Beschluss Nr. 93/2017 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses - 3. Energiepaket (Nr. 48/2017)
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 18: Beschluss Nr. 93/2017 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses - 3. Energiepaket.
Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 48/2017 und steht zur Diskussion.Abg. Manfred Kaufmann
Besten Dank für das Wort, sehr geehrter Herr Präsident. Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete. Gerne möchte ich mich beim zuständigen Ministerium für Infrastruktur für den vorliegenden Bericht und Antrag bedanken. Der Gemeinsame EWR-Ausschuss hat im Mai 2017 beschlossen, das sogenannte 3. Energiepaket in das EWR-Abkommen zu übernehmen. Dieses Paket beinhaltet verschiedene Verordnungen des Europäischen Parlaments sowie Beschlüsse der EU-Kommission.Trotz der Liberalisierungsbemühungen mit dem 2. Energiepaket im Jahre 2003 hat sich aber gezeigt, dass der Prozess des Aufbaus wirklich wettbewerbsorientierter Märkte noch nicht abgeschlossen ist, insbesondere aufgrund von Marktfragmentierungen entlang nationaler Grenzen, einem hohen Grad an vertikaler Integration sowie starker Marktkonzentration. Mit dem vorliegenden 3. Energiepaket wird der Regulierungsrahmen geschaffen, welcher zur Erreichung der vollständigen effektiven Marktöffnung erforderlich ist. Das 3. Energiepaket sieht insbesondere folgende Neuerungen vor: - Eine wirksamere Entflechtung der Versorgung und Erzeugung vom Betrieb der Übertragungs- und Fernleitungsnetze:
- eine Stärkung der Befugnisse und Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden;
- die Förderung der regionalen Zusammenarbeit sowie
- die Schaffung eines Endkundenmarktes.
Positiv zu erwähnen ist auch, dass die Übernahme des 3. Energiepakets zum Verhältnis mit unserem Nachbar, der Schweiz, keine Auswirkungen haben wird. Gerne werde ich dem Antrag der Regierung meine Zustimmung erteilen. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Thomas Lageder
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Bei dieser Vorlage geht es um die vollständige Liberalisierung des Binnenmarktes im Bereich Elektrizität und Erdgas. Ich möchte eigentlich nur auf zwei Elemente eingehen. Bezüglich der eigentumsrechtlichen Entflechtung der Versorgung und Erzeugung vom Betrieb der Übertragungs- beziehungsweise Fernleitungsnetze hat Liechtenstein eine Ausnahmeregelung erzielen können. So kann eine Zerschlagung von LKW und LGV verhindert und zusätzliche administrative und organisatorische Kosten vermieden werden. Das ist durchaus positiv zu bewerten. Weiter soll mit diesem Energiepaket eine Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) geschaffen werden. Im Sinne der bekannten Zwei-Pfeiler-Struktur wird Liechtenstein in dieser Agentur gleichberechtigt, jedoch ohne Stimmrecht teilnehmen können. Dies wird Kostenfolgen haben. Kann die Regierung diese zu diesem Zeitpunkt bereits ungefähr umreissen? Die Fraktion der Freien Liste wird dem Beschluss ihre Zustimmung erteilen. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Elfried Hasler
Danke für das Wort. Der Abg. Manfred Kaufmann hat die Vorlage gut zusammengefasst. Ich habe hier nichts beizufügen. Ich werde auch diesem Beschluss zustimmen. Ich bitte aber noch um Ausführungen. Es ist nun seit 1996 das dritte Paket von sehr umfangreichen Richtlinien und Verordnungen, die in den EWR-Vertrag und damit in der Folge ins liechtensteinische Recht übernommen werden. Das übergeordnete Ziel ist ja hier mehr Wettbewerb im Energiesektor, das heisst im Strom- und Erdgasbereich. Und hier kann man sich jetzt natürlich die Frage stellen oder respektive macht es den Anschein, dass hier dann trotz dieses Bergs von Papier letztendlich nichts