Abänderung des Gesetzes über die Landespolizei (Einführung eines Bedrohungsmanagements) (Nr. 128/2016); 1. Lesung
Landtagspräsident Albert Frick
Geschätzte Frauen und Herren Landtagsabgeordnete, wir fahren mit den Beratungen fort. Wir kommen zu Traktandum 26: Abänderung des Gesetzes über die Landespolizei (Einführung eines Bedrohungsmanagements). Wir behandeln diese Vorlage in 1. Lesung. Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 128/2016 und steht zur Diskussion.Abg. Karin Rüdisser-Quaderer
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Mit dem vorliegenden Bericht und Antrag schlägt die Regierung die Einführung eines Bedrohungsmanagements nach dem Vorbild des Kantons Solothurn vor. Es wird vorgeschlagen, eine entsprechende Fachstelle bei der Landespolizei einzurichten und die nötigen Anpassungen dafür im Polizeigesetz vorzunehmen. Mit der Einführung des Bedrohungsmanagements und der entsprechenden Fachstelle dazu soll das Gefährdungspotenzial von einzelnen Personen oder Gruppen frühzeitig erkannt, eingeschätzt und schliesslich mit geeigneten Massnahmen entschärft werden. Um es gleich vorwegzunehmen, ich begrüsse die Einführung eines Bedrohungsmanagements ausserordentlich. Das Thema Amokläufe und andere Formen schwerer Gewalt hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung und Aktualität gewonnen und macht leider auch nicht an Liechtensteins Grenzen halt. Mit der Einführung eines Bedrohungsmanagements als Fachdisziplin, angesiedelt bei der Landespolizei, können Taten zwar auch in Zukunft nicht vorhergesagt werden, aber einzelne hoffentlich verhindert werden. Bevor ich nun aber zum eigentlichen Thema komme, ist es mir ein Anliegen, Folgendes im Lichte dieser Diskussion nicht aus dem Auge zu lassen. Ich kann nämlich nicht nachvollziehen, dass die Errichtung der Fachstelle aus der ordentlichen Personalplanung bei der Landespolizei besetzt werden soll beziehungsweise kann. Die Landespolizei wird laufend mit neuen Aufgaben beauftragt, ich verweise auf die eben unter Traktandum 19 vom Landtag beschlossene Integration des Sanitätsnotrufs 144 in die Landesnotfallzentrale, ohne dass die Landespolizei zusätzliche Ressourcen erhält. Mit der gegenständlichen Vorlage kommt eine weitere wichtige Aufgabe auf die Polizei zu. Während in den umliegenden Ländern massive Aufstockungen bei der Polizei und Sicherheitsbehörden angedacht sind, herrscht hierzulande Schweigen darüber. Ich bin der Auffassung, dass die Diskussion im Lichte der derzeitigen Sicherheitslage in Europa auch in Liechtenstein ein längst überfälliger Schritt ist und unsere Polizei mit den nötigen Ressourcen ausgestattet werden soll.Nun aber zurück zur Vorlage. Ziel eines Bedrohungsmanagements soll es sein, Risikopotenzial frühzeitig zu erkennen und, wenn angezeigt, zu handeln, und zwar nach den drei Grundsätzen eines psychologischen Bedrohungsmanagements, nämlich im Erkennen, im Einschätzen und im Entschärfen. Ein solches Ziel kann nur erreicht werden, wenn entsprechende Informationen weitergeleitet beziehungsweise interdisziplinär ausgetauscht werden. Laut Fachexperten gehen schweren Gewalttaten fast immer erkennbare Warnsignale voraus. Diese gilt es in einem ersten Schritt zu erkennen. Grundsätzlich ist hier aber jedermann angesprochen, indem man hinschaut und lernt, Warnsignale zu erkennen. Im Speziellen aber sind Arbeitnehmerinnen und Mitarbeitende von Behörden und vielleicht auch Lehrpersonen gefordert und im Einzelfall natürlich auch exponierte Einzelpersonen. Es wäre meines Erachtens auch wünschenswert, wenn schon innerhalb dieser Organisationen, also am Arbeitsplatz, in den Schulen, entsprechende Krisenleitfäden bestehen würden und es gut geschulte Ansprechpersonen im Falle einer Bedrohungslage gäbe. Denn im Grundsatz gilt natürlich, nicht jeder oder jede, die eine Drohung ausspricht, ist auch gleich gefährlich. Zugleich aber haben eben diese Organisationen dann mit der Einführung eines Bedrohungsmanagements endlich die Möglichkeit, sich bei einer Stelle zu melden, um eine Einschätzung zu erhalten, wenn sie sich bedroht fühlen oder sich nicht sicher sind, ob von der Person, die Drohungen ausspricht, eine echte Gefahr ausgeht. In erster Linie sollen Meldeerstatter, die in Angst und Sorge wegen Bedrohungen sind, ein erstes Gefühl von Sicherheit erlangen, indem sie professionell beraten werden. Das gilt es nämlich nicht zu unterschätzen. Schon durch ein Gespräch mit einer gut geschulten Beraterin oder Berater kann eine erste Einschätzung abgegeben werden, indem sie dem Melder geeignete Verhaltensmassnahmen, wie zum Beispiel Sprachregelungen im Umgang mit einem zum Beispiel querulatorischen Klienten, als ersten Schritt mit auf den Weg gibt. Es könnte zum Beispiel geraten werden, dafür zu sorgen, dass alle Mitarbeitenden einer Behörde, einer Schule eine einheitlich und äusserst knappe Kommunikationsstrategie einhalten, damit sich eine querulatorische Fixierung nicht noch weiter verstärkt. Ich gehe auch davon aus, dass viele, die ein öffentliches Amt bekleiden, in einer Behörde oder Schule arbeiten, wissen, wie wichtig es sein kann, geeignete Ansprechpartner zu haben, wenn zum Beispiel ein grosser Ansturm von Beschwerden - oftmals mit aggressivem Unterton - hervorgebracht wird und manchmal mit konkreten Drohungen gegen bestimmte Personen zu Angst und Verunsicherung führen kann. Und es gibt ja auch tatsächlich immer wieder Beispiele in denen Querulanz eskaliert und in Gewalt mündet.Dann möchte ich noch eine Anmerkung zur Stellungnahme der Ärztekammer beziehungsweise eines einzelnen Teilnehmers bezüglich der Aufweichung der ärztlichen Schweigepflicht machen. Ich sehe die Bestimmung beziehungsweise den Wortlaut in Art. 32 Abs. 1a, dass Ärzte auch berechtigt sind, der Landespolizei Gefährdungsmeldungen zu erstatten, bei denen eine gegen Dritte gerichtete Gewaltbereitschaft anzunehmen ist, nicht als Aufweichung der ärztlichen Schweigepflicht. Diese Bestimmung interpretiere ich als eine Kann-Bestimmung. Sie sollte eher als zusätzliche Möglichkeit für einen Arzt oder eine Ärztin gesehen werden, nachdem er oder sie eine Bedrohung erkannt hat, sich fachlich auszutauschen, indem er sich eine interdisziplinäre Einschätzung abholt oder aber direkt eine Gefährdungsmeldung machen kann, wenn er sich moralisch dazu verpflichtet fühlt, weil er erkennt, dass von einer Person eine grosse Gefahr gegen andere ausgehen könnte, wenn er das so sieht. Ich bin überzeugt, dass kaum Meldungen von Ärzten kommen werden, weil die meisten Hausärzte und Psychiater schon sehr geübt sind in der Einschätzung von Gefahren und auch sehr wohl wissen, was probate Mittel sind, die eingesetzt werden können, um eine schwere Tat zu verhindern. Ärzte und Psychiater wissen zudem sehr wohl, zwischen erhöhten Gewaltphantasien und einer konkreten Drohung zu unterscheiden. Zudem ist bekannt, dass in den meisten Fällen zwischen einer psychischen Erkrankung und einer Straffälligkeit kein Zusammenhang besteht. Man weiss heute aber, dass meist gekränkte Persönlichkeiten, oft auch noch mit querulatorischen Persönlichkeitsmerkmalen verbunden, zu Tätern von schweren Gewaltakten werden können. Oft aber sind solche Personen aber gar nicht in ärztlicher Behandlung, weil sie sich ja nicht krank fühlen. In der Regel sind diese überzeugt, dass die anderen krank sind und uneinsichtig sind, weil diese ihnen ein grosses Unrecht zugefügt haben. Diese Menschen werden in der Regel auffällig im Umgang mit Ämtern, Schulen, im ehemaligen Arbeitsfeld und so weiter und so fort, von denen sie sich ungerecht behandelt fühlen. Somit ist es auch ganz, ganz wichtig, dass eben genau diese ebengenannten Institutionen endlich die Möglichkeit haben, eine Meldung zu machen, und zwar bevor etwas passiert.Dann noch, ein Vernehmlassungsteilnehmer merkt zu Recht an und kritisiert, dass schon im Vernehmlassungsbericht und jetzt in der gegenständlichen Vorlage auch wieder steht, dass Ärzte bei Suizidgefahr eines Patienten eine Gefährdungsmeldung machen können. Hausärzte und Psychiater kritisieren dies zu Recht, denn sie sind die Fachexperten, und es gehört zu ihrer Arbeit, suizidgefährdete Patienten einzuschätzen und zu behandeln. Zudem haben sie jederzeit die Möglichkeit, bei akuter und einer sehr hohen Selbstgefährdung eines Patienten mit dem Mittel der fürsorglichen Unterbringung Patienten in eine Klinik einzuweisen. Der Wortlaut «Suizid oder Suizidgefahr» darf in dieser Vorlage nur im Zusammenhang mit einem erweiterten Suizid stehen. Denn wenn von erweitertem Suizid die Rede ist, also wenn jemand klar und deutlich sich dahingehend äussert, dass er plant, sich umzubringen, und eine zusätzliche Drohung ausspricht, diese Selbsttötung zu erweitern auf zum Beispiel Mitschüler, Lehrer, Mitarbeiter und so weiter, dann wäre ein Arzt berechtigt, eine Meldung zu machen. Und das ist auch gut so. Er kann, muss aber nicht. Für Behörden aber, wie zum Beispiel vielleicht das Frauenhaus oder auch vielleicht die Bewährungshilfe, oder dann auch exponierte Einzelpersonen, um nur einige aufzuzählen, wird die Einführung eines Bedrohungsmanagements sicher eine Erleichterung in ihrer täglichen Arbeit darstellen, indem sie sich unter allen obgenannten Aspekten zukünftig verlässlich an eine Fachstelle wenden können.Zum Schluss erlaube ich mir, eine Anmerkung zur Fachstelle beziehungsweise zum Profil der zukünftigen Stelleninhaberin oder des Stelleninhabers des Bedrohungsmanagements zu machen. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Rekrutierung mit grosser Sorgfalt erfolgen muss. Für Anwärter sollte nicht zwingend eine polizeiliche oder juristische Ausbildung gefordert werden, sondern vielmehr sollte darauf geachtet werden, dass eine Fachperson aus dem Bereich Psychologie oder Psychiatrie mit einer soliden und anerkannten Ausbildung für diese wichtige Aufgabe rekrutiert wird. Die Person muss ein hohes Interesse an polizeilicher Arbeit haben und gewillt sein, sich auf diesem Gebiet weiterzubilden. Die Person braucht zudem mehrjährige Erfahrung im Umgang mit Menschen, die bedrohliche Verhaltensweisen aufweisen. Der Stelleninhaber soll über eine hohe Beratungskompetenz verfügen und keine Berührungsängste mit Menschen in ausserordentlichen Situationen haben und schon vor der Einführung des Bedrohungsmanagements gut geschult sein im Erkennen, Einschätzen und Entschärfen von bedrohlichen Situationen. Diese Person sollte im Land gut vernetzt sein, sollte also Land und Leute kennen. Weiter muss diese Person bereits darin geübt sein, unkompliziert und unbürokratisch interdisziplinär mit anderen Institutionen zusammenzuarbeiten. Mit der Einführung dieser Fachstelle kommt eine weitere wichtige Aufgabe auf die Polizei zu. Deshalb betone ich nochmals: Während in den umliegenden Ländern massive Aufstockungen der Polizei und Sicherheitsbehörden angedacht sind, herrscht hierzulande Schweigen darüber. Ich bin der Auffassung, dass diese Diskussion im Lichte der derzeitigen Sicherheitslage in Europa auch in Liechtenstein ein längst überfälliger Schritt ist und unsere Polizei mit den nötigen Ressourcen ausgestattet werden sollte. Ich bedanke mich beim Herrn Innenminister für diese Vorlage und bin selbstverständlich für Eintreten. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Eugen Nägele
Herr Präsident, danke für das Wort. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Einer der Ausgangspunkte für die Erarbeitung dieses Berichts und Antrags war das Tötungsdelikt in Balzers im April 2014. Es muss unser ständiges Bestreben sein, dass wir solch sinnlose und grausame Taten verhindern. Ziel des Bedrohungsmanagements ist es, Personen, die das Potenzial einer gewalttätigen Eskalation in sich bergen, frühzeitig zu erkennen, einzuschätzen und die Situation durch geeignete Massnahmen zu entschärfen. Diesem Ziel, wie es auf Seite 5 des Berichts und Antrags formuliert wird, ist nichts hinzuzufügen. Es stellt ein hohes Ideal dar, das ich unterstütze. Jedoch stellen sich mir Fragen bei der konkreten Umsetzung. Neil Armstrong, der erste Mann auf dem Mond, hat einmal gesagt: «Große Gedanken brauchen nicht nur Flügel, sondern auch ein Fahrgestell zum Landen.» Ich bin nicht sicher, ob das aktuelle Fahrgestell des Bedrohungsmanagements zu einer sauberen Landung führen wird. Auf der Seite 12 dieser Vorlage wird der Anwendungsbereich des Bedrohungsmanagements aufgelistet. Es sind «sämtliche Formen von bedrohlichem Verhalten, wie etwa häusliche Gewalt, Stalking, Gewalt im Namen der Ehre, Gewalt aufgrund von Radikalisierung, Amok, Gewalt gegen Personen des öffentlichen Lebens oder an öffentlichen Orten oder Gewalt am Arbeitsplatz. Auch kann mithilfe des Bedrohungsmanagements auf gesellschaftliche Veränderungen - wie etwa auf die in den letzten Jahren gestiegene Bedrohungslage im Zusammenhang mit islamistisch motiviertem Terrorismus sowie aufgrund von selbstradikalisierten Einzeltätern oder verwirrten Nachahmungstätern - in präventiver Hinsicht besser reagiert werden.»
