Abänderung des Treuhändergesetzes (Nr. 83/2015); 1. Lesung
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 20: Abänderung des Treuhändergesetzes. Wir behandeln diese Vorlage in 1. Lesung. Der Bericht und Antrag der Regierung trägt die Nr. 83/2015. Er steht zu Diskussion.Abg. Wolfgang Marxer
Gegenstand dieser Vorlage ist eine Abänderung des Treuhändergesetzes oder genauer: Nach heutiger Bestimmung in Art. 5 Abs. 1 Bst. d können nur Personen, die das liechtensteinische Landesbürgerrecht oder das Staatsbürgerrecht eines EWRA-Vertragsstaates besitzen, als Treuhänder oder tatsächlich leitende Personen einer Treuhandgesellschaft zugelassen werden; und damit ausgeschlossen sind Schweizer Staatsbürger. Nun, dies hat der Staatsgerichtshof im Mai 2015 als verfassungswidrig aufgehoben. Neu wird der entsprechende Artikel so definiert, dass Personen mit liechtensteinischem Landesbürgerrecht, Personen mit Staatsbürgerrecht eines Vertragsstaates des EWR-Abkommens, Personen mit Staatsbürgerrecht der Schweiz die Bewilligung zu umfassender Tätigkeit, welche eben auch die tatsächlich leitende Tätigkeit als tatsächlich leitende Person einer Treuhandgesellschaft beinhaltet, erteilt wird, was im Umkehrschluss bedeutet, dass Personen mit Staatsangehörigkeit eines Drittstaates eine solche Bewilligung nur erhalten, wenn ein entsprechender Staatsvertrag besteht. Ein paar Punkte sind in diesem Zusammenhang interessant und ich bitte um kurze Klärung: - Alles, was ich zum in der Vorlage erwähnten Anhang M der Vaduzer Konvention fand, war quasi eine Blankoseite mit dem Vermerk: Von einer Veröffentlichung dieses Anhangs wird abgesehen. Also den Nachvollzug, inwieweit diese Bestimmung im Anhang M der Vaduzer Konvention geregelt war, liess sich nicht finden.
- Der Grund, weshalb diese Einschränkung bestand, war das Fehlen des vollständigen Gegenrechtes für Liechtensteiner in der Schweiz betreffend die Anforderungen an die Person der Verwaltung einer Gesellschaft. Im Kern geht es wohl darum, dass das schweizerische Obligationenrecht den Wohnsitz in der Schweiz vorschreibt, und dieses Gegenrecht ist offenbar in den Vorbehalten im Anhang M der Vaduzer Konvention festgelegt. Trotzdem muss ich sagen, bestimmt ja der Staatsgerichtshof nun, dass diese Ungleichbehandlung der Verfassung widerspreche.
- Und dies als Frage: Wie steht es nun mit dem Gegenrecht, sprich, können nun Liechtensteiner, auch wenn sie nicht in der Schweiz Wohnsitz haben, in leitender Funktion eine Schweizer Gesellschaft führen? Wird dieser ominöse Anhang in der Konvention revidiert, damit das Gegenrecht, die Reziprozität, gewahrt ist? Und abschliessend, nachdem keine Vernehmlassung durchgeführt wurde - mit der korrekten Begründung: der Staatsgerichtshof hat dies als verfassungswidrig erklärt -, gleichwohl nun die Frage an die Regierung: Mit welchen Auswirkungen rechnet die Regierung im Treuhandsektor aufgrund dieser Abänderung des Treuhändergesetzes?
Aber es ist klar, wir befürworten Eintreten. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Christoph Wenaweser
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Das totalrevidierte Treuhändergesetz ist am 1. Januar 2014 in Kraft getreten. Es enthielt die Bestimmung, dass nur Personen im Besitz des liechtensteinischen Landesbürgerrechts oder im Besitz des Staatsbürgerrechts eines EWR-Staates als Treuhänder zugelassen werden. Damit war Schweizer Staatsangehörigen mit Wohnsitz in der Schweiz die Übernahme einer Funktion als tatsächlich leitende Person einer liechtensteinischen Treuhandgesellschaft verwehrt. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass gemäss schweizerischen Obligationenrecht für den liechtensteinischen Staatsbürger in der Schweiz kein Gegenrecht gegeben ist.Ungeachtet dessen hat der Staatsgerichtshof festgestellt, dass die Nichtzulassung eines schweizerischen Staatsangehörigen als tatsächlich leitende Person einer liechtensteinischen Treuhandgesellschaft sachlich nicht begründet werden könne und deshalb dem Gleichbehandlungsgebot der Verfassung des Fürstentums Liechtenstein widerspreche. In der Konsequenz hat der Staatsgerichtshof den entsprechenden Artikel des Treuhändergesetzes als verfassungswidrig aufgehoben.Diesem Staatsgerichtshofurteil ist Folge zu leisten. Schweizer Bürger werden damit den liechtensteinischen Landesbürgern und den EWR-Staatsangehörigen in Bezug auf die Zulassung als leitende Person einer liechtensteinischen Treuhandgesellschaft gleichgestellt. Liechtensteiner haben in der Schweiz weiterhin kein Gegenrecht.Dennoch ist Eintreten auf die Vorlage und deren Verabschiedung unbestreitbar. Aufgrund der Eindeutigkeit der Materie und deren inhaltlich ausgesprochen geringer Komplexität sind aus meiner Sicht die Durchführung beider Lesungen und die Schlussabstimmung an der heutigen Landtagssitzung durchaus möglich, sofern die Fragen des Kollegen Marxer gleich beantwortet werden können beziehungsweise für die Verabschiedung der Vorlage nicht relevant sind. Danke.Regierungschef Adrian Hasler
