Abänderung des Mehrwertsteuergesetzes (Nr. 35/2017); 1. Lesung
Alterspräsident Albert Frick
Wir gehen über zu Traktandum 23: Abänderung des Mehrwertsteuergesetzes. Diese Vorlage behandeln wir in 1. Lesung. Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 35/2017. Er steht zur Diskussion. Landtagsvizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren. Aufgrund des zwischen Liechtenstein und der Schweiz bestehenden Mehrwertsteuervertrages sowie der Mehrwertsteuervereinbarung ist Liechtenstein verpflichtet, die jeweiligen Abänderungen der schweizerischen materiell-rechtlichen Bestimmungen ins liechtensteinische Mehrwertsteuergesetz zu übernehmen. Diesbezüglich besteht für Liechtenstein auch kein Handlungsspielraum. Die im September letzten Jahres vom schweizerischen Parlament beschlossene Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes bringt für die Mehrzahl der inländischen Unternehmen aber keine wesentlichen Änderungen. Gemäss Bericht und Antrag soll aber die Situation der hiesigen Betriebe durch Abbau mehrwertsteuerbedingter Wettbewerbsnachteile für inländische Unternehmen in Bezug auf die Konkurrenz verbessert werden. Ich möchte hierzu zwei Änderungen kurz erwähnen: Obwohl wir, wie ich eingangs erwähnte, eigentlich keinen Handlungsspielraum bei solchen Übernahmen haben, konnte im Rahmen der «Gemischten Kommission» eine für Liechtenstein abweichende Regelung für liechtensteinische Unternehmen aufgenommen werden. Eine solche «Gemischte Kommission» wird von den beiden Vertragsstaaten zur Behandlung von Fragen eingesetzt, die mit der Auslegung und Anwendung des Vertrags sowie der Vereinbarung zusammenhängen, und besteht je aus drei schweizerischen und drei liechtensteinischen Mitgliedern; dies zur kurzen Erläuterung. Wie eben dargelegt, konnte für Liechtenstein eine Ausnahmebestimmung ins liechtensteinische Mehrwertsteuergesetz aufgenommen werden, wonach in Liechtenstein ansässige Unternehmen, also solche Unternehmen mit Sitz, Wohnsitz oder Betriebsstätte in Liechtenstein, die ausschliesslich Leistungen im (Mehrwertsteuer-)Ausland erbringen, nun von der obligatorischen Steuerpflicht befreit sind, wenn dies vom Unternehmen gewollt ist. Dies wurde gemacht, um einerseits administrativem Mehraufwand entgegenzuwirken, andererseits um Mindereinnahmen in Höhe von laut Bericht und Antrag rund CHF 2 Mio. bis CHF 3 Mio. für Liechtenstein zu vermeiden.
Auch kurz zu erwähnen ist die Änderung bezüglich obligatorischer Steuerpflicht für Versandhändler. Wenn diese pro Jahr mindestens CHF 100'000 Umsatz aus Kleinsendungen erzielen, gelten ihre Lieferungen neu als Inlandlieferungen und sind somit in Liechtenstein steuerpflichtig. Damit sollen die erheblichen Wettbewerbsnachteile für die inländischen Unternehmen eliminiert werden. Gestützt auf den Bericht des Bundesrates sollen gemäss dem uns hier vorliegenden Bericht und Antrag als Konsequenz beim derzeitigen Verteilschlüssel für Liechtenstein jährliche Mehreinnahmen von rund CHF 0,4 Mio. generiert werden können. Obwohl es sich bei der vorliegenden Teilrevision nicht um eine umfassende Reform handelt, denke ich, dass diese Anzahl kleiner Anpassungen auch Beseitigungen von Benachteiligungen unserer inländischen Unternehmen gegenüber den ausländischen darstellt und somit zu begrüssen ist. Ich bin daher für Eintreten auf diese Vorlage. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Patrick Risch
Danke für das Wort. Wie wir schon gehört haben, ändert die Schweiz ihr Mehrwertsteuergesetz auf den 1. Januar 2018. Aufgrund des Staatsvertrages mit der Schweiz müssen nun auch wir die Neuerung der Schweizer Gesetzgebung in unser Mehrwertsteuergesetz übernehmen. Die gute Nachricht vorneweg: Diese geplanten Anpassungen des Mehrwertsteuergesetzes werden zu jährlichen Mehreinnahmen von geschätzten CHF 400'000 führen. Nebst der Unterstellung der Mehrwertsteuerpflicht für ausländische Online-Händler ab einem Umsatz vom CHF 100'000 sollen Anpassungen und Änderungen am Mehrwertsteuergesetz vorgenommen werden. Ausserdem können nun