Diese Auflistung ist so umfassend, dass ich mich wirklich frage, ob eine Person dies alles leisten kann. Wie soll das in der Praxis funktionieren? Ich stelle mir die Umsetzung im Alltag enorm schwierig vor und habe grosse Zweifel, vor allem wenn ich dann auf der Seite 43 folgende Sätze lese, ich zitiere noch einmal: «Die mit der Einführung des Bedrohungsmanagements vorgesehene Einrichtung einer Fachstelle bei der Landespolizei bedingt keine Aufstockung des Sollbestands bei der Landespolizei. Vielmehr soll der damit verbundene personelle Mehraufwand im Rahmen der künftigen Personalplanung berücksichtigt werden, indem im Besonderen Personen rekrutiert werden, die neben Erfahrungen im Bereich der Polizeiarbeit auch entsprechende Fachkenntnisse aufweisen.» Hier bitte ich den Regierungschef-Stellvertreter um klärende Ausführungen. Die Muster scheinen sich bei der Polizei zu wiederholen, eine neue Aufgabe, aber keine zusätzlichen Personen. Das scheint mir ein ganz grosses Problem zu sein, und meine Vorrednerin, Frau Karin Rüdisser-Quaderer, hat dieses Problem auch in aller Deutlichkeit angesprochen. Mich würde auch interessieren, welche Fachkenntnisse denn hier gesucht werden. Ich denke, hier suchen wir einen Übermenschen, der unglaublich viele Funktionen in sich vereinen muss. Ich bin wirklich skeptisch, ob das möglich ist, solche Personen zu finden. Das Bedrohungsmanagement orientiert sich stark am Vorbild des Kantons Solothurn. Es ist aber interessant zu lesen, auf den Seiten 17 bis 19, dass bei uns schon heute im aktuellen Polizeigesetz Aspekte geregelt sind, die im Kanton Solothurn erst im Rahmen des Bedrohungsmanagements eingeführt wurden. Erwähnt werden dann die Gefährderermahnung auf der Seite 17 oder die Weitergabe der Daten von potenziell gewaltbereiten Personen auf der Seite 19.In einem Punkt weicht das liechtensteinische Modell aber vom Vorbild des Kantons Solothurn ab. Auf der Seite 29 steht, dass die Landespolizei Informationen über eine Person schon bearbeiten kann, wenn anzunehmen ist, dass diese Person gewaltbereit ist. Im Kanton Solothurn darf die Polizei erst dann Daten bearbeiten, wenn bei einer Person eine hohe Gewaltbereitschaft besteht. Die Datenschutzstelle und die Ärztekammer halten in ihren Stellungnahmen in der Vernehmlassung fest, dass in diesem Punkt die Solothurner Vorlage übernommen werden sollte. Dieser Meinung schliesse ich mich an. Ich bitte die Regierung um Ausführungen zu den Kriterien, die im Kanton Solothurn bestehen. Auf der Seite 31 wird darauf hingewiesen, aber es gibt keine Ausführungen dazu. Welches sind die Kriterien, die im Kanton Solothurn zur Anwendung kommen? Diese können auch auf die 2. Lesung hin erläutert werden. Die Aufweichung der Schweigepflicht für Ärzte stellt für mich einen weiteren kritischen Punkt dar. Im Bericht und Antrag wird auf den Seiten 34 bis 36 ausführlich darauf eingegangen. In der Vorlage steht, dass es sich um eine Kann-Bestimmung handelt, auf der Seite 35 ist das auch sehr gut ausgeführt, und es ist nicht eine Pflicht. Für mich bleiben aber Bedenken bestehen, vor allem nach der Lektüre der Stellungnahme des ehemaligen Landtagsabgeordneten und Arztes Dr. Marco Ospelt. Seine Ausführungen haben wir alle erhalten. Sie sind für mich überzeugend und stringent. Er schreibt in der Zusammenfassung: «Zusammenfassend finde ich es deshalb keine gute Lösung, das Berufsgeheimnis der Ärzte aufzugeben, um einer Fachstelle für Bedrohungsmanagement eine zusätzliche Informationsquelle zu eröffnen. Eine solche Lockerung des Berufsgeheimnisses würde die besondere Beziehung des Patienten zu seinem Arzt stören und dadurch die Möglichkeiten zur Therapie und Verminderung der Gefahr behindern.» Auch der Berufsverband der Psychologinnen und Psychologen äussert sich kritisch zu der Vorlage, nachzulesen auf der Seite 37. Abschliessend wird auf der Seite 40 der Vorlage festgehalten - und da zitiere ich noch einmal: «Ohne den Überblick über die Gesamtsituation eines Einzelfalles zu haben, erscheint eine Beurteilung, in welchem Ausmass eine Gewaltbereitschaft vorliegt, ohnehin nahezu unmöglich zu sein.» Hier stellt sich für mich einfach die Frage, wann liegt die Gesamtübersicht über einen Einzelfall vor? Diese Formulierung scheint mir nicht praxistauglich zu sein und sie delegiert enorm viel Verantwortung an die Fachstelle bei der Polizei. Zum Schluss: Neben dem Sanitätsnotruf wird mit dem Bedrohungsmanagement eine zweite Baustelle bei der Landespolizei eröffnet. Ich frage mich, ob das im Alltag gut gehen wird, und ich stehe der Vorlage kritisch gegenüber, wobei, wie schon gesagt, ich das Ziel total und vollkommen unterstütze. Ich bin für Eintreten, es sind aber noch einige Fragen zu klären. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Helen Konzett Bargetze
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Mitglieder der Regierung und Landtagsabgeordnete. Um es vorwegzunehmen: Ich bin für Eintreten auf die Vorlage und bedanke mich dafür. Um es ebenfalls vorwegzunehmen: Die Vorlage kann auch mich noch nicht überzeugen. Was mir gefällt: der präventive Ansatz - ganz allgemein gesprochen. Insgesamt glaube ich, dass Früherfassung heute schon gepflegt wird, aber sicher noch optimiert werden kann. Ärzte, Psychologen und Psychotherapeuten sollen gemäss Vorschlag der Regierung mittels einer aufgeweichten Schweigepflicht neu explizit berechtigt sein, der Landespolizei Gefährdungsmeldungen zu machen, wenn es Hinweise gibt, dass Dritte gefährdet sein könnten. Die Ärztekammer, der Berufsverband der Psychologinnen und Psychologen sowie weitere Stellungnehmende haben sich kritisch zu einer aufgeweichten Schweigepflicht geäussert. Der Berufsverband für Psychologen und Psychologinnen hat ebenfalls Bedenken und auch Vorschläge zu einer Anpassung gemacht, welche die Regierung aber ablehnt. Für mich eine sehr interessante Diskussion und Auseinandersetzung im Sinne eines Ringens um eine gute Lösung. Ob es diese gibt, bin ich mir aber noch nicht sicher. Klar ist, Ärzten und Psychologen wird eine zusätzliche Verantwortung übergeben. Klar ist auch, dass eine gute, eindeutige gesetzliche Handhabe, die zum einen dem Persönlichkeitsschutz, zum anderen dem Gefährdungspotenzial Rechnung trägt, nicht einfach zu bewerkstelligen ist. Dann noch zu den personellen Ressourcen und zu dem, was mir noch nicht so gut gefällt: Hier wird von der Regierung A gesagt, ohne B zu sagen. Ohne zusätzliche Stellenprozente bei der Landespolizei ist auch aus meiner Sicht - wie aus Sicht meiner Vorredner - die Aufgabe nicht sinnvoll zu bewältigen. Die Regierung will es aber ohne zusätzliche Ressourcen versuchen, ohne Aufstockung des Sollbestands. Meine Meinung ist: Dann kann sie es gleich auch sein lassen. Wir wissen, dass das Polizeipersonal jetzt schon am Rande der Belastungsgrenze ist. Um ein gut umgesetztes und funktionierendes Bedrohungsmanagement aufzubauen und aufrechtzuerhalten, braucht es viel Fingerspitzengefühl und gutes Personal, das dafür ausreichend Ressourcen und Fachwissen hat: in der Konfliktbewältigung, psychologisch, interkulturell. Ich versuche abschliessend eine Würdigung: Positiv ist die Idee und der Wille, genau hinzuschauen, auch wenn Erfolge kaum messbar sind. Aber jede Meldung, die dann im Verlauf positiv, deeskalierend und ohne Gewaltanwendung abgeschlossen werden kann, ist eine gute Sache. Aber ohne zusätzliches Personal geht es meiner Meinung nach bei der Einführung eines Bedrohungsmanagements bei der Landespolizei nicht, und zusätzliche Ressourcen sind dafür zwingend Voraussetzung. Wenn die Regierung bei ihrer Haltung zum Personalbestand bleibt, dann wird meiner Meinung nach nur mehr Sicherheit vorgegaukelt, aber der Sache nicht der Stellenwert eingeräumt, den sie verdient. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Herbert Elkuch
Besten Dank für das Wort. Mit Einführung eines Bedrohungsmanagements bei der Polizei sollen so viele Informationen wie möglich über potenziell - das heisst über möglich - gewaltbereite Personen bei der Polizei gemeldet werden. Allein die korrekte Erfassung dieser vielen Informationen bedeutet einen enormen Aufwand. Noch problematischer erscheinen mir dann die Auswertungen und eventuelle Vorverurteilungen. Dann, welche Sanktionen werden ergriffen, wenn eine mögliche Fremdgefährdung vermutet wird? Wie wird die Gefährlichkeit klassifiziert? Im Weiteren, wie lange werden die Daten gespeichert und für wen sind sie zugänglich? Wie weit werden die gesammelten Daten der EU bekanntgegeben - vielleicht auch in einem späteren Zeitpunkt bei einer Übernahme einer EU-Richtlinie? Wann beginnt potenzielle Gewalt? Wann wird eine ungehobelte Ausdrucksweise als mögliche Bedrohung eingestuft? Was ist auffällig, was ist unauffällig? Wann wird die freie Meinungsäusserung als mögliche Bedrohung empfunden? Wer beurteilt die Meldungen und wie werden sie gewichtet? Wie wird die Informationsquelle auf Zuverlässigkeit geprüft? Wird die Meldung untersucht, ob sie fair ist oder ob Intrigen im Spiel sind? Wird die Meldung auf ihren Wahrheitsinhalt geprüft, weil Meldungen für den Betroffenen mitunter sehr unangenehme Folgen haben könnten? Wird untersucht, ob möglicherweise einer Meldung durch eine übertriebene oder emotionale Aussage eine unangemessene Wichtigkeit verliehen wurde? Wird die gemeldete mitunter sogar ahnungslose Person vor dem Eintrag verständigt und welche Rechtsmittel stehen zur Verfügung, um den Eintrag zu verhindern, zu korrigieren oder zu löschen? Was sind die Folgen für die Betroffenen, wenn Einträge vorhanden sind, welche die Möglichkeit, aber noch nicht den Beweis einer Fremd- oder Selbstgefährdung dokumentieren? Mir ist nicht klar, mit welchen Unannehmlichkeiten Datensammlungen bis ins letzte Detail für die Bürger verbunden sein können, vor allem bei Langzeitspeicherung über Jahrzehnte. Dann zu Art. 32 - Meldungen und Auskünfte: «Amtsstellen der Landesverwaltung, Verwaltungsbehörden und Gerichte sowie Ärzte, Psychologen und Psychotherapeuten sind berechtigt, der Landespolizei Gefährdungsmeldungen betreffend Personen zu erstatten, bei denen eine gegen Dritte gerichtete Gewaltbereitschaft anzunehmen ist.» Konkret geht es darum, verschiedene Berufsstände von ihrem Berufsgeheimnis zu entbinden, um auch von ihnen Meldungen an die Fachstelle für das Bedrohungsmanagement zu erhalten. Dadurch geht nach meiner Ansicht beispielsweise das Vertrauen in einen Arzt verloren. Für eine Anamnese ist Vertrauen unabdingbar, da für eine gute Diagnose mitunter Informationen tief aus der Privatsphäre entscheidend sind. Auch bei den anderen im Gesetz erwähnten Institutionen wird das verankerte Berufsgeheimnis durchlöchert. Informationen an diese Personen müssen zurückgehalten werden, um Repressalien an sich oder auch an anderen zu vermeiden. Man muss sich auch fragen, kann man der Polizei ohne zusätzliches Personal laufend neue Arbeiten aufbürden, ohne diese in eine chronische Überlastung zu treiben? Ich lehne die Einführung eines Bedrohungsmanagements ab und unterstütze Nichteintreten. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Elfried Hasler
Ja, danke für das Wort. Ich muss sagen, ich bin mir noch nicht schlüssig, wie ich mich zu dieser Vorlage letztendlich stellen werde. Ich bin etwas hin- und hergerissen. Ich anerkenne die Ziele absolut und sehe auch gewisse Vorzüge in der vorgeschlagenen Lösung. Aber es stellt sich natürlich - und das, glaube ich, haben auch einige Vorredner auch schon gesagt - die Frage, ob die vorgeschlagene Lösung als Antwort auf die im Einzelfall potenziell äusserst fatale, aber dennoch äusserst seltene Ereignisse dann auch angemessen ist oder nicht über das Ziel hinausschiesst. Und im englischen Sprachgebrauch heisst es: Hard cases make bad laws. Etwas frei übersetzt: Anlassgesetzgebung aufgrund von extremen und sehr emotionalen Einzelfällen führen erfahrungsgemäss selten zu guten Gesetzen. Und man kann sich hier wirklich fragen, ob wir uns hier nicht einen Schritt in Richtung Polizei- und Überwachungsstaat bewegen und uns der Illusion einer Kontrollierbarkeit des Unkontrollierbaren hingeben. Ich denke, es ist auch bei Weitem nicht sicher, dass mit dem vorgeschlagenen Prozess fatale Einzelereignisse auch wirklich verhindert werden können oder hätten verhindert werden können. Es sind durchaus auch Fälle denkbar, in denen ein wie hier vorgeschlagener Prozess vielleicht auch das Gegenteil ausgelöst hätte. Denn - es wurde gesagt - es ist im Einzelfall eine sehr schwierige Einschätzung, wann von Gewaltbereitschaft auszugehen ist und ein Durchbrechen der behördlichen oder ärztlichen Schweigepflicht dann wirklich auch angemessen ist. Und ich denke, es ist ja nicht zu vernachlässigen, dass das Akteneinsichtsrecht des von einer Meldung Betroffenen auch den Meldenden in ernsthafte Gefahr bringen könnte und hier erst eine Gefährdung auslösen könnte. Ich denke, es ist auch nicht unproblematisch für Personen aus den betreffenden Berufsgruppen, die neu ein Melderecht hätten. Hier sind natürlich auch im Ernstfall oder fatalen Ernstfall schwerste Vorwürfe bei einer Nichtmeldung vorprogrammiert. Denn es ist durchaus denkbar, dass sich im Nachhinein zeigen könnte und auch bekannt werden könnte, dass eine für den Meldeberechtigten vielleicht, isoliert betrachtet, vermeintliche Unauffälligkeit im Gesamtzusammenhang ein Unglück hätte verhindern können. Und wenn er dann eben nicht gemeldet hat und das publik wird - das kann zu schwersten, gröbsten Vorwürfen führen. Und ich denke, auch für die betroffene Person dieser Fachstelle sind im Ernstfall massivste Vorwürfe, letztlich auch betreffend Behördenversagen, vorprogrammiert. Denn es werden sich nicht alle Fälle, das ist, denke ich, jedem klar, verhindern lassen.Ich möchte mich aber auch der Meinung anschliessen, ich glaube, die Abg. Rüdisser-Quaderer hat das auch schon erwähnt, dass das im Bericht erwähnte Beispiel einer Meldung bei blosser Suizidgefahr auf jeden Fall abzulehnen ist. Also wenn hier keine Gefährdung von Dritten vorliegt, kommt das für mich dann schon überhaupt nicht infrage. Und auch ein Punkt noch zur Ressourcenfrage: Ich glaube, da befinden wir uns halt im Dilemma, in dem wir uns immer wieder befinden als Kleinstaat. Ich denke, es wurde, glaube ich, hier auch im Bericht und Antrag irgendwo erwähnt, Anlass für diese Gesetzgebung liegt letztlich bei zwei Fällen. In einem Kleinstaat - Gott sei Dank - gibt es sehr, sehr wenig Fälle. Und wenn wir hier aber Ressourcen aufbauen - es wurde gesagt, es wird A gesagt, ohne B zu sagen - und wenn wir hier aber eben B sagen und entsprechende Ressourcen bei der Polizei auch aufbauen und dann eben sehr, sehr wenig Fälle wirklich vorliegen, dann besteht auch eine gewisse Gefahr, dass natürlich diese zuständige Person sich beschäftigen will und das eine gewisse Eigendynamik annimmt, die dann auch über das Ziel hinausschiesst. Ich bin da also auch skeptisch bezüglich Ressourcen. Ich glaube nicht, dass wir hier rein aufgrund der Kleinheit des Landes, aufgrund der Seltenheit der Fälle wirklich Ressourcen gross aufbauen sollten, und ich teile auch die Ansicht des Abg. Nägele, dass hier wirklich ein Übermensch gesucht wird, wenn man sich die Beschreibung im Bericht und Antrag ansieht, den es ohnehin nicht geben wird. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Thomas Vogt
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Ich möchte gerade auf einen Punkt eingehen, den der Abg. Elfried Hasler jetzt auch aufgebracht hat, insbesondere auch das Thema Haftung und allenfalls strafrechtliche Verantwortung der Ärzte und anderen Berufsgruppen. Meines Erachtens ist es wichtig, dass sowohl für den Fall einer Meldung als auch für den Fall des Unterlassens einer Meldung, ein absoluter Straf- und Haftungsausschluss im Gesetz festgeschrieben wird. Als Beispiel für einen solchen Straf- und Haftungsausschluss könnte man beispielsweise auch auf das Sorgfaltspflichtsgesetz verweisen. Auch hier gibt es bei Meldungen einen Haftungsausschluss. Hier könnte ich beispielsweise auf Art. 17 Abs. 1 des entsprechenden Gesetzes verweisen. Eine straf- oder zivilrechtliche Haftung ist auch dann nicht auszuschliessen, wenn nicht gemeldet wird, obwohl nach dem Gesetz das Recht zur Meldung bestünde. Bis dato war klar, dass Ärzte, Psychologen und Psychotherapeuten der Schweigepflicht unterliegen und sie nicht melden dürfen und schon gar nicht müssen. In Zukunft sollen sie melden dürfen, was auch als pflichtgemässes Müssen angesehen werden kann. Wenn jemand nicht meldet, obwohl er dürfte, und dann etwas passiert, könnte es sein, dass diese Person als in einer Art Garantenstellung stehend angesehen wird und gegebenenfalls strafrechtlich wegen eines unechten Unterlassungsdelikts im Sinne von Paragraf 2 StGB und/oder zivilrechtlich haftet. Es wäre im Gesetz meines Erachtens ausdrücklich festzuschreiben, dass das Melden und das Unterlassen einer Meldung nie zu einer straf- oder zivilrechtlichen Haftung eines Arztes, Psychotherapeuten und Psychologen führen kann. Die Regierung schreibt dazu im Bericht und Antrag, auf Seite 37 unten, dass ohnedies jegliche Haftung ausgeschlossen sei. Zur Klarstellung für die Berufsgruppe der Ärzte, Psychologen und Psychotherapeuten bitte ich die Regierung, die folgende Formulierung zu prüfen und gegebenenfalls aufzunehmen: «Wer eine Meldung erstattet oder es unterlässt, eine Meldung zu erstatten, obwohl er melden dürfte, ist in jedem Fall von jeglicher zivil- und strafrechtlicher Verantwortung befreit.» Ich wäre der Regierung dankbar, wenn sie diese Formulierung prüfen könnte. Eintreten ist für mich unbestritten. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Christoph Beck
Besten Dank, Herr Präsident. Um es vorwegzunehmen, ich bin ganz klar für Eintreten auf diese Vorlage und bedanke mich beim Regierungsvizechef für die Ausarbeitung des Berichts und Antrags. Das Problem ist eigentlich auf Seite 10 gut beschrieben, ich zitiere: «Bislang beschäftigen sich mehrere Institutionen gleichzeitig mit Anträgen, Beschwerden oder sonstigen Ersuchen eventuell querulatorisch veranlagter Personen, ohne dass jedoch der Überblick über die Gesamtsituation der einzelnen Fälle gewahrt wird. So wissen die beteiligten Stellen in der Regel etwa nichts davon, wenn eine als aggressiv geltende Person aufgrund ihrer Lebensumstände oder infolge von ungerecht empfundenen Behördenentscheidungen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt. Insofern setzen sich diese Einrichtungen und die beteiligten Personen zwangsläufig einem Risiko aus, wenn sie mit einem solchen potenziellen Gefährder persönlich in Kontakt treten.» Hier steht auch nicht drin, dass es um einen oder zwei mögliche Fälle der letzten Jahre geht. Ich bin überzeugt, es gibt da mehrere; die, die wir wissen, kamen halt ans Licht, da ist etwas passiert, da war es anscheinend zu spät. Es schlummern aber sicher im Land noch mehrere, wo man genauer hinschauen müsste. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass ich mindestens mit zwei auch schon Bekanntschaft gemacht habe, die hier aber nicht Gegenstand der Debatte waren. Für mich ist dann auch wichtig, wie es auf Seite 21 ausgeführt wird: «Für ein wirksames Bedrohungsmanagement ist ein direkter und unverzüglicher Informationsfluss zur Polizei unerlässlich.» Anders wird es nicht gehen. Klar ist auch, auf Seite 30 wird dann beschrieben, dass nicht jeder, der gemeldet wird, auch gleich als Verdächtiger oder als Täter infrage kommt, sondern dass die untersucht werden müssen, dass sie angeschaut werden müssen. Es ist klar, da kann man natürlich schon auch sagen, es braucht einen Übermenschen, der so etwas beurteilen kann. Da kann ich mit dem Vergleich mit den Anwälten kommen. Da verstehe ich auch nicht immer die Entscheidungen. Aber irgendwer muss das beurteilen. Und mir ist immer noch wichtiger, wenn die Beurteilung auch kritisch erfolgt. Kritisch in dem Sinn, dass den poten-ziellen Opfern geholfen wird und nicht den potenziellen Tätern im Vornherein schon jede Gefahr abgesprochen wird.
