäten, Kampfhandlungen im Ausland etc. so, dass sich das auf Art. 4b des Bürgergesetzes bezieht. Da sind verschiedenste Tatbestände erwähnt, wann man das Landesbürgerrecht nicht erhalten kann. Ich denke, die gravierenden Tatbestände, die fallen alle darunter. Es geht in diese Richtung, also Menschenhandel, kriminelle Organisation, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die ganz gravierenden Delikte werden darunter fallen.Aber für mich ist wirklich ein bisschen die Frage - und da fehlen mir ein bisschen die Ausführungen: Wo ist da die Grenze von der Schwere des Delikts? Ich sage es jetzt einfach einmal so: Rechtsextremismus - wenn jemand wiederholt rechtsextremistisch tätig ist, aktiv ist, kann dem das Landesbürgerrecht entzogen werden? Oder sektiererisch - wenn hier Sekten gegründet werden, schadet das dem Ansehen des Landes. Ist das ein Tatbestand, der hier darunter fallen könnte? Es sind nicht so gravierende Delikte, sage ich jetzt, wie terroristische Aktivitäten. Aber könnte es der Fall sein, wenn weniger gravierende Delikte wiederholt begangen werden, eben Rechtsextremismus, wenn jemand unbelehrbar ist, europaweit tätig wird etc., dass diese Bestimmung dann zum Tragen kommen kann? Ich meine, dieses Verhalten schadet dann ja auch dem Ansehen des Landes und so weiter. Könnte das ein Fall sein? Da wäre ich froh, wenn die Regierung das noch ein bisschen weiter ausführen könnte.Und die zweite Unklarheit ist Abs. 1 Bst. a, der Unterschied zu Abs. 1a. Das kann ich nicht ganz abgrenzen: «Wenn sich herausstellt, dass die in diesem Gesetz für die Verleihung aufgestellten Bedingungen nicht erfüllt waren», dann kann man das entziehen, «wenn nicht mehr als fünf Jahre vergangen sind.» Und in Abs. 1a heisst es dann: Das Landesbürgerrecht kann jederzeit aberkannt werden, wenn dessen Erwerb durch falsche Angaben erfolgt ist. Aber wenn etwas durch falsche Angaben erfolgt ist, dann waren ja auch die Bedingungen eigentlich nicht erfüllt. Wo ist da die Abgrenzung? Wenn ich das so lese, habe ich das Gefühl, Abs. 1a enthält ein subjektives Element, wenn man da strafrechtswidrig falsche Tatsachen vorspiegelt und so weiter, dass man das bewusst irreführend macht und so weiter. Aber ich verstehe nicht ganz, wo die Abgrenzung ist. Vielleicht kann man auf die 2. Lesung hin noch Ausführungen machen. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Pio Schurti
Vielen Dank, Herr Präsident. Ja, ich habe mit diesem Satz, dass «sein Verhalten die Interessen oder das Ansehen des Landes erheblich schädigt», auch Verständnisprobleme. Allerdings vielleicht andere und sicher weniger juristische Bedenken, weil ich mich da einfach zu wenig auskenne. Aber Interessen und Ansehen, das sehe ich eigentlich als sehr schwache Worte. Ich meine, wenn jemand das Ansehen des Landes schädigt - also ich weiss nicht, was das bedeutet. Aber wenn jemand die Rechtsordnung nicht akzeptiert und die Werte des Landes, und das wären dann Menschenrechte und Grundsätze, verletzt und nicht akzeptiert, das würde ich dann schon eher sehen als einfach nur die «Interessen». Das ist zwar etwas stärker, aber das Ansehen des Landes, darunter kann ich mir zu viel vorstellen. Wenn jemand einfach nur Blödsinn erzählt, lange genug, schadet er dem Ansehen des Landes auch. Aber das ist dann halt trotzdem nur Blödsinn und nicht unbedingt terroristisch motiviert oder eine Gewalttat in strafbarem Sinne.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Ja, ich glaube, ich beginne hinten. Die Frage, ob das Ansehen des Landes nicht wert ist, dass man, wenn es erheblich geschädigt wird, da erheblich strafrechtlich interveniert, darüber scheiden sich wahrscheinlich die Geister. Ich kenne durchaus Patrioten, die Ihnen heftig widersprechen würden. Aber es gibt sicher auch Leute, die sagen, das ist doch uns egal, unser Ansehen im Ausland muss uns nicht kümmern und schon gar nicht strafrechtlich. Also da ist ein breites Feld eröffnet. Ich glaube, entscheidend ist die Frage, was «erheblich schädigt» heisst. Und das geht auf die Frage des Abg. Christian Batliner, und wir werden auf die 2. Lesung versuchen, auch diese Grenze der Schwere des Deliktes noch genauer auszuarbeiten. Es gibt dazu ja bereits einiges an Rechtsprechung im Ausland, und wir werden versuchen, da vielleicht die Grenze genauer zu fassen, damit das besser fassbar wird. Und dieser Unterschied zwischen Abs. 1 Bst. a und Abs. 1a, wenn man es wörtlich so sagt, ist es eben schwierig, zu unterscheiden. Ich tendiere spontan auch dahingehend, dass es eben um diesen subjektiven Aspekt geht. Aber wir werden das auf die 2. Lesung genauer, auch präziser darstellen. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank, wir lesen weiter. II. wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
II. steht zur Diskussion.
Keine Wortmeldung. Damit haben wir auch das Gesetz über die Abänderung des Bürgerrechtsgesetzes in 1. Lesung beraten. Gleichzeitig haben wir Traktandum 29 erledigt. Ich unterbreche an dieser Stelle die Landtagssitzung bis morgen früh um 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen (um 19:35 Uhr).
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