Strafrechtsübereinkommen über Korruption vom 27. Januar 1999 und das Zusatzprotokoll zum Strafrechtsübereinkommen vom 15. Mai 2003 (Nr. 110/ 2016)
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 18: Strafrechtsübereinkommen über Korruption vom 27. Januar 1999 und das Zusatzprotokoll zum Strafrechtsübereinkommen vom 15. Mai 2003. Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 110/2016. Er steht zur Diskussion.Abg. Karin Rüdisser-Quaderer
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Der vorliegende Bericht und Antrag betreffend das Strafrechtsübereinkommen über Korruption vom 27. Januar 1999 und das Zusatzprotokoll zum Strafrechtsübereinkommen vom 15. Mai 2003 ist als Ergänzung zum Korruptionsstrafrecht, das wir im März dieses Jahres hier im Landtag verabschiedet haben, zu sehen. Inhaltlich geht das Übereinkommen im Vergleich zu anderen Anti-Korruptions-Konventionen, wie namentlich auch OECD-Konvention, weiter: Während Letztere sich auf das Thema der aktiven Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr beschränkt, enthält das Strafrechtsübereinkommen des Europarats generelle Mindestanforderungen an die strafrechtliche Bekämpfung der verschiedenen Formen von Amtsträger- und Privatbestechung. Neu ist auch die passive Bestechung von Amtsträgern miterfasst. Das vorliegende Zusatzprotokoll erstreckt die Reichweite des Übereinkommens auf Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter, das heisst Personen, die aufgrund einer Schiedsvereinbarung dazu berufen sind, eine rechtlich bindende Entscheidung in einer ihr von den Parteien der Schiedsvereinbarung vorgelegten Streitigkeit zu fällen, sowie auf Schöffen. Damit ergänzt das Zusatzprotokoll die Bestimmungen des Übereinkommens, das die Gerichtsbehörden vor Korruption schützen will. Staaten, die das Protokoll ratifizieren, müssen die notwendigen Massnahmen ergreifen, um die aktive und passive Bestechung von in- und ausländischen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern sowie von Schöffen unter Strafe zu stellen. Das liechtensteinische Recht, welches nicht zwischen Richter- und Amtsträgerbestechung unterscheidet, da Richter und Staatsanwälte in ihrer Eigenschaft als Beamte unter den umfassenden Amtsträgerbegriff des Paragrafen 74 Abs. 1 Ziff. 4a Bst. a des Strafgesetzbuches fallen, erfüllt somit die Vorgaben des Zusatzprotokolls und der Vorlage. In Art. 4 des Übereinkommens wird verlangt, dass aktive und passive Bestechung im Sinne der beiden vorangehenden Übergangsbestimmungen auch dann kriminalisiert werden, wenn Mitglieder einer inländischen öffentlich-rechtlichen Versammlung Tatobjekt beziehungsweise Täter sind. Gemeint sind in erster Linie wir, die Landtagsabgeordneten, aber auch Gemeinderäte auf lokaler Ebene. Ebenso sind alle weiteren gewählten oder ernannten Mitglieder von Kollegialbehörden zu erfassen, welche legislative oder administrative Funktionen ausüben, als Beispiel seien die Kommissionen genannt. Mit der Definition des Amtsträgers im liechtensteinischen Strafrecht werden diese Anforderungen der Vorlage gewährleistet. Ein weiterer Aspekt des vorliegenden Übereinkommens ist die passive Bestechung von ausländischen Amtsträgern, und sie beschränkt sich nicht nur auf den internationalen Geschäftsverkehr. Da das liechtensteinische Recht den Anforderungen des Übereinkommens entspricht, erübrigt sich die Abgabe von Vorbehalten. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Stv. Abg. Andreas Heeb
Besten Dank für das Wort. In Liechtenstein gibt es keine Korruption. Mindestens sinngemäss wurde diese Aussage von einigen politischen Akteuren anlässlich der Aktuellen Stunde im vergangenen Landtag geäussert. Nichtsdestotrotz sollen mit diesem Traktandum das Strafrechtsübereinkommen und ein Zusatzprotokoll zu eben diesem Übereinkommen ratifiziert werden. Der Inhalt dieser beiden Staatsverträge beschäftigt sich mit dem Schutz der Gesellschaft vor Korruption mit Mitteln des Strafrechtes. Es geht also um Abschreckung mittels Strafdrohung, sodass verhindert werden kann, dass Politiker sich korrupter Handlungen bedienen. Es soll eine grosse Anzahl korrupter Handlungen unter Strafe gestellt werden, darunter konkret die aktive und passive Bestechung in- und ausländischer Amtsträgerinnen und Amtsträger. Die Fraktion der Freien Liste begrüsst, dass Liechtenstein - leider als einer der letzten Staaten des Europarats - diese beiden