Dann komme ich zum Votum des Abg. Elkuch: Mir stellt sich da einfach die Frage: Wer ist hier Betroffener - der potenzielle Täter, und die gibt es definitiv auch, oder die potenziellen Opfer? Wenn der potenzielle Täter das Problem für uns ist, dann haben wir ein Problem mit denjenigen, wenn irgendwann einmal etwas passiert, jeder hätte das gewusst, jeder hat hingeschaut und keiner hat etwas gemacht. Das sind dann die Vorwürfe, die sich die Politik dann gefallen lassen muss. Und das ist für mich weitaus schlimmer, wenn irgendetwas passiert: Man hätte es ja wissen können, wenn man ein bisschen hingeschaut hätte. Und dann kommen auch die Ressourcen bei der Polizei wieder zum Tragen. Kann es sein, dass jeder hier drinnen sagt, es hat zu wenig Ressourcen bei der Polizei? Aber das Ganze ist sowieso Blödsinn. Also wenn es zu wenig Ressourcen bei der Polizei hat für das, dann müssen wir erhöhen. Aber es geht nicht, dass wir sagen, wir können es aus dem Grund nicht machen. Das funktioniert definitiv nicht. Ich jedenfalls, falls wieder einmal etwas passiert - und es wird wieder was passieren, das liegt in der Natur der Sache, im Kleinstaat nicht so viel, aber das gibt es sicher, wie ganz am Anfang auch gesagt, erhebliche Fälle von potenziellen Tätern oder die es werden könnten, wenn man ihnen nicht frühzeitig hilft. Vielleicht kann man auch mit einem frühzeitigen Ansatz den Leuten helfen, dann werden sie gar nie zu Tätern. Was noch viel besser ist: Wenn man es aufdeckt. Es ist logisch, dass man nie alles verhindern kann. Aber das, was wir verhindern könnten, sollten wir eventuell zu verhindern versuchen und nicht dann die Faust im Sack machen: Ja, vor vier Jahren waren wird zu blöd, das umzusetzen, jetzt sind wir halt selbst schuld. Das ist zu den Einzelfällen, die Elfried Hasler angeführt hat. Da ist mir wirklich jeder Fall es wert, genau überprüft zu werden, auch wenn sie noch so wenige sind. Das kann nicht die Ausrede sein, um sich hier gegen diese Vorlage auszusprechen. Ob es Verbesserungspotenzial gibt oder nicht gibt, das weiss ich nicht. Ich glaube nicht, dass wir einen Übermenschen anstellen müssen. Das werden die Experten schon gewusst haben, die diesen Bericht und Antrag ausgestellt haben, was für ein Profil so eine Stelle hat.Ganz klar für mich auch: die Kann-Bestimmung bei den Ärzten. Es muss möglich sein, dass ein Arzt etwas weitergeben kann, wenn er eine Bedrohung für andere, anderen gegenüber sieht. Wenn er das nicht darf, ja, dann nimmt mich wunder, wie er das mit seinem Gewissen vereinbaren wird, wenn er es nicht sowieso tut. Ob er es dann darf oder nicht darf, das ist eigentlich ganz egal. Er wird sowieso Mittel und Wege finden, um das den Behörden mitzuteilen. Nur wird es dann halt auch erlaubt sein. Beim Suizid, da gebe ich dem Herrn Hasler recht: Der Suizid muss nicht hier drinnen aufgeführt sein. Das ist keine Gefährdung Dritter, das ist etwas anderes. Das kann man wirklich herauslassen. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Alois Beck
Ja, es ist hier eine Vorlage, die natürlich nicht so einfach einzuordnen ist. Es ist eine Gratwanderung zwischen Persönlichkeitsschutz und Gefahrenvorsorge respektive Gefährdungspotenzial. Wir haben es mit der Abwägung von verschiedenen Rechtsgütern zu tun und eine solche Abwägung gestaltet sich naturgemäss nicht immer so einfach. Ich möchte nicht alle Fragen nochmals wiederholen, aber das mit dem Berufsgeheimnis der Ärzte scheint mir schon noch überlegenswert. Zumindest ich teile nicht ganz die Auffassung der Regierung, wenn es auf Seite 35 heisst, das ist ja eine Kann-Bestimmung, es ist ja lediglich, sage ich jetzt einmal, ein Recht und keine Pflicht, so zu handeln, und somit werde die ärztliche Schweigepflicht auch nicht aufgehoben. Das sehe ich anders. Es ist eine Schweigepflicht, auch wenn es eine Kann-Bestimmung ist. Also wenn ein Arzt die Möglichkeit hat, eine Meldung zu machen, dann ist das, wenn er das macht, natürlich dann quasi eine Aufhebung des Berufsgeheimnisses, zumindest eine Aufweichung. Ob man das nun gut oder schlecht findet, sinnvoll oder nicht sinnvoll, das ist einmal eine andere Frage. Aber man kann meiner Meinung nach nicht argumentieren, es sei ja bloss eine Kann-Bestimmung. Er hat ja faktisch dann die Möglichkeit, sich zu entscheiden, ob er Meldung erstattet oder nicht. Und bei einer Schweigepflicht, bei einem Berufsgeheimnis, hat er diese Möglichkeit insofern nicht. Und diese Frage zieht sich auch weiter. Wenn ich die Argumente von Thomas Vogt höre wegen des Haftungsausschlusses, dann gibt es zusätzliche Fragen: Kann jemand für etwas haftbar gemacht werden, wo er eine Meldung machen kann, aber nicht muss? Kann man jemanden dann einmal bestrafen oder dafür haftbar machen, wenn er etwas tut oder unterlässt, für das er nicht verpflichtet ist? Hier ergeben sich doch einige grundsätzliche Fragen, und ich bitte die Regierung, dies nochmals eingehend zu prüfen. Kann jemand beispielsweise für eine nicht gemachte Meldung dann verantwortlich gemacht werden, wenn er dazu ja nicht verpflichtet war? Dann auch die Frage, es wurde in der Vernehmlassung aufgezeigt: die ärztliche Schweigepflicht quasi im Gegensatz zu anderen wie bei den Rechtsanwälten. Auch hier ersuche ich dann die Regierung, noch klarer herauszuschälen, warum die eine Kategorie so behandelt wird und die andere eben anders. Hier stellen sich meiner Meinung nach schon grundsätzliche Fragen, die noch einer Klärung bedürfen. Die Gesetzgebung oder das Vorhaben verfolgt einen guten Zweck. Wir müssen einfach schauen, dass wir diesen guten Zweck auch in gute Bahnen bringen. Das ist so mein Anliegen. Vielen Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Nachdem wir schon etliche Voten gehört haben und auch noch etliche ausstehend sind, wünscht die Regierung zwischendurch das Wort. Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Vielen Dank, Herr Präsident, dass die Regierung die Gelegenheit erhält, nach einer längeren ersten Runde einzelne Punkte bereits einmal aus ihrer Sicht darzulegen. Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete. Wenn von der Einführung eines Bedrohungsmanagements die Rede ist, dann wirft das sicher viele Fragen auf. Das haben wir in der Eintretensdebatte bis zu diesem Punkt bereits gesehen. Brauchen wir in Liechtenstein ein professionelles Bedrohungsmanagement? Werden wir mit ein paar schwierigen Personen nicht auch anders fertig? Was nützt uns ein solches Bedrohungsmanagement? Und ist dies für unser kleines Land überhaupt verhältnismässig oder handelt es sich vielleicht vielmehr um eine Form von Aktionismus - Anlassgesetzgebung wurde erwähnt - oder eine Entwicklung hin zu einem sogenannten Polizeistaat? Diese Fragen sind berechtigt. Diese Fragen müssen diskutiert werden. Und ich möchte daher nochmals kurz die Beweggründe und Eckpunkte der Vorlage erläutern, bevor ich auf Ihre Fragen und Anmerkungen in der ersten Runde gerne eingehe. Schwere Gewalttaten sind leider eine Realität und solche Taten können sich auch in Liechtenstein jederzeit ereignen beziehungsweise haben sich in der Vergangenheit auch schon ereignet - letztmals durch das erwähnte Tötungsdelikt in Balzers im April 2014. Die Regierung hat dann auch dieses Ereignis zum Anlass genommen, um in verschiedenen Bereichen Massnahmen zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit zu prüfen beziehungsweise zu prüfen, wie wir künftig besser mit Personen umgehen können, die durch bedrohliches Verhalten gegenüber Behörden, einzelnen Berufsgruppen oder auch exponierten Privatpersonen auffallen. Solche Verhaltensweisen geben Anlass zur Sorge und beschäftigen die betroffenen Stellen intensiv; und ich kann Ihnen, Herr Abg. Hasler, hier schon an dieser Stelle klar sagen: Es geht hier nicht um zwei Fälle, es geht hier um sehr, sehr viele Fälle, auch proportional zur Grösse unseres Landes gesehen. Diese Fälle enden Gott sei Dank nicht regelmässig in einer Tat wie in Balzers. Aber ich kann Ihnen nur schon aus meinem Ministerium berichten, dass ich im Verlauf des letzten Jahres, der letzten zwölf Monate, mindestens ein bis zwei Fälle hatte, wo konkrete Morddrohungen an Mitarbeiter von Amtsstellen ausgesprochen wurden. Das betraf nur mein Ministerium. Und ich glaube, auch andere Ministerien haben ähnliche Erfahrungen von anderen Stellen. Ich kann hier nicht alles aufzählen. Ich glaube, es geht hier nicht nur um einzelne eskalierte Taten, die dann wirklich medienwirksam auch bekannt sind, sondern es passiert eben sehr viel. Das kann Ihnen sicher auch mein Kollege, Gesellschaftsminister Pedrazzini, bestätigen. Auch er hat einige Amtsstellen, die sehr häufig mit solchen Problemen konfrontiert sind. Also es ist eine Thematik, die uns sehr intensiv beschäftigt, zumindest in der Landesverwaltung. Ich habe vom Vorsteher von Triesenberg vernommen heute, dass auch die Gemeinden offensichtlich mit solchen Problemen konfrontiert sind. Das sind jetzt nur Landesverwaltung und Gemeinden. Von anderen Institutionen kann ich jetzt hier nicht berichten. Also ich glaube, das Problem ist auf dem Tisch und das Problem sollte angegangen werden. Es besteht nach Auffassung der Regierung eben Handlungsbedarf. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Thematik hat gezeigt, dass es in Liechtenstein an einer zentralen Anlaufstelle für bedrohte und gefährdete Personen und Institutionen fehlt. Der Landespolizei, das wurde erwähnt, stehen zwar heute schon gewisse Mittel zur Verfügung, um bei bedrohlichem Verhalten einer Person zu intervenieren. Allerdings erfolgt heute keine systematische Gefahreneinschätzung und keine koordinierte Fallbearbeitung. Das scheitert heute an einer entsprechenden Rechtsgrundlage, und verschiedene Stellen dürfen aus rechtlichen Gründen teilweise nicht miteinander sprechen, weil eben diese Rechtsgrundlage für eine Koordination nicht gegeben ist. Und genau dies soll mit der Einführung des Bedrohungsmanagements erreicht werden, indem der Fokus verstärkt auf die Gewaltprävention gerichtet wird. Früherkennung und vorausschauendes Handeln sind in diesem Zusammenhang eben wichtig. Denn fast immer stellt sich bei einem schweren Gewaltdelikt im Nachhinein heraus, dass erkennbare Warnsignale vorhanden waren und entsprechende Massnahmen hätten ergriffen werden können, wenn den involvierten Stellen die relevanten Informationen des direkten Umfelds der Person oder der medizinischen Fachpersonen oder der betroffenen Behörden koordiniert bekannt gewesen wären. Aus diesem Grund schlägt die Regierung hier eben vor, in Liechtenstein ein Bedrohungsmanagement nach Vorbild des Kantons Solothurn einzuführen. Dem Kanton Solothurn kommt in diesem Bereich eine Vorreiterrolle zu. Aber auch andere Schweizer Kantone, zum Beispiel Zürich, kennen ein solches System und haben damit bereits sehr gute Erfahrungen gemacht. Die entsprechende Medienberichterstattung in der Schweiz haben Sie sicher auch verfolgt.Ziel ist es, Risikopotenzial möglichst frühzeitig zu erkennen und die im konkreten Fall geeigneten Massnahmen zu ergreifen, damit es eben nicht zur Eskalation der Situation kommt. Kernpunkt der Vorlage ist deshalb die Schaffung einer Fachstelle bei der Landespolizei, welche die Informationen zusammenträgt, auswertet und die erforderlichen Massnahmen koordiniert. Die Fachstelle kann aber beispielsweise auch Verhaltensempfehlungen abgeben, Hilfe vermitteln oder beratend tätig sein. Die Fachstelle ist aber ganz klar keine Therapieeinrichtung. Das Bedrohungsmanagement basiert somit auf der Zusammenarbeit verschiedener Institutionen und Fachrichtungen. Es liegt nicht alles an dieser Fachstelle, sondern die Fachstelle soll zentral die verschiedenen Institutionen, die heute schon bestehen, miteinander vernetzen und den Informationsfluss, gestützt auf eine saubere Rechtsgrundlage, ermöglichen und verbessern. Beim Bedrohungsmanagement geht es nicht um Vorverurteilungen oder darum, wahllos möglichst viele Informationen zu sammeln, sondern im Vordergrund stehen die Verhinderung von Gewalttaten und der Schutz derjenigen Personen, die bedrohlichen Verhaltensweisen ausgesetzt sind. Prävention hat natürlich dabei stets im rechtsstaatlichen Rahmen zu erfolgen. Das heisst, die Mittel, die der Polizei in diesem Bereich zur Verfügung stehen und durch die unter Umständen in die Grundrechte der betroffenen Personen eingegriffen wird, sind entsprechend dem Gebot der Verhältnismässigkeit massvoll und einzelfallbezogen einzusetzen. Ein weiterer zentraler Bestandteil der Vorlage ist die Einführung eines Melderechts für Behörden und Gerichte sowie bestimmte Berufsgruppen des Gesundheitswesens. Ich gehe auf Ihre konkreten Fragen dazu noch ein. Dieser Punkt wurde in der Vernehmlassung insbesondere von der Ärztekammer stark kritisiert. Analog zur Rechtslage im Kanton Solothurn wird aber keine Pflicht auferlegt, sondern es wird durch die Einführung einer Kann-Bestimmung für bestimmte Berufsgruppen, die einer gesetzlichen Schweigepflicht unterliegen, eine weitere Möglichkeit zur präventiven Intervention vorgesehen. Denn diese Berufsgruppen verfügen oftmals über Informationen, die auf eine Gewaltbereitschaft Betroffener schliessen lassen. Die Verhütung von Straftaten kann nach Ansicht der Regierung verbessert werden, wenn auch Ärzte und andere Berufsgruppen des Gesundheitswesens Gefährdungsmeldungen erstatten dürfen, ohne dass diese Personen sich dadurch dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen. Wie erwähnt handelt es sich um ein Recht und keine Pflicht, sodass das Berufsgeheimnis auch nicht aufgehoben wird. Im Sinne einer Ergänzung der bestehenden Möglichkeiten kann im konkreten Anlassfall gerade die Erstattung einer Gefährdungsmeldung das probate Mittel zur Entschärfung der Situation sein. Letztlich liegt die Entscheidung jedoch im pflichtgemässen Ermessen des Arztes oder Therapeuten, ob und in welchen Fällen er von seinem Recht Gebrauch macht und eine Meldung erstattet oder eben nicht. Wie entsprechende Abklärungen gezeigt haben, hat der Kanton Solothurn - gerade bei den Gesundheitsberufen - überaus positive Erfahrungen mit diesem Melderecht gemacht. Das Melderecht wird von den Betroffenen, insbesondere den Ärzten und Hausärzten, nicht als Last empfunden, sondern als zusätzliche Hilfestellung und Ausweitung der Handlungsfreiheit des Arztes oder Therapeuten wahrgenommen, da irgendwann eine Grenze erreicht werden kann, wo der Arzt oder Therapeut froh ist, wenn er die Verantwortung durch eine entsprechende Meldung teilen kann. Nicht zuletzt soll mit dem Bedrohungsmanagement aber auch die Eigenverantwortung der Bürger gestärkt werden, indem die Gesellschaft gefordert ist, aufmerksam zu sein und bewusst hinzuschauen, um Signale, die auf ein bedrohliches Verhalten hinweisen, zu erkennen. Die Regierung ist sich bewusst, dass schwere Gewalttaten auch mit einem funktionierenden Bedrohungsmanagement nie gänzlich ausgeschlossen oder verhindert werden können. Auch sind Erfolge in diesem Bereich praktisch kaum messbar - Erfolge. Misserfolge hingegen schon. Ein präventiver Ansatz, wie er mit dem Bedrohungsmanagement verfolgt wird, kann jedoch den betroffenen Personen und Institutionen helfen, besser mit konkreten Bedrohungssituationen umzugehen, wodurch automatisch auch das Sicherheitsgefühl verstärkt wird.Und damit gehe ich auf die Voten, die bisher gehalten wurden, gerne ein. Ich beginne mit der Abg. Karin Rüdisser. Ich danke Ihnen, Frau Abg. Rüdisser, für Ihr Votum. Sie sprechen mir in vielen Punkten aus dem Herzen. Ein Punkt hat mich ein bisschen gestochen, als Sie gesagt haben: Schweigen in Liechtenstein zur Personalsituation bei der Landespolizei. Das, denke ich, kann ich schon widerlegen und das kann man auch widerlegen, wenn man die Landtagsprotokolle anschaut. Ich als Innenminister habe bereits in diesem Kreise hier mehrfach betont, dass ich der Auffassung bin, dass der Personalbestand der Landespolizei nicht genügt und dass hier aufgestockt werden muss. Ich wurde hier, glaube ich, von einzelnen Abgeordneten aller Fraktionen dahingehend auch unterstützt. Ich denke, daher kann man nicht davon sprechen, dass es bis jetzt verschwiegen wurde. Es ist einfach noch zu wenig passiert. Das ist auch der Grund, weshalb im Jahr 2017/18 eine neue Personaleinschätzung gemacht werden soll durch die Landespolizei. Das ist ja auch im Bericht und Antrag erwähnt. Das ist auch der Grund, warum wir mit dieser Aufstockung noch zugewartet haben, weil sowieso die gesamte Personalsituation der Landespolizei und der Bedarf für Aufstockung sauber evaluiert werden soll und eine neue Personalplanung für die kommenden Jahre erstellt werden soll. Und da fliesst natürlich dieses Bedrohungsmanagement mit ein. Das heisst, es ist für mich auch klar, dass eben eine Einführung des Bedrohungsmanagements bei der Landespolizei personelle Konsequenzen haben wird. Es ist einfach in der Regierung so, dass diese Vorlage die Regierung nicht passiert hätte, wenn ich sofort eine umgehende Aufstockung beantragt hätte, sondern in der Regierung habe ich klar die Botschaft mitbekommen: Angesichts der Sanierung des Staatshaushalts als oberste Priorität in dieser Periode war zu warten auf diese Personalplanung der Landespolizei für die kommenden Jahre. Dort soll das miteinfliessen. Daher diese Kompromisslösung. Für mich ist klar, es braucht zusätzliche personelle Ressourcen - nicht nur für das Bedrohungsmanagement, die Landespolizei ist auch sonst unter dem Sollbestand der geltenden Personalplanung. Und ich glaube, darum kann man dieses Schweigen auch etwas relativieren. Es ist einfach noch zu wenig passiert dahingehend, aber ich bin optimistisch, dass hier ein grosser Konsens besteht, dass hier nicht gespart werden kann und die Landespolizei diese personellen Ressourcen eben auch benötigt.Dann zur ganzen Frage rund um den Suizid: Ich glaube, wenn Sie den Gesetzestext genau lesen, sehen Sie: gegen Dritte gerichtete Gewaltdrohung. Und gegen Dritte heisst eben: Suizid mit erweiterter Gewaltandrohung. Das heisst, wenn jemand einen Suizid andeutet und andeutet, dass er gleichzeitig im Sinne eines Amoklaufs weitere Personen mitnehmen will sozusagen, dann ist das eben nicht ein reiner Suizid, sondern auch gegen Dritte wird Gewalt angedroht. In diesen Fällen soll eben auch eine Meldung möglich sein. Bei einem reinen Suizid, bei einer reinen Eigengefährdung, hingegen nicht. Dafür fehlt dann auch die Rechtsgrundlage, das ist aus dieser Gesetzesvorlage klar. Die zwei Worte «gegen Dritte» bedeuten: Bei einer reinen Suiziddrohung oder Ankündigung ist eben das Melderecht nicht gegeben, die ärztliche Schweigepflicht ist weiterhin gegeben. Das, denke ich, ist eine wichtige Präzisierung. Dann haben Sie das Profil der Fachperson angesprochen. So wie Sie das beschrieben haben, Frau Rüdisser, könnte man meinen, Sie haben schon eine bestimmte Person im Kopf, weil Sie das so präzise beschrieben haben. Natürlich gibt es unterschiedliche Meinungen. Im Kanton Solothurn war der Ansatz klar, man geht über die Polizei, man nimmt Polizisten mit dem entsprechenden Profil und bildet die weiter aus, es sind aber weiterhin quasi Polizisten mit Zusatzausbildung, die dieses Bedrohungsmanagement wahrnehmen. Hier in Liechtenstein ist die Diskussion noch nicht beendet. Es gibt unterschiedliche Meinungen. Es gibt die Meinung, die sagt, jawohl, wir sollten auch bei uns Polizisten wählen und die weiterbilden, damit eben dieser Polizeiansatz, damit auch diese Autoritätswirkung durch einen Polizisten entsprechend erfolgt. Das ist eine Meinung. Es gibt aber auch die Meinung, und ich kann dem auch viel abgewinnen, dass eben die psychologisch-psychiatrische Fachkenntnis die entscheidende Grösse ist und dass die polizeiliche Zusatzausbildung dann eben auch reichen kann. Dieser Entscheid ist noch nicht gefallen. Ich nehme Ihr Votum für die Fokusierung auf Psychologen natürlich zur Kenntnis. Wir werden die