Übereinkommen des Europarates von 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels (Nr. 130/2015)
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 24: Übereinkommen des Europarates vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels. Der Bericht und Antrag trägt die Nummer 130/2015 und steht zur Diskussion.Stv. Abg. Patrick Risch
Besten Dank für das Wort. Guten Morgen, meine Damen und Herren. Als einer der letzten Staaten Europas übernimmt Liechtenstein nun das Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels. Was hat so lange gedauert? Zehn Jahre von der ersten Unterzeichnung, bis Liechtenstein endlich bereit ist, das Abkommen zu ratifizieren. Das Thema schien dennoch wichtig genug gewesen zu sein, um einen runden Tisch «Menschenhandel» 2006 in Liechtenstein in das Leben zu rufen. 2008 wurde die Präventionskampagne «Magdalena» gestartet. Seither wurden Tänzerinnen aus Drittstaaten monatlich über ihre Rechte informiert. 2016 soll Schluss damit sein. Es wird keinen sogenannten «Cabaret-Status», also befristete Arbeitsaufenthalte für Tänzerinnen, mehr geben. Im September 2014 hörte es sich noch ganz anders an. Mit Regierungsbeschluss 2014/1168 wurde der dritte Zusatzbericht gemäss Art. 19 des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe verabschiedet. Dort heisst es ab Seite 7: «Ein Verdacht auf Menschenhandel in Liechtenstein - Strafverfahren ist beim Landgericht hängig.» Im Durchschnitt sind zwölf Frauen im Monat in Nachtclubs tätig. Ende 2009 wurden die Ergebnisse des Pilotprojektes ausgewertet. Es zeigte sich jedoch, dass das Projekt Wirkung entfaltet. Mit dem Ende des Cabaret-Status und dem Ende des «Magdalena»-Programmes gibt es somit auch keine Tänzerinnen mehr in Liechtenstein oder habe ich da etwas falsch verstanden? Ich gehe stark davon aus, dass es weiterhin Tänzerinnen aus Drittstaaten in Liechtenstein geben wird. Einfach mit einer anderen Aufenthaltsbewilligung. Das Übereinkommen des Europarates fordert, den Menschenhandel zu bekämpfen mit Prävention, Opferschutz, Opferhilfe und Strafverfolgung im Zusammenhang mit Menschenhandel. Es ist falsch, nun voreilig das Programm «Magdalena» einzustellen und zu hoffen, dass Liechtenstein in Zukunft ohne Cabaret-Mitglieder und Cabaret-Mitarbeiterinnen auskommt. Man will häufiger kontrollieren und Cabaretisten Informationsblätter in die Hand drücken. In wie vielen Sprachen werden die Beamten Informationsblätter mitführen, damit diese von den Cabaret-Mitarbeiterinnen auch verstanden werden? Da darf man sich schon fragen, ob das gleichwertiger Ersatz für das Programm «Magdalena» ist. Die Übernahme dieses Übereinkommens gegen den Menschenhandel war längst überfällig. An die Regierung appelliere ich, das Programm «Magdalena» weiterzuführen und erst einzustellen, wenn klar ist, dass es wirklich nicht mehr gebraucht wird. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Judith Oehri
Besten Dank für das Wort und guten Morgen. Ja, ich kann mich eigentlich meinem Vorredner anschliessen. Er hat das Wesentliche zusammengefasst. Auch ich habe mir über die Tänzerinnen Gedanken gemacht. Ich denke, es werden halt keine Tänzerinnen mehr aus dem Osten kommen, sondern die werden nun eben aus dem EU-Raum kommen. Und da muss man schon ein Auge drauf werfen. Aber ich glaube, das APO und die Landespolizei sind relativ gut aufgestellt in dem Bereich. Ich begrüsse aber die Umsetzung dieses Übereinkommens, denn ich glaube, wenn es um Menschenrechte geht, dann kann man nicht genug klar in den Aussagen sein, auch wenn man meint, man habe kein grosses Problem. Mit dieser Umsetzung haben wir wieder einen Bereich ober ein Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels übernommen. Meine Frage ist: Es ist immer noch die Istanbul-Konvention offen, wo es um den Schutz von Frauen und Kindern geht. Wann kommt diese? Weil, wenn wir diese auch haben, dann haben wir einen ziemlich grossen Brocken, glaube ich, jetzt erledigt, was an Umsetzungen noch offen war. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Gerold Büchel
