Beschluss Nr. 97/2016 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe; Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG; Richtlinie 2014/25/EU über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG) (Nr. 101/2016)
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 16: Beschluss Nr. 97/2016 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe; Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG; Richtlinie 2014/25/EU über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG).Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 101/2016. Er steht zur Diskussion. Stv. Abg. Andreas Heeb
Besten Dank für das Wort. Bei dem vorliegenden Bericht und Antrag handelt es sich um die Übernahme dreier Richtlinien des Europäischen Parlamentes und des Rates, die Richtlinien 2014/23;24;25/EU. Die Umsetzung dieser Richtlinien erfolgt über die Abänderungen verschiedener Gesetze, Verordnungen und Kundmachungen. Die Übernahme der Richtlinie 2014/23/EU führt zu mehr Rechtsicherheit, Transparenz, Flexibilität und Rechtschutz bei der Vergabe von Konzessionen.Die Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe hat das Ziel, den Verwaltungsaufwand zu verringern und den KMU den Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu erleichtern. Durch verschiedene Anpassungen wird die Flexibilität stark erhöht. Der Auftraggeber kann nach Bedarf zwischen einem Verhandlungsverfahren und einem wettbewerblichen Dialog wählen. Durch Innovationspartnerschaften wird eine breitere Wahlmöglichkeit eröffnet. Weiters steht es dem Auftraggeber frei, elektronische Auktionen durchzuführen, wenn es sich um Elemente handelt, die auf elektronischem Wege quantifizierbar sind. Auch erhöht sich die Flexibilität durch verkürzte Fristen. Durch die Einheitliche Europäische Eigenerklärung wird der Aufwand für die Wirtschaftsteilnehmer reduziert. Auch für die Gemeinden bieten die Anpassungen zusätzliche Flexibilität in der Vergabe. Ein weiterer Vorteil ist die Präzisierung, in welchen Fällen im öffentlichen Sektor geschlossene Verträge von der Anwendung der Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge ausgenommen sind. Insbesondere möchte ich die beste Möglichkeit zum Miteinbezug ökologischer Erwägungen hervorheben. Spezielle Umweltanforderungen, Nutzung von Öko-Labels sowie die Lebenszykluskosten und die Umweltauswirkungen über den gesamten Produktionsprozess sind Vergabekriterien, die stärker gewichtet werden können. Auch die Verknüpfung der Aufträge an soziale Kriterien ist eine besonders wichtige Erneuerung. Des Weiteren ist die Transparenz, die durch die Richtlinie geschaffen wird, zu begrüssen, da sie ordnungsgemässe, faire und nicht diskriminierende Verfahren garantieren soll. Die Richtlinie 2014/25/EU befasst sich speziell mit Auftragsvergaben in den Bereichen Gas und Wärme, Elektrizität, Wasser, Verkehrsleistungen, Häfen und Flughäfen, Postdienste sowie Förderung von Öl und Gas, Exploration oder Förderung von Kohle und anderen festen Brennstoffen. Die vorher positiv hervorgehobenen Neuerungen der Richtlinie 2014/24/EU sind auch in dieser geregelt. Die Fraktion der Freien Liste befürwortet grundsätzlich die Übernahme und erteilt dem Beschluss Nr. 97/2016 ihre Zustimmung. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Herbert Elkuch