entsprechenden Diskussionen, sofern der Landtag dieses Gesetz dann beschliesst, auch abschliessen. Zum Abg. Eugen Nägele: Das Zitat mit dem Fahrgestell zur Landung habe ich, denke ich, schon beantwortet. Ich bin mit Ihnen einig, diese Fachstelle muss genügend Ressourcen bekommen. Das habe ich bereits klargemacht. Ich denke aber auch, dass vielleicht hier ein Missverständnis vorliegt. Es geht nicht darum, dass in Zukunft alle Probleme, alle Fragen durch diese Fachstelle bearbeitet werden müssen. Es geht hier vor allem um die Koordination, um die zentrale Einlaufstelle. Aber natürlich ist hier ein «team approach» weiterhin gefragt. Das heisst, es werden weiterhin das Amt für Soziale Dienste, die Polizei, vielleicht auch Stellen vom Landgericht, vielleicht weitere externe Stellen wie psychiatrische Dienste etc. mit dabei sein und die Probleme zusammen angehen. Diese Fachstelle kann nicht alles umfassend selber lösen. Dann würde eine Person nicht reichen. Es geht hier wirklich um die Koordination, um das Zusammenführen der verschiedenen Informationen, und ich denke, das kann man mit einer Person für den Anfang sicher bewältigen. Es geht darum, dass wir die entsprechenden Rechtsgrundlagen schaffen, dass diese Person eben mit allen Stellen sprechen darf und die Informationen eben auch zusammenführen darf. Aber sie muss nicht alles selbst tun. Das ist, denke ich, eine wichtige Präzisierung. Sie haben erwähnt, Herr Abg. Nägele, dass Sie die Abweichung von Solothurn, von dieser Lösung mit der hohen Gewaltbereitschaft, stört, dass Sie das gerne analog zur Solothurner Lösung gelöst hätten. Dazu ist eben wichtig zu wissen, mit diesem Ansatz mit der hohen Gewaltbereitschaft haben Sie richtigerweise erwähnt, dass dann klare Kriterien gegeben sein müssen. Und klare Kriterien muss man dann auch prüfen. Und um diese zu prüfen, braucht es quasi eine Beurteilung. Und das kann sehr schnell zu einer Vorverurteilung führen. Und deshalb ist die Auffassung hier in Liechtenstein bei unserem Lösungsansatz, dass wir eben nicht eine hohe Gewaltbereitschaft fordern möchten, sondern einfach eine erkennbare Gewaltbereitschaft, damit sie niederschwellig bereits intervenieren können, auch Gespräche führen können, deeskalierend eingreifen können und auch keine Vorverurteilung passieren soll - in dem Sinne, dass schon ein Kriterienkatalog abgecheckt werden muss, nach dem Motto: Wenn die Kriterien alle erfüllt sind, dann ist offensichtlich eine hohe Gewaltbereitschaft da. Das wäre dann schon fast eine Beurteilung, dass dieser Mensch tatsächlich eine hohe Gewaltbereitschaft hat. Ich bin der Meinung, dass in der Praxis der Unterschied zwischen der Solothurner und der Liechtensteiner Lösung nicht so gross sein wird. Ich denke, auch im Kanton Solothurn, das haben unsere Gespräche gezeigt, ist es sehr schwierig, diese hohe Gewaltbereitschaft zu identifizieren. Wir wollen einfach keiner Vorverurteilung Vorschub leisten, deshalb betonen wir diesen deeskalierenden und sehr präventiven Ansatz und möchten hier die hohe Gewaltbereitschaft nicht als Kriterium drin haben. Das führt aus unserer Sicht zu Problemen, die wir nicht möchten. Dann zur Aufweichung der Schweigepflicht: Sie haben das auch noch einmal erwähnt, dass Sie das sehr kritisch sehen. Ich habe Ihnen bereits dazu etwas gesagt. Und ich kann Ihnen dazu vielleicht noch mehr ausführen, indem wir auch hier berichten, was die Gespräche mit Solothurn, mit der Ärztekammer, zutage gebracht haben. Wir haben hier Gespräche geführt und die Ärztekammer beziehungsweise ein Vertreter der Ärztekammer, der Ärzte in Solothurn, hat das völlig anders dargestellt. Im Kanton Solothurn werde das Melderecht von den Ärzten nicht als Last empfunden, sondern als Möglichkeit, von der bei Bedarf Gebrauch gemacht werden könne. Das Melderecht führe nachweislich nicht zu einer Einschränkung der Behandlungsmöglichkeiten, sagen die Solothurner Ärzte. Es habe auch noch kein Arzt Patienten deswegen verloren. Die Solothurner sagen auch, dass dieses Melderecht sehr zurückhaltend und sehr vorsichtig verwendet wird bei den Ärzten in Solothurn. In der Praxis seien noch nicht viele Gefährdungsmeldungen vonseiten von Ärzten eingegangen. Es werde aber wahrgenommen, weil dem Arzt in Solothurn eben nichts passieren kann, wenn er es meldet. Es passiert ihm aber auch nichts, wenn er nicht meldet. Ich gehe dann noch zum Votum des Abg. Vogt darauf näher ein. Also die Erfahrungen mit dem Bedrohungsmanagement in Solothurn, mit den Anpassungen Kantonspolizeigesetz seien seitens der Ärzte sehr positiv. Gerade auch die Hausärzte scheinbar begrüssen diese Möglichkeit und sind dankbar, sind aber sehr vorsichtig bei der Anwendung, weil sie dieses Patientengeheimnis hochhalten. Aber diese Möglichkeit, sozusagen dieses Ventil, wird in Solothurn sehr geschätzt. Es ist eine gewisse Überraschung auch zu Tage getreten in den Gesprächen, dass hier in Liechtenstein das so anders beurteilt wird. Die Solothurner Kollegen haben gemeint -, zumindest in den Gesprächen mit uns, mit dem Ministerium -, dass wahrscheinlich nach einer Einführung und nach einer bestimmten Erfahrungszeit auch die Liechtensteiner Ärzte das anders einschätzen würden. Aber natürlich steht es den Solothurner Kollegen nicht an, hier den Liechtensteinern Ratschläge zu erteilen. Aber die Erfahrungen in Solothurn sind sehr positiv und werden von den Ärzten und der Vertretung der Ärzte geschätzt. Und ich denke, das ist eine wichtige und auch eine beruhigende Zusatzinformation.Zum Abg. Herbert Elkuch: Das Stichwort Vorverurteilungen habe ich schon erwähnt. Darauf muss ich glaube ich nicht noch einmal eingehen. Es geht eben mit unserer Lösung genau darum, dass wir keine Vorverurteilungen wollen. Ich sehe dieses Angebot auch als Hilfestellung an diese Personen. Diese Personen, diese potenziellen Gewalttäter, sind in einem Dilemma, sind in einem Konflikt. Die suchen auch Ventile. Die sprechen über ihre Gewaltbereitschaft offensichtlich - sonst gäbe es diese Signale nicht. Und ich denke, die Chance, dass man mit diesen Menschen in einer schwierigen Situation frühzeitig das Gespräch sucht, frühzeitig auch deeskalierend wirkt, kann diese Menschen vielleicht auch vor einer Dummheit bewahren. Insofern sehe ich weniger die Gefahr einer Vorverurteilung, sondern eher die Chance, frühzeitig schlimme Taten zu verhindern und damit auch diesen Personen irgendwo besser zu helfen. Betreffend die Datenspeicherung kann ich Ihnen Folgendes übermitteln: Die Datenhandhabung der Polizei erfolgt gemäss den Artikeln, die es betreffend Datenschutz heute schon gibt. Das sind diese Artikel im Polizeigesetz. Es wird genau gleich gehandhabt wie bei den heutigen Daten. Es ist noch zu erwähnen, dass es sich eben um Daten handelt, die im Rahmen einer vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten im Informationssystem bearbeitet werden. Und diese sind nach Art. 34b Abs. 6 des Polizeigesetzes von den anderen Informationssystemen bei der Polizei getrennt zu führen, womit eine zusätzliche Datensicherheit gegeben ist. Also diese Daten werden nicht generell auf der gleichen Datenbank gespeichert wie andere polizeiliche Daten aufgrund von konkreten Vorfällen oder Taten. Ihre Angst, dass hier an die EU Daten bekannt gegeben werden müssen, kann ich nicht nachvollziehen. Ich weiss jetzt nicht, wie Sie auf diese Mutmassung kommen: aufgrund einer EWR-Richtlinie. Wir sind ja in diesem Bereich, zumindest was Justiz angeht, nicht EWR-rechtlich gebunden. Was Inneres angeht haben Sie recht. Da gibt es natürlich Zusammenarbeit, was Polizeidatenaustausch angeht, Schengen-Informationssystem und so weiter. Aber das sind ja konkrete Täterinformationen. Das sind Informationen zu Personen, die Straftaten begangen haben und gesucht werden, und solche Informationen. Solche präventiven, vorbeugenden Datenbankinformationen, die sind getrennt und die haben mit solchem Datenaustausch, wie Sie vermutlich meinen, nichts zu tun. Also insofern kann ich Sie schon beruhigen. Wir werden aber, weil es doch relativ viele Fragen sind, die Sie aufgeworfen haben, und ich finde diese Fragen auch gut und berechtigt, auf die 2. Lesung auf alle diese Fragen, die Sie gestellt haben, noch einmal kurz eingehen und versuchen, die Antworten dazu zu liefern. Stichwort: Rechtsmittel. Stichwort: Wie kann ich herausfinden, was über mich gespeichert ist? Und so weiter. Das sind gute Fragen, die immer wieder im Zusammenhang mit Datenschutz auftauchen. Wir werden das auf die 2. Lesung gerne auch darstellen, wie diese Fragen zu beantworten sind. Zum Abg. Elfried Hasler habe ich bereits geantwortet, dass ich überzeugt bin, dass es nicht um ein, zwei Fälle geht, sondern eine viel grössere Anzahl. Wir haben hier in der Verwaltung - im Land und auch in den Gemeinden - ganz andere Erfahrungen. Die Spitze des Eisbergs, die Sie erwähnt haben, das ist eben wirklich nur die Spitze des Eisbergs. Wir haben hier in diesem Thema Probleme, die Herausforderungen sind gross und die Verwaltung wird von diesen Problemen auch belastet. Viele Mitarbeiter der Verwaltung, gerade auch Amtsleiter, erhoffen sich einen deutlichen Fortschritt durch die Einführung eines solchen Bedrohungsmanagements, durch eine Koordination der Fälle durch eine Zentrale Stelle. Das ist auch ein grosses Anliegen von verschiedenen Amtsstellen, weil hier wirklich teilweise ganz gravierende Situationen immer wieder auftreten; und hier müssen wir einfach etwas tun, um hier besser zu werden. Und ich glaube, die Beispiele in der Schweiz zeigen es, dass das eben durchaus sinnvoll ist. Zum Abg. Thomas Vogt: Vielen Dank für Ihren konkreten Vorschlag, wie man das verbessern könnte. Ich kann dem einiges abgewinnen. Auch wenn ich persönlich überzeugt bin, als Justizminister gesprochen, dass eben durch die klare Formulierung im Vorschlag hier, dass es eine Kann-Bestimmung ist, dass damit eben keine Haftung und keine strafrechtliche Verantwortung durch eine Unterlassungstat geschehen könnte - ich sehe das nicht so -, gebe ich Ihnen recht, damit die Sicherheit noch grösser wird, dass man das mit einer konkreten Bestimmung noch verbessern könnte, damit es explizit erwähnt ist. Wir werden Ihren Vorschlag gerne prüfen und eventuell dann auch aufnehmen. Zum Abg. Alois Beck: Vielleicht noch ein Punkt, den Sie erwähnt haben, diese Unterscheidung zwischen Rechtsanwälten und Ärzten. Wir werden das gerne auf die 2. Lesung auch noch genauer darstellen, wieso eben hier eine andere Handhabung, eine leicht andere Handhabung. Es ist erwähnt, dass auch bei den Rechtsanwälten bestimmte Möglichkeiten heute gegeben sind. Wo hier die Unterschiede liegen, werde ich gerne auf die 2. Lesung genauer darstellen. Damit hoffe ich, dass ich die erste Runde abgedeckt habe, und bin gespannt auf Ihren weiteren Input. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Erich Hasler
Herr Präsident, vielen Dank für das Wort. Dem Regierungschef-Stellvertreter ebenfalls vielen Dank für seine Ausführungen. Um es vorwegzunehmen, ich persönlich bin gegen Eintreten auf diese Vorlage, und meine Gründe sind wie folgt: Die Vorlage ist nach meiner Ansicht in vielerlei Hinsicht problematisch und schiesst klar übers Ziel hinaus. Gemäss dem geplanten Art. 31 Abs. 1 Bst. a Ziff. 2 Polizeigesetz wäre eine Datenbearbeitung, insbesondere auch von besonders schützenswerten Personendaten, künftig bereits dann möglich, wenn Grund zur Annahme besteht, dass eine gegen Dritte gerichtete Gewaltbereitschaft gegeben ist. Die Kriterien für das Vorliegen einer solchen bleiben aber unerwähnt und liegen letztlich im weiten Ermessensspielraum, der bei der Landespolizei angesiedelten angeblichen Experten. Hier ist also keine Kontrolle durch einen Richter vorgesehen oder möglich. Als mögliches Anwendungsbeispiel hat die Regierung lediglich unterschwellige Drohungen oder Beschimpfungen erwähnt, die nicht klarerweise einen Straftatbestand erfüllen. Sie übersieht dabei aber, dass eine unterschwellige Drohung, die nicht unter einen Straftatbestand des Strafgesetzbuches subsummiert werden kann, strafloses Verhalten darstellt und deshalb einen solch schweren Eingriff in die persönliche Freiheit, wie sie die polizeiliche Datenerfassung und Bearbeitung darstellt, in keiner Weise zu rechtfertigen vermag. Die vorgesehenen Änderungen bergen nach meiner Auffassung ein enormes Missbrauchspotenzial. Behörden oder exponierte Privatpersonen könnten ihnen unangenehme private Prozessgegner als potenziell gefährliche Querulanten anschwärzen und dadurch zum Aufgeben veranlassen. Verschärfend kommt hinzu, dass die Kriterien für das Vorliegen einer potenziellen Gewaltbereitschaft unsicher sind und weiterer Konkretisierung bedürften. Was versteht die Regierung beispielsweise unter aggressivem Verhalten gegenüber den Behörden? Muss ein Bürger in Rechtsstreitigkeiten mit Behörden und exponierten Privatpersonen künftig befürchten, als potenziell gefährlicher Querulant erfasst zu werden, wenn er seine ihm zustehenden Rechte aus Sicht der Experten zu engagiert wahrnimmt? Darüber hinaus reichen nach meiner Auffassung die derzeitigen gesetzlichen Grundlagen vollkommen aus, um potenziellen Gefahrensituation zu begegnen und einen präventiven Schutz vor bedrohlichem Verhalten und gewaltbereiten Personen zu garantieren. Entgegen der Ansicht der Regierung ist eine Datenbearbeitung potenziell gefährlicher Personen nicht erst möglich, wenn sich bereits ein gewaltsamer Übergriff ereignet hat. Denn Art. 31 Abs. 1 lit. a Ziff. 4 Polizeigesetz erlaubt die Bearbeitung persönlicher Daten bereits dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für künftige strafbare Handlungen vorliegen. Wenn ein solches Register besteht und Daten über einzelne Personen gesammelt werden, dann stellt sich die Frage, ob jeder das Recht hat, Auskunft darüber zu erhalten, ob Daten über ihn gesammelt wurden und was der Inhalt dieser Daten ist. Und wer garantiert dann, dass die Auskunft, die er dann erhält, korrekt ist? Und kann ich von einem Richter überprüfen lassen, ob die Auskunft auch der Wahrheit entspricht? Und kann sich ein Einzelner gegen Einträge zur Wehr setzen? Es muss ja nicht sein, dass der Beamte, der vielleicht angeblich bedroht wurde, die Wahrheit sagt, und das kann zu einem Eintrag führen, der dann eben als Anlass quasi für eine Überwachung eines einzelnen Bürgers herangezogen wird. Das Verhältnis zwischen Bürger und Behörden sollte geprägt sein von gegenseitigem Respekt. Jede Form von Gewalt ist strikt abzulehnen. Es ist aber höchst bedenklich, wenn Ansätze eines Überwachungsstaates geschaffen und straflose Verhaltensweisen kriminalisiert werden. Ebenso bedenklich ist es, zum Zweck der polizeilichen Informationsbeschaffung ein Klima der Denunziation und des Misstrauens zu etablieren. Nach meiner Auffassung ist die heutige Gesetzeslage bereits ausreichend, um den angeblichen Gefahren begegnen zu können. Weil einzelne Kantone in der Schweiz ein Gesetz zum Bedrohungsmanagement eingeführt haben, muss Liechtenstein nicht zwangsläufig diesem einzelnen Beispiel folgen. Darüber hinaus haben wir ja gesehen, dass damit, wie gesagt, einige personelle Konsequenzen einhergehen. Nach meiner Ansicht brauchen wir keinen weiteren Ausbau der Polizei und keinen eigentlichen Überwachungsstaat. Ich bin gegen Eintreten auf diese Vorlage.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Harry Quaderer
Danke, Herr Landtagspräsident. Ja, ich kann mich den Ausführungen des Kollegen Erich Hasler nahtlos anschliessen. Ich habe eine Befürchtung, wohin hier die Reise geht. Die Wörter sind gefallen: Polizei und Überwachungsstaat und Denunziantentum. Lassen Sie mich zwei Sätze zitieren und dann sehen Sie, wohin die Reise gehen könnte. Während in den umliegenden Ländern massive Aufstockungen der Polizei- und Sicherheitsbehörden angedacht seien, sei dies in Liechtenstein bisher nicht thematisiert worden. Diese Diskussion sei im Lichte der derzeitigen Sicherheitslage in Europa jedoch ein längst überfälliger Schritt. - Das muss man sich schon auf der Zunge vergehen lassen: die derzeitige Sicherheitslage in Europa. Sind es denn nicht genau diese Leute, die diese Willkommenskultur an den Tag legen? Und jetzt reden sie von einer Sicherheitslage in Europa. Das ist höchst bedenklich. Um es vorwegzunehmen, ich bin gegen Eintreten, auf jeden Fall. Die personellen Konsequenzen - Herr Regierungschef-Stellvertreter, der Kanton Solothurn hat circa 270'000 Einwohner. Bis dato wurden 200 Personen in Sachen Bedrohungsmanagement in verschiedenen Ämtern und Institutionen im Kanton Solothurn ausgebildet. Also da müssen wir uns nicht vormachen, dass eine Person im Lande Liechtenstein einen Unterschied machen könnte. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich bin sicherlich gegen Gewalt. Gewalt gehört verhindert. Aber wir haben doch schon eine Polizei. Und ich frage mich, hat die Polizei nicht die Mittel, um einen Vollzug zu machen? Ist das Bedrohungsmanagement wirklich das Gelbe vom Ei? Das bezweifle ich ganz einfach im höchsten Grad. Und ich befürchte, ich möchte jetzt nicht ins Detail gehen, dass Denunziantentum in diesem Sinne gefördert wird; und das möchte ich auf jeden Fall vermeiden. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Christine Wohlwend
Vielen Dank, Herr Präsident, für das Wort. Ich glaube, die Meinungen gehen radikal auseinander. Ich persönlich unterstütze diese Vorlage. Ich möchte es gleich vorwegnehmen. Ich verstehe aber die Bedenken einzelner Kritiker, dass wir zu klein seien beziehungsweise auch möglicherweise die Polizei das Know-how nicht hat, was benötigt wird für solche Situationen. Und im Bereich der IT würde man hier klassischerweise von Teil-Outsourcing sprechen, nämlich dann, wenn man selbst die Fachkompetenz hat, aber die Ressourcen nicht. Und ich würde die Regierung auffordern, im Rahmen dieser Ressourcenabschätzung im nächsten Jahr und auch bitte für die 2. Lesung eine Möglichkeit der Kooperation mit bestehenden Stiftungen oder Institutionen abzuklären. Namentlich möchte ich hier das Kriseninterventionsteam nennen. Die Kollegin Rüdisser ist ja zumindest nahe bei Ihnen in den Fraktionssitzungen. Sie können sich da sicher auch inspirieren lassen. Ich muss Ihnen sagen, das Kriseninterventionsteam verfügt ja grundsätzlich einmal über die notwendigen Qualifikationen, eine solche Situation einzuschätzen, und zwar nicht zuletzt deswegen, weil sie nämlich immer dann aufgeboten werden, wenn eine solche Situation eingetroffen ist. Das heisst also, man könnte - zumindest, bis man eine Grössenordnung abschätzen kann - mit einer solchen Institution analog der Familienhilfe auch eine Leistungsvereinbarung treffen. Die könnte zum Beispiel auch befristet sein, bis man selbst wirklich das entsprechende Wissen hat, wie gross die Aufwände sind, wie viele Fälle es tatsächlich gibt und ob es nicht doch Sinn macht, das Ganze innerhalb einer Personalabrechnung der Landespolizei aufzubauen. Und ich denke mal, da gibt es sicher gute Kooperationsmöglichkeiten.Im Hinblick auf das Denunziantentum: Es ist richtig, diese Angst könnte man haben - nur, ich habe es bereits erwähnt, wir sprechen ja in solchen Fällen nicht immer von einer Eins-zu-eins-Bedrohung. Also sprich: Ein, ich sage einmal, potenzieller Gewalttäter oder ein potenzielles Verbrechen, das stattfinden könnte, richtet sich nicht immer eins zu eins gegen eine Person, sondern in solchen Fällen oder in den Fällen, von denen wir jetzt gesprochen haben, geht es um grössere Bedrohungen, es geht um eine grössere Anzahl an Menschen, möglicherweise auch, ich sage einmal, um eine bestimmte Personengruppe, die betroffen sein könnte. Und es ist ja nicht mit dem Tod dieser Personengruppe oder einer Familie oder einer öffentlichen Menschenansammlung getan, sondern damit zusammenhängend sind auch immer die Zurückgebliebenen, die dann auch betreut werden müssen. Also ich glaube, wir sprechen hier eben nicht von dieser Eins-zu-eins-Situation. Somit ziehe ich diese Güterabwägung schon ein wenig auf die Seite der präventiven Arbeit, weil ich denke, wenn so etwas verhindert werden kann, dann sollte es auch getan werden. Im Hinblick auf die Bedenken des Abg. Hasler zum Thema Datenverarbeitung: Es ist natürlich so, dass Sie absolut recht haben. Diese Datenverarbeitung betrifft besonders schützenswerte Daten. Es betrifft Gesundheitsdaten, personenbezogene Daten; und aus diesem Grund gibt es ja auch dann im Jahr 2018, das wird mir der Justizminister bestätigen können, die neue Datenschutzgrundverordnung, die sich genau mit diesen Fragestellungen beschäftigt, die genau auch diese Digitalisierung der Amtsstellen beziehungsweise auch der Öffentlichkeit thematisiert, wo solche Themen - wie das Recht, vergessen zu werden, oder die Zweckbindung der Datenverarbeitung, die Datensparsamkeit und die entsprechend korrekte Anwendung - gerade auch für Justiz und Polizei ausreichend thematisiert werden und sehr, sehr strenge Vorschriften gelten. Und aus diesem Grund bin ich erstens absolut für Eintreten und zweitens wäre ich froh, wenn man, wie gesagt, eine Teil-Outsourcing-Lösung zumindest prüfen könnte, um diesen Anfangsaufwand etwas abzufedern, und dann nach ein paar Jahren Erfahrung diese Erfahrung auch einfliessen lassen könnte in den operativen Polizeibetrieb. Ganz unabhängig davon, ob man die Polizei aufstockt oder nicht. Dies hätte dann im Übrigen, und dann schliesse ich auch mit diesen Ausführungen, den Vorteil, dass man nicht das Gefühl hätte, man denunziert direkt bei der Polizei, sondern man hätte so eine Art psychologische Filterfunktion dazwischen. Vielleicht wäre das auch noch ein emotionaler Mehrwert, der da mitspielt, zumal die Ärzte und natürlich auch das Krankenhaus und die Polizei jetzt schon sehr gut beispielsweise mit einem KIT zusammenarbeiten und auch die Notfallbesetzung 24/7 über die Landespolizei gewährleistet ist. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Christoph Beck