Übereinkommen ratifiziert und auch, dass die Anpassungen im nationalen Gesetz zur Konformität mit den Vorgaben dieser Übereinkommen bereits umgesetzt sind. Die Fraktion der Freien Liste ist überzeugt, dass Liechtenstein gerade in Sachen Korruptionsbekämpfung nicht abseits stehen darf. Sowohl die innenpolitische als auch die aussenpolitische Bedeutung ist hoch. Ich möchte dies mit einem fiktiven Beispiel ausführen und die Regierung bitten, Ausführungen zu folgendem Sachverhalt zu machen: Angenommen, eine Amtsträgerin oder Amtsträger versucht, sich auf ihr beziehungsweise sein Mandat zu berufen, um zum Beispiel Polizisten bei einer Verkehrskontrolle unter Druck zu setzen und sich einer Beweisaufnahme - wie etwa einem Alkoholtest - zu entziehen. Handelt es sich dabei um passive Bestechung, weil die Person einen ungebührlichen Vorteil fordert und eventuell erlangt, so wie es in Paragraf 305 des Strafgesetzbuches normiert ist? Ist es relevant, dass der ungebührliche Vorteil effektiv erlangt wird oder genügt bereits die Forderung eines ungebührlichen Vorteils, um einen Tatbestand nach Paragraf 305 darzustellen? Kann der Tatbestand der passiven Bestechung mit dem im Volksmund eher bekannten Amtsmissbrauch gleichgesetzt werden? Sind Polizisten verpflichtet, die passive Bestechung anzuzeigen - konkret, handelt es sich um ein Offizialdelikt? Wie können sich Polizisten oder allgemein Landesangestellte vor Repressalien schützen, wenn es sich um eine einflussreiche Person des politischen Metiers handelt? Gerne möchte ich die Regierung bitten, mir kurz die Fragen zu diesem geschilderten fiktiven Fall zu beantworten, da gerade solche Sachverhalte zeigen, wie relevant auch im Inland die Ratifikation von solchen Konventionen sein kann. Die Fraktion der Freien Liste wird dem Übereinkommen ihre Zustimmung erteilen und auch der Erklärung beipflichten. Jede Art der Korruptionsbekämpfung ist wichtig: Nur in einem Staat frei von Korruption, Vetternwirtschaft und Vorteilnahme können die Bürger sich auf faire Behandlungen und Gleichheit verlassen. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Christian Batliner
Danke, Herr Präsident. Nur kurz, es wurde eigentlich ja schon alles gesagt. Das Strafrechtsübereinkommen über Korruption und das Zusatzprotokoll wurden von der Regierung ja bereits im Jahr 2011 unterzeichnet. Wir haben das Korruptionsstrafrecht hier im Landtag bereits revidiert und das umgesetzt. Es ist nun einfach die logische Folge, dass wir dem Übereinkommen und dem Zusatzprotokoll zustimmen, damit das ratifiziert werden kann. In diesem Sinne ist es eigentlich völlig logisch, dass wir dem zustimmen. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungsrätin Aurelia Frick
Herr Präsident, Damen und Herren Abgeordnete. Zuerst einmal bedanke ich mich bei den Votanten für die sehr wohlwollenden Voten zum Übereinkommen. Herr Abg. Andreas Heeb, ich muss Sie enttäuschen, ich habe das Strafgesetzbuch nicht bei mir, weil wir das Strafgesetzbuch und die entsprechenden Änderungen im März-Landtag behandelt haben, vom zuständigen Minister. Und ich habe mich nicht auf eine Strafrechtsdiskussion vorbereitet, sondern auf eine Diskussion rund um den aussenpolitischen Aspekt dieses Übereinkommens. Was Sie aber hinten sehen in der Beilage 1: Unter dem Kapitel 2, Art. 2 und 3, dort sehen Sie schon einen Teil Ihrer Antworten, nämlich wer fällt unter aktive Bestechung, wer fällt unter passive Bestechung. Aber in diesem Übereinkommen und den Unterlagen, die wir vor uns haben, heisst es einfach, dass die innerstaatlichen Gesetzgeber die entsprechenden Massnahmen treffen müssen, und genau das haben wir gemacht, indem wir das österreichische Korruptionsstrafrecht bei uns übernommen haben, in unsere Gesetze hineingeschrieben haben. Ich hätte von meiner Seite noch einen kleinen Änderungsantrag, und zwar auf Hinweis, der in der APK gekommen ist. Ich möchte gerne beim Antrag auf Seite 50, Lit. b), die folgende Erklärung abändern, und zwar: «Als Zentrale Behörde wird das Amt für Justiz, Äulestrasse 70, 9490 Vaduz, bestimmt.» Und nicht: «das Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft», sondern das Amt. Dementsprechend würden sich auch die Ausführungen auf Seite 42 im Bericht und Antrag ändern, dort steht nämlich unten in Kursiv auch, dass es das Ministerium ist, und auch hier wäre dann richtigerweise das Amt aufzuführen. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank für diese Ausführungen. Stv. Abg. Andreas Heeb
