Beschluss Nr. 94/2017 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems («IMI-Verordnung»)) (Nr. 66/2017)
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 21: Beschluss Nr. 94/2017 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems («IMI-Verordnung»)).Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 66/2017 und steht zur Diskussion.Abg. Manfred Kaufmann
Besten Dank für das Wort. Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete. Gerne möchte ich mich bei den zuständigen Ministerien für die Ausarbeitung des Berichts und Antrags bedanken. Am 5. Mai 2017 hat der Gemeinsame EWR-Ausschuss beschlossen, die Richtlinie 2013/55/EU in das EWR-Abkommen zu übernehmen. Der vorliegende Bericht und Antrag ist somit Teil des nationalen Zustimmungsverfahrens in Liechtenstein. Die Richtlinie 2013/55/EU beinhaltet die Anerkennung von Berufsqualifikationen zwischen EWR-Mitgliedstaaten. Sie ändert die Richtlinie 2005/36/EG ab und sieht folgende wesentliche Änderungen vor: - Die Einführung eines Europäischen Berufsausweises, dessen Ausstellung einfacher, schneller und transparenter ist als die herkömmlichen Verfahren und Anerkennung der beruflichen Qualifikation.
- Ebenfalls ein besserer Zugang zu Informationen über die Anerkennung von Berufsqualifikationen.
- Eine Aktualisierung der Mindestausbildungsanforderungen.
- Dann ein Punkt, welchen ich persönlich befürworte, nämlich ein Vorwarnmechanismus für Gesundheitsberufe, deren Qualifikation automatisch anerkannt wird, sowie für gewisse reglementierte Berufe mit Aufsichtsfunktionen gegenüber Minderjährigen. Dabei werden alle EWR-Mitgliedstaaten gewarnt, wenn ein Berufsangehöriger aufgrund Vorliegens von disziplinarischen Sanktionen oder einer strafrechtlichen Verurteilung nicht mehr das Recht hat, in einem Mitgliedstaat - auch nur vorübergehend - die beruflichen Tätigkeiten auszuüben. Die Vorwarnung wird über das Binnenmarkt-Informationssystem, kurz IMI, ausgelöst.
- Ebenfalls regelt die Richtlinie die Einführung gemeinsamer Ausbildungsgrundsätze und Ausbildungsprüfungen.
- Sowie die Regelung des partiellen Zugangs.
Durch die Übernahme und Umsetzung der Richtlinie werden übergreifend keine personellen oder finanziellen Konsequenzen erwartet. Organisatorische und räumliche Auswirkungen sind ebenfalls keine ersichtlich. Aufgrund meiner Ausführungen werde ich dem Antrag der Regierung meine Zustimmung erteilen. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Johannes Hasler
Danke für das Wort. Ich kann meinem Vorredner, dem Abg. Kaufmann, zustimmen und gehe noch auf einzelne Punkte ein, die mir wichtig sind. Nach Übernahme der gegenständlichen Richtlinie müssen unsere nationalen Umsetzungsmassnahmen angepasst werden. Konkret bedeutet dies gemäss Seite 14 und 15, dass die Richtlinie in elf bestehenden Gesetzen, durch Änderungen dieser, in Liechtenstein umgesetzt werden soll. Im Sinne der EWR-Mitgliedschaft, aber auch, weil ich einzelne Neuerungen, wie explizit den Vorwarnmechanismus für Gesundheitsberufe, ausdrücklich begrüsse, ist für mich eine Zustimmung zum erwähnten Beschluss unbestritten.Auf einen Punkt möchte ich jedoch noch eingehen: In Bezug auf die Auswirkungen heisst es, dass die Übernahme und Umsetzung der Richtlinie - soweit dies zum aktuellen Zeitpunkt ersichtlich sei - weder zur Einführung neuer Kernaufgaben noch zur Veränderung bestehender Kernaufgaben führe.Gemäss Artikel 4a Ziffer 6 der Richtlinie, das ist auf Seite 139 im grünen Bereich, «benennen die Mitgliedstaaten die für die Handhabung der IMI-Dateien und die Ausstellung des Europäischen Berufsausweises zuständigen Behörden». Es muss somit eine Behörde in Liechtenstein