Vereinbarung zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Europäischen Union zur Festlegung der Modalitäten seiner Beteiligung am Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office) (Nr. 99/2015)
Landtagspräsident Albert Frick
Sehr geehrte Frauen und Herren Landtagsabgeordnete, guten Morgen. Wir fahren mit unseren Beratungen fort und wir kommen zu Traktandum 19: Vereinbarung zwischen dem Fürstenum Liechtenstein und der Europäischen Union zur Festlegung der Modalitäten seiner Beteiligung am Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen.
Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 99/2015 und steht zur Diskussion.Abg. Thomas Lageder
Herr Präsident, besten Dank für das Wort. Guten Morgen allerseits. Die Fraktion der Freien Liste unterstützt die Vereinbarung bezüglich der Modalitäten für eine Beteiligung am Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen. Gerade in diesen Zeiten der Herausforderungen im Bereich Migration, Vertreibung und Asyl wird uns schmerzlich bewusst, wie wichtig es ist, ein funktionierendes und über das ganze Dublin-System einheitliches Asylverfahren mit gleichen Standards zu haben. Das Unterstützungsbüro für Asylfragen kann und muss dazu einen Beitrag leisten. Die wichtigste Aufgabe des Büros ist denn auch nicht von ungefähr die Unterstützung von EU-Mitgliedstaaten, deren Asyl- und Aufnahmesysteme besonderem Druck ausgesetzt sind. Auch Liechtenstein kann sich, sollte ein grösserer Andrang an unseren Grenzen entstehen, an das Büro wenden. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Alois Beck
Guten Morgen, Herr Präsident, werte Frauen und Herren Abgeordnete. Auch ich werde dieser Vereinbarung meine Zustimmung erteilen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir das in den gesamten Kontext stellen. Liechtenstein ist ja aufgrund verschiedener völkerrechtlicher Verträge Verpflichtungen eingegangen, aus welchen sich eben Rechte für Asylsuchende und Flüchtlinge ergeben. Und hier ist natürlich insbesondere Schengen/Dublin zu erwähnen. Durch dieses Assoziierungsabkommen wird Liechtenstein eng in das europäische Asylsystem eingebunden, und diese Einbindung ist für Liechtenstein meiner Ansicht nach von grosser Bedeutung. Denken wir zum Beispiel an die Rückführungsmöglichkeit von Asylsuchenden in andere europäische Staaten. Es geht hier bei diesem Büro um gemeinsame Lösungen, um eine engere Zusammenarbeit im ganzen Bereich der Asylpolitik zu machen, und es ist, glaube ich, selbstredend, dass diese Herausforderungen, wie wir sie heute sehen und die in Zukunft wahrscheinlich auch noch zunehmen werden, nicht von einzelnen Ländern gestemmt werden können, sondern die Staatengemeinschaft muss hier zusammenarbeiten. Die wichtigste Aufgabe wurde bereits vom Vorredner erwähnt, es ist die Unterstützung von Mitgliedstaaten, deren Asyl- und Aufnahmesysteme besonderem Druck ausgesetzt sind. Und man kann ja nicht ausschliessen, dass auch Liechtenstein einmal in diese Situation kommen kann und deshalb vielleicht dann auch sehr froh ist, wenn es auf entsprechendes Ersuchen ebenfalls eine solche Unterstützung erhalten kann. Ich glaube auch, dass der jährliche Beitrag, der im Bericht der Regierung mit EUR 5'000 angegeben ist und bei Vollausbau des Büros Liechtenstein maximal EUR 10'000 ausmacht, ein überschaubarer Betrag ist, und auch von daher sehe ich keine Bedenken, diesem nicht zuzustimmen. Vielen Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Judith Oehri
Besten Dank für das Wort. Ja, auch die VU unterstützt diese Vorlage. Meine Vorredner haben schön ausgeführt, um was es geht, und auch, dass die Kosten überschaubar sind. Wenn sich Liechtenstein nicht an den multilateralen Aktivitäten beteiligt, schliesst dies eine bilaterale Zusammenarbeit mit anderen EU-Staaten natürlich nicht aus, würde aber den Aufbau von Parallelstrukturen bedeuten. Alle Nicht-EU-Mitgliedstaaten Norwegen, Island, Liechtenstein und auch die Schweiz haben eine Teilnahme deshalb beschlossen. Wie gesagt, die Kosten sind überschaubar. Für mich ist noch eine Frage aufgetaucht: Wie realistisch ist es, dass unsere Leute an diesen Programmen überhaupt teilnehmen oder teilnehmen können? Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Eugen Nägele