Besten Dank, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren. Ich verstehe nicht, wieso hier immer von Denunzianten gesprochen wird. Es geht doch im Kern darum, dass die Opfer geschützt werden und die Täter nicht zu Tätern werden. Das ist der Kern dieser Vorlage. Und wenn dann noch von Polizeistaat, Überwachungsstaat gesprochen wird, dann nimmt mich einmal Wunder, was Sie für Vertrauen in Behörden haben und in die Leute, die durch die Behörden auch ausgesucht werden, um diese Arbeit zu erledigen. Da muss ein schweres Misstrauen herrschen, dass Sie mit diesen Aussagen auch noch schüren. Es kann doch nicht sein, dass jemand, der genau ein Stellenprofil, wie es hier dargelegt wurde, zur Schaffung dieses Austausches zwischen den Gremien erfüllt, der, wie heisst das hier, Vermittler ist, einem so Angst macht, dass man gleich das Gefühl hat, man ist in einem Überwachungsstaat. Und alle Daten, die man irgendwie dem Staat gibt, werden für irgendeine Überwachung oder sonst irgendetwas benötigt - das kann doch nicht sein. Dann haben Sie eine unglaubliche Angst vor den Leuten, die eigentlich auch über den Landtag und die Regierung angestellt wurden. Sie vertrauen ihnen nicht und schüren das Misstrauen auch noch, was sicher nicht förderlich ist im Sinne der Sache. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Pio Schurti
Vielen Dank, Herr Präsident. Ja, Herr Regierungschef-Stellvertreter, Sie werden noch sehr gut argumentieren müssen, um mich zum Eintreten auf diese Vorlage zu bewegen. Es wurde schon gesagt, zum einen wird hier wieder ein Stück am Staatsapparat angebaut. Es handelt sich eindeutig um einen Ausbau der Bürokratie. Und das steht eigentlich im krassen Gegensatz zu dem, was wir am ersten Tag dieser Session behandelt haben. Der Staat soll grössere Möglichkeiten bekommen, Menschen zu überwachen. Der Persönlichkeitsschutz und die Privatsphäre werden dadurch sicher geschmälert. Äusserst problematisch ist die vorgesehene Aufweichung des Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Arzt, insbesondere Psychologen oder Psychiatern. Wird eine psychisch belastete oder labile Person künftig zögern, einen Psychologen aufzusuchen, um sich zu öffnen, wenn sie befürchtet, dass sie der Psychologe vielleicht falsch einschätzt? Auch Ärzte und Psychologen können sich bekanntlich irren und eine falsche Diagnose stellen. Aufgrund einer falschen Diagnose bei der Polizei gemeldet zu werden - man stelle sich das vor: Eine Fachperson meldet einen Patienten. Das kommt meines Erachtens einer Vorverurteilung gleich. Psychologen sind ja eigentlich Seelsorger. Wollen Sie, Herr Justizminister, vielleicht auch noch das Beichtgeheimnis aufweichen? Was für eine Stellung hätte eigentlich dieses Register potenziell bedrohlicher Menschen? Hätte so ein Eintrag einen Einfluss auf den Leumund? Beziehungsweise was wäre die Stellung eines Eintrags in diesem Register vis-à-vis dem Strafregister? Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie diese Fragen beantworten, auch wenn ich mich dann für Nichteintreten entscheide. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Elfried Hasler
Danke für das Wort. Ich möchte auf die Ausführungen des Regierungschef-Stellvertreters nochmals zurückkommen, wo Sie gesagt haben, dass es eine doch relativ hohe Anzahl von Fällen gibt bei der Landesverwaltung. Ich muss sagen, das hat mich jetzt etwas beunruhigt. Ich kenne mindestens einen grösseren Betrieb auch diesbezüglich sehr gut, der deutlich grösser ist als die Landesverwaltung. Dort war es so, dass wir sehr, sehr selten solche Fälle hatten, vielleicht ein, zwei in zehn, zwanzig Jahren. Da stelle ich mir einfach die Frage: Was kann das für Gründe haben, dass sich das bei der Landesverwaltung so zu massieren scheint? Es gibt eine Erklärung natürlich, dass man die Schwelle für das Vorliegen einer Bedrohung sehr tief ansetzt. Dann habe ich mehr Fälle. Oder aber es gibt andere Gründe. Und es wäre sicher interessant, hier die Gründe herauszuschälen. Wieso ist das so bei der Landesverwaltung? Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Guten Tag, werte Damen und Herren Abgeordnete. Ja, ich denke mir, der vorliegende Bericht und Antrag ist gut gemeint. Aber die Ausführungen des Herrn Vizeregierungschefs machen mich schon mehr als hellhörig. Auf der einen Seite bin ich Ihnen dankbar, wenn Sie sagen, ja, die Personalressourcen bei der Polizei sind unterdotiert. Denn das habe ich heute, zumindest heute Nachmittag, auch hier drinnen wieder anders vernommen. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie das wiederholt haben. Das haben Sie im letzten Landtag gesagt, das haben Sie in einer der letzten Finanzkommissionssitzungen gesagt und heute noch einmal. Jetzt hoffe ich, es haben alle gehört hier drinnen, dass Sie als zuständiger Minister das deutsch und deutlich sagen. Und da kommen wir gerade zur Zusammenfassung: Was ist denn der Kernpunkt dieses Berichts und Antrags? Ich zitiere: «Aus diesem Grund stellt die Schaffung einer entsprechenden Fachstelle einen der Kernpunkte der Vorlage dar.» Schön, schön, schön, das ist der Kernpunkt. Nur, wo ist sie denn geblieben, die liebe Fachstelle? Also da frage ich mich schon. Es wurde auch von verschiedenen Vorrednerinnen und Vorrednern schon thematisiert: Fakt ist einfach, man macht hier wieder das Hintere vor dem Vorderen. Und da haben Sie eben noch etwas sehr Zentrales gesagt. Sie sagten, in dieser Koalitionsregierung hätten Sie diesen Bericht und Antrag nicht durchgebracht, wenn Sie auf die personellen Konsequenzen explizit hingewiesen hätten und wenn Sie zusätzliche Stellenprozente gefordert hätten. Und das macht mich sehr hellhörig. Denken Sie denn wirklich, das wird nächstes Jahr anders sein? Nein, das wird nicht anders werden. Das wird auch im Jahr 2018 nicht anders werden. Und der Heilige Geist wird dieses Gesetz nicht umsetzen. Irgendjemand wird das machen müssen.Da sind wir eben schon noch bei einem Punkt, den bereits der Abg. Eugen Nägele angesprochen hat. Im Kanton Solothurn sprechen wir von einer hohen Gewaltbereitschaft. Wir gehen von einer lediglichen Gewaltbereitschaft aus. Das wird zu mehr Fällen führen. Eine hohe Gewaltbereitschaft ist eine höhere Hürde als lediglich die Gewaltbereitschaft. Das wird noch einmal zu Fällen führen, die hier zu beurteilen sind. Und wie gesagt, ohne entsprechendes Personal wird es nicht gehen. Auch ein Outsourcing wird nicht gratis zu haben sein. Das wird finanzielle Konsequenzen haben. Und ich muss hier den Abg. Pio Schurti schon unterstützen. Irgendwie schliesst sich der Kreis schon in dieser Landtagssitzung. Jetzt haben Sie fünf Stunden über die Leistungsanalyse der Landesverwaltung diskutiert, jetzt kommen Sie mit diesem Bericht und Antrag. Was hat das zu tun mit schlankem Staat, mit Bürokratieabbau? Da wäre ich Ihnen schon noch dankbar, wenn Sie mir das auch noch erläutern können. So geht es natürlich nicht, wenn man im gleichen Landtag zuerst x Stunden debattiert, analysiert und man im Endeffekt zusätzliche Aufgaben beschliesst. So wird der Aufwand nicht reduziert - er wird zunehmen. Das ist der falsche Ansatz nach meinem Dafürhalten.Dann inhaltlich, der Punkt betreffend die Rechtsanwälte. Da machen mich die Ausführungen auf der Seite 9 ein wenig stutzig, gerade im Zusammenhang mit den Ärzten. Zumindest wie ich die Seite 9 interpretiere, besteht auch bereits bei den Rechtsanwälten die Möglichkeit, eine Meldung zu erstatten. Und da sind die Ausführungen auf Seite 9 widersprüchlich. Ich denke mir, gemäss Seite 9 können Rechtsanwälte heute bereits eine Meldung machen. Und das wäre ja bei den Ärzten genau gleich vorgesehen. Da wäre ich Ihnen noch dankbar, wenn Sie das auf die 2. Lesung ausführen könnten. Aber ich denke mir, das haben Sie bereits zum Votum des Abg. Alois Beck auch ausgeführt. Ja, dann die Fälle. Das haben Sie verdankenswerterweise auch klargestellt. Es sind eben nicht nur zwei Fälle, es sind wesentlich mehr Fälle, nicht nur bei der Landesverwaltung, sondern auch bei den Gemeinden. Es dürfte auch noch weitere Fälle im Land geben. Und wie gesagt, diese zusätzlichen Fälle muss irgendjemand ja beurteilen. Ja, da sind wir halt schon beim Punkt, jemand wird das umsetzen müssen in der Praxis. Und Sie wissen es ganz genau, es wird nicht ohne Personal gehen. Wenn Sie dann auf das Jahr 2018 auf diese Leistungsanalyse verweisen, dann gehe ich einmal davon aus, dass das Gesetz frühestens am 1.1.2019 in Kraft treten wird. Oder wollen Sie zuerst ein Gesetz in Kraft setzen, irgendjemand wird es dann schon umsetzen in der Realität - und so geht es nach meinem Dafürhalten eben nicht. Persönlich muss ich Ihnen sagen, ich neige zum Nichteintreten auf diese Vorlage. Und auf die 2. Lesung bin ich ansonsten erfreut, wenn Sie dann auch explizit das Personal, das Sie benötigen, beantragen. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Die Regierung wünscht das Wort. Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident. Ja, ich wollte eigentlich noch ein paar weitere Voten abwarten. Aber das Votum des Abg. Wendelin Lampert strotzt vor Unterstellungen und meines Erachtens auch falschen Aussagen. Das möchte ich sofort replizieren. Da möchte ich nicht warten, sonst kommt das noch im Radio am Ende und wird so ausgesendet. Das kann ich so nicht stehen lassen. Sie sagen, es ist gut gemeint, aber irgendwo schlecht angegangen. Sie haben mir nicht zugehört, Herr Abg. Lampert. Das ist nicht das erste Mal - ich habe mich schon fast daran gewöhnt. Und dann unterstellen Sie mir wieder Aussagen, die ich so nicht getätigt habe. Ich habe gesagt, dass es durchaus verschiedene Möglichkeiten gibt, wie man diese Fachstelle besetzen kann. Und eine Möglichkeit ist, dass man Polizisten, die schon dort sind, nimmt und weiterbildet. Das war genau der Grund, diesen Ansatz als Variante zu wählen, wenn man eben seitens der Regierung und des Landtages die nötigen Ressourcen nicht zur Verfügung stellt. Davon bin ich tief überzeugt, dass dieses Bedrohungsmanagement, diese Koordination bei der Landespolizei, nicht mehr Fälle auslöst, sondern einfach besser mit dieser Problematik umgeht, dass wir das angehen müssen und sollten. Und wenn wir das angehen müssen mit den Ressourcen, die wir heute haben, dann bleibt nur der Ansatz, dass wir mit einem bestehenden Mitarbeiter die entsprechenden Schritte einleiten, damit er diese Funktion zusätzlich übernehmen kann. Das führt zu einer zusätzlichen Belastung der Polizei. Das ist klar. Das will ich nicht. Das habe auch klar zum Ausdruck gebracht. Aber es ist eine Möglichkeit. Und die andere Möglichkeit ist, dass wir eine zusätzliche Person anstellen. Das ist der Ansatz, den die Abg. Rüdisser erwähnt hat, dass wir eben von extern einen Psychologen, einen Spezialisten, beiziehen und die nötigen Zusatzausbildungen in Sachen Polizei zur Verfügung stellen und damit einen weiteren Mitarbeiter haben - das braucht mehr Ressourcen. In der Regierung war die Aussage klar. Ich wollte diese Bedrohungsmanagementsthematik angehen. Ich will dieses Problem nicht länger aussitzen, ich kenne diese Fälle, es sind mehr als zwei Fälle. Diese Fälle sind unangenehm, sie sind für die betroffenen Mitarbeiter unangenehm, sie sind gefährlich und sie brauchen Hilfe. Die Menschen, die betroffen sind, brauchen Hilfe, und zwar Opfer und Täter. Das hat der Abg. Christoph Beck hervorragend dargestellt. Ich möchte handeln. Wenn der Landtag nicht handeln will, nehme ich das zur Kenntnis. Der Landtag sitzt am Drücker. Das ist bei den Finanzen so und das ist bei den Gesetzen so. Ich überlasse es Ihnen. Wenn Sie sagen, das brauchen wir nicht, das ist Überwachungsstaat, das ist Polizeistaat, dann lassen Sie es. Aber ich habe meine Verantwortung wahrgenommen. Ich bin überzeugt, es gibt Probleme, es gibt Menschen, die Hilfe brauchen, wir können hier besser werden. Es gibt deswegen nicht Denunzianten, es gibt deswegen nicht mehr Fälle. Aber es gibt ein besseres Management der Fälle. Vielleicht verhindern wir den einen oder anderen schlimmen Fall. Dann bin ich schon zufrieden. Und dass das eventuell mehr Personal braucht, dann haben wir vielleicht die bessere Lösung - das ist die eine Variante. Man kann es auch mit dem jetzigen Bestand tun, dann haben wir die andere Variante. Der Landtag sitzt am Drücker. Und, Herr Abgeordneter Lampert, wenn Sie mir unterstellen, ich sei nicht konsequent, dann muss ich das zurückweisen. Ich habe in der Leistungsanalyse keinen Pieps gesagt, dass wir nicht eventuell zusätzliche Aufgaben beim Staat haben werden und dann halt auch Personal anstellen müssen. Da haben Sie mir zumindest nicht zugehört. Ich weiss auch nicht, an wen Sie sich gewendet haben vorhin. Das weise ich auf jeden Fall zurück. Es hat mit der Leistungsanalyse hier gar nichts zu tun. Wir haben ein Problem, die Regierung hat das Problem erkannt, will es lösen - wenn der Landtag das nicht will, ist es das Recht des Landtags. Aber bitte werfen Sie mir nicht Dinge vor, die ich nicht gesagt habe und nicht tun will. Das finde ich nicht fair. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Eugen Nägele
Herr Präsident, danke für das Wort. Danke dem Innenminister für die Ausführungen, die mir geholfen haben. Aber es sind trotzdem noch zwei, drei Fragen offen geblieben bei mir. Einmal ist die ganze Frage der Datensicherheit für mich noch nicht ganz klar. Wenn ich die Situation versuche darzustellen, dann sehe ich den Sanitätsnotruf. Da haben wir gesagt, da müssen wir die ankommenden Anrufe auch kanalisieren, weil es dann Anrufe gibt, die vielleicht dazu führen können, dass man polizeiliche Aktionen in Gang setzen muss. Da müsste man jetzt hier Daten auch speziell speichern und dann müsste man noch die regulären Daten speichern. Wenn ich meine Erfahrung mit Datenbanken Revue passieren lasse, dann sehe ich, dass manchmal einfach in einer einzigen Datenbank schon Daten verschwinden oder nicht mehr auftauchen. Also wie soll das jetzt in der Praxis funktionieren, dass wir die Daten, die in einer Leitung zur Polizei kommen, dann in unterschiedlichen Datenbanken abspeichern sollen? Ich kann das noch nicht so richtig nachvollziehen. Das scheint mir ein grosses Problem zu sein. Der Abg. Erich Hasler hat über die Kriterien gesprochen. Er hat damit das gleiche Problem aufgenommen, das ich schon definiert oder auch angesprochen habe: das Problem mit der hohen Gewaltbereitschaft. Hier ist für mich noch nicht ganz klar, warum wir denn nicht mit diesen Kriterien der hohen Gewaltbereitschaft arbeiten können. Ich stelle diese Frage noch einmal, weil ich auch ein bisschen an diese Fachstellenperson denke. Die Verantwortung, die wir an diese Person delegieren, scheint mir unglaublich gross. Diese Person muss zusammentragen. Ganz wichtig: sie muss auswerten, also sie muss diese Informationen beurteilen. Und dann, aus dieser Beurteilung, muss sie Empfehlungen erarbeiten und dann vielleicht noch die entsprechenden Stellen koordinieren. Ich könnte mir einfach vorstellen oder mir ging es so, dass ich froh wäre, wenn da gewisse Kriterien vorhanden wären. Sonst liegt ja die ganze Verantwortung bei dieser einzelnen Person, und das scheint mir eine riesige Verantwortung zu sein, vor allem wenn man bedenkt, und das steht ja auch im Bericht und Antrag so, dass sie die Gesamtsicht haben muss. Das scheint mir für eine Person sehr viel. Ja, das waren die beiden Fragen, die ich noch einmal stellen wollte. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungsrat Mauro Pedrazzini
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Ich möchte von meiner Warte auch noch ein paar Dinge beitragen, die vielleicht das Problem oder das Ausmass des Problems beleuchten. Ich möchte anfangen mit der Frage des Abg. Elfried Hasler, wieso wir denn so viele Fälle hätten bei der Landesverwaltung, was denn anders sei bei der Landesverwaltung. Es gibt einen grossen Unterschied: Die Landesverwaltung hat in einigen Behörden eine Vollzugsfunktion. Zum Beispiel beim Amt für Soziale Dienste müssen wir den Leuten ab und zu die Kinder wegnehmen. Sie können sich vorstellen, dass dort wüste Drohungen ausgesprochen werden. Das sind nicht Menschen, denen es gut geht, die in guten Verhältnissen leben, die ruhig und zielsicher ihr Tagwerk vollenden, sondern das sind Menschen, die meistens schon selbst am Rand ihrer Existenz stehen; und dann kommt auch noch das Amt und nimmt ihnen die Kinder weg. Hier sind wüste Drohungen bis hin zu Morddrohungen eigentlich an der Tagesordnung. Das kann man sagen. Die Leute haben auch immer weniger Hemmungen, solche Dinge zu äussern. Im Affekt ist etwas schnell gesagt, und dann muss man unterscheiden: Ja, was ist jetzt Affekt gewesen und was nicht? Anderes Beispiel: Es gibt Zwangsräumungen, wo Leute aus ihren Behausungen hinaus müssen, und dort wird ebenso mit harten Drohungen um sich geworfen. Und dort sind wir heute eben in einer Situation, wo wir rechtlich relativ wenig Handhabe haben und auch fachlich die Unterstützung nicht immer so ist, wie wir sie gerne hätten. Wenn Sie die Vorlage anschauen, besteht das Gesetz ja an sich nur aus zwei Artikeln, die über Auskunftspflichten gehen; und wie dann die Dinge umgesetzt werden, das ist eine an-dere Sache. Es werden Vorschläge gemacht in den Materialien. Aber ich bitte Sie einfach zu bedenken, dass wir doch mit relativ vielen Bedrohungen in der Landesverwaltung zu tun haben, eben weil wir genau Vollzugsaufgaben vornehmen, wo wir Gesetze durchsetzen müssen. Ich sage nochmals das Beispiel: Kinder wegnehmen. Jemandem die Kinder wegzunehmen, löst eine ungeheuer starke Emotion aus, und mit dem muss man umgehen können. Es gelingt auch den gut ausgebildeten und erfahrenen Leuten beim Amt für Soziale Dienste nicht immer, die Leute so zu beruhigen, dass man sich sozusagen in Freundschaft trennen kann, nachdem die Kinder weggenommen wurden. Das bitte ich Sie einfach zu bedenken.