unter anderem Online-Zeitungen zum reduzierten Mehrwertsteuersatz wie gedruckte Zeitungen abrechnen. Weitere Änderungen sind Spezifizierungen bei Take-away-Leistungen und bei Antiquitäten. Ausserdem erhalten in Liechtenstein ansässige Unternehmen, welche ausschliesslich im Mehrwertsteuerausland tätig sind, eine Mehrwertsteuerbefreiung. Damit wird unsere Steuerverwaltung entlastet. Als Beispiel nennt die Regierung Online-Handelsunternehmer, die von diesem neuen Art. 10 Abs. 2 Bst. d profitieren werden. Mit dem neuen Art. 63b soll der Eidgenössischen Zollverwaltung die Erlaubnis erteilt werden, direkt elektronisch auf die relevanten Daten bei der Steuerverwaltung zuzugreifen, rund um die Uhr, statt wie bisher telefonische oder schriftliche etwaige Anfragen an die hiesige Steuerverwaltung stellen zu müssen. Diese Änderung ist auf jeden Fall zu begrüssen, da sie eine Effizienzsteigerung bringt.Abschliessend noch zwei Fragen an die Regierung: Wie verhält es sich mit der notwendigen Software respektive deren Umprogrammierung bei der Steuerverwaltung? Unter Kapitel 7.2 geht die Regierung nicht direkt auf die finanziellen Konsequenzen ein. Sie schreibt sehr wohl, dass mit Mehreinnahmen von CHF 0,4 Mio. pro Jahr zu rechnen ist. Die Regierung geht jedoch nicht auf die Kosten ein, welche die Anpassungen der Software bei der Steuerverwaltung respektive der Schnittstelle zur Eidgenössischen Zollverwaltung verursachen werden. Weiters geht die Regierung von keinen personellen Auswirkungen aus. Sollten durch den Wegfall der telefonischen Anfragen der EZV, also der Eidgenössischen Zollverwaltung, nicht personelle Ressourcen frei werden? Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Elfried Hasler
Danke für das Wort. Die Abg. Marxer-Kranz hat die Vorlage gut zusammengefasst. Ich möchte daher nur noch auf einen Punkt eingehen. Mein Vorredner hat gesagt: «Die gute Nachricht vorneweg.» Diese Vorlage führt zu Mehreinnahmen für den Staat von CHF 400'000. Ob das eine gute Nachricht ist, das liegt natürlich im Blickwinkel des Betrachters. Für den Konsumenten ist es natürlich eine schlechte Nachricht, nämlich Steuererhöhungen und nichts anderes. Das bringt mich dann auch zum nächsten Punkt. Wir werden in Kürze mehr wissen, nämlich am 24. September, dann stimmt die Schweiz über eine weitere Mehrwertsteuererhöhung im Zusammenhang mit der Altersvorsorgevorlage ab, und diese Erhöhung, sofern sie dann kommt, am 24. September beschlossen wird, würde dann ab 2021 zu Mehreinnahmen von CHF 8 Mio. ungefähr für die Staatskasse führen. Für die Staatskasse wäre das natürlich dann gute Nachricht, hingegen für den Konsumenten eine weitere Steuererhöhung, eine deutliche Steuererhöhung.Das bringt mich dann eben zum Punkt: Ich weiss, man soll natürlich jetzt das Fell nicht verteilen, bevor der Bär erlegt ist. Und wir werden am 24. September mehr wissen und auch dann werden sich diese Mehreinnahmen erst ab 2021 einstellen. Aber es stellt sich für mich natürlich schon die Frage: Wir haben in den letzten Jahren einige Massnahmen getroffen zur Sanierung des Staatshaushaltes, die waren auch erfolgreich. Und die Haltung der Regierung ist es jetzt, dass das auch genügt, dass keine weiteren Massnahmen notwendig sind. Und man kann sich hier natürlich auch auf den Standpunkt stellen: Auch nicht Massnahmen, die uns aufgedrängt werden von aussen, sprich diese Mehrwertsteuererhöhung. Jetzt kommen wir natürlich nicht darum herum. Aber es stellt sich natürlich die Frage, ob dann diese CHF 8 Mio., wie gesagt, sofern sie dann kommen, werden wir am 24. September wissen, und dann auch im 2021 tatsächlich der Staatshaushalt dies zulassen wird, wäre es für mich sicher dann nur konsequent, wenn diese Windfall-Profit-Mehreinnahmen dann auch in irgendeiner Form an den Steuerzahler zurückgegeben werden, sei das über Steuererleichterungen oder sei das über, ich weiss nicht, Krankenkassenprämien oder was auch immer. Ich weiss, es ist noch lange Zeit bis dahin und da kann noch viel passieren. Aber ich denke, es wäre nur konsequent.