angekommen ist beim Konsumenten. Nach wie vor sind es zwei Anbieter in Liechtenstein, die sich den Markt, denke ich, fast zu 100%, nicht ganz, aber fast zu 100% aufteilen. Jetzt kann man das positiv sehen: Sind unsere Anbieter Gasversorgung und LKW derart konkurrenzfähig, dass der liechtensteinische Markt von dem her nicht attraktiv ist für ausländische oder weitere Anbieter? Oder ist der Markt generell zu wenig attraktiv, ist er schlicht und einfach zu klein? Oder kommt das noch jetzt mit diesem dritten Paket, wird das etwas auslösen? Sind hier mittelfristig Auswirkungen zu erwarten und letztendlich dann auch Auswirkungen auf die Staatsbetriebe LKW und LGV zu erwarten, dass hier eben dann vielleicht doch irgendwann zusätzliche Anbieter auf den Markt kommen? Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Stv. Abg. Ado Vogt
Herr Präsident, besten Dank für das Wort. Meine Fragen schliessen eigentlich sehr nah an das Votum des Abg. Lageder an. Auch vor allem hätte ich gerne das über die Kosten gewusst, denn das ist natürlich relativ einfach, einfach zu sagen, es wird sicherlich Folgen haben in monetärer Hinsicht, aber man weiss nicht, wie gross diese Kosten sind.
Dann zusätzlich habe ich schon eine Verständnisfrage: Es wird ja ganz klar in diesem Bericht und Antrag gesagt, dass die Bestimmungen aufgrund unserer Kleinheit nicht direkt umgesetzt werden, also dass weder LGV noch LKW direkte Konsequenzen zu befürchten haben. Wieso macht es dann Sinn, diese Befugnisse an diese Energiemarktkommission zu übertragen? Wenn sie ja nichts machen können, wieso brauchen sie überhaupt diese neuen Befugnisse? Ist es einfach nur wieder eine Folge einer EU-Verordnung oder macht es wirklich für Liechtenstein Sinn?Und dann noch die letzte Frage: Diese Superagentur der EU, die dann wieder die nationalen Agenturen koordiniert. Stimmrecht haben wir ja keines da, wie es auch schon gesagt wurde. Gibt es aber eine Kostenbeteiligung an dieser übergeordneten Agentur? Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Herbert Elkuch
Besten Dank für das Wort. Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union hat das 3. Energiepaket erlassen. Das Paket soll zur Förderung des Wettbewerbs im Energiebinnenmarkt beitragen und die in der EU beziehungsweise im EWR-Raum schrittweise geschaffene Liberalisierung der Energiemärkte vorantreiben. Es sind Neuerungen im Bereich der Energieversorgung, in der eigentumsrechtlichen Entflechtung, unabhängige Netzbetreiber und unabhängige Übertragungsnetzbetreiber vorgesehen. Ist es sinnvoll, den relativ kleinen Grundversorgungsmarkt in Liechtenstein zu verzetteln? Die Grundversorger in Liechtenstein brauchen auch die rentablen Kunden, um den Gesamtauftrag zu erfüllen. Sollen Teile der Grundversorgung, die seit Jahrzehnten funktionieren, ohne Zwang wirklich abgetreten werden? Oder was für Gründe können aufgeführt werden, wenn zwei diese Energieversorgung unter sich aufteilen? Wieso soll das dann billiger werden, wenn da zwei beteiligt sind oder drei?Allein in einem Traktandum, im Bericht und Antrag der Regierung, das ist dieser Nr. 48/2017, sind Beschlüsse im Umfang von 170 A4-Seiten in kleiner Schriftgrösse zu übernehmen. Mit der Umsetzung entsteht ein Mehraufwand und somit Folgekosten für unser Land. Obwohl die Verordnung (EG) Nr. 713/2009 in Liechtenstein unmittelbar Anwendung finden wird und kein Rechtsanpassungsbedarf besteht, soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass die Gründung der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden ACER einen weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem europäischen Energiebinnenmarkt bildet. Da habe ich eine Frage: Wo entsteht diese ACER, Energieregulierungsbehörde? In welchem Land?
