Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf (Nr. 49/2018)
Landtagspräsident Albert Frick
Geschätzte Frauen und Herren Abgeordnete, wir fahren mit den Beratungen fort. Wir kommen zu Traktandum 25: Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf.Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 49/2018 und steht zur Diskussion.Abg. Susanne Eberle-Strub
Besten Dank für das Wort, Herr Präsident. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Das Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf wurde am 11. April 1980 verabschiedet und am 1. Januar 1988 in Kraft gesetzt. Mittlerweile zählt es 89 Vertragsparteien, unter denen die meisten europäischen Länder und wichtige Handelspartner von Liechtenstein sind. Es bietet eine international vereinheitlichte und von den Vertragsstaaten anerkannte Grundlage für die vertragliche Gestaltung von Warenkaufverträgen. Die Stellungnahmen der Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer, der Wirtschaftskammer und der Liechtensteinischen Rechtsanwaltskammer fallen positiv aus. Sie alle sind für einen Beitritt Liechtensteins zum Übereinkommen. Bei einem Kleinstaat sei der grenzüberschreitende Warenhandel sehr wichtig, vor allem für die Exportindustrie. Weiters wird Art. 6 hervorgehoben, der es den Parteien ermöglicht, die Anwendung des Übereinkommens auszuschliessen, wenn nationale Vorschriften Anwendung finden sollten. Das Übereinkommen umfasst vier Teile: - den Anwendungsbereich
- den Abschluss des Kaufvertrags
- den Warenkauf
- die Schlussbestimmungen
Die Anwendungsbereiche teilen sich in persönliche, räumliche und sachliche Anwendungen auf, bei denen es nicht auf die unterschiedliche Staatsangehörigkeit der Parteien, sondern auf ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten ankommt. Gegenstand der Kaufverträge ist eine Ware, die jedoch nicht definiert ist. Unter Art. 2 wird aufgelistet, auf welche Gegenstände dieses Übereinkommen keine Anwendung findet. Grund dafür sind oft die zwingenden nationalen Bestimmungen. Im Kapitel «Abschluss des Kaufvertrags» sind die Regeln des Vertragsabschlusses sowie jene über den materiellen Warenkauf enthalten, was ein Vorteil des Übereinkommens darstellt. Dieser Vorteil wird jedoch in Art. 92 wieder relativiert. Dieser erlaubt den Vertragsstaaten nämlich, wenn gewünscht, nur Teil II (Vertragsabschluss) oder nur Teil III (materieller Warenkauf) anzunehmen, was zum Beispiel in den skandinavischen Staaten der Fall ist. Dort gelten bereits vereinheitlichte Bestimmungen über den Vertragsabschluss, welche teilweise von denen des Übereinkommens abweichen. Liechtenstein wird beide Teile des Übereinkommens ratifizieren, da es keine Gründe gibt, einen Teil auszulassen.Das dritte Kapitel des Übereinkommens behandelt den Warenkauf. Es ist das umfangreichste und umfasst fünf Teile:- allgemeine Bestimmungen
- Pflichten des Verkäufers
- Pflichten des Käufers
- Übergang der Gefahr
- gemeinsame Bestimmungen über die Pflichten des Verkäufers und des Käufers
In den Schlussbestimmungen werden die Regeln über die Ratifikation beziehungsweise Beitritt, dem Inkrafttreten, der Kündigung und mögliche Vorbehalte sowie das Verhältnis des Übereinkommens zu anderen Staatsverträgen erklärt. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen nimmt die Ratifikations- oder Beitrittsurkunden entgegen und verwahrt sie. Das Übereinkommen tritt ein Jahr nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde in Kraft. Eine Kündigung entfaltet ihre Wirkung frühestens nach Ablauf eines Jahres seit ihrer Notifizierung. Interessant zu lesen sind im vorliegenden Übereinkommen die Formulierungen bei Art. 8, Art. 25 sowie in der Erklärung zu Art. 71. Dort wird jeweils erwähnt, dass ausschlaggebend sei, wie eine vernünftige Person die Lage beurteile oder es gelte die Auslegung, die ein vernünftiger Mensch in gleicher Stellung und unter den gleichen Umständen vorgenommen hätte. Anno 1980 wurde also noch an den gesunden Menschenverstand appelliert. Weiter fällt auf, dass es viele Auslegungsfragen bei vielen Artikeln gibt. Diese Fragen müssen mit einem anderen Artikel gelöst werden. Laut Art. 98 können nur vier im Übereinkommen ausdrücklich genannte Vorbehalte angebracht werden. Liechtenstein verzichtet auf folgende drei Vorbehalte, da dafür keine triftigen Gründe gegeben sind: - Jeder Vertragsstaat kann bei der Ratifikation erklären, dass für ihn Art. 1 Abs. 1 Buchstabe b nicht verbindlich ist. Durch diesen Artikel steigt jedoch die Anwendungshäufigkeit des Übereinkommens und die Rechtssicherheit wird erhöht, deshalb soll dieser Artikel in Liechtenstein gelten.