Zum Abg. Eugen Nägele noch: Welches Instrument haben wir heute? Wir haben heute das Instrument der Zwangseinweisungen bei Fremd- und Selbstgefährdung. Das ist ein Instrument, das man erst nutzen kann und darf, wenn eine Selbst- oder Fremdgefährdung wirklich klar gegeben ist. Das ist das Instrument, das vornehmlich bei Suizidgefährdung angewendet wird. Aber es gibt auch einige Fälle, wo eine Fremdgefährdung vorliegt. Und damit Sie ein Gefühl bekommen: In diesem Land haben wir ungefähr eine Zwangseinweisung pro Woche. Bei gewissen Wetterkonstellationen kann es auch mehr sein. Es ist also keine seltene Sache - in diesem Land haben wir rund eine Zwangseinweisung pro Woche. Also die Fälle, die spektakulären Fälle, die angeblich zu diesen Gesetzen führen - das sind nicht die spektakulären Fälle allein, sondern es ist die tägliche Arbeit in der Landesverwaltung, die eben doch häufiger, als das in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, zu Situationen führt, in denen Mitarbeiter bedroht werden und dann eben auch ein gewisser Druck da ist, zu handeln, wenn man solche Dinge erfährt, und nicht einfach darüber hinwegzusehen und zu sagen: Ja, ja, der tut ja nichts. Das kann es nicht sein. Danke schön. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Christoph Beck
Besten Dank, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren. Ich möchte nochmals auf diese Kann-Bestimmung zurückkommen. Auslöser dafür ist das Votum des Abg. Pio Schurti. Er sagte, stellen Sie sich vor, eine Fachperson meldet jemanden. Das sei dann quasi eine Vorverurteilung. Stellen Sie sich aber vor, die Fachperson möchte jemanden melden, darf es aber nicht, und es passiert etwas. Das ist die viel schlimmere Situation. Deshalb ist für mich diese Kann-Bestimmung ohne jede Frage. Und dann noch etwas anderes: Für mich ist das, wenn man bei so einem sensiblen Thema nur über die Bürokratie oder über Bürokratieabbau spricht, meiner Meinung nach blanker Hohn gegenüber den Opfern und denen, die es werden könnten. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Karin Rüdisser-Quaderer
Danke, Herr Präsident. Ja, ich möchte hier noch eine kurze Replik auf die Kollegin Christine Wohlwend geben. Sie haben hier meine Arbeitsstelle angesprochen. Ich kann natürlich nicht für das KIT sprechen. Ich kann über das KIT sprechen. Und ich kann vielleicht einmal kurz zitieren, was das KIT in der Stellungnahme geschrieben hat. Das ist folgendermassen ... Landtagspräsident Albert Frick
Es darf ein kurzes Zitat sein.Abg. Karin Rüdisser-Quaderer
Ganz kurz, zwei Zeilen, drei? Okay. Ich kürze ab: «Das KIT arbeitet seit bald 20 Jahren sehr eng mit der Landespolizei zusammen, durch sorgfältige Bedrohungsanalysen und in Kooperation mit der Polizei, aber auch anderen Institutionen.» Diese zähle ich jetzt nicht auf. «Wie ASD, Ärzte, Psychotherapeuten wagen wir zu behaupten, dass wir wesentlich dazu beigetragen haben, Gefahren zu minimieren.» Und da haben Sie recht. Aber wir sind natürlich ein Team von zehn Personen und nicht jeder von uns hat diese Fähigkeit, eine Gefährdungseinschätzung zu machen. Zudem braucht es die entsprechenden Tools dazu. Da komme ich gleich zum Abg. Eugen Nägele: Sie haben erwähnt, das muss dann eine absolute Überperson sein, die solche Einschätzungen macht. Das muss eine gut ausgebildete Person sein, polizeilich oder psychologisch gut ausgebildet. Sie hat aber dann auch ein sogenanntes Tool zur Einschätzung. Da kann man die Fragen auch eingeben und das wirft dann auch eine entsprechende Antwort aus, die dann hoffentlich auch zutreffend ist, und das natürlich interdisziplinär abgesprochen mit andern.Dann habe ich noch eine Antwort oder eine Bemerkung zum Abg. Elfried Hasler: Er hat gesagt, er ist sehr verwundert, dass nur auf Amtsstellen solche Drohungen eingehen und nicht bei grösseren Arbeitgebern. Dazu kann ich Ihnen sagen, die Gewalt am Arbeitsplatz ist sehr wohl ein Thema. Das ist die sogenannte «work place violence» und die geht manchmal gegen einen Mitarbeiter, die kann aber auch vom Mitarbeiter gegen die Arbeitsstelle gehen, zum Beispiel nach Kündigung und so weiter und so fort. Je besser diese grossen Organisationen oder Firmen aufgestellt sind, umso präventiver sind sie natürlich da auch tätig, indem sie eben Organisationen wie das KIT oder einen Psychologen beiziehen, wenn es zum Beispiel um bedrohliche Situationen am Arbeitsplatz geht. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Wolfgang Marxer
Ich wollte mich eigentlich in der Eintretensdebatte nicht melden und werde es auch nur einmal tun. Ich muss einfach ein paar Punkte aufgreifen, die gefallen sind. Zuerst, ich möchte mich von all jenen distanzieren, die die Absicht dieser Vorlage diskreditieren mit irgendwelchen Verschwörungstheorien oder Absichten unterstellen oder nur das Missbrauchspotenzial hier sehen und nicht den eigentlichen Kern dieser Vorlage. Zum Zweiten, an den Abg. Lampert, dessen Unmut ich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Ob Personalressourcen zur Verfügung gestellt werden, ist die gleiche Frage wie, ob Investitionen getätigt werden. Der Landtag hat heute die Möglichkeit, Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Der Innenminister nimmt mit dieser Vorlage eine - seine - Verantwortung wahr. Die können wir teilen oder nicht teilen. Nachher liegt es in der Verantwortung des Landtags, ob die Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Ich weiss, es läuft über ein Pauschalbudget, was die Personalressourcen angeht. Es ist nachher nach wie vor eine der Führungsaufgaben der Regierung, diese finanziellen Ressourcen in Manpower umzusetzen und in den einzelnen Amtsstellen einzusetzen. Nur, im Moment scheint das Korsett so eng zu sein, dass es ein Njet zu jeder Stellenerhöhung gibt. Aber das ist die Verantwortung des Landtags und nicht die Verantwortung des Innenministers. Letztes Wort zum Abg. Eugen Nägele: Ich verstehe Ihre Aussagen bezüglich Datensicherheit. Es ist gut, dass Sie das erwähnt haben. Aber das kann kein Grund sein für Eintreten oder Nichteintreten. Das ist nicht ein Kernanliegen dieser Vorlage. Nachher muss das auf die 2. Lesung sicherlich mitbehandelt werden, wie der ganze Datenschutz und Zugriff und all das geklärt wird. Ich würde ein Eintreten auf diese Vorlage nicht von einer solchen Detailfrage abhängig machen. Selbst wenn ich Auskunft darüber erhalten würde, muss ich sagen, ich würde sie gar nicht verstehen, was es impliziert. Ich bin kein EDV/IT-Spezialist. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Helen Konzett Bargetze
Danke, Herr Präsident. Auch noch ganz kurz von meiner Seite zur Opfersicht. Wir haben viele Voten gehört, die nur aus der Tätersicht argumentiert haben, und das hat mich extrem gestört. Wenigstens hätte ich erwartet, dass diese Votanten auch die Opfersicht einnehmen, wenn sie schon die Tätersicht einnehmen. Nicht nur von Denunziantentum sprechen und von Polizeistaat und Überwachungsstaat, sondern sich einmal in die Perspektive der Opfer begeben und vielleicht auch einmal darüber nachdenken, was es aus dieser Sicht heisst. Und da hat mir das Votum des Abg. Christoph Beck sehr gut gefallen, das möchte ich ausdrücklich unterstützen. Dann möchte ich noch kurz auf mein Eintrittsvotum zurückkommen und einfach noch einmal betonen: Aus der Sicht der Freie-Liste-Fraktion ist es zwingend notwendig, dass die nötigen personellen Ressourcen aufgebaut werden. Sonst werden wir die Unterstützung nicht geben. Aber es ist ein bisschen unfair, ich sehe das Dilemma, desjenigen Ministers, der das dann in der Regierung vertreten muss. Ich möchte deshalb auch noch einmal daran erinnern, was uns der Herr Gesellschaftsminister gesagt hat, der ja auch die andere Partei in der Regierung vertritt und der uns doch einige Beispiele genannt hat, die mir sehr plastisch aufzeigen, worum es hier eigentlich geht. Vielen Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Ja, gemäss den Emotionen des Herrn Vizeregierungschefs könnte man meinen, wir wären Welten auseinander. Das sind wir bei Weitem nicht. Ich stelle auch fest, wenn ich Ihnen zuhöre, dass Sie sagen, ich hätte hier sehr viel Unrichtiges erzählt, aber im Prinzip wiederholen Sie grossmehrheitlich meine Aussagen. Da kann ich nur staunen, wenn Sie sagen, dass meine Aussagen nicht korrekt wären, dann waren Ihre anschliessenden auch nicht sehr zutreffend. Zu den Personalressourcen: Man kann hier schon sagen, ja das ist die Kompetenz des Landtages. Aber hier Gesetze auf Vorrat zu machen, und schon im Wissen darum, dass dieses Gesetz dann nicht umgesetzt wird, das wird weder Opfern noch Tätern helfen. Dessen müssen Sie sich einfach bewusst sein. Und ich sage einfach, wer hier A sagt, muss auch B sagen. Und das würde für mich zusammen in diesen Bericht und Antrag gehören, dass man dem Landtag auch die Augen öffnet und sagt, lieber Landtag, das sind die finanziellen und personellen Konsequenzen dieses Berichts und Antrags. Ich habe zur Leistungsanalyse auch nichts gesagt, wie Sie Herr Vizeregierungschef. Ich habe mir nur Gedanken gemacht und gedacht, ich sage dann sicherlich etwas beim Traktandum 26 dazu, was jetzt auch passiert ist. Für mich ist es eben schon ein Punkt: Wenn man sagt, wir müssen die Leistungen analysieren, dann müssen wir uns auch über neue Leistungen unterhalten. Man kann bei jeder Leistung sagen, es wäre schön, wenn wir das auch noch machen. Logischerweise wäre es eine Verbesserung für x Lebensbereiche, aber eine absolute Sicherheit wird es nie geben.Und da komme ich gerade zu einem Punkt, Seite 45, da verweisen Sie ja konkret auf das Tötungsdelikt in Balzers, was sehr tragisch ist. Aber ich gehe davon aus beziehungsweise mein Informationsstand ist, diesem Täter hat die Landespolizei die Waffen schon abgenommen. Und da sehen wir doch genau aufgrund dieses Beispiels, dieser Täter war doch unter Beobachtung, die Waffen wurden ihm abgenommen. Ich gehe davon aus, diesen Fall hätten wir nicht verhindert, wenn wir das auch gehabt hätten. So tragisch, wie es ist, aber das ist doch die Realität - und der müssen wir doch auch in die Augen sehen und nicht hier Gesetze beschliessen und heute schon wissen, es wird nicht gelebt. Ich sage Nein dazu, da bin ich nicht bereit, bei diesem Katz-und-Maus-Spiel spiele ich nicht mit, wenn das andere machen, dann sollen sie es machen, nur bei der nächsten Leistungsanalyse dann bitte auch berücksichtigen. Dann, denke ich mir, hat der Herr Gesellschaftsminister sehr gut aufgezeigt, den Vergleich eben von Leuten, die Gesetze und Verordnungen umsetzen müssen, und anderen. Es gibt eben Mitbürgerinnen und Mitbürger, die keine Freude haben über diese Gesetze und Verordnungen, die wir hier drinnen beschliessen. Und die Damen und Herren, die das dann eben umsetzen müssen in der Praxis, die haben halt schon ein erhöhtes Konfliktpotenzial. Denn sagen Sie einmal einem Bürger: Ja, es tut mir leid, der Landtag oder die Regierung hat dieses Gesetz oder diese Verordnung erlassen. Der wird dann wenig Verständnis haben für diese exekutiven Tätigkeiten. Ich denke mir, da hat es der Herr Gesellschaftsminister schon auf den Punkt gebracht. Diese Arbeiten sind eben nicht ganz so trivial, wie man hier mitunter als Gesetzgeber oder als Verordnungsgeber denkt.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Elfried Hasler
Ja, danke für das Wort. Es ist offensichtlich ein emotionales Thema, das lässt sich hier aus verschiedenen Voten auch sehr gut ersehen. Ich denke, im Ziel sind wir uns sicher alle einig, dass wir solche Fälle verhindern wollen. Es geht doch hier nur um die Diskussion - und die hätte ich gerne etwas weniger emotional geführt: Ist der Weg oder das Mittel richtig, führt es dann wirklich zum Ziel? Und darum geht es doch. Es wird niemand infrage stellen, dass das verfolgte Ziel das richtige ist. Und dann hat mich die Abg. Rüdisser-Quaderer noch quasi zitiert oder meines Erachtens falsch zitiert, ich habe nicht gesagt, es ist nur auf Amtsstellen beschränkt. Allein diese Häufung hat mich interessiert und das wurde auch nachvollziehbar dargelegt, erklärt mit dieser Vollzugsfunktion. Aber auch da: Ich meine es ist offensichtlich, wenn man jemandem die Kinder wegnimmt, da wird sehr viel gesagt, das haben Sie ja auch gesagt, im Effekt wird viel gesagt. Und wenn man dann in jedem Fall in diese Mühle kommt - ja, da habe ich schon meine Bedenken, dass man da auch über das Ziel hinaus schiessen könnte. Und beispielsweise eben das umstrittene Melderecht des Arztes, wäre das in solchen Fällen wirklich von Nutzen? Ich glaube nicht. Und auch im Fall Balzers, da teile ich die Ansicht des Abg. Lampert voll und ganz: Da bin ich mir jetzt wirklich sehr sicher, so sicher, wie man sich halt sein kann, natürlich, dass mit diesem Bedrohungsmanagement dieser Fall nicht hätte verhindert werden können. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Eugen Nägele
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Ich möchte nur eine Replik geben auf den Abg. Wolfgang Marxer. Wenn er mir zugehört hat, dann habe ich gesagt, dass ich für Eintreten bin. Ich habe auch gesagt, dass ich diese Ziele dieses Berichts und Antrags vollkommen unterstütze. Ich sehe die gute Absicht, für mich war einfach die Frage: Wie machen wir das? Deshalb ist die Frage des Fahrgestells aufgetaucht. Und die Frage nach der Datensicherheit ist einfach eine der Fragen, die in diesem Zusammenhang gestellt wird. Das hat aber nichts damit zu tun, dass ich nicht für Eintreten bin auf diese Vorlage. Das habe ich auch mit aller Deutlichkeit gesagt. Aber es spricht auch für die Qualität des Landtags, dass ganz unterschiedliche Aspekte hier vorgebracht werden. Ich glaube, je mehr unterschiedliche Meinungen hier vorgebracht werden, je besser wird die Lösung am Schluss aussehen. Ich denke, das ist ja auch unsere Aufgabe hier im Landtag. Danke schön.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Pio Schurti