Besten Dank für das Wort. Im Bericht und Antrag Nr. 101/2016 geht es um die Übernahme der Richtlinien 2014/23/EU, das ist die Konzessionsvergabe; 2014/24/EU, die öffentliche Auftragsvergabe; 2014/25/EU, die Auftragsvergabe im Bereich Wasser, Energie, Verkehr, Post und weitere. Diese Richtlinien stammen vom Europäischen Parlament und dem Rat vom Februar 2014. Die Richtlinien sind von und für EU Staaten mit einer Grössenordnung von rund 50 Millionen Einwohnern konzipiert. Nun wird erwartet, dass das Parlament in Liechtenstein diese in kleiner Schriftgrösse 374 A4-Seiten umfassenden Richtlinien übernimmt, ohne gross die Möglichkeit zu haben, verschiedene Bestimmungen auf unsere Verhältnisse anpassen zu können, für unser kleines Land. Es sind einige Punkte enthalten, die gut sind: So werden kleinere Betriebe beispielsweise besser berücksichtigt. Andererseits besteht die Gefahr, gegenüber den EU-Unternehmern, die nur Bruchteile unserer Löhne bezahlen, aufgrund eben der ungleichen Löhne zu unterliegen. Der Schwellenwert für Liefer- und Dienstleistungen sowie Wettbewerbe liegt bei EUR 418'000 und bei Bauaufträgen bei EUR 5,225 Mio. Bei besonderen Dienstleistungen - wie Gesundheits- und Sozialwesen, öffentliche Verwaltung, Strafvollzug, öffentliche Sicherheit, Rettungsdienst und weitere im Anhang XVII aufgelistete - gilt ein Schwellenwert von EUR 1 Mio. Artikel 13 legt fest: Diese Richtlinie findet auch Anwendung für Bauaufträge, die mehr als 50% von öffentlichen Auftraggebern direkt subventioniert werden, Schwelle für Bauarbeiten: EUR 5,186 Mio.; Schwelle für Dienstleistungsaufträge, die mit einem Bauauftrag verbunden sind: EUR 207'000. Die tiefe Schwelle von EUR 207'000 für Dienstleistungsaufträge ermöglicht ausländischen Firmen, bereits in der Projekt- und Planungsphase derart einzuwirken, dass diese später für die Ausschreibung oder die Auftragsvergabe und allfällige Lieferungen für ihre Firmen in ihrem Land passen. Die Richtlinie 2014/25/EU ist für die Auftragsvergabe von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen in folgenden Bereichen: Gas und Wärme, Elektrizität, Wasser, Verkehrsleistungen und Postdienste, Häfen und Flughäfen und Förderung von Öl, Gas und Kohle. Gas, Wasser und Elektrizität ist für uns besonders relevant, weil unter diese Richtlinie fällt die Bereitstellung und das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit in Zusammenhang mit der Erzeugung, der Fortleitung, der Abgabe, die Einspeisung in Netze und so weiter. Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe ist weitgehend vom Verhältnis des Material- und Lohnanteils geprägt. Bei einem hohen Materialanteil ist eine Wettbewerbsfähigkeit viel eher gegeben. Liechtenstein ist ein kleines Land ohne nennenswerte Rohstoffvorkommen, wenn etwas gebaut oder eingerichtet wird, werden die Rohstoffe, Halbfabrikate, aber auch unvollständige Maschinen nach der Richtlinie 2006/42/EG zu einem erheblichen Anteil auch aus dem Wirtschaftsgebiet der EU oder aus einem Drittland bezogen. Beim Materialaufwand sind die Spiesse ähnlich lang. Nicht wettbewerbsfähig sind wir, wenn der Lohnanteil hoch ist. In Liechtenstein ist das Lohnniveau höher, um einiges sogar höher, als in der EU. Wenn Aufträge mit hohem Lohnanteil öffentlich ausgeschrieben werden und ein Interessent aus einem Land der EU mit tiefem Lohnanteil bietet, können wir nicht mithalten. Dann sind die inländischen Unternehmen diskriminiert, sie werden schlicht und einfach ausgeschlossen. Ich vertrete die Ansicht, wir sollten uns nicht vorschreiben lassen, wie die Auftragsvergabe durchzuführen ist. Je nachdem muss frei entschieden werden, ob ein Auftrag ins Ausland gegeben wird oder eben nicht. Das günstigste Angebot kann und darf nicht ein Kriterium sein. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Christoph Beck
Besten Dank, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren. Es wurde schon viel gesagt zu diesem Bericht und Antrag - auch die kritischen Worte des Herrn Elkuch sind sicher weitgehend zu unterstützen und können verstanden werden. Ein Satz gibt wenigstens ein bisschen Anlass zur Hoffnung, auf Seite 49: «Die Europäische Kommission erwartet Einsparungen zwischen 5 und 20% für die öffentlichen Auftraggeber.» Ob sich das dann auch irgendwo niederschlagen wird, wird man sehen. Aber das ist das, was ich positives rausgefunden habe. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungschef Adrian Hasler