Dann zu den personellen, finanziellen, organisatorischen und räumlichen Auswirkungen: Mit der Umsetzung des sogenannten 3. Energiepakets ergebe sich für die Regulierungsbehörde, somit für die Kommission für Energiemarktaufsicht, ein Mehraufwand. Dieser wird im Rahmen der Vorlage der materiellen Umsetzung der gegenständlich relevanten Rechtsakte näher beziffert werden. Bevor der Landtag einem Antrag seine Zustimmung gibt, müssten doch die Kosten zwingend bekannt sein. Das EU-Parlament und der Rat der Europäischen Union erstellt Bestimmungen darüber, wie der liechtensteinische Landtag Gesetze zu formulieren hat, und der Landtag soll, wenn es nach der Regierung geht, ohne die finanziellen Konsequenzen im Vorfeld zu kennen, einfach so zustimmen. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Keine weiteren Wortmeldungen. Damit übergebe ich das Wort an die Regierung, sofern sie das wünscht.Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch
Vielen Dank für das Wort. Vielen Dank für die Voten. Ich werde versuchen, auf die Fragen einzugehen. Ich beginne mit dem Abg. Thomas Lageder: Nicht nur Sie, sondern auch viele andere haben nach den Kostenfolgen für die Teilnahme an der Agentur gefragt. Es ist so, es geht hier bei der ACER vor allem um die Reisekosten und die Teilnahme. Auch die EMK könnte mehr Fälle bekommen und dadurch höhere Kosten haben, was aber eigentlich im Rahmen bleiben sollte. Die EMK müssen wir nicht selbst schaffen, die kriegt halt weitere Aufgaben. Von dem her, die gibt es schon. Das muss in ihrem Budget dann berücksichtigt werden. Es liegt aber ein bisschen in der Natur der Sache dieser 103er-EWR-Übernahmen, dass wir, wenn wir die Übernahme beschliessen, über die Kosten noch nicht derart detailliert - oder beziehungsweise gar nicht in diesem Falle - Auskunft geben können. Da kann ich nur um Verständnis bitten, dass wir eben, wenn wir dann quasi den Bericht und Antrag ausarbeiten, dann genauere Angaben machen können.Dann zum Abg. Elfried Hasler: Sie haben erwähnt, das ist das dritte Paket, es gab schon das erste und das zweite, und beim Konsumenten ist wenig angekommen - wahrscheinlich auf den ersten Blick oder auf den zweiten. Also es gibt mehr Marktteilnehmer im Strom- und Gasbereich in Liechtenstein. Also «mehr» ist jetzt ein grosses Wort. Es gibt ein paar wenige, aber es ist kein Monopol mehr. Beim LKW-Geschäftsbericht haben wir das auch schon diskutiert, dass ja die Preise halt eben durchaus konkurrenzfähig sind oder attraktiv und insofern der Eintritt in den Liechtensteiner Markt vielleicht für andere auch nicht derart attraktiv ist. Aber das Ziel, und darum geht es ja im Kern auch in diesem dritten Paket, ist, dass der Markt spielt. Und von dem her, denke ich, ist die Richtung eine gute, aber den Eintritt in einen kleinen Markt wie Liechtenstein überlegen sich natürlich die Unternehmen gut.Dann zum Abg. Ado Vogt: Da war die Frage, wieso müssen wir da überhaupt mitmachen, wenn wir kein Stimmrecht haben? So habe ich Sie verstanden. Ist es allenfalls nicht einfach wieder ein Überbau? So habe ich Sie verstanden. Ich denke, es ist wichtig für uns, in diesen Gremien eben teilnehmen zu können, die Informationen zu haben und auch mitsprechen zu können, wenn dann auch eben das Stimmrecht nicht da ist. Wenn wir in Europa mitmachen wollen, dann, glaube ich, ist es einfach wichtig, diesen Einsitz dort zu haben.Dann zum Abg. Herbert Elkuch: Sie haben