Herr Präsident, danke für das Wort. Guten Morgen. Ich habe eine inhaltliche Frage, und zwar zu der Vereinbarung selber, also zu diesem grünen Teil ganz am Schluss. Bei Art. 11 - Ausschuss - steht: «Ein Ausschuss aus Vertretern der Europäischen Kommission und Liechtensteins überwacht die ordnungsgemässe Durchführung dieser Vereinbarung ...» Meine Frage geht nun dahin, gibt es diesen Ausschuss schon und wer ist von uns in diesem Ausschuss Mitglied? Danke schön.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Stv. Abg. Thomas Rehak
Besten Dank für das Wort. Guten Morgen. Ich habe auch eine Frage bezüglich der Finanzierung. Das wird nach dem BIP finanziert, soweit ich weiss. Und diese CHF 10'000 werden wohl keine Obergrenze sein, das wird dann vielleicht teurer werden. Die Frage geht aber nicht nur dahingehend, sondern auch, ob man geprüft hat, ob wir allenfalls von der Schweiz vertreten werden könnten. Ich denke, die Schweiz hat einen sehr grossen Erfahrungsschatz im Asylwesen und könnte hier, denke ich, unser Land auch sehr gut und professionell vertreten. Die Frage ist, hat man da Gespräche geführt oder kommt das überhaupt nicht infrage? Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Guten Morgen, sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete. Ich danke Ihnen für Ihre einführenden Voten zum vorliegenden Traktandum. Über das Dublin-System ist das liechtensteinische Asylwesen eng mit demjenigen der EU-Staaten verknüpft, weshalb es im Interesse Liechtensteins ist, dass die Asylverfahren in allen europäischen Staaten einen vergleichbaren Stand aufweisen. Es ist wichtig, dass sich Liechtenstein an multilateralen Aktivitäten auf europäischer Ebene beteiligt; und damit ist implizit auch schon eine Antwort an den Abg. Thomas Rehak gegeben: Eine Vertretung in solchen Dossiers, was das Asylwesen und Schenken-Dublin betrifft, durch die Schweiz bei europäischen Institutionen ist nicht unbedingt in unserem Interesse. Die Zusammenarbeit mit der Schweiz ist sehr wohl in unserem Interesse. Wir arbeiten auch sehr eng zusammen in Ausschüssen etc. Wir müssen aber unbedingt als souveräner Staat und als Mitglied in Schengen-Dublin unsere Interessen in den entsprechenden Institutionen auch selber einbringen und unsere eigenen Themen dort vertreten. Und deshalb macht eine permanente Vertretung durch die Schweiz in solchen Institutionen wenig Sinn.Und damit komme ich auch schon zur Frage des Abg. Eugen Nägele. Wir sind in verschiedenen solchen Ausschüssen in Europa bereits involviert. Zum Beispiel in diesem strategischen Ausschuss für Grenz-, Einwanderungs- und Asylfragen, dem SCIFA-Ausschuss, und anderen Ausschüssen. Die Vertretung Liechtensteins erfolgt regelmässig entweder durch Mitarbeiter der Botschaft, der Mission, in Brüssel oder auch durch den Amtsleiter des Ausländer- und Passamtes zum Beispiel oder auch durch Vertreter der Landespolizei. Und da werden jeweils verschiedene Sitzungen zusammengenommen, damit man nicht separat für einzelne Aktivitäten jeweils nach Brüssel oder Luxemburg fahren muss, sondern das wird so koordiniert, dass man das kombinieren kann mit verschiedenen Aktivitäten und eben sonst die Mission in Brüssel auch sehr häufig einspringt und uns an solchen Ausschusssitzungen vertritt.Der Ausschuss selbst, nach dem Sie gefragt haben: Die liechtensteinische Teilnahme ist noch nicht etabliert, sondern erst, wenn wir dann wirklich Mitglied sind. Was bedeutet die Beteiligung an EASO für Liechtenstein? Die Vereinbarung sieht vor, dass Liechtenstein sich vollumfänglich am EASO beteiligt und im Verwaltungsrat des EASO als Beobachter Einsitz nehmen kann. Inwiefern wir diese Einsitznahme dann vornehmen werden, das wird noch geprüft. Auch dort gibt es jeweils eine enge Abstimmung mit der Schweiz und es kommt schon vor, dass wir uns bei bestimmten Aktivitäten auch einmal gegenseitig vertreten. Das ist durchaus im Sinne, aber das ist nicht eine permanente Vertretung, sondern von Fall zu Fall schaut man, dass wir hier sehr eng zusammenarbeiten können. Die wichtigste Aufgabe vom EASO wurde auch bereits erwähnt. Es ist eben die EU-Mitgliedstaaten, deren Asyl- und Aufnahmesysteme besonderem Druck ausgesetzt sind, zu unterstützen. Für Liechtenstein bedeutet das, dass auch Liechtenstein vom EASO Unterstützung erhalten kann, sollte Liechtensteins Asylsystem unter besonderen Druck geraten. Zwar ist Liechtenstein im Moment im Vergleich mit anderen europäischen Staaten weniger stark von diesen Migrationsströmen betroffen, die Situation - und das wissen wir alle - kann sich aber jederzeit und sehr schnell ändern. Zudem kann Liechtenstein durch eine Beteiligung einerseits vom Expertenwissen der anderen europäischen Staaten profitieren, um die Interessen in diesem Bereich besser zu wahren, und andererseits können wir auch unser Wissen, unsere Expertise in diesen Gremien miteinbringen. Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten im Rahmen von Dublin wird durch die Hilfe des EASO das ganze Dublin-System gestärkt. Liechtenstein kann deshalb fortan die Bemühungen von EASO, das Dublin-System zu stärken und dass bestehende Mängel - und diese Mängel kennen wir alle aus den Medien, es gibt Mängel im Dublin-System - in einzelnen Dublin-Staaten behoben werden oder das ganze System verbessert wird, das können wir aktiv unterstützen, indem wir auch hier mitarbeiten. Auch als Nicht-EU-Mitglied liegt eine Angleichung der einzelstaatlichen Praktiken zur Gewährung internationalen Schutzes im Dublin-Raum durchaus in Liechtensteins Interesse, weil zu grosse innereuropäische Unterschiede sich dann regelmässig nachteilig, gerade für kleinere Länder und insbesondere für unser Land, auswirken. Und durch eine Bündelung der Anstrengungen der europäischen Staaten können eben Synergieeffekte erzielt werden und insgesamt die Gesamtkosten im Asylbereich gesenkt werden. Und ich bin daher fest überzeugt, dass eine Teilnahme Liechtensteins am EASO für den Preis, den wir dafür bezahlen, der ja sehr moderat ist, eine sehr gute Sache ist. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrätin Aurelia Frick
Guten Morgen, Damen und Herren Abgeordnete. Noch kurz von meiner Seite zu diesem Zusammenspiel und dieser Zusammenarbeit mit der Schweiz. Wir machen in sehr vielen aussenpolitischen Gremien sehr gute Erfahrungen mit dem Vertreten-Lassen durch die Schweiz, aber nicht in allen Fällen ist es gleichermassen angebracht und gleichermassen sinnvoll. Und ich denke, gerade in diesem Asylbereich, bei dem ja Liechtenstein punktuell ganz anders betroffen sein kann, als es die Schweiz ist. Stellen Sie sich vor, bei uns würde ein Zug anhalten mit 1'000 Asylsuchenden - in diesem Fall könnten wir autonom dann auch entscheiden, dass wir dieses Angebot, dass wir Unterstützung erhalten, autonom auch in Anspruch nehmen. Und ich glaube, so wie es der Regierungschef-Stellvertreter schon gesagt hat, gerade in diesem Fall ist es wichtig, dass wir hier auch autonom vertreten sind und auch selbständig von diesem Angebot Gebrauch machen können.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Peter Büchel
Danke für das Wort. Guten Morgen. Danke für die Beantwortung der Fragen an die Regierung. Ich habe da noch eine kleine Frage zu den grünen Seiten. In den grünen Seiten steht in den Anhängen unter Art. 3, dass die Europäische Kommission (OLAF) berechtigt ist, auf dem «Hoheitsgebiet Liechtensteins Kontrollen und Überprüfungen vor Ort ... durchzuführen». Es steht, dass sie das mit dem nationalen Rechnungshof, ich nehme an, das ist unsere Finanzkontrolle, durchführen kann. Frage: Was muss man sich da vorstellen? Kommen da zusätzliche Aufwände für unsere Finanzkontrolle dazu oder wie muss ich mir das vorstellen?Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident. Ich gehe davon aus, dass sich dieser Aufwand für die Finanzkontrolle - und ich gehe auch davon aus, dass es die Finanzkontrolle sein wird - in engen Grenzen halten wird. Das ist ein Standard bei all diesen Teilnahmen, auch bei Schengen, zum Beispiel beim Informationsaustauschsystem SIS, oder beim VIS, dem Visainformationsaustauschsystem, dass wir dort einfach, wo wir auch finanziell profitieren von europäischen Aktivitäten, uns der Kontrolle natürlich unterstellen müssen, dass eben hier nicht Gelder quasi zweckmissbraucht werden. Und bislang haben wir da, glaube ich, auch gar nichts zu befürchten. Unsere Behörden arbeiten ja, denke ich, im europäischen Standard ganz sicher mit. Und ich glaube nicht, dass wir da befürchten müssen, dass da irgendeine Unregelmässigkeit auftreten könnte, die uns dann nachgewiesen werden kann. Und der Aufwand für solche Kontrollen wird sich in engen Grenzen halten.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen gibt, können wir über folgenden Antrag befinden:«Der Hohe Landtag wolle der Vereinbarung zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Europäischen Union zur Festlegung der Modalitäten seiner Beteiligung am Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen die Zustimmung erteilen.»Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilen will, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 22 Stimmen die Zustimmung erteilt. Wir haben Traktandum 19 abgeschlossen. -ooOoo-