Besten Dank für das Wort. Geschätzte Abgeordnete. Ja, auch dieser Bericht und Antrag ist nicht der erste, der sich mit der Ratifizierung von Übereinkommen beschäftigt. Eine Problemstellung, die wir im Generellen haben als kleines Land, ist, dass wir nicht dieselbe gesetzliche Dichte haben, wie viele grosse andere Länder. Zum einen ist es sicherlich ein Grössenproblem, zum anderen hat es aber auch eine gewisse Komponente der Aussenwirkung. Wir hatten seit ein paar Jahren das Vergnügen, die Abg. Judith Oehri und ich, im Europarat Einsitz zu nehmen. Und man darf immer wieder feststellen, dass, wenn es um irgendwelche Beurteilungslisten geht, Liechtenstein mitunter bei den letzten ist, was nicht unbedingt heisst, dass wir einen schlechten Zustand haben, sondern dass wir nicht unbedingt eine gesetzliche Grundlage haben. Und dieses Thema hier zeigt eigentlich eindrücklich, dass das Bild, dass wir hier bei den letzten sind, die dieses Übereinkommen ratifiziert haben, nicht per se bedeutet, dass wir eine schlechte Situation in Liechtenstein haben. Wir sind seit 2009 mit diesem Projekt «Magdalena» tätig. Man ist sich diesen Themen bewusst. Man agiert auch. Aber wenn man im internationalen Vergleich beurteilt wird, dann kommen wir häufig schlechter heraus, als wir das wirklich verdient haben. Und ich möchte die Regierung einfach bitten, sich da einmal Gedanken darüber zu machen, inwieweit man sich im Zuge des Aussenbilds Liechtensteins vielleicht auch ein paar Sachen überlegen könnte neben Ratifizierungen. Manchmal brauchen wir wirklich länger. Also das eine kann sein, dass wir uns mehr bemühen als andere, Übereinkommen schneller zu ratifizieren. Das andere ist, dass man sich systematisch überlegt, wo Handlungsbedarf ist, weil es ist wirklich unschön, wenn man wie jetzt insbesondere des Handels mit Frauen und Kindern irgendwo mit Russland und noch anderen Ländern verglichen wird, wo man weiss, dass die Situation wirklich um einiges prekärer ist. Oder dass man bei uns nicht wirklich von einer prekären Situation sprechen kann, ohne hier zu implizieren, dass wir keine Themen haben. Das Projekt «Magdalena» mag durchaus seine Berechtigung haben und ich finde es auch richtig, aber es ist nicht richtig, dass wir im Aussenbild den Eindruck vermitteln, dass wir hier nicht willens sind, uns solchen Themen zu stellen. Und ich glaube, als Kleinland werden wir uns überlegen müssen, ob es auch andere Lösungen gibt, als per se zu versuchen, alle Gesetze in nationales Recht umzusetzen. Wir können uns das einfach aufgrund der Kleinheit nicht immer in der gleichen Form leisten. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungsrätin Aurelia Frick
Herr Präsident. Guten Morgen, Damen und Herren Abgeordnete. Zuerst einmal möchte ich mich für die grundsätzlich sehr wohlwollenden Voten zur Ratifikation zu diesem Abkommen bedanken. Es ist ein wichtiges Abkommen. Ich glaube, was speziell ist am Abkommen, ist, dass ganz grossen Wert auf die Prävention gelegt wird. Und das ist der richtige Ansatz, glaube ich. Und es ist auch richtig, dass wir ein Augenmerk auf Abkommen mit solcher Relevanz legen. Man könnte ja vielleicht grundsätzlich sagen, Menschenhandel hat bei uns keine Relevanz. Wir wissen aber, dass es einen Fall gibt, der untersucht wurde in der Vergangenheit. Also solche Themen ziehen auch an Liechtenstein nicht einfach ganz spurlos vorüber. Darum freue ich mich auch, dass moniert wurde oder ein bisschen angeprangert wurde, warum es denn so lange gedauert hat. Das ist auch für mich als Aussenministerin in vielen Fällen schwierig, aber wir haben einfach die personellen Ressourcen nicht. Wir müssen die Abkommen priorisieren. Wir arbeiten mit Hochdruck daran. Wir machen Listen, welches sind Abkommen, die unsere grösste Priorität haben, welche sind Priorität zwei und Priorität drei. Aber es ist einfach auch so, dass wir als Staat versuchen, ein verlässliches Land zu sein, dass wir nicht einfach ratifizieren, ohne dass wir die innerstaatliche Umsetzung gemacht haben, sondern unser Anliegen ist es, innerstaatlich zuerst umzusetzen und dann das Abkommen zu ratifizieren. Hier unterscheiden wir uns stark von anderen Ländern. Aber ich glaube, es ist richtig, diese Politik der Vergangenheit weiterzuführen. Insbesondere als kleines Land