Dann möchte ich jetzt schon darauf aufmerksam machen, dass ich einen Antrag auf Lesung per Gesetzesaufruf stellen will. Wir reden hier von einer staatsvertraglichen Verpflichtung. Wir haben keinerlei Umsetzungsspielraum. Und ich denke, das würde es zulassen, dass wir diese Vorlage durch Lesung per Gesetzesaufruf machen werden. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Landtagsvizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz
Danke, Herr Präsident, für das Wort. Ich habe noch vergessen, meine Verständnisfrage zu stellen. Kann mir die Regierung noch sagen, wie diese Änderung bezüglich obligatorischer Steuerpflicht für Versandhändler, die ich vorhin erwähnt habe, Auswirkungen für Liechtenstein hat? Ich denke da so an bestimmte grosse Online-Händler, deren Namen ich jetzt nicht nenne. Danke. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Regierungschef Adrian Hasler
Besten Dank, Herr Präsident. Geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete. Besten Dank für die positive Aufnahme der Vorlage. Die gestellten Fragen werde ich gerne auf die 2. Lesung im Detail vorbereiten. Es geht einerseits um die Frage des Abg. Patrick Risch bezüglich Kosten für die Software und allfällige Ressourceneinsparungen. Dann auch die Frage der Landtagsvizepräsidentin betreffend die Auswirkungen für Liechtenstein in diesem konkreten Fall, den Sie geschildert haben. Der Abg. Elfried Hasler hat die erwartete Steuererhöhung von rund CHF 8 Mio. angesprochen. Es geht ja hier um die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 8 auf 8,3% im Jahre 2021, sofern die Schweiz am 24. September diesen Vorlagen zustimmt. Und der Wunsch besteht seitens des Abg. Hasler, dass dieses Geld dann an die Bevölkerung zurückgeführt wird. Ich denke, die Idee kann man sicher prüfen. Ich möchte jedoch darauf aufmerksam machen, dass wir in verschiedenen Bereichen doch erhebliche Kostensteigerungen haben. Und wenn Sie das Budget im November behandeln werden, werden Sie auch sehen, dass speziell im Bereich der Beiträge an die privaten Haushalte Kostensteigerungen in Millionenhöhe zu verzeichnen sind, vor allem im Bereich der Sozialen Wohlfahrt. Und es wird sich dann zeigen im Jahre 2020/2021, ob es angezeigt ist, diese Windfall-Profit-Einnahmen, wie Sie sie genannt haben, an die Bevölkerung zurückzuführen.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Keine weiteren Wortmeldungen. Dann stimmen wir über Eintreten ab. Wer für Eintreten auf die Gesetzesvorlage ist, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 22 Stimmen einhellig Eintreten beschlossen. Es wurde auch Antrag auf 1. Lesung durch Gesetzesaufruf gestellt. Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte jetzt die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Auch diesem Antrag wurde mit 22 Stimmen einhellig zugestimmt. Dann nehmen wir die 1. Lesung des Gesetzes über die Abänderung des Mehrwertsteuergesetzes über Gesetzesaufruf vor. Das Gesetz über die Abänderung des Mehrwertsteuergesetzes wird aufgerufen.
Landtagspräsident Albert Frick
Das Gesetz über die Abänderung des Mehrwertsteuergesetzes steht zur Diskussion.
Es gibt keine Wortmeldungen. Damit haben wir das Gesetz über die Abänderung des Mehrwertsteuergesetzes in 1. Lesung beraten. Gleichzeitig haben wir Traktandum 23 erledigt.-ooOoo-