Besten Dank, Herr Präsident. Herr Abg. Elkuch, ich kann Ihre Ausführungen vom Bauchgefühl her nachvollziehen, dennoch sind wir als EWR-Mitglied verpflichtet, diese Richtlinien zu übernehmen, und haben keine grosse Wahl. Ich denke, dass diese Richtlinien doch gewisse Vorteile bieten im Vergleich zum bestehenden System. Wie Sie in der Zusammenfassung sehen, wird die Effizienz der öffentlichen Ausgaben gesteigert, die Teilnahme von KMUs, was für uns ganz wichtig ist, wird im öffentlichen Vergabeverfahren erleichtert, und es wird den Vergabestellen auch ermöglicht, die öffentliche Auftragsvergabe in stärkerem Masse zur Unterstützung gemeinsamer gesellschaftlicher Ziele zu nutzen. Ich denke, das ist ganz wichtig. Auf der nächsten Seite ist aufgeführt, dass die öffentlichen Auftraggeber auch Anreize haben, anstelle eines einzigen Auftrages an ein Grossunternehmen eben mehrere Aufträge an verschiedene kleinere Unternehmen zu vergeben. Also ich sehe hier durchaus Potenzial in dieser Richtlinie, dass Liechtenstein vermehrt diese Regeln nutzen kann, um auch unsere Wirtschaft stärker zu unterstützen. Es wird sich zeigen, wie das ganze umgesetzt werden kann. Wie Sie auf Seite 48 erkennen können, ist dort die geplante Umsetzung dargestellt. Wir haben bereits entsprechende Vernehmlassungsverfahren durchgeführt. Die Stellungnahmen sind eingegangen. Wir werden jetzt diese Stellungnahmen verarbeiten und dann die entsprechenden Berichte und Anträge dem Landtag vorlegen. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Peter Büchel
Danke für das Wort. Ich habe mich ein bisschen spät gemeldet. Ich wollte Herrn Elkuch noch sagen: Auf Seite 94/99 im grünen Teil sind die Schwellenwerte ja definiert, da geht es darum: Bei öffentlichen Bauaufträgen sind wir da bei EUR 5,186 Mio., bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bei EUR 134'000, bei öffentlichen Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bei EUR 207'000 und «bei öffentlichen Dienstleistungsaufträgen betreffend soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne von Anhang XIV» wieder auf EUR 750'000. Wie gesagt, man kann sich natürlich die Frage stellen, wie der Herr Regierungs-chef gesagt hat, ob man diese Aufträge dann eben auch splitten kann. Wie steht da die Meinung der Regierung, ist es wirklich möglich, diese Aufträge dann zu splitten, wenn zum Beispiel ein Auftrag eine Grösse von EUR 500'000 hat? Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungschef Adrian Hasler
Besten Dank, Herr Präsident. Ich bin kein Fachmann des öffentlichen Auftragswesens, aber wir werden sicher die entsprechenden Möglichkeiten nutzen. Und in der Vorlage ist ausgeführt, dass es eben genau Möglichkeiten gibt, dass man unter Umständen Aufträge aufteilen kann auf mehrere Unternehmen. In diesem Rahmen ist es auch die Intention des Landes, dass man versucht, möglichst die Aufträge in Liechtenstein zu vergeben. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall, somit wenden wir uns dem Antrag der Regierung zu. Der Antrag lautet: «Der Hohe Landtag wolle den Beschluss Nr. 97/2016 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 29. April 2016 betreffend die Richtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU, 2014/25/EU die Zustimmung erteilen.»Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte die Stimme abgeben.Abstimmung: Zustimmung mit 20 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 20 Stimmen bei 22 Anwesenden die Zustimmung erteilt und wir haben Traktandum 16 abgeschlossen. -ooOoo-