Besten Dank, Herr Präsident. Ja, Herr Abg. Marxer, Sie haben natürlich genau die richtigen Fragen gestellt, die sich auch die Regierung gestellt hat. Das Fehlen des vollständigen Gegenrechts ist leider Gottes Realität, und dennoch hat der Staatsgerichtshof entsprechend ein Urteil gefällt, das im Prinzip den langjährigen Verhandlungen, die Liechtenstein immer wieder geführt hat, widerspricht. Die Auswirkungen für den Finanzplatz sind für mich aktuell schwierig abzuschätzen. Ich denke, dass es keine grossen Auswirkungen haben wird. Denn Schweizer mit Wohnsitz in der Schweiz dürfen bereits heute den Treuhänderberuf ausüben, sie dürfen aber nicht als Geschäftsführer einer juristischen Person tätig werden. Und hier wird es sicher gewisse neue Geschäftsführer geben, davon ist auszugehen. Wir werden diese Thematik weiter abklären, weil für uns ja doch gewisse Fragen offen sind. Für uns ist relevant, dass aufgrund der langjährigen Verhandlungen, die man immer wieder geführt hat, und der Resultate, die erzielt worden sind, dieses Gegenrecht sehr wichtig ist. Aufgrund dieser Entscheide des Staatsgerichtshofs - nicht nur in diesem Gesetz, sondern auch betreffend andere Gesetze - sehen wir natürlich, dass wir auf dieses Gegenrecht teilweise verzichten müssen. Und die Frage ist, ob wir mit der Schweiz eine Lösung finden, damit wir dann auf anderer Ebene dieses Gegenrecht schlussendlich bekommen. Betreffend Anhang M: Diese Frage kann ich Ihnen jetzt spontan nicht beantworten. Ich müsste nochmals abklären, weshalb dieser Anhang nicht aufgeführt ist. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Keine weiteren Wortmeldungen. Somit können wir über Eintreten befinden. Wer für Eintreten auf die Gesetzesvorlage ist, möge die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 23 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 23 Stimmen Eintreten beschlossen. Wir nehmen die 1. Lesung des Gesetzes über die Abänderung des Treuhändergesetzes vor. Ich bitte, den gesamten Text zu lesen, da es nur ein paar Sätze sind. Art. 5 Abs. 1 Bst. d wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
Art. 5 Abs. 1 Bst. d steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
Inkrafttreten wird verlesen.
Landtagspräsident Albert Frick
Inkrafttreten steht zur Diskussion.
Vielen Dank. Keine Wortmeldung. Damit haben wir die 1. Lesung vorgenommen.
Herr Abg. Christoph Wenaweser, stellen Sie Antrag?Abg. Christoph Wenaweser
Ja, ich werde gerne Antrag stellen, möchte aber zuvor den Abg. Marxer fragen, ob die Beantwortung seiner Fragen für die Verabschiedung der Vorlage relevant sind.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Wolfgang Marxer
Grundsätzlich sehe ich keine zeitliche Dringlichkeit gegeben, dass das jetzt quasi per 1. Dezember eingeführt sein muss. Also insofern bin ich vorsichtig mit der sofortigen 2. Lesung.Die Ausführungen des Herrn Regierungschefs bezüglich seiner Haltung, was Gegenrecht bedeuten sollte und weshalb der Staatsgerichtshof so entschieden hat und so weiter, genügt mir völlig. Inwiefern aber die Regierung gedenkt, diesen Anhang M, den ich doch gerne einmal sehen würde, nachzuverhandeln. Wie erfolgreich, wie chancenreich eben die Regierung gedenkt, das Gegenrecht einzufordern, das würde ich auf die 2. Lesung hin gerne noch hören, wie hier die Haltung der Regierung ist oder die Erfolgschancen sind. Aber der Hauptgrund ist, es ist keine zeitliche Dringlichkeit gegeben. Es wird kein Fünfzig-Seiten-Papier sein, sondern eine kurze Stellungnahme zu diesem Punkt, auf das Pochen des Gegenrechtes zu bestehen, und wie die Regierung vorzugehen gedenkt. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Christoph Wenaweser
Danke, Herr Präsident. Ich folge den Argumenten des Kollegen Marxer und verzichte auf Antragstellung. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Damit haben wir die 1. Lesung vorgenommen und gleichzeitig Traktandum 20 erledigt. Wir machen jetzt eine Mittagspause, da die zuständige Ministerin für Traktandum 21 aufgrund einer Pressekonferenz noch nicht anwesend ist.Mittagspause (von 11:55 bis 13:35 Uhr)
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