benannt werden, welche hierdurch auch neue Kernaufgaben erhalten müsste. Ich möchte die Regierung fragen, ob bereits eine Behörde benannt wurde.Grosse Fragezeichen habe ich, wie der im Bericht erwähnte Vorwarnmechanismus umgesetzt werden soll - und dies ohne neue oder veränderte Kernaufgaben. Gemäss Artikel 56a der Richtlinie, das ist auf Seite 163 im grünen Bereich, müssen wir neu die anderen Mitgliedstaaten unterrichten, wenn unsere Behörden oder Gerichte die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten in Liechtenstein ganz oder teilweise beschränken. Als solche berufliche Tätigkeit gilt unter anderem gemäss Buchstabe l die Tätigkeit im Bereich der Erziehung. Die neue Bestimmung bedeutet, dass eine Behörde in Liechtenstein diesbezügliche Meldungen erhält und somit Personen mitgeteilt bekommt, welche nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen. Für mich ist diese Bestimmung absolut richtig und wichtig für den Schutz unserer Kinder. Auch hier möchte ich die Regierung fragen, wie sie gedenkt, diese Neuerung umzusetzen. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Georg Kaufmann
Danke für das Wort, Herr Präsident. Ja, auch ich kann mich kürzer fassen, weil das meiste schon von meinen Vorrednern erwähnt wurde. Vielleicht möchte ich Sie nur noch kurz informieren über den Europäischen Berufsausweis, also das ist ein elektronisches Verfahren, in welchem Antragsteller ihren Antrag online einreichen, diesen verfolgen und bereits hochgeladene Unterlagen bei neuen Anträgen für andere Länder wiederverwenden. Derzeit kann es für folgende Berufe genutzt werden: Pflegefachpersonen, Apotheker, Physiotherapeuten, Bergführer und Immobilienmakler. Weitere Berufe sollen folgen.Mit der Übernahme der Richtlinie wird auch Liechtenstein Zugriff haben zu diesem elektronischen Verfahren. Dabei gestaltet sich der Prozess konkret folgendermassen: Eine Person aus Liechtenstein, welche einen Europäischen Berufsausweis erstellen möchte, muss sich bei der EU-Kommission registrieren, die entsprechenden persönlichen Daten angeben und die notwendigen Dokumente aufschalten. Der so ausgefüllte EBA-Antrag wird dann an die zuständige Stelle in Liechtenstein geschickt. Der Antrag gelangt so in das IMI-System, in welchem ihn die zuständigen Behörden von Herkunfts- und Aufnahmestaat behandeln. Die gefällte Entscheidung wird wieder aus dem IMI hinaus dann an den Antragsteller geschickt. Dann vielleicht noch ein Hinweis: Die Schweiz als EFTA-Mitgliedstaat ist von dieser Umsetzung ebenfalls betroffen. Allerdings ist gemäss dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation erst mit einer Umsetzung in einem bis drei Jahren zu rechnen. Im Verhältnis zur Schweiz wird somit noch die alte Richtlinie zur Anwendung gelangen.Auch die Fraktion der Freien Liste stimmt der Übernahme der Richtlinie ins EWR-Abkommen zu. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrätin Dominique Gantenbein
Geschätzter Präsident, werte Damen und Herren Abgeordnete, besten Dank für Ihre Voten. Ja, die Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen gehört in Liechtenstein zum Alltag. Denn mehr als die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Liechtenstein sind Zupendler. Zudem hat Liechtenstein bereits die Berufsqualifikationsanerkennungsrichtlinie umgesetzt, die Vorschriften zur Anerkennung von Berufsqualifikationen innerhalb der EU, die wurden darin festgelegt.In diesem Bericht und Antrag geht es im Wesentlichen lediglich um die Übernahme einer Richtlinie zur Abänderung der Berufsqualifikationsrichtlinie in den Anhang des EWR-Abkommens. Die Anpassungen bezwecken, wie in Ihren Voten bereits ausgeführt