Besten Dank für das Wort. Wäre es möglich, dass ich Ihre Antworten zu diesen Fragen im Nachhinein schriftlich bekommen kann? Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Ich melde mich jetzt doch auch kurz zu Wort. Ich möchte die Frau Aussenministerin bei der Aussage unterstützen, dass es hier um den völkerrechtlichen Vertrag geht, um den Beitritt zu diesem Übereinkommen. Wir haben im Frühling ausführlich über die Korruptionsstraf-rechtsanpassung diskutiert - bei zwei Lesungen. Und das wäre auch der Ort gewesen, um solche Fragen zu diskutieren. Aber selbstverständlich werden wir versuchen, Ihre Fragen mitzunehmen, aus dem Protokoll werden wir diese erkennen. Das Justizministerium wird Ihnen die Fragen auch beantworten, dann erhalten Sie auch korrekte, sauber abgeklärte Antworten und nicht etwas aus der Hüfte geschossen - heute, spontan. Ich bitte Sie einfach, bei solchen Übereinkommensverabschiedungen im Landtag, die im Vorfeld eben auch eine materielle Rechtsänderung in Liechtenstein bedingen, dass man die entsprechenden Fragen dann auch beim inländischen Gesetz stellt, bei der Behandlung im Landtag, und nicht erst bei der Behandlung der internationalen Abkommen. Es ist einfach für die Vorbereitung und für die Dokumentation der Regierungsmitglieder etwas anspruchsvoll, die ganzen Akten aus den früheren Beratungen mitzunehmen. Von daher finde ich das Angebot der Frau Aussenministerin und mir, dass wir das schriftlich nachtragen, ein gutes Angebot. Ich hoffe, dass Sie damit auch, wie Sie selbst gesagt haben, zufrieden sind. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungsrätin Aurelia Frick
Herr Präsident, nochmals danke für das Wort. Natürlich beantworten wir das gerne auf dem Schriftweg. Ich möchte Ihnen einfach noch einmal in Erinnerung rufen, weil das immer wieder Irritationen auslöst: Wir setzen, bevor wir eine Ratifikation machen, immer innerstaatlich sämtliche Gesetze um und machen nachher die Ratifikation. Es gibt da einige Staaten, die das etwas umgedreht oder etwas sportlicher handhaben. Wir sind der Überzeugung, von der aussenpolitischen Seite her, dass es sich lohnt, an dieser Verlässlichkeit festzuhalten und nur Abkommen zu ratifizieren, wenn wir wirklich alles bei uns innerstaatlich umgesetzt haben. Das war jetzt nicht direkt eine Antwort auf Ihre Frage. Aber es ist wichtig, dass Sie sich das immer vor Augen halten, wenn wir Ratifikationen hier im Landtag behandeln. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident. Jetzt habe ich noch etwas vergessen, Herr Abg. Heeb, was ich Ihnen noch sagen wollte: Ich erwarte von meinen Polizisten, dass sie, wenn sie den Innenminister oder einen Landtagsabgeordneten oder ein anderes Regierungsmitglied bei einer Kontrolle antreffen, sie genau gleich behandeln wie jeden Bürger in Liechtenstein. Und ich glaube, das ist auch der Fall. Das können sicher einige hier auch bezeugen. Und von daher, denke ich, ist Ihre Befürchtung, dass hier Sondervorteile gehandhabt werden, völlig aus der Luft gegriffen. Das kann ich Ihnen - ohne schriftliche Beantwortung - heute hier schon versichern. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Ich möchte mich noch bei Frau Regierungsrätin Frick vergewissern, ob ich die Abänderung des Antrages b) richtig verstanden habe. Er würde also lauten: «b) der Abgabe der folgenden Erklärung: ‹Als Zentrale Behörde gemäss Art. 29 wird das Amt für Justiz, 9490 Vaduz bestimmt.›» Regierungsrätin Aurelia Frick
Fast ganz richtig. «... wird das Amt für Justiz, Äulestrasse 70, 9490 Vaduz, bestimmt.» Mit dem Rechtsdienst war es vereinbart, dass es so präzise hier stehen soll. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Somit wenden wir uns dem abgeänderten Antrag der Regierung zu. Er lautet: «Der Hohe Landtag wolle, - dem Strafrechtsübereinkommen über Korruption vom 27. Januar 1999 und dem Zusatzprotokoll zum Strafrechtsübereinkommen vom 15. Mai 2003 und
- der Abgabe der folgenden Erklärung: ‹Als Zentrale Behörde gemäss Art. 29 wird das Amt für Justiz, Äulestrasse 70, 9490 Vaduz bestimmt.›
seine Zustimmung erteilen.» Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte die Stimme abgeben.Abstimmung: Zustimmung mit 23 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 23 Stimmen die Zustimmung erteilt und wir haben Traktandum 18 abgeschlossen. -ooOoo-