sollen wir ein verlässlicher Partner sein und sagen, wenn wir etwas ratifiziert haben, dann muss es umgesetzt sein in unserem Land. Aber ich nehme die Voten trotzdem mit, dass der Wunsch da ist, ein grosses Augenmerk auf rasche Ratifikation zu legen. Ich nehme das sogar sehr gerne mit.Und noch, warum es gerade in diesem Fall länger gedauert hat und dass es jetzt gerade gekommen ist: Wir mussten die Ratifikation bei uns zum ausserprozessualen Zeugenschutz erfüllen. Und dieses Gesetz wurde im Landtag 2014 verabschiedet und dann hat es etwas Zeit gedauert, bis wir den vorliegenden Bericht und Antrag erstellt hatten. Und darum sind wir jetzt im Landtag.Dann hatte ich das Gefühl, dass es noch etwas Verwirrung gegeben hat in Bezug auf das Programm «Magdalena». In der Vergangenheit war es so, dass wir Menschen aus Drittstaaten im Cabaret-Status (aus Drittstaaten ist ganz wichtig) hierher genommen haben. Die hatten eine zeitlich sehr stark befristete Bewilligung erhalten. Und die Bewilligung war an die Voraussetzung geknüpft, dass sie an diesem Präventionsprojekt «Magdalena» teilgenommen haben. Wenn wir heute Frauen oder Tänzerinnen aus der EU, also nicht Drittstaaten, hierher nehmen, können wir sie an keine zusätzlichen Bedingungen knüpfen, das ist unser Problem. Also, wenn es Drittstaaten sind, können wir mit dem Cabaret-Status eine Voraussetzung an die Erteilung der kurzfristigen oder kürzeren Bewilligung knüpfen und sagen, sie müssen an einem Präventionsprojekt teilnehmen. Damit haben wir erreicht, dass eigentlich alle Tänzerinnen, die in Liechtenstein tätig waren, an diesem Projekt teilgenommen haben und komplett über ihre Rechte und Möglichkeiten aufgeklärt waren. Und dadurch, dass es diesen Cabaret-Status nicht mehr gibt, können wir die Bewilligung an keine dieser Voraussetzungen mehr unmittelbar knüpfen. Mir ist aber wichtig zu sagen, dass der runde Tisch nicht aufgelöst ist. Der runde Tisch wird weiter tagen. Auch die Landespolizei arbeitet sehr konstruktiv an diesem Thema mit. Es ist uns allen ein Anliegen, dass diese Frauen trotzdem begleitet werden. Aber wir können nicht mehr unmittelbar die Prävention an die Bewilligung knüpfen. Das ist der grosse Unterschied, der sicherlich ein wenig bedauerlich ist. Wir arbeiten daran und sind sehr aufmerksam für das Thema, so dass diese Frauen über ihre Rechte und Möglichkeiten Bescheid wissen.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Nach dem es keine weiteren Wortmeldungen gibt, können wir uns dem Antrag der Regierung zuwenden. Doch es gibt noch eine Wortmeldung. Abg. Judith Oehri
Besten Dank. Ich möchte noch einmal nachfragen, ob es schon einen Zeitplan gibt wegen der Istanbul-Konvention? Bis wann diese kommt oder umgesetzt wird? Es wäre toll, wenn wir das noch in dieser Legislatur schaffen könnten. Dann hätten wir wirklich einiges umgesetzt. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungsrätin Aurelia Frick
Ich nehme den Hinweis gerne auf. Irgendwie freut es mich auch, wenn vom Landtag auch in diesen Themenbereichen etwas Druck kommt. Das ist gut. Das tut uns in der Verwaltung auch gut. Die Istanbul-Konvention ist erst im Jahr 2014 in Kraft getreten. Bislang gibt es 19 Ratifikationen, also wir sind hier bei weitem nicht bei den letzten, aber ich werde das sicher auch noch einmal intern prüfen, wie viel Umsetzungsbedarf wir bei unseren Gesetzen haben, um so etwas umsetzen zu können. Wir haben auch immer ein bisschen aus pragmatischen Gründen ein Augenmerk darauf, wie die Schweiz und Österreich das machen, damit wir auch bei den Gesetzen, insbesondere bei den Strafgesetzen, im Einklang sind mit Österreich. Aber ich nehme den Hinweis nochmals gerne auf mit der Istanbul-Konvention. Vielen Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Wir wenden uns dem Antrag der Regierung zu. Er lautet: «Der Hohe Landtag wolle dem Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels seine Zustimmung erteilen.» Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte die Stimme abgeben.Abstimmung: Zustimmung mit 25 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 25 Stimmen die Zustimmung erteilt. Wir haben Traktandum 24 erledigt. -ooOoo-