wurde, den Verwaltungsaufwand in Verbindung mit der Anerkennung von Berufsqualifikationen zu verringern, das Anerkennungsverfahren zu vereinfachen und die finanzielle und operative Effizienz zu steigern, wovon Berufsangehörige und zuständige Behörden profitieren sollen.Gerne möchte ich auf die Fragen des Abg. Johannes Hasler eingehen. Ihre erste Frage war bezüglich der Handhabung der IMI-Dateien und der Ausstellung des Europäischen Berufsausweises, wie es sich da verhält mit der zuständigen Behörde und ob da bereits eine Entscheidung gefallen sei. Es ist so, dass die Berufsqualifikationsanerkennung für unsere Behörden im Land, wie gesagt, zum Alltag gehört. Und sie sind immer zuständig unter Betracht des jeweiligen Berufsgesetzes. Wie gesagt, sind mehr als die Hälfte unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Zupendler. Neu ist lediglich, dass die Berufsqualifikationsanerkennung künftig mittels eines elektronischen Dossiers erfolgen soll, das vereinfacht das Verfahren und schafft Synergien. Wenn beispielsweise ein österreichischer Arbeitnehmer oder eine österreichische Arbeitnehmerin seine/ihre Berufsqualifikation bereits in Deutschland hat anerkennen lassen und sich zu einem späteren Zeitpunkt entscheidet, in Liechtenstein zu arbeiten, dann muss er nicht alle Dokumente neu einreichen, da er sie bereits zentral in einem elektronischen Dossier gespeichert hat. Es werden daher nicht neue Kernaufgaben für unsere Ämter geschaffen, sondern im Gegenteil, es soll eine Erleichterung geschaffen werden.Zu Ihrer zweiten Frage bezüglich des Vorwarnmechanismus: Was den Vorwarnmechanismus betrifft, soll auch dieser mit den bestehenden Personalressourcen abgedeckt werden. Ich kann Ihnen hier heute nicht konkrete Zahlen nennen, wie häufig Berufsverbote in Liechtenstein vorkommen. Aber nach der derzeitigen Einschätzung von unseren Ämtern, wird der Vorwarnmechanismus im Zusammenhang mit Berufsverboten nicht zu weiteren Kernaufgaben führen. Es geht mehr darum, sicherzustellen, dass die Vorwarnung nicht vergessen geht, wenn ein Berufsverbot ausgesprochen wird. Umgekehrt können unsere Behörden vor der Anerkennung einer Berufsqualifikation nachsehen, ob gegen die antragstellende Person in einem anderen EU-Land ein Berufsverbot ausgesprochen wurde. Wir sind jetzt in der Umsetzung noch nicht so weit zu sagen, ob jetzt der Vorwarnmechanismus dann zentral oder dezentral organisiert wird. Aber ich denke wie gesagt, mit den jetzigen Vorausschauungen geht man davon aus, dass es nicht um eine zentrale neue Kernaufgabe in einem Amt gehen wird. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Keine weiteren Wortmeldungen. Somit wenden wir uns dem Antrag der Regierung zu.Der Antrag lautet: «Der Hohe Landtag wolle Beschluss Nr. 94/2017 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 5. Mai 2017 betreffend die Richtlinie 2013/55/EU die Zustimmung erteilen.»Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte die Stimme abgeben.Abstimmung: Zustimmung mit 24 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 24 Stimmen die Zustimmung einhellig erteilt und wir haben Traktandum 21 abgeschlossen.Ich möchte jetzt folgendes weiteres Vorgehen beliebt machen, dass wir jetzt eine Pause bis 18 Uhr machen und danach noch die Traktanden 23 und 24, das heisst die beiden 1. Lesungen, abhandeln, das Regierungsprogramm, Traktandum 22, überspringen und dann uns morgen früh ausgeruht dem Regierungsprogramm zuwenden und danach auch noch die Beantwortung der Kleinen Anfragen vornehmen werden.Wenn es hierzu keine Opposition gibt, wäre das das weitere Vorgehen. Wir können uns in der Pause noch darüber unterhalten.-ooOoo-