ausgeführt oder die Frage in den Raum gestellt, ob es sinnvoll ist, den Energiemarkt noch «zu verzetteln», haben Sie es, glaube ich, genannt. Wie man heute sieht, verzettelt ist er nicht, aber er muss doch irgendwie auch spielen. Ich meine, das Umgekehrte wäre, dass wir ein Monopol versuchen einzurichten, und das kann nicht das Ziel sein. Von dem her, ich glaube nicht, dass es das Ziel ist, es zu verzetteln, aber durchaus eben andere Marktteilnehmer zu ermöglichen und den Markt spielen zu lassen.Und die Frage, wo diese Agentur entsteht oder bereits entstanden ist, kann ich Ihnen beantworten. Und zwar sitzt die bereits in Ljubljana. So habe ich es doch noch gefunden. Vielen Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Thomas Rehak
Besten Dank für das Wort. Noch eine Frage zum Abgabenbereich der Energiemarktaufsichtskommission. Die soll ja erheblich ausgeweitet werden müssen. Hierzu meine Frage: Sind die Kompetenzen, die heute in der Energiemarktaufsichtskommission bestehen, aus Ihrer Sicht ausreichend oder müssen die ausgeweitet werden? Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.
Abg. Herbert Elkuch
Ich habe noch einmal eine Rückfrage. Ich habe mich gefragt, was die Aufteilung unseres kleinen Marktes auf mehrere für Vorteile bringt. Oder welche Gründe gibt es, dies zu machen? Ich denke, die Grundversorgung aufzuteilen, macht nur Sinn, wenn man sicher ist, dass die Energiepreise dann fallen. Aber ich weiss nicht, wie das auf so kleinem Markt auch funktionieren kann. Wie wird das von der Regierung gesehen? Wo liegen die Effizienzen? Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch
Vielen Dank für das Wort. Der Abg. Rehak hat gefragt, quasi ob die Kompetenzen denn jetzt schon vorhanden sind für diese Übernahme von den weiteren Tätigkeiten. Das müssen wir dann anschauen, wenn wir genau wissen, welche Tätigkeit wir dann eben entsprechend übertragen. Von dem her überprüfen wir das im Rahmen der Umsetzung. Und bis dann die Umsetzung in Kraft tritt, werden wir dafür sorgen, dass die Kompetenzen und die Aufgabenbereiche entsprechend passen.Dann war die Frage noch, was denn die Gründe eben für die Aufteilung in so einem kleinen Land wie Liechtenstein sind. Die Gründe sind eben, wie ich schon versucht habe auszuführen, dass der Markt spielen kann. Das gilt für die grossen Märkte wie für unseren. Wir haben aber da noch die Ausnahmeregelung bekommen, dass wenigstens die LKW und LGV nicht zerschlagen werden müssen. Von dem her haben wir, glaube ich, für unser kleines Land etwas herausgeholt, was noch grössenverträglich ist. Und das Ziel aber nach wie vor von diesen Vorlagen hier ist, den Markt spielen zu lassen. Wenn man an die Effizienz des Marktes glaubt, dann ist das der richtige Weg. Vielen Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank für die Ausführungen. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen gibt, können wir uns dem Antrag der Regierung zuwenden. Der Antrag lautet: «Der Hohe Landtag wolle dem Beschluss Nr. 93/2017 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses die Zustimmung erteilen.»
Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 21 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 21 Stimmen die Zustimmung erteilt. Gleichzeitig haben wir Traktandum 18 abgeschlossen. Wir machen jetzt 30 Minuten Pause. Die Sitzung ist unterbrochen (von 17:50 bis 18:30 Uhr).
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