Danke, Herr Präsident. Ich möchte mich speziell bedanken beim Gesellschaftsminister für seine Beispiele, wo eben Bedrohungen wahrgenommen werden oder Äusserungen als Bedrohung empfunden werden können in verschiedenen Ämtern. Also mir scheint es völlig klar, dass jemand, dem man die Kinder wegnimmt, dann halt ausrastet. Ich weiss jetzt nicht, ob das dann schon eine Bedrohung ist. Es kommt dann auch ein bisschen auf die jeweilige Einschätzung der angegriffenen oder bedrohten Landesverwaltungsangestellten an. Dann, bei Hausräumungen kann ich es mir auch vorstellen, das ist auch ein extremer Eingriff in die Privatsphäre. Aber der Mensch hat das verdient, wenn er Frau und Kinder schlägt, dann gehört er aus dem Haus geräumt. Und da, nehme ich einmal an, ist die Polizei dabei. Und da stellt sich mir jetzt die Frage, für die ich noch eine Antwort suche. Es gibt ja den Begriff, ich weiss jetzt nicht, wo das steht: Widerstand gegen die Staatsgewalt. Und wenn jetzt eine Person, gegen die irgendein Gesetz vollzogen wird, sei das jetzt beim Sozialamt oder eben durch die Polizei, wenn es eine Hausverweisung gibt: Greift das nicht, dieses Prinzip «Widerstand gegen die Staatsgewalt»? Und dann frage ich mich schon, wenn das greift, ob das nicht genügt. Dann hat man ja schon den ersten Beleg, dass dieser Mensch allenfalls eine Bedrohung sein könnte, und man muss sich dann nicht auf - ja, ich sage jetzt das Wort noch einmal - vielleicht etwas oberflächliche Meldungen verlassen, weil jemand sich fürchtet, weil jemand sich sehr aggressiv äussert. Mir wären dann handfeste Erlebnisse in dem Sinne in einem Amt oder eben bei einer Hausverweisung schon wichtiger. Dann noch eine kurze Bemerkung zum Votum von Helen Konzett Bargetze: Es gibt ja noch gar keine Täter. Ich weiss nicht, wer hier drinnen die Täterseite ergriffen hat. Wir reden von einem Bedrohungsmanagement. Man redet davon, wie man potenzielle Täter erfassen könnte und dann eine mögliche Tat verhindern könnte. Aber von Tätern zu sprechen, das ist zu früh. Im Übrigen bin ich überzeugt, aber da haben die beiden Minister vielleicht auch bessere Informationen, ich bin aber überzeugt, dass es weit mehr aggressive Typen, sage ich jetzt einmal, gibt als Täter. Lange nicht jeder Mensch, der ungehobelt daherredet, der vielleicht auch einmal einen Beamten beschimpft, der sich wirklich daneben benimmt und ausrastet, lange nicht jeder wird zum Täter. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Alois Beck
Ja, besten Dank. Ich glaube, es liegt sicher auf der Hand, dass hier, ich sage jetzt einmal, strukturelle Unterschiede vorhanden sind zwischen Landesverwaltung und einer Tätigkeit in privaten Unternehmen, indem eben diese Verwaltung natürlich quasi von Amtes wegen bestimmte Dinge zu vollziehen hat, die mit den aufgezeigten Konsequenzen verbunden sind. Ich möchte jetzt einfach noch informationshalber doch noch fragen, wie das momentan abläuft. Nehmen wir diese Beispiele, die der Herr Gesellschaftsminister aufgezeigt hat. Ich habe mich einfach gefragt, ist es auch aufgrund der jetzigen Rechtslage nicht möglich, dass in einer Amtsstelle eben solche Vorkommnisse der Landespolizei dann umgehend gemeldet werden, mit den entsprechenden Folgewirkungen? Wir haben uns ja auch in anderer Sache schon mehrmals darüber unterhalten: Wie ist der, ich sage jetzt einmal, amtsinterne Austausch, welche Restriktionen gibt es da und so weiter? Aber einfach noch zum besseren Verständnis: Wie wird das jetzt gehandhabt? Und wie ist jetzt die Rechtslage in der Verwaltung und in den entsprechenden Behörden? Das würde mich noch interessieren. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Helen Konzett Bargetze
Danke, Herr Präsident. Nur noch ganz kurz. Wenn wir von Tätern sprechen - Herr Abg. Schurti, wir sprechen von potenziellen Tätern, wir sprechen von Menschen, die sich durch ihre Äusserungen oder durch ihre Taten als unberechenbar darstellen oder diesen Eindruck erwecken. Und es geht beim Bedrohungsmanagement aus meiner Sicht darum, diesen potenziellen Tätern Hilfe zu vermitteln letztendlich und ihre Taten zu verhindern, wenn man das konstruktiv, positiv ausdrückt. Darum geht es, und ich kann einfach nicht so viel Schlechtes daran finden wie jene Votanten, die jetzt hier eine riesige Verschwörungstheorie daraus konstruieren. Ich kann etwas Positives und Konstruktives darin erkennen, potenziellen Tätern Hilfe zu vermitteln. Danke schön.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Ich habe jetzt noch die zwei Wortmeldungen der beiden Minister. Sollte sich danach die Debatte noch weiterziehen, werde ich eine Pause einschalten.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident. Ich gehe nur noch kurz auf einzelne Aspekte ein, die in der zweiten Runde gefallen sind, sofern ich sie nicht schon zu emotional vielleicht beantwortet habe - entschuldigen Sie, Herr Abg. Lampert. Ja, die Datenschutzthematik, Herr Abg. Nägele, werden wir gerne auf die 2. Lesung sauber darstellen. Es ist ein komplexes Thema. Die Abg. Christine Wohlwend hat zu Recht und sehr gut auf die EU-Grundverordnung hingewiesen. Die Datenschutzgrundverordnung wird auch in Liechtenstein direkt anwendbar sein, diese wird viele Fragen ebenfalls klären. Wir werden das darstellen auf die 2. Lesung. Ich denke, viele ihrer Fragen können wir dann sauber und klar beantworten. Ich habe hier schon Informationen, aber das würde jetzt zu weit ins Detail führen. Ich glaube, es ist dann für alle besser verständlich, wenn wir es auf die 2. Lesung darstellen. Dann noch zum Abg. Elfried Hasler, noch einmal: Ich bin dem Gesellschaftsminister, dem Kollegen Pedrazzini, dankbar für die konkreten Beispiele seiner Ämter. Ich habe natürlich auch bei mir Beispiele, es ist nicht nur, wenn man Kinder wegnimmt, sondern es gibt auch Beispiele im Ausländer- und Passamt, wenn es um Aufenthaltsbewilligungen oder andere Dinge geht. Es gibt Beispiele im Bereich der Arbeitslosigkeit, Sie können sich vorstellen, dass Menschen die von Arbeitslosigkeit betroffen sind und sich am Existenzminimum bewegen, sehr emotional reagieren. Es gibt einfach in sehr vielen Bereichen der Landesverwaltung Menschen, die mit grossen Problemen kämpfen und die der Verwaltung dann wenig Verständnis entgegenbringen, weil die Verwaltung sich an die Gesetze halten und diese Gesetze vollziehen muss. Das betrifft wirklich querbeet alle, das betrifft auch die Kollegin Marlies Amann-Marxer im Bereich Baurecht, das betrifft wirklich sehr viele verschiedene Amtsstellen. Lebensmittelinspektorat - Sie können sich vorstellen, dass das nicht immer nur toll ankommt, wenn Kontrollen stattfinden und Sanktionen ausgesprochen werden. Das ist ein Problem auf der ganzen Welt von Verwaltungen beim Durchsetzen von Gesetzen und das führt dann dazu, dass manche Menschen so reagieren, wie sie eben halt reagieren. Ich möchte aber hier noch dem Abg. Schurti vielleicht etwas zurückgeben: Es geht hier nicht um den Einzelfall eines Ausrasters oder um ungehobeltes Daherreden. Ich glaube, in einem Fall, wo einer einfach betroffen von einer behördlichen Aktion ist und dann austickt und wüste Dinge von sich gibt, dann wird es sicher notiert von den entsprechenden Behördenvertretern, wird als unangenehm empfunden, aber die Behördenvertreter haben auch eine gewisse Routine und eine gewisse Abgebrühtheit. Es wird nicht in jedem Fall sofort die Polizei aufgeboten. Man versucht, im Gespräch mit den Betroffenen die Situation zu deeskalieren. Es geht hier beim Fallmanagement eher um die Fälle, wo dann immer wieder die gleichen Personen vor allem auch auffallen und wo eben nicht nur ungehobelt dahergeredet wird, sondern konkret auch Drohungen ausgesprochen werden. Und um Ihnen ein Beispiel zu geben, es ist dann schon eine andere Kategorie, wenn ein Betroffener einem Amtsmitarbeiter ein E-Mail schreibt und sagt: Jetzt reicht es, ich habe eine Neun-Millimeter-Pistole, sie ist geladen, und ich bin unterwegs zu dir. Solche Mails kommen vor. Das ist eine Morddrohung, Entschuldigung. Und in solchen Situationen, das sind Personen, die schon länger immer wieder Probleme haben und denen man zu helfen versucht, die es aber nicht verstehen können oder wollen, denen man nicht helfen kann. Und diese Fälle zu koordinieren und immer wieder zu deeskalieren, da sind verschiedene Behörden involviert. Und das zusammenzuführen, ohne dass man gegen bestimmte Gesetze verstösst, das ist nicht ganz einfach. Der Kernansatz ist hier eben, solche schwierigen Fälle rechtzeitig und koordiniert zu betreuen und damit auch den Betroffenen, eben potenziellen Opfern, zu helfen. Und man hilft auch dem potenziellen Tätern, indem man sie vor Dummheiten bewahrt, indem man eben den potenziellen Tätern vor Augen führt, was ihre Drohungen effektiv auch auslösen. Und das, denke ich, ist ein Aufwand, der vertretbar ist, der auch in Kauf genommen werden muss.Und ich bin auch der Meinung des Abg. Wendelin Lampert und des Abg. Elfried Hasler. Ich vermute auch, dass mit dem Bedrohungsmanagement der Fall Balzers nicht hätte verhindert werden können. Das sagen wir auch nicht. Wir sagen: Der Fall Balzers war ein Auslöser, um eben diese ganze Thematik von Personen, die gewalttätig werden, die Gewalt androhen, noch einmal genauer anzuschauen, um zu schauen, was wir besser machen können. Ob wir damit den Fall Balzers konkret hätten verhindern können, das bezweifle ich auch. Aber es geht ja nicht nur um diese Extremfälle, sondern es geht darum, die ganze Situation, wie wir mit diesem Problem umgehen, zu verbessern. Und das ist das Kernanliegen dieser Thematik. Und noch zum Abg. Wendelin Lampert, der sagte: Wer A sagt, muss auch B sagen. Ich wiederhole mich jetzt noch einmal: Es geht auch eine Möglichkeit ohne Ressourcenaufbau, das heisst aber, dass wir in der Polizei eine zusätzliche Aufgabe ansiedeln, ohne mehr Personal zur Verfügung zu stellen. Das heisst: Mehrbelastung. Und das habe ich gesagt, es gibt eine Variante ohne Ressourcenaufbau. Aber das führt zu Mehrbelastung und vermutlich zu Qualitätseinbussen bei der Polizei. Das heisst, Sie haben recht, wenn man es richtig machen will, muss man es richtig machen. Aber es gibt immer einen Plan B und es gibt immer eine Variante auch ohne Ressourcenaufbau. Aber ob es dann besser wird, das ist eine andere Frage, da bin ich ja mit Ihnen auch einig. Und dann, glaube ich, habe ich die wichtigsten Punkte erwähnt. Noch zur Abg. Christine Wohlwend wegen der Kooperation: Ich glaube, Teil-Outsourcing hat einen Charme, aber hat auch Fragen. Es geht hier natürlich auch um staatliches Handeln, die Behörden, die involviert sind, und gewisse Dinge sind wahrscheinlich schwierig an eine private Institution oder Organisation, wie zum Beispiel das KIT, auszulagern. Gewisse Dinge können wir nicht einer privaten Stelle übertragen. Da braucht es Rechtsgrundlagen, da braucht es klare Vorgaben und Abläufe, damit man eben auch - wenn dann Rechtsmittel ergriffen werden, wenn Anschuldigungen erhoben werden, Klagen erhoben werden - auf gesichertem Grund und Boden steht. Und daher ist eine staatliche Lösung manchmal halt doch die bessere Lösung, auch wenn es vielleicht in der Praxis dann sehr wichtig ist, dass man mit privaten Institutionen auch zusammenarbeitet. Aber wir werden auf die 2. Lesung diese Idee auch noch einmal aufnehmen und auch versuchen darzu-stellen, warum eine solche Outsourcing-Lösung bei diesem Thema hier eben vermutlich, meine ich jetzt aus meiner persönlichen Einschätzung, eher schwierig ist. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrat Mauro Pedrazzini
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Der Abg. Alois Beck hat die Frage gestellt, wie denn die Handhabung jetzt sei. Also wenn wir absehbar wissen, dass es sehr schwierige Situationen geben wird, wie zum Beispiel Kinder entziehen, und man schon vermutet, dass dort gewisse Probleme entstehen könnten, dann wird die Landespolizei beigezogen. Die Polizei verfügt über ausbildete Personen, ausgebildete Fachkräfte, die auch mit schwierigen Situationen umgehen können, und kann nötigenfalls eben auch Gewalt einsetzen, falls die Drohungen eben eskalieren würden. Unter diesem Aspekt gesehen ist es fast der einfachere Fall, wenn wirklich Gewalt auftaucht, weil wir für diesen Fall die entsprechende Handhabe haben. Es gibt Gesetze, nach denen die Polizei eingreifen kann, wenn die Gewalt tatsächlich auftritt. Auf der anderen Seite, wenn bei jeder Beschimpfung oder Bedrohung im Affekt gleich der ganze Apparat losgetreten würde, dann würden wir nicht mehr fertig. Es ist heute so, ich spreche jetzt nur für meine Ämter, Amt für Soziale Dienste, Amt für Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen - Stichwort Durchsetzung des Hundegesetzes, bei all diesen Dingen fallen sehr oft wüste Worte. Und wenn da jedes Mal der ganze Apparat aufgeboten würde - das könnten wir nicht bewältigen und das macht auch kein Mensch. Die Leute sind erfahren und können schon sagen: Ja, das ist einer, den kennen wir, der beruhigt sich in einer Stunde in der Regel wieder. Und es gibt auch viele Leute, wenn sie im Affekt ausrasten, die sich dann auch am nächsten Tag entschuldigen, und die Sache ist dann gegessen. Schlimmer ist es, wenn es eine Art Stalkingsituation gibt, immer wieder wüste Beschimpfungen per E-Mail, Leute, die mitten in der Nacht schreiben, und man spürt schon, sie haben vielleicht etwas getrunken, und dann spürt man, wie sie Aggressionen ausleben. Und wenn man dann in solchen Situationen - wir haben vorhin über die Tücken der Bürokratie geredet - wegen der Bürokratie in der Verwaltung nicht miteinander sprechen darf, wegen Datenschutzregelung oder sonstigen Dingen, dann bekommt man vonseiten der Ämter das Gefühl, dass wir in einer überregulierten Bürokratie leben. Also genau das Gegenteil dessen, was jetzt hier kritisiert wurde. Der Mensch, der beim Amt arbeitet, hat das Gefühl, wir hätten es beim Datenschutz - bei allen diesen Dingen - komplett übertrieben, weil er nicht das tun kann, was ihm die Vernunft gebieten würde. Und das ist mit Fachleuten, die dann bei der Polizei wären, sich zu besprechen wegen einer Person, die nicht eine nachvollziehbare und klare Drohung geäussert hat. Wenn jemand eine klare Drohung äussert - «ich bringe dich um» - und man diese Drohung als Bedrohung empfindet und nicht nur von jemandem, wo man sagt, er hat es jetzt einfach im Affekt gesagt und entschuldigt sich eine Stunde später, dann gibt es eine Anzeige bei der Polizei. Das ist ganz klar. Dieses Mittel haben wir heute und das wird auch genutzt. Das ist klar. Schwieriger sind eben diese Fälle, die dauernd am «Stüpfeln» sind und dauernd ihre Drohungen oder ihre unterschwelligen Drohungen äussern, wo man annehmen muss, jetzt muss man endlich einmal etwas tun. Und da ist eben die Bürokratie im Moment gegen die Leute, die unter diesen Drohungen leiden. Und deshalb kann ich auch sagen, wenn man einmal in die Mühle kommt - also wegen einer Affekthandlung kommt man nicht in eine Mühle, das braucht schon etwas mehr. Ja, ich denke, ich konnte ihnen die Handhabung hoffentlich einigermassen plausibel machen, wie das heute geht. Wie gesagt, wir haben für viele Fälle schon die richtigen und nötigen Mittel, aber es gibt eben andere Fälle, die sich mit der Zeit aufbauen und aufschaukeln, wo man unter Umständen irgendwelche anderen Mittel haben muss und wo eben der Informationsfluss in der Verwaltung erleichtert werden muss. Schauen sie sich dieses Gesetz an, es geht ja genau darum, etwas melden zu dürfen.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Wie angekündigt unterbreche ich jetzt für eine Pause bis 16 Uhr.Die Sitzung ist unterbrochen (von 15:45 bis 16 Uhr).