- Ein Vertragsstaat kann nur den Teil über den Abschluss von Kaufverträgen, Teil II, oder nur jenen über das materielle Kaufrecht, Teil III, ratifizieren. Wie schon erwähnt, gibt es für Liechtenstein keine Gründe einen der beiden Teile auszuschliessen. Auch hat keiner der drei befragten Verbände darauf hingewiesen.
- Wenn für einen Vertragsstaat die Schriftform für den Abschluss eines Kaufvertrags gilt, so kann er die Schriftform auch für internationale Verträge nach dem Übereinkommen für massgebend erklären, wenn eine der Vertragsparteien ihre Niederlassung in einem Vorbehaltsstaat hat. Für Liechtenstein stellt sich diese Frage wegen fehlender Formvorschriften für internationale Warenkäufe nicht.
Die Regierung schlägt vor, den Vorbehalt der gleichartigen Rechtsvorschriften anzubringen, das heisst, Vertragsstaaten mit gleichen oder inhaltlich sehr nahestehenden Rechtsvorschriften können untereinander anstelle des Übereinkommens ihre einheitlichen oder ähnlich lautenden Bestimmungen für anwendbar erklären. Gemeinsam mit Österreich sollen die ABGB-Bestimmungen, die aus Österreich rezipiert und ausschlaggebend für das liechtensteinische Handelsrecht sind, anstelle des Übereinkommens für anwendbar erklärt werden. Der Landtag soll der Regierung die Kompetenz erteilen, eine solche Erklärung abzugeben, falls Österreich bereit dazu ist. Dies kann jederzeit nach Inkrafttreten des Übereinkommens vorgenommen werden. Das Übereinkommen ist mit den Grundprinzipien des liechtensteinischen Rechts konform und in die liechtensteinische Rechtsordnung integrierbar. Es bringt keine neuen Aufgaben für die Verwaltung mit sich und es entstehen weder neue Ausgaben noch muss zusätzliches Personal angestellt werden.Ich stimme dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf zu und unterstütze, dass die Regierung mit Österreich Gespräche über die Abgabe einer Erklärung unter Art. 94 über die gleichartigen Rechtsvorschriften aufnimmt und gegebenenfalls einen solchen Vorbehalt anbringt. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Landtagsvizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz
Besten Dank, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den Internationalen Warenkauf, bekannt auch als Wiener Kaufrecht, verfügt über eine fast 40-jährige Anwendungspraxis. Er gilt als einer der bedeutendsten Staatsverträge und bezweckt die internationale Rechtsvereinheitlichung im grenzüberschreitenden Warenhandel. Im Vergleich zum IPRG, dem Internationalen Privatrechtsgesetz, regelt das Wiener Kaufrecht aber nicht, welches nationale Recht auf ein Rechtsverhältnis anwendbar ist, sondern es enthält Bestimmungen, welche den Abschluss des Kaufvertrags und die aus ihm erwachsenen Rechte und Pflichten des Verkäufers und des Käufers regelt und durch welche die Bestimmungen des nationalen Rechts komplett oder punktuell ersetzt werden können. Das Übereinkommen erfasst Kaufverträge über Waren zwischen Parteien, die ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, findet aber keine Anwendung auf Konsumentenkäufe.Das Übereinkommen ist dispositiver Natur, heisst, die Parteien können die Bestimmungen des Wiener Kaufrechts umgestalten oder ganz oder teilweise ausschliessen. Obwohl die Anwendung des Wiener Kaufrechts im Rechtsalltag doch recht häufig ausgeschlossen wird, ist es wichtig, dass Liechtenstein dieses Übereinkommen unterzeichnet. Es kann verhindern, dass am Schluss von Vertragsverhandlungen über das anwendbare Recht gestritten werden muss. Bei derartigen Streitigkeiten wird dann wohl nicht diejenige Partei gewinnen, welche das bessere Heimatrecht hat, sondern die Partei, welche die grössere Verhandlungsmacht hat. Für die unterliegende Partei kann dies heissen, dass sie das Recht, welches auf den Vertrag Anwendung findet, nicht kennt beziehungsweise sich nur mit unverhältnismässigem Aufwand davon Kenntnis verschaffen kann. Seitens der Gewerbetreibenden ist ein Beitritt zu diesem Übereinkommen somit sehr zu begrüssen, auch da aufgrund der Kleinheit unseres Landes der Anteil der grenzüberschreitenden Geschäfte zwangsläufig grösser ist wie in anderen Ländern. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen?Das ist nicht der Fall, somit können wir über den Antrag der Regierung befinden. Der Antrag lautet: «Der Hohe Landtag wolle
- diesen Bericht und Antrag zur Kenntnis nehmen,
- dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf die Zustimmung erteilen,
- die Regierung ermächtigen, mit Österreich Gespräche über die Abgabe einer Erklärung unter Art. 94 über die gleichartigen Rechtsvorschriften aufzunehmen und gegebenenfalls einen solchen Vorbehalt anzubringen.»
Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte die Stimme abgeben.
Abstimmung: Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 22 Stimmen die Zustimmung einhellig erteilt und wir haben Traktandum 25 abgeschlossen.-ooOoo-