Landtagspräsident Albert Frick
Geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete, wir fahren mit den Beratungen fort. Wir sind nach wie vor in der Eintretensdebatte zu Traktandum 26: Abänderung des Gesetzes über die Landespolizei (Einführung eines Bedrohungsmanagements).Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Besten Dank dem Herrn Regierungschef-Stellvertreter für seine Ausführungen. Noch einmal auf diese personellen Konsequenzen: Sie kennen ja sicherlich das Sprichwort: Eine Faust kann man nur machen, wenn man auch die entsprechenden Finger dazu hat. Auch Gesetze kann man grundsätzlich halt nur leben, wenn man sie in der Praxis dann auch umsetzt. Wir haben es ja heute gehört, diese Umsetzung ist nicht immer ganz so trivial, aber es wird Personal benötigen. Sie haben bereits gesagt, die Outsourcing-Lösung, das sehen Sie weniger, werden es aber prüfen auf die 2. Lesung. Dann sagen Sie, es gibt verschiedene Optionen. Eine Option ist, der Polizei, von der Sie heute auch wieder gesagt haben, dass sie bereits unterdotiert ist, der geben wir jetzt noch zusätzlich eine weitere Aufgabe, das wird dann schon gut herauskommen. Das ist für mich keine Lösungsoption. Wenn Sie nach Ruggell fahren wollen, dann sollten Sie auch nicht nach Balzers fahren, das ist nicht sehr zielführend. Ausser Sie fahren immer in südliche Richtung und kommen auf der anderen Seite wieder herauf auf diesem Erdball, dann werden Sie irgendwann sicherlich auch nach Ruggell gelangen. Nein, das sind keine Lösungsoptionen. Aber ich denke mir, wir sind uns hier auch nicht ganz uneins, zumindest wenn ich Ihre Voten heute gehört habe. Sie sagen auch, es wird dieses zusätzliche Personal brauchen. Wie gesagt, man sollte nicht, wenn man eine Faust machen will, noch den kleinen Finger abschneiden. Nein, dann braucht man eben Finger, dann gibt es eine Faust, sonst gibt es keine. Und hier nur Gesetze in die Welt zu beschliessen, die dann nicht gelebt werden, das wird den Opfern und den Tätern nichts nützen. So ist es, ich kann ja auch nichts dafür, dass das leider ein Faktum ist.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Pio Schurti
Danke, Herr Präsident. Und danke, Herr Regierungschef-Stellvertreter. Ich hatte noch die Frage gestellt, was denn die Stellung dieses Registers, das es dann gibt, oder wie auch immer das dann heisst, bei dieser Meldestelle, vis-à-vis dem Strafregister wäre oder sein würde und eben auch in Relation zu diesem Konzept «Widerstand gegen die Staatsgewalt». Könnten Sie das noch etwas einordnen für rechtlich weniger Kundige? Dann noch die letzte Frage, das ist als Fortsetzung des Kommentars des Kollegen Lampert gedacht. Er drängt darauf, dass Sie mehr Polizisten einstellen. Da schliesse ich mich ihm nicht an. Aber mich würde interessieren, wie die Landespolizei das sieht. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Erich Hasler
Herr Präsident, vielen Dank für das Wort. Ich beziehe mich auf die Äusserungen des Gesellschaftsministers. Er hat wörtlich gesagt, dass eine Affekthandlung eben nicht ausreicht, um in diese Mühle zu kommen. Nun, das steht überhaupt nirgends geschrieben - ich meine, im Gesetz steht diesbezüglich gar nichts. Da gibt es eben einen sehr grossen Ermessensspielraum. Darum kann ich diese Aussage einfach nicht so stehen lassen. Es kann sehr wohl sein, dass irgendeine Affekthandlung dazu führt, dass man in diesem Register landet. Was Sie auch gesagt haben, ist, dass es offenbar ein Problem ist, dass der Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Ämtern aus Datenschutzgründen nicht stattfinden darf. Ich würde vorschlagen, dass man diese Regelung bezüglich Datenschutz zwischen den Amtsstellen etwas lockert, um nicht gleich so eine Maschinerie aufzubauen. Möglicherweise würde es das Problem schon ganz wesentlich entschärfen, wenn die verschiedenen Ämter miteinander kommunizieren könnten und dürften. Danke schön.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Zum Abg. Erich Hasler, denke ich, wird der Gesellschaftsminister noch kurz Stellung nehmen. Ich möchte einfach hier das Wort Maschinerie etwas relativieren. Es geht nicht um eine Maschinerie, es geht darum, dass wir eine Koordinationsstelle schaffen, die die verschiedensten Amtsstellen und Institutionen koordiniert, damit eben untereinander die Informationen fliessen können und eine Einschätzung getroffen werden kann, ob eine Gefährdung vorliegt oder nicht. Und es geht auch nicht darum, hier quasi eben diesen Polizeistaat zu verwirklichen, wie es dann immer wieder so an die Wand gemalt wird. Zum Abg. Pio Schurti: Das sind drei Punkte, die Sie konkret gefragt haben. Das Strafregister ist klar, das ist ein Register von Personen, die straffällig geworden sind, und das wird verzeichnet. Das ist ein Register über rechtskräftig verurteilte Personen. Das ist eine Auskunft, die gerade im Bereich der Wirtschaft sehr wichtig ist, wenn man vertrauensvolle Positionen vergibt, dass man sich erkundigen kann, ob diese Person unbescholten ist, ob sie bereits einmal straffällig geworden ist. Das kennen Sie vermutlich. Das Strafregister ist klar. Wir sprechen hier, ich habe das bereits zum Abg. Eugen Nägele heute Nachmittag einmal ausgeführt, nicht von einem Register, von Personen mit einem klaren Kriterienkatalog etc., sondern es geht hier um sogenanntes «case management», ein Fallmanagement. Es geht hier darum, dass gewisse Aktionen von verschiedenen Behörden koordiniert werden und das auch dokumentiert wird im Sinne einer Falldokumentation. Es ist aber nicht im Sinne eines Personenregisters. Aber ich habe heute bereits ausgeführt, wir werden auf die 2. Lesung diese datenschutzrechtlichen und registerrechtlichen Fragen noch einmal sauber darstellen. Es gibt bereits heute Bestimmungen, die für solche präventiven Polizeiaktionen fordern, dass eben eine andere Datensammlung angelegt wird als für die Fälle, wo effektiv eine Polizeihandlung wegen einer strafbaren Handlung notwendig wurde. Das ist eine andere Kategorie. Es geht hier vielmehr um Prävention als um Abhandlung von konkreten Fällen, wo etwas schon passiert ist. Das wollen wir ja genau verhindern. Das werden wir auf die 2. Lesung darstellen und das ist auch indirekt der Link zur zweiten Frage. Widerstand gegen die Staatsgewalt - da ist eben schon Widerstand passiert, das ist das, was der Herr Gesellschaftsminister auch schon erwähnt hat. Wenn in einem Fall einer Hausräumung oder einer kindesrechtlichen Massnahme die Beamten etwas unternehmen und die sich betroffenen Personen handgreiflich effektiv wehren gegen die Staatsgewalt, dann ist Widerstand gegen die Staatsgewalt der Tatbestand; das ist eine Kategorie aus dem Verwaltungsrecht und dem Strafrecht. Und da ist dann effektiv eine Tat passiert. Noch einmal: Wo schon etwas passiert ist, wo eine Tätlichkeit vorliegt, wo eine effektiv ausgestossene Drohung schriftlich auf dem Tisch liegt, dort haben wir heute eine Handhabe, dort haben wir heute eine Handhabe, dass wir Anzeige erstatten können an die Staatsanwaltschaft. Und dann wird gemäss Strafprozessrecht vorgegangen. Aber es geht hier auch darum, eben solche Fälle direkt davor, unterschwellig, diese Kumulierung von Aktionen, die sich immer unterhalb dieser effektiven Tatschwelle bewegen und bei denen dennoch eben eine Gewaltandrohung immanent vorhanden ist, in diesen Fällen präventiv auch etwas tun zu können und das zu koordinieren. Also Widerstand gegen die Staatsgewalt ist bereits ein Schritt weiter und ist eine andere Kategorie von Fällen.
Und dann noch zur Frage, wie es die Landespolizei sieht betreffend Ressourcen. Das ist eine einfache Antwort: Die Landespolizei signalisiert mir klar, dass sie mehr Personal benötigen würde. Ich kenne die Probleme und habe die auch schon öfters, auch hier drin, glaube ich, auch schon ausgeführt. Da geht es um den Pikettdienst, es geht um die Probleme im Zusammenhang mit den Fussballspielen in der Super League, mit den Aktivitäten im Rahmen von Ostpol, dass wir da Unterstützung geben, weil wir auch Unterstützung bekommen, das ist ein Geben und Nehmen. Die Landespolizei sagt klar, dass es, wenn sie dieses Bedrohungsmanagement übernehmen soll, eben eine zusätzliche Stelle benötigen würde, damit es richtig gemacht werden kann, ohne dass andere Aktivitäten darunter leiden. Aber das ist klar, das ist die Haltung der Landespolizei, die ich teile. Aber mein Wunsch war es, dieses Problem hier anzubringen und hier einen Vorschlag zu machen und dass es nicht an der Personalressource scheitern darf. Wenn es nicht anders geht, muss man sich zur Decke strecken. Dass darunter andere Dinge leiden, ist mir bewusst. Mein Vorschlag war mit einer Personalaufstockung verbunden. Das war so nicht möglich, deshalb dieser Kompromissvorschlag, wie er hier vorliegt. Aber ich habe die Botschaft heute hier im Landtag auch klar gehört und ich denke auch, die ganze Regierung hat das gehört und vielleicht können wir auf die 2. Lesung hier eine bessere Lösung vorschlagen.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrat Mauro Pedrazzini
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Ja, ich möchte die Ausführungen des Abg. Erich Hasler noch einmal verdeutlichen und sagen: Es ist eben so in einer Verwaltung, dass es ein Amtsgeheimnis gibt und die Daten nicht frei fliessen dürfen. Und dort, wo die Daten fliessen dürfen, muss das vom Gesetz irgendwo gedeckt sein, sonst begibt sich der entsprechende Mitarbeiter eben in eine gewisse Problemsituation. Und genau diese Problemsituationen werden eben von querulatorischen Persönlichkeiten ausgenützt. Sie suchen natürlich dann irgendwelche Formfehler in der Verwaltung oder allgemeine Fehler in der Verwaltung. Und ein allgemeiner Fehler ist eben, dass es Probleme geben kann, wenn Daten fliessen und es nicht sein dürfte oder nicht der entsprechende Anlass gegeben ist. Und deshalb ist das eben ein wichtiger Aspekt. Danke schön.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Elfried Hasler
Danke für das Wort. Ich möchte hier noch einen Aspekt kurz in die Diskussion einbringen. Es wird ja in Kapitel 3.1 gesagt, durch das Auswerten der relevanten Informationen und der darauf basierenden Risikoeinschätzung soll dann eben möglich gemacht werden, dass jederzeit situationsgerecht reagiert werden kann. Und hier stellt sich für mich einfach noch die Frage: Was heisst «situationsgerecht reagiert»? Besteht überhaupt ein genügendes Instrumentarium heute, um reagieren zu können? Weil es könnte ja sein, dass wir hier jede Menge Daten sammeln und wissen, was zu tun wäre, aber eigentlich dann im Nachhinein oder nachfolgend gar nicht die Möglichkeit haben, einzuschreiten. Oder ist das kein Problem? Sehen Sie hier kein Problem? Gibt es heute genügend Instrumente und Möglichkeiten, dann eben auch situationsgerecht einzuschreiten? Oder könnte es hier dann einen Flaschenhals geben, der das ganze Sammeln der Daten dann eben nicht umsetzen lässt.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Herbert Elkuch
Besten Dank für das Wort. Es ist da gesagt worden, von der Pistole im E-Mail oder so. Das sind natürlich Bedrohungen, das ist nicht eine mögliche Bedrohung, sondern das ist schon eine Bedrohung. Aber hier in diesem Bericht und Antrag geht es ja nicht um diese Fälle, sondern hier steht dann an mehreren Orten: «möglichst viele Informationen über die jeweiligen Umstände». Oder: «Im Interesse der öffentlichen Sicherheit sollen der Landespolizei daher so viele Informationen wie möglich übermittelt werden ...» Also «so viele» heisst, alles, was irgendwie greifbar ist, «so viele ... wie möglich». Und das kann, wenn sich jemand einfach unanständig benimmt, das ist schon irgendwie daneben. Also was heisst «so viele wie möglich» genau? Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Wendelin Lampert
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Ja, was heisst es, sich unanständig zu benehmen? Da wünsche ich der Definitionsstelle, die diesen Begriff auslegen muss, viel Vergnügen. Das wird ja genau zu einem enormen Aufwand führen, befürchte ich. Deshalb auch die Begriffsdefinition «hohe Gewaltbereitschaft» oder nur die Gewaltbereitschaft. Aber das wird die Regierung auf die 2. Lesung abklären. Der Kanton Solothurn hat hier die Hürde nach meinem Dafürhalten wesentlich höher angesetzt, um eben hier aktiv zu werden. Dann hat der Abg. Pio Schurti gesagt, ich würde hier mehr Personal fordern. Ich fordere nur Konsequenz, das fordere ich, wer A sagt, sagt auch B. Wer dieses Gesetz beschliesst, soll gefälligst auch bereit sein, die personellen und finanziellen Konsequenzen zu tragen. Sie merken schon, ich bin hin- und hergerissen von diesem Gesetz. Ich bin nicht ein flammender Befürworter - aber was ich hier einfach sage, wenn man hier schon sagt, diese Stelle muss eingerichtet werden, dann sage ich, dann müssen Sie auch die entsprechenden personellen Konsequenzen tragen. Diese Konsequenz fordere ich, nicht mehr. Und in diesem Zusammenhang, denke ich mir schon, hat der Abg. Erich Hasler einen wichtigen Punkt aufgebracht, wenn es wirklich die datenschutzrechtlichen Probleme sind: Wieso versuchen wir nicht, dort anzusetzen, dass eben dieser Informationsfluss gegeben werden kann? Wenn man damit den Aufwand für alle Beteiligten reduzieren könnte, wäre doch das ein gangbarer Weg, ohne dass man hier zusätzliches Personal benötigt, dass einfach diese Daten fliesen können, die gemäss dem gesunden Menschenverstand fliessen sollten.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident. Ja, Herr Abg. Hasler und Herr Abg. Lampert, genau das tun wir ja mit dieser Vorlage. Lesen Sie Art. 32 Sachüberschrift und 1a: «Amtsstellen der Landesverwaltung, Verwaltungsbehörden ... sind berechtigt, der Landespolizei Gefährdungsmeldungen betreffend Personen zu erstatten ...» Das ist doch genau der Punkt, genau das tun wir hier. Wir heben diese Hürde auf, diese gegenseitigen Barrieren innerhalb der Verwaltung, und schaffen damit die Möglichkeit, eben koordiniert Fälle, wo eine Gewaltbereitschaft offenkundig ist - und das ist meine Antwort an den Abg. Herbert Elkuch: Es geht hier nicht um Sammeln von Infos betreffend Personen, die irgendwo einmal ein böses Wort gesagt haben. Das sind nicht diese Fälle. Es geht um Gewaltbereitschaft, die sich abzeichnet. Da braucht es Signale, und dann sollen die verschiedenen Ämter miteinander sprechen dürfen und diese Informationen austauschen und sammeln, damit ein Bild, ein Lagebild, sich verdichtet und die entsprechenden Instrumente - und damit komme ich zum Abg. Elfried Hasler - eben auch angewendet werden können: Gefährderansprache, psychiatrische Möglichkeiten, medizinische Möglichkeiten. Es gibt die Instrumente, das ist die Antwort an Sie: Es gibt die Instrumente, das Problem, das wir heute haben, ist, dass es keine Koordination gibt, dass uns das Amtsgeheimnis im Weg steht und dass solche Fälle, bevor sie eskalieren, nicht zu einem Gesamtbild verdichtet werden können und man dann eben diese Instrumente nicht nutzen kann, um zu deeskalieren, bevor es «klepft», bevor etwas passiert. Und das ist die Idee, genau diese Hürde zu senken, das ist dieser Art. 32, dieser Vorschlag hier. Das ist ja genau einer der Lösungsansätze, den wir hier vorschlagen.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Wir stimmen über Eintreten ab. Wer für Eintreten auf die Gesetzesvorlage ist, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 21 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 21 Stimmen Eintreten beschlossen. Wir nehmen die 1. Lesung des Gesetzes über die Abänderung des Polizeigesetzes durch Artikelaufruf vor. Art. 25c Abs. 2 wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
Art. 25c Abs. 2 steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
Art. 31 Abs. 1 Bst. a Ziff. 2 wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
Art. 31 Abs. 1 Bst. a Ziff. 2 steht zur Diskussion.
Abg. Elfried Hasler
Danke für das Wort. Ich möchte einfach an dieser Stelle betonen, das gilt dann auch für den nächsten Artikel, dass ich schon sehr empfehlen würde, sich an das Beispiel aus Solothurn anzulehnen, was eben hohe Gewaltbereitschaft oder eben nur Gewaltbereitschaft anbelangt. Die Argumente, denke ich, muss ich nicht wiederholen, die wurden hier auch schon vorgetragen. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident. Auch ich möchte die Argumente nicht wiederholen. Die Regierung hat Bedenken betreffend dieses Thema Vorverurteilung, dass eine hohe Gewaltbereitschaft Kriterien benötigt, dadurch eine Art Checkliste entsteht und damit eine klarere Vorverurteilung passiert - Punkt 1. Und Punkt 2 ist, dass offensichtlich gemäss der Praxis in Solothurn materiell der Unterschied zwischen Gewaltbereitschaft und hoher Gewaltbereitschaft sehr schwierig zu definieren ist. Wir werden es auf die 2. Lesung prüfen und darstellen. Sie merken aber bereits, ich bin etwas skeptisch, was diese Verschärfung angeht.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Elfried Hasler
Danke für diese Erklärung. Nur vielleicht noch von meiner Seite: Das ist ja dann auch etwas eine Rechtfertigung für mehr Personal, und das soll es dann eben nicht sein. Also das unterstelle ich Ihnen nicht, aber das haben andere hier schon erwähnt, dass man eben, wenn man die Schwelle hier tiefer setzt, dann eben nicht mehr das Beispiel, die Erfahrungswerte, von Solothurn hernehmen kann, wo eine Person pro 130'000 Einwohner tätig ist. Da sehe ich eine gewisse Gefahr, dass man hier ein Feigenblatt hat, um möglichst viele Ressourcen zu fordern. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident. Ich denke, die Bedenken kann ich Ihnen einfach - Sie müssen mir es glauben oder Sie glauben es nicht -, die möchte ich Ihnen nehmen, in dem Sinne, dass ich nicht glaube, dass dadurch weniger Fälle zu behandeln sind. Es bestehen dann einfach mehr Fälle, bei denen diese Hürden weiterhin zwischen den verschiedenen Ämtern bestehen. Die Koordination wird weiterhin in vielen Fällen nicht möglich sein. Es wird mehr Fälle geben, wo man eben keine Gesamteinschätzung vornehmen kann. Das wird die Konsequenz sein. Ob das zu einer massiven Arbeitsentlastung dieser Person führt, das ist eine Ermessensfrage vermutlich. Aber noch einmal: Wir werden das auf die 2. Lesung darzustellen versuchen und unsere Empfehlung noch einmal präzisieren.Landtagspräsident Albert Frick
Besten Dank. Wir lesen weiter. Art. 32 Sachüberschrift und 1a werden aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
Art. 32 Sachüberschrift und 1a stehen zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
II. wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
II. steht zur Diskussion.
Stv. Abg. Hubert Lampert
Danke schön für das Wort. Ich war etwas spät mit dem Drücken. Ich wollte zu Art. 32 Sachüberschrift und 1a etwas anmerken beziehungsweise eine Frage stellen. Also ich finde die Formulierung und auch die Bestimmung richtig und gut, dass es sich um eine Kann-Bestimmung handelt. Die Bestimmung und auch der Kreis der Personen sind richtig. Nur frage ich mich, wie es sich bei den Amtsstellen oder den Behörden gestaltet. Heisst das, dass somit, wenn eine Amtsstelle einen Fall hat, der Amtsleiter berechtigt ist und folglich die entsprechenden Mitarbeiter schon in die Pflicht kommen, über den Amtsleiter dann zu gehen, oder ob jedem Mitarbeiter dieser Amtsstellen und Behörden das direkte Melderecht zusteht? Das wäre die Frage.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Thomas Zwiefelhofer
Danke, Herr Präsident. Das, finde ich, ist eine gute Frage, das ist auch eine dienstrechtliche Frage, und wir werden das auf die 2. Lesung darstellen. Wie sich das auch im Zusammenhang mit den Vorschriften innerhalb der Amtsstellen verhält, das möchte ich hier spontan jetzt nicht aus dem Ärmel schütteln. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Gibt es noch Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall, somit haben wir das Gesetz über die Abänderung des Polizeigesetzes in 1. Lesung beraten. Gleichzeitig haben wir Traktandum 26 erledigt.-ooOoo-